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AGRAR/1195: Tagungsbericht - Rat für Landwirtschaft und Fischerei (BMELV)


BMELV-Informationen Nr. 8 vom 27. April 2007
Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

Bericht über die Tagung des Rates für Landwirtschaft und Fischerei vom 16. bis 17. April 2007 in Luxemburg


Themen: Cross-Compliance-Regelung, Reform der Obst- und Gemüsemarktordnung, WTO-Verhandlungen, Verhandlungen EU mit Russland, Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit AKP-Staaten, Wiederaufbau des Europäischen Aals, Mehrjahresplan für die Dorschfischerei, Fischerei-Umweltsiegel (Öko-Kennzeichnung) und Konferenz der Fischereiminister und des Kommissars

Vorsitz: Bundesminister Horst Seehofer, Leitung der deutschen Delegation: Staatssekretär Gert Lindemann.


Zusammenfassung

Bei den agrarpolitischen Themen standen die Beratung über den Erfahrungsbericht der Kommission zur Anwendung der Cross-Compliance-Regelung und die Orientierungsaussprache über die Vorschläge der Reform für Obst und Gemüse im Mittelpunkt. Zudem berichtete Kommissarin Fischer Boel über die Entwicklungen bei den WTO-Verhandlungen, den Veterinärverhandlungen mit Russland und den Verhandlungen über Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (EPA) mit den AKP-Ländern.

Im Fischereibereich befasste sich der Rat intensiv mit den Maßnahmen zum Schutz des Europäischen Aals. Außerdem führte er eine Aussprache über den Wiederaufbauplan für den Ostsee-Dorsch und die Gemeinschaftsregelungen zum Fischerei-Umweltsiegel. Kommissar Borg berichtete dem Rat des weiteren über den aktuellen Stand der Arbeiten zur Vereinfachung der Gemeinsamen Fischereipolitik.

Am 17. April 2007 diskutierten die Fischereiminister und der Kommissar im Rahmen einer besonderen Konferenz über europäische Handlungsstrategien gegen die illegale, unregulierte und ungemeldete Fischerei (IUU-Fischerei) und über die Bekämpfung zerstörerischer Fangpraktiken.


- Cross-Compliance-Regelung

Die Kommission stellte ihren Erfahrungsbericht zur Umsetzung der Cross Compliance-Regelungen vor, mit dem sie zugleich wesentliche Vereinfachungen ankündigt, die im Hinblick auf die sachgerechte und pragmatische Umsetzung der Cross Compliance vordringlich sind. Der Bericht stellt einen großen Fortschritt im Rahmen des Schwerpunktes Entbürokratisierung und Vereinfachung der deutschen EU-Ratspräsidentschaft dar und ist ein entscheidender Schritt bei den Bemühungen um praxisgerechte Regelungen in der Landwirtschaft.

Kommissarin Fischer Boel betonte die zentrale Bedeutung der Cross Compliance-Regelung im Rahmen der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik von 2003 und für die gesellschaftliche Anerkennung der entkoppelten Direktzahlungen. Das Prinzip der Cross Compliance dürfe nicht verwässert werden. Der vorgelegte Bericht beinhalte im Wesentlichen vordringliche Punkte, um die Kontrollen zu verbessern und zu vereinfachen. Die notwendigen Rechtstexte zur Umsetzung der Änderungen könne Kommission bereits im Oktober vorlegen. Im Hinblick auf die Akzeptanz werde die Einbeziehung weiterer Verpflichtungen vermieden. Eine Änderung des Anwendungsbereichs solle frühestens im so genannten Health Check geprüft werden.

Alle Mitgliedstaaten begrüßten den Erfahrungsbericht und die vom Vorsitz angestrebte schnelle Umsetzung der vorgeschlagenen Anpassungen. Einige Mitgliedstaaten sprachen weitere Änderungswünsche zu den Cross Compliance-Regelungen an.

Der Vorsitz kündigte an, politische Schlussfolgerungen im Juni-Rat zu verabschieden.


- Reform der Obst- und Gemüsemarktordnung

Der Rat führte auf Basis eines Fragenkatalogs der Präsidentschaft eine Orientierungsaussprache zu dem Reformvorschlag der Kommission. Dabei konzentrierte sich die Diskussion auf die vom Vorsitzenden angesprochenen Themenbereiche Krisenmanagement und Entkopplung der Verarbeitungsbeihilfen.

Die Aussprache machte deutlich, dass eine grundsätzliche Bereitschaft besteht, im Obst- und Gemüsesektor Maßnahmen des Krisenmanagements im Rahmen der Operativen Programme der Erzeugerorganisationen einzuführen. Einige Delegationen forderten darüber hinaus, ein eigenständiges Krisenmanagementsystem außerhalb der Erzeugerorganisationen einzuführen. Eine Mehrheit der Mitgliedstaaten befürwortet, dass die Prinzipien der Agrarreform von 2003 so weit wie möglich auf Obst und Gemüse übertragen werden. Dazu gehört auch die Entkopplung der Prämienzahlungen.

Bei der Frage, bis zu welchem Grad die Entkopplung der Verarbeitungsbeihilfen gehen soll, besteht noch Beratungsbedarf. Kommissarin Fischer Boel zeigte sich hier für eng begrenzte und zeitlich befristete Übergangsregelungen offen. Beim Krisenmanagement sagte die Kommissarin zu, die Möglichkeit der Finanzierung bestimmter Maßnahmen außerhalb der Erzeugerorganisationen zu prüfen. Sie machte aber deutlich, dass keine zusätzlichen Haushaltsmittel dafür zur Verfügung stehen.

Der Vorsitz kündigte an, dass er auf der Basis der geführten Diskussion sowie der bisherigen Beratungen einen Vorschlag für einen Gesamtkompromiss ausarbeiten werde, der die Grundlage für die angestrebte politische Einigung im Juni-Rat sei.


- WTO-Verhandlungen

Kommissarin Fischer Boel berichtete dem Rat über den aktuellen Stand der WTO-Verhandlungen. Bisher habe noch kein Durchbruch erzielt werden können, weil für einen ausgewogenen Kompromiss vor allem ein Signal der USA erforderlich sei. In der letzten Woche habe es Treffen der so genannten G 4 (EU, USA, Brasilien und Indien) sowie der G 6 (EU, USA, Brasilien, Indien, Australien und Japan) in Neu Delhi gegeben, bei denen keine konkreten Annäherungen der Positionen erreicht worden seien. Dort sei jedoch das Ziel festgelegt worden, bis Ende 2007 die Verhandlungen abzuschließen. Weitere Treffen auf Ministerebene seien bis Juni 2007 geplant. Kommissarin Fischer Boel wies zudem darauf hin, dass Ende Juni 2007 die Trade Promotion Authority des US-Präsidenten auslaufe.

Kommissarin Fischer Boel betonte, dass sich die Kommission weiterhin um einen Kompromiss bemühe. Sie werde den Rat laufend über die weiteren Entwicklungen informieren.


- Verhandlungen EU mit Russland

Kommissarin Fischer Boel unterrichtete den Rat über den aktuellen Stand der Verhandlungen zwischen der EU und der Russischen Föderation. Nach russischen Pressemeldungen beabsichtige die russische Föderation eine nochmalige Inspektion in Polen, weil die bislang vorgelegten Unterlagen nicht für eine abschließende Entscheidung ausreichten. Kommissar Kyprianou werde sich am 21. April 2007 mit dem russischen Minister Gordejew treffen, um die Verhandlungen im kleinen Kreis auf politischer Ebene voranzubringen.

Zudem wies Kommissarin Fischer Boel darauf hin, dass die Rückstandsüberwachungspläne aller Mitgliedstaaten zum 31. März 2007 - wie erbeten - der russischen Föderation übermittelt worden seien. Hinsichtlich der Pflanzenschutzmittelrückstände habe die Russische Föderation um Vorlage von Monitoringplänen bis zum 1. Mai 2007 gebeten.

Der Vorsitz erklärte, dass er sich unmittelbar nach dem am Treffen vom 21. April 2007 mit Kommissar Kyprianou in Verbindung setzen werde, um mit ihm die weiteren Schritte zu beraten.


- Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit AKP-Staaten

Auf Antrag der französischen Delegation befasste sich der Rat mit den regionalen Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit den AKP-Staaten. Danach beabsichtigt die Kommission, übergangslos mit Inkrafttreten der Wirtschaftspartnerschaftsabkommen nahezu alle Zölle und Zollkontingente für Erzeugnisse aus AKP-Staaten (z. B. Bananen, Obst und Gemüse etc.) abzuschaffen, die bisher nicht vollständig liberalisiert sind. Für Reis und Zucker würde die zoll- und quotenfreie Behandlung schrittweise während einer unterschiedlich langen Übergangszeit eingeführt (für Zucker in drei Schritten bis 2015). Eine Reihe von Mitgliedstaaten teilten die französischen Befürchtungen, dass die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit den AKP-Staaten einen wachsenden Druck auf die Erzeugerpreise verursachen werden. Eine weitere Marktliberalisierung ginge zu Lasten der EU-Erzeuger. Außerdem seien derartige Abkommen nicht förderlich für die WTO-Verhandlungen.

Kommissarin Fischer Boel machte darauf aufmerksam, dass der Vorschlag notwendig sei, um bis zum 31. Dezember 2007 eine WTO-konforme Nachfolgeregelung für das geltende AKP-Abkommen zu erreichen.

Der Vorsitz bat Kommissarin Fischer Boel, den Agrar- und Fischereirat eng in die weiteren Verhandlungen einzubinden und regelmäßig über den Fortgang der Beratungen zu informieren.


- Wiederaufbau des Europäischen Aals

Nach intensiven Verhandlungen und einer Reihe von bilateralen Gesprächen erzielte der Rat substanzielle Fortschritte beim Vorschlag zum Schutz des Europäischen Aals. Die seit 2006 stockenden Verhandlungen konnten durch die Kompromissbemühungen der Präsidentschaft wieder in Gang gesetzt werden. Eine breite Mehrheit von Mitgliedstaaten signalisierte ihre Zustimmung zu dem vom Vorsitz im Rat nach bilateralen Verhandlungen vorgelegten Kompromisstext. Ein zentraler für einzelne Mitgliedstaaten auch politisch wichtiger Punkt ist die Frage, wie viel Glasaal künftig für den Besatz zur Verfügung gestellt werden soll. Der Kompromissvorschlag hierzu, den für den Besatz in Binnengewässern vorzusehenden Anteil von 45% schrittweise in vier Jahren auf 60% festzulegen, stößt noch auf Vorbehalte einzelner Mitgliedstaaten.

Der Vorsitz kündigte an, die Beratungen auf der Basis des vorgelegten Kompromisstextes mit dem Ziel der politischen Einigung weiterzuführen.


- Mehrjahresplan für die Dorschfischerei

Auf der Grundlage von Fragen der Präsidentschaft führte der Rat einen Meinungsaustausch über einen Mehrjahresplan zum Schutz der Dorschbestände in der Ostsee. Es bestand Einvernehmen, dass der Rat alsbald mehrjährige verbindliche Orientierungen für die Dorschfischerei festlegen müsse, um den Bestand nachhaltig zu verbessern. Zur Verringerung der fischereilichen Sterblichkeit seien wirksame Kontrollmaßnahmen unerlässlich. Eine Reihe von Mitgliedstaaten sprach sich für mehr Flexibilität bei den Maßnahmen zur Steuerung des Fischereiaufwands aus. Insbesondere für die kleine Küstenfischerei seien besondere Regelungen erforderlich.

Kommissar Borg wies, wie zuvor schon der Vorsitz, darauf hin, dass nach dem geltenden Recht die Fangmöglichkeiten für Dorsch ab dem 1. Juli 2007 gekürzt würden, falls der Rat vorher keine Einigung über den Mehrjahresplan erzielt. Was die Steuerung des Fangaufwands anbelangt, so sei die Kommission für alle Lösungen offen, die eine wirksame Reduzierung der Fangmöglichkeiten nachweislich gewährleisten könnten.

Der Vorsitz erklärte, im Juni-Rat eine politische Einigung über den Mehrjahresplan zum Schutz der Dorschbestände in der Ostsee herbeizuführen.


- Fischerei-Umweltsiegel (Öko-Kennzeichnung)

Der Rat führte auf der Grundlage eines Fragenkatalogs der Präsidentschaft eine Orientierungsaussprache, mit der die Ausrichtung einer möglichen Regelung über Fischerei-Umweltsiegel vorgezeichnet werden sollte. Eine Mehrheit von Mitgliedstaaten unterstützte die auch von der Kommission bevorzugte Option, Mindestanforderungen für solche Umweltsiegel auf EU-Ebene festzulegen.

Kommissar Borg bezeichnete ein Fischerei-Umweltsiegel als ein wichtiges Element zur kohärenten Einbindung von Umweltbelangen in die Gemeinsame Fischereipolitik. Dies entspreche zudem auch den Erwartungen der Verbraucher. Kommissar Borg sprach sich für das Prinzip der Freiwilligkeit aus, das sich auch in anderen Bereichen bewährt habe. Die Kommission werde auf der Grundlage des Meinungsaustausches im Rat einen konkreten Vorschlag erarbeiten.


- Konferenz der Fischereiminister und des Kommissars

Die deutsche Präsidentschaft hat in einer Konferenz der Fischereiminister das fischereipolitisch aktuelle Thema der illegalen Fischerei aufgegriffen und intensiv diskutiert.

Die illegale, unregulierte und ungemeldete Fischerei (IUU-Fischerei) stellt heute eines der größten Probleme in der weltweiten Fischerei dar. Mit ihrem jährlich weltweit geschätzten Umfang von bis zu 9 Milliarden Euro macht sie ein sachgerechtes Fischereimanagement auf der Hohen See unmöglich. Sie fügt zudem der legalen Fischerei in den Küstengewässern, insbesondere in denen von Entwicklungsländern, großen Schaden zu.

Es bestand Einvernehmen, dass die schädliche, dem illegalen Profit Einzelner dienende Aktivität unterbunden werden müsse. Dabei komme es darauf an, dass die vorhandenen gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften in allen Mitgliedstaaten gleichmäßig und konsequent angewendet würden. Ergänzend dazu sagte Kommissar Borg zu, einen Vorschlag mit Maßnahmen zur Bekämpfung dieser Fischerei vorzulegen. Außerdem betonten die Fischereiminister, dass die EU ihre führende Rolle in regionalen Fischereiorganisationen bei der Bekämpfung der IUU-Fischerei noch weiter ausbauen müsse.

Die Fischereiminister sprachen weiter über international verbindliche Regelungen zum Schutz sensibler Tiefseeökosysteme vor destruktiven Fischereipraktiken und zur Begrenzung der Fischerei auf Tiefseearten in den Gebieten der Hohen See, das heißt außerhalb nationaler Hoheitsgewässer und der ausschließlichen Wirtschaftszonen. Einvernehmen bestand, dass den auf Grundlage des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen etablierten Regionalen Fischereimanagementorganisationen eine zentrale Rolle zukomme. Das von Kommissar Borg angekündigte Vorhaben der Europäischen Kommission, in Kürze einen verbindlichen gemeinschaftlichen Rechtsrahmen zu schaffen, der die Empfehlungen der Vollversammlung der Vereinten Nationen umsetzen soll, wurde von den Fischereiministern begrüßt. Kernelement müsse das Prinzip der "Umkehr der Beweislast" sein, nach der die Flaggenstaaten eine eingehende Prüfung der Verträglichkeit von Tiefseefischereien aufgrund eindeutig zu definierender Kriterien vorzunehmen haben.


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Quelle:
BMELV-Informationen Nr. 8 vom 27. April 2007
Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Mai 2007