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AGRAR/1315: Gesundheitscheck - Problem erkannt, Behandlung verweigert (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 316 - November 2008,
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

Problem erkannt, Behandlung verweigert
16 Verbände fordern Konsequenzen aus dem Gesundheitscheck

Von Ulrich Jasper


In ihrer Analyse, was in der EU-Agrarpolitik schief läuft und wo sie dringend handeln muss, sehen sich 16 Verbände aus Landwirtschaft, Umwelt- und Naturschutz, Tierschutz, Entwicklungspolitik und Gewerkschaften bestätigt. Die EU-Kommission komme in ihrem "Gesundheitscheck" der EU-Agrarpolitik zu einem ganz ähnlichen Befund. Doch statt die von ihr als "neue Herausforderungen" benannten Probleme wie Klimaschutz, Schutz der Biologischen Vielfalt und gesellschaftliche Akzeptanz der EU-Agrargelder konsequent anzugehen, falle jeder neue Verhandlungsstand hinter dem alten zurück, kritisierte Friedrich Wilhelm Graefe zu Baringdorf, Bundesvorsitzender der AbL, in Berlin. Dort wurde Anfang Oktober das gemeinsame Papier der 16 Organisationen vorgestellt, um zum Beginn der heißen Phase der Brüsseler Verhandlungen die gesellschaftlichen Änderungsforderungen an die EU-Agrarpolitik zu unterstreichen.


Sichern durch Umschichten

Das betrifft zum einen das Geld. "Wir brauchen nicht mehr Geld, sondern eine Umschichtung der Mittel, hin zu bäuerlichen Produktionsformen und Strukturen, die Vielfalt fördern, statt die Industrialisierung der Landwirtschaft weiter mit Steuermitteln voranzutreiben", sagte Prof. Dr. Hubert Weiger, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland BUND. Der Präsident der EuroNatur-Stiftung Prof. Dr. Hartmut Vogtmann ergänzte: "Dass die Landwirtschaft ein großer Verursacher von klimaschädlichen Gasen ist, liegt vor allem am gestiegenen erdölabhängigen Input. Das muss minimiert werden. Dazu braucht es klare Anreize, die der Markt nicht gibt. Doch in den entsprechenden Agrarumweltprogrammen fehlt das Geld, weil sich bisher die alten Profiteure der Zahlungen durchsetzen konnten und ein Umschichten verhindert haben." Bioland-Präsident Thomas Dosch mahnte: "Es muss allen klar sein, dass die Gelder der Agrarpolitik eine gute Begründung brauchen, sonst verlieren sie die Akzeptanz der Steuerzahler. Die Ablehnung einer Umwidmung schadet daher der überwiegenden Mehrzahl der landwirtschaftlichen Betriebe", so Dosch.

Der AbL-Vorsitzende Graefe zu Baringdorf sparte nicht mit Kritik auch an der EU-Kommission. Die habe im November 2007 noch eine kräftige Staffelung der Direktzahlungen vorgeschlagen, mit der die Gelder positiv für Umwelt und Arbeit wirksam gemacht worden wären. Ohne erklären zu können, was sich in einem halben Jahr objektiv geändert habe, habe sie dann im Mai aus der Staffelung in Höhe von 10 / 25 / 45 Prozent oberhalb von 100.000 Euro je Betrieb und Jahr eine kleine Progression von 3 / 6 / 9 Prozent gemacht. Und ob die Kommission diese durchsetzen wird, sei auch noch offen. Dass so etwas möglich sei, erklärte der EU-Parlamentarier auch damit, dass die Beschlüsse immer noch hinter verschlossenen Türen ausgehandelt würden. "Das Europäische Parlament darf höchstens mitreden, entscheiden aber kann es nichts, solange der neue EU-Vertrag nicht greift", so Graefe zu Baringdorf.


Milch nach Marktbedarf

Auch zur Milch äußern sich die Verbände in ihrem Papier. Sie lehnen die von der EU-Kommission vorgeschlagene Ausweitung der Quote und die vom Deutschen Bauernverband geforderten Exportsubventionen ab. Statt dessen fordern sie "Rahmenbedingungen, die die Milcherzeuger bei dem Bestreben unterstützen, die Erzeugung an den jeweiligen Bedarf des Marktes anzupassen". Alle Maßnahmen im Milchbereich seien darauf auszurichten, dass sie einen Zuwachs an Tiergerechtigkeit, Nutzung heimischer Futtermittel sowie positive Wirkungen auf den Erhalt von Arbeitsplätzen in Landwirtschaft und ländlichen Regionen und auf die biologische Vielfalt mit sich bringen.


Hinweis:
Das Papier der Verbände im Internet:
www.abl-ev.de oder www.euronatur.org


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Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 316 - November 2008, S. 4
Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft - Bauernblatt e.V.
Bahnhofstr. 31, 59065 Hamm
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Dezember 2008