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STEUER/039: ECOFIN-Treffen in Nizza (BMF)


Bundesministerium der Finanzen (BMF) - Newsletter vom 11. September 2008

ECOFIN-Treffen in Nizza


Thema des ECOFIN-Treffens, das diesmal im französischen Nizza stattfindet, wird unter anderem die Forderung nach einer Ausdehnung des Anwendungsbereichs ermäßigter Mehrwertsteuersätze in den europäischen Ländern sein.

In Deutschland gilt ein ermäßigter Steuersatz von sieben Prozent zum Beispiel für Grundnahrungsmittel, Bücher oder Zeitungen. In der Union wird derzeit diskutiert, ob es Wirtschaft und Bürgern zugute kommt, wenn mehr Produktgruppen als bislang mit einem ermäßigten Mehrwertsteuersatzes belegt werden.

Haltung der Bundesregierung

Das Treffen in Nizza nimmt Bundesfinanzminister Peer Steinbrück zum Anlass, noch einmal die Haltung der Bundesregierung zu erläutern. Die Bundesregierung befürwortet die genaue Untersuchung des Instrumentes und eine breite politische Diskussion zum Thema. Die bisherigen Erkenntnisse legen jedoch nahe, dass eine Ausweitung des Anwendungsbereichs ermäßigter Mehrwertsteuersätze die Bürger nicht zwangsläufig entlastet und den Staat mehr kostet, als andere gezielte nationale Maßnahmen.

Werden Bürger direkt entlastet? Da die Mehrwertsteuer immer nur ein Preisbestandteil ist, schlägt sich eine Ermäßigung nicht zwangsläufig auch in Preissenkungen nieder. Es kann also nicht garantiert werden, dass Bürgerinnen und Bürger tatsächlich vom geringeren Mehrwertsteuersatz profitieren.

Sind konkrete Verbesserungen in Politikbereichen möglich? Vielleicht - doch die gewünschten Ziele wie mehr Arbeitsplätze, Bekämpfung der Schwarzarbeit oder ein verbesserter Umweltschutz können durch andere nationale Maßnahmen eher und mit weniger Belastung der öffentlichen Haushalte erreicht werden: Die Senkung der Arbeitskosten zum Beispiel könnte bei gleichem finanziellen Einsatz 52 Prozent mehr Arbeitsplätze schaffen. Das stellte die Europäische Kommission selbst schon vor fünf Jahren fest.

Wie kann die Senkung finanziert werden? Mit welchen Folgen? Des weiteren lassen die Forderungen nach mehr ermäßigten Mehrwertsteuersätzen eines außer Acht: Die Risiken für die Haushalte der Mitgliedstaaten. Unklar ist bisher, welche Auswirkungen die bisherigen Vorschläge auf die Haushalte der Mitgliedstaaten haben. Würden die aktuellen Vorschläge der Kommission umgesetzt, fielen in Deutschland Steuereinnahmen von etwa 12,5 Milliarden Euro pro Jahr aus. Jeder zehnte Euro aus der Mehrwertsteuer würde fehlen. Da der Staat seine Leistungen solide finanzieren muss, würde das bedeuten, dass die Steuerausfälle an anderer Stelle aufgefangen werden müssen:

Der normale Mehrwertsteuersatz könnte erhöht werden: Aber um wie viele Punkte? Und mit welchen Effekten auf die Inflation?Die direkten Steuern könnten erhöhten werden: Doch was bedeutet das für die Wettbewerbsfähigkeit für die Unternehmen im Land - und damit für Wachstum und Beschäftigung?Weitere Umweltsteuern könnten eingeführt oder erhöht werden: Doch was ist, wenn die Bürger - zu Recht - ihren Konsum entsprechend den steuerpolitischen Zielen reduzieren? Kann man auf Dauer mit stabilen Einnahmen rechnen?

Fazit

Der Preis für die Ausdehnung des Anwendungsbereichs ermäßigter Mehrwertsteuersätze scheint ziemlich hoch, die sind Effekte unberechenbar. Es könnten nicht unwesentliche ökonomische Schäden für Deutschland und die anderen Staaten entstehen. Die Botschaft des Bundesfinanzministers in Nizza: Die Grundsatzfragen müssen deshalb intensiv untersucht werden, um erst auf dieser Basis geeignete Instrumente zu finden und in Europa umzusetzen.


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Quelle:
BMF-Newsletter vom 12.09.2008
Herausgegeben vom Referat K (Kommunikation) des
Bundesministeriums der Finanzen (BMF)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. September 2008