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FUNDSTÄTTEN/043: Basler Ägyptologen identifizieren Grab der Königskinder (idw)


Universität Basel - 28.04.2014

Basler Ägyptologen identifizieren Grab der Königskinder



Wer hatte das Privileg, das ewige Leben nahe beim Pharao zu verbringen? Ausgrabungen von Ägyptologen der Universität Basel im ägyptischen Tal der Könige zeigen, dass in einer Ruhestätte nahe der Königsgräber die Kinder sowie weitere Angehörigen von zwei Pharaonen bestattet wurden.

Foto: © Universität Basel/Ägyptologie

Panorama über den vom University of Basel Kings' Valley Project bearbeiteten Bereich des Tals der Könige.
Foto: © Universität Basel/Ägyptologie

Seit drei Jahren arbeiten Basler Ägyptologen im Rahmen des University of Basel Kings' Valley Project an der Grabanlage KV 40 im Tal der Könige nahe der Stadt Luxor. Von aussen deutete nur eine Senke im Boden auf die Präsenz eines Schachtgrabes hin. Über den Grundriss der Ruhestätte KV 40 war genauso wenig bekannt wie darüber, für wen sie angelegt und wer darin beigesetzt wurde.

Die Ägyptologen vermuteten, dass es sich um ein nichtkönigliches Grab handelt und datierten es aufgrund seiner Lage in die Zeit der 18. Dynastie. Sie reinigten den sechs Meter tiefen Schacht, der Zugang zu fünf unterirdischen Räumen gewährt, und bargen die zahlreichen Überreste von Grabbeigaben, Särgen und Bestattungen.


Mumifizierte Königskinder

Im Mittelraum und in drei Seitenräumen stiessen die Forscher auf die mumifizierten Überreste von über 50 Personen. Anhand von beschrifteten Keramikgefässen konnten die Wissenschaftler während der diesjährigen Feldarbeiten nun über 30 Personen namentlich identifizieren. Laut Titeln wie «Königssohn» und «Königstochter» handelt es sich zumeist um Familienmitglieder der beiden Pharaonen Thutmosis IV. und Amenhotep III., die ihrerseits im Tal der Könige bestattet wurden. Beide Pharaonen gehörten der 18. Dynastie (Neues Reich) an und regierten im 14. Jahrhundert v. Chr.

Unter den Beigesetzten von KV 40 befinden sich mindestens acht bisher unbekannte Königstöchter, vier Prinzen und einige «Ausländerinnen», wie sich aus den Inschriften in hieratischer (einer mit den Hieroglyphen verwandten) Schrift schliessen lässt. Bei den meisten handelt es sich um Erwachsene, doch wurden hier auch Kinder beigesetzt: «Wir fanden auffallend viele aufwendig mumifizierte Neugeborene und Kleinkinder, die sonst eher einfach bestattet wurden», beschreibt die Ägyptologin Prof. Susanne Bickel den Fund. «Wir vermuten, dass die Mitglieder des königlichen Haushalts über einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten in diesem Grab beigesetzt worden sind.»

Die Identifizierung von Personen, die in der Umgebung der Königsgräber bestattet wurden, gibt dem Forscherteam Aufschluss darüber, wer das Privileg hatte, so nahe beim Pharao das ewige Leben zu verbringen. «In rund zwei Dritteln der Gräber im Tal sind keine Könige bestattet, aber weil diese unbeschriftet sind und stark beraubt wurden, konnten wir bisher meist nur Mutmassungen anstellen, wen man darin begraben hat», erläutert Susanne Bickel die Bedeutung des Funds für die ägyptologischen Forschung.


Spuren späterer Begräbnisse

Obwohl das Grab in der Antike und vermutlich Ende des 19. Jahrhunderts mehrfach ausgeraubt wurde, fanden die Forscher zahlreiche Fragmente der Grabausstattungen wie Sarg- und Stoffreste. «Die Funde und auch die Wände sind von einem Grossbrand stark verrusst, der wohl durch die Fackeln der Grabräuber ausgelöst wurde», vermutet Susanne Bickel. Die Fragmente von verschiedenen Holz- und Kartonagesärgen zeigen, dass die Grabanlage KV 40 nach der Aufgabe des Tals als Pharaonennekropole noch einmal genutzt wurde, diesmal als Beisetzungsort für Angehörige von Priesterfamilien im 9. Jahrhundert v. Chr.

Anthropologische Untersuchungen sowie die weitere Bearbeitung der Grabausstattung werden nun genaueren Aufschluss über die Zusammensetzung und die Lebensbedingungen des pharaonischen Hofstaats der 18. Dynastie und dessen Bestattungssitten liefern.


University of Basel Kings' Valley Project

Das archäologische Forschungsprojekt unter der Leitung der Basler Ägyptologin Prof. Susanne Bickel erforscht seit 2009 die Nutzung des Tals der Könige durch auserwählte Mitglieder der Elite und der Königsfamilie im Umkreis der Königsgräber. Den Wissenschaftlern des University of Basel Kings' Valley Project, das von der Gertrud Mayer-Stiftung in Basel finanziell unterstützt wird, gelang 2012 die Entdeckung des Grabes KV 64 im Tal der Könige in Zusammenarbeit mit den ägyptischen Behörden und lokalen Arbeitern.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution74

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Basel, Olivia Poisson, 28.04.2014
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Mai 2014