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MELDUNG/110: Neue Ausgabe der Zeitschrift "Zeithistorische Forschungen" (idw)


Zentrum für Zeithistorische Forschung - 17.10.2011

Terror - Katastrophen - Menschenrechte: Neue Universalismen im 20. Jahrhundert

Neue Ausgabe der Zeitschrift "Zeithistorische Forschungen"


Zwischenstaatliche Gewalt und Terrorismus, Natur- und Umweltkatastrophen, Menschenrechte und internationale Organisationen gehören zu den Themen, die die Ebene des Nationalstaats überschreiten. Zugleich sind es Themen, die nicht erst seit wenigen Jahren virulent sind, sondern die in verschiedenen Konstellationen bereits die (Konflikt-)Geschichte des gesamten 20. Jahrhunderts geprägt haben. Das aktuelle Heft der Zeitschrift "Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History" (3/2011) widmet sich daher dem Leitthema "Internationale Ordnungen und neue Universalismen im 20. Jahrhundert".

In den letzten Jahren ist die Geschichtswissenschaft verstärkt der Frage nachgegangen, ob und wie bestimmte universelle Normen und Leitbilder entstanden sind. Dabei besteht eine gewisse Gefahr, heutige (westliche) Vorstellungen absolut zu setzen - etwa auf dem Gebiet der Menschenrechte - und den Gang der Geschichte auf eine bloße Vorgeschichte der globalisierten Gegenwart zu reduzieren. Demgegenüber lautet eine Grundannahme des neuen Themenhefts, dass die Versuche zur Etablierung internationaler Ordnungen im 20. Jahrhundert keineswegs linear verliefen. Sie waren vielmehr begleitet von kulturellen Missverständnissen und politischen Konflikten, von ökonomischen und sozialen Ungleichheiten sowie von medialen Zuspitzungen. Die Komplexität dieser Faktoren und ihre jeweilige Geschichte rücken erst allmählich ins Blickfeld; dies gilt auch für die beteiligten Akteure, Netzwerke und Organisationen.

Ein Aufsatz von Verena Steller befasst sich mit der für die Diplomatie lange allgemeinverständlichen Formen- und Zeichensprache, die durch den Ersten Weltkrieg und in der Pariser Friedenskonferenz verloren ging, und spürt den Gründen hierfür nach. Kerstin von Lingen zeigt, wie der Terminus "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" zu einer universellen Kategorie des internationalen Strafrechts und der politischen Moral wurde - von den Leipziger Prozessen nach dem Ersten Weltkrieg über die Prozesse von Nürnberg und Tokio nach dem Zweiten Weltkrieg bis zur Entstehung des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag, dessen umfassende Anerkennung nach wie vor aussteht. Lasse Heerten schildert, wie die Rhetorik eines "neuen Holocaust" in Anbetracht hungernder Kinder während des Biafrakonflikts 1968 für kurze Zeit wirkungsmächtig wurde, aber rasch wieder in den Hintergrund der internationalen Medienaufmerksamkeit trat, als sich herausstellte, wie wenig dieser Vergleich zutraf. Andrea Rehling untersucht, wie das Weltkultur- und das Naturerbe der UNESCO entstanden und welche konkurrierenden Kultur- und Naturverständnisse dabei zum Ausdruck kamen.

In der Rubrik "Debatte" geht es um neuere Themen und Methoden der Internationalen Geschichte, speziell bezogen auf das 20. Jahrhundert: Hubertus Büschel diskutiert Prämissen, Potenziale und Probleme globalhistorischer Zugänge zur Internationalen Geschichte, während Sandrine Kott den Erkenntnisgewinn schildert, der mit einer historischen Erforschung internationaler Organisationen verbunden sein kann. Celia Donert und Janou Glencross betonen die Relevanz von Gender-Perspektiven für die Internationale Geschichte; Susanne Schattenberg plädiert dafür, Diplomatie als "interkulturelle Kommunikation" zu untersuchen - gerade für die Ära des Kalten Kriegs.

Den zehnten Jahrestag der Anschläge vom 11. September 2001 nimmt Manfred Berg zum Anlass, um in einem Essay nach dem historischen Zäsurcharakter jenes Datums zu fragen. Hierzu blickt er auf die Geschehnisse vor und nach "9/11", wagt aber auch das Gedankenexperiment, welchen Lauf die Geschichte ohne die Anschläge genommen haben könnte. Die Vorstellung einer Datenbank zur Geschichte des Völkerbunds sowie eine Lektüre von Aldous Huxleys "Brave New World" aus heutiger Sicht runden das Themenheft ab.

"Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History" wird am Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam (http://www.zzf-pdm.de) herausgegeben von Konrad H. Jarausch, Christoph Kleßmann und Martin Sabrow in Verbindung mit Zeitgeschichte-online (http://www.zeitgeschichte-online.de). Die Zeitschrift erscheint gedruckt im Verlag Vandenhoeck & Ruprecht (http://www.v-r.de) und zugleich im Open Access (http://www.zeithistorische-forschungen.de).


Abonnements, Einzelhefte und Rezensionsexemplare sind erhältlich bei:
InTime Services GmbH, Leserservice Vandenhoeck & Ruprecht
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Zentrum für Zeithistorische Forschung, Marion Schlöttke, 17.10.2011
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Oktober 2011