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HEINRICH BÖLL STIFTUNG/225: Iran-Report Nr. 12 - Dezember 2008


Iran-Report der Heinrich-Böll-Stiftung - Nr. 12 - Dezember 2008


Mit dem iran-report stellt die Heinrich-Böll-Stiftung der interessierten Öffentlichkeit eine Zusammenfassung ihrer kontinuierlichen Beobachtung relevanter Ereignisse in Iran zur Verfügung.

Nach der von der Heinrich-Böll-Stiftung im April 2000 veranstalteten Berlin-Konferenz und verstärkt infolge der Anschläge am 11. September stellen die Entwicklungen in Iran und der Region einen zentralen Arbeitsschwerpunkt der Stiftung dar.

Der iran-report erscheint monatlich (Nr. 01/2009 Anfang Januar) und wird einem breiteren InteressentInnenkreis aus Politik, Wissenschaft und Medien zur Verfügung gestellt.

Heinrich-Böll-Stiftung, Berlin, im Dezember 2008


I. Innenpolitik
Neuer Innenminister mit knapper Mehrheit vom Parlament ernannt
Reaktionen auf den Sieg Barack Obamas
Vizepräsident wegen "Beleidigung des Korans" unter Beschuss
Mann wegen Spionage für Israel gehängt
Neun Männer und eine Frau gehängt
Prominentester Blogger Irans in Haft
Fünf Millionen Internetseiten gefiltert
Parlament verschärft Kriterien für Präsidentenbewerber
Weiterer Marinestützpunkt am Persischen Golf
Neue Boden-Boden-Rakete getestet
General Raschid: Wir stehen an der Schwelle eines möglichen Krieges
Zehntausende Afghanen erhalten keine Arbeitserlaubnis

II. Wirtschaft
Türkischer Energieminister wirbt für Geschäfte mit Iran
Erstes Atomkraftwerk 2009
Ölpreis rutscht - Iran rechnet in Gold
OPEC zu Produktionskürzung aufgefordert
Ahmadinedschad: Ölpreis von fünf Dollar je Barrel kein Problem
Weitere Sanktionen der USA

III. Außenpolitik
Iran berichtet von 5 000 Zentrifugen
IAEA kritisiert Iran für mangelnde Zusammenarbeit
El Baradei: Obamas Offenheit gegenüber Iran kann hilfreich sein
Sechsertreffen zum Iran-Konflikt ohne Fortschritte
US-Experte: Iran braucht noch Jahre für eine Atombombe
Israel fordert stärkere Maßnahmen gegen iranisches Atomprogramm
Steinmeier: Druck auf Iran muss aufrechterhalten werden
US-Radar in Israel Mitte Dezember einsatzbereit
Iran: Werden keine Grenzverletzungen durch US-Militärs hinnehmen
Israel muss Annäherung zwischen Iran und den USA verhindern
Vorerst keine US-Vertretung in Teheran
EU und USA beraten mit arabischen Staaten über Iran
Türkei bietet sich als Vermittler im Atomstreit an
Obama für Gespräche mit Taliban über Afghanistan
Frachter vor Somalia überfallen
Erste Reaktionen Irans auf das Abkommen zwischen Washington und Bagdad
Iranischer Handelsattaché in Pakistan entführt
Mutmaßlicher Extremistenführer im Irak festgenommen
Iranische Volksmodschahedin erhalten Schützenhilfe vom Bundestag
Zehn Jahre Haft für britischen Soldaten wegen Spionage für Iran

*


I. Innenpolitik

Neuer Innenminister mit knapper Mehrheit vom Parlament ernannt

Mit äußerst knapper Mehrheit erhielt am 18. November der von Präsident Ahmadinedschad vorgeschlagene Innenminister Sadegh Mahsuli nach einer umstrittenen Abstimmung das Vertrauen des Parlaments. Der als enger Vertrauter von Präsident Ahmadinedschad geltende Mahsuli erreichte bei der Abstimmung mit 138 Stimmen gerade die erforderliche Stimmenzahl. Die Abstimmung war umstritten und wurde von einige Abgeordneten angefochten, weil es bis zuletzt nicht klar wurde, wie viel Abgeordnete zur Zeit der Stimmzählung anwesend waren und weil die Gegner nicht satzungsgemäß zu Wort gekommen waren.

Parlamentspräsident Ali Laridschani sagte im Hinblick auf die Knappheit der Stimmen für den Minister: "Die Zahl der Ja-Stimmen bewegte sich an der Grenze und wir hätten bei der Zählung der Stimmen sorgfältiger vorgehen müssen. Aber es besteht kein Zweifel, dass Herr Mahsuli zum neuen Innenminister ernannt worden ist."

Das Innenministerium zählt zu den wichtigsten Ministerien. Es ist für die innere Ordnung und Sicherheit des Landes zuständig, ebenso für die Verwaltung der Provinzen. Sämtliche Provinzgouverneure werden vom Innenminister ernannt. Zu den Aufgaben des Innenministeriums zählen auch die Durchführung und Kontrolle der Wahlen. Da in wenigen Monaten die Präsidentschaftswahlen stattfinden, gewinnt die Wahl Mahsulis eine besondere Bedeutung.

Dazu sagte Mahsuli nach seiner Ernennung im Parlament: "Ich fühle mich dem Votum des Volkes gegenüber verpflichtet. Ich werde mich bemühen, saubere und feierliche Wahlen durchzuführen, die unter der direkten Beteiligung der überwiegenden Mehrheit des Volkes und gemäß den festgelegten Gesetzen und Bestimmungen stattfinden." Weiterhin betonte der neue Minister, dass er sich um wirtschaftlich benachteiligte und von Naturkatastrophen heimgesuchte Gebiete des Landes kümmern werde. Der 49-jährige Mahsuli stammt aus der Provinz Westaserbaidschan, im Nordwesten Irans. Er hat an der Universität für Wissenschaft und Technik Städtebau studiert. Nach der Revolution arbeitete er zunächst in der Organisation Djahad Sasandegi (Heiliger Krieg für den Aufbau), später übernahm er führende Positionen bei den Revolutionsgarden, danach arbeite er als Staatssekretär im Verteidigungsministerium und fungierte zugleich als Berater des Staatspräsidenten.

Regierungschef Ahmadinedschad sagte bei der Vorstellung seines Ministers, er kenne Mahsuli aus seiner Studienzeit, in der beide an den Protestdemonstrationen gegen das Schah-Regime teilgenommen hätten. Nach der Revolution hätten beide als Kampfgefährten am Krieg gegen den irakischen Aggressor teilgenommen. "Das Innenministerium befindet sich seit Monaten in einer Krise. Daher brauchen wir jemanden, der endlich Ordnung in dieses Haus bringt und die Aktivitäten beschleunigt", sagte Ahmadinedschad und fügte hinzu, Mahsuli gehöre der zweiten Generation der Staatsführung der Islamischen Republik an, sein Denken sei von tiefer Religiösität geprägt. Er besitze die Fähigkeit, das Innenministerium zu führen. Gerichtet an die Abgeordneten schloss der Präsident seine Ausführungen mit der Warnung: "Es ist nicht ratsam, dass das Innenministerium länger ohne Führung bleibt."

Dass fast die Hälfte der Abgeordneten die Warnung des Regierungschefs ignorierte und gegen den Minister stimmte, lag zum Einen an der Person Mahsulis. Der Abgeordnete Heschmatollah Falahatpischeh sagte, Mahsuli sei ein reicher Mann, was auf seine Ölgeschäfte zurückzuführen sei. Mit eben dieser Begründung hatte das Parlament vor drei Jahren den Vorschlag Ahmadinedschads, Mahsuli zum Ölminister zu ernennen, abgelehnt. Wie damals bekannt wurde, soll Mahsuli in korrupte Ölgeschäfte verwickelt gewesen sein.

Der wichtigere Grund für die große Zahl der Gegner lag jedoch in den Differenzen im Lager der Radikalen Konservativen, Differenzen, die sich inzwischen stark vertieft haben. Es ist nicht mehr zu übersehen, dass Ahmadinedschad, insbesondere aufgrund seiner katastrophalen Wirtschaftspolitik und des Mangels an Führungsqualitäten seiner Regierung längst nicht mehr über eine Mehrheit im Lager der Konservativen verfügt. Dieser Umstand gewinnt im Hinblick auf die bevorstehende Präsidentschaftswahl eine große Bedeutung. Böse Zungen behaupten, dass Ahmadinedschad mit der Nominierung Mahsulis seine Chance für die Wahl vergrößern wollte. Denn mit Mahsuli an der Spitze des Innenministeriums erhöht sich die Möglichkeit, die Wahl wenn nicht durch die Mehrheit der Stimmen, dann doch durch Manipulationen und Fälschungen zu gewinnen.

Die Neuernennung eines Innenministers wurde erforderlich, nachdem der amtierende Minister vom Parlament seines Amtes enthoben wurde. Das Parlament stimmte am 4. November mit großer Mehrheit einem Antrag zur Amtsenthebung von Ali Kordan zu. Kordan hatte fälschlicherweise angegeben, er besitze einen Ehrendoktortitel der britischen Universität Oxford. Ahmadinedschad hatte ihn stets verteidigt. Er hatte sich geweigert, an der Abstimmung im Parlament teilzunehmen, hatte sich gegen das von ihm als "illegal" bezeichnete Amtsenthebungsverfahren gewandt und Kordan eine gute Arbeit als Innenminister bescheinigt. Es war der zehnte Wechsel im 21-köpfigen Kabinett von Ahmadinedschad. Scheidet nun ein weiterer Minister aus, muss laut der iranischen Verfassung der Präsident dem Parlament die Vertrauensfrage stellen.

Trotz der eindeutigen Position des Staatspräsidenten hatte das Parlament mit überwiegender Mehrheit für die Amtsenthebung gestimmt. Von 247 anwesenden Abgeordneten stimmten 188 für, 45 gegen die Amtsenthebung, 14 enthielten sich. "Die Amtsenthebung ist vom Parlament bestätigt und er kann von jetzt an nicht mehr Innenminister sein", sagte Parlamentspräsident Laridschani in einer im staatlichen Rundfunk live übertragenen Rede. Kordan, der erst im August ernannt worden war, hatte Ende September zugegeben, dass sein Ehrendoktortitel der Elite-Universität Oxford gefälscht war. In einem Brief an Ahmadinedschad versicherte er laut Medienberichten, er habe keine Ahnung von der Herkunft des Dokuments gehabt! Er beteuerte in seinem Schreiben, er habe die Urkunde über einen "Mittelsmann" in Teheran bekommen, über den er auch seine Dissertation eingereicht habe. "Die Frage nach der Echtheit der Doktorwürde ist mir nie in den Sinn gekommen", schrieb der Minister! Der Mittelsmann sei mittlerweile unauffindbar. Ahmadinedschad kommentierte das Schreiben mit dem Satz, ein Diplom sei nur ein Stück Papier, über das es sich nicht zu diskutieren lohne.

Nach Angaben des Abgeordneten Ebrahim Nekunam besitzt Kordan, der unter anderem auch als Universitätsprofessor tätig war, keinen Doktortitel. "Ein Mensch, dem die Sicherheit des Landes anvertraut wurde, hat das Parlament getäuscht", sagte Nekunam vor den Abgeordneten. Auch die Universität in Teheran, an der Kordan nach eigenen Angaben sein Studium abgeschlossen haben will, widerspricht dieser Behauptung. Damit ist klar, dass Kordan jahrelang Ämter und Behörden getäuscht und Posten übernommen hat ohne die dafür erforderliche akademische Ausbildung absolviert zu haben. Die Absetzung Kordans wurde allgemein als eine herbe Niederlage für Regierungschef Ahmadinedschad gewertet.


Reaktionen auf den Sieg Barack Obamas

Die iranische Führung erwarte vom künftigen US-Präsidenten Barack Obama eine wesentliche Änderung bilateraler Beziehungen. Entsprechend solle der Sieg Obamas bei den US-Präsidentschaftswahlen und der Einfluss auf die Beziehungen zwischen Teheran und Washington in einer Sonderkonferenz erörtert werden, berichtete am 17. November der Nachrichtendienst Press TV in Teheran. Ein genaues Datum der Konferenz wurde nicht genannt. Kurz nach dem Wahlsieg Obamas hat Irans Präsident Ahmadinedschad dem Demokraten zu seinem Sieg gratuliert. In seinem ungewöhnlichen Glückwunschschreiben erklärte Ahmadinedschad am 6. November: "Ich gratuliere Ihnen, dass es Ihnen gelungen ist, eine Mehrheit der Wähler hinter sich zu bringen". Er hoffe, Obama werde "die wahren Interessen des Volkes und der Gerechtigkeit über die unersättlichen Forderungen einer egoistischen Minderheit stellen". Weiterhin hieß es in dem Schreiben, er hoffe, die US-Regierung werde künftig ihre "aggressive Politik der Schikane", die auf der Besetzung und Erniedrigung anderer Länder beruhe, ändern. Besonders mit Blick auf den Nahen Osten würde Iran einen grundlegenden Wandel in der amerikanischen Außenpolitik begrüßen, schrieb Ahmadinedschad.

Teheran und Washington unterhalten seit 29 Jahren keine diplomatischen Beziehungen mehr. Bush zählte das Land zur "Achse des Bösen" und schloss einen Militäreinsatz gegen Iran nicht aus. Demgegenüber werden die USA von dem Teheraner Regime als "der große Satan" bezeichnet.

Regierungssprecher Gholam Hossein Elham äußerte die Erwartung, dass unter dem künftigen Präsidenten Barack Obama ein Kurswechsel in der Außenpolitik der USA vorgenommen werde. Teheran hoffe, dass Obama das internationale Ansehen der Vereinigten Staaten verbessere und Invasionen fremder Länder verhindere, sagte Elham laut einem Bericht der Nachrichtenagentur IRNA am 6. November.

Auch der Sprecher des Außenministeriums, Hasan Ghaschghawi, brachte seine Hoffnung auf einen Wandel der US-Außenpolitik zum Ausdruck. Die Führung in Teheran erwarte, dass Obama seinen Wahlkampfslogan "Yes we can - Ja, wir schaffen das" nun in die Tat umsetze, sagte er. Sein Land werde positiv auf jede Änderung der Iran-Politik Washingtons reagieren, fügte der Sprecher hinzu.


Vizepräsident wegen "Beleidigung des Korans" unter Beschuss

Ein Vize-Präsident des iranischen Staatschefs Mahmud Ahmadinedschad ist wegen eines Koran-Tanzes in die Kritik geraten. Der für Kultur- und Tourismusfragen zuständige Esfandiar Rahim Maschaie soll laut Medienberichten vom 16. November Gastgeber eines Festes gewesen sein, bei dem für ausländisches Kapital in der Tourismusbrache geworben werden sollte. Bei der Zeremonie brachten ein Dutzend Mädchen in traditioneller Kleidung tanzend das Heilige Buch des Islam auf einem Tablett zu dem Eröffnungsredner. Offizielle Zeremonien beginnen in Iran häufig mit der Rezitation von Koranversen. Dass aber dabei Frauen mit dem Heiligen Buch in der Hand tanzen, ist noch nie vorgekommen. Ein hoher Geistlicher beschrieb die Feier als "schändlich". Eine Gruppe von Klerikern, die auch im Parlament sitzen, forderte Ahmadinedschad auf, rechtlich gegen die Verantwortlichen vorzugehen und seinen Vizepräsidenten zu entlassen, meldete die Nachrichtenagentur ISNA.

Maschaies Stellvertreter, der die Feier organisiert hatte, erklärte inzwischen seinen Rücktritt. Er verteidigte den Programmpunkt mit der Bemerkung, dass es im Westen Irans Tradition sei, den Koran auf einem Tablett herbeizutragen. Maschaie hatte bereits im Juli des Jahres für ein Aufschrei der Empörung gesorgt, als er erklärte, Iran sei Freund des israelischen Volkes und die Amerikaner seien das beste Volk der Welt. Eine solche Äußerung seitens eines Vizepräsidenten war umso erstaunlicher, wenn man bedenkt, dass die Islamische Republik seit 29 Jahren keine diplomatischen Beziehungen zu den beiden Saaten unterhält.


Mann wegen Spionage für Israel gehängt

Ein wegen Spionage für Israel zum Tode verurteilter Elektronik-Fachmann wurde in Teheran hingerichtet. Der 45-jährige Ali Aschtari sei am 17. November gehängt worden, teilte Justizsprecher Ali Resa Dschamschidi am 22. November mit.

Die amtliche Nachrichtenagentur IRNA zitierte dazu den Leiter der Abteilung für Spionageabwehr im Geheimdienstministerium mit den Worten, die Hinrichtung solle zeigen, "dass neue Spionage-Schlachten mit feindlichen Geheimdiensten begonnen haben". Das israelische Außenministerium äußerte sich zu der Hinrichtung nicht. Daschamschidi sagte, Aschtari sei im vergangenen Jahr verhaftet worden, nachdem er drei Jahre lang für den israelischen Geheimdienst Mossad gearbeitet habe. Das iranische Fernsehen sendete am 22. November eine Videoaufnahme, auf der Aschtari gestand, für Israel spioniert zu haben.

Der 45-jährige Elektronik-Verkäufer soll Militär-, Sicherheits- und Verteidigungsanlagen in Iran beliefert haben. Er sei für schuldig befunden worden, geheime Informationen über Militär- und Forschungszentren an israelische Agenten weitergegeben zu haben, hieß es.

Indes hat die iranische Justiz für drei weitere angebliche Spione Israels die Todesstrafe gefordert. Das teilte der Generalstaatsanwalt Said Mortasawi am 25. November in Teheran mit. Die drei Iraner seien in Israel ausgebildet worden, Attentate und Morde zu begehen, Motorräder zu fahren und Spezialkameras sowie Computer zu benutzen. Weitere Mitglieder des für den israelischen Geheimdienst Mossad arbeitenden Spionagenetzes seien aufgespürt, jedoch noch nicht gefasst worden, erklärte Mortasawi.

Der Chef der Revolutionsgarden, Mohammad Ali Dschafari, hatte am 24. November erklärt, der Aufklärungsdienst der Elitetruppe habe ein für den Mossad arbeitendes Spionagenetz aufgedeckt und mehrere mutmaßliche Spione festgenommen. Demnach sollten die Agenten im Auftrag Israels Informationen über das iranische Atomprogramm, die Revolutionsgarden sowie Regierungsvertreter sammeln.


Neun Männer und eine Frau gehängt

Bei einer Massenhinrichtung wurden am 26. November im Teheraner Evin-Gefängnis zehn verurteilte Mörder gehängt, darunter eine Frau. Sie soll nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Fars im Jahr 2001 ihren Ehemann ermordet und die Leiche zerstückelt haben.

In den Ermittlungen hatte die Frau angegeben, der Mann habe ihre Tochter aus erster Ehe vergewaltigt. Die Hinrichtung der Frau war wegen internationaler Proteste mehrfach verschoben worden. In allen Fällen seien die Todesurteile in höchster Instanz bestätigt worden, hieß es.

Zuletzt waren Ende Juli bei einer Massenhinrichtung ebenfalls im Evin-Gefängnis 29 Todesurteile vollstreckt worden. Im vergangenen Jahr waren in Iran mehr als 300 Menschen hingerichtet worden, viele von ihnen öffentlich.

Die Todesstrafe gibt es noch in 62 Staaten. In der Bundesrepublik Deutschland wurde sie 1949 abgeschafft. In der DDR galt sie noch bis 1987. Weißrussland ist das einzige Land in Europa, in dem die Todesstrafe noch vollstreckt wird. Im vergangenen Jahr wurden der Menschenrechtsorganisation Amnesty Internation (ai) zufolge in 24 Ländern mindestens 1252 Gefangene hingerichtet. Da die meisten Staaten offiziell keine Zahlen liefern, ist die Dunkelziffer hoch. Für knapp 90 Prozent aller Hinrichtungen waren 2007 nach ai-Angaben fünf Staaten verantwortlich: China (470), Iran (317), Saudi-Arabien (143), Pakistan (135) und die USA (42).

Die Verurteilten wurden gehängt, erschossen, vergiftet oder starben auf dem elektrischen Stuhl. Auch mittelalterliche Formen wie Enthauptungen oder Steinigungen werden etwa in Saudi-Arabien oder Iran praktiziert. Vorgesehen ist die Todesstrafe in der Regel für besonders schwere Verbrechen wie Mord oder Hochverrat. In China gibt es mehr als sechzig Tatbestände. In Iran ist die Hinrichtung unter anderem bei Mord, Vergewaltigung, bewaffneten Überfällen, Drogenhandel oder bestimmten Sexualvergehen vorgesehen.


Prominentester Blogger Irans in Haft

Der wohl prominenteste Blogger Irans, Hossein Derakhshan, befindet sich in Haft. Diese Nachricht wurde am 20. November von der der Regierung nahestehenden Jahan News verbreitet. Derakhshan sei unter dem Vorwurf der Spionage für Israel verhaftet worden, ein Geständnis habe er bereits abgelegt, hieß es dort. Eine offizielle Bestätigung gibt es bis dato nicht.

Der in Iran geborene Journalist Derakhshan, der in seiner Heimat durch die Zensurbehörde ständig an seiner Arbeit gehindert wurde, begab sich im Jahr 2000 nach Kanada, erhielt dort die Staatsbürgerschaft, siedelte aber später nach London über. Ab 2001 begann er unter dem Namen Holder zunächst auf Persisch, später auch auf Englisch zu bloggen. In ihrem Buch: "Wir sind der Iran" (KiWi 2005) schreibt Nasrin Alavi: "Die iranische Blogosphäre hätte sich keinen aufopferungsvolleren Vater als Derakhshan wünschen können. ... Er setzt sich unermüdlich bei jeder Gelegenheit für die Sache der iranischen Blogger ein, er spricht auf Konferenzen und informiert die Medien über Inhaftierungen und Schikanen gegenüber Bloggern im Iran. Bei der Konferenz "Internet und Gesellschaft" an der Harvard University beschrieb Derakhshan am 9. Dezember 2004 die iranischen Blogs als "Brücken", "Cafés" oder "Fenster". "Brücken" verbinden Jung und Alt, Männer und Frauen, Politiker und das Volk, Iraner und die Welt. "Cafés" bieten im Internet Zuflucht für eine echte politische Debatte. "Fenster" gewähren einen wichtigen Blick auf den Iran, einen Einblick, der die stereotypen Bilder der westlichen Beobachter ebenso hinterfragt wie irgendwelche Illusionen, die die Machthaber im Iran womöglich über die Öffentlichkeit im Land haben könnten.

Derakhshan hat als einer der ersten iranischen Blogger seine Leser in die technischen Einzelheiten von Web-Adressen und Proxy-Servern eingeführt, die den Internet-Nutzern helfen, gefilterte Seiten zu sehen. Er gab die Adressen dieser Seiten weiter und zeigte, wie man neue einrichtet, wenn die alten ganz geschlossen werden. Neben seinem eigenen persönlichen Blog richtete er auch verschiedene, sehr beliebte Gruppen-Blogs ein, in denen die Schreiber die letzten Neuigkeiten und ihre Reaktionen darauf veröffentlichen."

Tatsächlich gelang es Derakhshan einen regelrechten Blogboom in Iran auszulösen, so dass Persisch zu einer der wichtigsten Sprachen in der Blogsphäre wurde.

Der Vorwurf der Spionage für Israel bezieht sich offenbar auf eine Reise, die Derakhshan 2006 nach eigenen Angaben in "humanitärer Mission" nach Israel unternahm, mit der Absicht, Iranern das Leben der Israelis näher zu bringen. Vielleicht hat er nicht bedacht, dass der Besuch Israels für Iraner strafbar ist. Jedenfalls hinderte ihn die Reise nicht daran, im Oktober dieses Jahres in seine Heimat zurückzukehren.

Politisch sei er schwer einzuordnen schrieb Niklas Hofmann in der Süddeutschen Zeitung vom 24. November. Er sei kein Sprachrohr des Westens. "Von den üblichen Exil-Oppositionellen hielt er nie viel, diese sehen in ihm dafür einen Büttel der Mullahs. Zunächst galt Hoder als Anhänger der iranischen Reformer, doch in den letzten zwei Jahren hat er eine Kehrtwende eingelegt, die viele Weggefährten und Sprechpartner im Westen befremdet hat. In seinem Blog verteidigte der selbst erklärte Atheist die Islamische Republik und das Recht des Iran auf Atomwaffen (was so direkt selbst das Regime nicht tut) und griff Israel und die USA an. Menschenrechtsgruppen galten ihm nun als Propagandisten der Neokonservativen in Washington. Für den anfangs von ihm verspotteten Ahmadinedschad fand Hoder dagegen zunehmend lobende Worte." Nach seiner Ankunft in Iran legte Derakhschan einen Bolg "Hoder in Iran" an, schrieb einige Wochen mit Begeisterung. Seit dem 1. November ist er verschwunden.


Fünf Millionen Internet-Seiten gefiltert

Der Berater des Oberstaatsanwalts, Abdolsamad Khorramabadi, gab am 19. November bekannt, dass rund fünf Millionen Internet-Seiten in Iran gefiltert worden seien. Die Filterung sei eine "Vorbeugemaßnahme" der Regierung gewesen, sagte Khorramabadi vor Studenten an der Azad Universität in Azadshahr (in der Provinz Golestan).

Es war das erste Mal, dass die iranische Justiz Massenfilterungen von Internet-Seiten offiziell zugab. Internet-Seiten seien noch gefährlicher als Satelliten-Fernsehen, denn über das Internet könne man an Informationen gelangen, die für die Gesellschaft äußerst schädlich seien. Khorramabadi forderte die Einrichtung einer "Internet-Polizei". Zudem solle das Parlament endlich "das Gesetz zum Kampf gegen Internet-Straftaten" beschließen und die Regierung solle die Aufklärung der Gesellschaft, insbesondere der Schüler und Studenten über die Gefahren des Internets ernsthaft planen. Zuvor hatte Esmail Radkani, dessen Firma von der Regierung mit der Filterung von Internet-Seiten beauftragt ist, erklärt, neben der allgemein üblichen Filterungen würden monatlich rund 1000 Seiten auf Anordnung der Justiz gefiltert.

Die Entscheidung über Filterungen liegt hauptsächlich bei einem Komitee unter der Federführung des Geheimdienstministeriums, dem auch jeweils ein Vertreter des Ministeriums für Islamische Führung, des staatlichen Rundfunks und Fernsehens, des Obersten Rats der Kulturrevolution, der Organisation für islamische Propaganda und des Ministeriums für Verkehr und Kommunikation angehören. Das Komitee wurde vor sieben Jahren gegründet, für seine Aufgaben fehlten jedoch klare Richtlinien. Diese wurden erst nach der Amtsübernahme der Regierung Ahmadinedschad festgelegt. Zudem erhielt das Ministerium für islamische Führung den Auftrag, alle Betreiber von Internet-Seiten zur Registrierung zu verpflichten. Unangemeldete Internet-Seiten sollten gefiltert werden. Doch dieser Plan scheiterte an den Protesten und der Weigerung von Betreibern, sich offiziell anzumelden. Von Zehntausenden Web-Betreibern meldeten sich lediglich 850 an.

Doch die Richtlinien des Komitees zur Überwachung von Internet-Seiten bestehen nach wie vor, sie werden in jüngster Zeit gründlicher angewendet. Zu den Verboten gehören unter anderem: Texte und Bilder, die islamische Werte in Frage stellen, islamische Führer beleidigen, zur Aufruhr gegen die nationale Sicherheit oder gegen die Interessen der Islamischen Republik anstiften, Äußerungen des Ayatollah Chomeini oder des Revolutionsführers Ali Chamenei missverständlich, verstellt oder falsch wiedergeben, die islamische Revolution denunzieren oder deren Zielsetzungen anzweifeln, gegen die Verfassung der Islamischen Republik verstoßen, die nationale Einheit zu spalten versuchen, die nationale Souveränität schwächen, Resignation, Hoffnungslosigkeit verbreiten und die Legitimität und Regierungsfähigkeit des islamischen Staates in Frage stellen, Geheimnisse, die das Militär, die Sicherheit und die Politik betreffen, preisgeben und Personen denunzieren und beleidigen. Das Strafmaß richtet sich nach der Schwere der Tat. Straftäter können neben der Filterung ihrer Web-Seiten auch mit Gefängnis bestraft werden. Bei besonders schweren Delikten kann der Betreffende sogar mit dem Tod bestraft werden.


Parlament verschärft Kriterien für Präsidentenbewerber

Sieben Monate vor der Präsidentschaftswahl in Iran hat das Parlament in Teheran am 9. November die Kriterien für die Zulassung der Kandidaten verschärft. Gemäß der neuen Regelung dürfen weiterhin nur Männer antreten, diese müssen neuerdings aber zwischen 40 und 75 Jahre alt sein und über einen universitätsvergleichbaren Abschluss verfügen. Von den Kandidaten wird zudem künftig verlangt, dass sie in führender Position in nationalen Einrichtungen tätig sind oder waren, etwa beim Staat, bei der Justiz oder der Armee. Universitätsprofessoren, Rechtsanwälte, Geschäftsleute und Vertreter zugelassener Parteien dürfen sich ebenfalls bewerben. Alle Kandidaten müssen schiitischen Glaubens sein, in Treue zur Islamischen Republik stehen und die iranische Staatsangehörigkeit besitzen.

Mit den neuen Bestimmungen soll ein "Wildwuchs" bei den Kandidaten wie im Jahr 2005 verhindert werden, als es rund tausend Bewerber für das Präsidentenamt gab. Unter ihnen war ein Bauer, der weder lesen noch schreiben konnte, und ein jugendlicher Arbeitsloser, der "eine Stelle bekommen" wollte. Von den 89 Bewerberinnen wurde keine zugelassen. Letztlich durften nur sieben Kandidaten antreten. Gewählt wurde Ahmadinedschad, der bislang offen ließ, ob er am 12. Juni 2009 für eine zweite Amtszeit kandidieren will. Im ultra-konservativen Lager könnte Ahmadinedschad Konkurrenz von Teherans Bürgermeister Mohammad Ghalibaf und Parlamentspräsident Ali Laridschani bekommen. Als gemäßigter Kandidat könnte der ehemalige Präsident Mohammad Chatami antreten. Dem früheren Parlamentspräsidenten Mehdi Karrubi, der bislang als einziger seine Kandidatur bekannt gegeben hat, werden kaum Chancen ausgerechnet.


Weiterer Marinestützpunkt am Persischen Golf

Die iranische Revolutionsgarde hat laut einem Bericht der amtlichen Nachrichtenagentur IRNA am 17. November einen neuen Marinestützpunkt am Persischen Golf eröffnet. Es ist der vierte derartige Stützpunkt in der Wasserstraße. Er befindet sich dem Bericht zufolge in der Hafenstadt Assalujeh. Die Elitetruppe ist seit September für die Verteidigung der iranischen Golfküste zuständig. Vor dem Hintergrund des Streits um das iranische Atomprogramm hatte der Kommandeur der Garde im Juli im Fall eines Angriffs seitens Israels oder der USA mit einer Schließung der für Öltransporte wichtigen Straße von Hormos im Persischen Golf gedroht.


Neue Boden-Boden-Rakete getestet

Eine am 12. November getestete iranische Rakete vom Typ Sejil stellt nach Ministeriumsangaben in Teheran keine Bedrohung für ein anderes Land dar. Die neue Boden-Boden-Rakete diene lediglich Verteidigungszwecken, bekräftigte der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Hassan Ghaschghawi, am 17. November vor Journalisten. Die iranischen Revolutionsgarden hatten den Test der neuen Generation von Sejil-Raketen als erfolgreich bezeichnet.

"Unser Raketen-Potenzial dient im Allgemeinen und die neue Rakete im Besonderen ausschließlich defensiven und präventiven Zwecken und ist keine Bedrohung für irgendein anderes Land", sagte Ghaschghawi. "Aber immer wenn wir solche Tests machen, gibt es viele Reaktionen, die allerdings irrelevant sind", sagte der Sprecher unter Bezug auf Proteste und Bedenken im Westen.

Nach den Worten von Verteidigungsminister Mostafa Mohammad Nadschar hat die Boden-Boden-Rakete eine Reichweite von 2000 Kilometern. Sie besitze "große und herausragende Eigenschaften". "Dieser Raketentest erfolgte im Rahmen der iranischen Abschreckungsdoktrin", sagte der Minister am 13. November laut einer Meldung der Nachrichtenagentur IRNA. Die Rakete werde nur auf den Köpfen jener Feinde landen, die eine Aggression planten und Iran überfallen wollten, sagte er. Presseberichten zufolge handelt es sich um eine zweistufige Fernbrennstoff-Rakete. Die iranischen Raketentests erfolgen vor dem Hintergrund von Spekulationen, nach denen die USA oder Israel iranische Atomanlagen angreifen könnten. Anfang November erklärte Iran, US-Hubschrauber seien dicht an der iranischen Grenze gesehen worden. Daraufhin warnte Iran die USA, er werde auf jegliche Verletzung seines Territoriums entsprechend reagieren.

Erst im Juli hatten die iranischen Streitkräfte eine verbesserte Version der Mittelstreckenrakete Schahb-3 getestet, die ebenfalls eine Reichweite von bis zu 2000 Kilometern haben soll. Damit könnten auch Ziele in Israel und US-Kriegsschiffe im Persischen Golf angegriffen werden.

Der neue Raketentest rief einen scharfen Protest der Vereinigten Staaten hervor. Teheran solle die Entwicklung von Raketen "unverzüglich" einstellen, die als Träger atomarer Sprengköpfe dienen könnten, erklärte US-Regierungssprecher Gordon Johndroe in Washington. Das Programm widerspreche den Resolutionen des UN-Sicherheitsrats sowie den internationalen Verpflichtungen Irans. Wenn Iran das Vertrauen der internationalen Gemeinschaft gewinnen wolle, müsse das Land auf weitere Raketentests verzichten, sagte Johndroe. Durch solche Aktionen fördere die iranische Regierung "die internationale Isolierung" ihres Landes. In den Verhandlungen über das umstrittene iranische Atomprogramm wollten die USA und ihre Verbündeten an einer diplomatischen Lösung festhalten, erklärte der US-Regierungssprecher. Eine Einstellung des Programms solle "großzügig" vergütet werden.


General Raschid: Wir stehen an der Schwelle eines möglichen Krieges

Ein führender General der iranischen Streitkräfte äußerte die Ansicht, Iran werde von drei Faktoren bedroht, von dem weiteren Fall der Ölpreise, von einem Abenteuer durch Israel bzw. durch Al Kaida und von einer unkontrollierten gesellschaftlichen Umwandlung. Wörtlich sagte er: "Wir stehen an der Schwelle eines möglichen Krieges."

General Gholamali Raschid, den iranische Zeitungen am 23. November zitierten, meinte, im Hinblick auf solche Gefahren müsse Iran sein militärisches Potenzial zur Abwehr der Drohungen erheblich verstärken. Die "Feinde Irans" hätten bereits zweimal in der Vergangenheit einen Angriff auf das Land geplant: nach dem Sturz von Saddam Hussein und nach dem Angriff Israels auf Libanon, sagte der General.

Die Verteidigung Irans müsse sich insbesondere auf drei Gebiete konzentrieren, sagte General Raschid, auf Nordwesten (Provinz Kurdistan an der Grenze zur Türkei und dem Irak), auf Südosten (Provinz Sistan und Belutschistan an der Grenze zu Afghanistan und Pakistan) und auf die Provinz Khusistan (am Persischen Golf und an der Grenze zum Irak).

"Die Gruppen, die heute gegen uns arbeiten, sind ganz andere als jene, die in den ersten Jahren nach der Revolution gegen uns waren, sie ähneln eher den Gruppen von Al Kaida", sagte General Raschid. Er verwies auf die Studentenunruhen im Sommer 1999 und warnte vor ähnlichen Ereignissen, die von außen gesteuert werden könnten. Es sei naiv zu glauben, dass sich der Charakter des amerikanischen Staates durch einen Regierungswechsel ändern würde. Es könnte zwar sein, dass die neue Regierung unter Barack Obama "zunächst andere Methoden anwendet", aber spätestens nach einem Jahr werde das wahre Gesicht der USA wieder zum Vorschein kommen.


Zehntausende Afghanen erhalten keine Arbeitserlaubnis

Nach Angaben der iranischen Regierung wurde die befristete Arbeitserlaubnis für mehrere Zehntausend afghanische Staatsbürger nicht verlängert. Die Nachrichtenagentur ISNA zitierte den Leiter des Amtes für ausländische Beschäftigte, Mohammad Hossein Salehimaram, wonach 310.000 afghanische Arbeiter, deren Pässe keine Gültigkeit mehr haben, zunächst bei der afghanischen Botschaft eine Verlängerung ihrer Pässe beantragen müssen. Ohne gültigen Pass könne ihre Arbeitsgenehmigung nicht verlängert werden. Bereits vor sechs Monaten seien die Arbeiter aufgefordert worden, sich um ihre Pässe zu kümmern. Die Frist sei nun abgelaufen.

Zwei Wochen zuvor hatte das Arbeitsministerium eine Liste von Gebieten veröffentlicht, die für afghanische und irakische Staatsbürger zum Sperrgebiet erklärt wurden. Das sind vor allem Gebiete entlag der afghanischen bzw. irakischen Grenze, aber auch Großstädte mit Ausnahme der Hauptstadt Teheran. In den letzten Jahren sind Hunderttausende Afghanen nach Iran emigriert. In der Regierungszeit der Taliban hielten sich fast drei Millionen Afghanen in Iran auf. Zwar ging ein Teil der Flüchtlinge nach dem Sturz der Taliban zurück. Doch manche, die in ihrer Heimat keine Arbeit fanden, kehrten wieder nach Iran zurück.


*


II. Wirtschaft

Türkischer Energieminister wirbt für Geschäfte mit Iran

Die Türkei wirbt bei ihren Verbündeten in Europa und den USA für einen Zugang zu den iranischen Erdgasvorkommen. "Die Türkei und Europa brauchen dieses Gas", zitierten türkische Zeitungen den türkischen Energieminister Hilmi Güler am 20. November. Der Minister habe zur Eröffnung einer Industrieanlage in der Stadt Bandirma erklärt, er hoffe auch auf einen diesbezüglichen Kurswechsel der neuen US-Regierung unter Präsident Barack Obama.

Gülar hatte am 17. November in Iran ein Erdgas-Abkommen unterzeichnet, das später Grundlage für die Erschließung von Gasvorkommen und den Transport des Gases über die Türkei nach Europa sein soll. Die Türkei betrachtet dies als wichtigen Schritt zu einer sicheren Gasversorgung. Die USA sind wegen des Atomstreits mit Teheran gegen das Geschäft und drohen mit Strafmaßnahmen.


Erstes Atomkraftwerk 2009

Iran will 2009 sein erstes Atomkraftwerk in Betrieb nehmen. "Die Abnahme-Phase des Buschehr-Atomkraftwerks hat begonnen", erklärte ein Sprecher der iranischen Atomenergie-Behörde am 18. November der amtlichen Nachrichtenagentur IRNA. "Wir hoffen, dass das Kraftwerk 2009, wie mit den russischen Partnern vereinbart, in Betrieb genommen werden kann." Russland und die Islamische Republik hatten 1995 den Bau des AKW im Südwesten des Landes vereinbart. Das verantwortliche Unternehmen Atomstroyexport hatte im September angekündigt, zwischen Dezember und Februar würden die letzten technischen Arbeiten begonnen.


Ölpreis rutscht - Iran rechnet in Gold

Angesichts des anhaltenden Falls des Ölpreises hat sich Iran einem Zeitungsbericht zufolge in das als sicher geltende Gold geflüchtet. Die Geldreserven seien in das Edelmetall umgewandelt worden, damit das Land in Zukunft nicht mehr so vielen Problemen gegenüberstehe, zitiert die Wirtschaftszeitung "Pul" in ihrer Ausgabe vom 16. November den Regierungsberater Modschtaba Samareh-Haschemi. Zu weiteren Einzelheiten äußerte er sich allerdings nicht.

Iran ist der weltweit viertgrößte Öl-Produzent und hat wegen der Rekordjagd des Öls zur Jahresmitte riesige Gewinne aus Exporten erzielt. Seitdem ist der Preis für den Rohstoff um fast 70 Prozent gefallen und hat inzwischen die Marke von 50 US-Dollar pro Barrel unterschritten. Der Internationale Währungsfond (IWF) hatte im August mitgeteilt, dass Iran mittelfristig ein Leistungsbilanzdefizit drohe, wenn der Ölpreis unter 75 Dollar pro Barrel falle. Angesichts der finanziellen Isolation des Landes sei dies nur schwer auszugleichen.


OPEC zu Produktionskürzung aufgefordert

Iran hat die OPEC aufgefordert, angesichts des Preisverfalls für Rohöl die Produktion zu kürzen. Beim Treffen der Organisation Erdöl Exportierender Länder am 29. November in Kairo sollte die tägliche Förderquote um 1 bis 1,5 Millionen Barrel reduziert werden, hieß es am 15. November auf der Webseite des iranischen Fernsehens. Die OPEC hatte erst im vergangenen Monat die Produktion um 1,5 Millionen Barrel gedrosselt, nachdem der Ölpreis von 147 Dollar im Juni auf unter 70 Dollar abgestürzt war. Trotz dieser Kürzung sank der Preis auch im November weiter.

Bei dem Treffen in Kairo wurde zunächst beschlossen, durch eine strikte Einhaltung der Förderquoten den Preisverfall zu stoppen. Die Entscheidung über eine mögliche Förderkürzung wurde auf die nächste Sitzung am 17. Dezember vertagt.


Ahmadinedschad: Ölpreis von fünf Dollar je Barrel kein Problem

Präsident Ahmadinedschad hat sich vom jüngsten Preisverfall beim Rohöl unbeeindruckt gezeigt. Iran käme auch mit einem Ölpreis von nur fünf Dollar je Barrel zurecht, sagte er am 23. November staatlichen Medien zufolge in Teheran. Diese Behauptung steht im Gegensatz zu der Meinung von Experten, die nach dem rapiden Fall der Ölpreise mit empfindlichen Einnahmeeinbußen für Erölproduzenten wie Iran rechnen. "Es gab schon Zeiten, in denen Iran mit einem Ölpreis von neun Dollar je Barrel zurechtgekommen ist", sagte Ahmadinedschad, ohne sich jedoch zu den Strategien seiner Regierung in einem solchen Szenario zu äußern. Der Ölpreis war im Jahr 1998 unter zehn Dollar je Fass gefallen. Der Präsident fügte hinzu: "So wie die weltweite Bankenkrise keine Auswirkungen auf die iranische Wirtschaft hatte, wird sich auch der Ölpreis nicht so sehr auswirken."


Weitere Sanktionen der USA

Die US-Regierung hat gegen Iran wegen dessen umstrittener Urananreicherung weitere finanzielle Sanktionen verhängt. Demnach dürfen ab sofort US-Banken keine iranischen Geldtransaktionen mehr abwickeln. Dies gelte auch dann, wenn diese Transaktionen formell durch eine nicht-iranische Bank oder eine amerikanische Bank außerhalb der USA getätigt werden, gab das Finanzministerium am 7. November in Washington bekannt.

"Mit der Entscheidung werden die Möglichkeiten Irans erheblich eingeschränkt, die US-Finanzinstitute zu manipulieren", teilte das Ministerium mit. Es sei ein Versuch, den iranischen Finanzsektor weiter zu isolieren. Der designierte US-Präsident Barack Obama habe keine Kenntnis von den neuen Sanktionen gehabt, berichtete der "Miami Herald". Eine Sprecherin Obamas wollte sich auch nicht zu der neuen Entwicklung äußern.


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III. Außenpolitik

Iran berichtet von 5000 Zentrifugen

Iran hat nach eigenen Angaben die Zahl seiner für Urananreicherung benötigten Zentrifugen deutlich erhöht. "Derzeit sind mehr als 5000 Zentrifugen im Einsatz", zitierte die staatliche Nachrichtenagentur IRNA am 26. November den Chef der iranischen Atombehörde, Gholam-Resa Aghasadeh. Die Internationale Atombehörde (IAEA) war bis vor kurzem noch von 3000 bis 3800 Zentrifugen im iranischen Atomzentrum Natans ausgegangen. Aghasadeh kündigte den weiteren Ausbau der umstrittenen Atomaktivitäten an. "Von einer Einstellung kann nicht die Rede sein", betonte er. Ungeachtet verschiedener Sanktionen der UN hat Iran nach einem vertraulichen Bericht von IAEA-Chef Mohammad el Baradei seit der Wiederaufnahme der Aktivitäten in Natans rund zwei Tonnen Uran angereichert.


IAEA kritisiert Iran für mangelnde Zusammenarbeit

Einem Bericht der UN-Atomenergiebehörde IAEA zufolge hat Iran sein umstrittenes Atomprogramm trotz internationaler Forderung nach einer Aussetzung fortgeführt. Teheran habe sich nicht an die Beschlüsse des UN-Sicherheitsrates gehalten und neue Zentrifugen in Betrieb genommen, erklärte die IAEA in einem internen Bericht. Dies meldete die Nachrichtenagentur AFP am 19. November. Der iranische IAEA-Botschafter, Ali Asghar Soltanieh, wies die Vorwürfe zurück. Die US-Regierung warf Teheran eine "bedauerliche und enttäuschende" Nichterfüllung internationaler Zusagen vor.

Die IAEA kritisierte zudem, dass sie bei ihren Untersuchungen zu der Frage, ob das iranische Atomprogramm einem militärischen Zweck dient, keine "substanziellen" Fortschritte machen konnte. Dies liege an der "mangelnden Kooperation" Irans, hieß es in dem Bericht. "Es herrscht völliger Stillstand", sagte ein UN-Vertreter. "Wir hatten früher schon völligen Stillstand, aber damals haben wir wenigstens miteinander geredet", verlautete aus den Kreisen in Wien. "Jetzt ist es schlimmer. Es gibt überhaupt keine Kommunikation und keinen Fortschritt, was mögliche militärische Dimensionen ihres Programms angeht." Die Situation sei schlechter als im September, als die IAEA ihren bislang letzten Bericht über das iranische Atomprogramm veröffentlicht hatte.

Die IAEA untersucht Angaben des US-Geheimdienstes, denen zufolge Iran an mehreren Projekten arbeitet, die miteinander kombiniert dem Bau von Atomwaffen dienen könnten. Die Behörde hatte die mangelnde Zusammenarbeit Irans bei diesen Untersuchungen zuletzt am 15. September dokumentiert. UN-Mitarbeiter hatten damals von Stillstand gesprochen. Iran hatte seinerseits im Juni 200 Seiten Dokumente übergeben und erklärt, damit seien alle relevanten Fragen beantwortet. Die Regierung in Teheran bezeichnet das Material des US-Geheimdienstes als Fälschung.

Dem jüngsten IAEA-Bericht zufolge sollen im Rahmen des iranischen Atomprogramms Anfang kommenden Jahres weitere 3000 Zentrifugen in Betrieb genommen werden, zusätzlich zu den 3800 bestehenden und 2200, die eigentlich nach und nach in Betrieb hätten gehen sollen. Allerdings habe Iran keine weiteren Anlagen mehr angefangen, seit im September die Marke von 3800 Zentrifugen erreicht worden sei. In UN-Kreisen wurde keine Erklärung dafür angegeben.

Mit den Zentrifugen wird Uran angereichert, das dann auch für den Bau von Atombomben verwendet werden könnte. Der iranische IAEA-Botschafter Soltanieh wies die Vorwürfe in dem IAEA-Bericht zurück. Das Dokument zeige vielmehr, dass Iran als "verantwortungsvolle Nation" seine rechtlichen Verpflichtungen vollkommen erfüllt habe, sagte er der amtlichen Nachrichtenagentur Fars. Die Inspektionen würden zudem "ohne Hindernisse" ablaufen. US-Regierungssprecher Gordon Johndroe warf Iran hingegen eine "bedauerliche und enttäuschende" Nichterfüllung von an die IAEA und UNO gemachten Zusagen vor. Dennoch könne Iran bei Erfüllung der Forderungen mit wirtschaftlichem und politischem Entgegenkommen rechnen.

In dem Bericht beschäftigt sich die IAEA auch mit einer mutmaßlichen syrischen Atomanlage. Ob die im vergangenen September von der israelischen Luftwaffe zerstörte Anlage El Kibar in der syrischen Wüste tatsächlich für atomare Zwecke genutzt werden sollte, könne noch nicht sicher behauptet werden, erklärte die IAEA. Die Merkmale des Gebäudes sowie dessen Verbindung zu Pumpen für Kühlwasser ähnelten jedoch denen von Atomanlagen. Die USA warfen Damaskus im April vor, in El Kibar mit nordkoreanischer Hilfe heimlich den Bau eines Atomreaktors betrieben zu haben. Syrien bestreitet den Betrieb einer Atomanlage und spricht von einer nicht mehr benutzten militärischen Einrichtung.


El Baradei: Obamas Offenheit gegenüber Iran kann hilfreich sein

Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA hat die Ankündigung des nächsten US-Präsidenten Barack Obama begrüßt, ohne Vorbedingungen in eine neue Gesprächsrunde mit Iran zu gehen. "Wenn es einen direkten Dialog zwischen den Vereinigten Staaten und Iran gibt, denke ich, dass Iran der IAEA mehr entgegenkommt", sagte Mohammad El Baradei am 11. November in Prag. Ein politischer Durchbruch werde Iran überzeugen, mit der Aufsichtsbehörde zusammenzuarbeiten und die verbleibenden technischen Punkte zu klären.

El Baradei hatte sich zuvor gegen eine Isolation Irans ausgesprochen und einen breiten Dialog angemahnt.


Sechsertreffen zum Iran-Konflikt ohne Fortschritte

Vertreter der sogenannten Sechsergruppe haben am 14. November in Paris über den Atomkonflikt mit Iran beraten. Anzeichen für größere Fortschritte in den Gesprächen von Vertretern der fünf UN-Vetomächte und Deutschland gab es allerdings nicht. Das französische Außenministerium erklärte in einer knappen Mitteilung nach dem Treffen auf Direktorenebene lediglich, die Beteiligten hätten sich über die gegenwärtige Situation ausgetauscht und über das weitere Vorgehen gesprochen. Die Vertreter der USA, Großbritanniens, Frankreichs, Russlands, Chinas und Deutschlands würden ihre Beratungen in den kommenden Wochen fortsetzen.

Die Erwartungen an das Treffen waren ohnehin nicht sonderlich hoch. Bereits zuvor war aus französischen Regierungskreisen verlautet, dass vor der Amtsübergabe von US-Präsident George W. Bush an seinen Nachfolger Barack Obama Mitte Januar nicht mit wesentlichen Entwicklungen zu rechnen sei.


US-Experte: Iran braucht noch Jahre für eine Atombombe

Iran braucht nach Ansicht des renommierten US-Sicherheitsexperten Anthony Cordesman "noch mindestens einige Jahre" zum Bau einer Atombombe. Das iranische Programm zur Urananreicherung bleibe dennoch eines der "wichtigsten Sicherheitsthemen" der künftigen US-Regierung, sagte der Experte vom Zentrum für strategische und internationale Studien (CSIS) am 7. November in Washington.

Allein schon das iranische Nuklearprogramm und die wachsenden Kapazitäten Teherans "zur asymetrischen Kriegsführung" - sprich dem Einsatz von Terroristen und Untergrundkämpfer - sei eine Bedrohung, mit der sich die Nachbarstaaten Irans, die USA und Israel zunehmend beschäftigen müssten, sagte Cordesman. Die nuklearen Anstrengungen Irans und der Irak-Krieg hätten bereits jetzt zu "großen Veränderungen in der Militärbalance" des Nahen Ostens geführt, betonte der Ex-Diplomat.


Israel fordert stärkere Maßnahmen gegen iranisches Atomprogramm

Israels scheidender Ministerpräsident Ehud Olmert hat stärkere internationale Initiativen im Atomstreit mit Iran gefordert. "Wir müssen unsere Maßnahmen ausweiten, um Iran daran zu hindern, seine hinterhältigen Ziele zu erreichen", sagte er am 16. November. Iran dürfe nicht zu einer Atommacht werden, sagte Olmert. "Israel kann sich nicht das leisten... die freie Welt darf das nicht zulassen." Unter der Führung der USA müsse die internationale Gemeinschaft ihre Kräfte bündeln.

Auch der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak hat die USA aufgerufen, einen möglichen Militäreinsatz gegen das iranische Atomprogramm auch künftig nicht auszuschließen. "Wir schließen keine Möglichkeit aus. Wir empfehlen anderen, ebenfalls keine Option aufzugeben", sagte Barak bei einem Treffen mit US-Außenministerin Condoleezza Rice am 7. November in Jerusalem. Israel sei überzeugt, dass Iran weiterhin nach Atomwaffen strebe und die Welt über seine wahren Absichten täusche.

Mit seiner Äußerung zielte Barak offensichtlich auf den künftigen US-Präsidenten Barack Obama. Dieser hatte sich im Wahlkampf anders als sein Vorgänger George W. Bush für Gespräche mit Teheran ausgesprochen. Genau dies kritisierte die israelische Außenministerin Zipi Livni. Sie warnte den frisch gekürten Sieger der US-Wahlen, dass nach der Sanktionspolitik die Aufnahme von Gesprächen mit Teheran im Nahen Osten als Schwäche interpretiert werden könnte. Auf die Frage, ob sie einen US-Dialog mit Iran unterstütze, antwortete Livi am 6. November im israelischen Rundfunk: "Die Antwort ist 'Nein'." Zugleich zeigte sich die Chefin der Kadima-Partei überzeugt, dass die USA auch unter Obama ein Atomprogramm in Iran nicht akzeptieren würden.

Auch die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, meldete sich zum Thema Iran zu Wort. Sie erwarte von den westlichen Staaten, dass sie zusammen mit Israel das Atomprogramm Irans notfalls mit militärischer Gewalt stoppen. "Atombomben in den Händen eines Irren wie Ahmadinedschad" seien "eine große Gefahr für Millionen von Menschen in ganz Europa, die er opfern würde", sagte Knobloch der "Bild am Sonntag", wie der Evangelische Pressedienst am 8. November vorab meldete. Daran müsse man den iranischen Präsidenten mit allen Mitteln hindern.

Knobloch äußerte sich zugleich skeptisch, dass der designierte US-Präsident Barack Obama Iran genauso energisch gegenübertreten werde wie Amtsinhaber George W. Bush. Sein Mitbewerber John McCain hätte ihrer Ansicht nach vermutlich eine härtere Gangart gegenüber Iran eingeschlagen, sagte Knobloch weiter: "Obamas Geschichtsbewusstsein entspricht aufgrund seines Alters nicht dem von McCain."

Knobloch forderte auch ein härteres Vorgehen des UN-Sicherheitsrats gegen Iran. Die Aufrüstungspolitik und der offene Antisemitismus des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad sei "eine erneute globale Bedrohung des jüdischen Volkes", sagte Knobloch am 6. November bei einer Filmpremiere in Berlin. Westliche Länder hätten darauf bisher nur beschwichtigend mit einer folgenlosen Diplomatie reagiert.

In Anspielung auf die gescheiterte Friedenspolitik Großbritanniens und Frankreichs 1938 gegenüber Nazideutschland ergänze Knobloch: Ich habe erlebt, wohin das führt." Es müsse alles getan werden, "um einem Möchtegern-Massenmörder das Handwerk zu legen, solang es noch Zeit dafür ist".


Steinmeier: Druck auf Iran muss aufrechterhalten werden

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier beharrt im Streit um das iranische Atomprogramm auf einer harten Haltung. "Iran spielt im Augenblick sichtbar auf Zeit, in Erwartung, dass eine neue amerikanische Regierung neue Signale sendet", sagte der SPD-Politiker am 20. November in der indischen Hauptstadt Neu-Delhi. "Hier wird internationaler Druck aufrecht zu erhalten sein". Iran müsse sich bewegen. Der neue US-Präsident Barack Obama, der im Januar die Amtsgeschäfte übernehmen wird, will durch direkte Verhandlungen mit Iran Bewegung in den festgefahrenen Konflikt bringen. Bislang verhandelt die sogenannte Sechsergruppe mit Teheran. Ihr gehören neben den USA Deutschland, China, Russland, Frankreich und Großbritannien an.


US-Radar in Israel Mitte Dezember einsatzbereit

Eine von den USA in Israel installierte Radaranlage zur Raketenabwehr ist ab Mitte Dezember einsatzbereit. US-Militärs, die für das Funktionieren des Radars zuständig seien, nähmen derzeit letzte Tests vor, berichtete der israelische Militärfunk am 23. November. Das Radar hat eine Reichweite von mehr als 2000 Kilometern und wurde Ende September in der Negev-Wüste aufgebaut. Nach US-Angaben soll es Raketen während des Flugs orten und eine Positionsbestimmung für ihre Zerstörung liefern. Wegen wiederholter Drohungen aus Teheran und der iranischen Atom- und Raketenprogramme soll die US-Radaranlage die israelische Raketenabwehr verstärken.


Iran: Werden keine Grenzverletzung durch US-Militärs hinnehmen

Iran hat angekündigt, keine Grenzverletzung der US-Streitkräfte im Irak hinzunehmen. Das Auftauchen von US-Militärhubschraubern nahe der gemeinsamen Grenze der beiden Golfstaaten lasse befürchten, dass US-Soldaten in iranisches Territorium eindringen könnten, zitierte der staatliche iranische Rundfunk am 5. November eine Erklärung der Armee. "Die iranischen Streitkräfte werden jede Grenzverletzung beantworten."

Im Oktober hatten US-Soldaten vom Irak aus ein Grenzdorf in Syrien angegriffen und damit Proteste auch der Regierung in Teheran ausgelöst. Bei früheren Gelegenheiten hat Iran gedroht, jede Verletzung seines Staatsgebiets mit Angriffen auf den US-Verbündeten Israel sowie auf US-Interessen in der Golfregion und die für den Ölmarkt wichtige Schifffahrtsroute durch die Straße von Hormos zu erwidern.

In politischen Kreisen in Teheran wurde die Erklärung der Armee als deutliche Warnung an den designierten US-Präsidenten Barack Obama gewertet.


Israel muss Annährung zwischen Iran und den USA verhindern

Einem Bericht des britischen Senders BBC zufolge hat der israelische Nationalrat in seinem Jahresbericht eine Annäherung an Syrien vorgeschlagen, um mögliche Gefahren, die von Iran ausgehen könnten, einzudämmen. Dabei solle Israel auch bezüglich eines Rückzugs aus den Golan-Höhen Kompromissbereitschaft zeigen. In dem Bericht käme auch ein möglicher militärischer Angriff gegen Iran zur Sprache. Der Sender beruft sich auf einen Bericht der israelischen Tageszeitung Haarez vom 23. November. Demnach empfiehlt der Nationalrat, Israel solle durch eine enge Zusammenarbeit mit der neuen US-Regierung eine mögliche Annährung und etwaige Vereinbarungen zwischen Teheran und Washington verhindern. Denn eine Besserung der Beziehungen zwischen den USA, den arabischen Staaten und Iran könnte bereits 2009 zur Isolierung Israels führen.


Vorerst keine US-Vertretung in Teheran

Nach fünfmonatiger Ungewissheit wurde der Plan, eine US-Vertretung in Teheran einzurichten, zu den Akten gelegt. US-Außenministerin Condoleezza Rice nahm erstmals am 24. November zu dieser Frage ausführlich Stellung. Die Ministerin bestätigte zunächst die Existenz eines solchen Plans, erklärte aber, angesichts der Kürze der Zeit, die ihre Regierung zur Verfügung habe, werde die Entscheidung an die neue Regierung unter Barack Obama verwiesen. Präsident Bush stimme dem Plan grundsätzlich zu, fügte Rice hinzu.

Der Plan, eine Interessenvertretung der USA in Teheran einzurichten, wurde erstmals am 23. Juni durch einen Artikel in der Washington Post bekannt. Der Artikel löste zahlreiche Diskussionen sowohl in den USA als auch in Iran aus. Irans Regierungschef Ahmadinedschad erklärte zu dem Plan, sollte sich Washington mit einem solchen Anliegen an die iranische Regierung wenden, werde seine Regierung den Antrag "wohlwollend prüfen".

Zwar hatte Präsident Bush die Durchführung des Plans ins Auge gefasst, sagte Rice, sich jedoch nie deswegen an die iranische Regierung gewandt. "Ich denke, dass es zu diesem späten Zeitpunkt besser ist, die Entscheidung der Nachfolgeregierung zu überlassen", fügte Rice hinzu.

Die USA hatten ihre diplomatischen Beziehungen zu Iran nach dem Angriff auf ihre Botschaft in Teheran 1979 und dem anschließenden Geiseldrama abgebrochen. Rice sagte, Ziel eines neuen diplomatischen Postens wäre es, mit der iranischen Bevölkerung in Kontakt zu treten, um etwa Visa auszustellen.


EU und USA beraten mit arabischen Staaten über Iran

Arabische Außenminister haben in einem Gespräch mit Vertretern der Europäischen Union (EU) und der USA ihre Sorge über Vormachtsbestrebungen Irans geäußert. Ein Beobachter des Treffens am 9. November im ägyptischen Scharm el-Scheich sagte der Agentur Reuters zufolge, die arabischen Länder hätten sich besorgt gezeigt, dass die Konzentration des Westens auf das iranische Atomprogramm das Streben der Islamischen Republik nach mehr Einfluss in der Region in den Hintergrund treten lasse.

Bei dem Treffen kamen die Außenminister von Jordanien, Marokko, Ägypten, Bahrain und den Vereinigten Arabischen Emiraten mit ihren Kollegen aus den USA und Frankreich zusammen. Zudem war der EU- Außenbeauftragte Javier Solana bei den Gesprächen anwesend. Die Verhandlungen mit Iran über das Atomprogramm befänden sich in der Sackgasse, sagte Solana. Er hoffe aber auf eine neue Gesprächsrunde.

Der Beobachter, der laut Reuters nicht genannt werden wollte, zitierte den jordanischen Außenminister mit den Worten: "Das Atomprogramm ist zur Krise geworden, aber für uns ist das iranische Hegemoniestreben eine endlose Krise." Der Minister habe dabei den Einfluss Irans in Syrien, im Irak und Libanon, sowie auf die radikal-islamische Palästinenserorganisation Hamas im Gazastreifen genannt.

Solana und der französische Außenminister Bernard Kouchner hätten dem Beobachter zufolge überrascht gewirkt von der Offenheit und Vehemenz der Bekundungen der arabischen Staaten. Ein Vertreter der US-Delegation sagte, Rice habe die Sorgen der arabischen Staaten geteilt: Der Westen, insbesondere die Europäer, hätten die Ängste vor den iranischen Ambitionen in der Region nicht vollständig verstanden. Das Treffen in Scharm el-Scheich war auf Bitten der arabischen Minister zustande gekommen, schreibt Reuters. Rice, Solana und Kouchner waren nach Ägypten gereist, um ein Treffen des Nahost-Quartetts abzuhalten. Zu dem Quartett zählen neben der EU und der USA auch die Vereinten Nationen sowie Russland. Der russische Außenminister Sergej Lawrow befand sich dazu ebenfalls in dem Badeort am Roten Meer, nahm jedoch nicht an den Gesprächen zum Iran teil.


Türkei bietet sich als Vermittler im Atomstreit mit Iran an

Im Atomstreit zwischen dem Westen und Iran hat sich die Türkei als Vermittler angeboten. "Ich denken, wir könnten sehr nützlich sein", sagte der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan in einem am 12. November veröffentlichten Interview mit der "New York Times". "Wir beobachten die Beziehungen zwischen Iran und den Vereinigten Staaten mit großer Sorge", sagte Erdogan weiter. Kriege könnten niemals eine Lösung sein.

Die Türkei hatte Ende Juli erklärt, auf Wunsch der sogenannten Sechsergruppe bereits eine informelle Rolle bei den Verhandlungen mit Teheran zu übernehmen. Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad machte deutlich, dass dies keine Vermittlung sei, begrüßte aber die türkischen Bemühungen, "die Spannungen zu verringern".


Obama für Gespräche mit Taliban und Iran über Afghanistan

Der gewählte US-Präsident Barack Obama befürwortet zur Beilegung des Konflikts in Afghanistan Gespräche mit den radikalislamischen Taliban. Die "Washington Post" berichtete am 11. November unter Berufung auf Obamas Berater, Verhandlungen zwischen der afghanischen Regierung und "reuigen" Taliban würden von der künftigen US-Führung unterstützt. Außerdem wolle Obama Iran in eine regionale Strategie für Afghanistan einbinden. Sowohl die USA als auch Iran wollten verhindern, dass extremistische Sunniten in Afghanistan an die Macht kommen, sagte ein US-Armeevertreter der "Washington Post".

Der britische Premierminister Gordon Brown stellte mehr Soldaten für Afghanistan in Aussicht, wenn Obama dies wünsche. Die Last müsse allerdings unter den NATO-Partnern verteilt werden, sagte Brown am 11. November auf einer Pressekonferenz in London. Obama hatte im Wahlkampf angekündigt, die Truppen in Afghanistan zu verstärken. Großbritannien hat derzeit mehr als 8000 Soldaten am Hindukusch stationiert und ist damit nach den USA zweitgrößter Truppensteller.


Frachter vor Somalia überfallen

Piraten haben vor der somalischen Küste nach US-Angaben ein weiteres Schiff entführt. Der unter der Flagge Hongkongs fahrende Frachter werde von der Schifffahrtslinie Irans betrieben, erklärte eine Sprecherin der US-Marine am 18. November in Bahrain. Das Schiff sei im Golf von Aden überfallen worden. Über seine Ladung und das Schicksal der Besatzung war zunächst nichts bekannt. Inzwischen haben die somalischen Piraten ihre Überfälle verstärkt und unter anderem auch erstmals einen Supertanker in ihre Gewalt gebracht. Auch Lieferungen nach Iran sind von den Überfällen bereits betroffen gewesen.

Indes hat Iran Regierungsangaben zufolge sich bereiterklärt, notfalls mit Gewalt gegen somalische Piraten vorzugehen. Vize-Verkehrsminister Ali Taheri sagte der Zeitung "Ebtekar" am 24. November, die Regierung halte ein entschlossenes Handeln für richtig. "Die Islamische Republik Iran ist in der Lage, den Piraten entgegenzutreten.

Falls notwendig, können wir Gewalt anwenden", sagte Taheri. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte dagegen, alle Optionen müssten berücksichtigt werden. "Lassen Sie uns erst einmal sehen, welche Option angebracht und wirksam wäre". Er forderte ein international koordiniertes Vorgehen.


Erste Reaktion Irans auf das Abkommen zwischen Washington und Bagdad

Irans Parlamentspräsident hatte im Vorfeld der Debatte über das Abkommen zwischen den Regierungen Iraks und der USA im irakischen Parlament die Abgeordneten in Bagdad aufgerufen, das Abkommen nicht zu ratifizieren. Der konservative Politiker Ali Laridschani sagte am 18. November, das Hauptziel der amerikanischen Regierung sei es, die "umfassende US-Hegemonie im Irak zu stärken". Die Parlamentarier müssten Widerstand leisten. Die USA und der Irak haben sich nach zähen Verhandlungen auf einen Abzug der etwa 150.000 US-Soldaten bis Ende 2011 geeinigt.

Iraks einflussreichster schiitischer Kleriker, Ali Al-Sistani, erklärte, die Abgeordneten müssten bei der Abstimmung über das Abkommen ihrem Gewissen folgen. Dies wurde als Zeichen gesehen, dass der Großayatollah keine Stellung nehmen würde. Eine Ablehnung Al-Sistanis hätte das Abkommen zum Scheitern verurteilen können.

Am 27. November wurde das Abkommen vom irakischen Parlament ratifiziert, allerdings mit der Einschränkung, dass die Zustimmung durch eine Volksabstimmung bestätigt werden müsse. Es war erstaunlich, dass die erste Reaktion in Teheran positiv ausfiel. Der Radikalislamist, Vorsitzende des Wächterrats und Freitagsprediger Ahmad Djannatti sagte bei seiner Predigt am 28. November in Teheran, die USA hätten Irak gedroht, im Falle der Nichtunterzeichnung die Regierung in Bagdad zu stürzen und im ganzen Land Chaos zu stiften. Im Hinblick auf diese Drohung sei die Zustimmung des Parlaments vernünftig gewesen. Zudem sei es dem Parlament in Bagdad gelungen, zwei Punkte des Abkommens zu streichen, erstens den über die Nichtzuständigkeit irakischer Gerichte bei Straftaten amerikanischer Soldaten im Irak und zweitens den Punkt, wonach Waren für amerikanische Streitkräfte gebührenfrei und ohne Kontrolle den Zoll passieren dürften. Dafür gebühre den Abgeordneten Dank.


Iranischer Handelattaché in Pakistan entführt

Einen Tag nach dem Mord an einem US-Bürger in der nordwestpakistanischen Stadt Peshawar wurde der Handelsattaché des dortigen iranischen Konsulats von Bewaffneten entführt. Der Leibwächter von Heschmatollah Attarzadeh sei getötet worden, sagte ein Polizeisprecher. Bewaffnete hätten den Wagen des Diplomaten auf dem Weg zum Konsulat am 13. November gestoppt und den Leibwächter erschossen. Sie hätten den Iraner dann in ihren Wagen gezwungen und seien mit ihm davon gefahren. Die Polizei habe die Ausfallstraßen aus der Stadt gesperrt und suche nach dem Diplomaten.

Die iranische Führung verurteilte die Entführung. "Das ist ein Akt des Terrorismus, den wir scharf verurteilen", sagte der iranischen Außenamtssprecher Hassan Ghaschghawi in Teheran. Seine Regierung hoffe auf eine baldige "sichere Rückkehr des Diplomaten".

Auch der pakistanische Premierminister Yousaf Raza Gilani und Außenminister Shah Mahmossd Qureshi verurteilten die Entführung des Diplomaten. Sie teilten mit, man werde "alle notwendigen Maßnahmen" ergreifen, um Attarzadeh so schnell wie möglich zu finden.

Am 12. November waren ein US-Bürger und sein Fahrer in Peshawar erschossen worden. Der Amerikaner arbeitete für das Entwicklungsprogramm für die unruhigen Stammesgebiete an der afghanischen Grenze, das von der staatlichen amerikanischen Hilfsorganisation USAID betrieben wird. Peshawar grenzt an halbautonome Grenzgebiete, in denen die Taliban und das Terrornetz El Kaida stark an Einfluss gewonnen haben. Auch in der Provinzhauptstadt verüben Aufständische immer wieder Anschläge. Ende August war auf eine Diplomatin des US-Konsulats in Peshawar geschossen worden. Dank ihres gepanzerten Wagens blieb die Frau aber unverletzt. Am 11. November hatte ein Selbstmordattentäter vor einem voll besetzten Sportstadion in Peshawar vier Menschen mit in den Tod gerissen.


Mutmaßlicher Extremistenführer im Irak festgenommen

Irakische Soldaten haben mit Unterstützung der US-Streitkräfte einen mutmaßlichen Extremistenführer festgenommen, der Verbindungen zum iranischen Geheimdienst haben soll. Der Mann habe seit drei Jahren mit Teheran zusammengearbeitet und den Schmuggel von Waffen und Geld in den Irak unterstützt, erklärten die US-Truppen am 25. November. Der Schiit wurde demnach zusammen mit zwei weiteren Verdächtigen am 21. November in der südirakischen Stadt Kurna festgenommen. Die US-Streitkräfte werfen Iran vor, die Gewalt im Irak zu schüren. Teheran weist solcherlei Vorwürfe entschieden zurück.


Iranische Volksmodschahedin erhalten Schützenhilfe vom Deutschen Bundestag / Distanzierung und Proteste

Die sowohl von der EU als auch von den USA als terroristisch eingestufte Organisation der Volksmodschahedin bedankte sich am 24. November für die Unterstützung, die ihr seitens deutscher Bundestagsabgeordneter zuteil wurde. Die Chefin der auch als Nationaler Rat des iranischen Widerstands (NWRI) auftretende Organisation, Mariam Rajavi, sagte in Berlin, 150 Abgeordnete aller fünf im Bundestag vertretenen Parteien hätten eine Erklärung unterzeichnet, in der die Bundesregierung aufgefordert wird, in Zusammenarbeit mit dem französischen EU-Ratspräsidenten für die Streichung der Volksmodschahedin von der Terrorliste der Europäischen Union einzutreten.

Die Organisation, die in den siebziger Jahren bewaffnet gegen den Schah kämpfte, hatte nach der Revolution von 1979 zunächst die neue Macht unterstützt, fiel aber dann in Ungnade und begab sich in den Untergrund. Ihre Führung flüchtete ins Ausland, baute in enger Zusammenarbeit mit dem irakischen Diktator Saddam Hussein eine kleine Armee auf, die die irakischen Truppen im Krieg gegen das Nachbarland Iran sowie bei der Niederschlagung des kurdischen Widerstands unterstützte.

Nach dem Sturz des irakischen Diktators nahmen die Volksmodjahedin einen Kurswechsel vor und stellten sich in den Dienst der USA. Die Organisation, deren Ideologie vom Stalinismus und Islamismus geprägt ist, hat nach eigenen Angaben zahlreiche Terroranschläge in Iran verübt. Ehemalige Mitglieder berichten, dass die straff und hierarchisch organisierte Gruppe Frauen und Männern Zwangstrennungen von ihren Partnern bzw. ihren Kindern auferlegt und Kritiker in den eigenen Reihen in eigenen Gefängnissen gefoltert und hingerichtet hat. Es ist fraglich, in wieweit die 150 Abgeordneten, die die Volksmodschahedin unterstützt haben, von diesen Tatsachen Kenntnis hatten. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag distanzierte sich am 27. November in einer Presseerklärung von dem Treffen mit den Volksmodjahedin. "Die unter dem Deckmantel ,Nationaler Widerstandsrat Iran" (NWRI) agierende iranische Exilorganisation der 'Volksmodjahedin' und ihre öffentlich wirkende Führerin Mariam Rajavi sind keine geeigneten Gesprächspartner für eine verantwortungsvolle deutsche Politik gegenüber dem Iran", heißt es in der Erklärung. "Ob die Gruppierung, die eine terroristische Vergangenheit hat und aktiv die Verbrechen Saddam Husseins im Irak und nicht zuletzt gegen die Kurden, die Schiiten und den Iran unterstützt hat, auf der 'Terrorliste' der EU stehen soll oder nicht, muss sachlich diskutiert werden. Kein Zweifel besteht daran, dass sich die Gruppierung auch weiterhin durch eine antidemokratische Grundhaltung auszeichnet. Sie betreibt in Deutschland und anderen Ländern eine massive Propaganda mit zahlreichen Tarnorganisationen, durch die sie auf unlautere Weise vermeintliche Unterstützer und Unterschriften sammelt. Auch der Umgang mit Kritik und Kritikern in den eigenen Reihen und Behinderung von freier und neutraler Berichterstattung aus ihren öffentlichen Veranstaltungen sind besonders alarmierend."

"Wer wie wir an einem demokratischen Iran und einer Lösung des Atomstreits interessiert ist, sollte seine Politik nicht durch ein solches Bündnis diskreditieren. Wir bedauern, dass einige Abgeordnete des Bundestages den 'Volksmodjahedin' in dieser Woche in der deutschen Parlamentarischen Gesellschaft ein Forum geboten haben. Wir distanzieren uns ausdrücklich von einer Aufwertung der Volksmodjahedin als 'demokratische iranische Opposition".

Auch die "Gesellschaft für bedrohte Völker", die zunächst als Gastgeber von Rajavi aufgetreten war, teilte in einem Entschuldigungsschreiben mit: "Der Mitarbeiter in unserem Berliner Büro war über Ideologie, Methoden und Struktur der iranischen Volksmodjahedin, die sich hinter diesem Rat verstecken, nicht informiert."

Auch Ruprecht Polenz, CDU-Mitglied und Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses protestierte in einem Schreiben an die Mitglieder des Deutschen Bundestages gegen den Empfang der Volksmodschahedin. "Es steht außer Frage, dass das Verhalten und das Vorgehen der iranischen Führung im innern und nach außen in vielfacher Hinsicht Anlass zu berechtigter Kritik gibt. Die Unterdrückung der Meinungsfreiheit im Lande, die ständigen, vom iranischen Präsidenten mit antisemitischen Ausfällen unterlegten Drohungen gegen Israel, die Unterstützung militanter Gruppen in Staaten des Nahen Ostens und das iranische Nuklearprogramm stehen beispielhaft für eine Politik, die nicht hinnehmbar ist und unseren Widerspruch herausfordern muss", schreibt Polenz. "Unsere Unterstützung gilt denjenigen Iranerinnen und Iranern, die sich mit friedlichen Mitteln für eine demokratische Öffnung ihres Landes und gutnachbarschaftliche Beziehungen zu allen Staaten der Region einsetzen." Ob der "Nationale Widerstandsrat" dazu gehöre, scheine ihm fraglich, führt Polenz weiter aus. Er verweist auf den Verfassungsschutzbericht 2006, in dem der "Rat" als "Frontorganisation" der Volksmodschahedin bezeichnet wird. "Die vom nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz als 'streng hierarchische Kaderorganisation' eingestufte Gruppierung präsentiert sich zwar nach außen bewusst als Vorkämpferin von Demokratie und Marktwirtschaft - und sucht damit die Nähe von uns Parlamentariern -, die innere Struktur, ihr Umgang mit den eigenen Mitgliedern und ihr Finanzgebaren decken diesen Anspruch jedoch nicht", schreibt Polenz weiter. "Die Vertreter des "Nationalen Widerstandrats Irans" beziehungsweise der Volksmodschahedin verstehen es sehr geschickt, ihre Ziele zu verschleiern."


Zehn Jahre Haft für britischen Soldaten wegen Spionage für Iran

Ein britischer Soldat muss wegen Spionage für Iran zehn Jahre ins Gefängnis. Der heute 45-jährige Unteroffizier Daniel James wurde von einem britischen Gericht für schuldig befunden, bei seinem Einsatz in Afghanistan Details zu NATO-Truppenbewegungen an den iranischen Militärattache in Kabul weitergeleitet zu haben. Er hatte in Afghanistan als Dolmetscher für den britischen General Sir David Richards gearbeitet und war Ende 2006 enttarnt worden, als seine E-Mails mit verschlüsselten Botschaften an den iranischen Militärattache abgefangen wurden. James war in Iran unter dem Namen Esmail Mohammad Beigi Ghamasai geboren worden und wurde 1986 britischer Staatsbürger.

Der Soldat war bereits vor einigen Wochen für schuldig befunden worden. Wegen zunächst ungeklärter Fragen war das Ausmaß der Strafe aber noch offen. Das Londoner Gericht verurteilte ihn wegen Informationsübermittlung an den Feind und warf James vor, er habe das Vertrauen zwischen der NATO, der afghanischen Regierung und anderen Alliierten im Kampf gegen die radikalislamischen Taliban beschädigt. Als erschwerend sah es das Gericht an, dass James in einem Kriegsgebiet im Einsatz war und Iran als Unterstützer der Taliban-Rebellen eingestuft wurde. Der Schaden hätte enorm sein können, wenn James nicht enttarnt worden wäre, so das Gericht.


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Impressum:
Hrsg.: Heinrich-Böll-Stiftung
Autor: Bahman Nirumand
Redaktion: Vera Lorenz
V.i.S.d.P.: Annette Maennel
7. Jahrgang


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Quelle:
Iran-Report Nr. 12/2008 - Dezember / 7. Jahrgang
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Dezember 2008