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HEINRICH BÖLL STIFTUNG/228: Iran-Report Nr. 3 - März 2009


Iran-Report der Heinrich-Böll-Stiftung - Nr. 3 - März 2009


Mit dem iran-report stellt die Heinrich-Böll-Stiftung der interessierten Öffentlichkeit eine Zusammenfassung ihrer kontinuierlichen Beobachtung relevanter Ereignisse in Iran zur Verfügung.

Nach der von der Heinrich-Böll-Stiftung im April 2000 veranstalteten Berlin-Konferenz und verstärkt infolge der Anschläge am 11. September stellen die Entwicklungen in Iran und der Region einen zentralen Arbeitsschwerpunkt der Stiftung dar.

Der iran-report erscheint monatlich (Nr. 04/2009 Anfang April) und wird einem breiteren InteressentInnenkreis aus Politik, Wissenschaft und Medien zur Verfügung gestellt.

Heinrich-Böll-Stiftung, Berlin, im März 2009


I. Innenpolitik
Der versöhnliche Ton aus Washington bringt Teheran in Bedrängnis
30. Jahrestag der iranischen Revolution
Chatamis lang erwartetes Ja zur Kandidatur
Chatami meldete versuchten Angriff
Sieben Bahais wegen Spionage vor Gericht
Polizei tötet zehn Drogenkuriere

II. Wirtschaft
Iran sendet Satelliten ins All
Deutscher Handel mit Iran blüht trotz Kürzung von Bundesbürgschaften
Teheran ersucht Russland um die Lieferung von Abwehrraketen
Rechnungshof: Millionen Dollar verschwunden - Regierung dementiert
Sanktionen gegen Iran
Inbetriebnahme des Atomkraftwerks Buschehr erneut verzögert
Iran und Türkei wollen zusammen Europa mit Gas versorgen
Anklage gegen Geschäftsmann wegen ungenehmigter Iran-Geschäfte

III. Außenpolitik
Iran signalisiert Verhandlungsbereitschaft
Russland begrüßt Obamas Gesprächsangebot an Iran
Clinton: Verhalten Irans entscheidend für Raketenschirm-Pläne
US-Diplomat Dennis Ross Sonderberater für Mittleren Osten
Kein Ergebnis beim Sechs-Mächte-Treffen zu Irans Atomprogramm
Grüne für Beginn direkter Gespräche mit Teheran
Israel will im Atomstreit alle Optionen offen halten
Zeitung: Israel führt Sabotagekrieg in Iran
Schröder in Teheran
Mottaki: Sicherheitsgespräch mit USA über Irak nicht mehr nötig
British Council stellt Arbeit in Iran ein
Teheran bestellt EU-Botschafter wegen Volksmodschahedin ein
Laridschani bei der Münchener Sicherheitskonferenz
Iran erhebt keinen Anspruch auf Bahrain

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I. Innenpolitik

Der versöhnliche Ton aus Washington bringt Teheran in Bedrängnis

Was waren das doch für Zeiten, als die Steilvorlagen aus Washington kamen, wird der iranische Parlamentspräsident Ali Laridschani bei der Münchener Sicherheitskonferenz gedacht haben: Die Rhetorik der Bush-Regierung von der "Achse des Bösen", von "Schurkenstaat" und "Kreuzzug", ihre Kriege gegen Afghanistan und Irak, die Invasion Israels in den Libanon und den Gaza-Streifen - all dies lieferte dem Regime in Teheran wunderbare Gelegenheiten, sich als Wortführer der islamischen Welt, als Verteidiger der Erniedrigten und Geknechteten zu präsentieren und damit seinen Einfluss in der Region auszubauen. Tatsächlich konnte es der Islamischen Republik dank der aggressiven Politik der USA und Israels gelingen, sich zu einer regionalen Großmacht aufzuschwingen. Doch nun scheint sich das Blatt zu wenden. Statt Attacken und Drohungen kommt aus Washington die Aufforderung, die Fäuste zu öffnen. Aber würde die iranische Staatsführung dies tun, stünde sie mit leeren Händen da. Außer einer katastrophalen Wirtschaft und einem unzufriedenen Volk, dessen Rechte permanent mit Füßen getreten werden, hätte das Regime schließlich kaum etwas vorzuweisen.

Für das Regime in Teheran, das seine Legitimität aus permanenten Krisen und Eskalationen bezieht, wäre eine Friedensofferte wie Gift. Was sollten die Radikalen tun, wenn die Botschaft aus Washington tatsächlich ernst gemeint sein sollte? Sollen sie den Amerikanern die Hand reichen und damit eigene Anhänger, deren Emotionen sie permanent gegen den "großen Satan USA" gerichtet haben, verprellen? Oder sollen sie die ausgestreckte Hand ausschlagen und damit international die völlige Isolierung des Landes riskieren?

Offenbar sieht die iranische Staatsführung den Ausweg aus diesem Dilemma in einer Doppelstrategie: nach außen die Attacken fortsetzen, hinter den Kulissen geheime Verhandlungen führen. Es ist bereits durchgesickert, dass nach der Wahl Präsident Obamas inoffiziell direkte Gespräche zwischen Teheran und Washington aufgenommen wurden. Sollte es den Radikalen gelingen, ohne Gesichtsverlust zu einer Vereinbarung mit den USA zu kommen, wäre ihnen der Sieg bei den bevorstehenden Präsidentschaftswahlen im Juni so gut wie sicher. Nur für die Iraner wäre es fatal, wenn Washingtons neuer Kurs die Fortsetzung der Macht der Radikalen im Iran sichern würde.


30. Jahrestag der iranischen Revolution

Am 16. Januar 1979 verließ der Schah fluchtartig das Land, am 1. Februar kehrte Ayatollah Chomeini nach fünfzehnjährigem Exil nach Iran zurück, am 10. und 11. Februar ging mit einer Neutralitätserklärung der Streitkräfte eine zweieinhalbtausendjährige Monarchie endgültig zu Ende. Seitdem lassen die islamischen Machthabe jedes Jahr das Volk die zehn Tage zwischen Chomeinis Rückkehr und dem endgültigen Sturz des alten Regimes feiern. Auffallend ist, dass mit jedem Jahr die Zahl der freiwilligen Teilnehmer an diesen Feiern abnimmt und dementsprechend die Bemühungen des Regimes zunehmen, durch Verordnungen oder finanzielle Anreize doch noch Massenkundgebungen zu organisieren.

So war es auch in diesem Jahr. Nach Angaben staatlicher Medien hatten landesweit mehrere Millionen am 10. Februar den Kundgebungen zum 30. Jahrestag der Revolution beigewohnt. In der Hauptstadt Teheran sollen es mehrere Hunderttausend gewesen sein. Es ist jedoch allgemein bekannt, dass bereits am Vorabend hunderte von Bussen und Lastwagen Leute aus der Provinz in die Hauptstadt gebracht hatten. Sämtlichen Mitarbeitern der Verwaltung, Schülern, Arbeitern und Angestellten der staatlichen Unternehmen und Fabriken war unter Androhung von Entlassungen auferlegt worden mitzumarschieren. Prominentester Redner auf der Großkundgebung war Staatspräsident Mahmud Ahmadinedschad. Er zog voller Lob und Stolz Bilanz der 30 Jahre Islamische Republik. Während dieser Zeit habe Iran in Technik und Wissenschaft große, "revolutionäre" Sprünge gemacht, sagte er. Als Beispiel führte er u. a. die Aluminiumproduktion an, die vor der Revolution bei 25 Tonnen im Jahr gelegen habe und heute bei 457 Tonnen liege. Millionen Menschen aus der Provinz seien inzwischen krankenversichert. In der Infrastruktur, beim Bau der Staudämme, bei der Stromversorgung und dergleichen mehr, habe das Land enorme Fortschritte gemacht. Der Präsident hob die Errungenschaften in der Weltraumindustrie hervor. Mit dem Start des neuen Satelliten sei es Iran gelungen, "den höchsten Gipfel" in Wissenschaft und Technik zu erklimmen.

Der Präsident schilderte detailliert und ausführlich, wie die Rakete den Satelliten ins All befördert habe, und brachte seine Bewunderung für die iranischen Wissenschaftler und Techniker, die all dies ohne jegliche Hilfe aus dem Ausland und völlig autonom geschafft hätten, zum Ausdruck. Scheinbar beglückt von so viel Erfolg ließ sich der Präsident sogar zu der Äußerung hinreißen: "Hiermit erkläre ich offiziell, dass das iranische Volk heute zu einer wirklichen und tatsächlichen Supermacht geworden ist, die im Gegensatz zu anderen Supermächten für Frieden und Gerechtigkeit eintritt und nach Freundschaft und Solidarität zu anderen Völkern strebt." "Wir unterscheiden uns grundlegend von den Aggressoren und Kriegstreibern, denn unsere Auffassung von Wissenschaft orientiert sich an Gott und ihre am Teufel."

Dass laut offiziellen Angaben mehr als 40 Prozent der Iraner unter der Armutsgrenze leben und die Arbeitslosigkeit unter Jugendlichen fast bei 30 Prozent liegt, obwohl Iran potenziell zu den reichsten Ländern der Welt gehört, erwähnte der Präsident nicht. Auf der Kundgebung wurde eine Resolution verabschiedet, in der Bezug nehmend auf den neuen Kurs der US-Regierung die Staatsführung der Islamischen Republik zur Wachsamkeit aufgerufen und aufgefordert wird, alle "harten und sanften Verschwörungen" gegen den islamischen Staat zu vereiteln. Der vom neuen US-Präsidenten angekündigte Wechsel sei nur glaubhaft, wenn Besatzungen, Aggressionen und Gewalt in der Region und in der gesamten Welt beendet und die Rechte der Völker anerkannt werden würden. Dazu gehöre auch die Akzeptanz der Rechte Irans auf eine selbständige Atomindustrie, die Freigabe der gesperrten Guthaben Irans und die Einstellung von Sanktionen, Druck und Drohungen.


Chatamis lang erwartetes Ja zur Kandidatur

Nach monatelangem Zögern hat Mohammad Chatami seine Kandidatur zu der Präsidentschaftswahl am 12. Juni angemeldet. "Ich erkläre hiermit meine ernsthafte Absicht, mich an der Präsidentschaftswahl zu beteiligen", sagte der Ex-Präsident am 8. Februar bei der Eröffnung der Website des "Gremiums der kämpfenden Geistlichkeit", dessen langjähriges Mitglied er ist. Der 65-jährige Reform-Politiker wurde 1997 mit fast 70 Prozent der Wählerstimmen zum Präsidenten gewählt und 2001 für weitere vier Jahre in seinem Amt bestätigt. Laut Verfassung konnte er nicht zum dritten Mal kandidieren. Er zog sich aus dem politischen Alltag zurück und widmete sich seinem Steckenpferd, dem Dialog der Kulturen und Religionen.

Chatami, der dem Reformflügel im islamischen Lager angehört, ist nach Einschätzung der politischen Beobachter im Iran der einzige Politiker, dem es gelingen könnte, den amtierenden Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad abzulösen. Doch für sein langes Zögern zu kandidieren gab es ernsthafte Gründe. Zunächst ist er im eigenen Lager nicht ganz unumstritten. Die Radikaleren unter den Reformern werfen ihm Inkonsequenz und Mangel an Durchsetzungsvermögen vor. Tatsächlich hatte Chatami während seiner achtjährigen Amtszeit keine Gesetze und keine Maßnahmen durchsetzen können, die auf grundlegende Reformen abzielten. Er selbst begründete dies mit der überragenden Macht der Konservativen, die ihm ständig Steine in den Weg gelegt hätten.

"Alle neun Tage wurde eine neue Krise erzeugt", sagte er. Diese Machtkonstellation bestehe nach wie vor, entgegnen ihm die Kritiker. Es liege am System sagen sie, und gerade die Regierung Chatami habe gezeigt, dass die Islamische Republik nicht zu reformieren und zu liberalisieren sei. Gemeint ist das System der Welayat-e Faghieh, der absoluten Herrschaft der Geistlichkeit, in dem der geistliche Revolutionsführer über eine nahezu uneingeschränkte Macht verfügt.

Zu den Kritikern kommen die Millionen enttäuschten Wähler hinzu, die sich fragen, warum sie einen Politiker wählen sollten, der schon einmal acht Jahre lang dieses Amt innehatte und daran gescheitert ist. Sie trauen ihm nicht zu, aus den Fehlern gelernt zu haben und in der Lage zu sein, ihre Forderungen nach Freiheit und Demokratie tatsächlich durchzusetzen.

Doch gerade diesen Anspruch erhebt Chatami. "Ich werde auf Demokratie, Freiheit und Selbstbestimmung insistieren, solange in meinen Adern Blut fließt", sagte er kürzlich. Aber bei diesem hehren Vorhaben muss er nicht nur Kritiker aus den eigenen Reihen und die Wähler überzeugen. Auf seinem Weg liegen andere Hürden, die schier unüberwindbar sind. Es ist zwar undenkbar, aber in der Islamischen Republik möglich, dass der mit Konservativen besetzte Wächterrat, der u. a. für die Zulassung der Bewerber zuständig ist, seine Kandidatur ablehnt. Noch wichtiger ist, dass er gegen nahezu die gesamten Medien, die von radikalen Islamisten beherrscht werden, zu kämpfen hat. Eine breit angelegte Diffamierungskampagne gegen ihn läuft bereits auf vollen Touren. Auch sämtliche mächtige Instanzen, allen voran Revolutionsführer Ali Chamenei, werden sich ihm in den Weg stellen. Chamenei hat sich bisher mehrmals für die Wiederwahl Ahmadinedschads ausgesprochen. Schließlich ist davon auszugehen, dass die Wahlen, wie ausnahmslos bei jeder Wahl in der Vergangenheit geschehen, manipuliert werden. Kein Wunder, dass Chatami immer wieder betont, dass er "von allen relevanten Organisationen die Unterstützung für freie Wahlen", erwarte.

Sollte aber Chatami alle diese Hürden nehmen und die Wahl tatsächlich gewinnen, würde er vor einem schier unüberwindbaren Berg von Problemen stehen. Die durch die Regierung Ahmadinedschad hausgemachte katastrophale Wirtschaftslage, die zusätzlich durch die Weltwirtschaftkrise, das drastische Sinken der Ölpreise und Wirtschaftssanktionen verschärft wurde, die zerrütteten Außenbeziehungen, die korrupte und inkompetente Verwaltung, die dringend reformbedürftigen Gesetze und dergleichen mehr bedürften eines gemeinsamen Engagements der gesamten Staatsführung und eines durchsetzungsfähigen und risikobereiten Präsidenten. Doch im islamischen Lager herrscht keine Einigkeit. Im Gegenteil verhindern die ideologischen und politischen Differenzen und noch mehr die Rivalitäten um die Macht ein Sammeln der Kräfte zur Lösung brennender Probleme. Dies widerspiegelt sich auch in den verantwortlichen Instanzen. Eine Reformregierung unter Chatami müsste mit der entschiedenen Gegnerschaft des Parlaments rechnen, in dem konservative Islamisten über die absolute Mehrheit verfügen. Armee, Polizei, Justiz, Geheimdienste und weitere wichtige Instanzen unterstehen ohnehin dem Oberbefehl des Revolutionsführers. Der Spielraum der Regierung wäre demnach viel zu eng, um große Schritte wagen zu können. Die wären aber bitter nötig.

Chatami hat in den vergangenen Wochen immer wieder betont, dass er nur unter zwei Bedingungen zu kandidieren bereit sei. Erstens müsse er erkennen, dass die überwiegende Mehrheit der Wähler seine Kandidatur wünsche. Zweitens müsse er soviel Macht haben, damit sein Programm, das er ankündigen werde, tatsächlich durchsetzen zu können. Diese zweite Bedingung war eindeutig an die Adresse des Revolutionsführers gerichtet. Es ist jedoch sehr zu bezweifeln, dass Chamenei diese Bedingung akzeptieren und auf einen Teil seiner Macht verzichten würde. Es sei denn, er würde einsehen, dass weitere vier Jahre Ahmadinedschad die Islamische Republik, die bereits jetzt einem Scherbenhaufen gleicht, existenziell gefährden würden.

Diese Gefahr, die nicht nur die Reformer, sondern auch die Konservativen spüren, steigert allerdings die Chancen Chatamis, trotz aller bisher beschriebenen Hürden, die Wahl zu gewinnen. Gerade im Lager der Konservativen nimmt die Kritik an Ahmadinedschads Wirtschafts- und Außenpolitik rapide zu. Einflussreiche Geistliche und Politiker, die gleichzeitig über große Wirtschaftsunternehmen verfügen, sehen in der dilettantischen Regierungsführung Ahmadinedschads ihre Interessen bedroht. Daher ist nicht auszuschließen, dass aus dem konservativen und islamistischen Lager neben Ahmadinedschad auch andere Kandidaten ins Rennen geschickt werden. Als mögliche Bewerber sind Parlamentspräsident Ali Laridschani, der Teheraner Bürgermeister Mohammad Bagher Ghalibaf, Mohammad Reza Bahonar und der ehemalige Kommandant der Revolutionswächter Mohsen Rezai im Gespräch. Es könnte aber auch sein, dass Chatamis Kandidatur das konservative Lager dazu zwingt, trotz aller Differenzen geschlossen aufzutreten und sich hinter Ahmadinedschad zu stellen. Bisher liegt keine offizielle Anmeldung eines Konservativen vor. Auch Ahmadinedschad hat sich noch nicht um eine zweite Amtszeit beworben.

Der einzige Kandidat neben Chatami ist bislang der frühere Parlamentspräsident Mehdi Karrubi, der sich zwar zu den Reformern zählt, in Wirklichkeit aber eher zu den Konservativen tendiert. Möglicherweise wird Karrubi seine Kandidatur nach Chatamis Bewerbung zurückziehen. Sonst befürchten die Reformer, dass sich die Stimmen ihrer Anhänger auf beide Kandidaten zugunsten Ahmadinedschads bzw. der Konservativen verteilen könnte. Chatami selbst hat bereits seinen Willen zur Zusammenarbeit mit Karrubi bekräftigt: "Wir können unterschiedliche Standpunkte haben und trotzdem zusammenarbeiten", sagte er.

Man darf gespannt sein, wie am Ende die Liste der Kandidaten aussehen wird. Wie auch immer, es steht jedenfalls fest, dass die kommende Präsidentschaftswahl für die weitere Entwicklung der Islamischen Republik von entscheidender Bedeutung sein wird. Bereits als Chatamis Ja zu seiner Kandidatur sich abzeichnete, verschärfte er seine Kritik an der Regierung Ahmadinedschad. Wir haben in der letzten Nummer des Iran-Reports darüber ausführlich berichtet. Jetzt hat er noch einmal nachgelegt und insbesondere die Außenpolitik Ahmadinedschads scharf kritisiert. Unter dessen Regierung sei das Land in die internationale Isolation geraten, sagte Chatami den iranischen Medien zufolge am 12. Februar vor Anhängern in Teheran.

Iran brauche eine aktive Diplomatie mit dem Ziel, den internationalen Druck zu verringern, erklärte der Ex-Präsident, während dessen Regierungszeit die Völkerverständigung und die Normalisierung der Beziehungen Irans zum Ausland zu den Schwerpunkten gehörte. Die gegenwärtige Situation sei alles andere als wünschenswert, erklärte Chatami in einer Ansprache, die auch auf seiner Website wiedergegeben wurde. Wenn diese Situation andauere, würden "das soziale Kapital und die internationale Reputation noch mehr beschädigt". Zugleich versicherte Chatami aber der geistlichen Führung mit Ali Chamenei: "Wir arbeiten innerhalb des vom System gesetzten Rahmens und wir sind loyal gegenüber Verfassung und Führung".


Chatami meldete versuchten Angriff

Ex-Präsident Chatami wurde nach eigenen Angaben bei den Feiern zum 30. Jahrestag der Revolution in Teheran bedroht. Während der Massenkundgebung hätte ein Dutzend Männer versucht, ihn anzugreifen, hieß es am 10. Februar auf seiner Internetseite. Die mit Stöcken bewaffneten Angreifer hätten unter anderem "Tötet Chatami" und "Wir wollen keine amerikanische Regierung" skandiert. Die Leibwächter hätten den Ex-Präsidenten schnell in ein Gebäude gebracht, um ihn zu schützen. Seitdem sich Chatamis Kandidatur abzeichnete, versucht die radikal-konservative Presse die öffentliche Meinung gegen den Reformer Chatami zu mobilisieren. Es wird suggeriert, dass Chatami hinter den Kulissen mit den USA zusammenarbeitet und ihnen gegenüber zu Zugeständnissen bereit ist. Manche Blätter unterstellen ihm sogar, er handle im Auftrag der USA. Dazu gehöre auch seine Kandidatur. Der Plan sei, die Basis der Islamischen Republik zu unterhöhlen und Schritt für Schritt einen Systemwechsel herbeizuführen.

Am 22. Februar wurden nach Angaben von Reformern zwei Webseiten zur Unterstützung der Kandidatur Chatamis blockiert. Der Druck auf die liberalen Kräfte dürfte damit bis zur Abstimmung am 12. Juni verstärkt werden, erklärte der Reformer Madjid Ansari.

Der Herausgeber einer der Seiten, Behrus Schodjai, sagte der Nachrichtenagentur AP, die Blockade der im Sommer geschalteten Webseiten "bedeutet, dass die Hardliner nicht zulassen werden, dass Chatami Ahmadinedschad herausfordert".

Das zuständige Komitee zur Kontrolle des Internets wies jede politische Motivation beim Verbot der beiden Seiten zurück. Es warf laut IRNA den Seiten vor, "der nationalen Einheit Schaden zugefügt, Resignation und Hoffnungslosigkeit verbreitet und die Staatsführung kritisiert und beleidigt" zu haben!


Sieben Bahais wegen Spionage vor Gericht

Die Teheraner Staatsanwaltschaft gab am 12. Februar bekannt, gegen sieben Anhänger der Bahai-Religion Anklage unter anderem wegen Spionage für Israel erhoben zu haben. Hassan Haddad, Stellvertreter des berühmt-berüchtigten Teheraner Staatsanwalts Said Mortasawi, sagte der Nachrichtenagentur ISNA zufolge, das Revolutionsgericht der Hauptstadt Teheran werde "in den nächsten Tagen den Prozess gegen die sieben Beschuldigten", die er als "Mitglieder der illegalen Organisation der Bahais" bezeichnete, eröffnen. Neben der Spionagetätigkeit "für Zionisten" werde den Angeklagten vorgeworfen, islamische Heiligtümer beleidigt und Propaganda gegen die Islamische Republik betrieben zu haben. Haddad nannte keine Namen, doch es ist bekannt, dass es sich um die siebenköpfige Führung der Bahai-Gemeinde in Iran handelt. Nach Angaben der Bahai-Gemeinde in Deutschland ermöglichten die sieben Männer und Frauen mit Kenntnis und Duldung der iranischen Regierung seit Jahren eine Art "Notverwaltung" der religiösen Angelegenheiten der über 300.000 iranischen Bahais. Sie wurden bereits am 5. März bzw. 14. Mai 2008 durch Mitglieder des Geheimdienstes festgenommen und befinden sich seitdem im Teheraner Evin-Gefängnis. Die Verteidigung der Angeklagten hat Friedensnobelpreisträgerin Schirin Ebadi übernommen. Ihr wurde bislang jeglicher Kontakt zu ihren Mandanten verwehrt.

Der Sprecher der Bahai-Gemeinde in Deutschland, Prof. Ingo Hoffmann, wies die Anklagepunkte als "völlig unbegründet" und "haltlos" entschieden zurück. "Sie lassen für die Verurteilung das Schlimmste befürchten", sagte er und forderte "ein faires Gerichtsverfahren und Freispruch für die Inhaftierten".

Die Europäische Union drückte "ihre tiefe Sorge angesichts der schwerwiegenden Anklage gegen die sieben Bahai-Führer in Iran" aus. In einer Erklärung vom 18. Februar teilte die derzeitige tschechische EU-Ratspräsidentschaft ihre Befürchtung mit, dass den "Bahai-Führern, die schon so lange ohne ordentliche Anklage festgehalten werden, kein fairer Prozess gemacht wird." Daher fordere die EU die Islamische Republik auf, "unabhängigen Beobachtern zu gestatten, dem Gerichtsprozess beizuwohnen und die Anklagen, die gegen diese Personen erhoben werden, zu überdenken".

Zu den Protesten aus dem Ausland sagte Regierungssprecher Haddad Adel: "Dieses ,Schild der Bahais', das seit Jahres gegen die Islamische Republik hochgehalten wird, ist inzwischen verrostet und alt." Niemand könne einem Staat das Recht absprechen, für seine nationale Sicherheit zu sorgen.

Die Bahai-Religion stammt zwar vom schiitischen Islam ab, beruft sich jedoch auf den 1819 in der südiranischen Stadt Schiraz geborenen Baha'ullah. Im Gegensatz zu Schiiten, die Mohammed als letzten Propheten betrachten, vertrat Baha'ullah die Auffassung, die Offenbarung sei ein Prozess, der nie enden werde. Demnach müsse die Religion sich ständig ändern, um sich der Welt anpassen zu können. Die Menschheit müsse ihre fortwährend erweiternden Erkenntnisse einsetzen, um Gott, der sich in Zyklen offenbare, zu begreifen und ihm näher zu kommen. Friede und Humanismus und Nächstenliebe gehören zu den zentralen Zielen des Bahai-Glaubens. Eine Religion, die zu Zwietracht führe, verfehle ihren Zweck. Daher sei es besser, ohne sie zu leben, sagte Baha'ullah.

Inzwischen gibt es nach Angaben der Bahai-Gemeinde weltweit rund fünf Millionen Bahais. Ihr Zentrum befindet sich in Israel. In Iran bilden sie mit mehr als 300.000 Anhängern die größte Gemeinde unter den religiösen Minderheiten. Aus der Sicht der Schiiten sind die Bahais Abtrünnige. Sie wurden seit der Glaubensgründung verfolgt. Doch es gab immer wieder Phasen der Beruhigung und Duldung.

Mit der Gründung der Islamischen Republik begann eine massive Verfolgungswelle. Es gab zahlreiche Hinrichtungen, viele Bahais wurden enteignet, ihre bürgerlichen Rechte eingeschränkt. Tausende Bahais flüchteten ins Ausland. Dem folgte in den neunziger Jahren eine Zeit relativer Ruhe. Mit der Amtsübernahme Präsident Ahmadinedschads wurde die Verfolgung der Bahais verstärkt aufgenommen.

Die jüngste Verhaftungswelle veranlasste 234 zumeist im Ausland lebende iranische Akademiker, Schriftsteller, Künstler und Journalisten zu einem Offenen Brief an die Bahais. Unter dem Titel: "Wir sind beschämt" rufen die Unterzeichner dazu auf, "150 Jahre Schweigen über die Unterdrückung der Bahais" zu brechen. "Als Iraner sind wir beschämt, da Sie, die Bahai-Bürger unseres Landes, seit anderthalb Jahrhunderten Ihrer Rechte im Iran beraubt werden", heißt es in dem Brief. "Wir glauben fest daran, dass jeder Iraner ohne jegliche Unterscheidung etwa nach Rasse, Farbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer oder geistiger Überzeugung, nationaler oder sozialer Herkunft, nach Eigentum, Geburt oder sonstigen Umständen über die Rechte verfügen muss, die jedem Menschen zustehen, so wie diese in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte formuliert sind."


Polizei tötet zehn Drogenkuriere

Die iranische Polizei hat in der Nähe der Grenze zu Afghanistan zehn Drogenkuriere getötet und knapp 1,3 Tonnen Rauschgift beschlagnahmt. Zudem konfiszierte sie Waffen und Munition, berichtete das staatliche Fernsehen am 17. Februar.

Iran ist ein Transitland für Drogen aus Afghanistan und Pakistan, die in Europa verkauft werden. Nach Angaben des Fernsehsenders Press TV gibt die Islamische Republik jährlich etwa 480 Millionen Euro im Kampf gegen den Drogenschmuggel aus.


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II. Wirtschaft

Iran sendet Satelliten ins All

Pünktlich zum dreißigsten Jahrestag der Islamischen Revolution hat der Iran nach eigenen Angaben seinen ersten selbstgebauten Satelliten ins All geschossen. Der Satellit Omid (Hoffnung) sei mit einer Rakete Safir 2 (Botschafter) ins Weltall gebracht worden, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur IRNA am 3. Februar. Demnach sei die Rakete am Abend des 2. Februar erfolgreich gestartet. Der relativ leichte Satellit sei vollständig von iranischen Wissenschaftlern und Technikern entworfen und hergestellt wor-den. Er werde künftig innerhalb von 24 Stunden 15 Mal die Erde umkreisen und von dort aus Messungen vornehmen und Daten an die Erdstationen weiterleiten, berichtete IRNA weiter.

Der Start wurde vom staatlichen Fernsehen übertragen und als eine große Errungenschaft dargestellt. Die Islamische Republik könne stolz sein, dass ihr trotz Technologie- und Wirtschaftssanktionen dieser erstaunliche Wurf gelungen sei, sagte der Kommentator.

Teheran hatte bereits im vergangenen Jahr am 17. August überraschend den Test einer im eigenen Land produzierten Trägerrakete für Satelliten bekannt gegeben. Dadurch sei es nun möglich, eigene Telekommunikationssatelliten ins All zu schicken, sagte damals der Chef der iranischen Weltraumorganisation, Reza Taghipur. Die US-Regierung zeigte sich beunruhigt. "Die Entwicklung und der Test von Raketen durch Iran ist eine Quelle der Beunruhigung und wirft neue Fragen über die Absichten auf", sagte der damalige Sprecher des Weißen Hauses, Gordon Johndroe. Er wies darauf hin, dass die Rakete auch als Langstreckenrakete benutzt werden könne, was den UN-Sanktionen gegen Iran widerspreche. Als erste Reaktion auf den neuen Satelliten meldete sich aus den USA der Sprecher des Außenministeriums, Robert Wood. Eine Trägerrakete, die einen Satelliten ins All bringe, könne zur Entwicklung einer Langstreckenwaffe führen. "Darüber sind wir tief besorgt", sagte Wood am 3. Februar. General James Cartwright meldete sich am 11. Februar aus dem Washingtoner Verteidigungsministerium ebenfalls zu Wort. Die iranische Satellitentechnik sei "rudimentär, aber beunruhigend", sagte er. Die Technologie könne auch zum Abschuss militärischer Raketen benutzt werden. Iran sei auf dem Weg zu eigenen Langstreckenraketen, warnte Cartwright.

Auch in Israel löste der Raketentest Besorgnis aus. Es werde ein weiterer Teil der strategischen Bedrohung Israels durch den Iran sichtbar, schrieben Kommentatoren. Der Test sei eher eine Warnung an Europa als an Israel, das sich bislang schon in Reichweite iranischer ballistischer Raketen befunden habe, wurde ein Regierungsbeamter vom israelischen Rundfunk zitiert. "Wer einen Satelliten ins All schicken kann, kann auch schwere Last an sehr weit entfernte Orte bringen." Die Tageszeitung Jediot Achronot kommentierte, israelische Experten beunruhige am meisten, dass wieder ein Stück aus einem riesigen Puzzle der strategischen Bedrohung sichtbar geworden sei. Auch Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmeier sprach von einer "besorgniserregenden Entwicklung". "Es macht uns große Sorgen", sagte Steinmeier am 3. Februar im ZDF-"heute-journal". Iran habe gezeigt, dass die technischen Fähigkeiten des Landes voranschreiten. Man werde nun "die gemeinsamen Anstrengungen verstärken müssen, um bei der Lösung des Atomkonflikts voranzukommen".

Nach den USA und Deutschland äußerste sich Frankreich ebenfalls besorgt. Iran entwickele Raketen, die "für die Weltgemeinschaft eine Quelle echter Sorge" seien, erklärte ein Außenministeriumssprecher in Paris. Weltraumraketen und ballistische Raketen nutzten dieselbe Technik. Die Staaten dürften im Rahmen ihrer Weltraumprogramme nicht zur Verbreitung ballistischer Raketen beitragen, die geeignet wären, für Massenvernichtungswaffen genutzt zu werden. Das Ministerium räumte ein, dass Iran mit dem Raketenstart nicht gegen internationales Recht verstoßen habe. Die Weltgemeinschaft sei aber beunruhigt, weil es offene Fragen zu den Fähigkeiten Irans in der Atomwaffentechnik gebe.

Demgegenüber erklärte der iranische Außenminister Manuchehr Mottaki der Agentur Fars zufolge am 11. Februar, Irans technologische Entwicklung habe ausschließlich Frieden und Sicherheit zum Ziel. Auch im Bereich der Rüstung konzentriere sich der Iran auf die Verteidigung der Souveränität des Landes. "Das iranische Volk ist ein friedliches Volk. Es ist bestrebt, zu allen Völkern der Welt freundschaftliche Beziehungen zu haben", sagte Mottaki. Auch Präsident Mahmud Ahmadinedschad betonte in einer Botschaft am 12. Februar Irans friedliche Absichten. "Wir betrachten die Entwicklung von Technologie und Wissenschaft als eine Dienstleistung zur Pflege der Liebe und Freundschaft zwischen den Völkern", sagte der Präsident.

Der neue Abschuss des Satelliten ins All wird vermutlich einen weiteren Stolperstein auf dem Weg des neuen US-Präsidenten Barack Obama bilden, der, anders als sein Vorgänger George W. Bush, ohne Vorbedingung mit dem Iran verhandeln und die Konflikte mit dem islamischen Staat friedlich zu lösen beabsichtigt.

Am 12. Februar kündigte Irans Kommunikationsminister Mohammad Soleimani der Internetseite des staatlichen Fernsehens zufolge an, dass Iran nach dem geglückten Start des ersten selbst konstruierten Satelliten den Bau von sieben weiteren Satelliten plane. Von diesen sollen vier auf eine niedrige und drei auf eine höhere Erdumlaufbahn gebracht werden.


Deutscher Handel mit Iran blüht trotz Kürzung von Bundesbürgschaften

Trotz Kürzung der staatlichen Exportbürgschaften für Iran-Geschäfte blüht der deutsche Handel mit dem Land. Zwar wurden nach Angaben des Wirtschaftsministeriums vom 24. Februar im Jahr 2008 nur noch Exporte nach Iran von 133 Millionen abgesichert, was einem Viertel der Bürgschaftssumme des Vorjahres entspricht. Dennoch stiegen die Exporte in die wegen ihrer Atompolitik mit Sanktionen belegte Islamische Republik laut Statistischem Bundesamt um rund zehn Prozent auf fast vier Milliarden Euro.

Die Bundesregierung hatte vor wenigen Wochen Meldungen zurückgewiesen, sie habe ihre Bürgschaften gegenüber Iran ganz gestoppt. Zugleich hatte sie aber die Firmen aufgefordert, sich selbst zu beschränken. Daten des Statistischen Bundesamtes zeigen, dass diese Aufforderung offenbar nicht befolgt wurde: Danach kletterten die Exporte nach Iran auf knapp vier Milliarden Euro. 2007 waren es noch 3,6 Milliarden Euro gewesen. Ein Großteil der Geschäfte wird also ohne staatliche Absicherung für eventuelle Zahlungsausfälle getätigt.

Auch Frankreich hat seinen Handel mit der Islamischen Republik ausgebaut. Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Eurozone steigerte ihre Exporte in das Land amtlichen Daten zufolge im vergangenen Jahr auf 1,8 Milliarden Euro; 2007 waren es noch 1,5 Milliarden Euro gewesen.

Ob die Bundesregierung angesichts der fehlenden Kompromissbereitschaft im Atomstreit Irans den Handel weiter beschneiden will, hat sie bislang offen gelassen. Der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) nennt die Haltung der Regierung unerträglich und spricht von einem "Embargo durch die Hintertür".


Teheran ersucht Russland um die Lieferung von Abwehrraketen

Iran versucht einer russischen Zeitung zufolge die Regierung in Moskau zur Lieferung von Abwehrraketen zu bewegen. Dies sei ein Thema bei dem Treffen des iranischen Verteidigungsministers Mostafa Mohammad Nadschar mit seinem Kollegen Anatoli Serdjukow, schreibt "Kommersant" am 17. Februar. Ein Vertrag über die Lieferung von fünf S-300-Systemen für 800 Millionen Dollar sei bereits unterschrieben worden. Allerdings habe die russische Regierung noch nicht entschieden, ob die Raketen wirklich geliefert werden sollten, hieß es unter Berufung auf eine namentlich nicht genannte Person in der russischen Rüstungsindustrie. Russland hat wiederholt verneint, der Islamischen Republik Luftabwehrraketen verkaufen zu wollen. Russischen Medien zufolge erfüllt die Regierung in Moskau allerdings bereits einen entsprechenden Vertrag. Ein iranischer Abgeordneter sagte im vergangenen Jahr, die Lieferung des Systems habe begonnen. Die auf Lastwagen montierte S-300 PMU1 kann Flugzeuge und Marschflugkörper abschießen. Das System hat eine Reichweite von 150 Kilometern.

Insbesondere Israel drängt Russland dazu, keine Raketen an Iran zu liefern. Hintergrund ist der Streit um das iranische Atomprogramm. Angesichts der deutlich verbesserten Beziehungen Moskaus zur neuen US-Regierung gehen Experten bis auf weiteres nicht davon aus, dass mit einer Lieferung an Iran zu rechnen ist.


Rechnungshof: Millionen Dollar verschwunden - Regierung dementiert

Nachdem der Nationale Rechnungshof das Fehlen von mehr als einer Milliarde Dollar im Devisenreservefonds für das Jahr 2006/2007 (das beginnt am 21. März) festgestellt und diese dem Parlament gemeldet hatte, reagierte Regierungschef Ahmadinedschad mit einem Gegenangriff. Er warf dem Rechnungshof "Fehler und Schludrigkeit" vor und beschwerte sich beim Parlament, um diese Angelegenheit "zuviel Aufhebens" gemacht zu haben. Damit wiederholte Ahmadinedschad einen früheren Vorwurf gegen den Rechnungshof, dem er politische Absichten unterstellte.

Dem Bericht des Rechnungshofs zufolge fehlen bei dem Betrag, den die Regierung für den genannten Zeitraum aus den Öleinnahmen auf den Devisenreservefonds überweisen sollte, mehr als eine Milliarde Dollar.

Einem Bericht der Nachrichtenagentur ISNA zufolge sagte Ahmadinedschad am 17. Februar im staatlichen Fernsehen: "Ich denke, dem Rechnungshof sind Fehler unterlaufen und er hat schludrig gearbeitet. ... Diese Regierung (Ahmadinedschads Regierung) ist eine saubere Regierung und wir passen schon auf, dass kein Dollar verloren geht oder falsch gebucht wird, und ich möchte dem Volk mitteilen, dass das Abrechnungssystem der Zentralbank und des Wirtschaftsministeriums sehr genau und stabil ist und von den drei Gewalten (Exekutive, Judikative, Legislative) kontrolliert wird. Diesbezüglich möchte ich beanstanden, dass unsere Freunde beim Rechnungshof und im Parlament soviel Aufhebens darum gemacht haben." Dennoch ließ Ahmadinedschad auch die Möglichkeit offen, dass die Rechnungen über die Staatsausgaben nicht rechtzeitig geschickt worden seien oder auch "die Käufer des Öls ihre Verträge nicht eingehalten" hätten. Er sagte: "Niemand kann auch nur einen Dollar ohne Nachweis umbuchen. Es könnte aber durchaus sein, das ein Land Öl gekauft und entsprechende Verpflichtungen eingegangen ist und am Ende den Vertrag nicht eingehalten hat."

Einem Bericht des englischsprachigen staatlichen Fernsehprogramms "Press TV" zufolge hatte Irans Parlamentspräsident Ali Laridschani am 5. Februar den Einsatz eines Untersuchungsausschusses angekündigt, der die Angelegenheit rasch klären und dafür sorgen soll, dass die fehlende Milliarde an den Fonds überwiesen wird. "Der Bericht des Rechnungshofs zeigt, dass eine Milliarde Dollar im Reservefonds fehlt. Die Angelegenheit muss untersucht werden", wird Laridschani im Fernsehen zitiert.

Der Rechnungshof lehnte den mehrfach von Ahmadinedschads Anhängern vorgebrachten Vorwurf entschieden ab, hinter dem Bericht steckten politische Absichten. Abdolreza Rahmani, Chef des Rechnungshofs, sagte der Nachrichtenagentur Mehr: "Den professionell geführten Buchungen politische Absichten zu unterstellen, wie seitens mancher Gruppen und Personen geschehen, ist im Hinblick auf die korrekte Arbeit, die diese Behörde leistet, nicht gerechtfertigt."

Der Nationale Rechnungshof ist eine staatliche Einrichtung, die unter der Kontrolle des Parlaments arbeitet. Seine Aufgabe ist die finanzielle Kontrolle des gesamten Staatshaushalts. Der Rechnungshof achtet darauf, dass Ausgaben und Einnahmen der Ministerien und sonstiger staatlicher Einrichtungen mit dem vom Parlament verabschiedeten Haushaltsplan übereinstimmen.


Sanktionen gegen Iran

Der neue Kurs der US-Regierung gegenüber Iran, der direkte Verhandlungen zwischen Teheran und Washington vorsieht, bedeutet keineswegs ein Aufweichen der Sanktionen, auch nicht den endgültigen Verzicht auf einen Militärschlag. Eine Aufhebung der Sanktionen wäre nur möglich, wenn Iran bereit wäre, auf die Urananreicherung und die Herstellung des atomaren Brennstoffs im eigenen Land zu verzichten. Es sei denn, die internationale Gemeinschaft, vor allem die USA bzw. die EU-Staaten wären bereit, Iran gewisse Zugeständnisse zu machen und damit den Weg für eine friedliche Lösung des Konflikts zu eben. Vorstellbar wäre etwa, dass Iran zugestanden werden würde, auf niedriger Ebene zu Forschungszwecken unter verschärfter Kontrolle der Internationalen Atombehörde Uran anzureichern, den eigentlichen Brennstoff jedoch aus dem Ausland zu beziehen. Ein ähnlicher Vorschlag Russlands wurde 2006 vor allem von Washington abgelehnt. Ob nun die neue US-Administration zu solchen Zugeständnissen bereit wäre, bleibt offen. Für unsere Leserinnen und Leser fassen wir den heutigen Stand der Sanktionsmaßnahmen gegen Iran kurz zusammen: Der Sicherheitsrat verhängte seit Dezember 2006 in drei Resolutionen Sanktionen gegen Iran. Zuletzt wurde die Liste der Zwangsmaßnahmen im März 2008 erweitert. Sie sieht noch striktere Reiseverbote für Atomwissenschaftler vor. Die Liste umfasst 35 iranische Firmen oder Forschungseinrichtungen und 40 Personen. Es wurden Handelsbeschränkungen für Güter erlassen, die sowohl für friedliche als auch für Waffenzwecke verwendet werden könnten. Banknoten müssen eingefroren und Exportkredite überwacht werden.

Die UN-Sanktionen wurden von der Europäischen Union noch erweitert, zuletzt am 10. November 2008. Es wurde beschlossen, das Vermögen von 28 iranischen Personen und Firmen einzufrieren, die für das Atomprogramm verantwortlich sind. Zudem wurden Einreiseverbote für vierzehn Iraner beschlossen. Ferner wurden Gespräche über ein Handelsabkommen Iran-EU vorerst eingestellt.

Die USA verhängten bereits vor 30 Jahren erste Sanktionen gegen Iran wegen der Geiselnahme amerikanischer Botschaftsangehöriger in Teheran. Im Atomstreit schließt Washington einen Militärschlag nicht aus, setzt aber auch auf Sanktionen. Neben den durch die US und die EU verhängten Sanktionen werden u. a. die Revolutionsgarden - Teil der iranischen Streitkräfte - als Lieferanten für Massenvernichtungswaffen gebrandmarkt. Ihre Al-Kuds-Einheit kommt auf die Liste von Organisationen, die den Terror unterstützen. Diese ersten US-Strafmaßnahmen gegen das Militär eines souveränen Staates ermöglichen das Einfrieren von Guthaben der Revolutionsgarden in den USA und Strafen für Firmen, die mit ihnen handeln.


Inbetriebnahme des Atomkraftwerks Buschehr erneut verzögert

Die Inbetriebnahme des Atomkraftwerks Buschehr verzögert sich weiter. Die "technische" Inbetriebnahme könne dieses Jahr erfolgen, sagte der Chef des russischen Atomunternehmens Rosatom, Sergej Kirijenko, am 5. Februar der Nachrichtenagentur RIA Nowosti. Beim Hochfahren des Reaktors vergingen dann weitere "zwei bis drei Monate", erläuterte Kirijenkos Sprecher Sergej Nowikow. Die Gesellschaft Atomstrojexport, die mit dem Bau des Atomkraftwerks betraut ist, hatte die Inbetriebnahme noch im letzten September für diesen Februar in Aussicht gestellt. Ursprünglich war sogar das Jahr 2008 für die Inbetriebnahme ins Auge gefasst worden. Russland hatte seit Dezember 2007 für den Reaktor in Buschehr atomaren Brennstoff geliefert.

Seit Jahren schon setzen die Russen ihre Verzögerungstaktik fort und vertrösten Iran immer wieder auf ein neues Datum. Offenbar möchte Moskau Teheran als wichtigen Handelspartner nicht verlieren und gleichzeitig keine Schritte unternehmen, mit denen die USA und EU verprellt werden könnten. Iranische Medien meldeten am 25. Februar einen ersten Testlauf des Kernkraftwerks Buschehr, was von politischen Beobachtern in Teheran als Versuch Russlands gewertet wurde, aufgebrachte Gemüter in Teheran über die Verzögerung zu besänftigen. Die Hardliner in Iran wollen, dass der Test als Zeichen für das Festhalten am Atomprogramm verstanden wird.


Iran und Türkei wollen zusammen Europa mit Gas versorgen

Iran hat zur Lieferung von Gas nach Europa Medienberichten zufolge ein Joint Venture mit einem türkischen Unternehmen abgeschlossen. Die Firma solle 35 Milliarden Kubikmeter Gas nach Europa bringen und werden zur Hälfte dem nationalen iranischen Gasexportunternehmen (NIGEC) gehören, erklärte NIGEC-Chef Resa Karsaisadeh laut mehreren übereinstimmenden iranischen Zeitungsberichten vom 22. Februar.

Ein Name des Joint Ventures wurde nicht genannt, auch zu dem türkischen Partnerunternehmen wurden keine Angaben gemacht. Iran hat nach Russland die zweitgrößten Gasreserven der Welt. Teherans Rolle auf dem internationalen Gasmarkt ist jedoch wegen westlicher Sanktionen und veralteter Förderanlagen bislang gering.


Anklage gegen Geschäftsmann wegen ungenehmigter Iran-Geschäfte

Die Bundesanwaltschaft hat gegen einen Geschäftsmann wegen der ungenehmigten Lieferung von hochwertigem, für den Reaktorbau geeignetem Graphit nach Iran Anklage erhoben. Wie die Behörde am 6. Februar mitteilte, wird dem 63 Jahre alten Geschäftsführer einer Firma aus Rheinland-Pfalz ein Verstoß gegen das Außenwirtschaftsgesetz in zwölf Fällen zur Last gelegt. Der seit Juni 2008 inhaftierte Mann habe 16 Tonnen hochwertigen Graphits als minderwertiges Material deklariert und über eine türkische Firma in die Islamische Republik exportiert.

Darüber hinaus habe der Angeschuldigte bis zu seiner Festnahme mit einem türkischen Partner die Lieferung von zehn Tonnen des Materials an einen Empfänger in Iran verabredet, der auf einer Embargoliste stehe. Der türkische Zoll habe im Mai und September 2007 zwei Teillieferungen gestoppt, teilte die Bundesanwaltschaft weiter mit. Ein dritter Lieferversuch sei durch die Festnahme des 63-jährigen und die Beschlagnahme des Materials vereitelt worden.


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III. Außenpolitik

Iran signalisiert Verhandlungsbereitschaft

Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat auf die Offerten aus Washington zu direkten Gesprächen mit Teheran positiv reagiert. Allerdings müssten dazu bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden, sagte Ahmadinedschad am 10. Februar auf einer Massenkundgebung zum 30. Jahrestag der iranischen Revolution. Bezug nehmend auf den von Präsident Barack Obama angekündigten Kurswechsel der US-Politik sagte Ahmadinedschad, dieser Wechsel müsse "echt sein und nicht taktisch". "Das iranische Volk ist zu Gesprächen bereit, aber diese Gespräche müssen in einer Atomsphäre der Gerechtigkeit und in gegenseitigem Respekt" geführt werden. Präsident Obama hatte bei seiner ersten Pressekonferenz am 9. Februar die atomaren Rüstungsambitionen Irans kritisiert, aber zugleich die Bereitschaft seiner Regierung zu einer diplomatischen Annäherung mit Teheran bekräftigt. Diese könnte eine "Beziehung auf Grundlage gegenseitigen Respekts" zum Ziel haben. Er hoffe auf eine Atmosphäre, in der iranische und US-Diplomaten "in den kommenden Monaten von Angesicht zu Angesicht an einem Tisch sitzen" könnten. Er forderte die Führung in Teheran auf, "einige Signale auszusenden, dass sie einen neuen Ansatz will."

Obama meinte, eine grundlegende Änderung der Beziehungen zwischen den beiden Staaten brauche viel Zeit, denn über die Jahre habe sich "viel Misstrauen aufgebaut", das nicht über Nacht hinweggewischt werden könne. Zugleich äußerte sich der US-Präsident "tief besorgt" über einige Aspekte der iranischen Politik. Ausdrücklich nannte er dabei "die Finanzierung terroristischer Organisationen" und Irans Streben nach nuklearer Aufrüstung.

Auch Ahmadinedschad blickte bei seinen Ausführungen auf die vergangenen Jahre zurück und sagte, die Feinde der Islamischen Republik hätten 27 Jahre lang Iran mit Sanktionen und Krieg gedroht. "Und als sie während der Bush-Regierung gegen unsere Region Krieg führten, haben sie offiziell erklärt, erst Afghanistan, dann Irak und dann Iran". Aber heute sähe die Lage ganz anderes aus, heute wage niemand mehr, Iran zu drohen oder anzugreifen. Iran sei nun eine "Supermacht" und damit unangreifbar.

Wenn nun der angekündigte Politikwechsel ernst gemeint sei, müssten all die Kriegstreiber vor Gericht gestellt werden. Saddam Hussein sei nicht der einzige Kriegsverbrecher gewesen. Auch Bush habe "den Tod von Millionen" zu verantworten. Auch er müsse vor Gericht gestellt werden, sagte Ahmadinedschad. Er äußerte die Hoffnung, dass die Bush-Ära eine Lehre sein werde für alle, die "andere beherrschen wollen." Sonst würden sie dasselbe Schicksal erleben wie Bush.

Der iranische Parlamentspräsident Ali Laridschani forderte am 14. Februar die USA auf, den Boxkampf gegen Teheran zu beenden und zur diplomatischen Schachpartie überzugehen. Laut einer Meldung der Nachrichtenagentur IRNA meinte er, nach einem Wechsel der Umgangsformen sei eine Annäherung zwischen den beiden Staaten möglich.

Der Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte im Mittleren Osten, General David Petraeus, forderte Iran auf, extremistische Gruppen nicht länger zu unterstützen. Dies gelte insbesondere für Organisationen, die zu anhaltender Gewalt im Nachbarland Irak beitrügen, sagte Petraeus am 14. Februar auf einem Islam-Forum im Emirat Katar. Die USA beobachteten Teheran "sehr genau", aber sie seien auch offen für Signale einer neuen Bereitschaft zur Kooperation.


Russland begrüßt Obamas Gesprächsangebot an Iran

Russland hat das Gesprächsangebot des neuen US-Präsidenten Barack Obama an Iran begrüßt. Moskau messe "der erklärten Absicht der neuen Regierung in Washington, einen direkten Dialog mit Iran aufzunehmen, besondere Bedeutung" bei, erklärte der russische Außenminister Sergej Lawrow am 11. Februar in Moskau. Mit dem neuen Vorgehen könnten die USA "einen wirkungsvollen Beitrag" zur Beilegung des Streits um Teherans Atomprogramm leisten. Er erhoffe sich positive Auswirkungen auf die Sechser-Gespräche über das iranische Atomprogramm, an denen sich neben den USA und Russland die übrigen drei UN-Vetomächte plus Deutschland beteiligen.


Clinton: Verhalten Irans entscheidend für Raketenschirm-Pläne

Der Kurs Irans in der Atompolitik wird nach den Worten der neuen US-Außenministerin Hillary Clinton mit ausschlaggebend dafür sein, ob der umstrittene Raketenabwehrschirm in Osteuropa verwirklicht wird. "Das ist eine Frage, die wirklich von der Entscheidung der iranischen Regierung abhängt", sagte Clinton am 11. Februar in Washington nach einem Gespräch mit dem tschechischen Außenminister Karel Schwarzenberg. "Wenn wir eine Verhaltensänderung bei den Iranern sehen können mit Blick auf das, was wir für ihr Streben nach Atomwaffen halten, dann werden wir neu bewerten, wo wir stehen."

Clinton hatte bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier am 4. Februar Iran im Streit um sein Atomprogramm mit Konsequenzen gedroht. Wenn die Islamische Republik den Forderungen der internationalen Gemeinschaft nicht nachkomme, "muss es Konsequenzen geben", sagte Clinton. Der SPD-Kanzlerkandidat Steinmeier erklärte, der Start eines iranischen Satelliten sei Grund, mit noch größerer Intensität zusammenzuarbeiten.

US-Präsident Obama hat erklärt, die endgültige Entscheidung über die Installation von Abwehrraketen in Polen und einer dazu gehörigen Parallelanlage in Tschechien werde von Fragen der Kosteneffizienz und der technischen Machbarkeit abhängen. Sein Stellvertreter Joe Biden hatte auf der Münchener Sicherheitskonferenz Russland zu Gespräche über den Raketenschirm eingeladen, der von Moskau als Sicherheitsbedrohung wahrgenommen wird. Die USA begründen ihre Pläne mit einer künftig erwarteten Bedrohung durch Staaten wie Iran oder Nordkorea.


US-Diplomat Dennis Ross Sonderberater für Mittleren Osten

US-Außenministerin Hillary Clinton hat den Diplomaten Dennis Ross zum Sonderberater für den Mittleren Osten ernannt. Wie das Außenministerium in Washington am 23. Februar mitteilte, soll Ross für die Staaten am Persischen Golf und Südwest-Asien zuständig sein. "Das ist ein Gebiet, in dem Amerika zwei Kriege führt", sagte Außenministeriumssprechen Robert Wood. Die USA sähen sich in der Region andauernden Kämpfen, Terrorismus, der nuklearen Aufrüstung und dem Streit um den Zugang zur Energiequellen gegenüber. "In diesem Gebiet müssen wir danach streben, Unterstützung für die Ziele der US-Politik zu gewinnen."

Die Ernennung des Sonderberaters war bereits seit Wochen erwartet worden. Iran wurde in der Erklärung des Außenministeriums zwar nicht erwähnt, Ross dürfte sich jedoch hauptsächlich mit dem Land befassen. Er soll nach dem Willen der US-Regierung vor allem dafür sorgen, den Einfluss Irans in der Region einzudämmen.


Kein Ergebnis beim Sechs-Mächte-Treffen zu Irans Atomprogramm

Erstmals seit dem Regierungswechsel in den USA hat die Sechs-Staaten-Vermittlungsgruppe wieder über die Lösung des Atomstreits mit Iran beraten. Ranghohe Diplomaten aus Deutschland und den UN-Vetomächten USA, Großbritannien, Frankreich, Russland und China kamen am 4. Februar in der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden zusammen. Der erste Start eines iranischen Satelliten zweit Tage davor, der international Besorgnis ausgelöst hatte, spielte bei dem Treffen nach Angaben von Teilnehmern keine Rolle.

Die politischen Direktoren der Außenministerien "begrüßten die von Obama erklärte Bereitschaft der US-Administration zu Gesprächen mit Iran", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung. Der Konflikt um die vermuteten Atomwaffenpläne Teherans solle friedlich gelöst werden. Iran wurde aufgefordert, seine Verpflichtungen gegenüber der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEA) nachzukommen.

Die europäischen Staaten Frankreich, Deutschland, Großbritannien (E3) versuchen seit 2003, Teheran mit der Androhung von Sanktionen an der Entwicklung von Atomwaffen zu hindern.

Wegen des Regierungswechsels in Washington hatte es allerdings seit dem letzten Herbst eine Pause in den Verhandlungen zwischen den E3+3-Staaten (EU-Staaten plus Russland, China und USA) mit Iran gegeben.

Der US-Diplomat William Burns informierte bei dem Treffen in Wiesbaden seine Kollegen über die neue Haltung Washingtons, wollte sich aber nicht zu dem Treffen äußern. Der politische Direktor des Auswärtigen Amtes in Berlin, Volker Stanzel, hatte nach Wiesbaden eingeladen, um den Gesprächsprozess nach Obamas Amtsübernahme schnell wieder in Gang zu bringen. Ein neuer Termin wurde nicht vereinbart. Solange der außenpolitische Kurswechsel in den USA andauere, wolle man einander konsultieren, hieß es in der Erklärung.

Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad erklärte am 17. Februar, sein Land werde selbst bei verbesserten Beziehungen zu den USA nicht auf sein umstrittenes Urananreicherungsprogramm verzichten. "Wir werden unseren atomaren Pfad definitiv fortsetzen", sagte er im staatlichen Fernsehen.

Indes hat der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde, Mohammad El Baradie, Iran erneut mangelnde Zusammenarbeit vorgeworfen. Teheran habe weder Zugang zu seinem Atomprogramm gewährt noch offene Fragen über eine mögliche militärische Nutzung geklärt, sagte El Baradei am 17. Februar bei einer Konferenz in Paris. Die IAEA könne den Aufforderungen des UN-Sicherheitsrats, Aufklärung zu leisten, nicht nachkommen, weil Iran sich verweigere.

In einem am 19. Februar vorgelegten Bericht der IAEA sind die iranischen Vorräte von niedrig angereichertem Uran (LEU) mit 1010 Kilogramm angegeben. Experten gehen davon aus, dass diese Menge ausreichen würde, um genug hoch angereichertes Uran für den Bau einer Atombombe zu erzeugen. Bis zu einer einsatzfähigen Waffe würden allerdings zwei bis fünf Jahren benötigt.

Nach Bekanntwerden dieses Berichts haben die USA die Staatengemeinschaft zu einem raschen gemeinsamen Handeln aufgerufen. Iran stelle ein akutes Problem dar, mit dem man sich rasch befassen müsse, sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Robert Gibbs, am 20. Februar in Washington. Solange Iran nicht den Auflagen der Vereinten Nationen nachkomme, könne die internationale Gemeinschaft nicht darauf vertrauen, dass das iranische Atomprogramm nur friedlichen Zwecken diene, sagt Gibbs.


Grüne für Beginn direkter Gespräche mit Teheran

Anlässlich der Gespräche in Wiesbaden forderte die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen in einer Presseerklärung vom 4. Februar die Verhandlungspartner auf, direkte Gespräche mit Teheran zu beginnen. Jürgen Trittin, stellvertretender Fraktionsvorsitzender und Kerstin Müller, außenpolitische Sprecherin, erklärten, das Angebot von US-Präsident Obama an Iran zu direkten Verhandlungen sei eine Chance, "die verhärteten Fronten aufzulösen". Es könne "Bewegung in den Atomstreit bringen, der unter der Bush-Regierung in der Sackgasse gelandet ist". Die "Linie von George W. Bush, allein mit harten Sanktionen und Drohgebärden den Iran zur Einstellung der Anreicherung zu bewegen, hat das Gegenteil erreicht - eine Beschleunigung des Atomprogramms, regionale Spannungen und eine Erhöhung der Kriegsgefahr". Die Möglichkeiten der Internationalen Atombehörde, das Atomprogramm Irans zu kontrollieren, hätten sich verschlechtert. Die "Nervosität" über die verbesserte Fähigkeit Irans, "die Schwelle zur Produktion einer Bombe" zu überschreiten, habe sich besonders in Israel verstärkt. Trittin und Müller appellierten an die sechs Verhandlungspartner, sich auf eine gemeinsame Linie zu einigen.

"Ziel muss der Einstieg aller Verhandlungsparteien in Gespräche sein", sagten sie. Dazu seien "vertrauensbildende Schritte zwischen den USA und Iran notwendig". Als möglichen ersten Schritt schlagen die Grünen die Einrichtung von Handelsvertretungen und eine Verstärkung der Kulturbeziehungen zwischen Iran und den USA vor. Die Bundesregierung müsse diesen Kurs unterstützen und "nicht durch den anhaltenden Koalitionsstreit die Außenpolitik lahm legen".


Israel will im Atomstreit alle Optionen offen halten

Der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak riet im Atomstreit mit Iran zum Offenhalten aller Optionen einschließlich eines Militärschlags. Sollte die neue US-Regierung diplomatische Mittel einsetzen wollen, dann müsse sie den Zeitrahmen dafür begrenzen, sagte Barak am 3. Februar auf einer sicherheitspolitischen Konferenz in Herzlija bei Tel Aviv. Danach sollten harte Sanktionen und die Bereitschaft zum Handeln folgen. "Alle Optionen liegen auf dem Tisch", sagte Barak. Mit dem Begriff "alle Optionen" wird in der Sprache der Politiker der Einsatz von Gewalt bezeichnet.

Auch Israels Oppositionsführer Benjamin Netanjahu hat bereits im Vorfeld der Wahlen im Falle eines Sieges einen harten Kurs gegenüber Iran angekündigt. Er wolle die von Iran ausgehenden Gefahren in allen ihren Facetten beseitigen, sagte Netanjahu am 4. Februar auf derselben Sicherheitskonferenz in Herzlija. Die Verbindung von einem fanatischen religiösen Regime mit Atomwaffen stelle eine völlig neue Gefahr dar. Ein Iran mit Atomwaffen sei die größte Gefahr für Israel und für die gesamte Menschheit, fügte der Vorsitzende des rechtsgerichteten Likud hinzu. Zu den Facetten der iranischen Gefahr zähle auch Hamas, sagte Netanjahu. "Es gibt keine andere Wahl, als das Regime der Hamas, das ein Verbündeter Irans ist, im Gazastreifen zu stürzen." Die "iranische Bedrohung" im Gazastreifen müsse "ausgemerzt" werden.

Israel bleibe nach Einschätzung eines israelischen Abgeordneten und Waffenexperten für einen Angriff auf iranische Anlagen nur noch etwa ein Jahr. Die Zeit laufe ab, dem Bau von Atomwaffen in der Islamischen Republik mit einem Präventivschlag zuvorzukommen, sagte der Ex-General und frühere Leiter des Bereichs Waffenentwicklung im israelischen Verteidigungsministerium, Isaac Ben-Israel, einer Meldung der Agentur Reuters am 4. Februar zufolge. Ein einziger Angriff auf die iranischen Atomanlagen könnte erfolgreich sein. Doch würde er die Entwicklung einer Atomwaffe in Iran nur verzögern, nicht beenden.

Ben-Israels Äußerungen spiegeln die allgemeine Linie der israelischen Regierung wider, dass Iran in etwa einem Jahr genügend Uran angereichert haben wird, um eine Atombombe zu bauen. Dagegen ist die Internationale Atombehörde (IAEA) überzeugt, dass im Atomstreit noch genügend Zeit bleibt. Schließlich müsse Iran für den Bau von Atomwaffen sowohl technische als auch politische Hürden überwinden, erklärt IAEA-Generaldirektor Mohammad El Baradei.


Zeitung: Israel führt Sabotagekrieg in Iran

Die britische Tageszeitung "Daily Telegraph" berichtete in ihrer Ausgabe vom 17. Februar unter Berufung auf Geheimdienstexperten und einen ehemaligen Agenten des US-Geheimdienstes CIA, Israel führe einen Sabotagekrieg im Iran, um die Fortsetzung des iranischen Atomprogramms zu verhindern. Ziel einer verdeckten "Enthauptungsstrategie" seien führende Vertreter des iranischen Atomprogramms. Zu den Angaben nahm Israel, einer Meldung der Nachrichtenagentur Reuters zufolge, keine Stellung. Ähnliche Berichte würden jedoch von Experten bestätigt, allerdings mit der Warnung, dass sie Teil einer Kampagne der psychologischen Kriegsführung sein könnten.

Dem Bericht des Daily Telegraph zufolge setze Israel Attentäter, Sabotage, Tarnfirmen und Doppelagenten ein, um Irans geheimes Atombomben-Programm auszubremsen. "Das Ziel ist Verzögerung, Verzögerung - solange, bis eine andere Lösung oder Herangehensweise in Sicht ist", wird der CIA-Agent zitiert. "Wir wollen auf gar keinen Fall, dass die gegenwärtige iranische Regierung an diese Waffen kommt", hieß es weiter. "Es ist eine gute Politik: Sie vermeidet eine militärische Auseinandersetzung, die wahrscheinlich inakzeptable Risiken mit sich bringen würde."

Israel nehme zu solchen Berichten grundsätzlich keine Stellung, sagte ein Regierungssprecher Israel Reuters. Der Agentur war nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr aus Geheimdienstkreisen im Nahen Osten berichtet worden, dass Israel Atomwissenschaftler in der Islamischen Republik mit Briefbomben und giftigen Paketen angreifen wolle. Zudem seien Explosionen ausgelöst worden. Zwar hielten Experten diese Berichte für glaubwürdig, eine Bestätigung sei jedoch nicht zu erhalten gewesen. Als Beleg verwiesen Experten auf den Tod des iranischen Atomwissenschaftlers Ardeshir Hassanpur. Der Mitarbeiter an der Uran-Anlage in Isfahan war 2007 offenbar an einer Gasvergiftung gestorben.

Meir Javendafar von der Nahost-Expertengruppe Meepas sagte Reuters, es gebe Berichte über die Verkäufe von defekten Apparaten an Iran und Versuche, die Stromversorgung der Urananreicherungsanlage in Natans zu unterbrechen. Allerdings könne es sich auch sehr wohl um eine psychologische Kampagne handeln. "Selbst wenn es nicht wahr sein sollte, ist es Teil eines großen psychologischen Krieges gegen das iranische Atomprogramm", sagte er. "Das ist viel erschwinglicher als Geräte zu sabotieren."

Ob psychologische Kriegsführung oder tatsächliche Sabotageakte, derlei Aktionen öffnen Verschwörungstheorien aller Art, zu denen die herrschenden Islamisten in Iran ohnehin neigen, Tor und Tür. Sie lassen auch Gegenmaßnahmen der iranischen Regierung als legitim erschein, selbst dann, wenn sie als Vorwand genommen werden, um jede Opposition als Spionagetätigkeit für Israel oder die USA und Kollaboration mit den Feinden des Gottesstaats zu liquidieren. Das Leid und die Qualen bekommt das Volk, bekommen insbesondere Menschen in Iran zu spüren, die für Freiheit und Demokratie kämpfen.


Schröder in Teheran

Mit Ausnahme des Revolutionsführers Ali Chamenei traf Altkanzler Gerhard Schröder bei seinem viertägigen Iran-Besuch (vom 19. bis 22. Februar) nahezu alle wichtigen politischen Akteure der Islamischen Republik, u. a. die beiden Ex-Präsidenten Haschemi Rafsandschani und Mohammad Chatami, Außenminister Manuchehr Mottaki, den Parlamentspräsidenten Ali Laridschani, und nicht zuletzt Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad. Die Reise war als privat deklariert. Offiziell war Schröder der Einladung eines mit ihm befreundeten iranischen Medizinprofessors aus Hannover gefolgt, der in seiner Heimat ein Wissenschaftszentrum eröffnete. Doch die Visite glich eher einem Staatsbesuch, zu welchem Zweck und in wessen Auftrag, wurde nicht bekannt gegeben.

An Themen fehlte es nicht. Die Beziehungen zwischen Iran und den USA, der Streit über das iranische Atomprogramm, die Rolle Irans als Regionalmacht, insbesondere im Irak und Afghanistan und als Öl- und Gaslieferant für den Westen, die deutsch-iranischen Wirtschaftsbeziehungen standen auf der Agenda. Manche Kommentatoren meinten, Schröder sei auch im Auftrag der russischen Gasprom im Iran gewesen.

Was bei den Gesprächen herausgekommen ist, bleibt vorerst geheim. Weder Schröder selbst noch seine iranischen Gesprächspartner wollten darüber detailliert Auskunft geben. Sie begnügten sich mit allgemeinen Aussagen.

Schröder betonte immer wieder, Teheran solle das Angebot der USA zum direkten Dialog aufnehmen. "Der neue amerikanische Präsident distanziert sich deutlich von der Politik seines Vorgängers, der allzu häufig auf Ausgrenzung und Konfrontation in der internationalen Politik gesetzt hat", sagte er.

Diese Chance müsse nun genutzt werden. Schröder gestand seinen Gesprächspartnern zu, dass Iran "zurecht" eine politisch bedeutsamere Rolle einfordere. Er lobte das Land für die Aufnahme von Millionen afghanischer Flüchtlinge und den Kampf gegen illegalen Drogenschmuggel. "Für diese Leistungen schulden wir Ihrem Land Dank", sagte der SPD-Politiker. Doch wer international ernst genommen werden wolle, müsse internationale Regeln beachten und Konzessionen machen.

Zum Atomkonflikt erklärte Schröder: "Niemand bestreitet das Recht Irans auf friedliche Nutzung der Nuklearenergie." Doch seien ernsthafte Verhandlungen die einzige tragfähige Basis für die Lösung auch dieses Konflikts: "Es muss absolute Transparenz herrschen und alle internationalen Verpflichtungen müssen eingehalten werden."

Vor seinem Treffen mit Ahmadinedschad distanzierte sich Schröder pflichtgemäß von dessen Äußerungen zum Holocaust. "Der Holocaust ist eine historische Tatsache. Es macht keinen Sinn, dieses einmalige Verbrechen, für das das Hitlerdeutschland verantwortlich gewesen ist, zu leugnen", sagte er. Die "unnötigen Diskussionen" lenkten nur von der zentralen Frage ab, wie die Sicherheit aller Staaten der Region gewährleistet werden könne.

Der Zentralrat der Juden in Deutschland kritisierte Schröders Iran-Besuch. "Herr Schröder fügt dem Ansehen der Bundesregierung und der Bundesrepublik Deutschland schweren Schaden zu", sagte der Generalsekretär des Zentralrats, Stephan Kramer.

In Teheran versuchte man zwar hohe Erwartung an den Besuch zu dämpfen. Doch Irans Botschafter in Deutschland, Alireza Scheich Attar, deutete an, dass seine Regierung die Rolle Deutschlands als Vermittler zwischen den USA und Iran begrüßen würde. Schröder dementierte, im Auftrag Washingtons oder Berlins die Gespräche geführt zu haben, doch alle Anzeichne deuten darauf hin, dass er mehr im Gepäck hatte als angegeben.

Auch das Teheraner Außenministerium bezeichnete die Reise als rein privat. "Genau wie auch von Herrn Schröder selbst angesprochen, war die Reise privat auf Einladung (des iranischen Neurochirurgen) Professor Madschid Samii", sagte der Sprecher des Außenministeriums, Hassan Ghoschghawi, am 23. Februar. "Als eine politische Persönlichkeit und ehemaliger Kanzler, führte er natürlich auch Gespräche mit iranischen Regierungsvertretern über die jüngsten politischen Entwicklungen, aber er hatte weder einen Auftrag noch irgendeine Botschaft."

In der SPD wurde an der Reise Schröders Kritik laut. "Ich hätte diese Reise in den Iran nicht gemacht", sagte der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Gert Weisskirchen, der Zeitung "Die Welt" am 23. Februar. Es wäre seiner Ansicht nach besser gewesen, wenn Schröder den umstrittenen Staatspräsidenten Ahmadinedschad nicht getroffen und besser nur mit Ex-Präsident Chatami gesprochen hätte, sagte Weisskirchen. Er hätte Schröder geraten, Iran erst nach der Präsidentschaftswahl zu besuchen. "Falls überhaupt, hätte ich vor dieser Wahl deutlich gemacht, dass man Ahmadinedschad als Präsidenten nicht wieder sehen will."


Mottaki: Sicherheitsgespräch mit USA über Irak nicht mehr nötig

Iran hält eine Fortsetzung der bilateralen Gespräche mit den USA über die Sicherheit im Irak nicht für notwendig. Zur Begründung sagte der iranische Außenminister Manuchehr Mottaki am 11. Februar bei einem Besuch in Bagdad, die Sicherheitslage im Irak habe sich verbessert. "Wir denken, dass die neue Situation völlig anders ist", sagte Mottaki bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem irakischen Kollegen Hoschjar Sebari. "Wir sind froh, sagen zu können, dass die (irakische) Regierung in der Lage ist, das Land völlig sicher zu machen." Daher sei "unter derzeitigen Umständen kein Platz für solche Gespräche". "Die irakische Regierung ist in der Lage, für Sicherheit zu sorgen", betonte Mottaki.

Vertreter der USA und Irans sind seit Mai 2007 dreimal zusammengekommen, um über Sicherheitsfragen im Irak zu sprechen. Darüber hinaus hatte US-Präsident George W. Bush direkte Gespräche mit Iran abgelehnt.

Zwei Tage nach Mottakis Pressekonferenz, also am 13. Februar, hat sich eine Selbstmordattentäterin im Irak inmitten einer schiitischen Pilgergruppe in die Luft gesprengt und 35 Menschen mit in den Tod gerissen. Die Frau zündete ihren Sprengstoffgürtel nach Angaben des Innenministeriums in Iskandaria auf dem Weg in die für Schiiten heilige Stadt Kerbela, 68 weitere Menschen wurden verletzt.


Britisch Council stellt Arbeit in Iran ein

Das britische Kulturinstitut hat seine Arbeit in Iran eingestellt, weil Mitarbeiter von den Behörden des Landes angeblich eingeschüchtert wurden. Wie der Chef des britischen Council, Martin Davidson, am 5. Februar in London mitteilte, hat das iranische Präsidentenbüro 16 lokale Beschäftigte bei "Befragungen" zum Rücktritt gedrängt.

Zudem seien von zwei Angestellten vor einer Reise zu einem Termin im Ausland die Pässe konfisziert worden. Zuvor seien britischen Mitarbeitern der Einrichtung in der Hauptstadt Teheran Visa verweigert worden. Die "Einschüchterungen" und der Druck seien ständig gewachsen, sagte Davidson. Ziel sei gewesen, "unsere Kultur- und Ausbildungsarbeit zu stoppen". Das Institut habe keine andere Wahl gehabt, als die Arbeit einzustellen.

Ein "offener und konstruktiver Dialog zwischen Ländern" sei allerdings auch in schwierigen Zeiten unerlässlich, sagte Davidson. Er hoffe, dass das Institut seine Arbeit sobald wie möglich fortsetzen könne. Britisch Council hatte das Institut im Jahr 1942 eröffnet, dieses aber nach der islamischen Revolution 1979 geschlossen. Erst im Jahr 2001 wurde auf Bitten der iranischen Regierung die Arbeit wieder aufgenommen.

Das Britisch Council, das mit dem Goethe-Institut vergleichbar ist, geht davon aus, dass etwa 13000 Iraner in vergangenen Jahr an seinem Programm in Teheran teilnahmen. Zu dem Programm gehören unter anderem Sprachkurse. Nach Angaben von Davidson arbeiteten seit zwei Jahren keine Briten mehr in der Einrichtung in Teheran, weil keine Visa mehr für sie ausgestellt wurden. "Die Aktionen der iranischen Behörden sind inakzeptabel", sagte er. Die Arbeit werde erst wieder aufgenommen, wenn die Beschäftigten "ohne Angst vor Einschüchterungen oder Schikane" arbeiten können.

Die Beziehungen zwischen Teheran und London haben sich in den letzten Jahren zunehmend verschlechtert. Das liegt vor allem an der harten britischen Haltung im Atomstreit mit dem Iran. Zudem unterstellt Teheran der britischen Regierung, gemeinsam mit den USA Aktivitäten zu initiieren, die das Ziel haben, in Iran einen "sanften Regimewechsel" herbeizuführen. Die letzte Bestätigung für diesen Verdacht lieferte die Neueinrichtung eines persischsprachigen Fernsehprogramms der BBC. Teheran geht davon aus, dass durch dieses Programm die iranische Opposition unterstützt werden soll und Unzufriedenheit und Unruhen im Land geschürt werden sollen.


Teheran bestellt EU-Botschafter wegen Volksmodschahedin ein

Im Streit um die Streichung der Volksmodschahedin von der EU-Terrorliste hat Iran die Botschafter der EU-Mitgliedstaaten einbestellt. Nach iranischen Medienberichten vom 5. Februar bekräftigte der stellvertretende Außenminister Mehdi Safari dabei die Kritik an der Entscheidung der EU, die Volksmodschahedin nicht mehr als terroristische Organisation anzusehen. Dieser Schritt zeige die "Doppelmoral", sagte Safari.

Die EU hatte nach dreijährigem Rechtsstreit die Volksmodschahedin Ende Januar von ihrer Terrorliste gestrichen. Damit muss auch EU-weit eingefrorenes Vermögen der Gruppe freigegeben werden. Mit der Streichung von der Terrorliste folgten die EU-Außenminister einem Urteil des Europäischen Gerichthofs. (Eu-GH) zugunsten der Organisation.


Laridschani bei der Münchener Sicherheitskonferenz

Irans Parlamentspräsident Ali Laridschani hat bei der Münchener Konferenz (6. bis 8. Februar) mit scharfen Worten die bisherige Politik des Westens kritisiert. An die Adresse der USA sagte er, zwar begrüße er die Initiative des neuen US-Präsidenten Barack Obama zur Entsendung seines Sondergesandten George Mitchell nach Nahost. Dies sei ein positiver erster Schritt. Im Anschluss erhob er jedoch Vorwürfe gegen die USA und andere westliche Staaten, denen er mit Blick auf das Atomprogramm Irans Doppelmoral vorwarf.

Das Leid, das die USA in der Region angerichtet hätten, lasse sich jetzt nicht durch ein paar Fernsehauftritte und schöne Worte gutmachen, sagte Larischani. Dass durch die US-Politik kein größerer Schaden entstanden sei, sei allein der Weisheit der Führung der Islamischen Republik Iran zu verdanken. Die unilaterale Politik Washingtons habe in die Sackgasse geführt. Mit der neuen US-Regierung sei die Welt aber vorsichtig optimistisch, was einen Wandel in Washington angehe. Die Regierung Obama habe jetzt eine "goldene Chance".

Zum Konflikt im Gazastreifen bezog Larischani Position für die Palästinenser und warf dem Westen vor, keine Stellung gegen die Aggressionen Israels bezogen zu haben. Dabei hielt er Fotos blutverschmierter Opfer der mehrwöchigen israelischen Offensive in dem Palästinensergebiet hoch.

Was auf der Münchener Tagung bislang zum Thema Abrüstung gesagt worden sei, gleiche eher einer Predigt und sei wenig konkret, kritisierte Laridschani. Mit Blick auf das iranische Atomprogramm sagte er, was sein Land angehe, stünden Atomwaffen nicht in der Verteidigungsdoktrin Irans. Die Vorstellung, im Schatten von Massenvernichtungswaffen zu leben, sei für die Iraner eine "abscheuliche" Vorstellung, fügte er hinzu.

Auf die Äußerungen Ahmadinedschads zum Holocaust angesprochen, sagte Laridschani: "Da gibt es unterschiedliche Sichtweisen. Ich bin kein Historiker, ich bin Politiker. Menschen können unterschiedlicher Meinung sein." Als seine Äußerung im Publikum Protest hervorrief, sagte er: "Ich bin überrascht, wie sensibel Sie reagieren." In westlichen Ländern dürfe der Prophet Mohammed ungestraft beschimpft werden, im Iran seien Meinungen über den Holocaust nicht strafbar.

Die Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, sagte zu den Äußerungen zum Holocaust, dass sich Laridschani in Deutschland "dazu hinreißen lässt, kann ich nicht akzeptieren. Dass auch das internationale Publikum es nicht akzeptiert, war mir sehr wichtig". Der CDU-Abgeordnete Eckart von Klaeden habe Deutschland einen großen Dienst erwiesen, betonte sie. Klaeden hatte Laridschani vorgeworfen, mit der Kombination aus Atomprogramm, Holocaust-Leugnung und Unterstützung von Organisationen wie der Hamas, die das Existenzrecht Israels in Frage stellen, Besorgnis auszulösen. "Ich bin stolz darauf, dass wir Hamas unterstützen", erwiderte Laridschani.


Iran erhebt keinen Anspruch auf Bahrain

Iran hat bestritten, territoriale Ansprüche auf den Golf-Anrainer Bahrain zu erheben. Entsprechende Äußerungen eines Beraters des Revolutionsführers Chamenei seien falsch verstanden und missinterpretiert worden, sagte ein Sprecher des Außenministeriums am 23. Februar in Teheran. Die Beziehungen der Islamischen Republik zu Bahrain beruhten auf gegenseitigem Respekt. Der Chamenei-Berater war in Medienberichten mit der Äußerung zitiert worden, Iran besitze die Souveränität über das Königreich. Golf-Anrainer hatten Iran am 22. Februar aufgefordert, die Erklärung zu verurteilen. Bahrains Innenministerium bezeichnete die Äußerung des Beraters als unverantwortlich.


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Hrsg.: Heinrich-Böll-Stiftung
Autor: Bahman Nirumand
Redaktion: Vera Lorenz
V.i.S.d.P.: Annette Maennel
8. Jahrgang


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Quelle:
Iran-Report Nr. 3/2009 - März / 8. Jahrgang
Hrsg.: Heinrich-Böll-Stiftung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. März 2009