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HEINRICH BÖLL STIFTUNG/245: Iran-Report Nr. 8 - August 2010


Iran-Report der Heinrich-Böll-Stiftung - Nr. 8 - August 2010


Der von der Heinrich-Böll-Stiftung seit 2002 publizierte, monatlich erscheinende Iran-Report des Autors Bahman Nirumand bietet einen Überblick über die innenpolitische, wirtschaftliche und soziale Entwicklung im Iran und die iranische Außenpolitik.

Der Konflikt um das iranische Atomprogramm, die Verfolgung der Opposition und die Verletzung der Menschenrechte sind einige der wiederkehrenden Themen des Iran-Reports. Er wertet Nachrichten verschiedener Quellen aus, auch um die von den Mächtigen in Iran verfügten Behinderungen und Einschränkungen der journalistischen Arbeit auszugleichen. Der Iran-Report produziert keine Schlagzeilen, sondern er erhellt die Meldungen, das Nichtgesagte dahinter.


Innenpolitik
Konflikte zwischen Parlament und Regierung verschärfen sich
Absetzung des Revolutionsführers gefordert
Regierung gibt im Streit mit dem Basar nach
Für Ende 2010 geplante Kommunalwahlen verschoben
Ahmadinedschad soll "kontroverse religiöse" Kommentare unterlassen
Affäre um Atomwissenschaftler Amiri
27 Tote bei Doppelanschlag auf Moschee
Geplante Steinigung wird überprüft
Tübinger Professor kritisiert UNESCO-Welttag der Philosophie in Iran
Geistliche sollen iranische Schüler auf Linie bringen
Sportverband lehnt Frauen-Fußball-Trikots ab
Neue Richtlinien für Männerfrisuren
Taxifahrer dürfen nur noch Radio hören
Eigene "Roboter-Menschen" vorgestellt

Wirtschaft
Weitreichende US-Sanktionen gegen Iran traten in Kraft
Reuters: Sanktionen setzen Iran unter Druck
Iran plant Anleihen über 11,5 Milliarden Euro
Lloyd's: Benzinlieferungen nach Iran werden nicht versichert
Berlin dementiert angebliches Tankverbot für inranische Flugzeuge
BP lässt Vertrag mit Iran auslaufen
EU schränkt Flugbetrieb von Iran Air ein
China kritisiert zusätzliche US-Sanktionen gegen Iran
Benzin aus der Türkei ud China
Bericht: Iran nutzte Band in Deutschland zur Umgehung von Sanktionen
20 Kilogramm angereichertes Uran produziert
Russland und Iran beschließen Öl- und Gaspakt
Atomkraftwerk soll im September fertig werden
Anteile an Autobauer Khodro für 335 Mio. Euro verkauft
Iran baut neue U-Boote
Parlament billigt Gesetz gegen Fracht-Inspektionen

Außenpolitik
US-Kongress hält Militäreinsatz gegen Iran für möglich
Medwedew fordert von Iran Aufklärung über Atomprogramm
Teheran erklärt Bereitschaft zu Wiederaufnahme von Verhandlungen
USA zu Wiederaufnahme von Atomgesprächen mit Iran bereit
Türkei setzt Vermittlung im Iran-Konflikt fort
Merkel sieht keine Kompromissbereitschaft Irans im Atomstreit
USA: Bedrohung durch iranisch-unterstützte Gruppen im Irak wächst
Israelische Kreise: Iran liefert Radar-System an Syrien
Chamenei wirft USA und Großbritannien "Terrorismus" vor
Ashton fordert Hinrichtungsstopp in Iran
Gericht im Irak erlässt Haftbefehl gegen die Führer der Volksmodjahedin
Vizechef der Atomenergiebehörde kündigt überraschend Rücktritt an
Eine Million Euro für afghanische Flüchtlinge in Iran

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Innenpolitik

Konflikte zwischen Parlament und Regierung verschärfen sich

Der populäre Teheraner Abgeordnete im islamischen Parlament, Ahmad Tavakoli, griff am 6. Juli während einer öffentlichen Debatte, die vom staatlichen Fernsehen übertragen wurde, Regierungschef Mahmud Ahmadinedschad mit ungewöhnlich scharfen Worten an. "Wie kann sich Herr Ahmadinedschad erlauben, zu sagen, die Regierung werde die vom Parlament verabschiedeten Gesetze nicht umsetzen", sagte Tavakoli.

Ahmadinedschad hatte öffentlich die Auffassung vertreten, der Staatspräsident sei dazu befugt, ein Gesetz, das er als problematisch einschätzt, zurückzuhalten. Diese Auffassung führe nicht nur zur Schwächung der Legislative, sie sei auch ein Freibrief für die Willkür der Regierung sowie für jeden Bürger, Gesetze zu missachten, sagte Tavakoli.

Der dem konservativen Flügel im islamischen Lager angehörende Tavakoli war unter Ministerpräsident Redjai Regierungssprecher und unter Mir Hossein Mussavi Arbeitsminister. Seit zwölf Jahren ist er Abgeordneter im Parlament.

Ahmadinedschad missachte nicht nur beschlossene Gesetze, er versäume auch die Pflicht, Beschlüsse der Regierung dem Parlament zur Stellungnahme vorzulegen. Zudem würden Regierungsbeamte vor dem Zugriff der Justiz in Schutz genommen. Tavakoli nannte keine Namen, aber es war klar, dass er den ersten stellvertretenden Präsidenten, Mohammad Resa Rahimi, meinte, der der Korruption verdächtigt wird, aber sinnigerweise von Ahmadinedschad zum Kommandanten der "Armee gegen die Korruption" ernannt worden ist.


Absetzung des Revolutionsführers gefordert

Der zurzeit in den USA weilende iranische Geistliche Mohsen Kadivar hat in einem offenen Brief an den Vorsitzenden der Expertenversammlung, Haschemi Rafsandschani, die Absetzung des Revolutionsführers Ali Chamenei gefordert. Laut Verfassung kann die Expertenversammlung den Revolutionsführer absetzen, wenn sie bei ihm gravierende Versäumnisse oder ein Verhalten feststellt, das den Grundsätzen des islamischen Glaubens widerspricht.

Der Brief ist am 18. Juli auf der der Opposition nahe stehende Internetseite "Djaras" erschienen. Darin weist Kadivar nach, dass der Revolutionsführer systematisch versucht habe, die Expertenversammlung an der Wahrnehmung ihrer Pflichten und Aufgaben zu hindern, indem er sich stets der Kontrolle des Gremiums entzogen habe. Zudem habe das Büro des Revolutionsführers sämtlich Organe und Ämter, die ihm unterstehen, angewiesen, Aufforderungen der Expertenversammlung zur Berichterstattung über ihre Aktivitäten zu ignorieren.

Kadivar ist einer der prominenten Reformer, der für eine moderne Lesart des Islam eintritt. Daher war er - wie andere Reformer auch - Anfeindungen der Ultrarechten ausgesetzt. 1999 wurde er unter dem Vorwurf, Lügen verbreitet zu haben, zu 18 Monaten Gefängnis verurteilt. Eine Zeit lang war Kadivar Vorsitzender des Vereins zur Verteidigung der Pressefreiheit. Zurzeit ist er Gastprofessor an der Duke-Universität in den USA.

Die Expertenversammlung besteht ausschließlich aus Geistlichen, die direkt vom Volk gewählt werden. Sie ist das einzige Organ, das den Revolutionsführer kontrollieren und ihn absetzen kann. Auch die Wahl eines neuen Revolutionsführers gehört zu den Kompetenzen der Versammlung.

In seinem offenen Brief geht Kadivar auch auf das Bemühen einiger Abgeordneter der Expertenversammlung ein, die Amtszeit des Revolutionsführers auf fünf oder zehn Jahre zu beschränken. "Das einzige Hindernis, die Amtszeit einzuschränken, ist offenbar der Revolutionsführer selbst", schreibt Kadivar. Dabei stützt er sich auf eine Äußerung Rafsandschanis aus dem Jahr 2006. "Die Verfassung bildet kein Hindernis, die Amtszeit des Revolutionsführers einzuschränken", sagte Rafsandschani.

Kadivar weist darauf hin, dass Chamenei - verglichen mit den iranischen Herrschern der letzten hundert Jahre - nach dem 1979 gestürzten Schah am längsten an der Macht sei.

Kadivar bezeichnet Chamenei als einen "Despoten", der sowohl die Gesetze und die Verfassung als auch die Rechte der Bürger eklatant missachtet und den Grundsätzen des Islam zuwidergehandelt habe. Er fordert Rafsandschani auf, seine Pflicht als Vorsitzender des Expertenrats wahrzunehmen und zu handeln, ehe es zu spät sei. Sollte der Expertenrat - aus welchem Grund auch immer - nicht in der Lage sein, seine Pflichten wahrzunehmen, bedeute dies, dass das System der Islamischen Republik nicht reformierbar sei, schreibt Kadivar.


Regierung gibt im Streit mit dem Basar nach

Der Druck der Basaris im Iran hat die Regierung von Mahmud Ahmadinedschad im Streit um Steuererhöhungen zum Nachgeben gezwungen. Iranischen Medien zufolge rückte am 12. Juli die Regierung von ihrem Vorhaben ab, den Steuersatz im Vergleich zum Vorjahr um siebzig Prozent zu erhöhen.

Die Ankündigung von Steuererhöhungen hatte zunächst heftige Proteste der Kaufleute hervorgerufen. Da aber die Regierung nicht zum Nachgeben bereit war, griffen die Basaris zum letzten Mittel. Zwei Tage lang blieben größere Teile des Basars geschlossen. Wie sonst üblich, versuchte die Regierung mit Gewalt gegen Protestierende vorzugehen und die Händler zum Öffnen ihrer Geschäfte zu zwingen. Schlägertruppen, gestützt von Polizei und Sicherheitskräften, brachen in die Geschäfte ein. Es kam zu gewaltsamen Auseinandersetzungen. Unbestätigten Meldungen zufolge soll ein in den Kreisen renommierter Kaufmann durch Messerstiche getötet worden sein. Dennoch blieben die Basaris standhaft.

Der Basar gilt als Hauptschlagader der iranischen Wirtschaft. Ein Streik des Basars lähmt nicht nur die Wirtschaft, er hat auch eine weitaus größere politische Wirkung. Wie die iranische Geschichte zeigt, kann sich keine Regierung an der macht halten, die den Basar zum Gegner hat. So war das Schicksal des 1979 gestürzten Schahs erst dann besiegelt, als der Basar aus Solidarität mit den Aufständischen in einen unbefristeten Streik trat.

Bislang gehörte der Basar zu den wichtigsten Bastionen des gegenwärtigen Regimes. Einzig vor etwa zwei Jahren, als die Regierung die Mehrwertsteuer einführen wollte, wurden Proteste der Kaufleute laut, was die Regierung zu sofortiger Rücknahme des Vorhabens zwang.

Mittlerweile scheint der Regierung klar geworden zu sein, dass sie sich in der jetzigen politisch brisanten Situation eine Auseinandersetzung mit dem Basar nicht leisten kann. Die Nachricht von siebzig Prozent Steuererhöhung sei ein Missverständnis gewesen, erklärte der stellvertretende Handelminister Mohammad Ali Seighami. In Wirklichkeit gehe es um eine Erhöhung von lediglich 30 Prozent. Doch auch damit wollten sich die Basaris nicht zufrieden geben. Sie kündigten an, den Streik am 12. Juli fortzusetzen. Ob der Beschluss der Regierung, den 12. und 14. Juli "wegen Anstieg der Hitze" zum Feiertag zu erklären, mit dem Streik des Basars im Zusammenhang stand, bleibt unbeantwortet. Jedenfalls scheint die Begründung für die angeordneten Feiertage bei einer Regierung, die gerade in den heißen Sommermonaten die Kontrollen über die Einhaltung der strengen Kleidungsvorschriften verschärft, wenig überzeugend.

Bei den Verhandlungen, die am 12. Juli geführt wurden, kam die Regierung den Basaris weit entgegen. Man einigte sich auf eine Steuererhöhung von fünfzehn Prozent. Damit wurde vorerst die Ausweitung des Streiks abgewendet, aber von einem friedlich-freundschaftlichen Verhältnis zwischen Basar und Regierung ist man noch weit entfernt. Denn nicht nur die Monopolstellung der Revolutionsgarden in Politik und Wirtschaft oder die Unfähigkeit der Regierung Ahmadinedschad zu einer klaren und durchdachten Wirtschaftspolitik erzeugen immer mehr Unmut bei den Basaris. Auch die Außenpolitik, insbesondere das Vorgehen Irans im Atomkonflikt, haben der Wirtschaft des Landes und damit auch dem Basar enormen Schaden zugefügt.

Gerade der Basar, der auf das Export-Import-Geschäft angewiesen ist, leidet wohl am meisten unter den Sanktionen. Für die Geschäfte mit dem Ausland sind funktionierende Banken, Versicherungen und ein zuverlässiges Transportwesen von existenzieller Bedeutung. Die aber werden zum erheblichen Teil im Westen boykottiert. Vor allem die im vergangenen Monat vom UN-Sicherheitsrat beschlossenen neuen Sanktionen sowie die von den USA und der EU zusätzlichen Boykottmaßnahmen werden viele Unternehmen in den Ruin treiben.

Für die Opposition bietet der Konflikt zwischen dem Basar und der Regierung ein wichtiges Aktionsfeld. Bei dem Streik der Basaris war gelegentlich der Ruf "Nieder mit der Diktatur!" zu vernehmen. Oppositionspolitiker Mir Hossein Mussavi warf der Regierung "Dummheit und Dilettantismus" vor. Sie hätte durch kluge Verhandlungen die Sanktionen verhindern können, sagte Mussavi. Nun müsse sie dem Volk reinen Wein einschenken. Das Volk, das die Folgen der Sanktionen zu tragen habe, habe ein Recht, über die wirtschaftlichen und politischen Konsequenzen informiert zu werden. Es müsse wissen, dass die neuen Sanktionen die Arbeitslosigkeit steigern, die Preise in die Höhe treiben, noch mehr Armut erzeugen und das Land weiter in die Isolation treiben würden. Wer wie Ahmadinedschad behaupte, die Resolution sei nur gut "für den Mülleimer", der betreibe "Demagogie", schrieb Mussavi auf seiner Internetseite. Ahmadinedschad hatte nach der Verabschiedung der UN-Resolution auch gesagt, diese sei "keinen Pfifferling wert".


Für Ende 2010 geplante Kommunalwahlen verschoben

Die für Ende des Jahres geplanten Kommunalwahlen in Iran sind nach Angaben einer staatlichen Zeitung per Gesetz um mehrere Jahre verschoben worden. Das Parlament in Teheran habe ein Gesetz erlassen, wonach der Urnengang zeitgleich mit der nächsten Präsidentschaftswahl und damit voraussichtlich erst 2013 stattfinde, berichtete die Zeitung "Iran" am 20. Juli. Um das zeitgleiche Abhalten der Präsidentschafts- und Kommunalwahlen zu ermöglichen, sei das derzeitige Mandat der kommunalen Abgeordneten entsprechend verlängert worden. Das Gesetz sei nach der Billigung des Wächterrats in Kraft getreten.

Das Parlament stimmte dem Bericht zufolge außerdem dafür, die Wahl von Mitgliedern des Expertenrats gleichzeitig mit den für 2012 angesetzten Parlamentswahlen abzuhalten. Diese Regelung müsse aber noch vom Wächterrat gebilligt werden. Die zeitgleichen Wahlen sollen dem Bericht zufolge Kosten einsparen. Politische Beobachter vermuten jedoch, dass die Regierung nach dem Debakel, das sie nach der Präsidentschaftswahl im vergangen Jahr erlebt hatte, es nicht für angebracht hält, demnächst wieder Wahlen abzuhalten. Zumal sie mit einer äußerst geringen Wahlbeteiligung rechnen müsste, was für sie höchst blamabel wäre.


Ahmadinedschad soll "kontroverse religiöse" Kommentare unterlassen

Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad ist angesichts kontroverser religiöser Kommentare von einem führenden Geistlichen zur Mäßigung aufgerufen worden. Einlassungen des Präsidenten auf religiösem Gebiet seien "nicht ratsam" und könnten die Regierung schwächen, sagte Ajatollah Ahmad Chatami am 13. Juli der Agentur ISNA. Ahmadinedschad hatte sich mehrfach zu gesellschaftlichen Fragen geäußert, die Irans Religionswächter als ihre Domäne betrachten.

So hatte Ahmadinedschad die Geistlichen vor kurzen verärgert, als er forderte, dass Frauen, die sich nicht an die islamischen Bekleidungsvorschriften mit Vollschleier hielten, nicht durch die Sittenpolizei belästigt werden sollten. Die Kleriker hielten dagegen, dass Frauen ohne ständige strenge Kontrolle "in die Falle der westlichen Kultur-Kriterien" zu geraten drohten.

Kurz darauf meldete sich Ahmadinedschad erneut zu Wort und forderte "kulturellen Unterricht statt Polizeigewalt". Vor rund fünf Jahren hatte sich Ahmadinedschad dafür eingesetzt, Frauen auch den Zutritt zu Fußballstadien zu erlauben - was vom Klerus unter Hinweis auf die "vulgäre Sprache" der Fans abgelehnt wurde.

Ahmadinedschad hatte die Hüter der Moral auch mit seiner Haltung zur Krawatte auf die Palme gebracht, die seit der islamischen Revolution als Symbol verdorbener westlicher Kultur verpönt ist. Ahmadinedschad zufolge habe der Klerus bisher keine eindeutige Regel zum Tragen von Krawatten erlassen. Wurden Krawatten Anfang der achtziger Jahre noch von der Sittenpolizei abgeschnitten, so sind sie in den vergangenen Jahren bei privaten Geschäftsleuten wieder in Mode gekommen.

Ajatollah Ahmad Chatami, nicht zu verwechseln mit dem früheren Präsidenten Mohammad Chatami, gehört zu den ultrarechten Geistlichen des Landes. Er zählt zu den Freitagspredigern der Hauptstadt Teheran.

Politische Beobachter in Teheran bewerten die jüngsten Äußerungen Ahmadinedschads als ein Versuch, sein stark beschädigtes Ansehen in der Bevölkerung mit populären Stellungnahmen zu überdecken. Viele fragen sich auch, wem, wenn nicht der Regierung, die Sittenpolizei unterstehe und wieso die Regierung mittels öffentlicher Kritik seitens des Präsidenten die Übergriffe der Sittenpolizei auf Frauen zu unterbinden versuche.


Die Affäre um den Atomwissenschaftler Amiri

Die Affäre um den Atomwissenschaftler Schahram Amiri wirft seit seinem Verschwinden im Juni 2009 immer neue Rätsel auf. Nach wie vor ist es unklar, ob der Wissenschaftler freiwillig zu den USA übergelaufen war oder bei seiner damaligen Pilgerreise nach Saudi-Arabien von amerikanischen Geheimdiensten gekidnappt wurde.

Lange Zeit gab es keinerlei Lebenszeichen des Atomwissenschaftlers. Erst einige Wochen später meldete ein US-Sender, Amiri sei in die USA geflüchtet: Er habe den Sicherheitsbehörden geheime Informationen über das iranische Atomprogramm zur Verfügung gestellt, unter anderem über die Urananreicherungsanlage in der Nähe der Stadt Ghom.

Teheran behauptete daraufhin, Amiri sei zwar Physik-Professor an der Technischen Universität Malek Aschtar gewesen, die mit dem Verteidigungsministerium zusammenarbeite. Diese habe jedoch mit dem Atomprogramm nichts zu tun. Die Entführung Amiris durch die USA sei mit der Absicht erfolgt, falsche Informationen über das iranische Atomprogramm zu verbreiten.

Das Auftauchen eines Videos vor einigen Wochen brachte den Fall Amiri erneut in die Schlagzeilen. Darin erklärte der Atomwissenschaftler, es sei ihm gelungen, sich aus den Fängen der Geheimdienstler zu befreien. Es bestehe jedoch die Gefahr, dass er erneut festgenommen werde. Er appellierte an die iranische Regierung, alles Mögliche zu unternehmen, um ihm eine Rückkehr in die Heimat zu ermöglichen.

Am 12. Juni kam die Nachricht, dass Amiri in die pakistanische Botschaft in Washington, die die iranischen Interessen in den USA vertritt, geflüchtet sei. Am 15. Juli gab das Außenministerium im Washington bekannt, dass der Professor in Begleitung des iranischen Leiters der Interessenvertretung zum Flugzeug nach Teheran gebracht worden sei.

Unmittelbar nach seiner Ankunft in Teheran erhob Amiri schwere Vorwürfe gegen die USA. Der Geheimdienst CIA habe ihn verschleppt und gezwungen, Lügen über das Atomprogramm der Islamischen Republik zu verbreiten, sagte der Wissenschaftler, der von seiner Frau und seinem Sohn begleitet wurde. An seinen Vernehmungen seien auch israelische Agenten beteiligt gewesen.

"Die USA wollten von mir die Aussage, dass ich aus freien Stücken nach Amerika geflohen bin", sagte Amiri. Er habe Desinformationen über das iranische Programm weitergeben sollen. "Ich stand unter schwerem psychologischem Druck der CIA." Amiri wies zugleich Vermutungen zurück, er sei aus Angst um seine Familie nach Iran zurückgekehrt. "Meine Familie hatte keine Probleme", sagte er und präsentierte den Journalisten seinen siebenjährigen Sohn. Am Flughafen war auch der stellvertretende Außenminister Hassan Ghashghavi zur Begrüßung des Heimkehrers erschienen. In den Staatsmedien wurden Bilder Amiris mit der zum Victory-Zeichen erhobenen Hand gezeigt.

Einem Bericht der Washington Post zufolge zahlte die CIA Amiri fünf Millionen Dollar. Im Gegenzug habe er Informationen über das iranische Atomprogramm liefern sollen. Das Geld stamme aus einem Programm, das die Anwerbung von Wissenschaftlern und anderen Informanten über das Atomprogramm zum Ziel habe.

Amiri versuchte, die Bedeutung seiner Rolle herunterzuspielen. "Ich bin nur ein einfacher Forscher, der an der Universität gearbeitet hat. Ich war nicht mit vertraulichen Aufgaben betraut. Ich hatte keine Geheiminformationen", sagte er.

In einem weiteren Interview, das das staatliche Fernsehen ausstrahlte, sagte Amiri, die USA hätten ihn gegen US-Spione austauschen wollen, die in Iran inhaftiert seien. Der US-Geheimdienst CIA habe ihm vorgeschlagen, ihn im Austausch mit den "an der irakischen Grenze festgenommenen drei amerikanischen Spione" freizulassen. Er spielte damit offenbar auf drei junge US-Wanderer an, die im Juli 2009 wegen illegalen Grenzübertritts vom Irak nach Iran festgenommen worden waren. Nach Angaben iranischer Behördenvertreter könnten sie auch wegen Spionage angeklagt werden.

Der US-Geheimdienst habe ihn aufgefordert, zu sagen, dass er ein "iranischer Agent" sei, "der die CIA infiltriert hat", sagte Amiri. Der Austausch sei ihm schließlich im Juni vorgeschlagen worden. Damit habe der US-Geheimdienst auf die Erkenntnis reagiert, dass es Amiri während seines Aufenthalts in den USA gelungen sei, mit dem iranischen Geheimdienst Kontakt aufzunehmen, führte Amiri aus. Die New York Times hatte zuvor berichtet, Amiri habe jahrelang Informationen an die CIA weitergegeben.

Iran wirft der CIA vor, Amiri vor einem Jahr entführt zu haben, als er sich auf einer Pilgerreise in Saudi-Arabien befand. Die Regierung werde bald Details über die Entführung veröffentlichen.

Demgegenüber erklärte US-Außenministerin Hillary Clinton, Amiri sei freiwillig in die USA gekommen. "Schahram Amiri war aus freien Stücken in den USA. Und er kann gehen, wann er will", sagte sie am 13. Juli in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem irakischen Außenminister Hoschiar Sibari in Washington. Eigentlich hätte Amiri schon am 12. Juli das Land verlassen sollen, allerdings habe es Probleme bei seiner Reiseplanung durch Transit-Staaten gegeben, sagte Clinton. Zwischen den USA und Iran gibt es seit Abbruch ihrer diplomatischen Beziehung 1979 keine Direktflüge.

Nach US-Angaben lebte Amiri freiwillig in den USA. Gleichzeitig sei er aber für die USA sehr nützlich gewesen, sagte eine Person, die namentlich nicht genannt werden wollte, der Agentur Reuters. "Wir haben nützliche Informationen von ihm erhalten, und die Iraner haben Amiri bekommen. Sagen Sie selbst, wer das bessere Geschäft gemacht hat."


27 Tote bei Doppelanschlag auf Moschee

Ein verheerender Selbstmordanschlag in Iran hat weltweit Entsetzen ausgelöst: Bei zwei Bombenexplosionen vor einer Moschee starben mindestens 27 Menschen. Zu der Tat bekannte sich eine radikale Sunnitengruppe. Es wird vermutet, dass auch Drogenschmuggel im Spiel war.

Zwei Selbstmordattentäter hatten sich im Südosten Irans vor einer Moschee in die Luft gesprengt und mindesten 27 Menschen in den Tod gerissen. Weitere 167 Menschen wurden zum Teil schwer verletzt, als die beiden Täter am Abend des 15. Juli binnen weniger Minuten ihre Sprengsätze zündeten, wie der zuständige Provinzgouverneur Ali- Mohammad Azad am 16. Juli mitteilte. Unter den Toten waren auch Mitglieder der Revolutionsgarden. Zu den Anschlägen in der Provinzhauptstadt Sahedan bekannte sich die radikale Gruppe Dschundallah (Gottessoldaten). Die Welt reagierte mit Entsetzen.

Die sunnitische Gruppe erklärte, der Doppelanschlag sei die Vergeltung für die Hinrichtung ihres Anführers Abdulmalik Rigi, der erst im Juni gehängt worden war. Die Gottessoldaten verüben immer wieder blutige Anschläge in der Provinz Sistan-Belutschistan. Die Extremisten haben auch mit Entführungen Schlagzeilen gemacht. In dem unsicheren Grenzgebiet zu Afghanistan und Pakistan kontrollieren sie gleichzeitig den Drogenschmuggel.

Nach ersten Erkenntnissen der iranischen Polizei zündete am Abend des 15. Juli ein als Frau verkleideter Selbstmordattentäter seinen Sprengstoffgürtel in unmittelbarer Nähe zur Moschee. Als Helfer und schiitische Pilger herbei eilten, brachte der zweite Täter in der Menge seinen Sprengstoffgürtel zur Explosion.

Der iranische Außenamtssprecher Ramin Mehmanparast warf den Geheimdiensten "gewisser Länder" vor, die "Gotteskrieger" zu unterstützen, um die Sicherheit und Einheit Irans zu destabilisieren, berichtete die Nachrichtenagentur Fars. Ein führender Offizier der Revolutionsgarden, General Jadollah Javani, beschuldigte die USA und Israel, hinter den Anschlägen zu stecken. Die USA haben stets bestritten, die "Gottessoldaten" zu unterstützen. US-Außenministerin Hillary Clinton verurteile den Terroranschlag umgehend.

Die Europäische Union bezeichnete die Selbstmordanschläge als "feige Attentate". "Es gibt keinerlei Rechtfertigung dafür", sagte eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton in Brüssel. Auch Bundesaußenminister Guido Westerwelle zeigte sich entsetzt. "Die sich in den letzten Monaten auch in dieser Region häufenden Terroranschläge zeigen, dass terroristische Gewalt weltweit eine Bedrohung darstellt", erklärte Westerwelle. "Das unterstreicht erneut die Notwendigkeit, bei ihrer Bekämpfung zusammenzuarbeiten."

Die Regierung in Teheran hatte erklärt, der Anführer Abdulmalik Rigi habe vor seiner Hinrichtung durch den Strang gestanden, direkte Kontakte zu den Amerikanern gehabt zu haben. Die Gruppe habe Zwietracht zwischen der schiitischen Mehrheit und der sunnitischen Minderheit säen wollen.

40 Personen seien im Zusammenhang mit dem Anschlag festgenommen worden, sagte der stellvertretende Polizeichef des Landes, General Ahmad Resa Radan, am 17. Juli nach einem Bericht der halbamtlichen Nachrichtenagentur Fars. Die Verdächtigen hätten nach den Anschlägen in Sahedan Unruhe verbreiten wollen.

An der Trauerfeier für die Opfer, darunter auch zwei Polizisten, nahmen nach Medienangaben mehrere Tausend Personen teil. Sie riefen "Tod den Terroristen" und "Nieder mit den USA".


Geplante Steinigung wird überprüft

Die angekündigte Steinigung einer wegen Ehebruchs verurteilten Frau wird überprüft. Der Anwalt der 43-jährigen zweifachen Mutter äußerte sich am 11. Juli vorsichtig optimistisch. amnesty international (ai) warnte jedoch, dass das Urteil möglicherweise lediglich in eine Hinrichtung durch den Strang umgewandelt werden könnte. Dies würde an der ungerechten Behandlung der Frau nichts ändern, erklärte ai.

Das Todesurteil hatte internationale Proteste ausgelöst. Der Generalsekretär des iranischen Menschenrechtsrats, Mohammad Dschawad Laridschani, sagte, eine Überprüfung des Falls und eine etwaige Berufung seien geplant. Urteile zur Steinigung würden häufig in mildere Strafen abgewandelt. Die Empörung des Westens werde die Richter aber nicht beeinflussen.

Laridschani erklärte, die Steinigung als Strafmaßnahme entspreche der Verfassung der Islamischen Republik. Er wies die Kritik aus dem Westen entschieden zurück. Es sei üblich, dass der Westen bei allem, was zum Islam gehöre, feindlich reagiere.

Zahlreich Menschenrechtsorganisationen und Politiker in Europa und Amerika, darunter der britische Außenminister William Hague, forderten die iranische Regierung auf, die Steinigung zu verhindern. Auch viele Prominente setzten sich laut "The Times" für die Freilassung der Iranerin ein, darunter die Schauspieler Colin Firth, Emma Thompson, Robert Redfort und Lindsay Lohan.

Die 43-jährige Sakineh Mohammad-Aschtiani wurde 2006 wegen Ehebruchs zu 99 Peitschenhieben verurteilt, weil sie eine "unrechtmäßige Beziehung" zu zwei Männern gehabt haben soll. Später wurde sie wegen Ehebruchs zum Tode verurteilt, obwohl sie ein entsprechendes Geständnis widerrufen hatte, weil es unter Zwang zustande gekommen sei. Ihr Anwalt, Mohammad Mostafavi, erklärte, die Angeklagte habe während des Verfahrens keinen Zugang zu einem Verteidiger gehabt.


Tübinger Professor kritisiert UNESCO-Welttag der Philosophie in Iran

Der Tübinger Professor Otfried Höffe hat seine Teilnahme am UNESCO-Welttag der Philosophie in Teheran abgesagt. Grund für die Entscheidung sei die Ernennung des iranischen Philosophen Haddad Adel zum Kongressleiter durch Präsident Ahmadinedschad, sagte Höffe am 16. Juli im SWR. Adel habe sich zwar einerseits als Kant-Forscher hervorgetan. Inzwischen sei er aber viel mehr Politiker, sei mit den Machenschaften des Regimes verstrickt, verteidige sie teilweise sogar oder greife selbst ein.

Neben Höffe, der das einzige auswärtige Ehrenmitglied der Teheraner Akademie für Philosophie und Weltweisheit ist, haben auch andere Wissenschaftler aus Deutschland, den USA, Brasilien sowie Iraner, die im Westen leben, ihre Teilnahme an dem UNESCO-Welttag der Philosophie abgesagt.

Von der Organisation forderte der Tübinger Philosoph, dass sie sich von der iranischen Regierung distanziere, da es nicht mehr eine Tagung im Namen der UNESCO sei, die den freien Diskurs in der Welt stütze. Zudem forderte Höffe, dass sich die UNESCO für den wissenschaftlich und politisch als integer geltenden, ursprünglich berufenen Kongressleiter Ghlamreza Aavani einsetze.

Die UNESCO in Paris wollte auf Anfrage des SWR dazu keine Stellungnahme abgeben. Ein Sprecher betonte, dass man zum jetzigen Zeitpunkt lediglich die Position von Höffe zur Kenntnis genommen habe.


Geistliche sollen iranische Schüler auf Linie bringen

An iranischen Schulen sollen ab Herbst rund 1000 Geistliche dem Einfluss der Opposition und westlicher Medien auf die Jugend des Landes entgegenwirken. Die Regierung plane, die Geistlichen an Schulen in Teheran einzusetzen, um die Schüler über die "Verschwörungen der Opposition und Arroganz" aufzuklären, berichteten iranische Zeitungen am 11. Juli. Der Begriff Arroganz wird von den iranischen Behörden häufig für die Haltung westlicher Regierungen verwendet. Iranische Regierungsvertreter haben sich wiederholt besorgt über den wachsenden Einfluss der westlichen Kultur auf die jüngeren Generationen gezeigt. Fast die Hälfte der 73 Millionen Iraner ist unter 30 und wurde erst nach der Revolution von 1979 geboren.


Sportverband lehnt Frauen-Fußball-Trikots ab

Die neuen Trikots für das iranische Frauenfußball-Nachwuchsteam sind nach Meinung des nationalen Sportverbands unpassend. Die am 7. Juli erstmals präsentierte Kleidung werde nicht genehmigt, berichtete die Nachrichtenagentur ISNA. "Wir erkennen dieses Outfit nicht an, weil es weder die Haare noch den Körper ausreichend bedeckt", sagte die stellvertretende Chefin des nationalen Sportverbands, Marzieh Akbarabadi.

Iranische Frauen sind verpflichtet, die "Hijab" - die islamischen Kleidungsvorschriften - zu respektieren und sollen dementsprechend ein langes Kleid und ein Kopftuch tragen. Beides soll verhindern, dass die Figur oder die Haare der Frauen zu sehen sind.

Die neuen Trikots waren entworfen worden, nachdem der Fußball-Weltverband FIFA das Team wegen der iranischen Kleiderordnung von den Olympischen Jugendspielen ausgeschlossen hatte. Die iranische Staatsführung hatte darauf bestanden, dass die jungen Frauen nur mit islamischer Kleidung an den Spielen vom 14. bis 16. August in Singapur teilnähmen. Das neue Outfit, das der iranische Fußballverband ausgesucht hatte, war laut ISNA-Bericht von der FIFA akzeptiert worden.

Akbarabadi habe die Präsentation der Trikots verärgert verlassen, berichtete ISNA. Allerdings waren zunächst keine Fotos der neuen Kleidung zu sehen. Religiöse Kreise in Iran halten die Stimmung in Fußballstadien für zu vulgär und unpassend für Frauen.


Neue Richtlinien für Männerfrisuren

Männer mit Pferdeschwanz machen sich in Iran womöglich bald strafbar. Iranischen Medienberichten zufolge steht eine Liste mit Männerfrisuren, die von der privaten Organisation Festival für Schleier und Sittsamkeit vorgestellt wurde, kurz davor, vom Ministerium für Kultur und islamische Führung übernommen zu werden. Die Leiterin der Organisation, Jahleh Khodajar, sagte demnach, die neuen Frisuren sollten der "kulturellen Invasion des Westens" entgegenwirken, indem für Haarschnitte geworben werde, die auf "Hautfarbe des typischen iranischen Mannes, seine Kultur und Religion sowie auf das islamische Gesetz abgestimmt" seien.

Viele junge Iraner bevorzugen die trendigen Frisuren der Hollywood-Stars. Sollte es zu dem neuen Erlass kommen, wäre es das erste Mal seit der islamischen Revolution 1979, dass Iran Männern vorschreibt, wie sie ihre Haare zu tragen haben. Für Frauen gelten bereits strenge Kleider- und Frisurenvorschriften.

Seit den späten 90er Jahren kommen Kleidung und Frisur in Iran politische Bedeutung zu. So gilt das Tragen von Bärten als Ausdruck von Frömmigkeit und Regimetreue - schließlich trägt auch der iranische Präsident Ahmadinedschad einen Bart. Viele Regierungsgegner sind hingegen glatt rasiert.

Das Ministerium für Kultur und islamische Führung segnete die von Khodajar vorgeschlagenen Frisuren als "islamisch korrekt" ab. Fotos aus der "Fachzeitschrift für anerkannte islamische Frisuren" zeigen demnach meist glatt rasierte Models mit kurzem Haar, einige mit Gelfrisuren - aber nie mit Pferdeschwänzen.


Taxifahrer dürfen nur noch Radio hören

Die Teheraner Stadtverwaltung hat Taxifahrer angewiesen, außer Radios keine anderen Musikgeräte zu benutzen. Der für die Einhaltung von Sittlichkeit und Moral im Teheraner Straßenverkehr verantwortliche stellvertretende Leiter des Teheraner Verkehrsamts, Djafar Tschakkori Haschemi, sagte, die Anweisung sei keine neue Einschränkung für die Taxifahrer, denn das Hören von Kassetten und CD's im Taxi sei schon immer untersagt gewesen. Haschemi kündigte an, die Kontrollen zu verschärfen. Jede Missachtung dieser Regelung werde entsprechend bestraft. Taxis seien öffentliche Verkehrsmittel. Daher seien die Taxifahrer verpflichtet, die Rechte der Fahrgäste zu berücksichtigen.

Gemäß dem Beschluss des Obersten Rats der Kulturrevolution sollen künftig im Zuge der Durchführung des Projekts zur Verbreitung der islamischen Sittlichkeit und Moral nicht nur Polizisten und Sittenwächter im Verkehr härter durchgreifen, auch Ministerien und Behörden würden genaue Vorschriften erhalten, die sie strickt einhalten müssten. Zudem wurde das Arbeitsministerium angewiesen, für Arbeitnehmer und Arbeitgeber Einführungskurse in Sittlichkeit und Moral durchzuführen. Sämtlich Ämter und Ministerien wurden aufgefordert, ihre Büros und Amtsstuben mit Rücksicht auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Geschlechter einzurichten.


Eigene "Roboter-Menschen" vorgestellt

Iran hat seinen ersten im Land konstruierten "Roboter-Menschen" vorgestellt. Der nach einem frühpersischen Feldherrn benannte "Surena-2" wurde am 4. Juli in der Hauptstadt Teheran in Anwesenheit von Staatspräsident Ahmadinedschad der Öffentlichkeit präsentiert, wie staatliche Zeitungen berichteten. Der 1,45 Meter große und 45 Kilogramm schwere Roboter laufe wie ein Mensch und bewege dabei gleichmäßig Arme und Beine. Er sei für "schwierige und kritische Aufgaben" konstruiert worden, hieß es ohne weitere Erläuterungen. Das Land präsentiert sich seit einigen Jahren als Technik- und Wissenschaftsstandort, so unter anderem in der Klonforschung, der Satellitentechnik und mit seinem international umstrittenen Atomprogramm.

Am 21. Juni berichtete IRNA, die iranische Atombehörde wolle wissenschaftliche Studien zum Bau eines Kernfusionsreaktors beginnen. Das Forschungsprojekt wurde mit einer Zeremonie am 24. Juli vorgestellt. Iran hat bisher nur Grundlagenforschung auf diesem Gebiet vorzuweisen. Der Bau eines funktionsfähigen Reaktors und der Einsatz der Fusionstechnologie wäre ein ernstzunehmender wissenschaftlicher Durchbruch.

Die Kernfusion ist im Gegensatz zur Kernspaltung, wie sie in bisherigen Reaktoren zur Energiegewinnung zum Einsatz kommt, sehr viel sauberer. Sowohl aus der Kernfusion als auch aus der Kernspaltung lässt sich Energie gewinnen. Herkömmliche Atomkraftwerke gewinnen durch Kernspaltung Energie. Reaktoren, die mit Kernfusion arbeiten, gibt es bisher nicht. Der Bau eines Fusionsreaktors, in dem es zur kontrollierten Kernfusion kommt, wäre ein weitreichender wissenschaftlicher und energiepolitischer Durchbruch, denn als Rohstoff für den Betrieb reichen letztlich Wasser oder Wasserstoff.

Die Herausforderung besteht darin, die Fusion kontrolliert ablaufen zu lassen. Bisher kommt die Fusion nur bei Wasserstoffbomben zum Einsatz, die ein Vielfaches der Zerstörungskraft im Vergleich zu herkömmlichen Atombomben entfalten. Diese Art der Fusion verläuft unkontrolliert. Ohne die Kernfusion wäre ein Leben auf der Erde nicht möglich. Die Energie der Sonne ist das Ergebnis eines andauernden Fusionsprozesses.

Schließlich kündigte Ahmadinedschad am 24. Juli an, in den nächsten neun Jahren Astronauten ins All schicken zu wollen. Der ursprünglich für 2024 geplante bemannte Weltraumflug sei wegen der "Drohungen und Resolutionen" des UN-Sicherheitsrats im Atomstreit um fünf Jahre vorgezogen worden, sagte der Präsident laut IRNA.

Viele Iraner fragen sich nun, warum die Regierung statt alledem nicht lieber Raffinerien baut, um mehr Benzin produzieren zu können. Iran muss 40 Prozent seines Benzinbedarfs aus dem Ausland importieren.


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Wirtschaft

Weitreichende US-Sanktionen gegen Iran traten in Kraft

Die US-Regierung hat neue weitreichende Sanktionen in Kraft gesetzt, um Iran zur Aufgabe seines Atomprogramms zu zwingen. US-Präsident Barack Obama unterzeichnete am 2. Juli im Weißen Haus ein Gesetz, das vor allem die Finanzbranche und den Energiesektor betrifft. Zugleich drohte er Teheran, der Druck werde weiter zunehmen, wenn Iran an seinem Nuklearprogramm festhalte. Es seien die härtesten Strafmaßnahmen, die der Kongress je gegen das Land verhängt habe, sagte Obama. "Es darf keinen Zweifel geben - die Vereinigten Staaten und die internationale Gemeinschaft sind entschlossen, Iran daran zu hindern, an Atomwaffen zu gelangen."

Zusammen mit anderen Sanktionen sollten die US-Strafmaßnahmen die Fähigkeit der iranischen Regierung, ihr Atomprogramm zu finanzieren und zu entwickeln, "ins Herz treffen", sagte Obama laut einer vorab veröffentlichten Erklärung bei der Unterzeichnung. "Wir zeigen der iranischen Regierung, dass ihr Verhalten Konsequenzen hat, und wenn das anhält wird der Druck weiter steigen und die Isolation noch zunehmen", erklärte Obama.

Die neuen Sanktionen stellen ausländische Unternehmen vor die Wahl, ob sie mit Iran oder lieber mit den USA Geschäfte machen wollen. So werden Firmen vom US-Markt ausgeschlossen, die Iran mit Erdölerzeugnissen wie Benzin für Autos und Flugzeuge versorgen.

Strafmaßnahmen drohen auch Firmen, die in den iranischen Energiesektor investieren. Dazu zählen auch ausländische Unternehmen, die bei der Finanzierung, mit Versicherungen oder beim Transport behilflich sind. Ferner soll ausländischen Banken, die Geschäfte mit einer der auf der schwarzen Liste stehenden iranischen Banken oder mit den Revolutionsgarden machen, der Zugang zum US-Finanzsystem versperrt werden. Beobachter sprechen von den härtesten einseitigen Sanktionen, die die USA je gegen Iran erlassen hätten.

Obama verwies darauf, dass Teheran seine ausgestreckte Hand im vergangenen Jahr zurückgewiesen habe. Bislang habe Iran "den Weg des Trotzes" gewählt, die Regierung in Teheran habe aber "immer noch die Wahl", sagte Obama laut Redemanuskript. Die Tür zur Diplomatie bleibe offen.

Auch die EU plant eine Verschärfung der Sanktionen gegen Iran. Sie hatte bereits Mitte Juni eine härtere Gangart gegenüber Teheran beschlossen, die die vom UN-Sicherheitsrat Anfang Juni beschlossenen Sanktionen übertraf. Wie aus EU-Kreisen verlautete, soll nun der Handel mit so genannten Dual-Use-Gütern, die auch zu militärischen Zwecken verwendet werden können, eingeschränkt werden. Betroffen sind auch die iranische Finanz- und Transportwirtschaft sowie die Öl- und Gasindustrie. Zudem setzt die EU die Mitglieder und Organisationen der iranischen Revolutionsgarden auf ihre schwarze Liste, so dass deren Konten eingefroren und Reisfreiheiten eingeschränkt werden.


Reuters: Sanktionen setzen Iran unter Druck

Die in diesem Monat gegen den iranischen Energiesektor verhängten Sanktionen der USA und der EU zeigen bereits erste Wirkung, stellt die Agentur Reuters in einem Bericht vom 14. Juli fest. Der Islamischen Republik fällt es inzwischen noch schwerer, die Ölförderung und die Versorgung mit Benzin aufrechtzuerhalten. Die im Zuge des Atomstreits erlassenen Strafmaßnahmen geben der Regierung in Washington erstmals Mittel in die Hand, US-Niederlassungen von Firmen zu bestrafen, die Treibstoff nach Iran liefern. Der Golfstaat ist zwar der fünfgrößte Ölexporteur der Welt, hat aber mangels Raffinerien Schwierigkeiten, den Benzindurst seiner Autofahrer zu stillen.

"In den Vereinigten Staaten tätige Firmen müssen jetzt sehr vorsichtig sein", warnte Mehdi Warsi von der Beratungsfirma Warsi Energy. Weil die Sanktionen nach Gusto des Kongresses ausgelegt werden könnten, drohen selbst kleine Geschäfte mit einem Volumen von ein paar Millionen Dollar als Begünstigung Irans ausgelegt zu werden.

Da die USA das Kleingedruckte zu Erläuterung von Sanktionen noch nicht geliefert haben, legen manche Firmen die Strafmaßnahmen sehr strikt aus und lehnen etwa das Auftanken iranischer Flugzeuge ab. Schon vor Erlass der Restriktionen haben viele Unternehmen die Lieferung von Benzin und Diesel eingestellt. Konzerne wie die französische Total folgten unmittelbar nach dem Kongressbeschluss. Das treibt Experten zufolge die iranische Benzinrechnung allein im Juli um drei Millionen Dollar nach oben. Iran importiert monatlich etwa 315.000 Tonnen Sprit.

Auch die Ölindustrie dürfte bald die Folgen der Sanktionen zu spüren bekommen. "Niemand redet über das Ausmaß der iranischen Reserven. Aber sie müssen einen Dollar in die Hand nehmen, um einen Dollar zu verdienen. Die Ölförderung braucht dringend Investitionen, aber die bleiben aus. Förderung und Verarbeitung sind das reinste Chaos", beschreibt Warsi die Lage in der iranischen Schlüsselbranche. An die Stelle westlicher Konzerne sind asiatische Staatsfirmen gerückt, denen Experten zufolge aber Erfahrung und die nötige Ausrüstung fehlen.

In der Folge wird die Islamische Republik Mühe haben, einen Rückgang der Förderung in Höhe von acht bis zehn Prozent auszugleichen. Mittelfristig geht die Internationale Energieagentur IEA davon aus, dass Iran seine Förderung bis 2015 um 675.000 Barrel auf 3,3 Millionen Barrel pro Tag (Barrel per day, bpd) zurücknehmen wird. Derzeit sind es laut IEA 3,96 Millionen bpd. Iran beziffert sie auf 4,1 Millionen bpd.

Doch die Sanktionen sind nicht die einzige Ursache für den Verfall der iranischen Ölindustrie. Experten klagen über zunehmende Einflussnahme aus der Politik. Präsident Mahmud Ahmadinedschad habe die Kontrolle über die Branche, von deren Einnahmen der Staat abhängig ist, verschärft. Vor allem Firmen mit Verbindungen zu den Revolutionswächtern haben davon profitiert, obwohl diese laut Experten vielfach nicht qualifiziert seien. "Das liegt nicht an den Sanktionen, sondern am schlechten Management der Branche", benennt Bill Farren-Price von Petroleum Policy Intelligence die Ursache der Misere.

Manche Experten erwarten allerdings, dass die Sanktionen nicht eingehalten werden. Sadad al-Husseini, ein ehemaliger Spitzenmanager der saudiarabischen Staatsfirma Aramco, verweist darauf, dass es genügend Länder mit Interesse an der iranischen Ölförderung gebe. Er nennt die nach Öl verlangenden aufstrebenden Wirtschaftmächte Indien und China. "Es ist niemals leicht, ein Embargo weltweit durchzuhalten", sagt al-Husseini.


Iran plant Anleihen über 11,5 Milliarden Euro

Zur Modernisierung seines Energiesektors plant Iran bis März 2011 Anleihen im Umfang von 11,5 Milliarden Euro. Die Mittel sollen in den Bau neuer Kraftwerke sowie in die Finanzierung von Öl- und Gasprojekten fließen, sagte der iranische Vize-Präsident Mohammad Resa Rahimi am 23. Juli der halbamtlichen Nachrichtenagentur Mehr. Ölminister Massud Mirkasemi hatte im Mai gesagt, Iran benötige für Investitionen in den Energiesektor rund 25 Milliarden Dollar im Jahr. Sollte Iran diese Summe nicht aufbringen können, müsse das Land möglicherweise Öl importieren.


Lloyd's: Benzinlieferungen nach Iran werden nicht versichert

Das Versicherungskonglomerat Lloyd's of London wird wegen der US-Sanktionen keine Treibstofflieferungen nach Iran versichern oder rückversichern. Die USA seien ein wichtiger Markt von Lloyd's und deshalb werde die Gruppe keine für Iran bestimmten Treibstofflieferungen versichern, erklärte Firmensyndikus Sean McGovern in einer am 9. Juli der Nachrichtenagentur Reuters übermittelten Erklärung. Llyod's werde sich an geltende Sanktionen halten.

Wegen der US-Sanktionen, die über die bisherigen Strafmaßnahmen der Vereinten Nationen hinausgehen, haben zahlreiche Firmen der Energie- und Finanzbranche ihre Beziehung zu Iran eingestellt. So will unter anderem Royal Dutch Shell seine Verträge zur Belieferung der Fluggesellschaft Iran Air mit Kerosin nicht erneuern.


Berlin dementiert angebliches Tankverbot für iranische Flugzeuge

Die Bundesregierung hat am 5. Juli Berichte aus Teheran zurückgewiesen, dass das Auftanken iranischer Passagierflugzeuge in Deutschland verboten worden sei. Die Betankung iranischer Airlines sei weder nach den geltenden Sanktionsbeschlüssen der Vereinten Nationen noch nach der EU-Embargo-Verordnung verboten. "Zukünftige diesbezügliche Verbote sind auch nicht absehbar", sagte ein Sprecher des Verkehrsministeriums.

Aus Teheran hatte es zuvor geheißen, dass Deutschland, Großbritannien und die Vereinigten Arabischen Emirate iranischen Flugzeugen angesichts verschärfter Sanktionen das Auftanken ab sofort verweigern. Der Leiter der iranischen Luftfahrtsgewerkschaft, Mehdi Ali-Jari, sagte der iranischen Agentur ISNA, Flughäfen in Deutschland würden iranische Passagiermaschinen seit 1. Juli nicht mehr mit Treibstoff versorgen. Das Transportministerium in Teheran und die zivile iranische Luftfahrtbehörde bestätigten den Bericht nicht.

Ein Sprecher der in Frankfurt zuständigen FFS Frankfurt Fuelling Services GbR erklärte, iranische Maschinen würden am Frankfurter Flughafen weiter wie gehabt betankt. Auch dem Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport war nichts von einem Sprit-Boykott bekannt. Ein Fraport-Sprecher sagte, erst am 5. Juli sei ein iranischer Flieger betankt worden.

Ein Sprecher des Auswärtigen Ausschusses im iranischen Parlament warnte am 5. Juli, dass Iran den Fluglinien Deutschlands (Lufthansa), Großbritanniens und der Vereinigten Arabischen Emirate die Treibstoffversorgung ebenfalls verweigern würde. Der Sprecher Fallah Falahatpischeh erklärte, dies sei das Recht Irans, insbesondere da solche Maßnahmen nicht die iranische Regierung, sondern die Bewohner des Landes treffen würden.

Doch am 6. Juli trat die Regierung in Teheran überraschend Berichten entgegen, wonach iranische Passagierflugzeuge in einigen Ländern nicht mehr betankt würden. Die Maschinen bekämen an Flughäfen in aller Welt Kerosin, sagte ein Sprecher des Außenministeriums. Es gebe keine Einschränkungen.


BP lässt Vertrag mit Iran auslaufen

Vor dem Dementi der Bundesregierung hatte die Financial Times Deutschland am 5. Juli berichtet, dass Iran Probleme beim Betanken seiner Flugzeuge im Ausland bekomme. Der britische Mineralölkonzern BP habe einen Vertrag mit der Fluggesellschaft Iran Air nach Informationen des Blattes Ende Juni fristgerecht auslaufen lassen. Betroffen davon sei auch der Flughafen Hamburg, wo eine Maschine der Iran Air nach Angaben aus Branchenkreisen am 4. Juli kein Kerosin erhalten habe und nach Wien ausweichen musste.

Der Financial Times Deutschland zufolge spielten die internationalen Sanktionen gegen Teheran bei der Entscheidung von BP eine Rolle. In einer Stellungnahme von BP heißt es: "Wir äußern uns nicht zu einzelnen Verträgen mit Airlines. Aber wir halten uns in jedem Land, in dem wir tätig sind, an die dortigen Regeln zu Sanktionen."

Der französische Konzern Total teilte mit, iranische Maschinen würden am Flughafen Köln-Bonn weiterhin betankt. Auch der kuwaitische Konzern Q8 liefert noch Kerosin.


EU schränkt Flugbetrieb von Iran Air ein

Die iranische Fluggesellschaft Iran Air darf nur noch mit einem kleinen Teil ihrer Flotte in die EU fliegen. Wegen Sicherheitsproblemen dürfen drei Flugzeugtypen nicht in der EU landen, teilte die EU-Kommission am 6. Juli in Brüssel mit.

Die EU-Behörde aktualisiert ihre sog. "Schwarze Liste" mit Sanktionen gegen Fluggesellschaften alle drei Monate. Auf der Liste stehen rund 280 Gesellschaften.

Auf der EU-Strafliste stehen ab sofort bestimmte Boing- und Airbus-Maschinen von Iran Air. Die Kommission hatte zusammen mit Experten der Mitgliedstaaten und der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) Inspektionen in Iran durchgeführt. Eine Sprecherin der EU-Behörde sagte anschließend, es seien zwei Drittel der Iran-Air-Flotte nicht EU-tauglich. Iran Air hat zumeist Flugzeuge des Typs Fokker-100. In der Vergangenheit war nur ein Teil davon in der EU zugelassen.


China kritisiert zusätzliche US-Sanktionen gegen Iran

China hat die zusätzlichen Sanktionen der USA gegen Iran kritisiert. Die Regierung in Washington hätte einen solchen unilateralen Schritt nicht ergreifen sollen, sagte ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums am 6. Juli. Die im vergangenen Monat vom UNO-Sicherheitsrat beschlossene vierte Sanktionsrunde könne nicht eigenwillig ausgeweitet werden.


Benzin aus der Türkei und China

Nach der Umsetzung schärferer Sanktionen bezieht Iran Öl-Händlern zufolge seine dringend benötigten Benzin-Importe aus der Türkei und aus China. Der Golfstaat werde im Juli etwa 90.000 Barrel pro Tag beziehen, sagten Händler am 8. Juli der Nachrichtenagentur Reuters. Dafür seien etwa neun Lieferungen nötig. Vier oder fünf von ihnen kämen aus der Türkei, die restlichen von chinesischen Verkäufern.

Iran ist zwar einer der weltgrößten Ölproduzenten, verfügt jedoch nicht über ausreichend Raffinerien, um seinen eigenen Benzinbedarf zu decken. Daher ist das Land auf Importe angewiesen. Sein Zuliefererkreis hatte sich allerdings zuletzt stark verkleinert. Grund sind die auf die iranische Wirtschaft zielenden Sanktionen, wie sie etwa die USA beschlossen haben.

Den Händlern zufolge müsse Iran nun wegen des kleineren Lieferantenkreises mehr für das Benzin bezahlen als früher. Zudem dürfe es dem Land schwerer fallen, sich die benötigten Mengen zu besorgen. "Ich denke, sie würden gerne mehr Lieferungen annehmen", sagte ein Öl-Händler. Das Land kaufe nur noch neun Lieferungen. Früher seien es zwölf pro Monat gewesen. "Ohne Zweifel müssen sie mehr bezahlen. Es wird schwer mit diesen Sanktionen."


Bericht: Iran nutzte Bank in Deutschland zur Umgehung von Sanktionen

Mit Hilfe einer kleinen Bank in Deutschland hat die iranische Regierung dem Wall Street Journal zufolge die im Atomstreit verhängten Sanktionen umgangen. Wie die Zeitung am 18. Juli auf seiner Internetseite berichtete, wickelte die im Hamburg ansässige Europäisch-Iranische Handelsbank (EIH) Milliardengeschäfte für iranische Unternehmen ab, die an den umstrittenen Atom- und Rüstungsprogramm Teherans beteiligt sind. Zu den Kunden des Geldinstituts gehören demnach auch die iranische Revolutionsgarden.

Nach Informationen des Wall Street Journal war die EIH im vergangenen Jahr Teil eines groß angelegten Versuchs der iranischen Führung, an den vom UN-Sicherheitsrat verhängten Sanktionen vorbei Geschäfte zu machen. So habe das Institut unter anderem Überweisungen für die iranische Sepah-Bank ausgeführt, die in Europa und den USA wegen ihrer Rolle bei iranischen Rüstungsdeals auf der schwarzen Liste steht.

Die EIH wurde laut Wall Street Journal 1971 von iranischen Kaufleuten in Hamburg gegründet. Während die Bank in Deutschland noch immer tätig sei, habe ihr das US-Finanzministerium wegen illegaler Verbindungen mit Iran die Geschäftserlaubnis entzogen.

Indes hat die EIH den Vorwurf zurückgewiesen, die gegen Iran verhängten Sanktionen gebrochen zu haben. Die Bank erfülle strikt alle in Deutschland und der EU geltenden gesetzlichen Regelungen und sämtliche Sanktions- und Ausfuhrbestimmungen, erklärte die EIH am 19. Juli in Hamburg. Zuvor hatte das Bundesfinanzministerium mitgeteilt, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) gehe dem Vorwurf des Bruchs der Iran-Sanktionen nach. Bislang gebe es aber keine Erkenntnisse über Verstöße gegen Sanktionen. Die BaFin sieht auch keinen Anlass, der Bank ihr Geschäft in Deutschland zu verbieten.

"Die EIH darf in Deutschland tätig sein und steht unter unserer Aufsicht", sagte ein Sprecher der BaFIN. "Wir richten uns da ganz nach der UN-Resolution." In Aufsichtskreisen hieß es, es gebe derzeit keine Erkenntnisse, dass die EIH noch Neugeschäfte mit Unternehmen und Instituten mache, die unter die UN-Sanktionen fielen. Altfälle dürfe sie abwickeln, sagte ein mit den Vorgängen Vertrauter. Die EIB ist nach eigenen Angaben auf Geschäfte mit Iran spezialisiert. Für 2008 wies sie ein Geschäftsvolumen von 3,3 Milliarden Euro aus.

Zu den deutschen Banken, die traditionell Geschäfte mit Iran machen, gehörte auch die BHF-Bank. Seit der Übernahme des in finanzielle Schieflage geratenen BHF-Eigentümers Sal. Oppenheim durch die Deutsche Bank ist iranischen Firmen dieser Weg aber versperrt. "Der Vorstand der BHF-Bank hat sich entschieden, kein Neugeschäft mit Kunden in Ländern wie Iran zu machen und sich aus gegebenenfalls bestehenden Engagements, soweit rechtlich möglich, zurückgezogen", sagte ein Sprecher der Deutschen Bank.


20 Kilo angereichertes Uran produziert

Iran hat nach eigenen Angaben bereits 20 Kilogramm angereichertes Uran hergestellt. "Wir haben etwa 20 Kilogramm von auf 20 Prozent angereichertem Uran produziert und arbeiten an der Herstellung von Brennstäben", sagte der Chef des iranischen Atomprogramms, Ali Asghar Salehi, am 11. Juli laut der Nachrichtenagentur ISNA. Angereichertes Uran wird für Atomkraftwerke, aber auch für den Bau von Atombomben benötigt. Bis September könne Iran sich selbst mit Brennmaterial für seinen Forschungsreaktor in Teheran versorgen, sagte Salkehi.

Iran hatte, nachdem es das mit Vermittlung der Türkei und Brasiliens vereinbarte Angebot des Westens zurückgewiesen hatte, die Anreicherung von Uran auf 20 Prozent im eigenen Land forciert. Brasilien und die Türkei hatten im Mai ein Kompromiss ausgearbeitet, wonach Iran schwach angereichertes Uran in die Türkei schicken und im Gegenzug Brennstäbe erhalten sollte.


Russland und Iran beschließen Öl- und Gaspakt

Ungeachtet der auch von Russland unterstützten Sanktionen gegen Iran wollen die beiden Länder langfristig bei der Energiegewinnung zusammenarbeiten. Erste Schritte dahin sollten am 14. Juli anlässlich des Besuchs des iranischen Ölministers Masud Mirkasemi in Moskau vereinbart werden, teilte das russische Energieministerium am 13. Juli mit. Ein entsprechendes Dokument solle nach Beratungen Mirkasemis mit seinem russischen Kollegen Sergej Schmatko unterzeichnet werden.

Details nannte das russische Energieministerium nicht. "Die Minister werden den gegenwärtigen Stand der iranisch-russischen Zusammenarbeit skizzieren", teilte das Ministerium lediglich mit. Die Kooperation im Energiebereich solle konkretisiert werden.

Die russischen Gas- und Ölkonzerne Gasprom, Gazprom Neft und Lukoil haben mit Iran Vereinbarungen über mehrere Milliarden Dollar unterzeichnet, um an der Entwicklung der Öl- und Erdgasfelder des Iran teilzuhaben. Allerdings liegen die meisten Projekte wegen der internationalen Sanktionen gegen die Islamische Republik bislang auf Eis. Russland hat neue Sanktionen gegen Iran im UN-Sicherheitsrat mit beschlossen.

Die beiden Minister unterschrieben bei ihrem Treffen am 14. Juli ein Dokument, in dem eine langfristige Kooperation im Energiesektor skizziert ist. Die Sanktionen gegen Iran seien kein Hinderungsgrund für eine Zusammenarbeit im Energiesektor, betonte Schmatko. Auch sehe er keine Hürden für russische Firmen, Ölprodukte nach Iran zu liefern. Einen umfassenden Kooperationsvertrag wollen die russische und iranische Regierung noch in diesem Jahr unterzeichnen, teilten die Energieminister nach ihrem Treffen in Moskau mit.

Zu den angestrebten Projekten gehört die Gründung einer gemeinsamen Bank zur Finanzierung bilateraler Energieprojekte. Zudem soll die Zusammenarbeit beim Gas-Transit, Marketing und bei Swap-Geschäften verstärkt werden. Auch beim Verkauf von Ölprodukten und Petrochemikalien wollen Russland und Iran künftig enger zusammenarbeiten.


Atomkraftwerk soll im September fertig sein

Nach jahrelanger Verzögerung soll das erste iranische Atomkraftwerk in Buschehr im September in Betrieb genommen werden. Das berichtete die Nachrichtenagentur ISNA am 7. Juli.

Das Kraftwerk im Süden des Landes hat Iran mit russischer Hilfe gebaut. Es hätte schon vor zehn Jahren fertig werden sollen. Nun seien letzte Tests beendet worden, so dass im September der Betrieb der Anlage mit einer Nennleistung von 1000 Megawatt beginnen könne, sagte der Leiter der iranischen Atombehörde, Ali Akbar Salehi, einem Bericht der Nachrichtenagentur ISNA zufolge.

Iran betreibt bisher nur einen nuklearen Forschungsreaktor in Teheran. Gegen die Urananreicherung des Landes gibt es international Vorbehalte. Während Iran beteuert, den Brennstoff nur für zivile Zwecke nutzen zu wollen, befürchtet vor allen der Westen, dass das Land unter dem Deckmantel der zivilen Nutzung am Bau einer Atombombe arbeitet.


Anteile an Autobauer Khodro für 335 Mio. Euro verkauft

Die iranische Regierung hat nach Angaben der Teheraner Börse einen achtzehnprozentigen Anteil am heimischen Autobauer Khodro veräußert. Die Beteiligung an dem Branchenprimus im Nahen Osten sei für umgerechnet rund 335 Millionen Euro an ein Konsortium iranischer Investoren gegangen, teilte die Börse am 13. Juli mit. Die Regierung hält demnach noch 20 Prozent an der Firma, die unter anderem mit Renault und Peugeot kooperiert.

Iran Khodro hat in Iran einen Marktanteil von 65 Prozent. Wie andere iranische Autofirmen auch profitiert Khodro von den Schützzöllen, die ausländischen Konkurrenten auferlegt werden. Khodro plant, 2010 rund 680.000 Autos herzustellen und die Produktion 2011 auf 730.000 Stück zu steigern.

Die iranische Regierung hatte schon vor Monaten angekündigt, sich im größeren Stil von Staatsbeteiligungen trennen zu wollen. Doch dieses Vorhaben ist bisher der Organisation der Revolutionswächter zugute gekommen, die im Zuge der angeblichen Privatisierung mit Hilfe von Tarnfirmen in den Besitz von Unternehmen gelangt ist.


Iran baut neue U-Boote

Die iranische Marine erhält neue U-Boote aus eigener Produktion. Sie sollen mit Torpedos und Raketen ausgestattet werden können und Mitte August ausgeliefert werden, kündigte Verteidigungsminister General Ahmad Vahidi am 19. Juli an. Die U-Boote seien komplett in Iran hergestellt worden, zitierte der Fernsehsender Press TV den Minister. Seit 2008 baut das Land auch größere Unterseeboote.

Acht Jahre zuvor hatte Iran bereits begonnen, Mini-U-Boote für eine zweiköpfige Besatzung zu bauen. 1996 war die Islamische Republik der erste Staat am Persischen Golf, der selbst U-Boote produzierte - nachdem Russland mehrere Boote mit Dieselantrieb an Teheran geliefert hatte.

Die USA befürchten, dass der Bau weiterer iranischer U-Boote das fragile Gleichgewicht in der Region gefährden könnte. Das Regime in Teheran gibt an, nur zur Sicherheit am Persischen Golf beitragen zu wollen. Im Westen hingegen wird die Aufrüstung Irans mit Sorge beobachtet.


Parlament billigt Gesetz gegen Fracht-Inspektionen

Iran will mit Vergeltungsmaßnahmen auf die in den jüngsten UN-Sanktionen vorgesehene Durchsuchung iranischer Schiffe und Flugzeuge reagieren. Das Parlament verabschiedete am 20. Juli ein Gesetz, das im Gegenzug gleiche Maßnahmen gegen die betreffenden Staaten vorsieht. Außerdem sollen Flugzeuge aus anderen Ländern nicht mehr in Iran betankt werden, wenn diese ihrerseits iranischen Maschinen Treibstoff verweigern. Kürzlich hatten zwei Flugzeuge aus Iran auf dem Hamburger Flughafen keinen Treibstoff erhalten.

Die Sitzung der Abgeordneten in Teheran wurde live im staatlichen Fernsehen übertragen. Das Gesetz, das noch vom Wächterrat abgesegnet werden muss, sieht außerdem vor, dass die Regierung beim Atomthema weiterhin nur begrenzt mit den Vereinten Nationen zusammenarbeitet. Teheran lässt zum Beispiel nicht mehr unangekündigte Besuche von UNO-Inspekteuren zu. Außerdem soll dem Gesetz zufolge Uran weiterhin auf einen Wert von 20 Prozent angereichert werden.


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Außenpolitik

US-Kongress hält Militäreinsatz gegen Iran für möglich

Der US-Kongress schließt nach Angaben von Senator Joseph Liebermann einen Militäreinsatz gegen Iran nicht aus. Zwar hätten die vor kurzen vor dem US-Kongress verabschiedeten Sanktionen möglicherweise eine abschreckende Wirkung auf Teheran, sagte der parteilose Senator aus dem US-Staat Connecticut am 7. Juli in Jerusalem. Aber das Ziel, Iran vom Bau von Atombomben abzuhalten, werde erreicht "durch diplomatische und wirtschaftliche Sanktionen, wenn wir können, durch militärische Aktion, wenn wir müssen".

Der Senator war am 7. Juli zusammen mit seinem Kollegen John McCain und Lindsey Graham zu Besuch in Jerusalem.

Indes haben bis zum 24. Juli mehr als vierzig Mitglieder des US-Repräsentantenhauses einen Resolutionsentwurf unterzeichnet, in dem ein militärischer Angriff Israels gegen Iran - im Falle eines Nichteinlenken Teherans im Atomkonflikt - unterstützt wird, meldete BBC am 24. Juli. In der Resolution wird Israel "das Recht" zugestanden, "seine nationale Souveränität sowie die Sicherheit seiner Bürger zu verteidigen und sich mit allen erforderlichen Mitteln gegen die Bedrohungen einer Atommacht Iran zur Wehr zu setzen". Die 46 Abgeordneten, die den Entwurf bisher unterschrieben haben, gehören ausschließlich der Partei der Republikaner an. Die Demokraten haben sich bislang nicht zu dem Resolutionsentwurf geäußert. Auch die US-Regierung nahm noch keine Stellung dazu. Für sie sind Resolutionen des Repräsentantenhauses nicht bindend.


Medwedew fordert von Iran Aufklärung über Atomprogramm

Der russische Präsident Dimitri Medwedew hat von Iran Aufklärung über den Charakter seines Atomprogramms verlangt. Er erwarte eine Erklärung der Islamischen Republik über die militärische Komponente des Programms, sagte Medwedew am 15. Juli nach deutsch-russischen Regierungskonsultationen in Jekaterinburg. Den zur Verfügung stehenden Informationen zufolge würden diese Programme entwickelt, und "Iran muss den Mut finden voll mit der internationalen Gemeinschaft zusammenzuarbeiten", so Medwedew. Medwedew äußerte die Ansicht, Iran sei dabei, sich die Fähigkeit zum Bau von Atomwaffen anzueignen. Bereits bei einem Treffen mit russischen Botschaftern am 12. Juli hatte Medwedew vor dem Weg Irans zur Atombombe gewarnt. "Iran eignet sich mehr und mehr das Potenzial an, das im Prinzip dazu benutzt werden kann, Atomwaffen zu produzieren", sagte Medwedew laut Berichten russischer Nachrichtenagenturen.

Gegen diese Äußerungen des russischen Präsidenten hat Präsident Ahmadinedschad protestiert. Er warf ihm vor, sich zum "Sprachrohr" des Westens gemacht zu haben. "Wir bedauern, dass Medwedew das Sprachrohr für das Vorhaben der Feinde Irans geworden ist", sagte Ahmadinedschad. Russland sei ein "Freund" Irans und "wir wollen diese freundschaftlichen Beziehungen stärken". Medwedews Äußerungen dienten allerdings der "Propaganda, welche die USA inszenieren werden".


Teheran erklärt Bereitschaft zu Wiederaufnahme von Verhandlungen

Iran hat die Wiederaufnahme von internationalen Gesprächen über das umstrittene Atomprogramm unter bestimmten Voraussetzungen angeboten. Die 5+1-Gespräche könnten ab September fortgesetzt werden, wenn die Bedingungen Teherans erfüllt würden, erklärte der iranische Atomhändler Said Dschalali am 6. Juli laut der Nachrichtenagentur IRNA. Die Europäische Union beurteilte das Dialogangebot zurückhaltend positiv.

Iran sei zur Wiederaufnahme der 5+1-Gespräche über sein Atomprogramm ab dem 1. September bereit, wenn die Teilnehmer sich vorab auf die Ziele der Verhandlungen verständigten, erklärte Dschalali laut IRNA in einem Brief an die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton. Außerdem müssten die Gesprächspartner die Bedingungen erfüllen, die Irans Staatschef Mahmud Ahmadinedschad bereits eine Woche zuvor formuliert habe. Ashton müsse klarstellen, ob "das Ziel der Gespräche Einvernehmen und Zusammenarbeit oder die Fortsetzung von Feindseligkeit und Konfrontation" sei, forderte Dschalali.

Die an den Gesprächen beteiligten fünf UN-Vetomächte USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien sowie Deutschland müssten im Sinne des Dialogs außerdem "jede Drohung und jeden Druck beenden", erklärte Dschalali laut IRNA. Zudem sollte die 5+1-Gruppe ihre Haltung zu den Atomwaffen im Besitz des "zionistischen Regimes" deutlich machen. "Ihre Antwort auf diese Fragen ist notwendig für die Fortsetzung der Gespräche", schrieb Dschalali an Ashton.

Die Europäische Union reagierte auf das iranische Angebot zurückhaltend positiv. Ashtons Sprecherin Maja Kocijancic sagte am 6. Juli in Brüssel, es sei eine "gute Nachricht", wenn sich die Gesprächsbereitschaft bestätige. Die EU habe aber noch keine formelle Antwort aus Teheran erhalten. Die EU-Außenministerin habe Dschalali bereits vergangenen Monat zu einem schnellstmöglichen Gespräch über das iranische Atomprogramm eingeladen, fügte die Sprecherin hinzu.

Ahmadinedschad hatte die von Dschalali genannten Bedingungen formuliert, als er die Gespräche mit der 5+1-Gruppe für zwei Monate auf Eis gelegt hatte. Anlass waren die neuen Sanktionen gegen Iran, die am 9. Juni vom UN-Sicherheitsrat beschlossen worden waren. In der Folge hatten auch die USA und die EU ihre Strafmaßnahmen gegen die Islamische Republik verschärft. Ahmadinedschad hatte über dies gefordert, dass die Gesprächsrunde um andere Länder erweitert werde. Damit spielte er offenbar auf die Türkei und Brasilien an, unter deren Vermittlung Iran im Mai ein Angebot an die internationale Gemeinschaft zur Anreicherung von iranischem Uran im Ausland gemacht hatte. Das Angebot wurde vom Westen als Ablenkungsversuch zurückgewiesen.


USA zu Wiederaufnahme von Atomgesprächen mit Iran bereit

Nach der von Iran signalisierten Gesprächsbereitschaft im Atomstreit sind auch die USA grundsätzlich zur Rückkehr an den Verhandlungstisch bereit. "Wenn Iran es ernst meint mit den Sechsergesprächen, dann denke ich, sind wir bereit für ein Treffen", sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Mark Toner, am 6. Juli in Washington. Die US-Regierung müsse das Angebot aus Teheran allerdings noch prüfen. Zu den von Iran formulierten Bedingungen für eine Wiederaufnahme der Gespräche nahm das Außenministerium keine Stellung.


Türkei setzt Vermittlung im Iran-Konflikt fort

Die Türkei setzt ihre Vermittlung im iranischen Atomkonflikt ungeachtet internationaler Kritik fort. "Die Türkei wird nicht Zuschauer sein. Iran ist unser Nachbar und wir wollen in unsrer Nachbarschaft weder militärische noch wirtschaftliche Spannungen", sagte Außenminister Ahmet Davutoglu am 14. Juli bei einem Besuch in Lissabon. In der portugiesischen Hauptstadt wollte Davutoglu mit seinem iranischen Amtskollegen Manuchehr Mottaki bei seinem kurzfristig angesetzten Treffen das Thema erörtern.

"Wir werden alles Mögliche tun, um eine diplomatische Lösung zu erreichen", erklärte Davutoglu. Er bestritt amerikanische Agenturberichte vom 13. Juli, wonach die US-Regierung eine Einstellung der türkischen Vermittlung gefordert haben soll. Sowohl Washington als auch "alle Alliierten" hätten Ankara um Unterstützung gebeten, versicherte der Minister. Er und Mottaki seien "zufällig zur gleichen Zeit in Lissabon" und wollten die Gelegenheit nutzen.

Dovutoglu hatte zuvor beim portugiesischen Außenminister Luis Amado für einen türkischen Beitritt in die Europäische Union (EU) plädiert. Amado hatte den iranischen Außenminister Mottaki bereits am 13. Juli in Lissabon hinter verschlossenen Türen empfangen. Der Inhalt des Treffens wurde nicht bekannt. Der Besuch Mottakis sorgte allerdings für diplomatische Verstimmung zwischen Portugal und Israel.

Der israelische Botschafter in Lissabon, Ehud Gol, wurde am 14. Juli ins portugiesische Außenministerium zitiert, nachdem er den Empfang des iranischen Außenministers durch Amado als "überraschend und enttäuschend" bezeichnet hatte. Mottaki wies die Kritik des israelischen Botschafters zurück und erklärte: "Israel meint, dass es in der Welt das Sagen hat." Kein unabhängiges Land müsse bei seinen Außenbeziehungen Dritte "um Erlaubnis bitten", sagte er.


Merkel sieht keine Kompromissbereitschaft Irans im Atomstreit

Bundeskanzlerin Angela Merkel rechnet nicht damit, dass sich Iran im Atomstreit trotz einer neuen Sanktionsrunde bewegen wird. "Ich kann bis jetzt nicht erkennen, dass Iran mit großer Ernsthaftigkeit daran arbeitet, die Probleme (...) zu lösen, leider", sagte Merkel am 21. Juli in Berlin. Sie sei skeptisch, ob neue Verhandlungsrunden mit Iran weiterführten. Die im vergangenen Monat vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen beschlossenen Handelshemmnisse bezeichnete sie als wichtige internationale Entscheidung.


USA: Bedrohung durch iranisch-unterstützte Gruppen im Irak wächst

Von Iran unterstützte Aufständische im Irak stellen nach Ansicht des US-Oberbefehlshabers Ray Odierno eine immer größere Bedrohung für die amerikanischen Truppen dar. Odierno erklärte am 13. Juli, insgesamt sei die Zahl der Angriffe auf amerikanische Konvois zwar eher gering, allerdings nehme die Bedrohung durch Organisationen zu, die Hilfe aus Iran erhielten. Den Truppenabzug werde das jedoch nicht verhindern.

Die US-Truppen verstärken nach Odiernos Angaben die Sicherheitsvorkehrungen auf allen amerikanischen Stützpunkten im Irak. Zudem gehe man gemeinsam mit irakischen Soldaten gegen mutmaßlich von Iran unterstützte Aufständische vor. Der US-Truppenabzug soll im kommenden Monat beginnen. Die Zahl der Soldaten soll von derzeit 77.500 bis zum 1. September auf 50.000 zurückgehen. Bis Ende 2011 sollen alle US-Soldaten das Land verlassen.


Israelische Kreise: Iran liefert Radar-System an Syrien

Iran hat nach israelischen Angaben ein Radarsystem an Syrien geliefert. Mit dem hoch entwickelten System könnten israelische Militärflüge überwacht und Israels Fähigkeit zu einem Überraschungsangriff auf iranische Atomanlagen eingeschränkt werden, berichtete das Wall Street Journal am 1. Juli. Die Anlage sei Mitte 2009 geliefert worden. Iran und Syrien hätten die Angaben zurückgewiesen. Ein israelischer Militärvertreter sagte der Agentur Reuters laut Meldung vom 1.Juli, Syrien habe Radaranlagen von Iran erhalten. Einzelheiten habe er nicht nennen wollen.

Dem Bericht des Wall Street Journals zufolge haben Iran, Syrien und die Hisbollah im Libanon ihre Zusammenarbeit deutlich verstärkt. Israel hat einen Angriff auf die Atomanlagen Irans nicht ausgeschlossen.


Chamenei wirft USA und Großbritannien "Terrorismus" vor

Revolutionsführer Ali Chamenei hat den USA und Großbritannien "Terrorismus" vorgeworfen und sie beschuldigt, hinter dem Anschlag auf die Moschee in Sahedan mit 27 Todesopfern zu stecken. Der "blinde und grausame Terrorismus" in der Region sei Folge der "bösen Politik der USA, Großbritanniens und ihrer staatlichen und nichtstaatlichen Söldner", erklärte Chamenei am 21. Juli. Der Geistliche rief in der im Staatsfernsehen verlesenen Erklärung alle Muslime auf, sich dagegen zu wehren.

Chamenei beschuldigte in der Erklärung die Geheimdienste der USA und Großbritanniens, die von Sunniten ausgeführte Tat unterstützt und geplant zu haben, um die schiitischen und sunnitischen Muslime gegeneinander aufzuwiegeln.


Ashton fordert Hinrichtungsstopp in Iran

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton hat Iran aufgefordert, das Todesurteil gegen vier Häftlinge nicht zu vollstrecken. Einer der Verurteilten sei zum Zeitpunkt seines Verbrechens minderjährig gewesen, erklärte Ashton am 7. Juli in Brüssel. In einem weiteren Fall habe das Regime einen kurdischen politischen Gefangenen als "Mohareb" (Feind Gottes) zum Tode verurteilt. Die Europäische Union hatte dieses Urteil bereits im Mai kritisiert.

Die Todesstrafe sei in jedem Fall abzulehnen, sagte Ashton. Vollstrecke die iranische Regierung die Urteile, verstoße sie damit gegen die Internationale Konvention zum Schutz ziviler und politischer Rechte sowie die Konvention zur Wahrung von Kinderrechten. Beide Konventionen hat Iran unterschrieben.


Gericht im Irak erlässt Haftbefehl gegen die Führer der Volksmodjahedin

Ein Gericht im Irak hat gegen 39 Mitglieder der Organisation Volksmodjahedin Haftbefehl erlassen, darunter auch gegen die beiden Führer der Organisation, Masud und Marjam Radjavi. Ihnen wird Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen. Sie sollen den Diktator Saddam Hussein bei der Niederschlagung des Aufstands der irakischen Schiiten vor zwanzig Jahren unterstützt haben.

Tatsächlich waren die iranischen Volksmodjahedin während des irakisch-iranischen Kriegs Mitte der achtziger Jahre in den Irak übergesiedelt. Dort versuchten sie mit militärischer und finanzieller Unterstützung des irakischen Despoten Saddam Hussein, sich auf einen bewaffneten Kampf gegen das herrschende Regime in Iran vorzubereiten. Schiiten sowie Kurden werfen den Modjahedin vor, sich darüber hinaus an der Seite der irakischen Armee an der Niederschlagung der Schiiten und Kurden direkt beteiligt zu haben. Die Volksmodjahedin lehnen den Vorwurf ab.

Der irakische Justizsprecher Mohammad Abdol Saheb erklärte, in Anbetracht der zahlreichen Indizien, die eine Beteiligung der Volksmodjahedin an den Verbrechen eindeutig nachweisen, sei der Haftbefehl erlassen worden.


Vizechef der Atomenergiebehörde kündigt überraschend Rücktritt an

Der stellvertretende Leiter der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Oli Heinonen, der die Inspektionen in Iran und Syrien leitete, werde Ende August sein Amt aus persönlichen Gründen abgeben, teilte eine IAEA-Sprecherin am 1. Juli in Wien mit. Die Organisation würdigte die langjährige Arbeit des Finnen, der seit 1983 für die IAEA tätig ist. Seit 2005 war der 63-jährige stellvertretende Generaldirektor und leitete die so genannte Safeguards-Abteilung, die sicherstellen soll, dass Länder Atomkraft lediglich zu zivilen Zwecken nutzen.

Heinonen reiste mehrfach nach Iran. Über seine Nachfolge ist laut IAEA noch nicht entschieden.


Eine Million Euro für afghanische Flüchtlinge in Iran

Das Auswärtige Amt hat dem UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) eine Million Euro zur Unterstützung afghanischer Flüchtlinge in Iran zur Verfügung gestellt. Mit dem Geld solle neben der Verteilung von Hilfsgütern wie Decken und Hygieneartikeln vor allem die Gesundheitsvorsorge der Flüchtlinge verbessert werden, teilte das Auswärtige Amt am 1. Juli in Berlin mit. Dabei gehe es besonders um behinderte Flüchtlinge.

Derzeit sind dem Auswärtigen Amt zufolge mehr als eine Million afghanische Flüchtlinge in Iran registriert. Viele von ihnen leben dort sei über dreißig Jahren. Nach Angaben von UNHCR handelt es sich bei der afghanischen Flüchtlingsgruppe in Iran um eine der größten und am längsten Verweilenden weltweit. Es wird zudem von einer hohen Dunkelziffer nicht registrierter Flüchtlinge ausgegangen.


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Impressum:
Hrsg.: Heinrich-Böll-Stiftung
Autor: Bahman Nirumand
Redaktion: Vera Lorenz
V.i.S.d.P.: Annette Maennel
9. Jahrgang


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Quelle:
Iran-Report Nr. 8/2010 - August / 9. Jahrgang
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. August 2010