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HEINRICH BÖLL STIFTUNG/386: Iran-Report Nr. 6 - Juni 2017


Iran-Report der Heinrich-Böll-Stiftung - Nr. 6 - Juni 2017
Eine Zusammenfassung aktueller Ereignisse im Iran

von Bahman Nirumand


Iran steht an einem Scheideweg. Nach dem Abschluss des Atomabkommens und der Aufhebung der Sanktionen erwartet das Volk einen wirtschaftlichen Aufschwung, die Öffnung nach außen und vor allem auch eine Liberalisierung der theokratischen Staatsordnung. Doch über den neuen Kurs, auch über die Rolle Irans in der Region, ist sich die Staatsführung nicht einig. Wie der Machtkampf, der schon seit geraumer Zeit zwischen Konservativen und Reformern tobt, ausgehen wird, ist ungewiss.

Der Iran-Report wertet Nachrichten verschiedener Quellen aus. Auch um die von den Mächtigen in Iran verfügten Behinderungen und Einschränkungen der journalistischen Arbeit auszugleichen. Der Iran-Report produziert keine Schlagzeilen, sondern er erhellt die Meldungen, das Nichtgesagte dahinter.

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INNENPOLITIK

• Rohani geht als klarer Sieger aus den Wahlen hervor
• Die Ereignisse vor der Wahl
• Chamenei warnt vor Verschwörungen
• Ghalibaf und Dschahangiri verzichteten auf ihre Kandidatur
• Chamenei kritisiert die Kandidaten
• Rohani kritisiert Revolutionsgarden
• Rohanis erste Ansprache nach der Wahl
• Chameneis Ansprache nach der Wahl
• Millionen feiern den Sieg Rohanis
• Raisi will weiterkämpfen
• Sieg der Reformer bei den Kommunalwahlen
• Streit um die Freilassung von Regimekritikern
• Laridschani als Parlamentspräsident bestätigt


ROHANI GEHT ALS KLARER SIEGER AUS DEN WAHLEN HERVOR

Aus den Präsidentschaftswahlen am 19. Mai ging der 68-jährige amtierende Präsident Hassan Rohani, der als gemäßigt gilt, überraschend mit 57 Prozent der Stimme bereits in der ersten Runde als eindeutiger Sieger hervor. Sein Rivale Ebrahim Raisi, Kandidat der Konservativen und Hardliner, erhielt nach Angaben des Innenministerium 38 Prozent der Stimmen. Die restlichen fünf Prozent gingen demnach an die beiden anderen Kandidaten Mostafa Mirsalim und Mostafa Haschemitaba.

Dass sich die absolute Mehrheit der Wähler für Rohani entschieden hat, hat mehrere Gründe. Zwar ist Rohani kein Gegner der islamischen Staatsordnung, er ist vielmehr ein Mann des Systems, ein Politiker, der von Anbeginn der Islamischen Republik hohe und sensible Ämter innehatte und wichtige Entscheidungen mitgetragen hat. Er ist nicht einmal ein Reformer, innerhalb der Führung des Islamischen Republik zählt er zu den Gemäßigten, zu jenen, die einerseits den moderaten Konservativen nahestehen und andererseits zu einer Koalition mit den Reformern bereit sind. Diese Brückenstellung hat es ihm ermöglicht, die Front der Konservativen zu spalten und den moderaten Teil für Reformen zu gewinnen, Reformen, die nötig sind, um die Staatsordnung der Islamischen Republik zu stabilisieren und gegen Gefahren, die das gesamte System bedrohen, zu schützen. Rohani hat aber auch Wähler, die außerhalb des islamischen Lagers stehen und zum säkularen Teil der Gesellschaft gehören, für sich mobilisieren können, weil er eine Öffnung nach Außen und Innen und ein Ende der Gewaltherrschaft angekündigt hat.

Der große Sieg wurde aber auch deswegen möglich, weil die Gegenfront mehr oder minder zersplittert war. Die Konservativen konnten sich nicht mit Überzeugung auf einen Kandidaten einigen, zudem war ihr Favorit ein Mann, den man kaum mit gutem Gewissen hätte wählen können. Für viele Wähler war es unvorstellbar, einen Mann zum Staatspräsidenten zu haben, der für die Hinrichtung von mehreren Tausend politischen Gefangenen verantwortlich war.

"Die Iraner haben mit ihrer Stimme klar gezeigt, welchen Weg sie für die Zukunft gehen wollen", sagte Rohani nach der Wahl. Sie wollten den Fortschritt und nicht den Weg zurück in die Vergangenheit.

In den Wochen vor der Wahl hatten sich die Auseinandersetzungen zwischen den Kandidaten verschärft. Wie noch nie zuvor in der Geschichte der Islamischen Republik wurden in drei Fernsehdebatten und bei den Wahlkampfreden der einzelnen Kandidaten Tabus gebrochen und rote Linien überschritten. Revolutionsführer Ali Chamenei sah sich sogar genötigt, die Akteure hierfür öffentlich zu schelten. Denn bei den gegenseitigen Vorwürfen zeigte sich, wie katastrophal die wirtschaftliche Lage des Landes tatsächlich ist und wie weit die Korruption und der Klientelismus im Land verbreitet sind. Die Kandidaten sprachen von eklatanten Ungerechtigkeiten, von der weit verbreiteten Armut, ja sogar von Gewaltherrschaft, von der Unterdrückung der Frau, von Zensur und unsinnigen Einschränkungen der Freiheiten und Rechte der Bürger. All dies warf ein grelles Licht auf das Gesamtsystem der Islamischen Republik.


DIE EREIGNISSE VOR DER WAHL

Ohne Zweifel war der Wahl-Aufruf des Ex-Präsidenten Mohammad Chatami für den Sieg Rohanis von großer Bedeutung. Chatami gilt als unumstrittener Führer der Reformbewegung, während Rohani zu den Gemäßigten zählt und von vielen Reformern kritisiert wird, weil er nicht entschieden genug für strukturelle Veränderungen eintritt. Der Ex-Präsident, der einem Auftrittsverbot unterliegt und dessen Fotos nicht einmal in den Medien veröffentlicht werden darf, weil er 2009 die Proteste gegen die umstrittene Wiederwahl von Ahmadinedschad unterstützt hatte, rief am 3. Mai auf seiner Webseite alle Wähler dazu auf, Rohani wieder zu wählen. An die Wähler gerichtet schrieb er: "Dieses Mal seid ihr aufgerufen, eure Wahl (von vor vier Jahren) zu wiederholen." Eine hohe Wahlbeteiligung werde "die nationale Macht stärken, Verschwörungen verhindern und die Probleme des Landes lösen." Wichtig seien auch die Kommunalwahlen, sagte er. Namen von einzelnen Kandidaten nannte er nicht.

Chatami lobte die Regierung Rohani, weil sie die Inflation unter Kontrolle bekommen habe und äußerte die Hoffnung, dass Rohani nach seiner Wiederwahl die wirtschaftliche Stagnation des Landes beenden werde. Zudem warnte er die Gegner Rohanis vor uneinlösbaren Parolen. "Wir haben mit Rohani einen Weg eingeschlagen, den wir zur Hälfte zurückgelegt haben." Er sei zuversichtlich, dass die Regierung nach Rohanis Sieg "kompakter und fähiger" sein werde, um die Forderungen des Volkes erfüllen zu können. Sollte Rohani hingegen die Wahl verlieren, drohe "eine Rückkehr zu internationaler Isolation und Sanktionen".

Während sich Rohani bei der ersten Fernsehdebatte staatsmännisch zurückhielt, holte er bei der zweiten Debatte zum Angriff aus. "Einige im Land wollten mit allen möglichen Mitteln den Atomdeal sabotieren". Gemeint waren hiermit die Ultras und Konservativen, die der iranischen Verhandlungsdelegation mit ihrer harten Kritik und der Verbreitung von Unwahrheiten ständig Steine in den Weg legten. Als Beispiel erwähnte Rohani die Aufschrift "Israel muss ausradiert werden", die im März letzten Jahres bei Raketentests der Revolutionsgarden auf persisch und hebräisch auf zwei Raketen geschrieben stand. "Wer hat das veranlasst und warum", fragte der Präsident. "Als (US-Präsident) Trump vereidigt wurde, habt ihr alle gefeiert", hoffend, er werde das Abkommen kündigen. Rohani kritisierte auch die Entscheidung der Revolutionsgarden, Bilder von unterirdischen Raketenbasen zu zeigen.

Rohanis wichtigster Rivale Raisi warf dem Präsidenten vor, beim Atomabkommen zu viele Zugeständnisse gemacht zu haben und sein Versprechen, die Wirtschaft wieder zu beleben, nicht eingelöst zu haben. "Liebe Leute", sagte er bei der Debatte. "Unsere Frage ist, ob die Räder der Wirtschaft sich drehen. Geschäftsleute: Seid ihr in der Lage, Geschäfte zu machen?"

Gegen Rohanis Äußerung zu den Raketen nahmen die Streitkräfte Stellung. "Wir betonen und empfehlen nochmals, dass Präsidentschaftskandidaten kontroverse Äußerungen über sensible Militär- und Verteidigungsangelegenheiten unterlassen sollten", sagte Armeesprecher Masud Dschasajerie am 6. Mai laut dem staatlichen Fernsehen. Es sei ihnen nicht erlaubt, falsche Informationen zu verbreiten. "Das iranische Raketenprogramm habe mit dem Atomabkommen nichts zu tun."

Auch die Zentralbank reagierte auf die Äußerungen der Kandidaten. Konkret widersprach sie der Äußerung von Raisi, dass die Sanktionen weiterhin in Kraft seien und westliche Staaten erklärt hätten, dass sie die Sanktionen nicht aufheben würden. In einer Erklärung der Zentralbank wird betont: "Nach dem Atomabkommen wurden alle eingefrorenen Guthaben Irans freigegeben und der Zentralbank zur Verfügung gestellt. Die Nationale Iranische Erdölgesellschaft exportiert täglich zweieinhalb Millionen Barrel Öl in die Staaten Asiens und Europas. Die Erlöse werden zu hundert Prozent an die Zentralbank überwiesen."

Auch das Außenministerium widersprach der Behauptung, die Aufhebung der Sanktionen habe Iran wenig genutzt. "Das Außenministerium hat in den vergangenen eineinhalb Jahren, trotz Versäumnissen seitens der USA, die Interessen des Landes wahrnehmen können. Wir bitten die Kandidaten, die gegenwärtigen Auseinandersetzung zwischen Iran und den USA nicht zu missbrauchen, um das Außenministerium und die Regierung anzugreifen", hieß es in einer Erklärung des Ministeriums vom 6. Mai.

Am 8. Mai hielt Rohani in Kermanschah auf einer Massenkundgebung eine programmatische Rede, bei der er seine konservativen Gegner nicht schonte. "Unser Volk hat sich vor vier Jahren (bei der letzten Präsidentschaftswahl) gegen Gewalt ausgesprochen und den Weg in die Isolation abgelehnt. Und unser Volk hat noch einmal vor zwei Jahren (bei den Parlamentswahlen) erklärt, dass sein Weg der Weg in die Freiheit ist. Und nun erklären die Bürger Irans, dass sie jene, die nur Hinrichtungen und Gefängnisse kennen, entschieden ablehnen."

"Manche machen sich Sorgen, dass die Jugend zuviel Freiheit haben könnte", fuhr Rohani fort. "Warum sagt ihr nicht offen, was ihr über die Jugend denkt, warum sagte ihr nicht, dass ihr die Jugend nicht als Chance, sondern als Bedrohung betrachtet. Ihr wollt, dass Iran isoliert bleibt, dass der Kontakt zwischen unserer Jugend und der Außenwelt abgebrochen wird. Ich habe euch Widerstand geleistet und werde es auch in den nächsten vier Jahren tun."

"Sie (die Konservativen) sind über den Kontakt der Iraner mit der Außenwelt besorgt. Sie wollen die Isolation. Wir sind gegen leere Parolen. Wir sind für Taten." Das Volk solle wissen, dass das Verteidigungspotenzial des Landes in den vergangenen vier Jahren gestiegen sei. "Wir sind nicht gegen Waffen, aber wir sind gegen jene, die den Menschen in unserem Land und denen in der Region Angst machen wollen. Unsere militärische Stärke dient einzig der Verteidigung unseres Landes", sagte Rohani. "Die Zeiten der Aggressionen und Gewalt sind vorbei. Ihr wollt die Freiheit der Bürger rauben und die Bürger leisten Widerstand. Wir lassen nicht zu, dass eine Minderheit die Mehrheit isoliert. Wir werden dafür sorgen, dass die Verfassung durchgesetzt wird. Wir wollen gleiche Rechte für alle Bürger, wir wollen, dass Schiiten, Sunniten und alle Gottgläubigen dieselben Rechte genießen. Wir lassen es nicht zu, dass ihr das Volk spaltet. Unser Volk bildet eine Einheit."

"Ihr wollt die Frauen zu Heim und Herd zurückschicken", sagte der Präsident. "Das lehnt sowohl die Verfassung ab als auch das Volk." An die Bürgerinnen und Bürger gerichtet sagte Rohani: "Lasst nicht zu, dass die Ultras zurückkommen." An seine Rivalen gerichtet sagte Rohani: "Sagt doch öffentlich, was ihr hinter verschlossenen Türen gesagt habt. Habt ihr nicht täglich Druck ausgeübt, um Neueinstellungen von Frauen zu stoppen? Schaut doch einmal eure sexistischen Rundschreiben wieder an, schaut an, was für Urteile ihr gefällt habt."

In der Stadt Hamedan sagte Rohani: "Wir sind für die Freiheit. Heute ist der Tag, an dem wir über unsere Zukunft entscheiden." An die Radikalen gerichtet, sagte er: "Ihr kennt nichts anderes als Verbote. Eure Logik besteht aus List und Tücke." In der achtjährigen Regierungszeit von Präsident Ahmadinedschad seien 860.000 Frauen entlassen worden, sagte Rohani, während in den vier Jahren seiner Regierungszeit 750.000 Frauen Arbeit gefunden hätten. Er kenne die Radikalen sehr gut. Sie hätten einmal in einer Sitzung beschlossen, auf den Gehsteigen in Teheran Mauern zu errichten, um Frauen von Männern zu trennen. Bei einer Wahlrede in der Stadt Sari warnte Rohani vor dem Missbrauch des Glaubens. "Der Glaube sollte nicht für Machtbesessenheit missbraucht werden, sondern die Macht sollte dazu genutzt werden, den Glauben zu stärken", sagte er.

Rohani kritisierte die Inhaftierung von Mehdi Karrubi, Mir Hossein Mussavi und seiner Frau Sahra Rahnaward, ohne sie beim Namen zu nennen. Die drei waren im Zuge der Protestbewegung von 2009 gegen die Wiederwahl von Präsident Ahmadinedschad festgenommen worden und befinden sich seit Jahren ohne Gerichtsurteil im Hausarrest. "Wir werden am 19. Mai zu den Urnen gehen, um unsere edlen Männer in die Gesellschaft zurückzubringen."

Ebrahim Raisi, wichtigster Konkurrent von Rohani, reagierte auf die Attacken von Rohani mit den Worten: "Ja, wir wollen eine Mauer bauen, eine Mauer zwischen den Räubern des Volkseigentums und jenen, die soziale Gerechtigkeit wollen." An Rohani gerichtet sagte er: "Warum sind Sie über den Auftritt ihrer Mitbewerber so wütend? Ich denke, Sie sind wütend über das Volk, über die protestierenden Arbeiter oder über jene, die Armut erleiden und Ihrer Wiederwahl eine Absage erteilen wollen." Er warf der Regierung große Versäumnisse vor. "Herr Rohani, Sie bringen das einfach nicht", sagte er bei einer Wahlrede in Teheran. Er (Rohani) habe jedes Jahr eine Million neue Arbeitsplätze schaffen wollen. "Aber er hat kläglich versagt." Demgegenüber werde seine Regierung eine "Regierung der Arbeit und Würde" sein, die das Land politisch und wirtschaftlich wieder stark machen werde.


CHAMENEI WARNT VOR VERSCHWÖRUNGEN

Am 10. Mai warnte Revolutionsführer Ali Chamenei vor der Gefahr von "Verschwörungen und Unruhestiftungen". Bei einer Rede vor Studenten der Militärakademie sagte er, der Feind plane "Verschwörungen und Unruhen" in Iran. "Wenn wir uns gut darauf vorbereiten, können wir die Gefahr sicherlich abwenden." "Sollte jemand die Absicht haben, die Sicherheit des Landes zu gefährden, muss er mit harten Konsequenzen rechnen." Ein weiteres Ziel der Feinde sei es, wirtschaftliche Probleme zu erzeugen und die Arbeitslosigkeit weiter zu verbreiten, damit die Menschen in Iran resignierten und sich von der Islamischen Republik abwendeten. Den Kandidaten empfahl Chamenei daher, in ihren Äußerungen das größte Gewicht auf wirtschaftliche Probleme zu legen und deren Lösung zu verkünden. Zweitens sollten sie "die nationale Unabhängigkeit Irans und die Größe des iranischen Volkes" hervorheben und betonen, dass sie gegen die "übertriebenen Forderungen der USA und gegen die Bosheit der Zionisten" Widerstand leisten würden. Drittens sollten die Kandidaten jede provokative Äußerung über ethnische, sprachliche und religiöse Unterschiede vermeiden. Denn seit Jahren schon versuchten die Feinde die Bevölkerungsvielfalt des Landes in Konflikte zwischen verschiedenen Volksgruppen zu verwandeln.


GHALIBAF UND DSCHAHANGIRI VERZICHTETEN AUF IHRE KANDIDATUR

Am 15. Mai zog Mohammad Bagher Ghalibaf, einer der schärfsten Rivalen von Rohani, seine Kandidatur zugunsten von Raisi zurück. Er wolle damit "die Einheit der revolutionären Kräfte stärken", sagte er. In der Erklärung forderte er seine Anhänger auf, Raisi im Wahlkampf zu unterstützen und ihm zum Sieg zu verhelfen. Er hoffe, seine Entscheidung werde zur "Vorbereitung einer neuen Epoche" und zu einem wirtschaftlichen Aufschwung führen.

Wie erwartet, verzichtete auch Vizepräsident Eshagh Dschahangiri auf seine Kandidatur. Dieser Rückzug war von vornherein geplant gewesen. Der Vizepräsident sollte Rohani als "Schattenkandidat" unterstützen - eine Rolle, die er auch glänzend ausübte. Bei der ersten Fernsehdebatte übernahm er die Rolle des Angreifers, entlarvte die Machenschaften der Konservativen und verteidigte vehement die Politik der Regierung. In der anschließenden Meinungsumfrage schnitt er unter den sechs Kandidaten am besten ab. Er stellte sich als Vertreter der Reformbewegung vor. Sein starker Auftritt verleitete manche Beobachter zu der Vermutung, er werde sich doch selbst zur Wahl stellen. Doch einen Tag nach dem Rücktritt Ghalibafs, erklärte Dschahangiri, er werde bei der Präsidentenwahl für Rohani stimmen.


CHAMENEI KRITISIERT DIE KANDIDATEN

Zwei Tage vor der Wahl übte Chamenei scharfe Kritik an den Kandidaten. "Während des Wahlkampfs sind Äußerungen gefallen, die dem iranischen Volk nicht würdig waren", sagte er. Aber er sei zuversichtlich, dass das Volk sich davon nicht beirren lasse und rege an der Wahl teilnehmen werde. "Es gibt Leute, die die Freiheit benutzen, aber die Existenz der Freiheit leugnen." "Die Völker in der Region, deren Regierungen von den USA unterstützt werden, beneiden das iranische Volk. Es ist für sie ein Traum, einmal selbst über ihr Schicksal entscheiden und zwischen Kandidaten, die miteinander konkurrieren, frei wählen zu können. Für die Iraner ist der Wahltag ein Tag der Freude und des Glücks", sagte der Revolutionsführer.


ROHANI KRITISIERT REVOLUTIONSGARDEN

Bemerkenswert war beim Wahlkampf, dass Rohani in den letzten Tagen auch die Revolutionsgarden nicht schonte. In der Stadt Maschad sagte er: "Seit 1980 stehe ich an der Seite der von mir geliebten Garden und den Basidsch-Milizen. Glaubt ihr Rohani hat mit den Garden und den Basidschis Probleme? Nein, ich mag die Garden und die Basidschis mehr als ihre Kommandanten sie mögen. Ich habe nur die Bitte, dass die Garden und die Basidschis sich auf ihre Aufgabe konzentrieren, für die Sicherheit des Landes zu sorgen, und sich nicht in die Angelegenheiten der Parteien und in politische Spielchen einmischen, wie es Ayatollah Chomeini damals angewiesen hat." "Ihr wollt Nachrichtenagenturen und kulturelle und wirtschaftliche Einrichtungen haben. Dagegen haben wir nichts einzuwenden. Aber schränkt damit nicht die Rechte der Bevölkerung ein."

Sowohl die Führung der Revolutionsgarden als auch die der Basidsch-Milizen hatten alle Hebel in Bewegung gesetzt, um Raisi zum Sieg zu verhelfen. Sie unterstehen direkt dem Revolutionsführer Chamenei, der in den Wochen vor der Wahl mit offener Kritik an der Regierung Rohani nicht gespart hatte. Dasselbe galt für die Justiz und den mächtigen Wächterrat. Doch all dies reichte wohl nicht aus, um die Mehrheit der Wähler für die Konservativen zu gewinnen.


ROHANIS ERSTE ANSPRACHE NACH DER WAHL

In einer Fernsehansprache bedankte sich Rohani nach seinem Sieg bei den Wählern und sagte, "Sieger der Wahl sind Freiheit, Unabhängigkeit und die Herrschaft des Volkes." Hier nun Auszüge seiner Rede im Wortlaut.

"Nun sind die Wahlen zu Ende und ich bin als gewählter Präsident auf die Hilfe eines jeden Einzelnen Bürgers angewiesen. Die Wahl war ein großer und bedeutender Schritt nach vorn, in Richtung unserer nationalen Interessen und unserer Würde. Mehr als 41 Millionen eurer Stimmen hat die Geschichte unseres Landes aus Stagnation und Ungewissheit erlöst und unser Land auf den Weg des Fortschritts und der Entwicklung geführt. Ihr habt gestern all jenen, die uns in die Vergangenheit führen oder die Gegenwart verewigen wollten, eine klare Absage erteilt. Euere Teilnahme an der Wahl war, gleichgültig für wen ihr gestimmt habt, bewundernswert. Eure erneute Vertrauensbekundung hat mir Pflichten aufgebürdet. Ich hoffe, in der Lage zu sein, eure Forderungen durchsetzen zu können. Ihr habt gezeigt, dass ihr trotz politischer Polarisierungen als Nation eine Einheit bildet. Niemand wird in der Lage sein, euch zu ethnischen und religiösen Konflikten zu verleiten. Eure einheitliche Wahl in allen Teilen des Landes hat gezeigt, dass ihr eine Nation bildet und einen Staatspräsidenten wünscht, der Präsident aller Iraner und selbstverständlich Diener des Volkes sein soll. Ich grüße alle Frauen und Männer in den Städten und auf dem Land, alle Perser, Türken, Araber, Belutschen, Turkmenen, Loris, Gilakis, Masanderanis und Sistanis unter dem sternreichen Himmel Irans. Ich grüße die ehrenvollen Lehrer, die dem drohenden Sturm der Denunzierungen standhaft Widerstand geleistet haben. Ich grüße die Studenten, Künstler, Journalisten, Sportler, Arbeitgeber, Bauern, Handwerker, Arbeiter und Angestellten, die mit großem Elan die Regierung unterstützt haben. Ich grüße den gebildeten Führer der islamischen Revolution, der mit Weisheit und Klugheit die Wellen der Wahl zu ruhigem Ufer geleitet hat, sodass der emotionsgeladene Wahlkampf am Ende die Unabhängigkeit und die Macht des Volkes stärken konnte. Der eigentliche Sieger der Wahl ist das große iranische Volk, sind das Republikanische und Islamische unserer Staatsordnung, Freiheit und Unabhängigkeit, der Sieger ist die Herrschaft des Volkes. Es war der Sieg des Friedens und der Kooperation gegen Konflikte und Gewalt. Der Sieg der nationalen Einheit gegen Spaltung. (...)

Es ist angebracht, wenn ich in dieser Stunde an den Verfechter für Ausgleich und Aufbau erinnere, an Ayatollah Haschemi Rafsandschani, der uns an diesem Morgen des Sieges fehlt. Ich möchte meinem hoch geschätzten Bruder Mohammad Chatami und Hassan Chomeini, dem Erben der Familie Ayatollah Chomeimis, Dank sagen."

Es folgt eine Danksagung an weitere Personen und Organisationen, an das Parlament, an die Medien und die sozialen Netzwerke.

Weiter sagte Rohani: "Die Wahlen gewähren dem Volk die Möglichkeit, friedlich über politische, soziale und kulturelle Fragen zu entscheiden. Wahlen sind nicht dazu da, um die Konflikte zu verschärfen. Unser Volk hat bei diesen Wahlen verschiedene Ansichten vernommen und über seinen Weg in die Zukunft bestimmt. Nun müssen alle die Entscheidung des Volkes akzeptieren. Nun sind die Wahlen zu Ende und ich bin der Präsident aller Iraner. Ich bin auf die Hilfe von jedem einzelnen von euch angewiesen, auch von denen, die mich nicht gewählt haben und meine politischen Ansichten nicht teilen. Ich reiche allen Fraktionen, Parteien und Gruppen meine Hand der Freundschaft, ich werde gemäß den Regeln der Demokratie und gemäß der Verfassung der Islamischen Republik auch meinen Gegnern Achtung erweisen und ihr Recht der Kritik schützen. Heute ist Iran, stolzer als je zuvor, bereit, seine Beziehung zur Außenwelt auf der Basis der gegenseitigen Akzeptanz der nationalen Interessen, auszubauen. Mit diesen Wahlen ist unsere Botschaft an die Welt klarer geworden. Heute sollte jeder wissen, das iranische Volk hat sich für die Verständigung mit der Welt, fern von Aggression und Extremismus ausgesprochen."

Bei seiner ersten Pressekonferenz nach der Wahl am 22. Mai sagte Rohani, "List und Tücke und die Verbreitung von Unwahrheiten" hätten die Wahl nicht zu beeinträchtigen vermocht. Scharfe Kritik übte er an den Revolutionsgarden. "Die Menschen in unserem Land lieben die bewaffneten Kräfte. Aber sie wollen nicht, dass eine nationale Instanz, oder in gewissem Sinne übernationale Instanz, zu Unterstützern einer einzelnen Fraktion degradiert wird. Das Volk hat zu dieser Degradierung nein gesagt, denn die Garden gehören dem gesamten Volk und nicht einer Fraktion."

Rohani kündigte an, dass das neue Kabinett jünger sein werde als sein letztes. "Ich habe auch den Mitgliedern des Kabinetts empfohlen sowohl Jüngere als auch Frauen zu beschäftigen, damit wir in Zukunft rascher und mit mehr Elan vorankommen." Er werde auch Kräfte aus anderen Fraktionen heranziehen, so Rohani. "Sie werden sicherlich einiges zu sagen haben, was für uns nützlich sein könnte."

"Lust und Freude am Leben stehen nicht im Widerspruch zur Revolution und zum Glauben", sagte Rohani. Ohne bestimmte Namen oder Gruppen zu nennen, sagte er: "Geht mit den Bürgern so um wie ihr mit ihnen während des Wahlkampfs umgegangen seid." Auf die Frage, wie er mit Instanzen auskommen wolle, die über dem Gesetz stünden, sagte er: "Grundsätzlich müssen wir zwei Dinge tun. Erstens müssen wir die Wirtschaft, die Kultur und die sozialen Angelegenheiten den Bürgern überlassen. Die Leute arbeiten besser als die Regierung. (...) Zweitens muss alles transparent werden. Die Menschen müssen über alle Vorgänge informiert werden."

Rohani nahm auch zu der Äußerung des US-Außenministers Stellung, der der neuen Regierung in Iran empfohlen hatte, Raketentests und die Unterstützung der Hisbollah und anderer Gruppen in der Region zu unterlassen. "Unser Volk wird niemanden fragen oder um Erlaubnis bitten, wenn es darum geht, das Nötige für unser Volk zu leisten. Unsere Raketen und Waffen dienen dem Frieden. Wenn wir sie nicht bauen, wird es bei anderen zur Fehleinschätzungen führen, Fehleinschätzungen, die früher in der Region zu Unruhen und Konflikten geführt haben. Die Amerikaner sollten wissen, dass wir Raketen testen werden, wenn wir es als nötig erachten. Wir werden nicht darauf warten, bis sie uns dies erlaubt haben. Wir haben das Atomabkommen akzeptiert, um unsere Verteidigungskraft nicht zu verlieren. Ich empfehle dem Herrn Minister, er möge das Abkommen noch einmal durchlesen."


CHAMENEIS ANSPRACHE NACH DER WAHL

Auch Revolutionsführer Ali Chamenei bedankte sich bei der Bevölkerung für die große Wahlbeteiligung. Die über vierzig Millionen Stimmen zeugten von der Stabilität der Islamischen Republik, von dem großen Vertrauen, das das Volk der Führung des Staates entgegenbringe, sagte er.

Auffallend war, dass Chamenei es unterließ, Rohani, dem Sieger der Wahl, zu gratulieren. Er erteilte der neuen Regierung lediglich Anweisungen. Sie solle sich mehr um minderbemittelte Schichten kümmern, die Korruption bekämpfen und gegen Gefahren, die die Gesellschaft bedrohten, vorgehen.


MILLIONEN FEIERN DEN SIEG ROHANIS

Bereits als der Sieg Rohanis sich abzeichnete, wurde auf den Straßen gejubelt, musiziert und getanzt. Viele trugen grüne Tücher in Erinnerung an die "Grüne Bewegung" von 2009 gegen die umstrittene Wiederwahl von Präsident Mahmud Ahmadinedschad. Die Protestbewegung wurde damals brutal niedergeschlagen, es gab zahlreiche Verhaftungen von zum Teil namhafte Politiker und Aktivisten, darunter der führenden Politiker Mir Hossein Mussavi, seine Frau Sahra Rahnaward und Mehdi Karrubi, die sich immer noch im Hausarrest befinden. Die Teilnehmer der Straßenfeste forderten nun deren Freilassung. Obwohl es bei den Feiern friedlich zuging, forderte das Innenministerium die Menschen auf, nach Hause zu gehen, mit der Begründung, den Straßenverkehr nicht zu blockieren und "mögliche Missbräuche" zu vermeiden.


RAISI WILL WEITERKÄMPFEN

Nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses veröffentlichte der unterlegene Kandidat Ebrahim Raisi eine Erklärung, in der er mit dem Hinweis auf die fünfzehn Millionen Stimmen, die er bekommen habe, die Absicht bekundete, weiterhin für seine Forderungen zu kämpfen. Er bedankte sich bei seinen Anhängern und versprach, er werde mit aller Kraft die Korruption bekämpfen und sich für die Aufhebung der ungerechten Klassenunterschiede und Benachteiligungen einsetzen. Er habe durch seine Kandidatur erreicht, dass seine Forderungen, vor allem der Kampf gegen die Korruption und Ungerechtigkeit, nun von der gesamten Bevölkerung akzeptiert würden.

Raisi unterließ es, Rohani zu seinem Sieg zu gratulieren, wünschte ihm und seiner Regierung aber viel Erfolg. In einem dreiseitigen Schreiben an den Vorsitzenden des Wächterrats, Ahmad Dschannati, forderte Raisi die Untersuchung der Unregelmäßigkeiten bei der Wahl. Die hohe Beteiligung an der Wahl sei zwar erfreulich, das Ganze habe jedoch einen bitteren Beigeschmack gehabt. Es habe sowohl vor als auch bei der Wahl Unregelmäßigkeiten gegeben.

Tatsächlich hatte es bei der Wahl Probleme gegeben. Hosseinali Amiri, Mitglied des Teams zur Durchführung der Wahl, sagte am 24. Mai, in manchen Wahllokalen habe es zu wenig Wahlzettel gegeben. In der Folge konnten schätzungsweise drei Millionen Wähler ihre Stimme nicht abgeben.

Trotz der Beschwerden hat der Wächterrat am 30. Mai das Ergebnis der Präsidentschaftswahl bestätigt. Wächterratssprecher Abbas Ali Kadchodai sagte, die Beschwerden einzelner Kandidaten seien an die Justiz weitergegeben worden. Die Beschwerden änderten nichts an dem Sieg von Rohani, der mit 57 Prozent der abgegebenen Stimmen wiedergewählt worden sei. "Wir hoffen, dass die Justiz rasch, genau und gerecht die Unregelmäßigkeit prüft, sodass sich diese in Zukunft nicht wiederholen", sagte Kadchodai. Die endgültige Bestätigung der Wahl erfolgt formal durch den Revolutionsführer Ali Chamenei. Rohani wird im August seine zweite Amtszeit antreten.


SIEG DER REFORMER BEI DEN KOMMUNALWAHLEN

Auch bei den Kommunalwahlen, die gleichzeitig mit der Präsidentschaftswahl stattfanden, konnten die Reformer und Gemäßigten einen klaren Sieg erringen. In der Hauptstadt Teheran sowie in der Stadt Maschad, die bislang als Hochburgen der Konservativen galten, gingen sämtliche Mandate an Reformer und Gemäßigte. Auffallend bei den Kommunalwahlen war auch, dass besonders im Süden des Landes zahlreiche Frauen in die Stadträte gewählt wurden.

Auch bei den Kommunalwahlen war der Erfolg der Gemäßigten und Reformer darauf zurückzuführen, dass sie sich im Gegensatz zu den Konservativen auf eine gemeinsame Liste, die Liste "Omid" (Hoffnung), einigen konnten.

In Teheran gingen alle 21 Sitze des Stadtrats an die Liste Omid. Die meisten Stimmen erhielt der Sohn des verstorbenen früheren Staatspräsidenten Haschemi Rafsandschani. Mohssen Haschemi Rafsandschani wurde mit 1,7 Millionen Stimmen gewählt. Das bedeutet eine herbe Niederlage für die Konservativen und vor allem für den bisherigen Teheraner Bürgermeister Mohammad Bagher Ghalibaf, der sich um das Amt des Präsidenten beworben hatte. Der Teheraner Stadtrat befand sich seit vierzehn Jahren in der Hand der Konservativen. Ghalibaf war zwölf Jahre lang Bürgermeister der Hauptstadt.

Es gibt im ganzen Land mehrere Tausend Frauen, die sich um einen Sitz in den Stadträten beworben haben. Dass viele von ihnen dabei Erfolg hatten, zeigt, wie erfolgreich sie sich trotz aller ihnen auferlegten Einschränkungen einen Weg in die Gesellschaft und Politik ebnen.


STREIT UM DIE FREILASSUNG VON REGIMEKRITIKERN

Die Erklärung Rohanis nach seinem Wahlsieg, sich für die Freilassung von Mir Hossein Mussavi, seine Frau Sahra Rahnaward und Mehdi Karrubi, einzusetzen, rief heftige Proteste seitens der Konservativen hervor. Die Genannten waren im Zusammenhang mit den Protesten von 2009 gegen die umstrittene Wiederwahl von Präsident Mahmud Ahmadinedschad festgenommen worden. Sie befinden sich immer noch im Hausarrest.

Rohani hatte bereits bei seiner ersten Wahl vor vier Jahren versprochen, sich für die Freilassung der drei einzusetzen. Gegen seine erneute Ankündigung übte Justizchef Sadegh Laridschani scharfe Kritik. Bei einer Versammlung von Justizverantwortlichen am 29. Mai sagte Laridschani: "Alle haben sehen können, wie sie (Rohani und seine Anhänger) vor und während der Präsidentenwahl dieses Thema in den Vordergrund gestellt haben. Wir haben alle diese Aktivitäten beobachtet, sowohl aus der Ferne als auch aus der Nähe. Uns sind auch die Vorgänge bekannt, die hinter den Kulissen stattfinden. Im Kern ähneln diese Aktivitäten den Verschwörungen von 2009."

Laridschani nahm Bezug auf Rohanis Äußerungen, ohne seinen Namen zu nennen. "Uns wurde berichtet, dass einer der Kandidaten bei einer Versammlung seiner Anhänger gesagt hat, er sei angetreten, um den Hausarrest zu beenden. Was erlauben Sie sich, wer sind Sie eigentlich, dass Sie glauben, den Hausarrest beenden zu können", sagte er. Ihm sei zu Ohren gekommen, dass man die günstige Atmosphäre bei der Wahl ausnutzen wolle, um dieses Ziel durchzusetzen. Der Hausarrest sei von der höchsten Sicherheitsinstanz des Landes, dem Nationalen Sicherheitsrat, beschlossen worden. Die Aufhebung des Hausarrests bedürfe genauso wie die Aufhebung anderer Beschlüsse des Rats eines langen Prozesses. Der Versuch, Emotionen zu schüren, um diesen Beschluss aufzuheben, entstamme demselben Geist, der 2009 zu den "Verschwörungen" geführt habe.

Laridschani warnte die Medien und Personen, die sich für die Freilassung der Oppositionspolitiker einsetzten. Sie sollten damit aufhören, sonst "wird die Justiz mit Macht dagegen einschreiten". Selbst wenn der Nationale Sicherheitsrat das Ende der Haft beschließen sollte, würde die Arbeit der Justiz erst beginnen. Dann erst würden die Richter über das weitere Schicksal von Mussavi, Karrubi und Rahnaward entscheiden.

Regierungssprecher Mohammad Bagher Nobacht kritisierte Laridschani. "Der Justizchef sollte diese Diskussionen lieber im Sicherheitsrat führen und nicht öffentlich über die Medien", sagte er der Agentur ISNA am 30. Mai.


LARIDSCHANI ALS PARLAMENTSPRÄSIDENT BESTÄTIGT

Der amtierende Parlamentspräsident Ali Laridschani wurde am 31. Mai von einer großen Mehrheit der Abgeordneten in seinem Amt bestätigt. Auch die beiden Vizepräsidenten Ali Mottahari und Masud Peseschkian wurden wiedergewählt. Laridschani bekam als einziger Kandidat 204 von 288 abgegebenen Stimmen. 64 Stimmen waren ungültig. Das war ungewöhnlich. Offenbar wächst im Lager der Konservativen die Zahl der Gegner Laridschanis, weil er die Regierung Rohani unterstützt.

Laridschani ist seit fast zehn Jahren Parlamentspräsident. Zuvor war er Generalsekretär des Nationalen Sicherheitsrats und Chefunterhändler bei den Atomverhandlungen gewesen. Vor dieser Funktion war er Direktor des staatlichen Rundfunks und Fernsehens, Minister für Kultur und Islamische Führung und Stellvertreter des Oberbefehlshabers der Revolutionsgarden gewesen. Zwei seiner Brüder sind ebenfalls Träger hoher Ämter. Sadegh Laridschani ist Justizchef und Mohammad Dschawad Laridschani ist Vizejustizchef, zuständig für internationale Angelegenheiten und Menschenrechte.

Die konservativen Fraktionen im Parlament hatten bis zuletzt versucht, die Wiederwahl der beiden Vizepräsidenten zu verhindern. Peseschkian gehört der Fraktion der Reformer an, Mottahari zählt zu den moderaten Konservativen, dessen Positionen jedoch oft radikaler sind als die der Gemäßigten.

Mohammad Dschawad Abtahi, von der konservativen Fraktion "Welai", hatte in einem Interview mit der Agentur Ilna erklärt, "unsere Kritik an Mottahari besteht darin, dass er Positionen einnimmt, die sich manchmal sogar gegen die islamische Staatsordnung richten. Daher halten wir ihn für den Posten des Vizepräsidenten als ungeeignet".

Der Vorsitzende der Fraktion "Omid", Mohammad Resa Aref, hatte zuvor erklärt, "Peseschkian und Mottahari bilden unsere rote Linie". Und sein Stellvertreter Mohammad Resa Tabesch sagte, es sei nicht geplant gewesen, dass seine Fraktion eine eigene Liste für das Präsidium zur Wahl stellt. Aber nachdem die anderen zwei Fraktionen, "Welai" und "Welai Mostaghel", offenbar eine gemeinsame Liste planten, werde seine Fraktion ebenfalls eine eigene Liste vorlegen. Er betonte zugleich, dass eine Frau und ein Sunnit in die Liste aufgenommen werden würden.

Bei der Abstimmung erlitten die Konservativen eine herbe Niederlage. Mottahari wurde mit 163 Stimmen zum Vizepräsidenten gewählt, vor einem Jahr hatte er 133 Stimmen bekommen. Auch Peseschkian bekam mit 179 Stimmen eine satte Mehrheit. Allerdings konnte die Omid-Fraktion von den restlichen neun Mitgliedern nur ein Mitglied stellen.

Das Präsidium des Parlaments besteht aus einem Präsidenten, zwei Vizepräsidenten und neun Mitgliedern. In der gewählten Liste befindet sich keine Frau und auch kein Sunnit.

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KULTUR

• Chamenei kritisiert Sustainable Development Goals der UNO
• Unstimmigkeiten über den Tod von Kiarostami
• Wichtiger Preis für eine iranische Schriftstellerin in Frankreich
• Farhadi erhält nachträglich seinen Oscar in Cannes


CHAMENEI KRITISIERT SUSTAINABLE DEVELOPMENT GOALS DER UNO

Vor einer Versammlung von Lehrern und Angestellten der Bildungseinrichtungen kritisierte Revolutionsführer Ali Chamenei die von der Unesco festgelegten nachhaltigen Entwicklungsziele ("Sustainable Development Goals"), die bis zum Jahr 2030 umgesetzt werden sollen. "Dieses Dokument der Unesco ist kein Dokument, das die Islamische Republik akzeptieren könnte", sagte er. "Es ist grundsätzlich falsch, ein Dokument zu unterzeichnen und es danach still und leise umzusetzen. Das ist absolut nicht erlaubt. Die Verantwortlichen hätten vorsichtig sein müssen und dürften nicht alles so laufen lassen, bis wir dagegen einschreiten."

Das Dokument, das 2015 von der UNO beschlossen wurde, verpflichtet alle Mitgliedsstaaten, bis zum Jahr 2030 die in dem Dokument festgesetzten Ziele umzusetzen. Zu den siebzehn Zielen des Dokuments gehört u.a. eine qualitativ gute, gerechte und geschlechtsunabhängige Schulausbildung für alle.

Chamenei übte scharfe Kritik an der Regierung, die das Dokument unterzeichnet hatte und sagte: "Wie kommt ein sogenanntes internationales Gremium, das unter dem Einfluss der Großmächte steht, dazu, sich zu erlauben, Staaten und Völker mit unterschiedlicher Geschichte und Kultur Pflichten aufzuerlegen?"

Das Dokument wurde bereits 2015 von rechtskonservativen Gruppen und von der rechts orientierten Presse kritisiert und als kulturelle Variation des Atomabkommens bezeichnet. Hassan Rahim Purasghodi, Mitglied des "Obersten Rats der Kulturrevolution" meinte, das Dokument habe einen "liberalen und neoliberalen Blick" auf die Rechte der Kinder, Frauen und Familien. Zwar gebe es gewisse Gemeinsamkeiten mit islamischen Auffassungen, es gebe jedoch grundsätzliche Widersprüche zum Islam. Rechte Zeitungen sprachen von Verschwörungen und Versuchen der Einflussnahme auf die islamische Kultur und Moral. Demgegenüber begrüßten unabhängige Zeitungen und Reformpolitiker das Dokument als eine Hilfestellung zur Modernisierung des Erziehungs- und Schulsystems in Iran.

Bezugnehmend auf das UN-Dokument wurde 2015 ein Dokument mit dem Titel: "Vorwärts zur lebenslangen, allgemeinen und gleichberechtigten Bildung und Ausbildung für alle" in Iran veröffentlicht. Das Dokument umfasst 200 Seiten. Die Kapitelüberschriften ähneln denen des UN-Dokuments. Dieses Dokument wurde zwar noch nicht als Gesetz verabschiedet, doch es gibt einen Regierungsbeschluss über die Gründung einer Arbeitsgruppe, die die Umsetzung des Dokuments prüfen soll. Im vergangenen Jahr gab die Unesco bekannt, dass die Regierung in Teheran dem Parlament eine entsprechende Gesetzesvorlage vorgelegt habe. Doch bislang hat sich das Parlament nicht damit befasst.

Chamenei kritisierte die Mitglieder des Kulturrevolutionsrats. Diese hätten besser aufpassen müssen. Der Rat hat die Aufgabe, die islamische Kultur zu verbreiten und "materialistische und westliche Einflussnahmen" zu verhindern. Chamenei machte die Mitglieder des Rats auf diese Aufgabe aufmerksam. Er befürchtet eine kulturelle Unterwanderung, die die Legitimität der Islamischen Republik in Frage stellen könnte.


UNSTIMMIGKEITEN ÜBER DEN TOD VON KIAROSTAMI

Den Angaben des Leiters der iranischen Gesundheitsorganisation, Dr. Aliresa Sali, zufolge hat ein Team von vierzig Mitgliedern, das die Umstände des Todes des international bekannten Filmemachers Abbas Kiarostami untersuchen sollte, Unstimmigkeiten bei der Behandlung des Verstorbenen festgestellt. Auf einer Pressekonferenz am 29. Mai sagte Sali, wir haben trotz mehrmaliger Bitte um Auskunft aus Frankreich über die Umstände des Todes des Filmemachers nichts erhalten, nicht einmal ein Blatt aus seinem Krankenbericht.

Sali zeigte sich auch darüber verwundert, dass es nach dem Tod von Kiarostami keine Obduktion gegeben habe. Das Team habe die drei Tage, die Kiarostami vor seinem Tod in Frankreich verbracht habe, genau erforscht. Über die zuvor in Iran stattgefundene Behandlung des Filmemachers lieferte Sali keinen Bericht.

Nach Ansicht der Gesundheitsorganisation ist Kiarostami an einer Hirnblutung gestorben, was durch die Einnahme einer hohen Dosis von Heparin verursacht worden sei. Sali forderte die Franzosen noch einmal auf, zu erklären, warum dem Filmemacher das Medikament verabreicht worden sei und wie er die letzten Stunden seines Lebens verbracht habe. Die Diagnose sei noch nicht endgültig, sagte er. Das Resultat der letzten Untersuchungen werde in den nächsten Tagen bekannt gegeben.

Der Sohn des Filmemachers, Bahman Kiarostami, kritisierte, dass Sali über die Behandlung Kiarostamis vor seiner Reise nach Frankreich nicht berichtet habe. "Die Fokussierung auf die Tage in Frankreich soll offenbar von der Behandlung in Iran ablenken", sagte er. "Wir haben wiederholt erklärt, dass wir nicht die Absicht haben, die Todesursache zu erfahren. Es geht uns in erster Linie um die Klärung der Vorgänge, die zum Tod unseres Vaters geführt haben." Zudem sei es nicht wahr, dass die Gesundheitsorganisation keinen Zugang zu dem Krankenbericht gehabt habe. "Wir haben vor neun Monaten dem Gerichtsmediziner die vollständige Akte vorgelegt und eine Kopie an die Gesundheitsorganisation geschickt."

Der unerwartete Tod von Kiarostami hatte eine Welle von Misstrauen ausgelöst. Kiarostami lag, bevor er zur Weiterbehandlung nach Frankreich gebracht wurde, vier Monate lang in einem Teheraner Krankenhaus. Nach Aussagen von Sali war die Lungenembolie erst in Frankreich aufgetreten.

Die Ärzte in Frankreich, die Kiarostami behandelt hatten, erklärten, bei der Einlieferung des Filmemachers sei ein Hämatom im Gehirn festgestellt worden. Die Frage ist, was das Hämatom verursacht habe und wieso es nicht bereits in Iran festgestellt worden sei.

Nach Angaben von Sali ist gegen einen der Ärzte, die Kiarostami in Iran behandelt haben, Anzeige erstattet worden. Er sagte aber nicht, was genau dem Arzt vorgeworfen werde.

Die Tatsache, dass die Geschichte um den Tod von Kiarostami ungeklärt und dubiös ist öffnet Tür und Tor für Gerüchte und Verschwörungstheorien. Es ist merkwürdig, dass die staatliche Gesundheitsorganisation nicht in der Lage und nicht gewillt zu sein scheint, alle Sachverhalte des Vorgangs offen zu legen.


WICHTIGER PREIS FÜR EINE IRANISCHE SCHRIFTSTELLERIN IN FRANKREICH

Die 37-jährige iranisch-französische Schriftstellerin Marjam Madschidi hat den Preis Goncourt du Premier Roman 2017 für ihren Roman "Marx und die Puppe" erhalten. Es ist das erste Mal, dass eine gebürtige Iranerin diesen renommierten Preis erhält.

Die Goncourt-Akademie blickt auf eine hundertjährige Geschichte zurück. Neben dem Hauptpreis, der als wichtigster Literaturpreis Frankreichs jedes Jahr im November vergeben wird, werden auch andere Preise wie der Preis für Gymnasiasten, für Kurzgeschichten, für Lyrik und für Autobiographien vergeben.

Der Preis für den ersten Roman wurde zum ersten Mal 1990 gemeinsam mit dem Pariser Bürgermeister von Goncourt vergeben. Mit diesem Preis sollen angehende Schriftsteller zur Fortsetzung ihrer Arbeit ermuntert werden. Seitdem wird jedes Jahr ein Erstlingswerk ausgezeichnet. Die Jury für diesen Preis ist dieselbe, die den Hauptpreis der Akademie verleiht. Sie hat zehn Mitglieder. Vorsitzender ist der in Frankreich berühmte Journalist Bernard Pivot. Zu den bekannten Mitgliedern gehören Emanuel Schmidt und Tahar Ben Jelloun.

Der Roman "Marx und die Puppe" konnte in diesem Jahr in Konkurrenz mit drei anderen Autoren mit sieben Stimmen der zehn Akademie-Mitglieder den Sieg davontragen. Der französische Schriftsteller und Regisseur Philippe Claudel, der den Preis an die Autorin übergab, sprach von "einer Stimme, die sich aus der Ferne hier gebildet hat".

Marjam Madschidi ist in Teheran geboren. Als sie sechs Jahre alt war, verließ sie mit ihren Eltern ihre Heimat. Die Familie lebte zunächst in Paris, nach wenigen Jahren siedelte sie in die Umgebung der Hauptstadt um. Marjam unterrichtete nach ihrem Studium als Lehrerin die französische Sprache. Auch zurzeit gibt sie Sprachunterricht für ausländische Kinder.

Als sie 22 Jahre alt war besuchte sie zum ersten Mal ihre Heimat, unter anderem um ihre Muttersprache zu stärken. Danach lebte sie vier Jahre in Peking und zwei Jahre in Istanbul. Bereits in ihren jungen Jahren hatte sie mit dem Schreiben begonnen. Doch bislang ist nur ein einziger Roman von ihr veröffentlicht worden, eben "Marx und die Puppe". Nach eigenen Angaben ist sie zurzeit mit einem zweiten Roman beschäftigt.

Der Roman "Marx und die Puppe" ist im vergangenen Winter erschienen. Er umfasst 208 Seiten. Das Werk wurde in der französischen Presse sehr gelobt. Der Roman, der aus drei Kapiteln besteht, ist autobiographisch orientiert und erzählt die drei Phasen des Lebens der Autorin: "Die erste Geburt" handelt von den ersten sechs Jahren, die sie in Iran verbrachte. Es waren die turbulenten Zeiten der islamischen Revolution. Das zweite Kapitel, "die zweite Geburt", erzählt von ihrer Ankunft in Frankreich und den Problemen der ersten Zeit, mit denen die Autorin konfrontiert war. Das dritte Kapitel handelt von ihrer Rückkehr nach Iran und den Erlebnissen in der neu gewonnenen Heimat.

Die Sprache ist bildreich, metaphorisch und stellenweise poetisch. "Mit dem Schreiben hole ich die Worte und Begriffe aus dem Grab heraus, genau das Gegenteil von dem, was ein Totengräber tut", schreibt sie. Zeit und Ort des Geschehens wechseln ständig. Mal ist die Protagonistin in Paris, im nächsten Moment in Peking, Teheran oder Istanbul. Sie taucht manchmal als "ich" auf, ein anderes Mal als "sie". Manchmal zitiert sie die persischen Dichter Hafis oder Omar Khajjam.

Der Titel des Romans deutet zum einen auf die Bücher der Familie hin, die kommunistisch orientiert war, und auf die Puppen, die sie als Kind mit anderen Kindern teilen musste. Sowohl die Bücher als auch die Puppen wurden beim Verlassen Irans zurückgelassen.

Der Roman beginnt mit der Geschichte eines Mannes in einer Gefängniszelle, der in einen Stein im Hof des Gefängnisses den Namen seiner Tochter einmeißelt.


FARHADI ERHÄLT NACHTRÄGLICH SEINEN OSCAR IN CANNES

Der international berühmte Filmemacher Asghar Farhadi erhielt nach einer dreimonatigen Verzögerung am 18. Mai den ihm verliehenen Oscar bei den Filmfestspielen in Cannes. Die Auszeichnung wurde dem 45-jährigen Regisseur für seinen Film "The Salesman" verliehen. Farhadi hatte sich wegen des von US-Präsident Donald Trump verhängten Einreiseverbots für Angehörige von sieben islamischen Staaten geweigert, nach Los Angeles zu reisen, um dort die Auszeichnung entgegenzunehmen. Farhadi bezeichnete Cannes als einen "Ort, wo die Kulturen miteinander reden".

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WIRTSCHAFT

• Mehr als acht Prozent Wirtschaftswachstum im Jahr 2016
• Flughafenprojekt geplatzt
• Iran bemüht sich um Finanzierung für Flugzeuggroßauftrag
• Iran hält sich an das Atomabkommen


MEHR ALS ACHT PROZENT WIRTSCHAFTSWACHSTUM IM JAHR 2016

Laut dem Amt für Statistik verzeichnete die iranische Wirtschaft im vergangenen Jahr (März 2016 - März 2017) ein Wachstum von 8,3 Prozent. Damit erreichte die Wirtschaft, die fünf Jahre lang kontinuierlich geschrumpft war, wieder den Stand von 2012. Grund für die Stagnation beziehungsweise für die Schrumpfung waren die Sanktionen, Korruption und eine schlechte Wirtschaftspolitik. Allerdings ist die sprunghafte Entwicklung vor allem auf die Aufhebung des Ölembargos und damit den Anstieg der Ölexporte zurückzuführen. Das Wachstum der Ölindustrie lag bei elf Prozent, das der Landwirtschaft bei 5,7 Prozent.

Zwar ist das Wachstum im vergangenen Jahr zufriedenstellend, aber damit sind die Probleme der iranischen Wirtschaft noch lange nicht beseitig. Irans Wirtschaft leidet auch nach der Aufhebung der Sanktionen an strukturellen Problemen. Sie ist weitgehend vom Ölexport abhängig. Daher erzeugen die Menge des exportierten Öls sowie die Preise auf dem Weltmarkt Schwankungen in der iranischen Wirtschaftskraft. So trieb die Aufhebung des Ölembargos sofort das Wachstum der gesamten Wirtschaft in die Höhe. Rechnet man die Gewinne der Ölbranche heraus, liegt das Wachstum der iranischen Wirtschaft durchschnittlich jedoch eher bei 3,5 Prozent.


FLUGHAFENPROJEKT GEPLATZT

Einem Bericht der Agentur Reuters vom 5. Mai zufolge ist das Abkommen zum Bau eines neuen Terminals am Teheraner Chomeini-Flughafen durch den französischen Mischkonzern Bouygues gescheitert. Wie ein Sprecher des Konzerns bekannt gab, wurde die Absichtserklärung vom vergangenen Jahr ohne Begründung aufgehoben. Trotzdem werde weiterverhandelt. Nach Einschätzung des Online Portals "La Lettre de L'Expansion" scheiterte das Geschäft an der Finanzierung. Die Banken seien wegen der Unsicherheit, die durch fortbestehende Sanktionen gegen Iran entstünden, nicht gewillt gewesen, das Projekt finanziell zu unterstützen.


IRAN BEMÜHT SICH UM FINANZIERUNG FÜR FLUGZEUGGROßAUFTRAG

Iran ist laut einer Meldung der Agentur Reuters vom 4. Mai bemüht, in Großbritannien eine Finanzierung für den Kauf von Flugzeugen im Wert von mehreren Milliarden Euro zu erhalten. Es geht um die Bestellung von Airbus- und Boeing-Maschinen, für die Iran laut Auskunft von zwei vertrauten Personen mit der britischen Exportbank UKEF Gespräche führt. Irans Vizeminister für Infrastruktur, Asghar Fachrie-Kaschan, sagte: "Wir haben von der UKEF einige Angebote bekommen, die von Iran geprüft werden."

Iran habe der Agentur zufolge, die sich auf Insider stützt, bisher lediglich drei Airbus-Maschinen bekommen, die bar bezahlt worden seien. Bestellt hat das Land 100 Airbus- und 80 Boeing-Verkehrsmaschinen.

Das Problem ist, dass die Entscheidung über Exportkredite an Iran erst nach den Wahlen in Großbritannien fallen wird.


IRAN HÄLT SICH AN DAS ATOMABKOMMEN

US-Geheimdienstdirektor Dan Coats bescheinigte Iran, sich bislang an das 2015 unterzeichnete Atomabkommen gehalten zu haben. Das Abkommen habe mehr Transparenz gebracht, zitierte ihn dpa in einem Bericht vom 5. Mai. Nun brauche Iran für die Produktion einer Atombombe nicht mehr Monate, sondern etwa ein Jahr. Allerdings sei es nicht klar, ob die iranische Führung sich nicht irgendwann dazu entschließen würde, doch eine Atombombe zu bauen.

Irans Präsident Hassan Rohani hatte am 15. Mai angekündigt, im Falle seiner Wiederwahl noch bestehende "Unstimmigkeiten" im Atomprogramm auszuräumen. "Der Präsident hat das angesprochen und wir werden überlegen, wie wir diese neue Initiative umsetzen können", sagte Bahram Ghassemi, Sprecher des Außenministeriums. Rohani kündigte an, er werde sich dafür einsetzten, dass auch die Sanktionen, die nicht mit dem Atomabkommen zusammenhängen, aufgehoben werden.

An diesen Sanktionen sind vor allem die USA beteiligt. Verhandlungspartner wäre also in diesem Fall die Regierung Donald Trump. Zu der Frage, ob Iran mit Verhandlungen über das Atomabkommen mit der Trump-Regierung bereit wäre, sagte Außenamtssprecher Bahram Ghassemi: "In der Diplomatie ist nichts unmöglich. Mit diplomatischen Verhandlungen lassen sich viele Probleme lösen."

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AUSSENPOLITIK

• Scharfe Attacken der USA und Saudi-Arabiens gegen Iran
• Trump in Israel
• Russland, Türkei und Iran beschließen Einrichtung von Schutzzonen in Syrien
• Reaktionen des Auslands auf Rohanis Wahlsieg
• Sarif in Afghanistan
• Iran verurteilt Anschlag in Kabul
• Iran begrüßt den Bau einer Mauer an der iranisch-türkischen Grenze
• Iran will notfalls selbst gegen Terroristen in Pakistan vorgehen


SCHARFE ATTACKEN DER USA UND SAUDI-ARABIENS GEGEN IRAN

US-Präsident Donald Trump und König Salman von Saudi-Arabien haben Iran bei einer Versammlung von Vertretern von vierzig islamischen Staaten in der saudischen Hauptstadt Riad am 21. Mai scharf angegriffen. Salman bezeichnete Iran als "Speerspitze des Terrorismus" und sagte: "Wir haben Gott und den Völkern der ganzen Welt gegenüber die Pflicht, gemeinsam gegen teuflische Kräfte und gegen Extremismus vorzugehen." Er beschuldigte Iran, den extremistischen Islam in die ganze Welt exportieren zu wollen. Seit der Machtübernahme Chomeinis in Iran 1979 habe Iran die Führung des internationalen Terrorismus übernommen, sagte er.

"Ich möchte über Iran sprechen, über das Land, das für die Destabilisierung der Region verantwortlich ist und Terroristen ausbildet", sagte Trump. "Iran hat das Feuer der Spaltung geschürt. Iran will Israel vernichten. Iran hat die Region unsicher gemacht. Dafür ist Syrien Zeuge." Das größte Opfer des iranischen Regimes seien die Menschen in Iran. "Alle müssen helfen, um das iranische Regime zu isolieren", erklärte der Präsident.

Saudi-Arabien war das erste Land, das Trump auf seiner ersten Auslandreise besuchte. Er traf am 20. Mai in Riad ein. Bereits am ersten Tag des Besuchs unterzeichnete er ein Abkommen über mehr als 380 Milliarden Dollar. "Das war ein unglaublicher Tag. Hunderte Milliarden Dollar Investitionen in den USA und Jobs, Jobs, Jobs", sagte der offenbar glückliche Präsident. Den saudischen Agenturen zufolge wurden 34 Abkommen geschlossen, die verschiedene Bereiche betrafen, unter anderem den Kauf von Waffen im Wert von 110 Milliarden Dollar. Laut US-Außenminister Tillerson sollen die Waffen die "langfristige Sicherheit Saudi-Arabiens und der gesamten Region" garantieren - vor dem Hintergrund der Drohungen aus Iran.

Trump hatte auch eine Rede an die islamische Welt angekündigt. Er bringe eine Botschaft "der Freundschaft, der Hoffnung und der Liebe", sagte er. "Wir sind nicht hier, um Lektionen zu erteilen und anderen Leuten zu sagen, wie sie leben sollen", betonte er.

Bereits vor dem Besuch Trumps hatte sich der Konflikt zwischen Teheran und Riad weiter zugespitzt. Der saudische Kronprinz und Verteidigungsminister Mohammad Ben Salman hatte Iran mit einem Präventivschlag gedroht. "Wir werden nicht warten, bis sie (die Iraner) den Krieg nach Saudi-Arabien bringen. Unser Bestreben ist, dass der Krieg auf ihr Territorium geführt wird", sagte er.

Auf diese Äußerung reagierte Irans Verteidigungsminister Dehghan in einem Interview mit dem libanesischen Fernsehsender Al-Nahar am 7. Mai mit den Worten, sollte Saudi-Arabien Iran angreifen, werde in dem Land außer Mekka und Medina kein Flecken mehr sicher sein. "Ich verstehe nicht, wie die (Saudis) so etwas wagen könnten, glauben sie etwa, sie haben so eine starke Luftwaffe, mit der sie sich einen Angriff leisten könnten", sagte Dehghan. "Ich würde ihnen raten, solche Dummheiten zu unterlassen."

Salman lehnte in einem Interview mit MBC Direktverhandlungen mit Iran ab. Er warf Iran vor, die gesamte Region beherrschen zu wollen. "Sie wollen die Rückkehr des verborgenen Imams vorbereiten", sagte er spöttisch. Die Schiiten glauben, dass der zwölfte Nachfolger des Propheten Mohammad im Verborgenen lebt und irgendwann zurückkehren wird, um auf der Welt Gerechtigkeit walten zu lassen.

Irans Vertreter bei der UNO, Gholamali Choschru, legte bei den Vereinten Nationen eine Beschwerde gegen Saudi-Arabien ein. Die Drohung mit einem Krieg gegen ein Land verstoße gegen die Charta der UNO, schrieb er an den Generalsekretär.

Auf die Äußerungen Trumps und Salmans reagierte Teheran hingegen ironisch. "Gerade in der Bastion der Demokratie und Moderation (Saudi-Arabien) attackiert der US-Präsident Iran kurz nach einer demokratischen Wahl", twitterte Außenminister Mohammad Dschawad Sarif am 22. Mai. Zu dem Waffendeal sagte er, Trump habe die Saudis "gemolken". "Ist das Außenpolitik?" An Salman gerichtet schrieb er: "Wir erreichen unsere Stabilität nicht durch Koalitionen (mit den USA und anderen Mächte), sondern durch demokratische Wahlen." So etwas gebe es in Saudi-Arabien und vielen anderen Ländern nicht.

Auch der wieder gewählte Präsident Rohani nahm zu den Äußerungen Trumps und Salmans Stellung. "Die Amerikaner kennen unsere Region nicht, das ist das Problem", sagte er am 22. Mai bei einer Pressekonferenz. Mit Blick auf Saudi-Arabien und andere Staaten am Persischen Golf fuhr er fort, bedauerlicherweise höre die US-Regierung auf Staaten, die mit Geld ihre Gunst erkauften, sie aber auf die falsche Bahn führten. Es sei nicht klar, welche Ziele die US-Regierung verfolge. Die Beziehungen zwischen Teheran und Washington seien eine "kurvenreiche Straße". "Wir warten darauf, dass diese Regierung sich zivilisiert verhält. Hoffentlich werden sich die Dinge beruhigen, damit wir eine genauere Einschätzung (zu der Politik der USA in der Region) abgeben können."

Das Treffen Trumps mit den islamischen Staatsoberhäuptern in Riad bezeichnete Rohani als "Schauveranstaltung", die politisch wertlos sei. Das Problem des Terrorismus könne man nicht mit Geld und Waffenlieferungen lösen. Iran sei ein demokratisches Land, sagte Rohani mit Blick auf die gerade stattgefundenen Präsidentschaftswahlen. Mehr als 40 Millionen Menschen hätten an der Wahl teilgenommen. Demgegenüber habe Saudi-Arabien noch nie eine Wahlurne gesehen.

Es seien die Völker Iraks, Syriens und Libanons, die dem Terrorismus Widerstand leisten würden und Iran habe mit seinen Diplomaten und Militärberatern diese und andere Völker unterstützt und werde sie auch weiterhin unterstützen. Die Saudis hätten nun mehr als 100 Milliarden Dollar in die Taschen der Amerikaner gesteckt. "Sie kaufen Waffen. Wir brauchen keine Waffen zu kaufen, wir bauen sie selbst. Wir sind in der Lage, Waffen zu bauen. Die Saudis können nicht einmal die gekauften Waffen selbst benutzen." Er rate den Saudis, etwas für Demokratie zu tun anstatt Waffen zu kaufen.

Die Islamische Republik wolle, dass der Terrorismus besiegt werde, sagte Rohani weiter. Wer könne behaupten, dass die Stabilität in der Region ohne Iran wiederhergestellt werden könne? Zu den Vorwürfen Trumps und Tillersons gegen das iranische Raketenprogramm sagte Rohani: "Wir werden an unserem Raketenprogramm festhalten. Unsere Raketen sind für den Frieden und unsere Verteidigung." Es seien Träumereien, wenn die USA glaubten, das Raketenprogramm beenden zu können.

"Unser Ziel ist die Bekämpfung des Terrorismus und dafür sind wir weiterhin bereit zu einer Zusammenarbeit mit den Ländern in der Region und jenseits davon", erklärte Rohani versöhnlich.


TRUMP IN ISRAEL

Aus Saudi-Arabien kommend erklärte US-Präsident Donald Trump auf dem Flughafen Ben-Gurion in Tel Aviv am 22. Mai: "Ich bin Zeuge davon, dass die arabischen Nachbarn Israels immer mehr begreifen, dass die Gefahr, die sowohl sie als auch Israel bedroht, Iran ist. Iran darf niemals in den Besitz von Nuklearwaffen gelangen." Überall in der gesamten Region gebe es Zeichen einer iranischen Unterstützung des Terrorismus, sagte Trump laut dpa. Überall, in Jemen, im Irak und in anderen Ländern seien Spuren Irans festzustellen: Waffen, Geld und Soldaten.

Mit Blick auf das Atomabkommen sagte Trump, Iran sollte den USA dankbar sein. "Wir haben ihnen (den Iranern) eine Rettungsleine zugeworfen." Das Abkommen habe Iran Wohlstand und Wachstum gebracht und ihnen die Möglichkeit gewährt, den Terrorismus fortzusetzen. "Der Vertrag ist unglaublich."

Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Trump in Jerusalem bedankte sich der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu für die harte Position Washingtons gegenüber Iran. "Ich möchte, dass du weißt, wie sehr wir für den Kurswechsel gegenüber Iran, den du hier vor einer Stunde erläutert hast, dankbar sind. Ich möchte, dass du weißt, wie sehr wir uns über die Maßnahme freuen, die du gegen die Nutzung chemischer Waffen in Syrien getroffen hast. Ich bin davon überzeugt, dass wir gemeinsam die iranischen Aggressionen und den Terrorismus Irans entgegenwirken und die iranischen Ambitionen für den Besitz von Nuklearwaffen verhindern können."

Irans Außenamtssprecher Bahram Ghassemi kritisierte am 22. Mai vor der Presse die Verbreitung einer "Iranphobie" seitens der USA. "Die USA versuchen mit der Fortsetzung ihrer feindlichen Politik gegen Iran, die Staaten der Region zum Kauf von immer mehr Waffen zu ermuntern. Leider verlassen sich manche Staaten der Region auf die Unterstützung durch fremde Mächte anstatt sich auf ihr eigenes Volk und das Potentials der Zusammenarbeit mit den Nachbarstaaten zu verlassen", sagte Ghassemi. Die neuerlichen Äußerungen Trumps bezeichnete er als "listige Einmischung" in Angelegenheiten der Region.

Ohne den Namen eines Staates zu nennen, sagte Ghassemi, die Staaten der Region sollten an Stabilität, Wohlstand und den Frieden ihrer eigenen Völker denken und auf der Basis der Selbstbestimmung der Völker ihre Gelder für die Entwicklung und produktive Zusammenarbeit mit den Nachbarstaaten investieren, statt Milliarden für eine vage Unterstützung durch die USA auszugeben.

Zugleich haben die iranischen Streitkräfte in einer Erklärung vom 22. Mai "die Entstehung einer Epoche der Ignoranz der vorislamischen Zeit" kritisiert. Ziel dieser Entwicklung sei eine "schändliche Einigung der reaktionären Araber mit der israelischen Besatzungsmacht". "Aber dieser Traum Israels werde niemals in Erfüllungen gehen", hieß es in der Erklärung.


RUSSLAND, TÜRKEI UND IRAN BESCHLIEßEN EINRICHTUNG VON SCHUTZZONEN IN SYRIEN

Russland, die Türkei und Iran haben beschlossen, in Syrien Schutzzonen einzurichten, um die vereinbarte Waffenruhe zu stabilisieren und der Zivilbevölkerung mehr Schutz zu gewähren. Die Vereinbarung wurde wie die Agentur AFP am 4. Mai meldete, in der kasachischen Hauptstadt Astana von den Vertretern der drei Staaten unterzeichnet. An der Entscheidung zu dieser Maßnahme war die syrische Regierung nicht beteiligt, auch oppositionelle Gruppen wurden nicht hinzugezogen. Einige dieser Gruppen haben während der Unterzeichnung aus Protest den Saal verlassen. "Wir beteiligen uns nicht an diesem Abkommen, das ein Abkommen zwischen diesen drei Ländern ist. Wir sind überhaupt nicht einverstanden, dass Iran ein Garant des Abkommens ist", erklärte Usama Abu Seid, Sprecher der Rebellendelegationen. Demgegenüber erklärte die syrische Regierung, sie sei mit dem Abkommen einverstanden und werde es unterstützen.

Es ist, wie AFP schreibt, nicht eindeutig, was unter den sogenannten "Zonen der Deeskalation" zu verstehen ist. Präsident Putins Äußerung zufolge, sollen in diesen Gebieten keine Flugzeuge eingesetzt werden, vorausgesetzt, dass keine Angriffe aus diesen Zonen heraus unternommen werden.

Das türkische Außenministerium begrüßte das Memorandum, das "den Stopp des Einsatzes aller Waffenarten durch die Kriegsparteien, einschließlich Luftwaffe vorsieht, sowie den raschen und ununterbrochenen Zugang für humanitäre Hilfe in diesen Regionen".

Die USA reagierten zurückhaltend auf das Abkommen. Ihre Bedenken richteten sich unter anderem gegen die Teilnahme Irans. Iran habe in Syrien bislang "nur zur Gewalt beigetragen, nicht sie gestoppt", sagte US-Außenamtssprecherin Heather Nauert am 4. Mai. Allerdings begrüßte sie die Bemühungen Russlands und der Türkei, auf eine Deeskalation in Syrien hinzuwirken.

Die Vereinten Nationen begrüßten die Errichtung von "Schutzzonen", die sie als ermutigend bezeichneten. UN-Generalsekretär Antonio Guterres meinte, wichtig sei nun, dass die Lage der Menschen, die seit Jahren unter dem Krieg litten, verbessert werde und humanitäre Hilfsleistungen rascher und leichter erfolgen könnten.


REAKTIONEN DES AUSLANDS AUF ROHANIS WAHLSIEG

Eine ganze Reihe ausländischer Regierungen haben Rohani zu seinem Wahlsieg beglückwünscht. Die Reaktion der USA war zurückhaltend. Außenminister Rex Tillerson äußerte auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem saudischen Amtskollegen Adel al-Dschubeir die Hoffnung, dass die Regierung Rohani "das iranische Terrornetz und Raketenprogramm zerstört" und den Iranern das Recht auf Meinungsäußerung und Parteienbildung gewähren würde, "damit die Iraner so leben können, wie sie möchten". Tillerson betonte, dass die USA die Tür zu einem produktiven Dialog mit Teheran offenhalten werden.

Der saudische Außenminister Al Dschubeir sagte, "die Wiederwahl von Hassan Rohani ist eine inneriranische Angelegenheit." Saudi-Arabien beurteile Iran entsprechend des Verhaltens des Landes und nicht nach den Äußerungen seiner Politiker. Wenn Iran als ein normales Land akzeptiert werden wolle, müsse es aufhören, sich in die Angelegenheiten anderer Länder einzumischen.

Der russische Präsident Wladimir Putin gratulierte Rohani zu seinem Sieg. Er begrüße die Fortsetzung der aktiven Zusammenarbeit mit Iran zur Herstellung von Stabilität und Sicherheit im Nahen und Mittleren Ostens, sagte er.

Auch der britische Außenminister gratulierte Rohani zu seinem Sieg. Er hoffe, den Dialog mit Teheran fortsetzen und weitere Fortschritte, unter anderem in Bezug auf die Nahost-Politik, die Einhaltung der Menschenrechte und dem Umgang mit doppelten Staatsbürgerschaften, erzielen zu können.

Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini beglückwünschte Rohani zu seinem "starken Mandat". Die EU sei nach wie vor bereit, die volle Umsetzung des Atomabkommens zu unterstützen und sich für den Frieden in der Region aktiv einzusetzen und "den Erwartungen aller Menschen in Iran gerecht zu werden".

Bundesaußenminister Sigmar Gabriel erklärte, die Wahl zeige, dass die Mehrheit der Iraner den Weg der wirtschaftlichen und politischen Öffnung fortsetzen möchten. "Deutschland steht als Partner bereit, diesen Weg weiter (mit Iran) zu beschreiten." Berlin hoffe auf eine weitere Zusammenarbeit mit Teheran.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron äußerte den Wunsch, die Beziehungen zwischen Paris und Teheran zu vertiefen, vor allem in den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur. Rohanis Wahl lasse die Hoffnung zu, dass das Atomabkommen von 2015 weiterhin umgesetzt werde.


SARIF IN AFGHANISTAN

Der iranische Außenminister Mohammad Dschawad Sarif hat bei einem offiziellen Besuch in Afghanistan unter anderem den Staatspräsidenten des Landes, Mohammad Aschraf Ghani, getroffen. Dabei erklärte der Präsident, die Stabilität des Landes dürfe nicht den Rivalitäten der Regionalmächte geopfert werden. Afghanistan werde den "terroristischen Gruppen" nicht erlauben, auf afghanischem Territorium ihren Kampf gegen andere Staaten auszutragen. Die Regierung der nationalen Einheit (Afghanistans) sei zum Ausbau der bilateralen Beziehungen mit Iran auf den Gebieten Wirtschaft, Transport, Kampf gegen Drogenschmuggel und der Beseitigung von Grenzproblemen bereit, betonte Ghani.

Sarif erklärte, Ziel seines Besuchs sei der Ausbau der strategischen Zusammenarbeit mit Afghanistan. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem afghanischen Amtskollegen Salaheddin Rabbani sagte Sarif mit Blick auf die jüngsten Anschläge in verschiedenen Teilen Afghanistans, das Feuer, das "Fremde" gelegt hätten, werde bald die Täter selbst heimsuchen.

Sarif und Ministerpräsident Abdullah Abdullah sprachen über Sicherheitsprobleme, regionale Zusammenarbeit und aktuelle Friedensbemühungen. Sarif sprach auch über die rund zwei Millionen afghanischen Flüchtlinge, die schätzungsweise in Iran leben. Die Islamische Republik habe befriedigende Maßnahmen für die Flüchtlinge getroffen und bemühe sich, auch für Afghanen, die illegal im Land lebten, geregelte Verhältnisse zu schaffen. "Wir und die Afghanen leben in einer sehr gefährlichen Region, einer Region, die aufgrund der Präsenz fremder Mächte zur Zielscheibe terroristischer Aktivitäten geworden ist", sagte Sarif.

Abdullah bedankte sich für die konsularischen Erleichterungen bei Grenzübergängen und dafür, dass die iranische Regierung für afghanische Jugendliche Möglichkeiten der Schul- und Berufsausbildung geschaffen habe.

Nach afghanischen Angaben leben mehr als zwei Millionen afghanische Flüchtlinge in Iran, von denen 1,4 Millionen nicht im Besitz einer Aufenthaltsgenehmigung seien.

Afghanistans Außenminister Salaheddin Rabbani lobte die wirtschaftliche Zusammenarbeit der beiden Staaten und äußerte die Hoffnung auf eine Vertiefung der Beziehungen. Ein Ergebnis dieser Zusammenarbeit sei die Unterzeichnung des Abkommens über den Bau des Schienentransitweges zwischen Herat und Dschahbahar. Zu den Terroranschlägen in Afghanistan sagte Rabbani, die Quellen dieser Anschläge lägen außerhalb der Grenze von Iran und Afghanistan. Eine genaue Ortsbezeichnung machte er nicht. "So lange wir diese Quellen nicht austrocknen, werden wir keine langfristige Sicherheit erleben."


IRAN VERURTEILT ANSCHLAG IN KABUL

Iran verurteilte den schweren Terroranschlag vom 30. Mai in Kabul. Außenamtssprecher Bahram Ghassemi sagte der Presse: "Dieser unmenschliche Anschlag sei ein erneuter Versuch, die Stabilisierung der Lage in Afghanistan zu verhindern." Er mache abermals klar, wie notwendig es sei, gemeinsam und konsequent gegen den Terror vorzugehen. Der Anschlag in einer Sicherheitszone in der afghanischen Hauptstadt Kabul, in der auch einige diplomatische Vertretungen angesiedelt sind, forderte mehr als neunzig Tote und zahlreiche Verletzte. Auch die iranische Botschaft war davon betroffen. Ob iranische Botschaftsangehörige getötet oder verletzt wurden, ist bislang nicht bekannt.


IRAN BEGRÜßT DEN BAU EINER MAUER AN DER IRANISCH-TÜRKISCHEN GRENZE

Die staatlich iranische Nachrichtenagentur Irna berichtete mit Hinweis auf eine Quelle im Außenministerium, Teheran sei über den Plan der Türkei zum Bau einer Mauer an der Grenze zwischen Iran und der Türkei informiert und begrüße das Vorhaben.

Am 9. Mai berichteten die türkischen Zeitungen Hurriet und Milliet unter Berufung auf informierte Regierungskreise, dass Ankara die Absicht habe, eine Mauer in einer Länge von siebzig Kilometern an der türkisch-iranischen Grenze zu errichten. Die Maßnahme richte sich gegen Terroristen und militärische Aktivitäten der kurdischen Arbeiterpartei PKK. Dem Bericht zufolge sind 800 bis 1.000 Mitglieder der PKK auf einem Stützpunkt im Nordwesten der Türkei, in der Nähe der iranischen Stadt Baku untergebracht.

Laut Irna bedarf der Bau der Mauer der Zustimmung Irans. Teheran hofft, die Mauer werde zu einer erheblichen Einschränkung der Schmuggeltätigkeit an der Grenze führen. Es gebe für Iran kein Problem, wenn die Türkei zu ihrem Schutz eine Mauer errichte. Zudem werde der Schmuggel von Waren im Wert von schätzungsweise zwei Milliarden Dollar im Jahr unterbunden werden. Daher werde Iran nicht nur zu dem Vorhaben seine Zustimmung erteilen, sondern begrüße es auch.

Laut türkischen Zeitungen sollen zusätzlich zu der Mauer Stacheldraht, Beobachtungstürme und Scheinwerfer die Sicherheit gegen Terroristen und PKK-Kämpfer stärken.


IRAN WILL NOTFALLS SELBST GEGEN TERRORISTEN IN PAKISTAN VORGEHEN

Sollte Pakistan nicht in der Lage sein, seine Grenze zu sichern und gegen Terroristen und Extremisten vorzugehen, um die häufigen Anschlägen in der Grenzregion zu unterbinden, werde Iran die Verfolgung der Täter selbst übernehmen, sagte der Stabschef des Militärs, Mohammad Hussein Bagheri, der Agentur Tasnim zufolge am 8. Mai. Zwar seien die Beziehungen zu Pakistan gut, doch die Lage an der Grenze sei allmählich unerträglich geworden. Daher werde Iran die Terroristen verfolgen und ihre Lager, wo immer sie sich auch befinden mögen, zerstören, sollten weitere Anschläge stattfinden.

In den Grenzgebieten zwischen Iran und Pakistan häufen sich die Anschläge, zuletzt wurden im April zehn iranische Grenzwächter getötet. Die Verantwortung übernahm die Terrororganisation Jaish al-Adl. Auch Außenminister Mohammad Dschawad Sarif hatte bei seinem Besuch in Pakistan Anfang Mai das Thema angesprochen.

Der Iran-Report kann kostenfrei auf der Website der Heinrich Böll Stiftung abonniert werden unter
https://themen.boell.de.

Impressum:
Hrsg.: Heinrich-Böll-Stiftung
Autor: Bahman Nirumand
Redaktion: Bauke Baumann/Birgit Arnhold
V.i.S.d.P.: Annette Maennel
16. Jahrgang

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Quelle:
Iran-Report Nr. 6/2017 - Juni 2017 / 16. Jahrgang
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Juni 2017

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