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GUTE-NACHT/2368: Teddy auf dem Bauernhof (SB)


Gefahr in Verzug

In seiner schwarzen Tracht, dem schwarzen breitkrempigen Hut und dem Stock zieht Teddy seinen Weg durch die grüne Landschaft. Vereinzelt liegen hier die Gehöfte. Die Menschen lieben es, viel Raum für sich zu beanspruchen. Teddy aber möchte gern einmal wieder in einer lieben Gesellschaft sein. Deshalb steuert er das nächste Bauernhaus an. Teddy geht vorsichtig vor und zeigt sich nicht sogleich. Schließlich weiß er nicht, was ihn auf dem Hof erwartet. Vielleicht ist der Bauer Stofftieren gar nicht freundlich gesinnt.

Das Haus allerdings sieht schon sehr einladend aus. Es ist ein niedriges Gebäude mit einem hohen Reeddach. Es ist eines dieser Bauernhäuser, die den Stall für die Kühe oder Schweine gleich unter einem Dach haben. Zuerst schleicht sich Teddy in den Stall und klettert die Leiter hoch. Von hier oben blickt er herunter, um die Menschen und ihre Tiere ein Weilchen zu beobachten, bevor er sich zu erkennen gibt. Doch wo bleiben die Hausbewohner? Teddy klettert die Leiter wieder herunter und geht in den Garten, der an das Haus grenzt. Auch hier ist keiner der Bauersleute zu entdecken. An den Garten schließt sich eine Weide an, auf der ein einzelnes Pony steht. Teddy hat keine Angst vor Pferden. Er erinnert sich an die beiden Kuschelpferde, die mit ihm in der Kiste auf dem Dachboden gelegen haben. Beide waren wirklich äußerst zuvorkommend.

Ein Pfiff von Teddy und schon hebt das Pony seinen Kopf. Woher kam der Laut? Das Pony geht dem Pfiff nach. Teddy klettert inzwischen über einen Steinhaufen auf einen der Zaunpfosten. Jetzt entdeckt das Pony ihn und eilt herbei. "Guten Tag, schönes Pony", grüßt Teddy. "Guten Tag, Fremder", wiehert das Pony, "was machst du hier?" - "Ich suche eine Bleibe für ein paar Tage. Ich dachte, ich könnte hier bei den Bauersleuten einmal nachfragen."

"Soso! Nun, echte Bauersleute gibt es hier keine mehr! Aber eine Frau, die Pferde und Hunde liebt", erklärt das Pony. "Wieso Pferde!" fragt Teddy, "ich sehe hier nur dich." - "Die anderen Pferde stehen auf einer Koppel etwas weiter entfernt. Ich mag da nicht sein. Mein Platz ist in der Nähe des Hauses. Hier fühle ich mich am wohlsten. Am Abend kommen die anderen Pferde zurück. Dann liebe ich ihre Gesellschaft." Teddy lächelt: "Gesellschaft kann ich jetzt auch gebrauchen. Deshalb wollte ich hier zu den Bauersleuten." - "Die Frau ist sehr liebevoll zu uns Tieren. Aber du kannst hier nicht bleiben!" bestimmt das Pony. "Warum nicht", möchte Teddy wissen. "Klettere auf meinen Rücken, dann werde ich es dir zeigen."

Teddy, der schon den Steinhaufen hoch und von dort auf den Zaunpfosten geklettert ist, steigt nun auf den Rücken des Ponys. Damit Teddy nicht auf den Boden fällt, hat sich das Pony ganz dicht an den Zaunpfahl gedrängt. Auf dem breiten Rücken findet Teddy einen guten Platz zum Sitzen. "Halt dich an meiner Mähne fest." Teddy befolgt den Rat und schon geht es los. Erst langsam und dann etwas schneller schreitet das Pony dahin. Am Anfang rutscht Teddy von einer Seite auf die andere. Doch bald hat er sich dem Gang des Ponys angepaßt.

"Oh, da sind ja noch andere Kuscheltiere", freut sich Teddy, der rechts und links auf der Wiese in einiger Entfernung so etwas wie einen Drachen und einen großen Hund liegen sieht. Das Pony bringt Teddy zuerst zu dem Drachen. Teddy will einen schönen Tag wünschen. Da erkennt er, daß der Drache wirklich keinen schönen Tag haben wird. Sein Schwanz ist fast abgerissen und aus dem Inneren quillt weiße Wolle heraus. Teddy ist erbost. Ob das Pony den Drachen so zugerichtet hat? Aber nein, dann würde es Teddy dieses Tier doch wohl nicht zeigen. Oder ist Teddy gar auf eine List des Ponys hereingefallen? Steht das Pony deshalb den ganzen Tag hier allein auf der Wiese, weil es auch die großen Pferde ärgert? Oder sind es die großen Pferde, die abends hier Kindersachen zerfetzen?

Eine Antwort auf seine Fragen bekommt Teddy, nachdem er auch den Kuschelhund in Augenschein genommen hat. Das Pony erklärt: "Hier im Haus bei der freundlichen Pferdehalterin lebt noch ein großer Hund. Du fragst dich sicher, wo er jetzt steckt. Wenn die gute Frau fort ist, bleibt der Hund im Haus. Ist sie aber da, dann darf auch ihr Hund hier herumtollen. Manchmal sind sogar noch andere Hunde da. Sie spielen alle zusammen und gehen vorsichtig miteinander um. Nicht so vorsichtig sind sie allerdings mit allem, was sie zwischen die Zähne zum Spielen bekommen. Stöcke und Bälle, Kissen und auch Kuscheltiere, da kennen sie kein Pardon."

"Ist das nicht schrecklich", findet Teddy, "meine armen Genossen. Kann ich denn irgendwas für sie tun?" - "Ich denke nicht", sagt das Pony, "am besten ist es, du rettest schnell dein eigenes Leben, bevor die Hunde wiederkommen. Sie waren heute noch nicht hier. Aber sie werden noch kommen."

Aus einiger Entfernung ist plötzlich Hundegebell zu hören. "Siehst du, da sind sie schon. Du mußt dich in Sicherheit bringen." - "Wie gelingt mir das? Ich kann doch gar nicht in die Richtung zurück, aus der wir gekommen sind", stellt Teddy klar. "Das sehe ich auch so. Deshalb bringe ich dich jetzt ans Ende dieser Weide. Dort kannst du über den Zaun klettern und ungesehen verschwinden." Teddy ist traurig. So hatte er sich die gesuchte Gesellschaft nicht vorgestellt.

5. Juli 2007

Gute Nacht