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GUTE-NACHT/2577: Schatten huschen um das Häuschen am Hang (SB)


Schatten huschen um das Häuschen am Hang

Den Nachmittag haben Hedda und Mandy sich die Zeit genommen, die Stube für sie beide weiter einzurichten. Hedda hat die rechte Hälfte des länglichen Zimmers und Mandy die linke Hälfte genommen. Genau in der Mitte der einen Längsseite ist die Tür. Jede Zimmerhälfte hat ein kleines Fenster. Hier im Haus ist sowieso alles recht klein, aber sehr gemütlich. Vor jedes Fenster haben die beiden je einen Schreibtisch gestellt. So können sie bei Tageslicht arbeiten, ohne eine Lampe einzuschalten. Hedda hatte gesagt: "Mit Farben male ich am liebsten bei Tageslicht. Da wirken die Farben ganz anders als bei dem elektrischen Licht."

Genau zwischen die beiden Schreibtische hat Hedda einen halbhohen Schrank plaziert. Hier hinein hat sie alle Farben und Stifte gelegt, die sie für ihr Studium angeschafft hat. In den unteren Schubladen liegt verschiedenstes Papier und eine Schublade ist für die fertigen Bilder. Auch Mandy hat eine Schublade allein für ihre Zeichnungen bekommen, denn in den letzten Tagen hat sie schon einen ganzen Stapel Zeichnungen fertig gestellt.


*


Am Abend sitzt Mandy an ihrem neuen Lieblingsplatz und schaut aus dem Fenster. Sie sieht Schatten um das Häuschen huschen, die sie niemandem zuordnen kann. "Das wird der Wind sein, der die Bäume hin und her bewegt und uns Angst machen will", sagt Hedda, "aber wir lassen uns nicht auf seine Späße ein. Das habe ich schon einmal getan."

Mandy möchte wissen, wovon Hedda da spricht. Da erzählt ihr die Tante, was sie einmal erlebt hat.


*


Und der Schatten kam näher ...

Einmal waren wir mit der Klasse unterwegs. Ich lag mit meinen zwei Freundinnen in einem Zimmer in der Jugendherberge. Von meinem Etagenbett aus konnte ich gut auf den Hof blicken. Der Wind wehte in dieser Nacht kräftig und so bewegten sich viele Schatten über den Hof.

Ich lachte leise und dachte mir, ich könnte den anderen beiden ja ein bißchen Angst machen. So erzählte ich von den Schatten, die ich sah. Sie waren ja auch wirklich da und bewegten sich. Aber ich schilderte sie so, als ob es seltsame Wesen seien, die da über den Hof liefen.

"Was mag das sein?" fragte eine meiner Freundinnen und die andere setzte hinzu, "siehst du wirklich was?" Flüsternd gab ich Antwort: "Ja, da ist etwas Lebendiges." Etwas lauter sagte ich: "Ich sehe es ganz deutlich." Noch lauter gab ich von mir: "Da, der Schatten, er bewegt sich! Er, er kommt auf uns zu! Ah ... "

Genau in diesem Moment flackerte die Lampe vor dem Fenster und plötzlich schaltete sie sich aus. Meine Freundinnen zogen sich die Decke über ihre Köpfe. Sie wußten, daß jetzt die Geisterstunde begonnen hatte. Von unten dröhnten die Glocken des Big Ben aus der alten Standuhr in der Eingangshalle der Jugendherberge. Meine Freundin unter mir im Bett flüsterte: "Hat sich der Schatten auch wirklich bewegt." - "Ja!", sagte ich. Meine Freundinnen zogen ihre Füße ein. Nichts sollte mehr unter der Bettdecke hervorgucken. Keine Füße, keine Hände und keine Nasenspitze. Doch nicht nur sie versteckten sich. Auch ich bekam es mit der Angst, denn ich hatte mich voll in das, was ich sah, hineingesteigert.


*


Schon während Hedda erzählt, hat sich Mandy in ihr Bett gelegt. "Gute Nacht, Hedda!" - "Gute Nacht, Mandy!"

12. März 2008

Gute Nacht