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GUTE-NACHT/2873: Der Geist in Pantoffeln und Moder, Mieder, Sekretär (SB)


Gute Nacht Geschichten


"Bitte, erzähl mir die Geschichte von den Geistern weiter", bettelt Paddy. Sie liegt bereits im Bett und wartet auf ihre Gute-Nacht-Geschichte. "Wie weit sind wir denn gekommen?", fragt Großmutter, um den Faden wiederzufinden. "Der Geist", beginnt Paddy, "war nach hundert Jahren am Tag aufgewacht und seine Geisterfreunde waren nicht da. Da hat er sich wieder hingelegt und weiter geschlafen. Zur Geisterstunde wollte er erneut aufwachen." - "Ah, ja", sagt Großmutter und fährt fort:

"Genau um Mitternacht schlug die alte Schloßuhr gleich zwölfmal. Davon erwachte der Geist im Kleiderschrank und gähnte. Jetzt war es hier wie gewöhnlich dunkel und seltsame Geräusche wie zur Mittagsstunde waren keine zu vernehmen. Der Geist kletterte aus seinem Schrank und meinte, ein schlechter Traum hätte ihn nur heimgesucht. In diesem Traum waren die anderen Geister des Schlosses einfach verschwunden - der alte Sekretär, der so hieß weil er in einem Sekretär wohnte, und Frau Bieder, die stets nur Frau Mieder gerufen wurde, weil in ihrer Kommode früher Damenunterbekleidung verwahrt wurde. Unser Geist, Herr Moder, hatte sich nun aus seinem Schrank, der voller Mäntel und diese voller Motten waren, herausgedrängt. Er klopfte sein Gewand ab und meinte, nun langsam könnten auch die anderen Geister erwachen, wie sie das jede Nacht taten. Doch da erschien kein weiterer Geist. Herr Moder, der einst stolz auf seinen eigentlichen Namen Modern gewesen war, rief die Namen seiner Freunde in die Nacht hinaus. Irgendwie schallte es hier oben auf dem Dachboden nicht mehr so wie gewöhnlich. Geist Moder sah sich um. Sein Traum war wohl kein Traum geblieben, sondern wahr geworden? Die Kommode von Frau Mieder und auch der Sekretär fehlten hier auf dem Dachboden. Auch noch andere Möbelstücke waren verschwunden. Das war ja echt zum Gruseln ..."

Paddy blickt Großmutter mit erstaunten Augen an: "Ein Geist, der Angst hat?" - "Warum nicht", entgegnet Großmutter und fährt fort, "... bei diesen neuen Aussichten - und das war wörtlich zu nehmen, denn das Dach hatte Löcher und Sterne schauten herein -, zog Geist Moder es vor, sich nun erst einmal leise zu verhalten und die neue Situation zu erkunden. Anscheinend hatte sich während seines letzten Schlafes eine Menge ereignet. Leise schwebte er durch die Löcher im Dach und setzte sich auf den Dachgiebel. Von hier oben hatte er einen herrlichen Ausblick auf den Park, den gepflasterten Weg und auf den großen Innenhof des Schlosses. Da bemerkte er einen Hügel auf dem Hof, an den er sich an dieser Stelle überhaupt nicht erinnern konnte. Um Genaueres herauszufinden, schwebte Geist Moder zum Hof hinunter und ging auf den erspähten Hügel zu. Es stellte sich heraus, daß es gar kein Hügel war. Es handelte sich um eine Ansammlung von Möbelstücken, die Moder bereits vermißt hatte. Wie kamen diese großen, schweren Möbelstücke vom Dachboden des Schlosses bloß hier herunter auf den Hof?

Plötzlich ein Geräusch und ein Windstoß! Geist Moder schreckte zusammen. Schließlich wollte er doch wissen, was da hinter ihm los war. "Na, noch immer so schreckhaft, Meister Moder?", fragte eine Stimme und lachte. Es war der Geist Sekretär, der seinen alten Kumpel erschreckt hatte. Nun kam ein dritter Geist auf die beiden zu. Es war eigentlich eine Geistin - doch das sagt man ja nicht. Es war Frau Mieder. "Soso, bei dieser Lage noch zu Scherzen aufgelegt", mahnte sie. "Was denn sonst", lachte der Sekretär, "öfter mal was Neues." - "Was Neues?", schimpfte Frau Mieder, "ich möchte nichts Neues. Ich will, daß meine Kommode wieder dort oben auf dem Dachboden steht, wo er hingehört." - "Waren Sie denn heute schon dort oben?", fragte Geist Moder. "Nein", war die Antwort. "Dann sollten sie sich das einmal anschauen. Das ganze Dach ist kaputt."

Großmutter hält inne. Sie braucht eine Verschnaufpause. Da kommt Mutter herein. Sie mahnt, daß es Zeit ist, zum Schlafen. "Och, noch ein bißchen", quängelt Paddy. Doch Mutter gibt nicht nach. "Morgen kannst du weiter Geistergeschichten hören."

4. März 2009

Gute Nacht