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GUTE-NACHT/3272: Der kleine Nachtwächter bei einer Tasse Tee (SB)


Gute Nacht Geschichten

"Guten Abend, kleiner Nachtwächter! Willst du dich drinnen im Laden ein bißchen aufwärmen?", fragt der Krämer, der noch spät am Abend leere Kisten und Kartons hinausträgt und aufräumt. "Nein, nein, ich gehe stets im Freien meiner Arbeit nach", erklärt der kleine Nachtwächter. "Nun ein bißchen aufwärmen kann doch wohl nicht schaden", widerspricht der Krämer, "da hole ich uns einen heißen Tee nach draußen und wir setzen uns ein wenig auf die Bank."

So schnell wie der Krämer in seinen Laden einkehrt, so schnell ist er auch wieder zurück mit zwei dampfenden Tassen in der Hand. Er reicht einen Becher Tee dem kleinen Nachtwächter, setzt sich dann auf die Bank und läd mit einer Handbewegung auch den kleinen Nachtwächter ein, Platz zu nehmen. "Wenn der Laden bereits geschlossen ist, bin ich mit meiner Arbeit noch lange nicht fertig", berichtet der Krämer, "die Regale müssen wieder aufgefüllt werden für den nächsten Tag, die leeren Körbe und Kartons stelle ich zum Abholen bereit und außerdem schaue ich nach, ob all die Dinge, die wir nicht verkauft haben, noch an dem richtigen Platz im Regal liegen. So manch ein Käufer nimmt etwas fort und legt es an einer ganz anderen Stelle im Laden wieder ab. Am Ende meiner Arbeit schreibe ich noch Listen mit den Artikeln, die verkauft wurden und daher jetzt nicht mehr vorrätig sind. Sie werden neu bestellt. Dann endlich kann ich nach Hause gehen."

"Auch meine Arbeit dauert lang", beginnt der kleine Nachtwächter zu erklären, "sobald es dunkel wird, komme ich aus meinem Haus und kehre erst wieder zurück, wenn der Morgen erwacht ist. Während dieser Zeit durchquere ich die Straßen, spähe über die Stadtmauer und halte Ausschau nach Gefahren. Zu unser aller Glück passiert nicht viel in der Nacht. Aber dennoch ist es gut, daß ich Wache halte. Einmal konnte ich ein Feuer verhindern, ein anderes Mal half ich einer Frau wieder in ihre Wohnung zu gelangen. Sie hatte ihre Haustür hinter sich zugezogen ohne den Schlüssel mitzunehmen und sich so ausgesperrt. Da konnte ich durch ein kleines Fenster, daß glücklicherweise nur angelehnt war, klettern und von innen die Tür wieder öffnen. So sehen meine Aufgaben aus."

"Mhm, das wäre nichts für mich, ganz allein durch die Nacht zu streifen", meint der Krämer, "ich brauche Menschen um mich herum und ich liebe es, sie zu bedienen und mit ihnen zu lachen." Der kleine Nachtwächter dagegen liebt die Geräusche in der Dunkelheit, denen er nachspürt, woher sie kommen. "Vielen Dank für den heißen Tee", leitet der kleine Nachtwächter sein Gehen ein, "ich habe noch einige Runden zu drehen!" - "Nicht der Rede wert, wann immer es dich jetzt in der kalten Jahreszeit fröstelt, kannst du dir gerne ein heißes Getränk bei mir abholen. Dann bis morgen vielleicht", mit diesen Worten erhebt sich auch der Krämer und geht wie der kleine Nachtwächter wieder seiner Arbeit nach.


14. Oktober 2010

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