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GUTE-NACHT/3353: Der kleine Nachtwächter wünscht sich was (SB)


Gute Nacht Geschichten von dem kleinen Nachtwächter


In den letzten Tagen ist es wieder bitterkalt geworden. Am Tag, wenn die Sonne scheint und der Wind sich ausruht, ist es noch erträglich, wenn der kleine Nachtwächter und sein Hund Rebell versteckt in Heu und Stroh schlafen. Aber in der Nacht schlägt die Kälte wie eine Keule zu, und der Wind pfeift durch jede Ritze der Häuser und durch jede Masche der Kleidung des kleinen Nachtwächters. Rebell hat ein molliges Fell. Aber bei diesen Temperaturen wird auch ihm kalt. So beschließt der kleine Nachtwächter, bei seinem Gang durch die Nacht des öfteren Wärmepausen einzulegen.

In dieser Nacht führt der Weg des kleinen Nachtwächters durch ein Dorf. Die meisten Lichter in den Häusern sind bereits erloschen. In der Mitte des Dorfes steht die alte Kirche. Hier hofft der kleine Nachtwächter auf eine kurze Ausruhpause in dem Gemäuer. Beim Herunterdrücken der Türklinke knarrt diese. Aber öffnen läßt sie sich nicht.

"Oh je, oh je. Was fangen wir bloß an?" Da sieht der kleine Nachtwächter Gestalten im Mondlicht. Auch Rebell hat sie entdeckt und bellt. "Hey, ihr da! Wer seid ihr?" Aber es folgt keine Antwort. "Merkwürdig, warum bewegen sie sich nicht?", wundert sich der kleine Nachtwächter, "bleib ruhig Rebell. Es werden wohl doch keine Menschen sein. Denn eigentlich sind sie dafür auch viel zu klein. Ich glaube, wir gehen einmal auf sie zu. Dann wissen wir, von welchem Schlag sie sind."

Das mit dem Schlag ist gar nicht so verkehrt. Als der kleine Nachtwächter nämlich näher an die Gruppe heran tritt, stellt er fest, daß hier Holzstämme aufeinander liegen. Ein Holzklotz steht daneben und mit der Axt bearbeitete Holzscheite liegen am Boden. "Wie man sich doch vergucken kann", lacht der kleine Nachtwächter auf und läßt seine Angst, die ihm den Rücken hinauf gekrochen ist, wieder hinabsteigen und in den Erdboden verschwinden.

Einen kurzen Moment nimmt der kleine Nachtwächter auf dem Holzklotz Platz, und Rebell legt sich zu seinen Füßen nieder. Dann nimmt der kleine Nachtwächter seine Laterne und beleuchtet damit den Holzplatz und den Bereich dahinter. Er entdeckt einen Holzschuppen. Hier ist die Tür nicht mit einem Schloß versperrt. Die Laterne stellt er vor der Tür ab und kommandiert Rebell: "Bleib du schön vor der Tür und sagt Bescheid, wenn du irgendetwas Ungewöhnliches bemerkst. Ich sehe mir den Schuppen mal genauer an." Vorsichtig betritt er den Schuppen. Es könnte ihm ja schließlich etwas auf den Kopf fallen. Oder ihm könnte ein Ungeheuer entgegen springen.

Mit der Taschenlampe leuchtet der kleine Nachtwächter in den Schuppen hinein. Es gibt hier drei abgeteilte Bereiche. Jeder ist mit einer Tür versperrt, aber nicht verschlossen. In der ersten Box liegt Holz gestapelt, jede Menge. Aber sie hat noch Platz für das geschlagene und gespaltene Holz beim Hauklotz. In dem zweiten Bereich liegen Kohlen - Briketts und Eierkohlen. In dem dritten Bereich findet der kleine Nachtwächter etwas mit Planen und Decken Abgedecktes vor. "Was mag wohl darunter sein?" Bedächtig hebt er eine Plane hoch. "Das sind ja Gartenmöbel", staunt er.

"Nun, wir können hier nicht einfach so eindringen - auch wenn ich das schon getan habe. Doch uns ist kalt und wir brauchen einen Platz zum Schlafen. Darum werden wir uns diesen Platz verdienen." Mit dieser Entscheidung kehrt der kleine Nachtwächter zu Rebell zurück, der noch immer wachsam auf sein Herrchen wartet.

"Komm Rebell! Wir bringen das gespaltene Holz in den Schuppen und stapeln es dort auf." Die Laterne vor der Tür und die Taschenlampe innen postiert, haben die beiden ausreichend Licht. In einen geflochtenen Korb legt der kleine Nachtwächter die Holzscheite und bringt sie in den Schuppen, wo er sie aufstapelt. Auch Rebell hilft mit und bringt ein Scheit nach dem anderen in die erste Box hinein. Bald ist alles kleingehackte Holz im Schuppen verstaut.

"Und jetzt bereite ich uns aus den Gartenmöbeln ein Lager", entscheidet der kleine Nachtwächter. Zwei Liegen rückt er zurecht und stellt sie dicht nebeneinander. Eine Decke unten drunter und eine über sie beide gedeckt. So läßt es sich für eine Stunde oder zwei aushalten. Denn der kleine Nachtwächter und sein Gefährte wärmen sich auch gegenseitig. Draußen beginnt es schon zu dämmern und die nicht fortgezogenen Vögel zwitschern sich bereits den Morgengruß entgegen. Doch im Schuppen fallen dem kleinen Nachtwächter und auch Rebell die Lider zu. Die Laterne hat er vorsorglich gelöscht und auch die Taschenlampe ist ausgeknipst. Nur eines regt sich noch. Es knurrt der Magen des kleinen Nachtwächters. Leider hat er nichts mehr zu essen in den Taschen seiner Jacke. "Schnell schlafen. Dann vergeht das schon", vertröstet der kleine Nachtwächter sich selber und wünscht sich, das Bild von knackigen Brötchen in seinem Kopf und der Geschmack von etwas lange nicht mehr Gegessenem wäre Wirklichkeit. Leise flüstert er Rebell ins Ohr: "Irgendwann werden wir zusammen Schmalzbrötchen essen. Du wirst sehen, die schmecken besonders gut. Doch jetzt schlafen wir erst einmal. Gute Nacht!"

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22. Februar 2011