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GUTE-NACHT/3570: Eine außergewöhnliche Bande - Teil 45 (SB)


Als die beiden Radfahrer beim Schwimmbad ankommen, fragt die Mutter: "Willst du die Plastiktüte auf dem Gepäckträger lassen?" - "Soll ich sie etwa mit ins Schwimmbad nehmen." - "Nunja, sonst hast du, wenn wir wieder rauskommen, vielleicht zwei Plastiktüten dort." Der Junge lacht. Er weiß genau, was seine Mutter meint. Den Rucksack mit den Schwimmsachen auf dem Rücken, die Plastiktüte in der Hand geht es los zur Schwimmbadkasse.

Während Mutter die Eintrittskarten besorgt, schaut sich ihr Junge die Auslage des Schwimmbadmeisters an. Hier sind eine Menge Sachen ausgestellt. Da findet sich ein Rucksack, ein großes Badetuch und eine Uhr, zwei Ketten und jede Menge Badesachen. Der Junge ahnt, daß diese Sachen hier wohl alle vergessen wurden. Richtig, er entdeckt ein Schild, auf dem steht: FUNDSACHEN.

Ob er selber die gefundenen Schuhe auch hier abgeben sollte. "Das ist doch fast hier wie in einem Fundbüro", denkt der Junge. Da ruft ihn auch schon seine Mutter. Die beiden suchen sich ein lauschiges Plätzchen. Dort breiten sie ihre Decke aus, halb in der Sonne und halb im Schatten. Dann wird sich umgezogen und schnell sind beide im Wasser. Keiner denkt mehr an die Badelatschen und die kleinen Turnschuhe in der Plastiktüte.

Zwar werden sie nicht mehr vom Gepäckträger fest eingeklammt. Doch hier in der brütenden Sonne zu liegen, auch noch in einer Plastiktüte, das hält ja keiner aus. Wer einmal eine solche Tüte in der Sonne hat liegenlassen, weiß wie schnell diese von innen zu schwitzen beginnt und sich Wasser an der Innenseite niederschlägt." Zum Glück brauchen die Schuhe keine Atemluft, sonst wären sie schon längst erstickt. Doch auch die Feuchtigkeit gefällt ihnen nicht.

"Wir müssen hier schleunigst heraus", wettern die Turnschuhe und treten gegen die Plastiktüte. Diese bewegt sich und es gibt etwas mehr Platz im Innern.

"So werden wir uns Platz verschaffen und einen Ausgang aus dieser Tüte suchen", stellen die Badelatschen fest. Noch einige Tritte von innen und schon zeigt sich der Ausgang. Doch weiter brauchen die Schuhe sich nicht anzustrengen. Denn in diesem Moment öffnet jemand die Tüte und schaut hinein. Es ist keiner der beiden Radfahrer. Das erkennen die kleinen Turnschuhe sogleich. Plötzlich eine Stimme: "Zeig mal her, was da drin ist?" Mit einem Ruck wird die Tüte umgestülpt und die vier Schuhe werden auf die Wiese ausgeschüttet. Zum Glück fällt es sich auf einer Wiese weich.

Die Badelatschen und die kleinen Turnschuhe starren in die Gesichter zweier Kinder: "Damit können wir aber gar nichts anfangen. Nicht mal was zu Naschen ist da drin." Der eine Junge kickt mit dem Fuß gegen die kleinen Turnschuhe. Die fliegen durch die Luft.

"Hey, was soll das?" ruft da der Bademeister, "hier ist doch kein Fußballplatz!" Die beiden Jungen laufen davon und lassen Tüte und Schuhe liegen. Für den Bademeister ist nicht ersichtlich zu welcher Decke die Schuhe gehören. Er stellt sie an den Rand des Weges und hofft, daß die Besitzer sie wiederfinden.

Doch niemand kümmert sich jetzt um die Schuhe, bis eine ältere Dame, die schon dreimal an den Schuhpaaren vorbeigezogen ist, diese mit nach vorne zum schwimmbadeigenen Fundbüro nimmt. Hier kommen die Schuhe zu all den anderen Dingen, die auf ihre Besitzer warten, doch oftmals nie abgeholt werden.

Während die Schuhe nun im Schaufenster stehen, finden Mutter und Sohn, als sie aus dem Wasser steigen, nur noch eine leere Plastiktüte vor. Beide sehen sogleich nach, ob auch etwas von ihren eigenen Sachen fortgenommen wurde. "Komisch", meint die Mutter, "von unseren Sachen scheint nichts zu fehlen. Da haben wir ja noch einmal Glück gehabt."

Später am Abend, als die beiden zum Ausgang steuern, entdeckt der Junge in dem Schaufenster des Schwimmbadfundbüros die Badelatschen und die kleinen Turnschuhe wieder. Sie stehen dort genauso angeordnet wie sie schon am Nachmittag auf dem Stein standen. "Das ist doch bestimmt kein Zufall", freut sich der Junge und ruft laut zu seiner Mutter: "Da sind sie ja wieder, unsere Schuhe!" Das hat der Mann an der Kasse gehört, der sich außerdem auch um die Fundsachen kümmert, und weil heute nur ein einziges Mal Schuhe vorbeigebracht wurden, weiß er sogleich, welche Schuhe der Junge im Auge hat. Ohne auch nur eine Frage abzuwarten, reicht er dem Jungen die Schuhe hin. "Wir sind froh, wenn wir die Fundsachen wieder los sind. So schnell wurde noch nie etwas abgeholt. Oft haben wir die Sachen über Jahre. Dann werfen wir sie irgendwann fort." Begeistert nimmt der Junge die Schuhe entgegen. Seine Mutter hätte sie lieber hier im Schaufenster stehen sehen.

"Weißt du, ich glaube die Schuhe wollen mit zu uns nach Hause", meint der Junge, "sieh mal die Turnschuhe passen mir sogar." - "Wie angegossen", bestätigt seine Mutter. "Also gut, wir nehmen sie mit. Aber ich werde eine Anzeige in die Zeitung setzen: Schuhe gefunden! Wenn sich jemand meldet, geben wir sie zurück, wenn nicht, behalten wir sie. Ich glaube nämlich, die Badelatschen könnten mir passen.

Am Abend haben die Badelatschen und die kleinen Turnschuhe seit langer Zeit endlich wieder ein richtiges Dach über dem Kopf. Sie freuen sich über ihr neues Zuhause. Denn sie allein wissen, daß keiner jemals nach ihnen suchen wird.

So stehen die Turnschuhe in der Mitte und je ein Badelatschen rechts und links neben ihnen vor dem Bett des Jungen, der sie gefunden hat. Ein langer Weg liegt hinter ihnen und viele Freunde sind zurückgeblieben. Doch inzwischen haben sie neue Freunde gefunden und vielleicht kommen noch ein paar mehr dazu.

"Gute Nacht."


zum 15. April 2012