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GUTE-NACHT/3578: Der kleine Nachtwächter geht auf Reisen (SB)

Der kleine Nachtwächter geht auf Reisen

Gute Nacht - Geschichten vom kleinen Nachtwächter

"Tri tra trallalla, tri tra trallalla ...", spukt es dem kleinen Nachtwächter beim Aufwachen im Kopf herum - genau der Song, den der Kasperl aus dem Puppentheater ständig lachend gesungen hat. Vor Tagen gastierten unten im Ort diese Puppentheaterleute. Der kleine Nachtwächter hatte richtig Lust bekommen, mit ihnen zu reisen. Das erzählte er dem Theaterdirektor auch. Der lud ihn ein, doch mitzukommen. Aber wer sollte dann auf die Burg aufpassen.

Zur Zeit sind die Theaterleute mit ihrem großen Zelt in der nächsten Stadt zu Gast. Nur ein paar Kilometer entfernt. Gern würde der kleine Nachtwächter eine weitere Vorstellung anschauen. "Warum eigentlich nicht!", kommt es laut aus seinem Mund, "ich schnappe mir mein Fahrrad und du Rebell läufst nebenher. Du bist sowieso viel schneller als ich. Zum Glück bin ich heute Nachmittag nicht so spät aufgewacht. Da schaffen wir es noch zur Abendvorstellung." Und so begeben sich die beiden auf den Weg.

Noch rechtzeitig bevor sich der Vorhang öffnet erreichen sie das große Zelt und nehmen in der hintersten Reihe Platz. Auch Rebell darf wieder mit hinein. Dann öffnet sich der Vorhang.


Die Prinzessin will im Wald spazieren gehen. Doch da dort der Räuber sein Unwesen treibt, verbietet es ihr der König. Aber die Prinzessin hört nicht auf ihn und schleicht sich heimlich davon. Im Wald gefällt es ihr. Aber dann trifft sie doch auf den Räuber, der sie einsperrt. Da die Prinzessin im Palast nirgends zu finden ist, sorgt sich ihr Vater, der König, und ruft nach Kasperl. Der nimmt sich sogleich der Sorgen des Königs an und weiß auch schon, wo er die Prinzessin suchen will - im Wald.

"Tri tra trallalla, tri tra trallalla ...", so singt er auf seinem Weg bis ihm einfällt, daß er sich damit ja bei dem Räuber schon ankündigt. Jetzt geht er still und leise weiter. Bald ist er an der Höhle des Räubers angelangt und kann die Prinzessin befreien und heil nach Hause zurück bringen. Den Räuber nimmt er gleich mit und übergibt ihn der Polizei, weil er die Prinzessin gefangen genommen hat. Das ist schließlich Freiheitsberaubung.

Zuhause feiern der König, die Prinzessin und Kasperl ein Wiedersehensfest bis tief in die Nacht hinein. Kasperl darf heute ausnahmsweise im Schloß schlafen.


Als nun der Vorhang fällt und alle Zuschauer klatschen und sich einige schon zum Gehen wenden, taucht plötzlich von hinter dem Vorhang eine ganz andere Figur auf, die gar nicht mitgespielt hat. In dunklen Sachen gekleidet, aber mit einer Laterne in der Hand singt sie plötzlich ein Abendlied: "Hört ihr Leut und laßt euch sagen, die Uhr hat jetzt zum Schluß geschlagen. Geht nach Haus und schließt die Tür. Die Nacht ist da bis morgen in der Früh ...", so singend geht die Figur einige Male den Bühnenrand auf und ab und verschwindet dann ebenfalls hinter dem Vorhang, um erneut ... nein es ist nicht dieser kleine Puppennachtwächter, der da erscheint. Es ist ein Hund, einem Wolf gleich, der auftaucht, dreimal wufft und dann wieder verschwindet.


Am liebsten würde der kleine Nachtwächter die letzten beiden Figuren noch einmal spielen sehen. Aber sie tauchen nicht mehr auf. Und auch morgen wird es keine Gelegenheit mehr geben, sie noch einmal zu sehen. Denn die Theaterleute brechen nun auch hier die Zelte ab und reisen weiter, immer weiter. "Aber nicht ohne uns!", sagt der kleine Nachtwächter zu Rebell mit Stolz in der Stimme. Er schwingt sich auf sein Rad und fährt freudig in Richtung Burg los.

Gute Nacht



zum 5. Juni 2012