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GUTE-NACHT/3639: Im verwilderten Garten - Stuhl und Tisch (SB)

Gute-Nacht-Geschichten

Im verwilderten Garten - Stuhl und Tisch

Im Garten von Großvater Hansen weht ein kräftiger Wind. Er bläst so stark, daß der Gartenstuhl aus Plastik gegen den Tisch geweht wurde und sich nun dort seit geraumer Zeit anlehnt.

"Was soll denn das", schimpft der Tisch, "nicht genug, daß sich die von den Bäumen herunter gewehten Blätter auf mir türmen, nun lehnt auch noch diese Schlafmütze von einem Stuhl gegen mich."

"Das habe ich gehört", protestiert der Stuhl, "aber schlafen tu ich gewiss nicht, wie soll man das auch bei diesem Sturm, wo man hin und her geschüttelt wird."

Der Tisch - wäre er ein Ballon - würde sich jetzt aufblasen. Nun aber sagt er bloß: "So ist das eben, wenn man nicht fest auf seinen vier Beinen stehen kann."

"Pah", entgegnet der Stuhl, "ich kann wohl fest auf meinen vier Beinen stehen - und da sind wir uns ja nicht unähnlich - aber dieser Wind nutzt meine eigene Lehne gegen mich aus, drückt dagegen was das Zeug hält und pustet mich einfach um."

"Ja, das sehe ich", meint der Tisch und merkt an, "und er würde dich Stuhl auch glatt durch die Gegend pusten, würde ich mich ihm nicht in den Weg stellen."

"Soll ich mich jetzt etwa bei einem Tisch bedanken?", fragt der Stuhl.

"Ich bin schließlich ein Stuhl-Retter. Ein bißchen Dank wäre ganz angenehm", findet der Tisch und seine Stimme klingt schon ein bißchen freundlicher.

Nach einem kurzen Augenblick sagt der Stuhl: "Nunja danke, wir sind ja eigentlich gar nicht so verschieden. Wir haben beide vier Beine, deine sind zwar länger, aber dafür habe ich eine Lehne. Und wir haben eine Fläche über den Beinen. Meine ist zum Sitzen gedacht und deine, um darauf etwas abzustellen."

In diesem Moment kommt Großvater Hansen vorbei, kippt den Stuhl zurück und setzt sich nieder. Doch der Wind weht auch ihm kräftig um die Nase und er friert. Ohne den Tisch oder den Stuhl zu beachten steht er auf, nimmt seinen Korb mit Holz und zieht sich ins Haus zurück, um sich ein Feuer im Ofen anzufachen.

Der Wind reißt noch immer kräftig an den Zweigen der Bäume und nimmt jedes Blatt mit auf seine Reise, das sich nicht mehr an seinem Ast festhalten kann. Auf seinem Weg durch den Garten packt sich der Wind erneut den Stuhl und drückt ihn nach vorn, daß er wieder am Tisch zu liegen kommt.

"Was soll denn das", schimpft der Tisch, "nicht genug, daß sich die von den Bäumen herunter gewehten Blätter auf mir türmen, nun lehnt schon wieder dieser Möchtegern-Tisch gegen meine Tischplatte ..."

"Gute Nacht!"

zum 12. Oktober 2013