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KALENDERGESCHICHTEN/116: 09-2020   Spuk und Tränen - ein Versprechen ... (SB)


Das winzige Mammut steht auf der riesigen Hand der Trollfrau - Buntstiftzeichnung: © 2020 by Schattenblick

Rumtrum war der Trollfrau in ihr Zuhause gefolgt, wo sie ihn in ihren geheimen Plan einweihen wollte. Allerdings bestand sie darauf, dass er mit ihr zuvor einen Pakt schloss, damit er auch wirklich niemandem etwas verriet. Doch konnte sie dem kleinen Hausgeist nicht alles ausführlich erklären, denn plötzlich kam Trovje der Garstige zurück. Rumtrum fand sich versteckt und winzig klein zwischen zwei Kissen auf einem Sessel wieder und wurde Zeuge eines Gesprächs zwischen Trovje und seiner Frau Helga.

"Hallo Frau, was hast du mir zu Essen bereitet? Ich habe einen Riesenhunger, ha, ha, ha", lachte der Garstige. "Ein Mammutbraten dürfte wohl fürs Erste reichen?", grinste die Trollfrau. "Oh ja, das will ich wohl meinen, her damit!", freute sich der hungrige Trovje.

Rumtrum erschrak zu Tode, als er das hörte. War er etwa in eine Falle getappt. Hatte sich die Trollfrau nur so freundlich gegeben, um ihn in ihr Haus zu locken und einen Braten aus ihm zuzubereiten?

Dann aber rief sie nach dem Flatterling und bat es, einen extra großen Topf Wurzelmus mit Honig zu servieren, was auch wenige Augenblicke später geschah. Trovje lief das Wasser im Munde zusammen und begierig füllte er seine Eßschale bis zum Rand hin voll und löffelte vergnügt das Mus in sich hinein. Als er fertig war, rülpste er so laut, dass Rumtrum in seinem Kissenversteck beinahe hoch gehüpft wäre. Trovje klopfte sich genüsslich auf seinen Bauch und berichtete seiner Frau von seinem neuen Lehrling.

"Bei uns im Troll-Land hat sich ein Hausgeist eingefunden, der das Bösesein lernen will und was glaubst du wohl, an wen er sich gewand hat? Ha, ha, natürlich an Trovje den Garstigen, ha, an wen denn auch sonst. Oh, ja, ich muss wohl schon in der ganzen Welt berühmt sein, dass dieser kleine Wicht sofort auf mich zukam!", dabei warf Trovje sich in die Brust und streckte sich auf seinem Stuhl, ließ dann donnernd seine Faust auf den Tisch sausen und lachte schallend laut. Die Trollfrau wunderte sich nicht mehr, sie kannte ihn gut und wusste, dass es am besten war, nichts dazu zu sagen. Sie ergriff die leere Schüssel und stellte einen Krug Bier auf den Tisch: "Will er denn auch Zaubern lernen?", knüpfte sie erst dann an seine Rede an.

"Na, das hab' ich gar nicht gefragt. Aber sicher will er das, denn er wird wohl auch wissen, dass ich nicht nur der Böseste bin, sondern auch der mächtigste Zauberer weit und breit. Da wäre er ja schön dumm, wenn er das nicht auch lernen wollte", polterte der Troll.

"Aber sag mal, wie hast du ihn denn überhaupt sehen können, wenn er doch ein Hausgeist ist?", gab sich die Trollfrau ganz unwissend. "Ach, Helga, du weißt doch, ich habe wie alle Trolle den Geisterblick, der ist zwar auf Dauer ermüdend, aber ich beherrsche ihn natürlich. Denk nur an, ich forderte ihn auf, sich eine Gestalt zu geben, damit ich ihn auch ohne Geisterblick sehen kann, ohne mich anzustrengen."

"Ach ja, und welche Gestalt wählte er?", stellte sich die Trollfrau abermals ganz ahnungslos. "Ach, er zeigte sich als Menschen-Mädchen, ausgerechnet, stell' dir nur vor. Das konnte ich natürlich nicht hinnehmen, das verstehst du doch, oder? Also wirklich ein Mädchen und dazu auch noch ein Menschen-Mädchen, das Böse sein will und zaubern lernen, das geht doch nicht", erklärte Trovje seiner Frau und behielt es lieber für sich, dass er sich vor Frauen und Mädchen doch mehr fürchtete als ihm lieb war, weil sie zu listig und zu schlau sind.

"Aber wieso ist er denn nun trotzdem dein Lehrling geworden?" - "Nun, ich habe ihm befohlen, sich eine neue Gestalt auszusuchen und erst dann würde ich ihn unterrichten", knurrte der Troll, dem die Neugier seiner Frau schon etwas lästig wurde.

"Ich weiß nicht, wozu ich dir das alles auf die Nase binden muss, es reicht doch wenn du weißt, dass meine Künste gefragt sind und ich in nächster Zeit viel mit der Ausbildung des Hausgeistes zu tun haben werde", donnerte Trovje und schlug abermals mit der Faust auf den Tisch, der nur so wackelte.

"Sag mal, Trovje, was willst du ihn denn lehren?", unbeirrt setzte sie ihre Fragerei fort. "Frau, bist du noch bei Trost? Was geht dich das an?", brauste der Troll heftig auf, beruhigte sich aber schnell wieder, denn eigentlich wollte er nur zu gern seine tollen Vorhaben kundtun.

"Zuerst soll er kleine Steine in Felsen verwandeln und dann vom Himmel regnen lassen, was man eben so braucht, wenn man ein Haus oder ein ganzes Dorf zerstören will!", böse keckerte Trovje und hielt sich seinen bebenden Bauch. "Das ist eine ganz schön schwere Aufgabe für den Anfang, findest du nicht?"

"Na klar, aber ich habe den Hausgeist gewarnt, dass die Lehre kein Zuckerschlecken sei und noch niemand sie wirklich beendet hat", schmunzelte er und fügte hinzu, "auch dieser kleine Kerl wird das wohl nicht schaffen. Ich bin und bleibe eben der Beste und Stärkste, ha, ha, ha".

Trollfrau Helga schüttelte traurig den Kopf, sagte aber nichts mehr dazu. In solchen Momenten bereute sie es, dass sie ihre wahren Fähigkeiten vor ihrem Mann verborgen hielt. Aber sie war es leid, sich mit anderen zu messen. Sie hatte die feste Überzeugung, dass jemand, der über besondere Fähigkeiten verfügt, der weise ist und des Zauberns mächtig, sich nicht zu erkennen geben sollte. Dort wo seine Hilfe benötigt werde, sollte er eingreifen - weiter nichts. Keinesfalls sollte sich jemand mit seinen Taten brüsten. Aber das war wohl ihre ganz eigene Ansicht, die nicht so weit verbreitet war im Troll-Land.

"Gleich morgen werde ich mit dem Unterricht beginnen, falls es dem Hausgeist überhaupt gelungen ist, sich in eine andere Gestalt zu verwandeln", wieder erklang sein höhnisches Lachen. "Nun, dann solltest du dich recht gut ausschlafen. Geh' schlafen, Trovje, ich habe hier noch einiges zu tun." Trovje gähnte und reckte sich: "Das ist eine gute Idee, Frau, ich krabbel dann mal in meine Koje, bis später."

Als der Troll verschwunden und von nebenan ein kräftiges Schnarchen zu hören war, hockte sich Helga vor den Sessel mit den Kissen und dem winzigen Mammut-Hausgeist und flüsterte: "Komm mit, wir gehen in den Garten, dort können wir ungestört sprechen, aber sei leise!"

Die Trollfrau hielt ihre große Hand einladend auf und Rumtrum als Mini-Mammut trippelte auf ihre Handfläche. Im Garten angekommen schimpfte Rumtrum, er wolle sofort wieder groß werden - aber zu spät, denn kaum hatte er den Satz zuende gebracht, da fühlte er sich schon wieder riesig. "Verdammt, wie machst du das nur?", funkelte er die Trollfrau mit seinen dunklen Mammutaugen an. "Das ist doch jetzt völlig unwichtig. Wir sollten uns lieber auf morgen, deinen ersten Ausbildungstag, vorbereiten. Du hast ja wohl mitangehört, dass Trovje dich das Steinevergrößern lehren will."

"Ja, das habe ich genau gehört, aber ich sage dir, ich habe keine Ahnung wie das geht!", beteuerte Rumtrum nochmal. "Du Dummkopf, das sollst du doch auch erst lernen! Aber die Überraschung für Trovje wird sein, dass es dir, ohne dass er dir irgendetwas erklären kann , schon sofort gelingt, winzige Kieselsteinchen in riesige Felsbrocken zu verwandeln. Da wird er staunen, das versichere ich dir", freute sich Trollfrau Helga. "Na prima und nun verrate mir doch endlich, wie das gehen soll?", zornig stampfte das Rumtrum-Mammut mit dem Vorderhuf auf.

"Mach nicht so ein Theater und sei leise. Also ich verrate dir nur so viel: du musst mir vertrauen und ich gebe dir hiermit mein Wort, dass du morgen der beste Steineverwandler der Welt sein wirst. Und nun hör endlich auf, darüber zu jammern, dass du nichts kannst! Das nämlich steht dir später immer noch frei, dann darfst du meinetwegen jammern und klagen so viel du willst. Nicht aber morgen - denke an unseren Pakt. Du hast dich einverstanden erklärt. Alles klar?!", zischte die Trollfrau ihm leicht genervt in sein großes Ohr.

Weitere Abenteuer mit Rumtrum folgen ...


24. September 2020


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