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MUSIKKOFFER - SCHON GEWUSST/002: Wilhelm von Poitier war der erste Troubadour (SB)


S C H O N   G E W U S S T ,   D A S S . . .

... Wilhelm von Poitier der erste Troubadour war?



Am 22. Oktober 1071 wurde der 9. Graf von Aquitanien Wilhelm von Poitier geboren. Man nennt ihn den ersten Troubadour.

Was aber ist überhaupt ein Troubadour, und was hat er mit Musik zu tun?

Es ist sehr lange her, daß sich die Kunst dieser singenden Dichter entwickelte. Genauer gesagt war es zwischen dem 11. und 14. Jahrhundert.

Aquitanien, wo Wilhelm von Poitier lebte, lag in der Provence, also in Südfrankreich. Viele fremde Völker hatten im Laufe der Jahrhunderte bereits vor dem Mittelalter versucht, dieses Gebiet zu erobern. So kam es, daß auch viele fremde Einflüsse auf die Menschen dort einwirkten. Das hinterließ natürlich Spuren, und aus diesen Spuren entwickelte sich das Troubadourtum.

Um das Wesen dieser Dichtermusiker zu verstehen, hole ich ein bißchen aus, denn es ist eng verknüpft mit der Rolle der Frauen im Mittelalter an den südfranzösischen Höfen.

Damals war es üblich, eine Ehe aus reiner Zweckmäßigkeit zu schließen. Liebe spielte überhaupt keine Rolle. Entweder sollte zum Beispiel durch die Verheiratung ein Streit zwischen zwei Parteien beigelegt werden oder es wurden zwei Reiche zu einem vereint. Die Frau war einfach nur eine Figur im politischen Schachspiel der Fürsten. Doch geistig gesehen war sie der Mittelpunkt des Hofes. Oft konnten die Frauen lesen und schreiben. Sie beschäftigten sich mit vielen Dingen, um die die Männer sich nicht kümmerten. Vor ihrem Urteil hatten die Fürsten Achtung. Sie suchten ihren Rat und unterwarfen sich ihrem Rechtsspruch, wenn es um Meinungsverschiedenheiten ging. Selbst der rauheste Haudegen hatte sich dieser Regel, die Frau am Hofe zu ehren, zu unterwerfen.

Ihr habt bestimmt schon einmal den Namen Richard Löwenherz gehört. Er war ebenfalls ein Troubadour. Es konnte passieren, daß er mitten in den gefährlichsten politischen Gefechten an den Hof von Carcasonne eilte, um dort der Gräfin seine Ehrerbietung zu bekunden.

Wenn ihr in einem musikalischen Wörterbuch unter Troubadour nachschlagt, kann es euch passieren, daß ihr auf das Wort Trobador verwiesen werdet. Der Trobador ist derjenige - und das ist das Wichtige und Wesentliche -, der die Gabe des Trobar besitzt. Trobar bedeutet Melodie und Wort zu vereinen. Der Trobador erzeugt mit Wort und Klang eine Kraft, ohne die keine wahre Musik entsteht. Es ist die Kraft der wirklichen Liebe. Wir haben es also nicht nur einfach mit irgendwelchen Sängern zu tun.

Der Troubadour war der Gast im Hause des Fürsten und seiner Ehefrau. So manches Mal ereigneten sich dramatische Geschehnisse, wenn der Herr des Hauses die `Schwäche der Eifersucht' besaß. Der Zeit gemäß aber war die echte, höfische Liebe rechtlich nicht anfechtbar. Sie stand über der Ehe, die, wie ihr bereits lesen konntet, eher einem Kauf entsprach, der zum Vorteil des Fürsten gereichen sollte.

Die Liebe des Trobadors spielte sich in den übersinnlichen Sphären ab und genau dieses Übersinnliche, das Mystische, der Glaube an das Übernatürliche ist ein Überbleibsel der asiatischen Einflüsse in der Provence.

Die Liebeslyrik der Troubadoure hat ihren Einfluß auf die ganze spätere Dichtung Europas genommen und auch ihr musisches Spiel war für die Fortentwicklung der Musik wesentlich.

22. Oktober 2010