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MUSIKKOFFER - KOMPONISTEN/019: Clara Schumann. Die "Königliche und Kaiserliche Klaviervirtuosin" (SB)


C L A R A   S C H U M A N N

Teil 4

Die "Königliche und Kaiserliche Klaviervirtuosin"



Paris war ein Erfolg. Clara hatte großes Lob geerntet und das sollte auch in Zukunft so bleiben. Doch bevor Clara nun die nächste Reise antritt. Wie war das damals eigentlich mit dem Reisen? Ihr könnt euch das wohl kaum vorstellen. Nun, es gab verschiedene Möglichkeiten. Da Vater Wieck aber recht geizig gewesen zu sein scheint, reisten die beiden nicht sehr komfortabel.

Man konnte einen eigenen Wagen mieten, der dann nur einen Kutscher und ein Gespann von Pferden hatte. Diese mußten auf der Strecke geschont werden, und man kam nur langsam voran.

Fuhr man mit der Extrapost, sollten zwar an jeder Station die Pferde gewechselt werden, doch häufig waren keine Pferde da oder sie hatten ebenfalls schon eine Tour hinter sich.

Mit der einfachen Postkutsche hatte man zwar eine billigere Möglichkeit gewählt und auch hier wurden Zwischenstationen angesteuert, doch gerade das war verhängnisvoll. Der Aufenthalt an den Stationen zog sich meist sehr in die Länge. Manchmal passierte es, daß beinahe ein Drittel der Reisezeit reine Wartezeit war. Stellt euch vor, ihr fahrt von Frankfurt nach Stuttgart, seid dabei 40 Stunden unterwegs und macht 15 Stunden davon Rast. Das klingt doch nicht nur furchtbar, sondern für uns heute auch unvorstellbar.

Eine vierte Möglichkeit bot die Fahrt in der Dilligence. Das war eine Riesenkutsche, in der 12 bis 14 Leute mitfahren konnten. Ihr wißt sicher, wie es sich anfühlt, wenn man im modernen Auto über Kopfsteinpflaster holpert, aber uns fehlt bestimmt jede Vorstellung, wie es war, in einer harten Holzkutsche über die damaligen Straßen mit ihren Löchern, Mulden und Rillen zu rumpelten und zu schwanken. So manchem Reisenden wurde mehr als übel dabei. Laut Vater Wieck war Clara hart im Nehmen. Sie zeigte kein Verständnis für eine Dame, die die Strecke nur mit mehreren Ohnmachtsanfällen überstand.

*

Auf vielen Tourneen, die folgten, riß die Bewunderung für die junge Virtuosin nicht ab. Als Clara schließlich den Winter 1837/1838 in Wien verbracht hatte, war sie mit der größten Anerkennung, die eine Ausländerin vom österreichischen Hof erhalten konnte, ausgezeichnet worden als "Königliche und Kaiserliche Kammervirtuosin". Das war recht bedeutungsvoll, denn von nun an galt sie als Wiener Bürgerin, stand überall unter dem Schutz des Österreichischen Gesandten, der ihr im Notfall auch Geld vorschießen konnte. Sie hatte die Möglichkeit, jederzeit als Bürgerin nach Wien zu ziehen, wurde bei Hof eingeladen, mußte aber auch bei Hof erscheinen, wenn dies erwünscht wurde.

Clara beeindruckte allerdings am meisten, daß man in den Wirtshäusern eine "Torte à la Wieck" (eine Torte nach Wieck'scher Art) servierte. Es hieß in der Anzeige einer Theaterzeitung: "... es sey eine ätherisch hingehauchte Mehlspeise, die sich den Essern von selbst in den Mund spiele." War das nicht urkomisch?

19. März 2014