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FUNGI/003: Pilze - Heilgift und Küchenfreund ... (SB)


Mit den Pilzen ist das so eine Sache. Die großen, also jene, die mit Stiel und Pilzhut aus dem Erdboden sprießen, können lecker schmecken und nahrhaft sein, aber auch so giftig, dass sie einen töten können. Auch die winzig kleinen Pilze, insbesondere die Schimmelpilze, verderben einerseits unsere Lebensmittel, andererseits kann aus einigen von ihnen eine Medizin gewonnen werden, die Menschen und Tieren das Leben retten kann. Pilze sind sehr eigenartig und man muss sich ganz genau auskennen, um sie zum Wohl und Vorteil nutzen zu können.


Ein großer und zwei kleine Steinpilze mit ihren braunen Pilzdächern und ihrem typisch kräftigen Stiel stehen zwischen Laub - Buntstiftzeichnung: © 2017 by Schattenblick

Steinpilze
Buntstiftzeichnung: © 2017 by Schattenblick


Speisepilze sind nicht nur lecker, sondern auch nahrhaft

Natürlich gilt das nur für ganz bestimmte Pilze. Nur die Speisepilze, die man kaufen kann oder die mit jemandem gesammelt werden, der sich genau und sicher mit den Pilzarten auskennt, sollte man mit in die Küche nehmen. Denn das Verspeisen von giftigen Pilzen kann zu Krankheit und zum Tod führen. Schon das Gift eines Knollenblätterpilzes wirkt tödlich. Die bekannten Speisepilze aber sind auf jeden Fall zu empfehlen und liefern eine ganze Reihe von wertvollen Stoffen. Sie enthalten gute Mengen Eiweiß, allen voran der Steinpilz, aber auch im Champignon, Austernpilz und Pfifferling ist davon noch viel zu finden. Pilze enthalten viele Ballaststoffe, die für die Verdauung gut sind. Die verschiedenen Arten enthalten auch unterschiedliche Mengen an Kalium, Eisen, Selen, Zink und Vitamin A wie auch Vitamin B1, B2, B3, B5. Pilze essen ist also schon mal gut für den menschlichen Stoffwechsel.

Heutzutage muß man darauf achten, aus welchen Anbaugebieten die Pilze stammen beziehungsweise in welchen Regionen sie gesammelt wurden. Denn nach der Atomkatastrophe von Tschernobyl gelangten viele radioaktive Stoffe auch nach Deutschland, wo sie sich im Boden angesammelt haben und auch in den darauf wachsenden Pilzen vorzufinden sind. Ist das alles geklärt, kann man gut und gerne Pilze verspeisen.


Drei Pfifferlinge in ihrer gelb-orangen Färbung und den leicht trichterförmigen Pilzdeckeln - Buntstiftzeichnung: © 2017 by Schattenblick

Pfifferlinge
Buntstiftzeichnung: © 2017 by Schattenblick


Pilze können noch mehr

Schon den Gelehrten der Antike war bekannt, dass Pilze nicht nur zum Essen gut sind, sondern auch als Arznei verwendet werden können. Beispielsweise wurde der Lärchenporling gegen Darm- und Hautkrankheiten eingesetzt. Das Judasohr fand Verwendung bei der Heilung von Geschwülsten. Gegen die Gicht verwendete man die Stinkmorchel und als Abführmittel wurde der Hallimasch verabreicht. Im Laufe der Jahrhunderte wurde das Wissen über die heilende Wirkung von Pilzen in vielen, oft als "Kräuterbuch" betitelten Werken, gesammelt. Doch in der Neuzeit verlor sich das Wissen über die Heilwirkung von Speisepilzen, mit Ausnahme der Länder Japan, China, Indonesien und Korea. Dort findet sich eine lange Tradition bezüglich der Anwendung von Heilpilzen.

Die Mykotherapie, also die Pilzheilkunde, wird neben der modernen Medizin anerkannt. Das Wissen aus der uralten Tradition der Naturheiler und die modernen klinischen Studien führen zu einer Weiterentwicklung der Pilzheilkunde. Allmählich wächst auch in unserem Land wieder das Interesse an alternativen Heilverfahren. Besonders das Wissen aus der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) findet hierzulande großen Anklang.

In diesem Zusammenhang entdeckte man auch, dass nicht nur die asiatischen, sondern auch unsere heimischen Pilze eine heilende Wirkung haben können. Der Champignon wird Gichtkranken, Diabetikern und Bluthochdruckpatienten empfohlen, da sich sein Verzehr wohltuend auswirkt. Der Austernpilz, auch Austern-Seitling genannt, wächst fast überall auf der Welt auf Stämmen und Ästen von Bäumen. In der Traditionellen Chinesischen Medizin wie auch in der modernen werden getrocknete Austernpilze bei der Heilung von Hexenschuss sowie bei Glieder- und Sehnenstarre eingesetzt. Außerdem trägt das Essen von Austernpilzen zur Entwicklung eines gesunden Darmflora-Milieus bei. Dem in Europa heimischen Schopftintling, auch als Spargelpilz oder Tintenpilz bekannt, wird eine blutzuckersenkende Wirkung zugeschrieben, was besonders für Diabetiker von Interesse ist, da sie ständig Acht geben müssen, dass ihre Blutzuckerwerte nicht zu hoch ansteigen.

Es sollten allerdings niemals wild wachsende Pilze aus fremden Gegenden gesammelt werden, da man nicht weiß, ob der Boden, auf dem sie gedeihen, mit irgendwelchen Giftstoffen belastet ist. Pilze reichern all diese Stoffe nämlich in ihrem Gewebe an und sind dann alles andere als heilsam.


Eine Ansammlung von Austernpilzen mit ihren dunkelbraunen Pilzdächern - Buntstiftzeichnung: © 2017 by Schattenblick

Austernpilze
Buntstiftzeichnung: © 2017 by Schattenblick


Reishi - "Pilz des ewigen Lebens"

In der indianischen Heilkunst und der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) werden schon seit Jahrtausenden zahlreiche Pilzarten in der Pilzheilkunde verwendet. Hier gibt es ein umfangreiches Erfahrungswissen über die Verabreichung und Wirkung von Heilpilzen. Mittlerweile sind einige dieser Pilzarten wie Maitake, Pom Pom, Shitake oder Reishi auch in Deutschland erhältlich und zwar in Form von Kapseln zum Einnehmen.

Der Reishi-Pilz hat beispielsweise eine besonders unterstützende Wirkung auf unsere Leber, die als eine Art "Entgiftungsanlage" im Körper wirkt. Der Reishi vermag Schadstoffe abzubauen beziehungsweise in weniger schädliche umzuwandeln. Dem Mandelpilz wird eine stärkende Wirkung auf unser Immunsystem zugesprochen. Welche Pilzarten bei den unterschiedlichen Beschwerden angewandt werden, damit eine entsprechend gesundheitsfördernde Wirkung eintreten kann, bedarf einer genauen Kenntnis über die Wirkung und Dosierung der Pilze. Eine falsche Verabreichung kann auch schädlich sein.


Ein roter und ein glänzender Lackporling mit besonders flachen Pilzdeckeln, die oft eine halbrunde Form aufweisen - Buntstiftzeichnung: © 2017 by Schattenblick

Lackporling - in Japan wird dieser Pilz "Reishi" genannt und in China ist er unter dem Namen "Ling Zhi" bekannt
Buntstiftzeichnung: © 2017 by Schattenblick


Penicillin - ein Pilz rettet Leben

Es gibt auch Pilze, die eine Medizin herstellen können. Penicillin, ein Schimmelpilz, der überall vorkommt, im Boden, im Haus, in der Luft, und zudem zu den größten Lebensmittelverderbern zählt, löst bei vielen Menschen Allergien aus und kann Stoffe absondern, die als krebserregend angesehen werden. Das bedeutet, man sollte beispielsweise kein verschimmeltes Brot essen. Doch der Penicillium Schimmelpilz hat noch eine andere Fähigkeit. Er tötet Bakterien ab - Staphylokokken, Streptokokken oder Pneumokokken, also jene, die auch tödlich verlaufende Krankheiten auslösen können.

Schon 1893 gelang es einem Forscher aus einem Penicillium Schimmelpilz eine Säure, Mycophenolsäure, zu gewinnen, mit der das Wachstum des Milzbranderregers gestoppt werden konnte. Milzbrand ist eine hochansteckende und tödlich verlaufende Krankheit. Damals wurde seine Entdeckung in Kreisen der Wissenschaft nicht beachtet. Das Wissen, dass bestimmte Hefe- oder Schimmelpilze eine entzündungshemmende Wirkung haben, scheint sehr alt zu sein. Denn schon Jahrhunderte vor christlicher Zeitrechnung verwendeten die Nubier ein Bier mit antibakteriellen Wirkstoffen und die Alten Ägypter brauten aus Getreide einen Heiltrank der Entzündungen hemmte. In der Antike und im Mittelalter legten einige Chirurgen einen schimmeligen Lappen auf Wunden, damit sie sich nicht entzündeten.


Auf dem Nährboden in der Petrischale breitet sich das dunkel- bis hellgraue Pilzmyzel aus - Foto: 2009, by Crulina 98 (Own work) [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

Eine Petrischale mit Schimmelpilz Penicillium notaum
Foto: 2009, by Crulina 98 (Own work) [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)] via Wikimedia Commons

Erst viel später, im Jahr 1928, wurde die Wirkung von Penicillin von Alexander Fleming wieder entdeckt. Dann dauerte es noch einmal 10 Jahre bis zwei andere Forscher sich dem Penicillin zuwendeten und die Bakterien abtötende Wirkung in Tierversuchen beweisen konnten. Zunächst wurde der Schimmelpilz Penicillium notatum verwendet und es bereitete große Mühe die Wirksubstanz, die den Namen Penicillin erhielt, daraus zu gewinnen.

In den USA wurde auch intensiv an der Penicillin-Herstellung geforscht. Der Zweite Weltkrieg war ausgebrochen und das amerikanische Militär wollte große Mengen dieser Medizin für die verletzten Soldaten zur Verfügung haben. Sie setzten eine flüssige Nährlösung aus in Wasser eingeweichtem Mais her, was sich als ideale Nahrungsquelle für den Pilz erwies. Statt des Penicillium notatum experimentierten die Amerikaner mit dem Pencillium chrysogenum, das viel größere Mengen Penicillin absondern konnte. Es wird heute weltweit am häufigsten verwendet.

Pilze geben den Wissenschaftlern in vielerlei Hinsicht auch heute noch viele Rätsel auf. Es werden immer neue Überlegungen angestellt, wie man sie noch weiter nutzen kann. Ein Wissenschaftsbereich befasst sich beispielsweise mit der Möglichkeit, Pilze bei der Beseitigung von Umweltgiften einzusetzen.

Im nächsten Teil: Pilze sollen helfen, den Planeten zu retten.


Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

https://www.zentrum-der-gesundheit.de/pilze.html

http://www.heilpraxisnet.de/naturheilpraxis/naturheilkunde-pilze-als-medizin-9989.php

http://www.dw.com/de/pilze-als-medizin/a-15661394



5. April 2017


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