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TIERE/118: Nutzlos - nicht zum Verzehr geeignet ... (SB)



Manchmal ist es auch für einen Fisch von Vorteil, nicht dem allgemein anerkannten Schönheitsideal zu entsprechen. Wenn man dann auch noch wenig schmackhaft ist, steigen die Chancen, nicht in Netzen gefangen zu werden um auf den Tellern der Menschen zu landen.

Während die meisten Fische durch ihre oft stromlinienförmige Gestalt auffallen oder durch andere für das menschliche Empfinden schöne oder eigenartige Formen, Bewunderung auslösen, wirkt der Mondfisch geradezu unansehnlich. Seine nahezu runde, aber keinesfalls kugelige, sondern diskusförmige Gestalt, könnte für seinen Namen "Mondfisch" verantwortlich sein. Ihm fehlen zwar eine Reihe von Merkmalen, die für Fische im Allgemeinen angenommen werden, dafür weist er aber ganz ungewöhnliche und einzigartige Besonderheiten auf und sorgt unter den Wissenschaftlern immer noch für Überraschungen. Da er nicht zu den bevorzugten Speisefischen zählt, hält sich das Wissen über seinen Körper, sein Verhalten, seine Vorlieben und seine Fähigkeiten noch in Grenzen. Sein eigentlicher Lebensraum ist in den warmen Regionen der Ozeane die offene See, fern von den Küsten, obgleich in jüngster Zeit auch einige Tiere in der Nord- und Ostsee entdeckt wurden. Das kann passieren, weil sich Mondfische gerne von Strömungen unterhalb der Wasseroberfläche treiben lassen. Dort können sie allerdings nicht lange überleben. Für sie ist es zu kalt und sie finden kaum Nahrung.


Ein riesiger Mola Mola im blauen Meerwasser, auffällig sind die beiden großen Flossen oben und unten an dem runden, diskusförmigen Fisch und die fehlende Schwanzflosse - Foto: by U.S. National Oceanic and Atmospheric Administration [Public domain], via Wikimedia Commons

Der Mondfisch, auch Mola Mola genannt
Foto: by U.S. National Oceanic and Atmospheric Administration [Public domain], via Wikimedia Commons


Ein schwimmender "Mühlstein" im Ozean

Beeindruckend ist die enorme Größe dieses Tieres. Es kann bis zu drei Meter lang und beinahe ebenso hoch werden und bringt dabei ein Gewicht von 2 bis 3 Tonnen (1 Tonne = 1000 kg) auf die Waage. Damit zählt der Mondfisch zu den schwersten Knochenfischen überhaupt. Das hat zu einer weiteren Namensgebung geführt. "Mola Mola" wird er genannt, was sich aus dem lateinischen Wort "mola" herleitet und auf deutsch "Mühlstein" bedeutet. Die Mühlsteine in den Windmühlen von damals, mit denen aus Korn Mehl gemahlen wurde, waren sehr schwer. Aber das heißt im Falle des Mondfisches nicht, dass er wie ein Mühlstein im Wasser untergeht. Nein, er hat sogar eine ganz besondere Art zu schwimmen, die effizienter ist als es zunächst den Anschein hat. Die beiden großen Flossen, die Rückenflosse und die Afterflosse, laufen spitz zu und ähneln einem länglichen Dreieck. Sie sind weiter hinten am Körper angeordnet und stehen sich ziemlich genau gegenüber. Durch die raschen seitlichen hin und her Bewegungen wankt der große Fisch. Zunächst nahm man an, dass er sich damit nicht lange oder schnell fortbewegen könne, doch haben neuere Forschungen ergeben, dass diese Bewegungsart effizient ist und dem Mola Mola ermöglicht, Strecken von bis zu 2000 Kilometern innerhalb von drei Monaten in den Hochseemeeren zurückzulegen, das heißt, dass er am Tag ungefähr 22 bis 26 Kilometer schwimmt. Sein Körper weist noch eine Besonderheit auf, die ihm ein leichtes Tauchen in bis zu 500 bis 600 Metern Tiefe ermöglicht. Er besitzt keine Schwimmblase wie die meisten Fische, stattdessen besteht sein Körper unter der bis zu 7 cm dicken Haut aus einer gallertartigen Masse, die die Organe und das stark verknorpelte Skelett umgibt.


Der Knochenbau zeigt relativ kleine Kopfknochen und große Flossenknochen (Gräten) - Grafik: © 2018 by Schattenblick

Ein Mondfisch von innen
Grafik: © 2018 by Schattenblick

Man nimmt an, dass diese besondere Körperbeschaffenheit es dem Mondfisch ermöglicht, sich sehr gut in den Tiefen der Meere zu bewegen, denn sein Körper kann dem mit steigender Tiefe erhöhten Wasserdruck gut standhalten. Dort hält er sich zwecks Futtersuche auf, schwimmt aber auch gern mal an die Wasseroberfläche. Das hat einen besonderen Grund, der aber noch nicht genau untersucht wurde. Beobachtungen zeigten aber, dass der Mondfisch sich auf die Seite legt, so dass sie gut sichtbar aus dem Meerwasser herausragt. Es wird vermutet, dass dadurch Seevögel angelockt werden sollen, um die Parasiten, die sich auf der Haut des großen runden Fisches in großer Zahl festgesetzt haben, aufzupicken und zu verspeisen.

Ein Tierfilmer hat in einer Begegnung mit diesem imposanten Tier auch unter Wasser erlebt, dass es sich auf die Seite legt. Das scheint das Zeichen für kleine Meeresbewohner zu sein, sich ebenfalls an seinen Parasiten gütlich zu tun. Für den Riesenfisch ist das die beste Möglichkeit, sich der Plagegeister zu entledigen.


Ein ungewöhnlicher Riesenfisch

Beim Anblick eines Mola Mola fällt neben seiner gewaltigen Masse, Größe und Körperform, eines sofort ins Auge: dieser Fisch hat keine Schwanzflosse! Wie und warum es zu dieser Entwicklung gekommen ist, bleibt noch ein Rätsel. Bekannt ist aber, dass der Mola Mola während seiner Entwicklungsphase zu Beginn noch mit einer typischen Schwanzflosse ausgestattet war. Sie muss sich in einer späteren Phase zurückgebildet haben, so dass schließlich nur eine Art Hautlappen oder Hautkranz übrig geblieben ist, der von der Rückenflosse bis zur Afterflosse reicht. Für diese ungewöhnliche "Flosse" wird der Begriff "Clavus" verwendet.


Ein Mondfischweibchen legt bis zu 3 Millionen Eier. Das Foto zeigt ein Fischembryo mit Auge und umgeben von einer durchsichtigen Substanz mit Zackenrand - Foto: 2006, by G. David Johnson [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)], via Wikimedia Commons

Fischembryo mit typischen Zackenrand
Foto: 2006, by G. David Johnson [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)], via Wikimedia Commons

Betrachtet man die Haut des Giganten näher, so entdeckt man das Fehlen von für Fische so typische Schuppen. Seine Haut ist glatt, dick und ledrig. Das scheint besonders wichtig zu sein, um diese Körpermassen in Form zu halten. Der Mondfisch zählt zu den Knochenfischen und sein Knochenbau ist groß und kräftig, bis auf die feineren Knochen (Gräten) in den Flossen. Im Laufe der Entwicklung hat sich in diesem Skelett immer mehr Knorpel angesammelt, der, wie es scheint, für mehr Beweglichkeit sorgen könnte und das gesamte Knochengerüst auch etwas leichter werden lässt. Ob das aber tatsächlich der Grund für die Verknorpelung ist, kann nicht sicher gesagt werden.

Sieht man den Mondfisch von vorn, könnte man meinen, er würde staunen oder "Oh!" sagen, denn sein Maul steht die meiste Zeit zu einem beinahe Rund geformt offen. Und es weist ebenfalls eine Besonderheit auf, denn es gleicht in der Knochenstruktur eher einem "Schnabel" oder besser einem Schildkrötenmaul, in dem sich keine einzelnen Zähne befinden sondern Zahnleisten. Er kann damit Muscheln, Krebstiere, Schlangensterne und andere kleine Fische fressen, bevorzugt aber wohl eher Quallen und andere Weichtiere.

Hier tritt erneut eine Eigenartigkeit auf - das geschwinde Wachstum. Die Angaben darüber gehen etwas auseinander, aber es wird behauptet, dass der Mondfisch fast 1 Kilogramm Gewicht am Tag zulegen kann. Da fragt man sich doch, wieviel er denn dafür fressen muss?

Die fischtypischen Atemorgane, die Kiemen, die bei vielen Fischen deutlich zu erkennen sind und aus mehreren Hautlappen bestehen, die sich auf und ab bewegen, also sich öffnen und schließen, fehlen dem Mondfisch. An ihrer statt sitzt eine runde Kiemenöffnung über den vorderen kleinen Brustflossen.

Die Vermehrung des Mondfisches erweist sich als einzigartig in der uns bekannten Fischwelt. Ein Weibchen kann bis zu 3 Millionen Eier legen. Sie sind winzig klein, nur etwa 2,7 mm, wachsen aber sehr schnell. Es ist allerdings anzunehmen, dass die meisten von ihnen zu Futter für andere Meeresbewohner werden, ansonsten müssten die Ozeane ja voller Mondfische sein.

Über das Verhalten dieser besonderen Tiere ist noch wenig bekannt. Da ihr bevorzugter Lebensraum die offene See ist und sie sich in Meerestiefen von 200 bis 500 Metern aufhalten, ist es nicht so leicht, auf einen ihrer Art zu treffen. Findet dann doch eine Begegnung mit dem Riesenfisch statt, handelt es sich oft um ein einzelnes Tier. Ob es richtig ist, daraus zu schließen, es handle sich um Einzelgänger, bleibt fraglich, zumal auch schon größere Gruppen von Mondfischen gesichtet wurden. Doch weiß man bislang kaum etwas über ihr Zusammenleben, beispielsweise über ihr Paarungsverhalten, oder andere wichtige Dinge, die für ihr Überleben in den Ozeanen erforderlich sind.

Es bleibt zu hoffen, bei allem Verständnis für die Neugier auf diesen doch recht sympathisch anmutenden Fisch, dass nichts an ihm entdeckt wird, was für den Menschen nutzbar und ausbeutbar ist und er somit ins Visier der Fischfänger und der fischverarbeitenden Industrie gelangt.


Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

https://www.wissenschaft.de/umwelt-natur/gene-fuer-das-mondgesicht/

https://taucher.net/diveinside-mondfische._geheimnisvolle_weltmeister-kaz39

https://www.fischlexikon.eu/kalkulator/kalkulator-gewicht.php

https://www.welt.de/wissenschaft/umwelt/article149850413/Was-die-bizarren-Mondfische-in-der-Ostsee-suchen.html


9. Juli 2018


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