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WISSENSDURST/058: Plastik - ohne Fleiß kein Preis ... (SB)



Ben und Stefan - Buntstiftzeichnung: © by Schattenblick

Grafik: © by Schattenblick


Stefan und Ben hatten sich bereits ausführlich mit der Herstellung von Plastik, seiner Verwendung und der Entsorgung befasst. Doch gerade letzteres zeigte sich als größtes Problem, denn Land und Meer wurden zu Plastikmüllhalden ungeahnten Ausmaßes.
Neben der Idee, Plastikmüll zu vermeiden oder die Plastikgegenstände statt sie wegzuwerfen weiter für andere geeignete Zwecke zu nutzen, wollten die beiden die Möglichkeit prüfen, ob Plastikprodukte nach Gebrauch recycelt werden können.
Sie hatten sich nach einem gemeinsamen Fußballspiel bei Stefan getroffen und erfrischten sich mit Selterswasser und Cola. Dann nahm Ben die Flaschen nacheinander in die Hand und betrachtete die Etiketten.

Ben: "Verdammt, alles Plastik, aber immerhin, die Seltersflasche wurde aus recyceltem Kunststoff hergestellt, wenn auch nur zu einem Anteil von 30%. Die Cola-Flasche sogar nur zu 25%. Ob das schon die Obergrenze ist, ich meine, kann der Anteil an recyceltem Plastik nicht höher liegen?"

Stefan: "Gute Frage. Ich habe einen Vorschlag, eigentlich stammt er von meiner Mutter. Sie hat mich auf ein Youtube-Video aufmerksam gemacht, und ich finde wir sollten uns das ansehen. Es sind sogar zwei Filme. Einer wurde vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) in Auftrag gegeben, der andere setzt sich kritisch mit dem Recyceln auseinander. Was meinst du?"

Ben: "Klar doch. Vielleicht wird dort auch eine Recycling-Anlage von innen gezeigt. Ich habe keine Vorstellung davon, wie zum Beispiel die verschiedenen Plastiksorten auseinander sortiert werden oder wie der Müll aus dem Gelben Sack überhaupt getrennt wird."


Viele Gelben Säcke liegen auf einem großen Haufen vor einem Gebäude - Foto: 2007 by User:Nino Barbieri,(own work) CC BY-SA 2.5 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5, via Wikimedia Commons

Ansammlung von Gelben Säcken
Foto: 2007 by User:Nino Barbieri,(own work) CC BY-SA 2.5 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5, via Wikimedia Commons


Stefan und Ben schalteten den Rechner mit dem großen Bildschirm ein, setzten sich gemütlich mit Stift und Notizblock davor und steuerten die besagte Seite an. Nachdem sie sich alles angesehen hatten, waren sie glatt erschlagen von der Informationsflut und den vielen Zahlen. Das beunruhigte sie nicht sehr, denn sie konnten es sich jederzeit nochmals ansehen.

Ben: "Zweieinhalb Millionen Tonnen Verpackungsmüll landen jährlich im Gelben Sack! Wahnsinn. Na, kein Wunder, statistisch gesehen, wie mein Vater neulich erzählte, produziert jeder Bundesbürger 37 kg Verpackungsmüll jährlich."

Stefan: "Ich hatte keine Ahnung, dass Plastikmüll nach verschiedenen Grundstoffen sortiert werden muss, also in PET, PP oder HDPE, wie sie in der Dokumentation genannt wurden. Will man ein hochwertiges Recyclat erhalten, dürfen sie nicht gemischt werden." [1]

Ben: "Ah, warte mal, Recyclat? Ist das das recycelte Material, das am Ende herauskommt, um zu neuen Produkten verarbeitet zu werden?"

Stefan: "So habe ich das verstanden. Überrascht hat mich auch noch, dass ein Großteil des Inhalts aus den Gelben Säcken einfach in die sogenannte ,Energetische Verwertung' gebracht, also verbrannt wird. Bisher hatte ich mir noch keine Gedanken gemacht, was mit dem Restmüll geschieht. Aber dass er in konventionellen Kraftwerken oder in der Stahl- und Zementindustrie als Energielieferant verbrannt wird, darauf bin ich nicht gekommen."

Ben: "Recyceln scheint doch noch sehr in den Anfängen zu stecken. Diese wirklich tolle Fabrik, die in dem Film gezeigt wurde, in der Plastikmüll sauber getrennt und verarbeitet wird, sah auch noch ziemlich neu aus. Alle Achtung, solche HighTech-Maschinen zu erfinden, war bestimmt nicht einfach."

Stefan: "Ja, ich fand das ebenfalls ziemlich beeindruckend, wie auch zu wissen, dass es technisch möglich ist, tatsächlich Plastik wiederzuverwerten. Aus den HDPE-Kunststoffen können beispielsweise Rohre und Paletten hergestellt werden, aus den PP-Stoffen stellt man Blumenkübel oder Eimer her und PET-Kunststoffe lassen sich zu Fleece-Pullis oder Gartenmöbeln verarbeiten. Das ist doch schon mal was."

Ben: "Obwohl auch gleich darauf hingewiesen wurde, dass diese neuen Produkte nur eine begrenzte Lebenszeit haben und dann wieder im Müll landen."

Stefan: "Ja, stimmt. Doch mir ist das noch zu vage, da müssen wir noch genauer hinschauen. Lass uns noch mal zusammenfassen, was für uns die wichtigsten Punkte sind. Also, zunächst einmal scheinen die Getränkeflaschen einen gewaltigen Anteil an dem Plastikmüll zu haben, also die sogenannten PET-Flaschen."

Ben: "Jedes Jahr fallen 60 Millionen Tonnen an PET-Flaschen und Verpackungsmaterialien an. Davon landen ca. 9 Millionen Tonnen in den Meeren."


An einem Sandstrand liegen unzählige Plastikflaschen zwischen anderem Müll - Foto: 2010, by Vberger, (own work) Public domain, via Wikimedia Commons

Plastikflaschen-Müll am Strand des Roten Meeres
Foto: 2010, by Vberger, (own work) Public domain, via Wikimedia Commons


Stefan: "Wenn man überlegt, dass der Coca-Cola-Konzern weltweit jährlich angeblich 110 Milliarden PET-Einwegflaschen produziert, erklärt das doch schon viel. Aber zurück zu den Kernfragen. Ist es möglich, aus den weggeworfenen PET-Flaschen beziehungsweise aus den Einweg- oder Mehrweg-Pfandflaschen wieder neue herzustellen?"

Ben: "So wie ich das verstanden habe, soll es bei uns mit dem Pfandflaschensystem schon gut funktionieren. Doch es wird weiter daran gearbeitet, den recycelbaren Anteil an PET-Flaschen aus dem Gelben Sack noch zu erhöhen, was auch als möglich angesehen wird. Bei den HDPE und den PP Stoffen soll es schon zu 100% funktionieren. Das heißt, aus alten PP-Verschlusskappen werden exakt wieder solche. Aus Reinigungsmittelflaschen aus HDPE-Kunststoff werden wieder Gefäße für Reinigungsmittel. Genau so sollte es möglich sein, aus 100% PET-Recyclat wieder neue PET-Flaschen herzustellen."

Stefan: "Warum wird nicht alles daran gesetzt, das Recycling-Verfahren zu verbessern und überall anzuwenden, denn es wäre doch besser, überhaupt keinen neuen Kunststoff mehr herzustellen?"

Ben: "Ganz genau. Erinnerst du dich, was wir bei unseren Nachforschungen schon herausgefunden hatten: um eine Tonne Kunststoff neu herzustellen, werden ca. 2 Tonnen Rohöl benötigt. Die Förderung und der Transport des Rohöls für die Kunststoffherstellung produziert weltweit jährlich 100 Millionen Tonnen CO2. Aber das ist noch nicht alles. Wenn die Herstellung von Plastikprodukten losgeht, entstehen dabei nochmal 200 Millionen Tonnen Kohlendioxid."

Stefan: "Und weil das Recyclat im Moment noch teurer ist als das Rohöl, wie in dem Film erwähnt wurde, wird weiterhin immer neues Plastik produziert!"

Ben: "Die Kunststoffproduktion ist also in mehr als einer Hinsicht klimaschädlich. Ich fände es besser, Überlegungen anzustellen, wie weniger Verpackungsmaterial produziert wird oder dass recycelte PET-Flaschen nur noch als Mehrwegflaschen verwendet werden. Die können immerhin ca. 25 mal wieder befüllt werden."

Stefan: "Also, das Thema ist noch nicht zu Ende. Aber mir reicht`s für heute. Ich bin auch noch ziemlich k.o. vom Spiel".

Ben: "Geht mir auch so, also, wir sehen uns morgen."



Fortsetzung folgt ...

Anmerkung:

[1] Begriffsklärung:
HDPE - High-Density-Polyethylene
PP       - Polyehylenterephthalat
PET     - Polypropylen



Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

https://www.youtube.com/watch?v=yeKNYR0aubs https://www.youtube.com/watch?v=EvuNJ_yZi3g https://www.businessinsider.de/wirtschaft/coca-cola-produziert-100-milliarden-plastikflaschen-jaehrlich-2018-8/ https://www.stern.de/genuss/trinken/coca-cola--verbraucher-wollen-plastikwarum-dieser-satz-fatal-ist-9104640.html


27. September 2021


veröffentlicht in der Schattenblick-Druckausgabe Nr. 168 vom 2. Oktober 2021


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