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AUFBAU/261: Es geht auch anders - Die Klassengewerkschaft


aufbau Nr. 61, Mai/Juni 2010
klassenkampf - frauenkampf - kommunismus

Es geht auch anders: Die Klassengewerkschaft

LAB - Im Baskenland existiert eine Gewerkschaft, die zur nationalen Unabhängigkeitsbewegung gehört, sich aber stolz die Klassengewerkschaft nennt und für den Sozialismus kämpft.


(az) LAB ist die Abkürzung von Langile Abertzaleen Batzordeak was Baskisch ist und übersetzt in etwa Kommission der patriotischen Arbeiter und Arbeiterinnen hiesse. Das Wort patriotisch jagt zwar unsereiner einen kalten Schauder über den Rücken, es wäre aber falsch, die LAB an diesem einen Wort zu messen und nicht an der Politik, die sie tatsächlich betreibt. Und es liesse auch die speziellen historischen Bedingungen des Baskenlandes ausser Acht.

Die LAB führt ohne Zweifel den Kampf zur Befreiung und Selbstbestimmung des "baskischen Volkes" und es ist ihr ernst damit, das soll hier nicht klein geredet werden. Ihr Hauptziel ist die Unabhängigkeit und der Sozialismus für Euskal Herria und sie erhebt sowohl auf die spanischen als auch auf die französischen Territorien Anspruch. Sie scheint sich aber der Gefahren bewusst zu sein und bemüht sich sichtlich in ihren Schriften hervorzuheben, dass sie nicht ausgrenzen will. Legale wie illegale ImmigrantInnen, gebürtige SpanierInnen und FranzösInnen können auch dazu gehören, denn gleichzeitig will LAB internationalistisch und antirassistisch sein: Die Klasse so organisieren, wie sie ist.

Ein Widerspruch? In der reinen Theorie bestimmt, in der Praxis weniger, auch die CubanerInnen riefen "Patria o muerte". Die Geschichte des Baskenlandes legt ihre Positionierung nahe. Ursprünglich hatten BaskInnen die Wahl zwischen nationalistischen, bourgeoisen Gewerkschaften und nicht-nationalistischen, linken Gewerkschaften. Das hat die baskische ArbeiterInnenklasse gespalten, denn das Bedürfnis nach nationaler Selbstbestimmung war jederzeit enorm, keineswegs unbegründet und nicht so einfach von der Hand zu weisen. Die LAB sprang in diese Lücke und war erfolgreich damit.

Die LAB ist eine konföderierte Gewerkschaft, d.h. sie konzentriert sich nicht auf bestimmte Branchen, sondern organisiert alle, die zu ihr möchten, weil sie der politischen Linie zustimmen. Sie existiert seit 1974, seit zehn Jahren ist es ihr auch gelungen, im französischen Teil des Baskenlandes Fuss zu fassen. Sie vertritt 16% der ArbeiterInnen und verfügt über 4.400 gewählte Betriebsräte bei insgesamt 45.000 Mitgliedern. Das ist eine beeindruckende Zahl, selbst wenn das Baskenland nicht so klein wäre, wäre die LAB eine ernstzunehmende Kraft.


Gegenmacht aufbauen

Im Mai 2008 hat der VII Kongress der LAB beschlossen, verstärkt auf den soziopolitischen Aspekt der gewerkschaftlichen Arbeit zu pochen und Gegenmacht aufzubauen. Sie tritt offen als sozialistische Gewerkschaft auf, sie erklärt sich für unabhängig von allen Parteien, doch will nicht von diesen isoliert sein. D.h. sie sucht Bündnisse und führt politische Diskussionen. Gewerkschaftliche Arbeit ist hier nicht von der Politik zu trennen und gerade dieser Punkt macht sie besonders interessant.

Zum prioritären Arbeitsfeld wurden zudem die prekären Arbeitsbedingungen und die Verteidigung der politischen Rechte erklärt. Dieser Punkt hebt die LAB ebenfalls von anderen Gewerkschaften ab, denn sie will nicht nur prekäre ArbeiterInnen organisieren, sie ist auch tatsächlich fähig dazu. Der spanische Teil des Baskenlandes hat weit weniger unter Arbeitslosigkeit zu leiden, als die meisten Gebiete Europas. Doch arbeiten dort überproportional viele ZeitarbeiterInnen - 30% der ArbeiterInnen haben befristete, unsichere Arbeitsverträge. Wahrscheinlich liegt ihre Fähigkeit die Temporären zu organisieren auch daran, dass sich die LAB dem Frauenkampf widmet und ausserdem eine Frau an der Spitze der Gewerkschaft steht. Hauptsächlich liegt es aber daran, dass die LAB kein Papiertiger ist, sondern wirkungsvoll die Konfrontation sucht und dabei stets weiss, auf welcher Seite sie steht.

Die LAB deklariert, dass nur im Kampf gegen jene, die die Produktionsmittel und das Kapital besitzen, sowie gegen deren Staat, eine Verbesserung der Lebensbedingungen erreicht werden kann. Und deshalb grenzt sie sich entschieden von jenen Gewerkschaften ab, die auf "sozialen Dialog" setzen und die Klasse dann für eine Unterschrift unter einem Vertrag verraten werden. Diese kompromisslose Politik betreibt die LAB im Baskenland, wo jede politische Aktivität mit maximaler Repression geahndet wird. Alle diese Gründe machen aus ihr eine der glaubwürdigsten ArbeiterInnenorganisationen der Gegenwart, der unsere Solidarität sicher ist.


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Redaktion

Revolutionärer Aufbau Basel (rabs), Revolutionärer Aufbau Bern (rab), Revolutionärer Aufbau Winterthur (raw), Gruppe politischer Widerstand Zürich (gpw), Gruppe Arbeitskampf Zürich (az), Arbeitsgruppe Antifa Basel (agafb), Arbeitsgruppe Antifa Zürich (agafz), Arbeitsgruppe Klassenkampf Basel (agkkb), Arbeitsgruppe Klassenkampf Zürich (agkkz), Arbeitskreis ArbeiterInnenkämpfe (akak), Arbeitskreis Frauenkampf (akfk), Frauen-Arbeitsgruppe (agf), Arbeitsgruppe Winterthur (agw), Rote Hilfe - AG Anti-Rep (rh-ar), Arbeitsgruppe Jugend (agi), Kulturredaktion (kur)


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Quelle:
aufbau Nr. 61, Mai/Juni 2010, Seite 6
HerausgeberInnen:
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Revolutionärer Aufbau Basel, Postfach 348, 4007 Basel
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Mai 2010