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AUFBAU/365: Gegenseitige Unterstützung in der Aufstandsbekämpfung


aufbau nr. 74, sept/okt 2013
klassenkampf - frauenkampf - kommunismus

Gegenseitige Unterstützung in der Aufstandsbekämpfung



KOLUMBIEN Die kolumbianische Regierung nähert sich der NATO an. Doch warum interessiert sich die Nord-Atlantik-Pakt-Organisation (NATO) für eine Zusammenarbeit mit einem südamerikanischen Land?


(gpw) Ende Juni haben Kolumbien und die NATO einen Kooperationsvertrag vereinbart. Zuvor gab es wilde Spekulationen, ob Kolumbien sogar ein Vollmitglied der NATO werden sollte. "Als eine Allianz von Demokratien fühlen wir uns geehrt, wenn Länder mit ähnlichen Werten die Hand nach uns ausstrecken", kommentierte NATO-Vize-Generalsekretär Alexander Vershbow bei einem Treffen mit Kolumbiens Verteidigungsminister Juan Carlos Pinzón Bueno. Was konkret die Inhalte dieser Kooperation sind, unterliegt der Geheimhaltung. Das Abkommen ist schliesslich keine Mitgliedschaft Kolumbiens in der Allianz. Die NATO liess verlauten, dass Kolumbien kein Mitgliedsstatus erteilt werde. Das Abkommen sei bloss ein erster Schritt in Richtung künftiger Zusammenarbeit. Jedoch sei klar, dass kolumbianische Militärs bereits jetzt "im Ausland eingeladen [seienl, um Kurse zu geben, um über ihre Erfahrungen zu berichten, und ebenso kommen Militärs aus anderen Ländern, um gemeinsam zu trainieren. Das geschieht schon seit längerer Zeit", so Verteidigungsminister Pinzón.


Ziel: Aufstandsbekämpfung

Das strategische Ziel hinter dieser Annäherung ist unter anderem die Verbesserung der Aufstandsbekämpfung. Und davon profitieren beide. Der kolumbianische Staat kann auf eine Jahrzehnte lange Geschichte der Aufstandsbekämpfung gegen die linke Guerilla zurück blicken. Von diesem Wissen kann die NATO beispielsweise in Afghanistan profitieren. Dass die kolumbianische Regierung zu äusserst "kreativen" Methoden greift, ist ein offenes Geheimnis. Von Vertreibungen über Menschenrechtsverletzungen, hin zur Unterstützung im Aufbau von paramilitärischen Gruppen oder der Darstellung von getöteten Zivilisten als Guerilleros gehört schon lange zu ihrem Repertoire. Auf der anderen Seite erhofft sich die kolumbianische Regierung eine Modernisierung der Armee durch die Allianz. Dies würde bei einem allfälligen Scheitern der Friedensverhandlungen mit der FARC wiederum helfen, die Guerilla militärisch weiter zurück zu drängen. Kurz vor dem militärischen Feierlichkeiten hatte der kolumbianische Präsident Juan Emanuel Santos Anfang Juni über seinen Twitter-Account erklärt: "Wir sind dabei, ein sicheres Land aufzubauen. Mehr als 1.800 FARC- und ELN-Angehörige im Jahr 2013 neutralisiert und 50 führende Köpfe seit Amtsantritt". Dies zeigt klar den Weg seiner Politik, Friedensverhandlungen hin oder her. Als weitreichenderes Ziel steht die Sicherung des gewaltigen Militärapparates in Kolumbien. Falls im eigenen Land bald "Frieden" herrschen sollte, könnten die frei gewordenen Kapazitäten im Ausland zusammen mit der NATO genutzt werden, ohne dass das Militär an Macht und Bedeutung verlieren würde.


Kritik von allen Seiten

Kolumbien ist der letzte grosse Verbündete der USA in Lateinamerika und dazu noch geostrategisch wichtig. Es ist die Brücke zwischen Süd- und Zentralamerika, hat sowohl an den Pazifik wie an den Atlantik Anschluss und grenzt an fünf Staaten. Dies zeigt die Interessen der USA an einer starken Zusammenarbeit mit Kolumbien. Innerhalb Kolumbiens ist es vor allem das linke reformistische Bündnis Marcha Patriótica, welches das Abkommen kritisiert. Zum einen skizziere die Entscheidung der Regierung vor allem eine Politik, die den Krieg und den bewaffneten Konflikt vertieft. An zweiter Stelle kritisieren sie, dass das Abkommen den Prozess der Demokratisierung und des Fortschritts grundlegender politischer und sozialer Veränderungen in der Region destabilisiere, an deren Spitze Venezuela stehe.

Die scharfe Kritik der anderen lateinamerikanischen Länder liess dann auch nicht lange auf sich warten. Der venezuelanische Präsident Nicolás Maduro sagte, der Militärpakt habe in südamerikanischen Staaten nichts zu suchen. Ein Beitritt Kolumbiens wäre "ein Dolchstoß ins Herz der Völker unseres Amerikas". Auch der nicaraguanische Präsident Daniel Ortega warnte vor einer Annäherung Kolumbiens an das Militärbündnis. Es sei beunruhigend, dass ein Land Initiativen ergreife, um den Prozess der Einigung Lateinamerikas zu schwächen. Die NATO sei bekannt dafür, zu bombardieren, zu töten und zu zerstören.

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Redaktion

Revolutionärer Aufbau Basel (rabs), Revolutionärer Aufbau Winterthur (raw), Gruppe politischer Widerstand Zürich (gpw), Gruppe Arbeitskampf Zürich (az), Arbeitsgruppe Antifa Basel (agafbs), Arbeitsgruppe Antifa Zürich (agafz), Arbeitsgruppe Klassenkampf Basel (agkkbs), Arbeitsgruppe Klassenkampf Zürich (agkkz), Arbeitskreis ArbeiterInnenkämpfe (akak), Arbeitskreis Frauenkampf (akfk), Frauen-Arbeitsgruppe (agf), Frauenkollektiv (fk), Rote Hilfe International (rhi), Arbeitsgruppe Jugend Zürich (agj)

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Quelle:
aufbau nr. 74, sept/okt 2013, Seite 12
HerausgeberInnen:
Revolutionärer Aufbau Zürich, Postfach 8663, 8036 Zürich
Revolutionärer Aufbau Basel, Basel@aufbau.ch
Revolutionärer Aufbau Winterthur, winterthur@aufbau.ch
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. September 2013