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CORREOS/147: Mexiko - Die Rückkehr der Gangster


Correos des las Américas - Nr. 169, 8. März 2012

Die Rückkehr der Gangster
Präsident Funes betreibt eine Remilitarisierung des Landes nach US-Vorgaben.

von Dieter Drüssel



Im November trat Sicherheits Manuel Melgar zurück, sein Nachfolger wurde der bisherige Verteidigungsminister und vor kurzem offiziell in den «Ruhestand» getretene General David Munguía Payés. Präsident Mauricio Funes kam damit einer alten Forderung des Unternehmerverbandes ANEP und insbesondere der US-Botschaft nach, die nicht gewillt ist, FMLN-Angehörige im Regierungsapparat oder gar im Sicherheitsbereich zu tolerieren. FMLN-Sprecher Roberto Lorenzana erklärte noch vor der offiziellen Ernennung des Generals: «Der neue Sicherheitsminister wird General Munguía Payés sein. Das hat nicht der Staatspräsident entschieden. Er ist bloss ein Sprachrohr. Es geht um einen Entscheid, der in der Hauptstadt der USA getroffen worden ist.» Stunden nach Munguías Ernennung erklärte der Unternehmerverband ANEP, er hoffe, seine «Sicherheitsvorschläge» nun gemeinsam mit Munguía umsetzen zu können. Um was es dabei geht, hatte der Grossunternehmer Eduardo Poma im Blatt El Diario de Hoy (18.11.11) klar gemacht: um einen «Drogenkrieg» wie in Mexiko und um staatliche Schützenhilfe für die Investoren.

Kaum war Munguía im Amt, wurden FMLN-Kader aus allen wichtigen Sicherheitspositionen entfernt und grösstenteils durch Militärs ersetzt. Als erster musste Eduardo Linares die Leitung des zivilen Geheimdienstes OIE abgeben. Anfang Januar reichte Migrationschef Rubén Alvarado seinen «Rücktritt» ein. Migrationsbekämpfung gehört für die USA zum «Antiterror»-Krieg. Die Kontrolle der Grenzen ist zentral für die Aufdeckung der Transportwege der sogenannten Organisierten Kriminalität.

Am 22. Januar folgte der nächste entscheidende Zug: Carlos Ascencio, Chef der Zivilen Nationalpolizei PNC, musste seinen Posten zugunsten von General Francisco Salinas räumen. Salinas war am Vortag in den «Ruhestand» getreten und hatte als Vizeverteidigungsminister demissioniert. Der General hatte im Juni 2010 auf der Homepage des U.S. Naval Institute gemeint, in den angeblich von den Maras bedrohten Küstenstädten sei es «notwendig, Marineeinheiten zur Wiederherstellung der zivilen Ordnung, zur Ankurbelung der Wirtschaft und zur Reduktion des Verbrechens einzusetzen» (usni. org, 30.6.10).

Dass die Armee in Sachen Sicherheit nicht mehr das Kommando führte, galt bisher als ein Haupterfolg der Friedensabkommen von 1992. Das ist nun Geschichte. Die Schutzbehauptungen von Funes, Munguía und Konsorten, wonach nicht von einer Militarisierung gesprochen werden könne, da die entsprechenden Militärs ja nun Zivilisten seien, sind geradezu lächerlich.

El Salvador ist für die US-«Sicherheitsarchitektur» in Zentralamerika relevant. Hier befinden sich die regionale Interpolzentrale, die regionale, vom FBI kontrollierte Datenbank CAT zu Strassenbanden, die kontinentale, von den USA und kolumbianischen Spezialeinheiten geleitete Schule für Polizeiangehörige sowie die US-Luftwaffenbasis in Comalapa.


Mordrate, Scheinargumente, Hetze

In El Salvador war die tägliche Mordrate 2009 auf rund 12 Morde pro Tag gestiegen (bei einer Bevölkerung von damals vielleicht 6.2 Mio.). 2010‍ ‍waren es im Schnitt noch 11 Morde im Tag, doch bereits 2011 belief sich diese Zahl wieder auf 12 Morde. Die UNO-Verbrechensbekämpfungsstelle UNODC bezeichnete das Land in ihrer Global Study on Homicide 2011 als zweitgefährlichstes nach Honduras: El Salvador 2010: 66 Morde auf 100.000 EinwohnerInnen, Honduras: 82. Laut Polizeiangaben wurden in El Salvador im vergangenen Jahr 4354 Menschen ermordet (EM, 1.1.12). 2007 Menschen sind laut Angaben der Gerichtsmedizin im gleichen Zeitraum verschwunden; einige davon müssen wohl zu den Ermordeten hinzugerechnet werden (EdH, 7.1.12). Der abgesetzte Justizminister meinte zu den UNODC-Angaben: «Seit den 60er Jahren war es ein gewalttätiges Land, und es ist erwiesen, dass 1993 das gewalttätigste Jahr war mit 88 Morden auf 100.000 EinwohnerInnen» (LPG, 8.10.11). Und noch eine entsetzliche Info: Laut der Staatsanwaltschaft sind seit 2006 513 Leichen in sogenannten Geheimfriedhöfen (alte Brunnenschächte u.ä.) gefunden worden, 95 Prozent davon von Minderjährigen und 85 Prozent von Frauen (EdH, 27.10.11).

Dagegen brauche es, argumentieren Munguía und Funes, eine totale Kooperation von Armee, Polizei, Justiz und Geheimdiensten. Schon als Verteidigungsminister machte Munguía die Maras für 90 Prozent aller Morde verantwortlich. Der Ende Januar geschasste Kripochef Howard Cotto hatte von 29.85 Prozent nachgewiesener Morde mit Mara-Verwicklung gesprochen, die bei weiteren Untersuchungen auf 71 Prozent steigen könnten (oder eben nicht). Doch der General versichert monoton, «dass er seine Berechnungen auf eine vollständigere Datenbank als jene der PNC stütze: 'Wir haben ein Muster, in dem wir den Ursprung der Toten ziemlich realistisch ermitteln können'» (LPG, 23.12.11). Ohne Unterlass wiederholt Munguía in seinen Interviews, dass «wir», d.h. die Streitkräfte, uns dabei auf «Beweismittel» wie Tätowierungen, Alter, Geschlecht, Ort des Mordes oder Zeitungsartikel abstützen.

So wie die Rechte bemühen auch Funes und Munguía gerne das Argument des «Garantismus»,. Gemeint sind die in den Abkommen vorgeschriebenen rechtsstaatlichen Reformen (Folterverbot, Mindestgarantien für Untersuchungsgefangene etc.). Einen solchen Luxus könne man sich vielleicht in einem friedlichen Land wie der Schweiz leisten, aber nicht im brodelnden El Salvador. Und noch etwas beschäftigt Munguía: Zwar verhafte die PNC pro Tag 160 und die Streitkräfte weitere 60 Menschen, «aber das Problem ist nicht nur, diese Leute einzusperren, sondern sie müssen ein Gerichtsverfahren durchlaufen», was die aktuelle Justiz überfordere. (El Faro, 26.1.12). Also künden Funes und Munguía neue «antigarantistische» Gesetze noch unbekannten Inhalts an. Munguía erwägt etwa die Verhaftung der Eltern von Mara-Mitgliedern.


Neue Guardia - wie in Rio

Kernstück der neuen Strategie, die laut Munguía nach den Parlaments- und Gemeindewahlen vom kommenden Märzt umgesetzt werden soll, sind aber ein neues Polizeikorps gegen Banden (GIAP, Grupo de Intervención Antipandillas) und zonale Ausnahmezustände, die er seit Jahren fordert. Wie weitgehend die Aushebelung der Grundrechte unter zonalen Ausnahmezuständen gehen wird, ist noch unklar. Munguía sieht die Sonderzonen in vom Bandenwesen besonders betroffenen Armutsquartieren in den fünf Departementen mit der grössten Deliktzahl (darunter die Hauptstadt ) vor. Nach der erfolgreichen Befriedung der «Mara-Zonen» sollen staatliche Sozialprogramme greifen. Wichtig sei, die repressive Präsenz in solchen Zonen dauerhaft zu gestalten. Erklärtes Vorbild: Das Vorgehen der Militärpolizei in den Favelas von Rio (Faro, 26.1.12). Die neue Einheit GIAP ist zwar formal in die PNC eingegliedert, wird in Wirklichkeit aber eine neue polizeilich-militärische Formation darstellen. Ihre nach verschiedenen Pressberichten vom Ausland finanzierte Schulung erfolgt u.a. durch die Armee-«Antiterror»-Einheit CEAT und durch das FBI (EdH, 7.12.11). Sie soll laut Munguía über einen eigenen Geheimdienst verfügen. Und Verteidigungsminister Atilio Benítez thematisiert den möglichen Einsatz der CEAT auf den Strassen (LPG, 4.5.12).


Saubermanns Chefs und die «Partnership for Growth»

Mit Polizeichef Ascencio trat auch die Polizeiinspektorin Zaira Navas zurück. Unter ihrer Leitung war es gelungen, eine Reihe führender ehemaliger Polizeikader aus den Beständen der Bürgerkriegsarmee wegen Kollaboration mit den Drogenringen u.ä. disziplinarisch von ihren Chefposten zu entfernen. Zu Anklagen war es nicht gekommen, weil die rechte Parlamentsmehrheit mit einer parlamentarischen Untersuchungskommission über das «Terrorregime» der Inspektorin deren Arbeiten solange paralysierte, bis die Verjährungsfalle zuschnappte. Dank dessen können jetzt ursprünglich aus den Reihen der Armee kommende, berüchtigte PNC-Kader für zentrale Bereiche der Polizeiarbeit herangezogen werden.

Munguía hatte für das Kommando der neuen Einheit den Ex-Chef der vom FBI kontrollierten zentralamerikanischen Mara-Datenbank, Kommissär Douglas García Funes, vorgesehen, was aber am Einspruch von Funes scheiterte. Der frühere Armeeoffizier hat früher mutmasslich dem salvadorianischen Grossdealer Chepe Luna vom Transportnetz der Perrones zugearbeitet. Zudem ermittelte die zurückgetretene Polizeiinspektorin wegen eines ihm gehörenden illegalen Lagers von Handgranaten. Angeblich von Mara-Mitgliedern ausgeführte Handgranatenangriffe auf stark belebte Marktplätze gehörten während Jahren zum Repertoire einer Kampagne für einen «ungebremsten» Armeeeinsatz gegen die Maramonster. GIAP-Kommandant wurde schliesslich ein anderer Kunde der ehemaligen Polizeiinspektorin: der frühere Vizepolizeichef Pedro González. Er gilt zusammen mit seinem damaligen Chef Menesses als in das Drogenbusiness von Chepe Luna verwickelt. Dieses Mal schwieg Funes. Nicht er, sondern Munguía und seine Kollegen vom US-Südkommando bestimmen die Sicherheitspolitik. García Funes befehligt jetzt die PNC im Westen des Landes.

Nicht zufällig thematisiert die Prensa Gráfica dieser Tage wiederholt die «internationale Komponente» der Militarisierung, etwa am 10. Februar 2011: «Letztes Jahr sicherten mehrere Länder im Rahmen eines New Yorker Treffens der US-Aussenministerin Hillary Clinton und des Sistema de Integración Centroamericana (SICA, zentralamerikanischer gouvernementaler Zusammenschluss) finanzielle und technische Hilfe für die Verbesserung der Sicherheit zu.» Mit von der Partie sind etwa Spanien, Deutschland, Kolumbien, UK, EU, Mexico und Chile. Drei Tage zuvor meldete das Blatt anlässlich eines Arbeitsbesuches von Funes beim neuen guatemaltekischen Präsidenten Otto Pérez: «Die Beteiligung der Streitkräfte an der öffentlichen Sicherheit entspricht einem regionalen Plan gegen das Verbrechen, der von US-Kooperationsorganisationen unterstützt wird, die an der Entwicklung der Partnership for Growth beteiligt sind, anerkannte gestern Präsident Funes: 'Die Partnership for Growth ist eine zusammen mit der US-Regierung erstellte Strategie'.» Die 2011 konkretisierte US-Strategie der Partnership for Growth (PfG) betrifft vorderhand El Salvador, die Philippinen, Ghana und Tanzania, die offiziell zu neuen «Schwellenländern» gemacht werden sollen. Die beiden veröffentlichten PfG-Papiere zu El Salvador thematisieren die Kriminalität sehr stark als wachstumshemmenden Faktor und sehen eine nur notdürftig kaschierte Unterordnung der salvadorianischen Behörden unter jene der USA vor.

Die militarisierte Essenz des GIAP wird kaum mehr versteckt. Präsident Funes meinte, das neue Korps «wird [...]die Arbeit der Polizei mit jener der Armee verbinden» (LPG, 2.2.12). Was die grösste Tageszeitung des Landes zu folgender Aussage bewegte: «Die Worte des Präsidenten enthüllen einen bisher nicht beleuchteten Aspekt; der GIAP [...] wird auch mit Elementen der Streitkräfte verstärkt».


Diskursmanagement

Auf die Frage eines Journalisten von Contrapunto, ob die Fokussierung auf die Maras nicht den Blick auf die Narcos verstelle, erwiderte Munguía, dass erstere, nicht letztere, für 90 Prozent der Morde im Land verantwortlich seien (CP, 20.12.11). Das beinhaltet keine Abkehr von der US-Rhetorik eines Dauerkrieges «gegen das Verbrechen» im Grossraum USA/Anden, sondern die Schwächung der unter der FMLN-Leitung aufgebauten Fähigkeit der PNC, tatsächlich der Bossetage der Gewalt näher zu rücken. Diese neue Fähigkeit hatte sich in Funden grosser Mengen von Drogen und Schwarzgeld, in Verhaftungen von Waffenschiebern aus dem Weisskragenmilieu, in der angelaufenen Durchleuchtung privater Sicherheitsagenturen und von mit den Kartellen verbundenen Offizieren von Armee-Eliteeineinheiten gezeigt. Munguía hingegen wirft lieber mit Nebelpetarden um sich und bezeichnet etwa das Narcounternehmernetz der Perrones als den Maras tributpflichtig, eine für die Strafverfolgungsbehörden völlig neue «Erkenntnis» des Generals (Faro, 26.1.12).

Wie der Teufel das Weihwasser so meidet der General jede Erwähnung des illegalen Waffenhandels, der sich fest in den Händen von ARENA-Unternehmern befindet, oder der zahlenmässig die PNC weit übersteigenden privaten Sicherheitsapparate. Im erwähnten Contrapunto-Interview etwa sagte der Journalist: «Die privaten Sicherheitsunternehmen sind ein Leck, durch das jährlich viele Waffen auf den illegalen Markt kommen». Die Antwort: «Es gibt viele Lecks im Land. Und wir haben immer noch nicht die Ressourcen, unsere Grenzen zu kontrollieren», und im Folgenden verweilte der General beim Grenzproblem. Seit Jahren gibt es klare Hinweise darauf, dass private Sicherheitskräfte massgeblich in die Gewaltorgie im Land verwickelt sind.


Das Dilemma des FMLN

Im FMLN ist die Erbitterung über Mauricio Funes gross. Aus Protest wollten viele FMLN-nahe Kader im Sicherheitsbereich nach Munguías Ernennung kollektiv zurücktreten. Nur das Argument, dass sie so ihre Plätze quasi gratis finsteren Kräfte überlassen würden, hielt sie davon ab. Nach aussen dringt relativ wenig, nicht zuletzt wegen der im März anstehenden Parlaments- und Gemeindewahlen. Aber der FMLN hat die Militarisierung im zivilen Sicherheitsaparat klar als «Verletzung des Friedensabkommen von 1992» bekämpft.

Die Angst der grossen Mehrheiten vor der violencia ist zwar dank der Medien überdimensioniert, hat aber dennoch real Gründe. Eine Militärpatrouille auf einer belebten Strasse in San Salvador anzutreffen, auf der es immer wieder zu Morden, Überfällen und Vergewaltigungen gekommen ist, wirkt erst einmal beruhigend. Eine Militarisierung stösst daher in der Bevölkerung durchaus auf Sympathie. Die Qualen werden später kommen.

Tatsächlich ist die Mordrate unter der Regierung Funes trotz vom FMLN mitgetragener Armeepräsenz (damals noch unter zivilem Kommando) in «Mara-Zonen» gestiegen. Weil die Militarisierung Gewalt nach sich zieht? Weil die violencia von Armee- und ARENA-Kreisen via Waffenverkäufe u.ä. angeheizt wurde, um PNC und FMLN zu diskreditieren? Weil für zunehmend mehr Jugendliche der Ausbruch aus materieller Verelendung im Auftragskillertum besteht? Auf jeden Fall ist im ersten Monat des jetzt von der Armee geführten Sicherheitsapparats die Mordrate auf 13 Morde am Tag gestiegen. Einzelne angeblich gezielte Morde an Soldaten (im Ausgang) werden zudem von Medien und Behörden als Kriegserklärung der Maras an die Armee interpretiert. Wird jetzt, wo Sonderzonen und andere Verschärfungen im Parlament noch nicht abgewinkt sind, die Schmerzspirale bewusst hochgefahren? Als 2010 ein massiv verschärftes Antimara-Paket anstand, steckten Bandenmitglieder einen Bus in Brand, 23‍ ‍Passagiere starben (Correos, 162, Juli 2010). Dieser Strategie der Spannung konnte der Frente damals wenig entgegensetzen - welche politische Kraft könnte sich einer entsetzten Bevölkerung widersetzen, die, von den Medien angestachelt, nach unmittelbarer Aktion schreit, welcher Art auch immer?

Bis zum Militärputsch in Honduras 2009 war es im FMLN Sitte, den Streitkräften eine reale Umsetzung der Friedensabkommen zu bescheinigen. Denn die Situation wurde mit dem offenen Morden früherer Jahrzehnte verglichen. Das verdeckte aber etwas den Blick auf die modifizierte Militarisierungsstrategie der USA in ihrem «Hinterhof». Auf der Agenda steht nicht mehr offenes, «kontraproduktives» Massakrieren, sondern die «rechtsstaatliche», vom US-Südkommando koordinierte «sanfte» militärische Durchdringung der Gesellschaft. Beispiel: der Putsch in Honduras. Es kam zu keinem Grossmassaker, sondern zu einer anhaltenden «Low intensity-Repression» mit mindestens 300‍ ‍Politmorden, während der Widerstandsbewegung zugleich bestimmte politische Spielräume offeriert wurden.

Bei den Parlamentswahlen im März geht es der Rechten und der US-Botschaft darum, den FMLN zu schwächen, um die Gefahr eines nächsten Frente-Präsidentschaftssieges mit dann deutlich verstärkter Reformdynamik zu bannen. Unterstützung erhalten sie dabei, wenig überraschend, von der Gruppierung Tendencia Revolucionaria (TR), die, wie andere Gruppen dieser Art anderswo, oft mit linksradikalem Vokabular auf die gleichen Gegner einhaut, denen auch die transnationale Rechte nachstellt. Die aktuelle Remilitarisierung sei eine direkte Folge der FMLN-Politik im Sicherheitsbereich und nicht etwa ein Schritt zu ihrer Bekämpfung. Zu den anstehenden Wahlen betreibt die TR eine Kampagne gegen den FMLN, im «zivilgesellschaftlichen» Verband mit Unternehmerorganisationen und assortierten NGOs. TR-Guru Dagoberto Gutiérrez wird in El Salvador von den rechten Medien hofiert. In der WoZ (12.1.12) durfte er ein paar Lügen über den «rechten» FMLN zum Besten geben - rechte Inhalte in linker Sauce haben Saison.


El Mozote - nie wieder!

Zum 20. Jahrestag der Friedensabkommen hielt Funes eine bewegende Rede in El Mozote, einem Weiler im Osten, wo die Armee im Dezember 1981 in drei Tagen 1000 Menschen, darunter sehr viele Kinder, als «SympathisantInnen» der Guerilla massakriert hatte. Funes bat die Hinterbliebenen um Verzeihung und ordnete an, dass die Armee ihre Kasernen nicht mehr nach den verantwortlichen Verbrechern nennen dürfe. Eine wichtige Rede - von rechts kam ein Wutgeheul; der Verteidigungsminister stammelte, die Schlächter von El Mozote (und vielen anderen Massakern) seien im Volk als Helden verehrt worden. Ein berüchtigter Militärführer i.R. und heutiger Parlamentskandidat von ARENA fragte Funes öffentlich, ob er wieder Krieg wolle. Doch vor dem Hintergrund der aktuellen Remilitarisierung kommt der Rede leider eher die Funktion eines Feigenblattes zu. Die Militarisierung schreitet voran und die amigos in Washington haben somit keinen Grund, Funes mit grünem Licht für einen Putsch zu gefährden.


«Wilde Unterklasse»

Das wissen die Gorillas von gestern und heute. Und sie wissen natürlich, dass es nicht nicht nur in Nachbarländern wie Honduras oder Guatemala vergleichbare Entwicklungen gibt, sondern auch in Europa. In Grossbritannien etwa werden laut einem Bericht des Telegraph (28.1.12) Fallschirmjäger für den Kampf gegen jene trainiert, die Justizminister Ken Clarke als «wilde Unterklasse» begreift (Guardian online, 5.9.11).

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Quelle:
Correos de Centroamérica Nr. 169, 8. März 2012, S. 25-27
Herausgeber: Zentralamerika-Sekretariat, Zürich
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Mai 2012