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DA/472: Deutsche Banken investieren im großen Stil in Streumunition und Antipersonenminen


DA - Direkte Aktion Nr. 204 - März/April 2011
anarchosyndikalistische Zeitung der Freien ArbeiterInnen Union (FAU-IAA)

"Selbstverpflichtungen nützen nichts"
Deutsche Banken investieren im großen Stil in Streumunition und Antipersonenminen

Interview von Michael Schulze von Glaßer


Dr. Barbara Happe arbeitet bei der Menschenrechts- und Umweltschutzorganisation urgewald, die im Dezember 2010 eine Studie zur Finanzierung von Streumunition durch deutsche Banken veröffentlicht hat.


FRAGE: Im Geschäftsbericht der Deutschen Bank von 2008 heißt es: "Wir wollen ausdrücklich in keinerlei Transaktionen mit Personen-Landminen, Streubomben oder ABC-Waffen involviert sein". Wie viel sind solche Aussagen wert?

BARBARA HAPPE: Wir haben eine langwierige Recherche gemacht und diese Aussage geprüft. Dabei kam heraus, dass die Deutsche Bank nach wie vor sehr stark in die Finanzierung von Streumunitionsherstellern verstrickt ist. Wir haben uns dabei auf die bekannten Hersteller von Streumunition konzentriert und festgestellt, dass die Deutsche Bank keine Skrupel kennt, diese zu unterstützen. Sie ist hier wesentlich stärker als jede andere deutsche Bank involviert.

FRAGE: Die Finanzierung von Rüstungsunternehmen geschieht meist im Verborgenen. Wie hat sich die Recherche gestaltet?

BARBARA HAPPE: Es war nicht einfach. Bei Nachfrage blockieren die Banken natürlich sofort und berufen sich auf ihr Geschäftsgeheimnis. Daher haben wir eine auf solche Recherchen spezialisierte Agentur beauftragt, die Zugang zu besonderen, kostenpflichtigen Datenbanken hat. Bei Fonds-Gesellschaften wie der Deutschen Bank-Tochter DWS oder der Fondsgesellschaft der Sparkassen, der Deka-Bank, war die Recherche etwas einfacher. Fonds sind verpflichtet, ihre Investitionen in halbjährlichen Berichten zu veröffentlichen.

FRAGE: Ist nur die Deutsche Bank betroffen oder investieren auch andere Banken in Streumunitionshersteller?

BARBARA HAPPE: Leider ist die Deutsche Bank nur die Spitze des Eisbergs. Auch andere deutsche Großbanken sind in diese Finanzierungen involviert - beispielsweise die Bayerische Landesbank, die Landesbank Baden-Württemberg und die Norddeutsche Landesbank. Über die Fonds-Gesellschaft Pioneer-Investment ist auch UniCreditGroup/HypoVereinsbank in Streumunitionshersteller investiert.

FRAGE: Gibt es überhaupt "saubere" Banken und Fonds, in die ich ohne schlechtes Gewissen investieren kann?

BARBARA HAPPE: Es gibt Alternativ-Banken, die sehr strikte Investitionsrichtlinien haben. Im Rüstungsbereich weitgehend sauber sind vor allem Alternativbanken wie die GLS-Bank, die Ethikbank aus Eisenberg, die Umweltbank und die Triodos-Bank. Diese Banken verfolgen ein anderes Geschäftsmodell als Großbanken wie die Deutsche Bank und wollen keine "dreckigen Profite" machen. Kirchlichen Banken machen sich hier auch auf den Weg, sie sind aber nicht immer ganz so strikt wie die oben genannten Alternativbanken. Als Reaktion auf negative Medienberichterstattung und das Inkrafttreten der internationalen Streubomben-Konvention beginnen aber auch zunehmend konventionelle Banken und Fondsgesellschaften, sich aus dem schmutzigen Geschäft mit Streumunitionsherstellern zurückzuziehen.

FRAGE: Sie haben die auch von Deutschland unterschriebene Streubomben-Konvention, die ein Verbot des Einsatzes, der Herstellung und der Weitergabe von Streumunition beinhaltet, schon erwähnt. Viele deutsche Banken scheint dies nicht zu interessieren ...

BARBARA HAPPE: Länder wie Luxemburg, Belgien oder Irland haben die Konvention zum Ausgangspunkt genommen, um den Handel und die Investitionen in Streumunition gesetzlich zu verbieten. Die deutsche Bundesregierung sieht dies anders. Es gab dazu eine Anfrage im Bundestag, aus der hervorgeht, dass für Deutschland kein automatisches Investment-Verbot mit der Unterzeichnung der Streumunition-Konvention einhergeht. Die schwarz-gelbe Bundesregierung setzt lieber auf eine Selbstverpflichtung der Branche. Dies nützt natürlich nichts wie unsere Rechercheergebnisse belegen. Wir setzen uns daher für ein striktes gesetzliches Investment-Verbot in diese völkerrechtswidrige Munition ein.


Interview: Michael Schulze von Glaßer

Weitere Informationen:
www.urgewald.de
www.bank-geheimnisse.de


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Quelle:
DA - Direkte Aktion Nr. 204 - März/April 2011, Seite 6
anarchosyndikalistische Zeitung der Freien ArbeiterInnen Union (FAU-IAA)
Herausgeber: Direkte Aktion, c/o FAU München
Schwanthaler Str. 139 Rgb, 80339 München
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veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Mai 2011