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GEHEIM/293: Freddy Balzán - Einer derer, die niemals sterben


GEHEIM Nr. 3/2011 - 24. Oktober 2011

NACHRUF
Einer derer, die niemals sterben
Die Geschichte von GEHEIM ist eng mit dem venezolanischen Revolutionär und Journalisten Freddy Balzán verbunden, der am 15. August 2011 in Caracas verstarb

von Michael Opperskalski und Ingo Niebel


Das revolutionäre sandinistische Nicaragua wurde zu Beginn der 80er Jahre zum Geburtsort unserer Zeitschrift. Einer der Gründer und Redakteure von GEHEIM, Michael Opperskalski, war zu jener Zeit regelmäßig im Land Sandinos, um bei der Verteidigung der sandinistischen Revolution auf Seiten des nicaraguanischen Volkes alle Versuche des Imperialismus, vor allem des Yankee-Imperialismus, zu verhindern, den revolutionären Prozess auf jede erdenkliche Art abzuwürgen. Auch und besonders die Erfahrungen in Nicaragua und der Kontakt wie auch intensive Diskussionen mit Internationalisten aus verschiedenen Ländern vor Ort haben zu der Entscheidung geführt, 1985 GEHEIM ins Leben zu rufen. Unser Magazin sollte regelmäßig als scharfe publizistische Waffe dienen, um alle Formen imperialistischer Desinformation, Destabilisierung und Aggression zu enthüllen. Dazu gehört seit jeher das Naming Names, d.h. die Enthüllung von CIA-Agenten, die unter diplomatischer Tarnung alle Formen geheimdienstlicher "dirty tricks" anwenden, um die interessen des Yankee-Imperialismus gegen die Völker der Welt durchzusetzen versuchen.

In dieser wichtigen und historischen Periode lernte Michael Opperskalski den Compañero Freddy Balzán kennen, der in Managua nicht nur in seiner Verantwortlichkeit für die Herausgabe des revolutionären, anti-imperialistischen Magazins "Soberanía", sondern auch auf anderen Ebenen und mit revolutionärem Herzblut die sandinistische Revolution in Nicaragua, das revolutionäre Kuba wie auch alle anderen revolutionären und anti-imperialistischen Kräfte und Bewegungen in Lateinamerika verteidigte. In seiner venezolanischen Heimat hatte Freddy vielen Revolutionären geholfen, den Häschern und Folterern einer von Sozialdemokratie und CIA geführten Geheimpolizei zu entkommen. Pressegeschichte schrieb der Journalist, als er im Oktober 1976 die venezolanischen Photographen Hernán Ricardo und Freddy Lugo als Mittäter beim Attentat auf eine kubanische Verkehrsmaschine enttarnte. Bei dem Bombenanschlag, der im Auftrag des venezolanisch-kubanischen CIA-Agenten Luis Posada Carriles erfolgte, starben 73 Menschen. Anschließend ging Freddy nach Nicaragua, um zehn Jahre lang die sandinistische Revolution gegen die CIA-geführten Contras zu verteidigen.

Zwischen ihm und Michael entwickelte sich nicht nur ein enger Arbeitszusammenhang, der Basis für die offizielle Kooperation zwischen "Soberanía" und GEHEIM wurde, sondern auch eine Freundschaft, wie sie sich nur unter Revolutionären an der gleichen Front gegen den gemeinsamen Feind, den Imperialismus, besonders den blutigen Yankee-Imperialismus, entwickeln kann.

Nichts kann so eine Freundschaft, die im Feuer des gemeinsamen Kampfes und auf Basis gemeinsamer Prinzipien geschmiedet wurde, erschüttern - auch nicht die große Niederlage, die alle revolutionären Kräfte auf der Welt durch die Konterrevolution und den Verrat in Ost-Europa, besonders in der Sowjetunion, erleiden mussten. In dem darauf folgenden Chaos der so genannten imperialistischen "Neuen Weltordnung" wurden erst einmal die Kontakte zwischen Michael und Freddy unterbrochen, aber niemals zerstört. Die Umstände ihres Wirkens und ihrer revolutionären Arbeit hatten sich dramatisch verändert, aber ihre Prinzipien nicht.

"Freddy gehört zu denen, die sich nicht ändern. Also halte Ausschau nach ihm, wenn du Kontakte nach Lateinamerika aufbaust und dorthin fährst", lautete Michaels Ratschlag an seinen jüngeren Mitredakteur von GEHEIM, Ingo Niebel. Ausschau halten, war die eine Sache, ihn finden, eine andere. Schließlich ergab es sich vor einigen Jahren, dass Niebel über den kubanischen Journalisten Pedro Martínez Pírez zufällig einen Artikel zugeschickt bekam, der mit "Freddy Balzán" unterzeichnet war. Innerhalb kürzester Zeit war der unterbrochene Kontakt zwischen den alten Kampfgenossen wiederhergestellt.

Bei einem ersten Treffen 2006 konnte Ingo Freddy einige Soberanía-Exemplare und alte Druckvorlagen übergeben, die Michael die Jahre hinüber verwahrt hatte. Bei einer weiteren Zusammenkunft stellte der Venezolaner dem jungen Deutschen den Comandante der FSLN, Tomás Borge, vor. So schloss sich der Kreis zwischen der einen und der anderen Generation. Tomás antwortete einst seinem Folterer von Somozas Gnaden, als dieser ihm die Nachricht vom Tod des FSLN-Führers Carlos Fonseca überbrachte: "Hay muertos que nunca mueren" (Es gibt Tote, die niemals sterben). Freddy erinnerte an den Ursprung dieser Worte in einem Artikel, der im März 2010 erschien und der dem Kampf des venezolanischen Revolutionärs Américo Silva gewidmet ist. Im selben Jahr gratulierte er auch dem Magazin GEHEIM zu seinem 25 jährigen Bestehen.

Die Kämpfe von damals für eine bessere Welt und somit gegen den Imperialismus des Nordens erleben heute ihre Fortsetzung in den ALBA-Staaten und treffen dabei auf die Feinde von gestern. GEHEIM steht auch heute wieder an der Seite der progressiven Staaten Lateinamerikas und der Karibik. Freddy Balzán bleibt ein Teil dieses Kampfes, denn auch er gehört zu den Toten, die niemals sterben.

In diesem Sinne: ¡Compañero Freddy presente! ¡Hasta la victoria siempre, venceremos!


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Quelle:
GEHEIM-Magazin Nr. 3/2011 - 24. Oktober 2011, Seite 12
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Dezember 2011