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GLEICHHEIT/3243: Obama weitet Morden im Jemen aus


World Socialist Web Site
Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Obama weitet Morden im Jemen aus

Von Bill Van Auken
2. September 2010


Die Obama-Regierung eröffnet im Jemen eine neue Front für das von der CIA mit Drohnen betriebene Programm "gezielter Tötungen". Damit stärkt die Regierung Schritt für Schritt die Rolle des Geheimdienstes und geheimer militärischer Sonderoperationen als einer globalen Mordfirma.

Um den Druck auf die al-Qaida Zelle im Jemen zu erhöhen, überlegt das Weiße Haus, die bewaffneten Predator-Drohnen in den Kampf zu werfen, berichtete Associated Press am Donnerstag unter Berufung auf hochrangige Vertreter Washingtons.

Die amerikanischen Sondereinheiten und die CIA haben Aufklärungstechnik, Drohnen und Personal im Jemen, in Dschibuti, Kenia und Äthiopien als Vorbereitung für ihre Mordkampagne stationiert, berichtete das Wall Street Journal am Mittwoch.

Die Washington Post zitierte Geheimdienstsprecher mit den Worten, dass die CIA al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel als eine "unmittelbarere" Bedrohung betrachte, als in Pakistan.

Der Jemen wird, wie vorher Afghanistan und der Irak, nicht ins Visier genommen, um den Terrorismus auszutrocknen. Das Töten von Zivilisten mit Cruise Missiles und Drohnen wird dem Terrorismus nur weitere Rekruten in die Arme treiben. Der Grund ist seine strategische Lage an der Grenze zu Saudi-Arabien, dem größten Ölexporteur der Welt, und an der wichtigen Straße von Bab al-Mandab, durch die jeden Tag drei Millionen Barrel Öl transportiert werden.

"Sie stehen noch nicht so unter Feuer, wie ihre Freunde in den Stammesgebieten Pakistans", sagte ein Sprecher am Mittwoch zu Reuters. "Auf unserer Seite verstehen alle die Notwendigkeit, dass sich das ändern muss."

Das "Feuer", unter das die pakistanische Bevölkerung in den zentral verwalteten Stammesgebieten genommen wird, ist bekannt. Nach Angaben pakistanischer Sprecher wurden 2009 mindestens 700 Zivilisten bei Drohnenangriffen getötet. Nach Schätzung eines der Obama-Regierung freundlich gesinnten Think Tanks sind mindestens ein Drittel der bei den Drohnenangriffen in Pakistan Getöteten Zivilisten. Dieses Jahr haben die Drohnenflüge um das Zehnfache zugenommen. Die Raketenangriffe finden jetzt nicht mehr einmal in der Woche statt, sondern mindestens einmal am Tag.

Selbst die verheerende Flutkatastrophe in Pakistan war kein Grund, die Tötungsroboter zu stoppen. Der letzte bekannt gewordene Angriff fand am Montag in Nordwasiristan statt und forderte zwanzig Tote, darunter vier Frauen und drei Kinder.

Jetzt will Washington im Namen des "Kampfs gegen den Terror" den gleichen von Staats wegen verübten Terror gegen ein total verarmtes Land entfesseln, das jetzt schon von regionalen, religiösen, ethnischen und Stammeskonflikten erschüttert wird. In den letzten sechzehn Jahren ist eine Unabhängigkeitsbewegung im Südjemen herangewachsen, der bis zur Vereinigung mit dem Norden 1990 ein eigener Staat war.

Anhänger des ermordeten abtrünnigen schiitischen Klerikers Hussain Badr al-Din al-Huthi kämpfen seit sechs Jahren in den Nordprovinzen Sa'ada und Amran gegen die sunnitisch geprägte Regierung.

Die gesamte Bevölkerung ist in extremer Armut und Elend gefangen. 25 Prozent der 24 Millionen Jemeniten leiden chronisch Hunger und fast die Hälfte lebt von weniger als zwei Dollar am Tag. Nach einem Bericht der Weltbank von 2008 sind 43 Prozent der Kinder unter fünf Jahren unterernährt.

Diese an sich schon verzweifelte Situation will die Obama-Regierung noch mit Hellfire-Raketen und Mordkommandos von Sondereinheiten am Boden krönen.

Das mit Washington verbündete Regime von Präsident Ali Abdullah Saleh nutzt Washingtons "globalen Krieg gegen den Terror" als Rechtfertigung für die brutale Unterdrückung aller seiner Gegner.

"Ein extrem beunruhigender Trend hat sich herausgebildet", sagte Malcolm Smart, der Direktor von Amnesty Internationals für den Nahen Osten und Nordafrika bei der Vorstellung eines neuen Berichts über Menschenrechtsverletzungen im Jemen. "Jemenitische Behörden berufen sich unter dem Druck der USA, al-Qaida zu bekämpfen, und Saudi-Arabiens, die Huthis zu bekämpfen, auf die nationale Sicherheit, um gegen die Opposition vorzugehen und alle Kritik zu unterdrücken."

Der Amnesty Bericht liefert erschütternde Details über die massive Bombardierung von Wohngebieten, das Schießen auf friedliche Demonstranten und die Einkerkerung, Folter und das Verschwinden lassen von politischen Gegnern der Regierung, darunter Rechtsanwälte, Journalisten, und Menschenrechtler.

Die Regierung des Jemen wies letzte Woche öffentlich die Einschätzung Washingtons zurück. Sie behauptete, Washington und die westlichen Medien "übertreiben die Stärke von al-Qaida und die Gefahr, die sie für die Stabilität und Sicherheit des Jemen darstellt". Sie betonte, dass "der Kampf gegen den Terrorismus im Jemen in der Verantwortung der jemenitischen Sicherheitskräfte verbleibt".

Aber tatsächlich sind schon Hunderte US-Militär- und Geheimdienstmitarbeiter im Jemen tätig. Das Regime von Präsident Ali Abdullah Saleh hat schon verschiedentlich Grünes Licht für amerikanische Schläge im Jemen gegeben. Die Erklärung gegen die amerikanische Eskalation diente zweifellos der Beruhigung der innenpolitischen Stimmung. Die amerikanischen Militärschläge sind auf große Ablehnung gestoßen und haben den Widerstand gegen die jemenitische Regierung verstärkt.

Ein CIA-Drohnenkrieg wird die Kriegsverbrechen, die vom amerikanischen Militär im Jemen unter Obamas Kommando schon begangen worden sind, noch in den Schatten stellen. Das schlimmste fand am 17. Dezember letzten Jahres statt, als bei einem Angriff mit Cruise Missiles und Streubomben im Distrikt Abijan im Süden mindestens 41 Menschen getötet wurden, darunter 21 Kinder und vierzehn Frauen. Streubomben sind von internationalen Verträgen geächtet.

Im Juni warf der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen zu außergerichtlichen Tötungen, Philip Alston, der US-Regierung vor, sich " in immer größerem Umfang das Recht anzumaßen, Personen auf der ganzen Welt zu jagen" und "bedingungslos eine schlecht begründete von niemandem kontrollierte Lizenz zum Töten zu beanspruchen".

Diese "Lizenz zum Töten" wird auch gegenüber amerikanischen Staatsbürgern beansprucht. Im Jemen wird zum Beispiel der amerikanische islamische Kleriker Anwar al Awlaki gejagt. Im April hatten amerikanische Sprecher bekanntgegeben, dass die Obama-Regierung die "gezielte Tötung" al-Awlakis genehmigt habe, dessen Familie aus dem Jemen stammt. Das war das erste Mal, dass eine amerikanische Regierung zugab, zu versuchen, einen ihrer eigenen Bürger zu ermorden.

Al Awlakis Familie und Menschenrechtsanwälte haben versucht, der Regierung diese außergerichtliche Exekution und diesen groben Machtmissbrauch gerichtlich verbieten zu lassen. Sie betonten, dass der in Neu-Mexiko geborene Mann vor ein amerikanisches Gericht gestellt werden solle, wenn er eines Verbrechens schuldig sei.

Die Obama-Regierung suchte jedes gerichtliche Vorgehen zu unterlaufen, indem sie behauptete, es sei ein kriminelles Vergehen, dessen Ermordung durch CIA oder das Militär per Gerichtsbeschluss verbieten zu lassen, weil die Regierung al-Awlaki als Terroristen eingestuft habe. Anfang dieses Monats gelang es der amerikanischen Bürgerrechtsvereinigung ACLU und dem Center for Constitutional Rights schließlich, mit einer Sondererlaubnis des Finanzministeriums, sich an ein Gericht zu wenden.

Die Obama-Regierung weitet kriminelle Kriege im Ausland aus und macht innenpolitisch da weiter, wo Bush aufgehört hatte und arbeitet an dem Gerüst für eine Polizeistaatsdiktatur. Kein Teil des politischen Establishments oder der offiziellen Medien wehrt sich gegen diese Maßnahmen, weil sie alle von den Interessen der Finanzaristokratie motiviert sind, für die beide großen Parteien eintreten.

Die Vorbereitung auf einen neuen Krieg im Jemen muss die Arbeiterklasse in den USA als ernste Warnung verstehen. Das unkontrollierte Anwachsen des amerikanischen Militarismus droht zusammen mit der Zerstörung demokratischer Rechte und den Angriffen auf Arbeitsplätze, Löhne und soziale Bedingungen in eine Katastrophe zu münden. Es gibt keine Lösung dafür im Rahmen des herrschenden kapitalistischen Systems. Nur eine unabhängige, politisch bewusste Bewegung der Arbeiterklasse kann durch den Kampf für den Sozialismus eine Alternative bieten.


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Quelle:
World Socialist Web Site, 02.09.2010
Obama weitet Morden im Jemen aus
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. September 2010