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GLEICHHEIT/3552: Senat von Wisconsin paukt arbeiterfeindliches Gesetz durch


World Socialist Web Site
Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Senat von Wisconsin paukt arbeiterfeindliches Gesetz durch

Von Tom Eley
11. März 2011


Die Republikanische Mehrheit im Senat von Wisconsin verabschiedete am Mittwochabend ein Gesetz, das die Staatsangestellten der Tarifautonomie beraubt und sie zwingt, deutlich höhere Beiträge zu ihrer Kranken- und Rentenversicherung zu bezahlen. Das Gesetz wurde trotz der Abwesenheit der vierzehn Demokratischen Senatoren beschlossen, die aus dem Staat geflohen waren und so die Mindestanwesenheitszahl für diese Abstimmung legal unterlaufen hatten.

Das Gesetz wird das Abgeordnetenhaus vermutlich am Donnerstag passieren und bis Ende der Woche von Gouverneur Walker unterzeichnet werden.

Als juristische Begründung für ihre Initiative führten die Republikaner an, dass sie die fiskalische Komponente vorübergehend aus dem "Haushaltsreparaturgesetz" entfernt hätten. Daher sei die Vorlage kein Finanzgesetz mehr, das die Anwesenheit von Zweidritteln der Senatoren bei der Abstimmung erfordere. Damit verstricken sich Walker und die Republikanischen Senatoren in Lügen, weil sie bisher in jeder öffentlichen Erklärung betont hatten, dass der Angriff auf die Tarifautonomie eine fiskalische Frage sei.

Der Gesetzentwurf wurde ohne Debatte um ca. 18.30 Uhr von einem hastig zusammengerufenen Treffen des Vermittlungsausschusses verabschiedet. Dieser Ausschuss klärt normalerweise Differenzen zwischen konkurrierenden Gesetzentwürfen ab.

"Heute Abend wird der Senat die Teile des Haushaltsreparaturgesetzes verabschieden, die wir mit den neunzehn anwesenden Mitgliedern verabschieden können", erklärte der Fraktionsvorsitzende der Republikaner im Senat, Scott Fitzgerald, als er das Vorhaben bekanntgab.

Die Abstimmung verletzt eindeutig das Öffentlichkeitsprinzip in Wisconsin, dem zufolge alle Termine "24 Stunden vor Beginn des Treffens öffentlich bekannt gemacht werden müssen, es sei denn, dies sei aus guten Gründen unmöglich oder unpraktikabel".

Sobald die Verabschiedung des Gesetzes bekannt wurde, strömten Tausende zum Kapitol von Madison, der Hauptstadt von Wisconsin. Menschenmengen stürmten die Türen des Gebäudes und riefen "Feiglinge" und "Lasst uns rein!". Rufe nach einem "Generalstreik" hallten durch das Gebäude.

Ein Team der Socialist Equality Party war vor Ort. Andre Damon, ein Reporter der World Socialist Web Site, konnte zu Tausenden Demonstranten innerhalb und vor dem Gebäude sprechen. Er schlug die Bildung von unabhängigen Betriebskomitees vor, um einen Generalstreik vorzubereiten, mit dem Ziel Walker aus dem Amt zu treiben. Diese Forderungen trafen bei den anwesenden Arbeitern auf begeisterte Zustimmung.

Auch Gewerkschaftsführer und ihre Anhänger versuchten, zu der spontanen Demonstration zu sprechen, unter ihnen John Nichols von der [liberalen Zeitung] Nation. Sie versuchten verzweifelt, die Illusionen in die Demokratische Partei am Leben zu erhalten, und lobten die "Wisconsin 14", die aus dem Staat geflohen waren.

In Wirklichkeit zeigt die Verabschiedung des Gesetzes, welche Konsequenzen es hat, wenn man die Massenkämpfe der Arbeiter und der Jugend von Wisconsin von der Demokratischen Partei und den Gewerkschaften abhängig macht. Von Anfang an zielte die Flucht der Demokratischen Senatoren nach Illinois darauf ab, den Staatsbediensteten, Studenten und Lehrern die Initiative aus der Hand zu nehmen, die in den vorhergehenden Tagen eine Streikwelle mittels Zehntausender "Krankmeldungen" organisiert hatten.

Das Manöver der Republikaner, die das Gesetz nun doch verabschiedet haben, erwischte die Demokraten völlig unvorbereitet. Die Demokraten im Senat glaubten, ihre Gespräche mit Walker seien schon weit fortgeschritten, und sie könnten dadurch den Schlag des Gesetzes gegen die Gewerkschaftsfinanzen abmildern. Dabei sollten die Kürzungen der Sozialleistungen für die Beschäftigten und die Angriffe auf deren Gewerkschaftsrechte unangetastet bleiben. Emails zwischen Walkers Büro und den Demokraten im Senat, die der Gouverneur der Presse zugespielt hatte, ließen erkennen, dass ein Kuhhandel kurz bevorstand. Dieser sah neben anderen geringfügigen Veränderungen vor, dass die Gewerkschaften sich ihre Anerkennung nur jedes Dritte Jahr durch eine Urabstimmung bestätigen lassen müssten, statt jedes Jahr. Das sollte ihrer Kapitulation, die nach mehreren Darstellungen in den Medien kurz bevorstand, eine politische Abdeckung verleihen.

Senator Bob Jauch, einer der Empfänger der Emails, lobte den Meinungsaustausch erst gestern als "Ausgangspunkt für einen möglichen Kompromiss". Die gesamte Strategie der Demokraten und der Gewerkschaften, die "schwankende" Republikaner durch Druck zu sich herüberziehen wollten, ist entlarvt worden. Die Republikaner waren wesentlich entschlossener als die "Wisconsin 14"-Demokraten, die den Gesetzentwurf schon immer im Prinzip akzeptierten und nur in der Frage, ob die Gewerkschaften finanziell ausgetrocknet werden sollten, anderer Meinung waren.

Nach der Verabschiedung des Gesetzes im Senat werden sich die Bemühungen, die Illusionen in die Demokraten wach zu halten, auf die Abberufungskampagnen gegen einige Republikanische Senatoren richten. Aber egal wie diese Wahlen ausgehen, sie werden nichts an dem Angriff auf die Arbeiter ändern, die in Walkers Haushaltsreparaturgesetz oder seinem drakonischen Doppelhaushalt für die nächsten beiden Jahre enthalten sind. In dem Haushalt werden die Ausgaben für Medicaid und das Bildungssystem zusammengestrichen und die Privatisierung der Universität von Wisconsin vorbereitet.

Die Duluth News Tribune berichtete, als Reaktion auf die Abstimmung ermutige Jauch "Gegner des Gesetzes, ihre Anstrengungen zu verdoppeln, Abgeordnete abzuberufen, die das Gesetz unterstützen". Wörtlich habe Jauch gesagt: "Ich persönlich werde keinen Generalstreik befürworten. Dazu werdet ihr mich nicht bekommen."

Die WSWS sprach mit einigen Menschen, die am Mittwochabend vor dem Kapitol versammelt waren. Die Kunstlehrerin Kim sagte: "Wegen diesem Haushalt wird es bald keinen Kunst- und Musikunterricht mehr geben."

Zur Rolle der Demokratischen Partei sagte Kim: "Die Demokraten mussten wissen, dass das, was Walker getan hat, eine Möglichkeit war. Er hatte einen Stock, und damit hat er uns geschlagen. Er hat den Sozialvertrag aufgekündigt."

Die Lehrer hatten vier Tage lang gestreikt, sagte sie. "Wir sind wieder an die Arbeit gegangen, weil wir glaubten, es würde etwas geregelt. Ich fühle mich, als hätte man auf meinem Herzen herumgetrampelt."

Beth, eine Netzwerkingenieurin, stimmte zu. "So sieht eine Plutokratie aus. Das ist extremer Kapitalismus. Sie nehmen mein Geld und geben es der Wall Street.

Sie wollen, dass alle guten Lehrer die Schulen verlassen, damit sie sagen können, die Schulen seien gescheitert, um sie zu privatisieren. Ich bin für einen Generalstreik. Wir können das so nicht hinnehmen."


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Quelle:
World Socialist Web Site, 11.03.2011
Senat von Wisconsin paukt arbeiterfeindliches Gesetz durch
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. März 2011