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GLEICHHEIT/4225: Die politische Orientierung der Proteste gegen die Nato


World Socialist Web Site
Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Die politische Orientierung der Proteste gegen die Nato

Von Jerry White
25. Mai 2012



Die Proteste gegen die Nato am Sonntag und Montag in Chicago sollten durch Einschüchterungs- und Gewaltmaßnahmen der Behörden unterdrückt werden. Sie waren unter der Losung " Sagt nein zur Kriegs- und Armutsagenda" des amerikanisch geführten Militärbündnisses und der G-8-Regierungen organisiert worden.

Das auffälligste und politisch aufschlussreichste Merkmal war das Fehlen jeglicher ernsthafter Kritik der Organisatoren an der Obama-Regierung, einer der kriegerischsten Regierungen in der amerikanischen Geschichte. Wenn es in den Aufrufen zu den verschiedenen Protestaktionen um den Präsidenten ging, dann nur unter der Prämisse, dass Proteste und Appelle seine Regierung dazu bewegen könnten, Kriege zu verhindern oder zu beenden und Mittel für soziale Aufgaben umzuleiten.

Mit dieser Lüge waren Liberale und Anhänger der Demokratischen Partei jahrelang hausieren gegangen, darunter auch die Zeitschrift Nation und pseudo-linke Gruppen, wie die International Socialist Organization (ISO). Diese spielten bei den Protesten in Chicago eine führende Rolle.

Aktiv beteiligten sich an dem Bündnis gegen Nato/G-8 Krieg & Armut die ISO, die Kommunistische Partei, die Koalition ANSWER, Code Pink und andere Gruppen aus dem Dunstkreis der Demokratischen Partei. Viele von ihnen waren unter der republikanischen Bush-Regierung dabei, als Protestaktionen organisiert wurden, um die Ablehnung des Kriegs in Unterstützung für die Wahl John Kerrys und der Demokraten im Kongress, und dann Obamas, umzumünzen.

Seit Obamas Wahl, lehnen diese Gruppen große Protestaktionen gegen den demokratischen Präsidenten ab, der die Aggressionskriege aus den Bush-Jahren nicht nur weiterführte, sondern auch noch ausweitete und jetzt sogar noch blutigere Verbrechen gegen die Völker Syriens und Irans vorbereitet.

Beim Protest gegen die Nato wurde Jesse Jackson Sr. herausgestellt, der ein leidenschaftlicher Wahlkämpfer für Obamas Wiederwahl ist. Bei der Demonstration am Sonntag stimmte er mit den Protestierenden den Sprechchor an: "Wir brauchen eine Friedensmaschinerie, keine Kriegsmaschinerie". Er erwähnte dabei nicht, dass sein Kandidat nicht nur an der Spitze der amerikanischen Kriegsmaschinerie steht, sondern auch den Abbau von wichtigen Sozialprogrammen, Arbeitsplätzen und Löhnen zu verantworten hat.

Nach dem Protest verteidigte Jackson die Polizeiübergriffe, die vom demokratischen Bürgermeister Chicagos und ehemaligen Stabschef Obamas, Rahm Emanuel, angeordnet worden waren. Im Fernsehsender WGN in Chicago lobte Jackson am Montagmorgen das Verhalten der Chicagoer Polizei und kritisierte angebliche "Gewaltaktionen" von Demonstranten. Er sagte nichts zu den jungen Demonstranten, die in einem abgekarteten Spiel von Chicagoer Behörden und Weißem Haus wegen Terrorismus angeklagt werden.

Die Unterstützung dieses politischen Scharlatans war von den Anführern der Proteste gesucht und begrüßt worden. In einem Artikel mit dem Titel "Die Unterstützung der Nato-Proteste durch Rev. Jackson stärkt die Bande zwischen den Gruppen gegen Verarmung und den Antikriegsgruppen" ließ sich Eric Ruder von der ISO, einer der führende Organisatoren der Proteste, über Jacksons Teilnahme als "historische Wiederholung" des Bündnisses zwischen Anti-Kriegs-Gegnern und der Bürgerrechtsbewegung in den 1960er-Jahren aus.

Das ist nichts als schmutziger, reaktionärer Unsinn. Die Werbekampagne Jacksons, eines Multimillionärs, der eine Karriere als politischer Feuerwehrmann der herrschenden Klasse durchlaufen hat, reicht allein schon aus, um klar zu machen, dass das politische Ziel der Organisatoren in der Vertuschung der Verbrechen Obamas und der Werbung für seine Wiederwahl bestand. So sieht die "Opposition" der kleinbürgerlichen pseudo-linken Gruppierungen zum imperialistischen Krieg aus.

Wie letztes Jahr in Libyen unterstützen derzeit so gut wie alle diese Gruppen die pro-imperialistischen, von den USA und den Golf-Scheichs finanzierten und bewaffneten Gruppen im neo-kolonialen Krieg für einen Regime-Wechsel in Syrien.

Außer Jackson hatten die Organisatoren der Proteste auch den demokratischen Kongressabgeordneten Luis Gutierrez zu dieser Inszenierung eingeladen. Wie Jackson, bemühte auch Gutierrez die Identitätspolitik und seine engen Beziehungen zur Gewerkschaftsbürokratie, um die Opposition wieder hinter der Demokratischen Partei einzureihen.

Auch die Überreste der Occupy Wall Street Proteste beteiligten sich an den Protesten in Chicago und veranstalteten sinnlose Happenings, wie "die-ins", vor der Firmenleitung von Boeing, eines Kooperationspartners des Verteidigungsministeriums. Die positiven Impulse der Massenopposition gegen soziale Ungleichheit und Kapitalismus wurden vollständig durch die Bemühungen der ISO und anderer Gruppen erstickt, jegliche Diskussion über sozialistische Politik zu verhindern und die Demonstranten hinter Obama und der Demokratischen Partei und ihren Agenten in der Gewerkschaftsbürokratie zu versammeln.

Die Koalition Gegen Nato/G8 Krieg & Armut begrüßte die Unterstützung verschiedener Gewerkschaften, darunter der Internationalen Gewerkschaft der Dienstleistungsangestellten, die offiziell für Obama eintritt, der Nationalen Pfleger-Vereinigung, der Vereinigung der Elektriker sowie der Lehrergewerkschaft von Chicago, die allesamt die Wiederwahl Obamas unterstützen.

Die Erfahrungen der letzten dreieinhalb Jahre zeigen, dass die Arbeiterklasse Krieg, Angriffe auf demokratische Rechte sowie die Zerstörung von Arbeitsplätzen, Lebensstandard und Sozialprogrammen mit Hilfe des Zwei-Parteien-Systems nicht beenden kann. Sowohl Demokraten als auch Republikaner sind Werkzeuge der Konzern- und Finanzelite und des militärisch-geheimdienstlichen Komplexes.

Unter Arbeitern und Jugendlichen gibt es eine tiefgreifende Antikriegsstimmung, die sich jedoch innerhalb des bestehenden politischen Systems keinen Ausdruck verschaffen kann. Der Kampf gegen Krieg, Sparpolitik und soziale Ungleichheit erfordert eine unabhängige Mobilisierung der Arbeiterklasse gegen die Ursache der sozialen Missstände - den Kapitalismus - sowie den Kampf für den Sozialismus.

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Quelle:
World Socialist Web Site, 25.05.2012
Die politische Orientierung der Proteste gegen die Nato
http://www.wsws.org/de/2012/mai2012/prot-m25.shtml
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Mai 2012