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GLEICHHEIT/5056: Das politische Patt in Thailand hält an


World Socialist Web Site
Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Das politische Patt in Thailand hält an

Von Tom Peters
8. März 2014



Regierungsfeindliche Demonstranten in Bangkok sagten mehrere Kundgebungen für den Montag ab und schlossen sich dem zentralen Protest-Camp im Lumpini Park an. Das Volksdemokratische Reform Komitee (PdRC), das von der oppositionellen Demokratischen Partei unterstützt wird, hat seit November Kreuzungen und Regierungsgebäuden blockiert und versucht, die Regierung der Puea Thai Partei von Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra zu stürzen.

PdRC Führer Suthep Thaugsuban kündigte die Entscheidung, die Kundgebungen zurückzufahren, vor dem Hintergrund einer abnehmenden Teilnehmerzahl bei den Kundgebungen an. Am vergangenen Freitag erklärte er, dass die Unterstützer des PdRC weiterhin Maßnahmen ergreifen würden, um Ministerien und Unternehmen, die mit der Familie Shinawatra verbunden seien, still zu legen.

Laut Reuters sagte ein Polizeisprecher: "Demonstranten schafften es seit November, 82 Ministerien oder staatliche Stellen stillzulegen, aber seit Freitag haben 63 von ihnen wieder geöffnet, einschließlich des Finanzministeriums."

Die Regierung hält sich nur mühsam an der Macht. Die Wahl am 2. Februar, die die Macht Yinglucks untermauern sollte, wurde von den Demokraten boykottiert und großflächig von der PdRC gestört. In fünf Provinzen wurden am Sonntag Nachwahlen abgehalten, aber für weitere neun Provinzen, in denen die Wahl nicht stattgefunden hatte, wurde noch kein Termin festgesetzt.

Die Wahlkommission, die mit der Opposition sympathisiert, verzögert den Prozess absichtlich. Sie bemüht sich derzeit um eine Entscheidung des Verfassungsgerichts darüber, wie die Wahlen in 28 Wahlkreisen zu organisieren sind, wo die Blockaden der PdRC die Registrierung der Kandidaten verhindert haben. Wenn die Sitze unbesetzt bleiben, wird das Parlament das 95 Prozent Quorum nicht erreichen, das laut Verfassung erforderlich ist, um eine neue Regierung zu bilden.

Die PdRC fordert immer noch, dass die Regierung durch einen nicht gewählten "Volksrat" ersetzt wird, der nur eine Fassade für eine vom Militär gestützte Diktatur wäre. Die PdRC und die Demokraten repräsentieren Teile der traditionellen, herrschenden Elite, einschließlich der Monarchie, des Militärs und großer Teile der Staatsbürokratie, die den Putsch gegen den ehemaligen Ministerpräsidenten und Telekommunikations-Milliardär Thaksin Shinawatra im Jahr 2006 unterstützt hatten.

Die PdRC behauptet, dass Yingluck die Erfüllungsgehilfin ihres Bruders Thaksin sei, der im Jahr 2008 aus dem Land floh, um nicht wegen angeblicher Korruption inhaftiert zu werden. Die Öffnung des Landes für ausländische Investitionen und begrenzte Reformen, darunter eine günstige Gesundheitsversorgung, ein höherer Mindestlohn und eine Regelung, um Reis von den Bauern zu überhöhten Preisen zu kaufen, hat die traditionellen Eliten Bangkoks von den Shinawatras entfremdet. Diese Maßnahmen, die die Grundlage für die Unterstützung der Regierung im ländlichen Norden Thailands sind, schlagen eine Schneise in die bestehenden Patronage Netzwerke.

Der "Volksrat", sofern er eingesetzt würde, würde die "populistische" Politik umkehren und tiefe Angriffe auf den allgemeinen Lebensstandard durchführen.

Das Militär, das seit 1932 elf Staatsstreiche durchgeführt hat, sympathisiert mit dem PdRC. Dutzende von Soldaten haben an den PdRC Protesten teilgenommen indem sie als bewaffnetes "Sicherheitspersonal" auftraten, obwohl die militärischen Befehlshaber darauf beharren, dass sie als Privatpersonen gehandelt hätten. Die Armee hat eine Reihe von Angriffen unbekannter Tätern auf Demonstranten als Vorwand genutzt, um Truppen in die Hauptstadt zu schicken und mehr als einhundert militärische Kontrollpunkte einzurichten.

Am vergangenen Donnerstag sagte Armeechef Prayuth Chan-ocha zu Reportern: "Ich kann nicht sagen, ob es einen Putsch geben wird oder nicht". Am nächsten Tag forderte er sowohl die Regierung als auch die PdRC auf,"aufeinander zuzugehen" und einen "Kompromiss" zu schließen. Erneut schloss Prayuth eine militärische Intervention nicht aus und erklärte, "ob das Militär eingreift, kommt darauf an".

Am Montag forderte Prayuth die Armee auf, bei der Polizei eine Anzeige gegen Petcharawat Wattanapongsirikul, den Führer der Rak Chiang Mai 51 Gruppe, wegen angeblichem Separatismus und Verrat einzureichen. Diese Gruppe arbeitet mit der regierungsfreundlichen Nationalen Demokratischen Allianz gegen Diktatur (UDD), der so genannten Rothemden-Bewegung zusammen. Die Armee behauptet, Anhänger der Gruppe hätten die Spaltung des Landes gefordert.

Der stellvertretender Ministerpräsident Surapong Tovichakchaikul kritisierte Prayuth und rief ihn auf, politisch neutral zu bleiben. Er bemerkte, dass die Armee trotz ihrer anti-demokratischen Forderungen keine vergleichbaren Schritte gegen die PdRC unternommen habe.

Die Yingluck Regierung führt weiterhin nur die laufenden Geschäfte mit begrenzten Befugnissen. Im vergangenen Monat beendete sie ihre Reissubventionsprogramm und behauptete, die Regelung könne legal nicht erneuert werden, solange das neue Parlament nicht zusammengekommen sei.

Eine Gerichtsentscheidung verbot der Regierung Protestkundgebungen mit Gewalt aufzulösen und machte damit ihre Notverordnung praktisch bedeutungslos. Die Gerichte weigerten sich auch, Haftbefehle für mehrere Protestführer auszustellen.

Es sind Bemühungen im Gange, die Regierung mittels eines juristischen Putsches abzusetzen. Siripan Nogsuan Sawasdee, ein politischer Analyst an der Chulalongkorn-Universität in Bangkok, äußerte am Dienstag Agence France Press gegenüber, dass Suthep die PdRC Proteste zurückgefahren habe, weil er "realisiert hat, dass das Schicksal der Regierung nicht von seiner Gruppe bestimmt wird, sondern in den Händen unabhängiger Organisationen liegt - der Anti-Korruptionsräte und der Gerichte".

Weit davon entfernt, unabhängig zu sein, stürzten die Gerichte im Jahr 2008 zwei Thaksin Regierungen wegen erfundener Korruptionsvorwürfe und installierten eine nicht gewählte Regierung der Demokraten. Sie versuchen nun, diesen Vorgang zu wiederholen.

Die Nationale Anti-Korruptions-Kommission (NACC) hat Yingluck einbestellt, bevor sie sich am 14. März mit Vorwürfen beschäftigt, sie habe ihre Pflicht vernachlässigt und im Zusammenhang mit dem für den Ankauf von Reis verknüpften System Korruption zugelassen. Bei einem Schuldspruch könnte ein Amtsenthebungsverfahren gegen sie angestrengt werden.

Der NACC behauptet auch, dass Hunderte Abgeordnete von der Puea Thai Partei das Gesetz verletzt hätten, als sie versuchten, eine Verfassungsänderung durchzubringen, um den Senat zu einer vollständig gewählten Körperschaft zu machen.

Vier Führer einer Gruppe, die mit der regierungsfreundlichen UDD zusammenarbeiten, sind am Montag festgenommen und aufgrund einer Blockade des Hauptquartiers der NACC im letzten Monat in Bangkok wegen Hausfriedensbruch angeklagt worden.

Der stellvertretende Generalsekretär der NACC, Witthaya Akhompitak, sagte der Bangkok Post gestern, dass der Innenminister und der stellvertretende Handelsminister in der vergangenen Woche beide an einer anderen Kundgebung der Rothemden vor ihrem Hauptquartier teilgenommen hätten. Witthaya sagte, die Kommissare erwögen gegen beide eine Anklage, die in Gefängnisstrafen münden könnten.

Tausende von Rothemden, die sich größtenteils aus den armen Schichten der bäuerlichen Landbevölkerung und der Stadt zusammensetzen, haben in den Provinzzentren des Nordens Kundgebungen gegen die anti-demokratische Kampagne der PdRC abgehalten. Die UDD-Führung hat für Samstag eine Kundgebung in einem Stadion in Chiang Mai angekündigt. Bisher hat sie jedoch noch keine Massenproteste gegen die PdRC in Bangkok abgehalten.

Trotz der anhaltenden Gefahr eines Putsches zögern Yingluck und die UDD, ihre Anhänger zu mobilisieren. Im Jahr 2010 begannen Tausende von Rothemden in der Hauptstadt Forderungen nach sozialer Gleichheit zu erheben, die weit über die Forderung der UDD nach Neuwahlen hinausgingen.

Stattdessen hat Yingluck an das Militär und die großen Unternehmen appelliert, die Wiederwahl ihrer Regierung als Mittel zu unterstützen, um ihre Forderungen nach Sparmaßnahmen durchzusetzen. Thailands Joint Foreign Chambers of Commerce (gemeinsame Außenhandelskammern) haben in dieser Woche eine Erklärung herausgegeben, die eine rasche Lösung der Krise fordert, so dass Thailand Schritte unternehmen könne, seinen Eintritt in die Wirtschaftsgemeinschaft ASEAN vorzubereiten. Sie erklärte, Änderungen an den Arbeitsgesetzen und den Gesetzen für ausländische Investitionen erfordern "ein funktionierendes Parlament".

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Quelle:
World Socialist Web Site, 08.03.2014
Das politische Patt in Thailand hält an
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. März 2014