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GLEICHHEIT/5218: Die USA setzen Balkanländer unter Druck all ihre Verbindungen mit Russland abzubrechen


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Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Die USA setzen Balkanländer unter Druck all ihre Verbindungen mit Russland abzubrechen

Von Paul Mitchell
26. Juli 2014



Auf seiner viertägigen Europareise im letzten Monat versuchte US-Präsident Barack Obama, die Kampagne gegen Russland zu intensivieren, welche im Februar mit dem durch die USA unterstützen und von Faschisten geführten Putsch in der Ukraine begonnenhat.

Ziel war es, die europäischen Verbündeten Washingtons unter Druck zu setzen, die aufgrund der Folgen für ihre eigene Wirtschaft nur ungern umfassende wirtschaftliche Sanktionen gegen Russland verhängen wollen.

Weitere US-Sanktionen wurden am 17. Juli verhängt. Diese waren gegen große Banken, Rüstungsunternehmen und Energiekonzerne, darunter Rosneft, Russlands größte börsennotierte Öl-Unternehmen, gerichtet.

Auch im Balkanraum verstärken die USA ihren Druck. Obwohl sie seit der Auflösung des ehemaligen Jugoslawiens und dem NATO Krieg in den 1990er Jahren sich immer wieder in der Region einmischten, sehen sie jetzt erhöhte Dringlichkeit, da viele der Balkanländer enge wirtschaftliche und politische Beziehungen mit Russland pflegen.

Die Bemühungen zur erneuten Offensive auf dem Balkan, um dem russischen Einfluss entgegenzutreten, werden am 28. August auf einer Konferenz auf höchster politischer Ebene und im September auf dem NATO-Gipfel in Wales noch verstärkt werden. Ziel ist die Integration der Balkanländer in die Europäische Union (EU).

Die Konferenz am 28. August wird von Deutschland organisiert, das entschlossen ist, seine Interessen auf dem Balkan zu sichern und zu erweitern. Es war das erste westliche Land, das die Unabhängigkeit von Slowenien und Kroatien anerkannte, was den Zerfall Jugoslawiens und den Kosovokrieg auslöste. Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel verkündete in einem Interview auf ihrer Homepage: "Deutschland wird Ende August alle Balkan-Staaten zu einer Konferenz einladen, auch um hier deutlich zu machen, wir wollen gemeinsam unterstützend sein und gemeinsam in die Zukunft blicken".

Die Balkan-Konferenz betreffend, teilte Corina Stratulat, die Politikexpertin des in Brüssel ansässigen European Policy Centre, der Online-Nachrichten-Webseite EurActiv mit, es sei eine "dringende Notwendigkeit, sich mit dem unvollendeten Aufgaben auf dem Balkan zu beschäftigen".

"Obwohl der Frieden in der Region anhält, sind nicht alle Balkanländer in [der EU] und sie haben sich mit Sicherheit nicht alle so verändert, wie wir es uns vorgestellt hatten", fügte sie hinzu.

Stratulat erklärte, dass die Erweiterungspolitik der EU seit dem Beitritt der ehemaligen Ostblockstaaten in der Mitte der 2000er Jahre ins Stocken geraten ist, und die Krise in der Ukraine "könnte ebenso ein weiterer Grund dafür sein, dass das Interesse Deutschlands und der EU am Balkan wiederauflebt, wo Moskau ebenso bereitsteht".

Noch schlagkräftigere Äußerungen als die Stratulats finden sich in einem Artikel Foreign Affairs "Warum die NATO und die EU ihre Türen für den Balkan wieder öffnen müssen" vom 26. von Edward P. Joseph und Janusz Bugajski.

Joseph ist ein ehemaliger stellvertretender Leiter der Kosovo-Mission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OECD) und Senior Fellow an der School of Advanced International Studies an der John Hopkins University. Bugajski ist der ehemalige Direktor des Neuen Europäischen Demokratie-Programms am Zentrum für Strategische und Internationale Studien. Er war Berater für osteuropäische Angelegenheiten des US-Verteidigungsministeriums und ist Vorsitzender des Programms für Südosteuropäische Regionalstudien am Foreign Service Institute des US-Außenministeriums.

Die Autoren stellen fest: "Statt sich der zurückhaltenden Position auf dem Balkan unterzuordnen, die von den europäischen Nationen, so wie auch von Deutschland bevorzugt wird, ... muss Washington den Kontinent zum Handeln anspornen und darauf ernsthafte Bemühungen zu umfassender geopolitischer und regionaler Stabilität drängen."

Sie bestehen darauf, dass "verstärkte Zusammenarbeit auf dem Balkan zwischen den Vereinigten Staaten und ihren europäischen Partnern, als auch die Miteinbeziehung der restlichen Balkanstaaten in die NATO, helfen wird, eine noch immer unsichere Region zu stabilisieren, während Russlands geopolitischer Appetit in Schach gehalten wird".

Sie kamen zu dem Ergebnis, dass "weitere Unentschlossenheit und die Abwesenheit von starker amerikanischer Führung, Russlands Präsidenten Wladimir Putin nur dazu ermutigen werden, sich Möglichkeiten auf dem Balkan zu verschaffen".

Joseph und Bugajski kritisieren die EU dafür, dass sie Serbiens Prozess zur Mitgliedschaft weiter zulässt, obwohl es sich weigert, die vom Westen gegen Russland verhängten Sanktionen zu unterstützen und die öffentlichen Initiativen des russischen Präsidenten Wladimir Putin zur Lösung der Gewalt im Osten der Ukraine gelobt hat. Nach seinem Treffen mit Putin am 7. und 8. Juli in Moskau bekräftigte der serbische Premierminister Aleksandar Vucic die Absicht seiner Regierung, die EU-Mitgliedschaft anzustreben und gleichzeitig "seine gute, freundschaftliche Beziehungen zu Russland" aufrechtzuerhalten.

Die Autoren weisen darauf hin, dass "Moskau Serbiens Ölindustrie weitgehend kontrolliert und sein Auge auf das staatliche Energieunternehmen des benachbarten Kroatiens geworfen hat, was ihm die Kontrolle über den Erdgasstrom von der Adria nach Zentraleuropa ermöglichen könnte".

Ein großes Ziel der USA ist auch, die South Stream Pipeline[1] zu sabotieren, die Erdgas aus Russland unter Umgehung der Ukraine transportieren soll. Nachdem die EU und die USA mit Sanktionen drohten, war Bulgarien im Juni gezwungen, den Bau ihres Pipelineabschnitts auszusetzen.

Allerdings hat Bulgarien jetzt seine Entscheidung zurückgezogen, Serbien hat erst kürzlich einen Vertrag unterschrieben, mit dem Bau zu beginnen und Italien, Ungarn, Griechenland, Slowenien, Österreich und Kroatien unterstützen das Projekt weiterhin.

Joseph und Bugajski weisen hin auf den Unterschied in der Behandlung Serbiens durch die EU mit ihrer Haltung zum "kleinen" Montenegro, das "angesichts der langsam schwindenden Kritik" aus Russland Sanktionen verhängte. Letztes Jahr lehnte es Moskaus Forderungen nach einer neuen strategischen Beziehung ab, einschließlich eines neuen Marinestützpunkts in Bar. Sie fordern, dass es Montenegro, dessen Bewerbung im letzten Monat erneut abgelehnt wurde, erlaubt werden sollte, der NATO beizutreten, um "ein potenzielles Standbein für Moskau an der Adria zu verhindern", denn ein "niedergeschlagenes und enttäuschtes" Montenegro sei anfälliger für Russlands "zweifelhafte finanzielle Verlockungen".

Joseph und Bugajski betonen im Hinblick auf Mazedonien, "da so viel auf dem Spiel steht, ist es höchste Zeit für erneute internationale Anstrengungen, um den Stillstand zu durchbrechen, der es aus der NATO und der EU fernhält". Sie rufen zum Druck der "harten Hand" gegen Griechenland auf, damit es sein Veto gegen den Beitritt zurückzieht, den es damit begründet, dass es keine Einigkeit über den Namen Mazedonien gibt, der einer Region in Griechenland vorbehalten sein sollte.

Für Bosnien-Herzegowina fordern Josef und Bugajski einen "konzertierten Vorstoß" der USA. Das Land ist in zwei nahezu unabhängige Einheiten gespalten, die bosnisch-kroatische Föderation und die Serbische Republik. Die beiden Autoren erklären "Jetzt ist es Zeit für Washington, aus den vielen Reformvorschlägen auszuwählen und Berlin anzuspornen, der bosnischen Parteiführung konkrete Möglichkeiten anzubieten".

Sie fordern erhöhten Druck auf Milorad Dodik, den "spaltenden" Führer der Serbischen Republik, den Russland "umwarb ... mit einer Auszeichnung für die Förderung "der Einheit der orthodoxen Völker "und einer Kreditlinie von rund 95 Millionen Dollar".

Ob Josephs und Bugajskis Forderungen zum Tragen kommen werden, ist schwer zu bestimmen. Die großen europäischen imperialistischen Mächte haben bisher die US-Aggression gegen Russland unterstützt, aber es gibt keinen Zweifel, dass dies zu Spannungen und Rissen von explosivem Charakter in ganz Europa führt. Die Großmächte mit den USA an der Spitze üben massiven Druck auf die Balkanländer aus und entfachen dabei die gleiche Art ethnischer und nationalistischer Spaltungen, die die Zündschnur für den ersten imperialistischen Weltkrieg waren.


Anmerkungen:
[1] http://www.wsws.org/de/articles/2014/06/18/sout-j18.html

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Quelle:
World Socialist Web Site, 26.07.2014
Die USA setzen Balkanländer unter Druck all ihre Verbindungen mit Russland abzubrechen
http://www.wsws.org/de/articles/2014/07/26/balk-j26.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Juli 2014