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GLEICHHEIT/5643: Die Angst vor einer globalen Rezession wächst


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Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Die Angst vor einer globalen Rezession wächst

Von Andre Damon
27. August 2015


Die amerikanischen Aktienmärkte stürzten am Dienstag nach einer anfänglichen Erholung wieder ab. Der Dow Jones Industrial Average sank vom Höchstwert des Tages um 600 auf minus 205 Punkte, d.h.um 1,29 Prozent.

Der Standard & Poor's 500 verlor 1,35 Prozent an Wert und sank das sechste Mal in Folge, seit seinem Höchststand im Mai ist er um zwölf Prozent gesunken. Eine Schlagzeile der Financial Times fasste die Ereignisse des Tages treffend zusammen: "Erholung der Wall Street löst sich in Nichts auf."

Die Aktienverkäufe waren ein Ausdruck extremer Nervosität wegen des anhaltenden Rückgangs des Wirtschaftswachstums in China und der Unruhen auf den dortigen Aktienmärkten, einer zunehmenden Krise der Schwellenmärkte und dem Rückgang der Rohstoffpreise. Das Marktvertrauen in die Fähigkeit einer Regierung oder Zentralbank, die Stabilität wieder herzustellen und für langfristiges Wachstum zu sorgen, wurde völlig zerstört und es breitet sich die Furcht vor einer Krise aus, die sogar den Finanzkollaps vom September 2008 in den Schatten stellt.

Die Verkaufswelle in den USA ging einher mit einer kräftigen Marktintervention der chinesischen Zentralbank am Dienstag, die ungewöhnlicherweise gleichzeitig die Zinssätze senkte und die Eigenkapitalanforderungen der Banken verringerte.

Nach einem massiven Absturz der chinesischen Börse griff die chinesische Zentralbank mehrfach ein. Ihre Stimulierungsversuche führten in den meisten asiatischen und allen großen europäischen Märkten zu einer Erholung der Kurse. Der britische Index FTSE 100 schloss mit 3,13 Prozent, der DAX mit fast fünf Prozent im Plus.

Die Erholung der amerikanischen Märkte dauerte bis in die letzte Stunde des Handelstages, als die Märkte von einer Welle von Verkaufsordern getroffen wurden. Der allgemeine Trend bestand darin, einen Teil der Verluste der letzten Woche wieder hereinzuholen, indem man die Gewinne der Erholung des Tages ausnutzte, einstrich und sich dann so schnell wie möglich aus dem Staub machte.

Den Verkäufen am Dienstag gingen weit stärkere Verluste am Montag voraus. Der Dow Jones verlor bei Börseneröffnung fast 1.100 Punkte - ein Rekord an einem Tag. Weniger als fünf Minuten später konnte eine Welle von Kaufbefehlen, die vermutlich von der Federal Reserve und anderen Regierungsbehörden organisiert wurde, den Kollaps teilweise rückgängig machen und einen vollständigen Zusammenbruch des US-Finanzsystems verhindern. Dennoch beendete der Dow Jones den Tag mit einem Verlust von 588 Punkten, bzw. 3,6 Prozent.

Dass die kapitalistischen Regierungen und Zentralbanken die Verkaufswelle am Montag nicht ausgleichen konnten, zeigt ihre Verwirrung und Ratlosigkeit. Es herrscht fast kein Vertrauen, dass eine der imperialistischen Großmächte - die USA, Europa oder Japan - entweder einzeln oder zusammen einen Ausweg aus der Krise aufzeigen kann. Stattdessen liegen alle Hoffnungen auf dem krisengeschüttelten China.

Mohamed A. El-Erian, der ehemalige Vorsitzende des größten Wertpapierhändlers Pimco, drückte diese Stimmung in einem Artikel aus, in dem er erklärte, die einzige langfristige Lösung der Krise der Weltwirtschaft sei eine wirtschaftliche Normalisierung der Schwellenländer, vor allem Chinas.

El-Erian erklärte, ein erheblicher Teil der Verkäufe erkläre sich aus "der korrekten Erkenntnis, dass die stärkste Reaktion von den Schwellenmärkten kommen muss, der Quelle des Wachstums und der finanziellen Sorgen."

Die Aussichten darauf, dass China oder ein anderes Schwellenland (Indien, Brasilien, etc.) auch nur kurzfristig das System des Weltkapitalismus retten könnte, sind schlecht. Die chinesische Zentralbank erklärte am Donnerstag in einer Stellungnahme zur Senkung des Zinssatzes: "Chinas Wirtschaftswachstum ist noch immer mit Abwärtsdruck konfrontiert und die Aufgabe, das Wachstum zu stabilisieren, die Institutionen anzupassen, Reformen durchzuführen, das Leben der Bevölkerung zu verbessern und Risiken zu verhindern, ist noch immer äußerst schwierig."

El-Erian gab zu: "Das Beste, auf das wir jetzt hoffen können, ist eine kurzfristige Stabilisierung des Marktes durch eine weitere Reihe von liquiditätsgestützten Interventionen." Er fügte hinzu: "Diese Herangehensweise würde dringend benötigte unmittelbare Erholung bringen, aber sie würde nicht ausreichen, um den langfristig benötigten Stabilitätsanker zu schaffen, den das globale Finanzsystem sucht."

Die einzige Konstante der Wirtschaftspolitik, über die allgemein Einigkeit herrscht, ist, dass alles getan werden muss, um den Reichtum der Finanzelite zu schützen, allem voran durch unbeschränkte Geldspritzen der Zentralbanken an die Finanzmärkte.

Am Wochenende forderte Ex-US-Finanzminister Lawrence Summers die Federal Reserve auf, sich von ihren Plänen zu distanzieren, die Zinsen zum ersten Mal seit fast neun Jahren zu erhöhen und stattdessen ihre bisherige Nullzinspolitik für unbegrenzte Zeit fortzusetzen.

Am Dienstag ging Summers noch weiter und schrieb auf Twitter, die Federal Reserve solle als Reaktion auf die Verkäufe eine weitere Ausweitung ihrer Geldpolitik in Erwägung ziehen. Wie die Financial Times es formulierte, schlug Summers vor, die Fed solle "ein weiteres Programm zum Kauf von Anleihen [quantitative Lockerung] in Erwägung ziehen."

Ray Dalio, der Vorsitzende von Bridgewater Associates, des größten Hedgefonds der Welt, äußerte diese Erwartung noch ausdrücklicher und schrieb in einem Forschungsgutachten, das von der Financial Times zitiert wurde, der "nächste große Schritt der Fed wird es sein, die Geldmenge durch "quantitative easing" (QE) auszuweiten anstatt einzuschränken."

Die Lösung, die Summers, Dalio und El-Erian, drei Weise des zeitgenössischen Kapitalismus mit einem Nettovermögen von insgesamt fast achtzehn Milliarden Dollar anzubieten haben, ist eine Ausweitung des Gelddruckens durch die Zentralbanken der Welt, in der Hoffnung, das verrottende stalinistische Regime in China könne den Widerstand der Bevölkerung gegen seine brutale Wirtschaftspolitik lange genug unterdrücken, um seine Wirtschaft irgendwie wieder zu stabilisieren.

Die Folge: die Finanzelite wird weiter bereichert, während die Arbeiterklasse die Kosten davon durch verschärfte Angriffe auf ihren Lebensstandard bezahlen und die Last einer neuen Krise des Weltkapitalismus tragen muss.

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Quelle:
World Socialist Web Site, 27.08.2015
Die Angst vor einer globalen Rezession wächst
http://www.wsws.org/de/articles/2015/08/27/econ-a27.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. August 2015

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