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IMI/1044: KSK-Soldat mit Verbindungen zu "Identitären" war in Fall Kurnaz verwickelt


IMI - Informationsstelle Militarisierung e.V.
IMI-Standpunkt 2020/024 vom 10. Juni 2020

KSK-Soldat mit Verbindungen zu "Identitären" war in Fall Kurnaz verwickelt

von Tobias Pflüger


Nach Recherchen des SWR[1] spielte ein wegen seiner Nähe zur neonazistischen "Identitären Bewegung" suspendierter KSK-Soldat schon bei der mutmaßlichen Misshandlung von Murat Kurnaz in Afghanistan eine zentrale Rolle. Ihm war vorgeworfen worden, den deutschen Staatsbürger in Afghanistan misshandelt zu haben. Er wurde jedoch nicht entlassen, sondern konnte weiter Karriere beim KSK machen: "Nach Recherchen des SWR blieb er bis 2015 beim KSK in Calw in Baden-Württemberg stationiert. Danach besuchte er einen knapp einjährigen Führungslehrgang in Fort Bliss im US-Bundesstaat Texas. Später nahm er eine Stelle in Fort Bragg in North Carolina an. Dort war er bis zu seiner Suspendierung vor einem Monat im "Heeresverbindungsstab 12 USA", wie aus der Unterrichtung des MAD an die Obleute des Verteidigungsausschusses hervorgeht. Nach SWR-Informationen war der Soldat als Verbindungsmann zwischen deutscher Bundeswehr und den amerikanischen Streitkräften und den Spezialeinheiten tätig. Inzwischen ist er nach Deutschland zurückgekehrt."[2]

Seit Wochen werden neue Details rechtsextremistischer Umtriebe in der Elitetruppe Kommando Spezialkräfte (KSK) bekannt. Das jetzt neu bekannt gewordene reiht sich in eine lange, erschreckende Kontinuität rechter Fälle beim KSK ein, von denen einige schon länger bekannt waren, manche erst jetzt in der ganzen Bandbreite öffentlich werden. Dadurch, dass das KSK extrem abgeschottet war und ein enormer Korpsgeist herrschte, wurde die Aufklärung erheblich erschwert. Außerdem zieht das KSK durch seinen Elitestatus und den Nimbus des Geheimen, von dem es umgeben ist, auch Neonazis an. Das KSK kann deshalb in der Form, wie es ist, einfach nicht fortbestehen und muss aufgelöst werden!

Der Deutsch-Türke Murat Kurnaz aus Bremen war 2001 in Pakistan fälschlicherweise festgenommen worden. Ihm konnte auch nach mehrjähriger Folter-Haft in Guantanamo kein Verbrechen nachgewiesen werden. Kurnaz beschuldigt auch KSK-Soldaten, ihn Anfang 2002 in einem US-Gefangenenlager im afghanischen Kandahar gefoltert zu haben. Strafverfahren gegen KSK-Angehörige, die Kurnaz auf Bildern identifizieren konnte, wurden zweimal aufgrund mangelnder Beweise eingestellt. Diverse Unterlagen seien "auf mysteriöse Art und Weise versehentlich" vernichtet worden, so sein Anwalt.[3]

In einer IMI-Analyse zum KSK von 2017 war zum Fall Kurnaz zu lesen: "Inwiefern neben einer prinzipiell menschenverachtenden Einstellung auch Fremdenfeindlichkeit innerhalb des KSK eine Rolle gespielt haben könnte, bleibt auch nach einem Untersuchungsausschuss des Bundestags offen."[4] Diese Frage dürfte jetzt geklärt sein.


Anmerkungen:

[1] Tagesschau: KSK-Elitesoldat. Aus Kandahar zu den Identitären. 10.6.2020.
https://www.tagesschau.de/investigativ/swr/ksk-soldat-101.html

[2] Ebd.

[3] IMI-Standpunkt 2013/020. Jürgen Wagner: "Nach vorn!" - "einsatzbereit - jederzeit - weltweit"! Deutsche Spezialkräfte im Umbruch. 2013. http://www.imi-online.de/2013/05/13/nach-vorn-einsatzbereit-jederzeit-weltweit/

[4] IMI-Standpunkt 2017/026. Alexander Kleiß: Braune Nostalgie beim KSK - keine Überraschung! http://www.imi-online.de/2017/08/18/braune-nostalgie-beim-ksk-keine-ueberraschung/#_ednref12

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Quelle:
IMI-Standpunkt 2020/024 vom 10. Juni 2020
KSK-Soldat mit Verbindungen zu "Identitären" war in Fall Kurnaz verwickelt
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Juni 2020

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