Schattenblick →INFOPOOL →MEDIEN → ALTERNATIV-PRESSE

KAZ/137: Bedingungsloses Grundeinkommen - Armutsbekämpfung oder Vorschub für Kapitalinteressen?


KAZ - Kommunistische Arbeiterzeitung, Nr. 328, September 2009
Proletarier aller Länder und unterdrückte Völker vereinigt euch!

Bedingungsloses Grundeinkommen - Armutsbekämpfung oder Vorschub für Kapitalinteressen?


Eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung aus dem Jahre 2006 über die soziale und politische Selbsteinschätzung der bundesrepublikanischen Bevölkerung brachte den Begriff des "abgehängten Prekariats" in die Medien. Gemeint sind dabei Langzeitarbeitslose, Hartz-IV-Empfänger und allein erziehende Mütter z.B., Menschen, denen es nicht nur materiell schlecht gehe, sondern die jede Hoffnung auf eine Verbesserung ihrer Lebenssituation aufgegeben hätten. Der Umfang dieser Schicht liege im Westen der BRD bei 4-5 und im Osten Deutschlands bei 20-25 Prozent - mit steigender Tendenz!

Das ist natürlich eine Größe, an der die Politik nicht mehr vorbei kann. Der damalige SPD-Vorsitzende Beck übersetzte den Begriff mit "Unterschicht", was ihm eine heftige Schelte von allen Seiten einbrachte. Damit würden Menschen stigmatisiert und der SPD-Vorsitzende Müntefering konstatierte gar, Schichten gebe es nicht in der BRD. Denn durch Anstrengung, Bildung und ein bisschen Staatshilfe könne es schließlich jeder schaffen. So das Credo der SPD.

Aber auch Beck wollte mit dem Begriff natürlich nicht auf die Klassenlage des Proletariats eingehen, sondern im Gegenteil. Die Lage der untersten Schicht der Arbeiterklasse soll auf keinen Fall von seinen klassenmäßigen Ursachen her diskutiert werden. Die nicht mehr zu leugnende Armut wird auf individuelles Versagen zurückgeführt. Die Vorschläge zur Verbesserung der sozialen Lage dieser "Unterschicht" beschränken sich denn auch auf bessere Bildungschancen, wogegen zwar nichts zu sagen wäre, was aber das Millionenheer der Erwerbslosen nicht verringern wird und lediglich die Konkurrenz um die Arbeitsplätze noch mehr verschärfen wird.

Zahlenmäßig wächst dieser Teil des Proletariats unaufhörlich. Die Armutsquote, die 2003 noch bei 15% lag, ist bis 2006 auf 17,3% angestiegen. Das sind 14 Millionen Menschen. Weitere 20% der bundesrepublikanischen Bevölkerung leben in so unsicheren Verhältnissen und verfügen über ein so geringes Einkommen, dass sie jederzeit ins Bodenlose abstürzen können. Zusammengerechnet umfasst diese Gruppe 30 Millionen Menschen, darunter eine wachsende Zahl von Kindern.

Wenn wir speziell die Erwerbstätigen betrachten, arbeiteten 32 Prozent aller Vollzeitbesehäftigten in der BRD 2003 laut Wirtschaftswissenschaftlichem Institut des DGB (WSI) in einem Niedriglohnjob. Die Hälfte von ihnen verdienen 50% bis 75% des Durchschnittslohns, der als Prekärlohn bezeichnet wird. Die andre Hälfte für weniger als 50 Prozent des Durchschnittslohns, und das hieß 2003 laut Statist. Bundesamt weniger als 1.442 Euro brutto monatlich - nach Definition der Vereinen Nationen heißt das Armutslohn.

Vor allem bei den Wachdiensten, der Gebäudereinigung, in Kurierdiensten oder in der Gastronomie werden Hungerlöhne gezahlt. Wobei 60% der Menschen mit einem Armutslohn nicht etwa unqualifiziert sind, sondern eine Berufsausbildung erworben haben. Die Mehrheit von ihnen sind Frauen.

Die Situation hat sich insbesondere seit 1998 verschlechtert, weil immer mehr Unternehmer aus der Tarifbindung ausstiegen: waren 1998 im Westen noch 75 Prozent und in den neuen Bundesländern 63 Prozent der Beschäftigten tarifgeschützt, so sind es 2007 im Westen nur noch 63 Prozent, im Osten 54 Prozent (nach WSI-Tarifarchiv der Hans Böckler Stiftung). Hartz-IV hat die Situation drastisch verschärft, dadurch sind alle Schranken gefallen, die Erwerbslose bisher noch geschützt haben. Langzeitarbeitslose werden gezwungen, jeden Job anzunehmen, auch bei einer Entlohnung von 30 Prozent unter Tariflohn. Beide Gruppen, also die Erwerbslosen wie Menschen mit Niedriglohn haben wenig Möglichkeiten, ihrer Lage zu entrinnen. Die "Überflüssigen" in dieser Gesellschaft, d.h. Altere, Kranke, psychisch Angeschlagene, ausländische wie auch deutsche Jugendliche aus den unteren Schichten des Proletariats sind längst vom Kapital abgeschrieben. Sie werden für den Ausbeutungsprozess nicht benötigt und ihre Wiedereingliederung ist nicht vorgesehen. Das erklärt auch, warum trotz des weit verbreiteten Gefasels von der Notwendigkeit der Qualifizierung für die sog. Wissensgesellschaft in die Bildung dieser Menschen nicht investiert wird, und die Hauptschulen zu Restschulen mit schlechter Mittelausstattung verkommen (auch die geplante Zusammenlegung von Haupt- und Realschulen wird daran wenig ändern).

Sowohl die Erwerbslosen wie auch die "arbeitenden Armen" - die unterste Schicht des Proletariats - werden aber gleichermaßen vom Kapital gebraucht und benutzt, um ein wirksames Druck- und Bedrohungsszenarium aufzubauen. Es muss sichtbare und schmerzliche Formen der Armut geben, um sowohl die Löhne weiter zu senken als auch die sozialen Sicherungssysteme weiter demontieren zu können.


Alle abhängig Beschäftigten von sozialer Unsicherheit bedroht

Die Grenzen zu den Teilen der Arbeiterklasse, die noch unbefristete und relativ gut bezahlte Arbeitsplätze einnehmen, sind fließend. Die soziale Unsicherheit ist alles andere als ein "Unterschichtproblem". Auch gut ausgebildeten Ingenieure und Computerspezialisten müssen inzwischen um ihren Job zittern. An den Hochschulen arbeiten große Teile der Lehrbeauftragten für unter 1.000 Euro monatlich. Die Angst vor dem sozialen Absturz führt zu massenhafter freiwilliger Unterbietung des Flächentarifvertrags und zu unbezahlten bzw. unentgeltlichen Überstunden. Die Reallöhne sinken. Bei immer mehr Menschen ist die Reproduktion der Ware Arbeitskraft bei einem Job nicht mehr gewährleistet. Sie brauchen zwei oder drei Jobs, um sich und ihre Familie zu ernähren. Die Intensivierung der Arbeit, psychische Belastung und Stress haben so zugenommen, bei gleichzeitig verschlechterter Gesundheitsversorgung, dass immer mehr Kolleginnen und Kollegen aus dem Arbeitsprozess vorzeitig ausscheiden müssen.

Dennoch funktioniert die Spaltungsstrategie des Kapitals. Arbeitslosigkeit wird immer noch als individuelles Versagen gedeutet, auch von den Betroffenen selbst meist. Immer noch wird ihnen Sozialschmarotzertum zur Last gelegt und nicht den Kapitalisten und Reichen. Zwar findet zwei Drittel der Bevölkerung, dass es "ungerecht" zugeht in der Gesellschaft der BRD, aber das ist eine rein moralische Kategorie, die mit unterschiedlichem Inhalt gefüllt werden kann.

Die Werktätigen haben nur ihre Arbeitskraft zu verkaufen. Und auch diejenigen, denen dies nicht gelingt, die Erwerbslosen, gehören zum Proletariat. Sie sind Opfer der Ausbeutung und Mehrwertaneignung durch die Kapitalisten. Ihre Ausgrenzung wird in der Arbeiterklasse viel zu wenig diskutiert und nicht als Spaltung der Klasse und damit Schwächung der Kampfkraft wahrgenommen. Selbst innerhalb der Linken ist das offensichtlich nicht völlig klar, wenn die zunehmenden Spaltungsprozesse innerhalb der Arbeiterklasse mehr als der unüberbrückbare Klassengegensatz zwischen Arbeit und Kapital betont werden.

Entscheidend ist der Besitz oder Nichtbesitz an Produktionsmitteln. Eine Trendwende zur Verbesserung der Situation der Arbeiterklasse ist nicht in Sicht, jetzt in der Krise erst recht nicht. Denn der Druck des Kapitals ist wegen der verschlechterten Verwertungsbedingungen und des daraus resultierenden tendenziellen Falls der Profitrate ungebrochen. Mit brutaler Erpressungsstrategie werden die Senkung der Löhne, die Verlängerung der Arbeitszeit und die Intensivierung der Arbeit erzwungen. Allerdings liegt das auch nicht zuletzt am geringen Widerstand der Arbeiterklasse, was wiederum zum großen Teil dem Sozialpartnerschaftsdenken der Gewerkschaftsführungen geschuldet ist, die überwiegend die Standortideologie des Kapitals unterstützen.


Armutsbekämpfung durch Bedingungsloses Grundeinkommen?

Angesichts dieser Entwicklung und des fehlenden Klassenkampfs ist es nicht verwunderlich, dass unter den Gegenstrategien der Linken in den letzten Jahren wieder das Modell eines Grundeinkommens (GE) breit diskutiert wird.

Millionen Erwerbslose müssen unter den elenden Bedingungen von Hartz IV existieren - d.h. 359 Euro plus Miete. Auch bei Rentnern, Kranken, allgemein nicht Erwerbsfähigen nimmt Armut entwürdigende Züge an. Die Herrschenden behaupten, der Staat habe kein Geld, sei überfordert. Die Sorgen der Beherrschten gehen deshalb darum, wie ihnen dennoch ein menschenwürdiges Leben ermöglicht werden kann.

Als Problemlösung wird das "bedingungslose Grundeinkommen für alle" (BGE - also nicht bloß für Erwerbslose!) präsentiert, das mehrere Organisationen in der BRD vertreten, so der "Runde Tisch der Erwerbslosen- und Sozialhilfeorganisationen", das Netzwerk Grundeinkommen, Teile von Attac und Teile der Partei der Linken (an ihrer Spitze die stellvertretenden Vorsitzende Katja Kipping). Auch in den Gewerkschaften spielt die Diskussion eine Rolle, allerdings eine geringere.

Gemeinsam ist den verschiedenen Konzepten, dass sie einen Rechtsanspruch auf eine bedarfsunabhängige, ausreichende materielle Absicherung fordern, "ein bedingungsloses menschliches Grundrecht auf umfassende soziale Sicherung und Teilhabe am gesellschaftlichen Reichtum" (Astrid Kraus, in "Sozialismus" 11/2004). Das Grundeinkommen soll existenzsichernd sein, auf einem individuellen Rechtsanspruch beruhen, ohne Bedürftigkeitsprüfung und ohne Zwang zur Arbeit gezahlt werden. Es soll wirklich für alle gelten, für Erwerbslose sowie für Hausfrauen, RentnerInnen, Behinderte, ArbeiterInnen und Angestellte, Mini-Jobber, Manager, Millionäre usw. (jede Bedürftigkeitsprüfung wird ja ausdrücklich abgelehnt). Als Lösung wird eine andere Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums propagiert, aber nicht zwischen den Klassen, herbeigeführt durch Klassenkampf, sondern es ist klassenübergreifend konzipiert.

Die konkrete Ausgestaltung der Vorstellungen eines Grundeinkommens ist sehr verschieden. Bei der Höhe des Existenzgeldes reichen die Vorschläge von 700 bis 1500 Euro monatlich, und insbesondere die Finanzierungsvorstellungen, soweit sie überhaupt angestellt werden, sind sehr unterschiedlich. Aber das soll nicht der Hauptpunkt der Kritik sein, zu finanzieren wäre das BGE sicherlich.

Die Gründe, die für die Forderung nach einem Grundeinkommen oder Existenzgeld herangezogen werden, sind meist antikapitalistisch und bestehen zu Recht:

Die Unfähigkeit des kapitalistischen Systems, für jeden Menschen einen Arbeitsplatz, geschweige denn eine sinnvolle Tätigkeit oder eine materielle Absicherung zu schaffen, obwohl der gesellschaftliche Reichtum vorhanden ist.

Ein garantiertes Grundeinkommen, heißt es bei Harald Rein vom Frankfurter Arbeitslosenzentrum "richtet sich gegen Armut und soll von Existenzängsten befreien, richtet sich gegen den Zwang, Niedriglohn-Jobs oder andere Zwangstätigkeiten annehmen zu müssen, richtet sich gegen Lohnsenkung und Erpressbarkeit von Arbeitnehmern, richtet sich gegen Bürokratieauswuchs und kostspielige Arbeitsmarktprogramme, will, dass auch andere Tätigkeiten als Arbeit anerkannt werden, fördert Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern, stärkt die Eigenverantwortung und erlaubt es allen, ihre Besonderheiten, unterschiedliche Fähigkeiten, Wünsche und Lebensstile unbekümmert zu entfalten, will eine gerechtere Verteilung von Einkommen, will ein universelles Menschenrecht auf ein Leben in Würde, tritt für ein anderes Wirtschaften und sorgsamen Umgang mit natürlichen Ressourcen ein und will eine Veränderung gesamtgesellschaftlicher Werthaltungen und Zielsetzungen" (nach "express" 6-7/04). Mit diesem beispielhaftem Zitat wird klar, es geht in der Debatte zugleich um eine andere Vorstellung von Arbeit, um ein anderes Menschenbild, um eine andere Gesellschaft. "Statt Existenzangst und Repressivität mehr Freiheit für alle," so formuliert Ronald Blaschke, Sprecher des Netzwerks Grundeinkommen, das Ziel (nach "elbe-saale-zeitung" Okt. 2004). Doch sind die hohen Ansprüche auch einlösbar? Wie ist die schöne neue Gesellschaft zu erreichen? Ist sie überhaupt auf diesem Wege zu erreichen?


Änderung der Verteilung ausreichend?

Bei allen Konzeptionen des Bedingungslosen Grundeigentums wird der Kapitalismus nicht in Frage gestellt. Er soll sich an Regeln halten, soll sozial sein, allen ein Auskommen sichern. Somit verbleiben sie im Rahmen kleinbürgerlich-demokratischer Imperialismuskritik, kleinbürgerlichem Wunschdenkens.

Abgesehen davon, dass Unternehmer und Reiche eine andere Vorstellung von Freiheit haben, ist völlig unklar, wie die Forderung im Kapitalismus realisiert werden kann. Die Machtfrage wird nicht erörtert. Bewusstseinswandel allein wird nicht ausreichen, um solch eine gewaltige Umverteilung durchzusetzen. "Es ist genug für alle da" (Attac), das stimmt. Aber wir müssen den Reichen ihren Reichtum erst entreißen. Wie die "Arbeit von der Tyrannei des Lohnsystems" (Runder Tisch der Erwerbslosen- und Sozialhilfeorganisationen) befreit werden kann, bleibt offen, ja wird nicht einmal diskutiert.

Denn der Frage, woher die Herrschenden ihren Reichtum haben, wird nicht auf den Grund gegangen. Es bedarf eben nicht nur der Änderung der ungleichen Verteilung, sondern der Änderung der Produktionsverhältnisse, des Sturzes der Kapitalistenklasse, um die Befreiung aus der Lohnarbeit durchsetzen zu können. Gewiss ist "Lohnarbeit als Sinn des Lebens" abzulehnen, aber warum nehmen die Vertreter des BGE die Arbeitslosigkeit als gegeben hin (Werner Rätz: "Die Vollbeschäftigung kommt nicht wieder" - Info der Attac-Kampagne soziale Sicherung, Nov. 2004)? Massenerwerbslosigkeit ist nicht akzeptabler, wenn sie nicht mit Armut verknüpft ist.

Trotz der immens gestiegenen Produktivität geht der Gesellschaft die Arbeit nicht aus. Es gibt sogar massenhaft Bedarf nach Arbeit, in der Kinder- und Jugendbetreuung, der Altenpflege, im Gesundheitswesen, in den Bildungseinrichtungen, im Kulturbereich und der Wissenschaft, im Wohnungsbau und im Bereich der öffentlichen Verkehrsmittel, um nur einiges zu nennen. Aber für die Unternehmer sind das unerwünschte Kosten, hierfür sollen die Steuermittel nicht eingesetzt werden. Und sie haben sich damit durchgesetzt. Dieser Antagonismus - dass die Zahl der Beschäftigungsverhältnisse schrumpft und zugleich elementare gesellschaftliche Bedürfnisse unbefriedigt bleiben - wird nicht thematisiert von den Anhängern des BGE.

Für die Herrschenden liegt die Lösung bereits auf der Hand, sie machen für uns eine neue Perspektive auf, und die wird in den Medien bereits heftig propagiert: das Ehrenamt! Natürlich nicht die freiwillige Arbeit in der Gewerkschaft, im Gartenkolonie- oder Vogelzuchtverein. Nein, da stehen schon andere Vorstellungen im Raum: die Betreuung von Kindern, Alten und Pflegebedürftigen, die Unterrichtung vernachlässigter Schüler, die Arbeit in Beratungsstellen für überschuldete Menschen und in Bibliotheken usw. Alles hoch qualifizierte Arbeit, die aber keiner mehr bezahlen will. Da sind die Menschen, die das BGE beziehen, doch wie gemacht dafür, sie haben ja Zeit, sie sollen sich gesellschaftlich nützlich betätigen! Den Arbeitsdienst gab es auch schon vor dem Faschismus übrigens, freiwillig, mehr oder auch weniger!

Und warum akzeptieren die Propagandisten des BGE, dass der größte Teil der Erwerbstätigen weiter unter hässlichen Lohnarbeitsverhältnissen, also unter Zeitdruck, Stress, Demütigung, gesundheitsschädlichen Bedingungen usw. arbeiten soll? Ist die Verbesserung der Arbeitsverhältnisse kein Thema mehr? Schließlich, wer entscheidet, wer weiter Lohnarbeiter sein muss, wer nicht?


Entfremdung der Arbeit

Die Forderung nach einem BGE verkörpert indirekt eine massive Kritik an der Lohnarbeit, sie spiegelt wieder, dass Kreativität und die Entwicklung vieler menschlicher Fähigkeiten dabei auf der Strecke bleiben. Sie beruht darauf, dass die Mehrheit der Beschäftigten die Fremdbestimmung der Arbeit empfinden und ablehnen. Aber die Lösung des BGE verharrt im Kapitalismus: die einen werden auf Kosten der andern von der Lohnarbeit freigestellt, zwar materiell etwas besser als mit Hartz IV - aber grundlegend besteht kein gravierender Unterschied.

Natürlich gibt es Menschen, die nicht arbeiten wollen und das "Recht auf Faulheit" propagieren. Aber warum sollten wir das unterstützen? Welches Menschenbild steckt hinter dem Ideal des reinen Müßiggangs?

Thomas Kuczynski schrieb dazu: "Der Mensch schafft sich selbst, und zwar auf der Grundlage von zweierlei, der äußeren Natur und der Arbeit. Sein Reichtum hat daher, wie William Petty formulierte, zwei Quellen: Die Arbeit ist sein Vater und die Erde seine Mutter. Daran ändert auch jenes Wort nichts, das Marx von einem anonym gebliebenen englischen Autor übernommen hat und das da lautet: Der wirkliche Reichtum ist die entwickelte Produktivkraft aller Individuen; und dann ist keineswegs mehr die Arbeitszeit, sondern die frei verfügbare Zeit das Maß des Reichtums. Beide, die entwickelte Produktivkraft aller Individuen wie auch deren frei verfügbare Zeit haben ein effektiv organisiertes und hochproduktives Arbeiten zur Voraussetzung, und auch das von Paul Lafargue so schön formulierte Recht auf Faulheit ist nur auf dieser Basis durchsetzbar" (Thomas Kuczynski, Arbeit - ein soziales Grundrecht? Ossietzky 21/2005).

Die Entfremdung der Arbeit ist im Kapitalismus nicht aufzuheben. Da hilft auch kein Grundeinkommen, solange die Ausbeutung bleibt. Selbst im Kapitalismus gilt aber: Der Mensch wird Mensch durch die Arbeit. Wir erleben, wie Arbeitslosigkeit die Menschen deformiert und psychisch zerstört, wie sie sich nach Lohnarbeit drängen, nicht nur des Geldes wegen, sondern weil sie Bestätigung dabei zu erhalten hoffen, menschliche Kontakte suchen und sozial integriert werden wollen. Sie wollen auch der kulturellen Armut entrinnen. Die Arbeiterbewegung kämpfte seit jeher für das Recht auf Arbeit, das durch ihren Kampf mit einem Recht auf öffentliche Unterstützung beantwortet wurde. Sollen wir uns damit zufrieden geben?

Die Entkoppelung von Arbeit und EInkommen spaltet die Arbeiterbewegung und ist gerade nicht in der Lage, den Charakter der Arbeit prinzipiell zu einer selbst bestimmten und zugleich gesellschaftlich notwendigen Tätigkeit zu verändern. Wir brauchen die Abschaffung der Lohnarbeit als solcher, wir brauchen die Arbeitenden als Herren der Produktion, wenn wir "ohne das kapitalistische Verwertungssystem" auskommen wollen. Erst dann. wird sich auch der Charakter der Arbeit ändern und die Produktion nicht mehr um des Profits betrieben, sondern um Gebrauchswerte zu schaffen.

Selbst die Forderung nach einem Menschenrecht auf Arbeit ist in Frage zu stellen, führt Kuczynski weiter aus: "Wenn nämlich Arbeit von geradezu naturgesetzlicher Notwendigkeit für die Reproduktion der Gattung Mensch ist, so gibt es auf sie einerseits genauso und genauso wenig ein Recht, wie es ein Recht darauf gibt, dass die Gesetze biologischer Reproduktion wirken. Andererseits, wenn Arbeit nicht in dieser menschheitshistorisch-naturgesetzlichen Bestimmtheit betrachtet wird, sondern im empirisch wahrnehmbaren Alltag dieses Landes, so ist die Antwort auf die Frage nach einem Recht auf Arbeit geradezu entgegengesetzt, denn ein solches Recht ist nur das Recht der Arbeitenden, ausgebeutet zu werden. Wer von uns wollte für ein solches Recht eintreten?" (ebd.)

Deshalb fordern wir eine Gesellschaft, wo der Widerspruch zwischen gesellschaftlicher Produktion und privater Aneignung aufgehoben und damit die Lohnarbeit überwunden ist. Und wir fordern die Verteilung der gesellschaftlich notwendigen Arbeit auf alle, soweit sie nicht durch Alter, Behinderung oder Krankheit usw. davon ausgenommen werden. Das hätte eine massive Arbeitszeitverkürzung zur Folge, so dass dann alle Menschen genug Zeit für Politik, Kunst oder andere Tätigkeiten sowie Muße besäßen. Die Teilhabe aller am politisch-gesellschaftlichen Prozess ist die Bedingung für eine herrschaftsfreie Gesellschaft.

Natürlich müssen wir ALG II, Zwangsarbeit und Niedriglohn auch schon im Kapitalismus etwas entgegensetzen. Denn die Einsicht, dass die Ursachen der Massenarbeitslosigkeit im Kapitalismus liegen, schafft noch kein Essen her. Aber ohne die Perspektive einer andern Gesellschaft wird selbst dieser Kampf nicht zu führen sein.

Dazu noch einmal Kuczynski: "In der Tat ist der Kampf um soziale Grundsicherung nichts anderes als ein Kampf um die Höhe der Almosen. Es kommt aber darauf an, für eine Gesellschaft zu kämpfen, in der niemand mehr auf Almosen angewiesen ist. Philanthropie, also Menschenfreundlichkeit, wird dafür nicht genügen. Harte Arbeit ist vonnöten, auch Überzeugungsarbeit, damit die Beherrschten sich zunächst der Sorgen der Herrschenden entledigen, sodann der Herrschenden selbst." (ebd.)


Bedingungsloses Grundeinkommen führt zu Lohnsenkung

Das BGE widerspricht aber nicht nur unsern Wertvorstellungen und unserer Weltanschauung, es ist darüber hinaus auch gänzlich ungeeignet, Armut und Elend zu beseitigen. Es würde sich im Gegenteil sogar höchst negativ für die Arbeiterklasse auswirken, für unsern Kampf um bessere Lebens- und Arbeitsverhältnisse. Nicht zufällig gibt es auch Vertreter des Kapitals, die in einem BGE eine große Chance sehen, ihre Ziele durchzusetzen.

Der Frankfurter Professor für Sozialwissenschaften Rainer Roth hat detailliert nachgewiesen, dass die Umsetzung des BGE sogar zu Lohnsenkungen führen würde, führen muss.

So sieht das BGE vor, dass alle Arbeitskräfte zusätzlich zum Lohn ohne Bedürftigkeitsprüfung ein Grundeinkommen erhalten. Das heißt nichts anderes als staatliche Lohnsubvention oder Kombilohn. Die sichere Reaktion der Unternehmer darauf würden natürlich massive Lohnkürzungen sein. Denn in dem Maße, in dem die Reproduktionskosten der Arbeitskraft von staatlichen Zahlungen gedeckt werden, muss das Kapital nicht mehr dafür aufkommen und kann die Löhne senken. Nichts anderes als Profitsteigerung fürs Kapital wäre die Folge, und das erklärt ja auch das Interesse des Kapitals an dem Modell. So erklärte Götz Werner, Chef der Drogeriekette dm, warum er für ein BGE eintrete: "Außerdem würden die Arbeitskosten extrem sinken, weil ja das Bürgergeld auf die Einkommen angerechnet würde." (Süddeutsche Zeitung v. 2.7.05) Und der frühere Präsident der Dachorganisation der Industrie- und Handelskammer Stihl bezeichnete schon 1997 den Kombilohn als "eine Art trojanisches Pferd, das wir bei den Gewerkschaften und den Sozialpolitikern aufstellen." (Wirtschaftswoche v. 2.10.1997) Denn wenn die Arbeiter Lohnzuschüsse bekommen, sind sie eher bereit, untertarifliche Armutslöhne zu akzeptieren. Der staatliche Zuschuss wirkt deshalb wie ein "trojanisches Pferd", um das Tarifsystem noch weiter zu unterhöhlen. Je höher das BGE, desto stärker der Lohndumpingeffekt. Stihl sprach von notwendigen Lohnsenkungen in Höhe von 30%. Von diesen Zielen ist das Kapital bisher nicht abgerückt.

Wenn die Vertreter des BGE praktisch für eine erhebliche Ausweitung von Kombilöhnen eintreten, befürworten sie damit - ob gewollt oder nicht - eine enorme Profitsteigerung des Kapitals.

Ähnlich würde die Entwicklung bei den sog. Lohnnebenkosten sein. Vertreter des BGE betonen stolz, dass mit Einführung des BGE fast alle sozialen Sicherungssysteme und damit viel Bürokratie überflüssig würde. Aber die Entkoppelung von Lohn und Renten, Sozialhilfe und Pflege ist es ja gerade, worauf das Kapital seit langem hinarbeitet. "Entlastung des Faktors Arbeit", "Senkung der Lohnnebenkosten" usw. heißen die Parolen, weil damit die Unternehmer entlastet würden.

Insgesamt würde durch die Einführung eines BGE die Stellung der Arbeiterklasse und ihrer Massenorganisation, der Gewerkschaft, empfindlich geschwächt und die Tariflöhne weiter unterboten. Die Akzeptanz für Niedriglöhne würde steigen, wenn das GE gesichert ist, und der Lohn würde zu einem Zubrot zum GE. Die Auswirkungen des BGE wären also ganz andere als versprochen.

Zusammenfassend: Wenn die ökonomische Basis des Kapitalismus nicht verlassen wird, dann ist es höchst gefährlich, den Status des freien Lohn-Arbeiters aufzugeben, der die materielle Grundlage der bürgerlichen Demokratie ist. Durch das BGE verlieren wir diesen Status weitgehend, werden "alimentiert" durch den Staat und dadurch unmündig, des Klassenkampfs entwöhnt. Wir verlieren die Fähigkeit, uns zusammenzuschließen, und damit die Voraussetzung. unsre Arbeitskraft teurer zu verkaufen. Wie wollen wir z. B. für eine nötige Erhöhung des BGE eintreten, wenn Preise und Mieten steigen? Wir bleiben dem Kapital hilflos ausgeliefert. Ganz zu schweigen davon, dass wir die notwendige Organisierung und Kampfkraft zur Abschaffung des Kapitalismus verlieren. Aber das scheint den Vertretern des BGE auch kein Anliegen.


Statt Bedingungslosem Grundeinkommen Mindestlohn ...

Weil das BGE wie eine Mindestsicherung wirkt, würde auch die Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn unterminiert, die eine der wichtigsten Forderungen zur wirklichen Armutsbekämpfung ist, die den "arbeitenden Armen" eine Kampfperspektive geben kann.

Beim gesetzlichen Mindestlohn kommt es aber sehr auf die Höhe an, ob er wirkungsvoll ist oder eher kontraproduktiv wirkt. Wir brauchen einen einheitlichen gesetzlichen Mindestlohn, der zum Leben reicht. Was heißt das konkret?

Verdi fordert einen Bruttomonatslohn von 1.250 Euro oder 7,50 Euro pro Stunde. Und davon würden immerhin 4,6 Millionen Beschäftigte in der BRD profitieren, deren Löhne jetzt geringer sind.

Trotzdem ist 7,50 Euro zu wenig. Im Frühjahr 2004 sprach ver.di-Vorsitzender Frank Bsirske noch von einer Höhe von 1.500 Euro entsprechend gewerkschaftseigener Anträge und geißelte Löhne unter 1.442 Euro als Armutslöhne. Doch inzwischen hat ver.di diese Forderung durch die eigene Tarifpolitik unterlaufen: im neuen Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (2005) wurden die unteren Lohngruppen um 300 Euro auf einen Armutslohn von 1286 Euro abgesenkt! Also musste die Forderung zum gesetzlichen Mindestlohn heruntergeschraubt werden.

Die Summe von 1250 Euro brutto heißt 912 Euro netto, liegt also unter der Pfändungsfreigrenze von 990 Euro, die ein wichtiger Anhaltspunkt für den Mindestlohn ist.

Dazu kommt, dass bei einem Stundenlohn von 7,50 Euro noch Anspruch auf ALG-II besteht, d.h. die Forderung läuft auf einen Kombilohn hinaus, auf staatlichen Lohnzuschuss. Selbst der Sachverständigenrat der Bundesregierung tritt für einen Lohnzuschuss ein, der erst bei einem Nettoeinkommen von rund 1000 Euro ausläuft. Umgerechnet bedeutet das einen Stundenlohn von etwa 8,60 Euro. Wenn man also den Anspruch auf einen existenzsichernden Lohn vertritt, reichen 7,50 Euro bei weitem nicht aus.

Zusammengefasst: Ein Mindestlohn muss, wenn er seine Funktion erfüllen soll, deutlich über dem ALG-II-Bedarf, dem Armutslohn und der Pfändungsfreigrenze liegen.

Deshalb halten die Unterzeichner des Frankfurter Appells, zu denen verschiedene Erwerbslosenverbände und die Gewerkschaftslinke zählen, 10 Euro pro Stunde für das Minimum. Bei 38,5 Stunden bedeutet das 1690 Euro brutto. Aber eine Stundenlohnforderung ist besser, weil sie die verschieden langen Arbeitszeiten und den Druck der Unternehmer auf die Ausweitung der Arbeitszeit bei einer Monatslohnforderung nicht berücksichtigen muss.

Der Kampf um den Wert der Ware Arbeitskraft muss immer wieder neu geführt werden. Sie enthält "ein historisches und moralisches Element", wie Marx dargestellt hat, abhängig z.B. von klimatischen Verhältnissen und "der Kulturstufe des Landes" (MEW Bd 23, 5. 185). Ihre Reproduktionskosten enthalten nicht nur die Sicherung des Lebensunterhalts, sondern sollen auch eine aktive Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und das Aufziehen von Kindern ermöglichen. Da sind 10 Euro bereits nicht ausreichend. Kosten für nur ein Kind sind dabei nicht berücksichtigt. 10 Euro sind deshalb das unterste Niveau in der BRD. Betroffen wären 6,5 Millionen Beschäftigte: inzwischen arbeitet mehr als jeder Fünfte für weniger als 9.62 Euro (Studie des Instituts Arbeit und Qualifikation, nach SZ v. 9.7.09), was selbst der "Spiegel" als Hungerlohn bezeichnet. Die Forderung und der Kampf dafür wären ein deutliches Zeichen für Menschen in prekären Beschäftigungsverhältnissen, ein Mittel, um sie an die Gewerkschaft heranzuführen.


... und Mindestsicherung

Die Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn hilft natürlich den Erwerbslosen nicht unmittelbar. Natürlich müssen wir auch für ihre Interessen eintreten und die Forderung nach einem armutsfesten Mindesteinkommen unterstützen. Das bedeutet, dass wir uns für die Abschaffung von Hartz IV und für die Einführung einer die Existenz sichernden Mindestsicherung (in der Höhe von 500 Euro plus Miete, wie es die Erwerbslosenverbände z.Z. vertreten) einsetzen müssen. Das Recht auf Bildung und Weiterbildung muss eingeschlossen sein.

Diese Forderung orientiert sich an der Vorstellung nach einer Mindestsicherung, die die sozialen Sicherungssysteme nicht demontiert wie das BGE, sondern ergänzt. So soll z.B. niemand wegen so geringer oder fehlender Rentenansprüche unter das soziokulturelle Existenzminimum rutschen.


... Arbeitszeitverkürzung

Zum Mindestlohn und zum Grundeinkommen für Erwerbslose müssen außerdem die Forderungen nach Arbeitszeitverkürzung (35-Stunden-Woche gesetzlich) und nach der Rente mit 60 (ohne Abzüge) kommen. Das sind die richtigen Forderungen anstelle eines BGE. Es sind natürlich Reformen innerhalb des kapitalistischen Systems, aber der Kampf um die Verbesserung der Lebensverhältnisse muss geführt werden.

Mit diesen Forderungen könnten wir dazu beitragen, dass Arbeiter in einem Vollzeitjob, Erwerbslose und Beschäftigte in prekären Arbeitsverhältnissen am gleichen Strang ziehen. Die Förderung der Einheit der Arbeiterklasse, die Überwindung ihrer Zersplitterung ist unsere entscheidende Aufgabe in dieser Zeit der Abwehrkämpfe gegen das Kapital.


Wie durchsetzen?

Mit dem Aufstellen von Forderungen ist es natürlich nicht getan, wie wir wissen. Auch eine starke Linksfraktion könnte sie nicht durchsetzen. Allerdings können Parlamentsfraktionen nützlich sein, sie in der Öffentlichkeit zu propagieren und zu verankern.

Was also ist durchsetzbar?

Mit der Kampfkraft der Erwerbslosen ist es nicht allzu gut bestellt, wie wir wissen. Ihre Isolierung und die gesellschaftliche Geringschätzung führen oft zu einer geistigen und emotionalen Verarmung, zu Resignation und Depressionen. Stempelstellen als Sammelpunkte der Erwerbslosen oder Arbeiterviertel, wo sie in die Klasse integriert werden könnten, gibt es nicht mehr. Die Montagsdemonstrationen zeigen, dass es trotzdem möglich ist, Erwerbslose zu mobilisieren. Aber ohne die Unterstützung der Gewerkschaften sind diese Ansätze auf Dauer zum Scheitern verurteilt.

Auch bei den prekär Beschäftigten sind die Möglichkeiten, sich zu wehren, meist begrenzt. Befristete Verträge, überlange Arbeitszeiten durch zwei oder mehr Jobs, Arbeit in kleinen Klitschen, Scheinselbständigkeit und Vereinzelung erschweren ein kollektives Vorgehen; der gewerkschaftliche Organisationsgrad ist meist gering.

Ohne massiven Druck von Beschäftigten und Erwerbslosen gemeinsam wird ein Mindestlohn verabschiedet werden, der eher kontraproduktiv wirken wird. Deshalb sind es gerade die gut organisierten und kampfstarken Betriebe, wo die Löhne noch relativ hoch sind, die sich für einen Mindestlohn einsetzen müssen. Die Kolleginnen und Kollegen mit Armutslöhnen sind dazu zu schwach, wie wir sahen. Die Überzeugungsarbeit besteht darin, den Belegschaften klar zumachen, dass so ein Kampf letztlich auch ihnen selber nützt, da die Niedriglöhne Druck auf die höheren Löhne ausüben. Nur so wird die Konkurrenz unter den Arbeitern untereinander geringer werden.

Aber gleichzeitig gilt, dass die Gewerkschaften in den Bereichen, wo Niedriglöhne gezahlt werden, stärker werden müssen. Das setzt voraus, dass die Gewerkschaften sich mehr um die prekär Beschäftigten bemühen.

Bei den augenblicklichen Kräfteverhältnissen wird es großer Kampfanstrengung bedürfen, um einen Mindestlohn, der die Existenz sichert, eine armutsfeste Mindestsicherung für Erwerbslose (und Rentner) und Arbeitszeitverkürzung durchzusetzen. Wir müssen eine Initiative in Gang bringen, um Hungerlöhne und Hungerdasein zu diskreditieren; und an ihrer Spitze müssen die Gewerkschaften stehen, d.h. sie müssen unbedingt gewonnen werden für diesen Kampf. Denn ohne Streik werden diese Ziele nicht zu erreichen sein.

Dazu aber muss in erster Linie das Proletariat wieder begreifen, dass es eine Klasse ist und dass es den Klassenkampf führen muss.


Arbeitsgruppe "Stellung des Arbeiters in der Gesellschaft heute"


*


Quelle:
KAZ - Kommunistische Arbeiterzeitung, Nr. 328, September 2009, S. 39-44
Herausgeber und Verlag: Gruppe Kommunistische Arbeiterzeitung,
Selbstverlag
Anschrift: KAZ-Redaktion, Reichstraße 8, 90408 Nürnberg
Tel.: 0911/356 913, Fax: 0911/356 913
E-Mail: gruppeKAZ@aol.com
Internet: www.kaz-online.de

KAZ erscheint viermal jährlich.
Einzelpreis: 1,50 Euro
Normalabo: 10,00 Euro, Sozialabo: 7,70 Euro.
Förderabo: mindestens 20,00 Euro.


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Oktober 2009