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KAZ/151: Gedenkstätten könnt Ihr abreißen ... Ernst Thälmann wird nie vergessen!


KAZ - Kommunistische Arbeiterzeitung, Nr. 331, Juli 2010
Proletarier aller Länder und unterdrückte Völker vereinigt euch!

Gedenkstätten könnt Ihr abreißen ...
Ernst Thälmann wird nie vergessen!


Mit der vom Staat geduldeten und geförderten Schleifung der Ernst-Thälmann Gedenkstätte in Ziegenhals seit Mai diesen Jahres erhoffen sich interessierte Kreise, dass Sie ihrem lang gehegten Wunschtraum einen Schritt näher kommen: Die Ausrottung des Marxismus und Kommunismus von deutschem Boden mit Stumpf und Stiel. So ähnlich hatten es die Nazis ihren Auftraggebern versprochen, Adenauer blies ins gleiche Horn ...

Und sie haben gute Gründe, dies immer wieder zu versuchen. Die Ausbeuterherrschaft wird auch in Deutschland nicht geliebt. Und für den konsequenten Widerstand bis zum Sturz der Bourgeoisie steht der Marxismus, stehen die Kommunisten.

Dass dieser Widerstand auch in Deutschland einmal stark war, dafür steht ein Ernst Thälmann und seine Partei, die Kommunistische Partei Deutschlands. Sie hatte 300.000 Mitglieder und über 6 Millionen Wähler. Dass aus diesem Widerstand die DDR hervorging, die Schluss machte mit den Privilegien für Adel und Monopolherrn, dafür steht Ernst Thälmann und sein Vermächtnis.

Und wenn wir heute über die Tageskämpfe hinaus auf unsere Zukunft blicken und nach Orientierung suchen, dann denken wir mit Ernst Thälmann und denken an seine Klarsicht, an seinen Mut, an seine Charakterfestigkeit, an den konsequenten Klassenstandpunkt, den er verkörpert hat.

Und wenn die Herrn Ziegenhals abreißen lassen, dann ist es auch Zeit, wieder daran zu denken, was genau dort im 1933er Jahr am 7. Februar geschah, was dort gesprochen wurde von Ernst Thälmann und was es uns heute noch und wieder zu sagen hat. Dann werden auch alle Versuche mit der Schleifung der Gedenkstätte in Ziegenhals ein neues Kapitel in der "Beurteilung" Ernst Thälmanns einzuläuten nur allzu durchschaubar - alle Versuche aus Thälmann einen beliebigen Arbeiterpolitiker zu machen und Thälmann und die Ziegenhalser KPD-Tagung in ein folkloristisches Lokalmuseum zu zwängen.

Ernst Thälmann hat angesichts der kurz davor stattgefundenen Machtübertragung an die Faschisten am 30. Januar 1933 (und noch vor der Reichstagsbrandstiftung vom 27. Februar) ein denkwürdiges Referat über die Einschätzung der dadurch geschaffenen bedrohlichen Lage für das Proletariat gehalten und die kommenden Aufgaben beschrieben. Bis heute bleiben seine Feststellungen ein Schlag ins Gesicht für all diejenigen, die die Einheitsfront hintertrieben haben, davon gesprochen haben, dass das Problem Hitler sich von selbst in kürzester Zeit erledigen würde, die weder im Kapital noch bei den Nazis sondern ausschließlich in den Kommunisten ihren Hauptfeind sahen und die bis heute nicht bereit sind, ihre Fehler einzugestehen. Mit dem Ergebnis, dass heute schon wieder die Nazibrut verharmlost wird. Statt dessen werden die Nazigegner angegriffen und wird eine schamlose Spalterpolitik betrieben. Dazu gehört auch, Ernst Thälmann und der KPD Selbstverschulden und schändliche Fehler anzudichten in der angedrohten "Neubeurteilung der Geschichte". Doch die Ziegenhalser Rede straft alle Versuche, Thälmann zu beschmutzen, Lügen.


Klare Analyse der Lage

Im Gegensatz zur SPD- und Gewerkschaftsführung, die die Situation am 30 Januar 1933 nur klein redeten und damit die Arbeiterklasse an die Faschisten auslieferten, hatte Thälmann die wichtige Aussage gemacht:

"Das Kabinett Hitler-Hugenberg-Papen ist die offene faschistische Diktatur"
und
"Der Kampf, der vor uns liegt, ist der schwerste, den die Partei zu bestehen hat"
und (erschütternd weitsichtig)

"Es ist der Bourgeoisie ernst damit, die Partei und die ganze Avantgarde der Arbeiterklasse zu zerschmettern. Sie wird deshalb kein Mittel unversucht lassen, um dieses Ziel zu erreichen. Also nicht nur Vernichtung der letzten spärlichen Rechte der Arbeiter, nicht nur Parteiverbot, nicht nur faschistische Klassenjustiz, sondern alle Formen des faschistischen Terrors; darüber hinaus: Masseninternierung von Kommunisten in Konzentrationslagern, Lynchjustiz und Meuchelmorde an unseren tapferen antifaschistischen Kämpfern, insbesondere an kommunistischen Führern - das alles gehört mit zu den Waffen, deren sich die offene faschistische Diktatur uns gegenüber bedienen wird."

Zusammengefasst seien hier einige zentrale Stellen des Referats von Ernst Thälmann, die so gerne "übersehen", vergessen, verdreht werden und weswegen die Gedenkstätte Ziegenhals von den Abreißern und ihren Hintermännern und -frauen so wenig geliebt wurde.


Was ist die Faschistenregierung?

"Wir müssen die Hitlerregierung vor den Massen als Regime des faschistischen Terrors, der kapitalistischen Aushungerung und des imperialistischen Krieges, als Regierung der Kapitalisten und Großgrundbesitzer entlarven. Wir müssen die parlamentarischen, demokratischen und legalistischen Illusionen in den Massen im schärfsten ideologischen Kampf gegen die betrügerischen Parolen der SPD beseitigen. Wir müssen den Kampf um die sozialdemokratischen Arbeiter zur Teilnahme an gemeinsamen Aktionen und Kämpfen gegen die faschistische Diktatur auf stärkste steigern."


Gegen Legalismus

"Schon die ersten Tage der Hitlerregierung beweisen den ganzen tiefen Ernst der Situation. Es wäre ein Verbrechen, irgendwelche legalistischen Illusionen in unseren Reihen zu dulden. Wir müssen in der ganzen Arbeiterklasse darüber Klarheit schaffen, dass es wahrscheinlich keine andere Art der Ablösung dieser Regierung geben kann als ihren revolutionären Sturz."


Wehrhafte Massennotwehr

"Gegenüber Überfällen auf Arbeiterhäuser, Parteihäuser, Gewerkschaftshäuser, Arbeiterlokale und Wohnungen unserer Funktionäre oder aber auch von solchen der SPD, des Reichsbanners und der Gewerkschaften, wobei die Nazis mit dem Revolver und der Handgranate vorgehen, können wir nicht mit Parolen und Protesten antworten. Hier müssen wir die Massen zu höheren Formen der wehrhaften Massennotwehr, der geschlossenen aktiven Verteidigung des Arbeiterlebens und Arbeitereigentums erziehen. Das bedeutet keine Konzession an den individuellen Terror. Das bedeutet erst recht keine Abschwächung des Kurses auf die ideologisch-politische Offensive unter den nationalsozialistischen Werktätigen".


Einheitsfront

"Wir riefen bei ihrer Machtübernahme zum Streik, zum Massenstreik, Generalstreik auf. Gleichzeitig mit der unmittelbaren Mobilisierung der Massen von unten für diese Losungen richteten wir ein Einheitsfrontangebot an die SPD, den ADGB, [den] AfA-Bund und die christlichen Gewerkschaften in der Linie der konkreten Aufforderung, gemeinsam mit uns den Generalstreik durchzuführen. Wir führten also in dieser besonderen Situation eine kombinierte Einheitsfrontpolitik von unten und oben durch."


Zur Über- und Unterschätzung der Faschisten

"Der wüste faschistische Terror in Deutschland, dem wir jetzt entgegengehen, ändert nichts an unserer revolutionären Perspektive. So wenig wir eine Unterschätzung der Hitlerregierung, der furchtbaren Gefahr, die der Arbeiterklasse Deutschlands von der offenen faschistischen Diktatur droht, dulden, so wenig lassen wir eine Überschätzung dieser Regierung, ihrer Festigkeit und Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Proletariat zu ..."


Was tut Not gegen den Faschismus an der Macht: Massenkämpfe und politischer Generalstreik

"Worauf kommt es jetzt vor allem an? Wir müssen erreichen, dass die Kette der Massenaktionen und Massenkämpfe gegen die faschistische Diktatur in ganz Deutschland nicht mehr abreißt. Der revolutionäre Brand muss stets an anderen Stellen wieder verstärkt aufflackern und sich entzünden, wenn er an einer anderen Stelle vorübergehend erstickt wird, bis keine Feuerwehr mehr hilft, diesen revolutionären Brand zu löschen."

"... eine Kette ununterbrochener, miteinander verflochtener und sich gegenseitig ablösender Aktionen, die Entfaltung aller Formen des Massenwiderstandes und Massenkampfes gegen die faschistische Diktatur. Das ist die entscheidende Aufgabe im Kampf um die proletarische Mehrheit wie im Kampf für die Verwirklichung der Hegemonie des Proletariats über die übrigen werktätigen Massen." ... "Rückhaltlose Entfesselung aller Formen der politischen und wirtschaftlichen Tageskämpfe und Aktionen, Teilkämpfe, Teilstreiks usw., fester, entschlossener Kurs auf den politischen Generalstreik!"


Gegen Ökonomismus

"Dabei würde die Vernachlässigung der Verteidigung der wirtschaftlichen Interessen der Arbeiter und aller übrigen werktätigen Schichten eine fast ebenso schwere Gefahr bedeuten wie vor allem jeder Ökonomismus, das heißt die Vernachlässigung des politischen Kampfes gegen die Diktatur der Bourgeoisie."


Jugend

"Wir müssen die größte Stoßkraft entfalten zur Gewinnung der proletarischen und werktätigen Jugend aus der SAJ, aber sogar aus der Hitlerjugend müssen wir einzelne und ganze Massen herüber reißen. Wir müssen gegen die Zwangsarbeit, gegen die Zuchthauslager und die Kasernierung mit der Arbeitsdienstpflicht13, gegen die Militarisierung der Jugend Sturm laufen."


Bauern

"Wir müssen eine zündende Massenarbeit unter den Bauern, den Kleinbauern und Landarbeitern entfalten, weil auf dem Lande die stärkste Basis für die faschistische Diktatur und die Nazibewegung vorhanden ist. Wir dürfen die Bauernmassen nicht den Nationalsozialisten überlassen, die unter ihnen einen Siegestaumel zu erzeugen versuchen."


Internationalismus

"Gegen die chauvinistische Kriegshetze und imperialistische Kriegspolitik des Faschismus müssen wir die Massenpropaganda für den proletarischen Internationalismus, für unsere Freiheitspolitik entfalten."


Gegen die Theorie des "Abwirtschaftenlassens", aber Sturz der faschistischen Diktatur ist nicht gleich Sieg der proletarischen Revolution

"Das bedeutet nicht, dass der Sturz der Hitlerregierung und der Sieg der proletarischen Revolution unbedingt ein und dasselbe sein muss. Wir stellen die Frage des Kampfes für den Sturz der Hitlerregierung, die Frage der Beseitigung der Hitler-Hugenberg-Regierung als unmittelbare Aufgabe. Wir stellen sie in jeder Stunde, wir stellen sie heute, wir stellen sie morgen, übermorgen, wir stellen sie in den nächsten Wochen und Monaten, ohne dass wir unter allen Umständen zu 100 Prozent sagen können, dass, wenn uns der Sturz der faschistischen Diktatur gelingt, dies schon mit dem Sieg der proletarischen Revolution direkt verbunden ist. Das müssen wir so scharf sagen, weil wir den heftigsten Feldzug ideologischer Art in den Massen gegen jede Theorie des "Abwirtschaftenlassens" der Hitlerregierung führen müssen. Diese Feststellungen schließen jedoch - ich betone das noch einmal - keineswegs aus, dass der Kampf zum Sturz der Hitlerregierung gleichzeitig in den Kampf um die volle Macht des Proletariats umschlagen kann. Hier darf es kein Schema geben, sondern nur eine dialektische Betrachtung."

Ernst Thälmann, seine Aussagen, seine Taten, all das, was er für die Arbeiterklasse geleistet, was er uns bis heute für unsere tägliche politische Arbeit gegeben hat, kann verboten, getilgt, verunglimpft und gefälscht werden. Aber es wird Menschen geben, Arbeiter und Revolutionäre, die die Wahrheit wiederherstellen - und auch die Gedenkstätten wieder beleben und aufbauen. Wenn die Zeit gekommen ist, dass die Arbeiterklasse von der Klasse an sich zur Klasse für sich wird.

Rosa


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Quelle:
KAZ - Kommunistische Arbeiterzeitung, Nr. 331, Juli 2010, S. 31-33
Herausgeber und Verlag: Gruppe Kommunistische Arbeiterzeitung,
Selbstverlag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. August 2010