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LICHTBLICK/209: Rentenversicherung für Gefangene erneut abgelehnt!


der lichtblick - Gefangenenmagazin der JVA Berlin-Tegel
Heft Nr. 363 - 2/2015

Rentenversicherung für Gefangene erneut abgelehnt!

von Norbert Kieper


Am 18.12.2014 hat der Deutsche Bundestag einen Antrag der Fraktion "Die Linke" über die Einbeziehung der Gefangenenarbeit in die Rentenversicherung abgelehnt. Der Antrag geht zurück auf eine Petition des Komitees für Grundrechte und Demokratie. Die Forderung wurde von nahezu allen tätigen Organisationen der Gefangenenhilfe unterzeichnet.

Bereits vor 37 Jahren wurden im Strafvollzugsgesetz von 1977 die Einbeziehung der Gefangenen in die Sozialversicherungen verbindlich vorgesehen. Nur das entsprechende Gesetz ist nie erlassen worden. Menschenrechts- und Gefangenenhilfsorganisationen sehen die Einbeziehung als notwendige Konsequenz aus dem Gleichheits- und Sozialstaatsprinzip. Es kommt einer Zusatzbestrafung gleich und widerspricht der Resozialisierung.

Diese bislang unvollständig gebliebene Einbeziehung in die Sozialversicherung bedeutet eine besondere Härte für viele Gefangene und ein uneingelöstes Versprechen der Politik.

Eine doppelte Strafe in Form von Altersarmut ist ungerecht. Zu jeder Zeit sollten Menschen die Möglichkeit bekommen, Rentenbeiträge einzuzahlen, um für das Alter vorsorgen zu können. Auch Gefangenen muss eine solche Chance geboten werden. Das ist ein Teil des Resozialisierungsgedanken.

Wer im Gefängnis an seiner straffreien Zukunft arbeiten kann, dem sollten keine Steine in den Weg gelegt werden. Wenn Strafgefangene während ihrer Zeit im Gefängnis arbeiten und dafür künftig Rentenansprüche erwerben, so wäre das der beste Schutz vor Altersarmut. Außerdem gebe es auch einen Grund weniger erneut straffällig zu werden.

Es werden Millionengewinne in den deutschen Haftanstalten erwirtschaftet (in Bayern ca. 44 Mio. in NRW ca. 50 Mio.) und 0 Cent gehen davon in die Rentenkasse?

Es muss endlich ein Umdenken stattfinden. Gefangene müssen wieder in die Gesellschaft eingegliedert werden. Es ist ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes und gegen das Sozialstaatsprinzip.

Die Altersarmut ist eine nicht zu rechtfertigende Doppelbestrafung.

Ausschließlich die Bundesländer sind für die Umsetzung dieser Regelungen zum Strafvollzug zuständig. Die Arbeitspflicht muss durch ein Recht auf Arbeit ersetzt werden.

Nur wer freiwillig arbeitet, darf in die Rentenkasse einzahlen. Wer arbeitet, muss angemessen entlohnt werden und wer arbeitet, muss Rentenansprüche erwerben dürfen.

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Quelle:
der lichtblick, 47. Jahrgang, Heft Nr. 363, 2/2015, Seite 19
Unzensiertes Gefangenenmagazin der JVA Berlin-Tegel
Herausgeber: Redaktionsgemeinschaft der lichtblick
(Insassen der Justizvollzugsanstalt Berlin-Tegel)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. August 2015

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