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OSSIETZKY/1033: Russen bei VW, BMW und Co.?


Ossietzky - Zweiwochenschrift für Politik / Kultur / Wirtschaft
Nr. 24 vom 8. Dezember 2018

Russen bei VW, BMW und Co.?

von Horst Schäfer


Täglich erfahren wir in den Medien, wie sich Russland weltweit in unsere freien Wahlen einmischt. Besonders in den USA habe das bedrohliche Ausmaße angenommen, wird uns seit Donald Trumps Wahl zum US-Präsidenten eingehämmert. Angeblich sei die russische Unterstützung von Trump eine der Ursachen, dass er überhaupt gewählt wurde. Aber etwa 20 deutsche Großkonzerne wie VW, Daimler, Siemens, Telekom, Allianz, BASF und BMW, die vermutlich alle unter russischem Einfluss stehen, haben auch ein bisschen mitgeholfen.

Die Unterstützung deutscher Konzerne bei der Wahl von Trump und anderen Politikern in den USA geht aus Zahlen hervor, die das Zentrum für verantwortungsvolle Politik (Center for Responsive Politics - CRP) in Washington über seinen Online-Dienst OpenSecrets.org regelmäßig veröffentlicht. Das 1983 von den beiden angesehenen Ex-Senatoren Frank Church (Demokraten) und Hugh Scott (Republikaner) gegründete Institut hat sich zum Ziel gesetzt, der breiten Spur des Geldes in der US-Politik, insbesondere bei Wahlen, zu folgen.

BMW wird in der CRP-Liste für 2016 (Präsidentschaftswahl) und 2018 (Zwischenwahlen) mit Spenden in Höhe von 1,36 Millionen Dollar aufgeführt, die BASF mit 1,3 Millionen, T-Mobile (Deutsche Telekom) mit einer Million und die VW AG mit 2,73 Millionen. Der Mercedes unter den deutschen Spendern zur Beeinflussung der US-Wahlen ist mit 4,54 Millionen Dollar die Daimler AG.

Insgesamt sollen deutsche Unternehmen drei Milliarden Dollar für die US-Wahlen gespendet haben, davon mehr als die Hälfte "für die Partei von Präsident Donald Trump", meldete der MDR am 7. November. Doch für die Zahl von drei Milliarden, die erheblich überhöht scheint, fand sich in den US-Quellen keine Bestätigung.

Die Unternehmen zahlen nicht direkt in die Spendenkasse der Parteien, der Abgeordneten oder von US-Präsidenten ein. Das geht nur über ein sogenanntes Political Action Committee, das PAC (ausgesprochen wie Pack, das sich ja schlägt und verträgt). Und so haben die meisten deutschen Großkonzerne, die in den USA über Produktionsstätten oder Niederlassungen verfügen, eigene PACs gegründet und entscheiden mit, wer im Kongress oder im Weißen Haus sitzt.

Allerdings hat das System auch viele Schlupflöcher. So geht aus der Liste der CRP hervor, dass allein die Wahlspenden der Daimler AG an "individuelle Kandidaten" zweimal so groß waren wie die Zahlungen über die PAC, also insgesamt mehr als 13 Millionen Dollar. Noch beeindruckender sind die Summen, die die deutschen Konzerne für "Lobbyarbeit" in den USA aufwenden und die auch vom CRP erfasst werden. Hier gehört die Deutsche Telekom mit 15 Millionen Dollar allein für das Jahr 2017 zu den Spitzenreitern.

Interessant auch, wie die Millionen aus Deutschland von den Konzernen verteilt wurden: Im Durchschnitt flossen knapp zwei Drittel an die Republikaner. Bei der BASF waren es bis zu 68 Prozent, bei der Deutschen Bank 70 und bei der Schaeffler AG gleich 100 Prozent.

Was könnte die Ursache für die deutliche Bevorzugung der Republikaner in der Wahlunterstützung sein? In deutschen Zeitungen, so dem Göttinger Tageblatt und der Berliner Zeitung, konnte man Mitte November erfahren: "Deutsche Unternehmer fürchten Trump". Doch das ist schwerlich ein Grund, denn nach "fürchten" sieht es nicht gerade aus, was sich da laut Medienberichten anbahnt. So wusste das Handelsblatt am 21. November zu berichten, dass VW, BMW und Daimler eine Einladung nach Washington bekommen hätten. Na bitte! Dann könnte sich der Millionenaufwand ja gelohnt haben.

BMW und Co. sind aber auch zu Hause mit ihren Spenden an die richtige Partei nicht kleinlich. Der Bundestagspräsident erfasst alle Spenden über 50.000 Euro und veröffentlicht sie in einer Bundestagsdrucksache ("kleinere" Spenden ab 10.000 Euro müssen ihm die Parteien zudem mit Nennung des Spenders in einem Rechenschaftsbericht mitteilen). Danach hat von 2013 bis 2018 allein die Quandt-Familie, größter Aktionär bei BMW, der CDU mit mehr als einer Million Euro unter die Arme gegriffen. Unter anderem sicher auch als ein Dankeschön an Bundeskanzlerin Merkel für die Verhinderung strengerer Abgasnormen in der EU.

Und wo bleibt nun die Einflussnahme der Russen auf unsere Wahlen? Zeit online hatte doch bereits am 14. Februar 2017, unter anderem unter Berufung auf BND-Präsident Bruno Kahl, gemeldet: "Die vielschichtige russische Einflussnahme auf die Bundestagswahl ist bereits in vollem Gange." Und Die Welt wusste am 27. August 2017 zu berichten: "Vier Wochen vor der Bundestagswahl befürchtet Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen eine unzulässige Einmischung von russischer Seite."

Doch Beweise dafür? Fehlanzeige. Aber das kann selbstverständlich daran liegen, dass der jetzige Ex-Präsident Maaßen anderweitig beschäftigt war und sich nicht weiter um die Entlarvung der russischen Wahlhelfer kümmern konnte. Wie sollte er da Beweise finden, ob die Quandts oder andere Millionenspender in die Wahlkassen der CDU oder gar der AfD - wie der Münchner Milliardär August von Finck - irgendwie unter russischer Kuratel stehen und vielleicht sogar von Putin gesteuert werden?

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Quelle:
Ossietzky - Zweiwochenschrift für Politik / Kultur / Wirtschaft
Einundzwanzigster Jahrgang, Nr. 24 vom 8. Dezember 2018, S. 846-848
Redaktion: Haus der Demokratie und Menschenrechte
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Dezember 2018

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