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ROTER BRANDENBURGER/020: Zeitung der Deutschen Kommunistischen Partei - Landesvorstand Brandenburg 10/12


Roter Brandenburger - Oktober 2012
Zeitung der Deutschen Kommunistischen Partei - Landesvorstand Brandenburg



In dieser Ausgabe:

- Mehr Sinn für Realitäten
- Da haben wir es!
- Weltfriedenstag 2012
- Journalist in zwei Welten
- Aufruf des Politbüros des ZK der KKE
- They shall not pass!
- Kommunismus (Teil XIII)
- Aus dem Geschichtsbuch
- Brandenburger Nachrichten in Rot
- Interview
- Roter Bücherwurm
- Anzeigen / Impressum

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Mehr Sinn für Realitäten!

"Eine Troika reist nach Griechenland, um zu sehen wie das Land seine ehrgeizigen Ziele verwirklicht". Freundlich klingt diese Nachricht von Anfang September. Nur handelt es sich bei den "ehrgeizigen griechischen Zielen" in Wirklichkeit um die Auflagen und Bedingungen, die angesichts der EU-Krise von den stärkeren Finanzmächten Griechenland aufgezwungen sind. Und das freundliche Wort Troika gilt den Kontrolleuren der Europäischen Zentralbank, des Internationalen Währungsfonds und EU-Finanzbeamten, die darüber wachen, dass die "faulen" Griechen nicht zu lange schlafen, zuviel essen und auch sonst nicht "über ihre Verhältnisse" leben. Selbstverständlich dürfen die, die bisher prassten und in Wollust lebten, dies auch weiterhin tun. Das gebietet die Freiheitsidee der EU und so ist die Realität, nicht nur in Griechenland.

In Syrien heizen bewaffnete Landsknechte, die bereits in Libyen kämpften, Söldner aus vieler Herren Länder und selbst Al-Kaida-Banden den Krieg an, es ließ sich nicht mehr verbergen. Dass NATO-Länder im Spiel sind, dass sie mit viel Geld, Logistik und Waffen die Feinde der syrischen Regierung stärken, wundert längst niemand mehr. Wieder machen sie den arabischen Raum zum gefährlichen Pulverfass des Erdballs. Und "unsere" Regierung? Sie wettert gegen die verantwortungslosen Russen und Chinesen, weil die die Macht des Weltsicherheitsrates nutzen möchten, um beide Kriegsparteien zur Einstellung des Krieges und zu Verhandlungen zu bewegen. Die Betonung liegt auf "beide"! "Unsere" Regierung hingegen fährt mit ihren einseitigen Forderungen real gesehen auf Kriegskurs!

Zu allem Überfluss wissen wir seit Mai, die US-Nuklearsprengköpfe in der Eifel bleiben uns nicht nur erhalten. Sie werden zum Zweck höherer Präzision und besserer Lenkfähigkeit auch noch modernisiert. Und die Bundeswehr will die als Atomwaffenträger vorgesehenen Tornado-Kampffugzeuge ebenfalls modernisieren, Der Clou: Bundesaußenminister Westerwelle erklärt das alles zum 1. September (Weltfriedenstag!) für "nicht zeitgemäß". Was soll der völlig verwirrte Deutsche nun glauben? Sind wir nun ein souveräner Staat, dessen Regierung also endlich die militärische "nukleare Teilhabe" abschafft oder dürfen verantwortungslose Regierungsmitglieder (Außenminister!) realitätsfernes Wahlwerbungsgeschwätz zugunsten ihrer im Niedergang befindlichen FDP verbreiten?

Kürzlich stieß ich auf einen Presseartikel des Berliner Militärhistorikers Michael Berger. Gestützt auf eine "Wiederentdeckung" im Militärarchiv Freiburg publizierte er eine "verblüffende Tatsache": Kampfstärke, Größe, Ausstattung und Gliederung der deutschen Wehrmacht, mit der Hitler seine Aggressionen im 2. Weltkrieg begann, entsprachen genau den Plänen, die bereits in der Weimarer Republik von Stäben der Reichswehr für einen Revanchekrieg ausgearbeitet wurden. Mehr noch: auch die Ausarbeitung des geheimen Rüstungsplanes für diesen Krieg begann bereits 1923 und lag bis 1936 der deutschen Kriegsproduktion zugrunde. 1923 war das Jahr, in dem der Generalquartiermeister (etwa Generalstabschef) der kaiserlichen Armee des 1. Weltkrieges, Ludendorff, neben Hitler in München den faschistischen "Marsch auf die Feldherrnhalle" anführte. Der bewirkte allerdings nicht den angestrebten "nationalen Umbruch" in Deutschland, sondern brachte Hitler in "Festungshaft". Für 9 Monate, in denen er "Mein Kampf", gewissermaßen das politisch-ideologische Programm des Hitlerfaschismus, in Ruhe aufschreiben konnte.

Die "Wiederentdeckung" beantwortet zumindest teilweise die weitreichende Frage: Wie war es möglich, dass Hitler bereits in sechs Jahren und 7 Monaten nach dem Ende der viel gerühmten Weimarer Demokratie die gewaltige Kraft zum anfangs siegreichen Beginn des 2. Weltkrieges aufbieten konnte? Um so mehr bedarf die offiziöse Bewertung der Weimarer Republik in der Bundesrepublik einer tiefgehenden Korrektur und ist dennoch kaum zu erwarten. Denn das würde alle Zweifel bestärken, die der Konflikt zwischen freiheitlich-demokratischem Schein und politischen (einschließlich militärischen) Realitäten in der Bundesrepublik, längst bei Denkwilligen auslöste. Die Gemeinsamkeiten von Weimar und BRD sind zahlreicher und wesentlicher als die Unterschiede. Also auch die Perspektiven?

Hans Stahl

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Da haben wir es!

Das sächsische Herrscherhaus Wettin, Klartext: ein sächsischer Adelsklüngel, wird jetzt von Alexander Prinz zu Sachsen geführt. Der Neunundfünfzigjährige tritt die Nachfolge des verstorbenen Chefs Maria Emanuel Markgraf von Meißen Herzog zu Sachsen in diesem "Unternehmen" an. Aus Mexiko wird Alex nach Sachsen einfliegen, wusste die Wochenzeitung "Die Zeit" zu berichten, der er ein Interview gab. Sachsenerfahrung hat er aus der Zeit, als er "Ansiedlungsbeauftragter" des Wirtschaftsministeriums war. Aber er mag die Ostdeutschen nicht. Ihnen fehle gutes Benehmen, Sprachkenntnisse hätten sie nicht und für die Westhilfe seien sie nicht dankbar. "Vielleicht erklärt sich diese ruppige und unfreundliche Umgangsart aus dem jahrzehntelangen Eingesperrtsein hinter Grenzen", spekuliert er. Den Sachsen quittiert er, dass der "liebevolle Aufbaugeist der Nachwendejahre" verloren gegangen sei. Die Menschen bekämen keine Kinder mehr und gedrückte Stimmung herrsche. Auf den Gedanken, dass Illusionen abhanden gekommen sein könnten, kam er nicht. Aber so wie wir unsere Sachsen kennen, werden sie dem Neuzugang jubelnden Empfang bereiten. Vielleicht erinnert sich einer daran, dass die "Adelsfamilie Wettin" im Februar 2011 vom Freistaat Sachsen 4,2 Millionen Euro und im Gegenzug Porzellane erhielt. Adlige Gier ist grenzenlos. Das wussten die Menschen schon im November 1918 und deshalb jagten sie Kaiser, König und Herzog davon. Die ganze Bande dankte ab. Nach der Reichsverfassung vom 14. August 1919 ist der Adel mit seinen ganzen Titeln abgeschafft. Das scheint am wenigsten den Adel zu interessieren, den nicht in Sachsen und den in Brandenburg ebenfalls nicht. Einem Karzinom gleich breitet er sich aus. Vielleicht nehmen Hoheit Prinz zu Sachsen zur Kenntnis, dass vierzig Jahre im östlichen Teil Deutschlands, in einer demokratischen Republik, enteigneter Adelsbesitz vom Volk genutzt wurde und dass freundliches Entgegenkommen bei erneuter Besitznahme nicht zu erwarten ist. Wenn ihm Ruppigkeit, Unbildung, Undankbarkeit nicht gefallen, so könnte er mit dem Vermögen seines Klüngels Produktives dagegen unternehmen - oder bleiben, wo er ist, meint    Till

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Weltfriedenstag 2012

Wir dokumentieren die redaktionell bearbeitete Rede des Gen. Frank Erhardt aus Potsdam

Heute jährt sich zum 73. Mal der Überfall auf Polen. Dieses Datum wird gemeinhin als Beginn des 2. Weltkrieges gesehen. Manche sehen den Krieg gegen das spanische und baskische Volk, 3 Jahre zuvor, als dessen Beginn an.

Kein Platz für Besserwisserei und Streit! Das Resultat zählt: nämlich ca. 55 Millionen tote Menschen. Und noch mehr sollten uns die Ursachen interessieren. Die Ursache für Faschismus und Krieg liegt nicht bei der Einzelperson Hitler - sie liegt im Kapitalismus! Der Kapitalismus ist nicht friedensfähig!

Heute am 1. September 2012 stehen wir unmittelbar vor der Kriegsgefahr für zwei weitere Länder, denn Syrien und Iran sind unmittelbar vom Krieg bedroht. Und die BRD mischt wieder mit! ...

"Frau Merkel, unter Ihrer Führung werden Kriegswaffen aus der Deutschland AG an Terrorregime weltweit verkauft, oder im Falle von Israel eben auch mal verschenkt. Frau Merkel, Sie sind mitschuldig an Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, unterlassene Hilfeleistung und und und." ...

Meine Großeltern und ihre Generation haben vor 73 Jahren geschwiegen. Sie sind sogar mitgelaufen. Sie haben nichts gegen den Krieg, gegen den Rassismus, gegen die Konzentrationslager unternommen. Heute ist die bundesdeutsche Bevölkerung wieder soweit. Die Warnung vor Krieg, der Widerstand gegen alte und neue Faschisten wird geahndet. Nicht die Naziaufmärsche, nicht die öffentliche Kriegshetze und Vorbereitung eines Angriffskrieges, wie es das Grundgesetz fordert, wird bestraft, sondern die Billigung des Abfackelns dieser Fakten.

Antifaschisten, die einen Naziaufmarsch blockieren, werden zuerst massenweise ausspioniert und abgehört, dann mit brachialer Gewalt und Wasserwerferunterstützung von der Straße geprügelt, dann werden sie erkennungsdienstlich behandelt und am Ende mit Geldstrafen belegt. Das habe ich alles am eigenen Leib erlebt.

Diejenigen, die als zum organisierten Widerstand und zur Aktionseinheit gegen den aufziehenden Faschismus bereits am 7. Februar 1933 aufgerufen haben, nämlich die Teilnehmer an der illegalen Tagung des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Deutschlands unter der Führung Ernst Thälmanns in Ziegenhals, werden heute totgeschwiegen. ­... Die Gedenkstätte in Ziegenhals ist unter heutiger Regierung vernichtet worden.

Es wird scheinheilig der Mauertoten gedacht, und am Rande der Festung Europa krepieren tausende Menschen - vor unser aller Augen! Die EU-Grenztruppe Frontex sorgt für aktive Flüchtlingsbekämpfung (im wahrsten Wortsinn), statt für regulierte Zuwanderung. Deutsche Soldaten dürfen jetzt auch am Strand von Somalia gezielt töten. Bei dem afghanischen Ort Kundus sind auf deutschen Befehl über 120 Zivilisten zu Tode gebombt worden - so etwas bleibt heute ungestraft. Im Gegenteil, der damalige Oberst Klein wurde zwischenzeitlich zum General befördert! Vor Syrien wird mit deutscher Besatzung und deutscher Technik die legitime syrische Regierung ausspioniert und die Erkenntnisse werden den sogenannten bewaffneten Rebellen in die Hände gespielt.

Die damalige Regierung, ich spreche von Rot-Grün, die 1999 in den ersten Angriffskrieg einer deutschen Armee nach 1945 trieb, hat konsequenterweise drei Jahre später auch die Hartz I-IV Gesetze verabschiedet. Denn Kriege führen kostet Geld. Dieses Geld spart die Regierung im Auftrag der Banken und Konzerne bei den untersten Schichten der Bevölkerung - bei den Kindern, Rentnern, Arbeitslosen und Minijobbern - bei der Bildung und im Gesundheitswesen. Das ist der Zusammenhang zwischen dem Krieg nach Außen und dem Krieg nach Innen. Nicht zuletzt, um heraufziehende soziale Unruhen im Keime zu ersticken. Nicht diejenigen sind Terroristen, die Bundeswehrfahrzeuge abfackeln - so kontraproduktiv das auch immer sein mag - sondern diejenigen, die sie bauen und einsetzen!

Und noch eins: Lasst uns gemeinsam für Frieden und gegen die imperialistischen Kriege kämpfen - tragen wir gemeinsam massenhaft unseren Protest ins Land. Lasst uns von dieser Stelle aus für ein Potsdam ohne Militaristentempel - für ein Potsdam ohne Garnisonkirche kämpfen.

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Journalist in zwei Welten

Unter diesem Motto stand ein interessanter Abend in der Norbert-Fiebelkorn-Stiftung in Potsdam. Das DKP-Mitglied Bernd Martin wollte von seinen Erfahrungen aus über 50 Jahren journalistischer Arbeit berichten.

Zum Anfang wurde eine kleine Fotoausstellung der Fotografin Daniela Rudolph eröffnet. Sie stellt eine Auswahl ihrer Bilder zum Thema "Hände" aus. Hände, die viel über den Menschen erzählen können. Die Ausstellung ist in der nächsten Zeit in den Räumen der Stiftung zu sehen.

Nach einer kurzen Diskussion zu den Bildern, begann Bernd Martin mit seinen Ausführungen. Er begann mit seinem Lebenslauf. 1945 im Arbeiterviertel von Potsdam Babelsberg geboren war er von Beginn an Weise. Sein Vater starb in einem Konzentrationslager und seine Mutter kurz nach seiner Geburt. Acht Jahre "Pantinenschule" und dann das Abitur an der Helmholz-Schule waren eine gute Grundlage für das weitere Leben. Mit 18 Jahren wurde Bernd Kandidat der SED. Während seiner Armeezeit kam er mit dem Journalismus in Berührung und hatte die ersten Kontakte zur "Jungen Welt". Bei dieser konnte er dann auch nach der Armeezeit anfangen und wurde zum Studium nach Leipzig delegiert. Nach den ersten Erfahrungen als Journalist folgte ein weiteres Studium in Moskau und dann die Arbeit als Auslandskorrespondent in England und Norwegen. Sein ehrliches Wesen lies ihn als verantwortlicher Redakteur einer Betriebszeitung (GRW Teltow) geeigneter erscheinen. Dies war nun eine neue Herausforderung. Journalismus nicht für eine anonyme Masse, sondern die Schreiber und die, über die geschrieben wurde, begegneten sich täglich im Werk. Mit Allgemeinplätzen, Phrasen oder Ungenauigkeiten konnte man hier keine Punkte machen.

Ende der Achtziger bewarb sich Bernd Martin beim Rundfunk in Potsdam und wurde angenommen. Diese neue Berufphase wurde dann durch die Ereignisse der Jahre 89/90 überlagert. Durch ehemalige Genossen wurde Ihm angeraten, doch der SDP (SPD der DDR ab 1989) beizutreten. Wenn er auch seine politischen Anschauungen, die sich nicht grundsätzlich geändert hatten, nicht mehr offen vertreten konnte, so wollte er sie auch nicht verraten.

Es begann eine Zeit für Journalisten zwischen den Welten. Aus dem Fernsehen der DDR wurde der Deutsche Fernsehfunk. Keine staatliche Einflussnahme durch die DDR aber auch keine Einflussnahme durch die neuen "Herren". In dieser Zeit war viel für den freien aber eben auch Qualitätsjournalismus möglich. Dies änderte sich bald durch die "erfolgreiche" Tätigkeit von Herrn Mühlfenzl und anderer "Medienspezialisten", die alle DDR-Mitarbeiter einer Überprüfung unterzogen. Bernd Martin wurde als "staatsnah" eingestuft und konnte nicht mehr als stellvertretender Intendant tätig sein. Er arbeitet als freier Mitarbeiter weiterhin beim Rundfunk. Seine politische Einstellung musste dabei aber immer "zu Hause" bleiben. Seit seiner Verrentung arbeitet er in einer von ihm mit gegründeten Medienagentur, die u.a. Kleinzeitungen erstellt.

Der Journalismus ist in der DDR nicht bei den Massen angekommen. Die Berichte über das Ausland waren sehr realistisch. Sie wurden aber nicht so angenommen. Der Umgang mit Presse und Rundfunk hatte sich insbesondere in den letzten zehn Jahren der DDR von Marx und Lenin entfernt. Allerdings wurde in den letzten Jahren der DDR ein Journalistencodex diskutiert. Es ging um mehr Verantwortung vor der Gesellschaft.

Heute ist der Journalismus eine Ware. Pressefreiheit heißt in dieser Gesellschaft Freiheit von Inhalten und von Verantwortung. Journalismus bereitet Kriege vor und unterstützt diese (Jugoslawien, Syrien). Den westlichen Kapitalgesellschaften nicht konforme Staaten sind Schurkenstaaten, Diktaturen usw.

Wir Kommunisten sollten über die Rolle des Journalismus diskutieren, um aus Fehlern zu lernen.

Ein bewegtes und interessantes Leben. Bernd Martin, vom Publikum darauf angesprochen, verriet, dass er plant über seine Familie und über sein Leben ein Buch zu schreiben. Wenn dann mal Zeit ist...

Frank Novoce

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Das Volk muss jetzt seine Angelegenheiten in die eigenen Hände nehmen

Auszüge aus dem Aufruf des Politbüros des ZK der KKE

Wir rufen das Volk auf, seine eigene Perspektive auszugestalten und sich auf die Kraft des Rechts und der Organisation, auf die Kraft des breiten Bündnisses der Arbeiter, Bauern, Gewerbetreibenden und Kleinhändler, der Jugend, der Frauen aus den Volksschichten zu stützen. Dadurch werden der Optimismus und die Kraft für den siegreichen Weg des Umsturzes der Herrschaft der Monopole und der kapitalistischen Vereinigungen, der Entkoppelung von den Fesseln der EU mit Erringung der Arbeiter- und Volksmacht wiederkehren.

So muss heute die Antwort des Volkes auf die Krise lauten, die sich ausbreitet und vertieft, auf die Entwicklungen in der EU und auf die Schulden, auf den starken volksfeindlichen Angriff.

Die Regierung von ND, PASOK, DIMAR vertritt und fördert unnachgiebig die Forderungen der Unternehmergruppen in Griechenland und in der EU. Die Perspektive, die sie dem Volk bereithält, ist dramatisch. Sie führt unter anderem dazu, dass sogar Arbeitslose Steuern zahlen, wenn sie ein Haus besitzen, Kranke keine Medikamente bekommen, Kinder nicht in Tagesstätten unterkommen und vieles mehr. Das Volk ist aufgerufen, entschieden dagegen zu kämpfen und die Fesseln der Unterordnung unter die Politik der Verwaltung der kapitalistischen Krise zu durchbrechen. ­...

Ganz gleich welche Form der Verwaltung sich durchsetzen wird, ob es sich um eine Verlängerung der Umsetzung des Memorandums, um einen neuen Schuldenschnitt, neue Kredite oder Euroanleihen oder eine Rückkehr zur Drachme handelt, sie wird nicht von den Verlusten bei den Löhnen, den Renten, der Sozialfürsorge, vom neuen Angriff oder von Arbeitslosigkeit entlasten. ...

Das Volk hat heute alle Belege dafür in der Hand, dass ein Kompromiss zwischen den Monopolen und dem Volk, den Kräften des Kapitals und der Arbeit nicht möglich ist. Das negative Kräfteverhältnis, das heute nach den Juni-Wahlen noch schwerer wiegt, kann verändert werden. Es liegt in der Hand des Volkes, heute schon anzufangen, es zu verändern. Es kann keinen Schritt nach vorne geben, ohne eine starke KKE, ohne eine Änderung der Kräfteverhältnisse vor allem in der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung.

Bei den Wahlen hat die Mehrheit des Volkes die Parteien der EU-Verfechter gewählt. Es stimmte für den bedingungslosen Verbleib Griechenlands in der EU und der Eurozone unter der betrügerischen Parole der Neuverhandlung der Memoranden, die von Beginn an von den drei Parteien der Regierungskoalition und bei den zweiten Wahlen auch von SYRIZA, der die anfängliche Parole der Abschaffung des Memorandums und des Kreditabkommens aufgegeben hat, propagiert wurde. ...

Eine Möglichkeit abzuwarten besteht nicht mehr. Das Volk ist schon pleite, das Damoklesschwert neuer Maßnahmen wird noch viele Jahre über ihm schweben. Es kann die Steuern nicht mehr zahlen, es kann keine Illusionen mehr hegen, dass es keine neuen Kürzungen bei den Löhnen, den Renten oder keine neuen Zahlungen für Medikamente geben wird. Das Volk kann nicht mehr hoffen, dass die 1,2 Millionen Arbeitslosen durch einen schwächelnden kapitalistischen Aufschwung mit Investitionen im Energiesektor, bei dem sog. "umweltverträglichen Wachstum" Arbeit finden werden, wie die Regierung verspricht und auch nicht durch eine Neuverhandlung, wie SYRIZA behauptet. Im Gegenteil, die Arbeitslosigkeit wird 2013 weiter wachsen.

Die KKE diskutierte und diskutiert über die eigenen Schwierigkeiten und Schwächen, und die der Bewegung, sowie über die Möglichkeiten, das Bündnis des Volkes und der Jugend, die Organisierung und den Kampf des Volkes voranzutreiben. Es gibt eine Lösung zugunsten des Volkes.

Deswegen rufen wir die Arbeiterklasse, die Volksschichten, unabhängig davon, was sie bei den Wahlen gewählt haben, auf, offen zu diskutieren und den Kampf gegen die volksfeindlichen Maßnahmen zu organisieren. ­...

Wir rufen die hundert tausenden Menschen auf, die sagen, "es muss etwas passieren", zusammen den Gegenangriff des Volkes zu organisieren. ...

Innerhalb des Systems und der EU wird das Volk nie einen Nutzen haben: Die heutige Situation gleicht einer internen Abwertung mit ständiger Minderung der Löhne, der Renten und der Sozialausgaben. Die Insolvenz und der Austritt aus der Eurozone bedeuten den unmittelbaren Anstieg der Preise von importierten Waren und großen Verlust an Kaufkraft der arbeitenden Menschen. In beiden Fällen wird es zu neuen unerträglichen Steuern kommen, und zur vertieften Unterwanderung der bestehenden Entwicklungsmöglichkeiten des Landes. ...

Die Alternativen der Bourgeoisie und der EU, die in Aussicht gestellt werden, sind katastrophal. Sie wollen jetzt und in der Zukunft billige und willige Arbeitskraft und eine Zerstörung der radikalen klassenkämpferischen Arbeiter- und Volksbewegung. Deswegen bestehen wir darauf, dass die arbeitenden Menschen den Rezepten der Krisenverwaltung von Regierung und SYRIZA den Rücken kehren. Das Volk soll seinen eigenen Weg in Richtung Macht und Regierung gehen, die es für immer von der Krise und der Insolvenz befreien werden. Der Ausweg aus der Krise zugunsten des Volkes und für das Erreichen seines Wohlstandes ist heute absolut verbunden mit der Forderung nach einem Austritt aus der EU und einer einseitigen Streichung der Schulden, mit dem Volk als Eigentümer des Reichtums, den es produziert. ...

Das Volk muss jetzt seine Angelegenheiten in die eigenen Hände nehmen. Es muss unmittelbar mit allgemeinen gesellschaftlichen politischen Kämpfen ein einheitliches und stabiles Bündnis der Arbeiterklasse vorantreiben, ganz gleich ob im privaten oder öffentlichen Sektor beschäftigt, mit den armen Bauern, den Selbstständigen, den Frauen und der Jugend. ...

Die Ankündigung der Maßnahmen der Regierung, die dem Volk 23,5 Milliarden aus der Tasche ziehen wird, und nur die Vorbereitung auf weitere Maßnahmen darstellt, ist das erste Kräftemessen mit dem Volk nach den Wahlen. Dieser neue Angriff muss massenhaft und in geeigneter Form beantwortet werden. Eine solche Form kann der Generalstreik sein, der unter bestimmten Voraussetzungen den Anfang einer Eskalation und einer Stärkung des Volkskampfes markieren könnte. ...

Es gibt keinen Ausweg, solange das arbeitende Volk, die Arbeitslosen und die Rentner von den verschiedenen liberalen, "sozialistischen" oder "linken" Rezepten der Krisenverwaltung beeinflusst werden, solange der Fatalismus, Mut- und Hoffnungslosigkeit und die falsche Meinung vorherrschen, dass die Völker nicht siegen und nicht mit Erfolg kämpfen könnten, und, dass grundlegende Änderungen nie kämen. ­...

Die KKE wird auf nationaler, Sparten- und lokaler Ebene Initiativen ergreifen, damit der massenhafte Klassenkampf, das gesellschaftliche Bündnis, die Volksinitiative und die Solidarität auf der Ebene der einzelnen Kampffronten, aber auch auf der allgemeinen politischen Ebene gestärkt werden. Sie ruft das Volk auf, die Initiative der KKE, einen Gesetzesentwurf zur Abschaffung des Memorandums, der Kreditabkommen und aller volksfeindlichen Maßnahmen ins Parlament einzubringen, politisch und durch Kämpfe zu unterstützen.

Die KKE wird an der vordersten Reihe aller Kampffronten sein, die das Leben des Volkes betreffen...

Die KKE fordert die Abschaffung der volksfeindlichen Steuern. Sie stellt sich den Zwangsversteigerungen bei überschuldeten Familien aus den Volksschichten entgegen.

Die KKE tritt für die Stärkung der Solidarität seitens der Gewerkschaften, der Massenorganisationen und der Volkskomitees, und für die Verbindung ihrer Forderungen mit dem kämpferischen Formen des Ringens um ihre Durchsetzung ein.

Es darf keiner allein in den Krallen der Finanzämter und der anderen Staatsmechanismen gelassen werden, keiner darf ohne Essen, Wohnung, Medikamente sein, mit unterernährten Kindern. Keiner darf mit der Unterdrückung und Willkür des bürgerlichen Staates allein gelassen werden. ...

Ziel ist die Befreiung des Bewusstseins des Volkes und die Veränderung des Kräfteverhältnisses zu seinen Gunsten. ...

Athen, 29.8.2012
vollständiger Text: de.kke.gr

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Sie werden nicht durchkommen!

Aus dem Aufruf des antifaschistischen Bündnisses "They Shall Not Pass"

Am 15. September 2012 wollen Neonazis des NPD-Kreisverbandes Havel-Nuthe und dessen Umfeld versuchen, in Potsdam zu demonstrieren. Dagegen wird das antifaschistische Bündnis "They Shall Not Pass" mit allen nötigen Mitteln Widerstand leisten.

Potsdam ist nicht "nazifrei".

Potsdam hat auch ohne die NPD eine äußerst aktive Neonaziszene. Unangemeldete Demonstrationen und revisionistische Aktionen, zahlreiche Sticker, Flyer und andere Propaganda quer durch die Stadt und eine große aktive Musikszene, mit teilweise überregionaler Bedeutung, prägen eine äußerst vitale Szene. In einzelnen Wohnvierteln ist der Aufenthalt für explizit nicht-rechte Jugendliche gefährlich. Angriffe von Neonazis enden nicht selten auch mit Verletzungen, wie die Vorfälle in den letzten eineinhalb Jahren, insbesondere in Waldstadt, zeigen. (siehe Chroniken des Antifaschistischen Pressearchiv Potsdam) Wir sind nicht bereit diese Verhältnisse zu akzeptieren und setzen den Neonazis einen antifaschistischen Selbstschutz entgegen.

Der Kampf gegen Nazis ist aber auch eine Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Verhältnissen. Ein einmaliges Bekenntnis "Gegen Nazis" hilft weder den Betroffenen von neonazistischer Gewalt noch dem gesellschaftlichen Diskurs gegen Ausgrenzung, Verdrängung und Diskriminierung. Diese Prozesse, entstehen in mitten der Gesellschaft, sie werden von ihr getragen und sind eine logische und praktische Folge der herrschenden Verhältnisse. Die Verantwortung bei "denen da oben" suchen und die damit einhergehende Schaffung von Feindbildern, an denen sich vom Stammtisch bis zur angeblichen "Mitte der Gesellschaft" alle abarbeiten können, gehört zur Grundlage konservativer, revisionistischer und rechter Politik. Die Verhältnisse und Gegebenheiten im Hier und Jetzt werden dabei nicht hinterfragt.

Antifaschismus und die Auseinandersetzung mit Nazis sind der Kampf ums Ganze - gegen die herrschenden Zustände.

Mit unserem Protest werden wir den Nazis und all ihren Verbündeten an diesem Tag kräftig einheizen. An uns kommen sie nicht vorbei!

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Sie kamen nicht durch

Der in den vergangenen Jahren praktizierte Widerstand gegen NPD & Co, wie bunte Feste fernab des Geschehens, führten nicht zum Ziel. Die etablierte Politik konnte zwar zeigen, dass sie ja auch was tut, aber da waren immer Menschen, die sich aktiv den Nazis entgegenstellten und dann bei den "unvermeidlichen" Auseinandersetzungen mit der Polizei gar nicht so schöne Bilder von der Landeshauptstadt in die Welt sendeten. Am 15. September war dies anders. Das bunte Fest fand in unmittelbarer Nähe der geplanten Demonstration statt und die Blockade der Marschrouten ein sehr wohl gewünschte Art der Meinungsäußerung (sogar mit zumindest Aufmunterung durch den Oberbürgermeister). Den 80 (in Worten Achtzig) Ewiggestrigen standen dann über 3.000 gegenüber, die gegen ein öffentliches Auftreten dieser protestierten. Der "Demonstrationszug der 80" kam nicht zu Stande, am Startpunkt (Bahnhof) war Schluss und unverrichteter Dinge von dannen ziehen war angesagt.

Eigentlich waren alle (außer die 80) zufrieden. Nur die Polizei, vor allem die Gewerkschaft der Polizei, hatte ein Problem. Sie durfte nicht in Aktion treten. Seine Kollegen seien "stinksauer, wie hier mit rechtlich verbindlichen Vorgaben umgegangen wird", sagte der Gewerkschafts-Vorsitzende Andreas Schuster.

Frank Novoce

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Kommunismus (Teil XIII)

Vorausgeschickt: Wir leben heute in Ländern und Zeiten, in denen sich von Kapitalisten herausgegebene und Kapitalismus propagierende Zeitungen "unabhängig" nennen. In denen sich Personen und Parteien als sozialistisch bezeichnen, die den Sozialismus als Utopie charakterisieren und selbst nicht im Traum daran denken, den Kapitalismus überwinden zu wollen. Hinterhältigkeit scheint Teil der vorherrschenden Leitkultur zu sein Als vor 95 Jahren mit dem Erfolg der Oktoberrevolution die Menschheitsepoche des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus eingeleitet wurde, gab es selbstverständlich keine praktischen Erfahrungen mit der Gestaltung dieser neuen Gesellschaft, geschweige denn mit ihrer kommunistischen Vervollkommnung. Zu den ersten Erfahrungen gehörte der Interventionskrieg aller großkapitalistischer Mächte, die sich bis heute ein Entscheidungsrecht darüber anmaßen, in welcher Gesellschaftsordnung andere Völker zu leben hätten. Fortan fand diese Erfahrung unentwegt neue Bestätigung, besonders mit der US-Aggression gegen Vietnam, dem von den USA gestützten Putsch in Chile, der dauernden Bedrohung und Blockade Kubas und immer so weiter. Solange es Kapitalismus gibt, ist Sozialismus leider ohne mächtige Wehrkraft nicht zu haben.

Gravierend war auch eine weitere Erfahrung: Vereinfacht gesagt, erwarteten Kommunisten die ersten erfolgreichen sozialistischen Revolutionen in Ländern, in denen der Kapitalismus besonders weit entwickelt war. Tatsächlich jedoch bäumten sich vor allem Völker auf, die in kolonialer oder halbkolonialer Abhängigkeit von großkapitalistischen Staaten gleich mehrfach ausgebeutet und ausgeplündert wurden und bei tiefer wirtschaftlicher Rückständigkeit in großer Armut lebten. So setzte sich schließlich eine große Zahl von Staaten sozialistische Ziele, die zeitweilig bereits die Mehrheit der Menschheit umfassten. Eine Ausnahme bildete die Novemberrevolution 1918 im wirtschaftlich durchaus nicht rückständigen Deutschland, deren sozialistische Chance die Führung der Sozialdemokratie hinterhältig vereitelte. Der große Aufbruch vom Imperialismus ausgebeuteter Völker hielt bis in die achtziger Jahre an, zunächst bis die Konterrevolution die sozialistischen Länder Europas und die Sowjetunion erfasste.

Da jedoch, angefangen vom zaristischen Russland, über China, Kuba bis zu den sozialistisch orientierten Staaten Afrikas und Asiens anfangs die Produktivkräfte weit von den Erfordernissen einer sozialistischen Gesellschaft entfernt waren, ja selbst Analphabetentum zu überwinden waren, gehörte der Kampf gegen diese Rückständigkeit lange Zeit zu den Hauptaufgaben der sozialistischen Staaten. Viel bespöttelt und ausgenutzt von den Verfechtern des ausbeutenden Großkapitalismus! Und alle Dummköpfe dieser Erde hielten diese geschichtlich bedingten, oft harten gesellschaftlichen Übergangsphasen für das Ziel kommunistischer Anstrengungen. Auch das volkreichste Land der Erde musste mühevoll nach Möglichkeiten suchen, seine Produktivkräfte unter den gegebenen Bedingungen auf das für den Sozialismus erforderliche Niveau zu heben. Diese Realität führte zum spezifischen chinesischen Weg zum Sozialismus. Der ist offensichtlich auch ein sehr langer Marsch, der aber schon längst den Verlauf der Weltgeschichte gravierend beeinfl usst und auch anderen Völkern neue Chancen zum Sozialismus eröffnet. Zu den in der Gegenwart aktuellen Wegen zu Sozialismus/Kommunismus ist noch viel zu sagen. Sie sind offener denn je - wenn wir denn gemeinsam den imperialistischen Weltenbrand verhindern, zu dem die USA und ihre NATO unentwegt zündeln.

H. St.

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AUS DEM GESCHICHTSBUCH
18. Oktober 1945

Aufruf des Zentralkomitees der KPD und des Zentralausschusses der SPD zur demokratischen Schulreform

Bildungspolitik ist Machtpolitik - dieser Grundsatz besaß in der deutschen Arbeiterbewegung von Anfang an hohen Stellenwert. So gehörten Arbeiterbildungsvereine zu ihren ersten Organisationsformen. Sie vermittelten den Proletariern elementare Kenntnisse zur Bewältigung ihres schweren Alltags, vor allem aber das Wissen, das sie für die politischen Auseinandersetzungen im Klassenkampf benötigten. Deshalb schrieben August Bebel und Wilhelm Liebknecht die Losung "Wissen ist Macht" auf die Fahnen ihrer Partei. Eine der bekanntesten Vertreterinnen im Bildungsausschuss der Partei war Clara Zetkin, Lehrerin von Beruf.

Trotz aller Bemühungen gelang es im preußisch-deutschen Kaiserreich nicht, das Bildungsprivileg der besitzenden und somit herrschenden Klassen zu brechen und damit dem Volk den Zugang zu den Bildungsgütern zu öffnen. Es blieb dabei, dass die unzureichenden Bildungseinrichtungen den Massen nur notdürftige Kenntnisse des Schreibens und Lesens vermittelten, während in den höheren Schulen vor allem die Söhne der oberen Schichten für die leitenden Posten in Politik, Wirtschaft, Verwaltung, Justiz, Polizei und Militär ausgebildet wurden.

Nach der Novemberrevolution 1918/19, aus der die Weimarer Republik hervorging, keimte bei fortschrittlichen Pädagogen die Hoffnung auf, nunmehr das Bildungssystem ändern zu können. Immerhin hatte die am 11. August 1919 in Kraft gesetzte republikanische Verfassung im Artikel 146 festgeschrieben, dass durch Reich, Länder und Gemeinden öffentliche Mittel bereit zu stellen sind, um Minderbemittelten den Zugang zu höheren Schulen zu ermöglichen. So waren es vor allem kommunistische Pädagogen wie Dr. Theodor Neubauer, Ernst Putz, Martin Schwantes, Edwin Hörnle und Ernst Schneller, die bessere Bildungschancen für Arbeiterkinder forderten. Auch Sozialdemokraten wie Max Kreuziger, Paul Oestreich, Robert Alt und andere machten sich einen Namen als Schulreformer. Ein genereller Bruch mit dem Bildungsprivileg der herrschenden Klassen fand aber auch in der kapitalistischen Weimarer Republik nicht statt.

Da das Naziregime eine monopolkapitalistische Diktatur war, änderte sich daran nichts. Der Autor dieses Beitrages kann das aus eigenem Erleben bezeugen: Als Sohn eines Bergarbeiters gab es für ihn nur die einklassige Dorfschule mit etwa 50 Schülern von 6 bis 14 Jahren und nur einer Lehrerin. Der Sprößling des im selben Ort in einer prächtigen Villa wohnenden Direktors mehrer Betriebe des IG-Farben-Konzerns besuchte selbstverständlich das Gymnasium in der Kreisstadt.

Nach der Niederlage des Faschismus waren endlich die notwendigen Voraussetzungen und Bedingungen vorhanden, allen Kindern eine umfassende und gediegene Bildung und damit gleiche Lebenschancen zu gewährleisten. So war es folgerichtig, dass in der sowjetischen Besatzungszone die beiden führenden politischen Kräfte, die KPD und die SPD, die Initiative ergriffen und unmittelbar nach dem Beginn der demokratischen Bodenreform den Auftakt für die Bildungs- und Schulreform gaben.

Am 18. Oktober 1945 wandten sich das Zentralkomitee der KPD und der Zentralausschuss der SPD mit einem Aufruf an die Öffentlichkeit, in dem sie die Grundzüge für eine "demokratische Erneuerung der deutschen Schule" unterbreiteten. Beide Parteien äußerten ihre feste Überzeugung, dass "alle demokratischen Kräfte und Antifaschisten die folgenden Grundforderungen unterstützen werden":

1. Die heranwachsende Generation soll frei von nazistischen und militaristischen Gedanken, im Geiste einer kämpferischen Demokratie, der Freundschaft unter den Völkern zum selbständigen, aufrechten, freiheitlichen Denken und Handeln erzogen werden.

2. Das gesamte Lehr- und Verwaltungspersonal muss von allen nazistischen und militaristischen Elementen gesäubert werden.

3. Alle Bildungsprivilegien müssen fallen. Ziel ist ein einheitliches Schulsystem, in dem die geistigen, moralischen und physischen Fähigkeiten der Jugend ohne Rücksicht auf Herkunft, Stellung und Vermögen der Eltern entwickelt werden.

4. Die deutsche Schule darf nicht mehr durch Glaubensbekenntnisse und Weltanschauungen zerrissen werden. Bei Anerkennung der Glaubens- und Gewissensfreiheit ist eine klare Trennung zwischen Kirche und Schule erforderlich.

5. Das Schulwesen muss öffentlich sein. Daher kann es keine Privatschulen irgendwelcher Gemeinschaften, Interessengruppen oder Privatpersonen geben, die den Stoff der allgemeinbildenden Schulen vermitteln.

6. Die wichtigste Garantie für die wirkliche Demokratisierung der Schule ist ein demokratischer Lehrkörper. Die neue Schule erfordert daher einen demokratischen und verantwortungsbewussten Lehrer. Deshalb muss auch die Lehrerausbildung gründlich reformiert werden.

7. Die Demokratisierung der Schule verlangt eine grundsätzliche Umstellung der Lehrpläne und die Schaffung neuer Lehrbücher.

8. Die geistige Erneuerung unseres Volkes muss auch eine gründliche Reform des gesamten Hochschul- und Universitätswesens umfassen. Lehrer der studierenden Jugend können nur Kräfte sein, die durch wissenschaftliche Leistungen und als auf rechte Kämpfer gegen Hitler dazu befähigt sind. Durch weitgehende Hilfe mittels Förderkursen und Sonderregelungen muß allen Befähigten, die durch die reaktionären Bildungsprivilegien am Studieren gehindert wurden, der Weg in diese Bildungseinrichtungen erschlossen werden.

(Der volle Wortlaut des Aufrufs ist in der "Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung", Band 6, Berlin 1966, S. 381-383 abgedruckt.)

Die Umsetzung dieser Forderungen ließ nicht lange auf sich warten. Faschistische Lehrer wurden nicht wieder in den Schuldienst eingestellt, Lehrbücher gründlich auf ihren Inhalt überprüft. Schon 1945 begannen erste Lehrgänge zur Ausbildung von Neulehrern und Anfang 1946 entstanden erste Oberschulen mit Internaten für 14 und 15 Jahre alte Arbeiter- und Bauernkinder, denen bisher der Zugang zu diesen Bildungseinrichtungen verschlossen war.

Inzwischen haften die Maßnahmen auch durch entsprechende Gesetze und Verordnungen Rechtskraft erlangt. So konnte der 1. Pädagogische Kongress im August 1946 in Berlin eine erfolgreiche Bilanz der Arbeit im ersten Nachkriegsschuljahr ziehen. Später folgten dann die Gründung der Arbeiter- und Bauernfakultäten an den Universitäten bis schließlich die demokratische Schulreform durch die Einführung des einheitlichen sozialistischen Bildungssystems abgeschlossen wurde.

In den Westzonen änderte sich nichts. Das Bildungsprivileg der Reichen tastete man nicht an. Im Kapitalistenparadies der BRD gilt bis heute: Wer das Geld und damit die Macht besitzt, bestimmt auch, wer wo und was lernen, sich Wissen aneignen darf.

Günter Freyer

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Brandenburger Nachrichten in Rot

Reform heißt Kürzung

(Potsdam) Die Brandenburgische Polizei muss bei der Präventionsarbeit tiefe Einschnitte hinnehmen. Aus einer heute veröffentlichten Übersicht des Innenministeriums geht hervor, dass gut die Hälfte der Stellen für Prävention wegfallen sollen. Die Stellen sollen langfristig von 110 auf 53 zurückgehen. "Dies wird erhebliche negative Auswirkungen auf die objektive Sicherheit, auf das subjektive Sicherheitsgefühl der Bürger sowie die Kriminalitätsbelastung im Land Brandenburg haben", kritisierte der CDU-Landtagsabgeordnete Björn Lakenmacher.


Randabschaltung

(Putlitz) Das sind ja ganz trübe Aussichten: Sollten wirklich sowohl für den öffentlichen Personennahverkehr auf bestimmten Schienenstrecken in der Prignitz als auch für den dann eigentlich nötigen Busersatzverkehr keine Gelder mehr zur Verfügung gestellt werden, wie es im Entwurf für das neue ÖPNV-Gesetz vorgesehen ist, dann ist die viel beschworene Abkopplung der Region bald perfekt. Jedenfalls ist das ein Grund mehr, sich dezidiert gegen Streckenstilllegungen zur Wehr zu setzen, so wie es jetzt die Putlitzer Elterninitiative tut. 1700 Unterschriften gesammelt zu haben - das sind fast so viele, wie die Kernstadt Putlitz Einwohner hat -, ist eine stolze Leistung. Es kann ja auch niemand hinnehmen, dass Kinder tagtäglich für den Schulbesuch zwölf Stunden lang unterwegs sind, nur weil es keine vernünftigen Verbindungen mehr gibt.


Platzfrage

(Zeuthen) In Zeuthen tobt gerade ein Streit über zusätzliche Angebote zur Kinderbetreuung - viele Eltern wollen das, die Gemeinde will es nicht. Und im Landkreis wird aktuell diskutiert, ob fehlende Kitaplätze eine maßgebliche Ursache dafür sind, dass Eltern keinen Arbeitsplatz bekommen. Die Platzfrage, sie wird die Kommunalpolitik in den kommenden Jahren beherrschen. Wie die neuen Arbeitsmarktzahlen zeigen, gibt es in vielen Branchen inzwischen einen Mangel an geeigneten Bewerbern, nicht an Arbeitsplätzen. Aufgabe der kommunalen Arbeitsmarkt- und Familienpolitik wird es sein, eine soziale Infrastruktur zu schaffen, die Qualifizierten ebenso wie "einfachen" Arbeitssuchenden die Arbeitsaufnahme in Dahme-Spreewald ermöglicht - gern unter Mithilfe der Unternehmen, die ein ureigenes Interesse daran haben. Womit sich wieder einmal zeigt, dass es nicht um die Interessen der Kinder oder der Eltern geht. Kinderbetreuung ist nur dann gewünscht, wenn die Arbeitskräfte für den Profit der Unternehmen gebraucht werden.


Sichtweise

(Potsdam) Bzw. eine Frage des (Klassen-)Standpunktes. Die Stadtverordneten haben für die 17.000 Wohnungen der stadteigenen Immobilienholding eine verlangsamte Erhöhung der Mieten beschlossenen. Laut dem am 22. August verabschiedeten Beschluss dürfen die Mieten für Pro-Potsdam-Wohnungen ab 1. Oktober nur noch um 15 Prozent innerhalb von vier Jahren steigen - statt bisher möglicher 20 Prozent innerhalb von drei Jahren. Außerdem wurden strengere Preisgrenzen für Neuvermietungen und Modernisierungsumlagen gesetzt. Nun setzt ein Lamento ein, weil ja nun u.a. das Stadtsäckl auf 4 Millionen Euro Gewinnausschüttung verzichten soll. Fraglich, ob städtische Wohnungen so viel "Gewinn" abwerfen sollten. Und "preiswerte" Wohnungen der Stadt setzen vielleicht den angespannten bis überspannten Wohnungsmarkt unter Druck, die Preisspirale nicht gar zu toll zu drehen.


Mehrheitsbeschaffer

(Potsdam) Nach monatelangem Ringen um die Reform der Hochschulen in der Lausitz hat die Linke den Plänen von Wissenschaftsministerin Sabine Kunst nun zugestimmt. Bei der geplanten Neugründung der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg seien wichtige Forderungen - etwa zu Perspektiven für die Beschäftigten der beiden bisherigen Hochschulen - mittlerweile zugesichert, sagte der hochschulpolitische Sprecher der Landtagsfraktion, Peer Jürgens, heute in Potsdam.

Eine Volksinitiative hatte 33.000 gültige Unterschriften gesammelt. Die Initiative wird nun vor dem für die Reform notwendigen Gesetzgebungsverfahren im Landtag behandelt. Die Grünen warfen der Linken vor, sich bereits vor der Anhörung der Volksinitiative im Landtag am 24. Oktober festgelegt zu haben. "Ich denke, das ist kein Weg, mit Volksinitiativen umzugehen, das ist wirklich hochgradig respektlos", sagte Grünen-Fraktionschef Axel Vogel.

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Das Herz und das Ohr immer am Volke

Interview mit Bernd Martin aus Potsdam

RB: Du bist Jahrgang 1945. Wie hat deine politische Entwicklung begonnen?

Bernd Martin: Eigentlich wurde mir meine politische Weltanschauung quasi in die Wiege gelegt. Wenn auch unter schlimmen Vorzeichen. Mein Vater wurde von den Nazis noch "in letzter Minute" im KZ ermordet. Meine Mutter starb bei meiner Geburt. Ich wuchs bei meinen Großeltern in Babelsberg auf. Und da hatte in den Anfangsjahren mein Großvater großen Einfluss auf meine politische Entwicklung - er hatte das KZ überlebt und starb an den Spätfolgen 1955. Das war der familiäre Teil. Ein Weiteres hat natürlich die sozialistische Schule getan.

RB: Wie verlief dein Leben bis 1989?

B.M.: Da könnte ich natürlich vieles erzählen. Aber kurz: Schule, Abitur an der Potsdamer Helmholtz-Schule, Armee, Journalistik-Studium in Leipzig. Dann als Diplomjournalist bei der Tageszeitung "Junge Welt" tätig, später bei ADN und noch später bei einer Betriebszeitung in Teltow.

RB: Welches war deine politisch interessanteste Erfahrung vor 1989?

B.M.: Da gab es einige Ereignisse, Erlebnisse, die politisch wohl interessant waren. Schließlich bin ich ja etwas mehr als der "Normalverbraucher" in der Welt herum gekommen. Wenn ich jedoch über damals gefragt werde, dann muss ich immer wieder hervorheben, dass mich die vielen Dienstreisen in die Länder der Sowjetunion am meisten begeistert haben. Das war ja auch kein Wunder, wenn man die Sprache, Kultur und die "russische Seele" liebt. Besonders war die Nationalitätenpolitik der UdSSR immer wieder äußerst interessant - ob man im Baltikum, in Karelien, in den südlichen Republiken oder im fernen Osten unterwegs war. Speziell Sibirien und das Leben der Menschen dort war und ist (heute sehr teuer!) immer eine Reise wert, denke ich. Leider wird in den heutigen Medien über Russland, Belarus und die Ukraine und die dortige Politik oft nur tendenziös negativ berichtet. Und das geht meist ins Unerträgliche mit den Teilwahrheiten und sogar Lügen.

RB: Konntest du nach 1989 politisch arbeiten?

B.M.: Im Grunde genommen NEIN. Jedenfalls nicht in der Öffentlichkeit. Denn es war zumindest nicht ratsam, seine marxistisch-leninistische Weltanschauung offen kund zu tun. Kommunisten passen eben nicht in bürgerliche Medien. Vor allem, wenn sie auch noch als Kommunisten denken und handeln.

RB: Stichwort Kommunisten - wie bist du zur DKP gekommen?

B.M.: Diese Frage ist recht einfach zu beantworten. Erstens: Ich bin jetzt Vollrentner aber noch berufstätig als Chefredakteur einer kleinen Medienagentur in Potsdam. Ich muss also nicht mehr - wenn ich meine Weltanschauung auslebe - Angst haben vor Kündigung etc.. Und zweitens: Mein Herz schlägt und der Verstand "tickt" links, seit ich denken kann. Da hatte ich mich also mit den Zielen, dem Programm der DKP beschäftigt und mich zur Mitgliedschaft in dieser Partei entschieden.

RB: Welche Perspektive oder welche Aufgaben siehst du für Kommunisten in der nächsten Zeit?

B.M.: Kommunist sein ist nichts Statisches. Als Kommunist muss man sich tagtäglich neu bewähren, beweisen, meine ich. Für mich heißt das z. B. meine journalistische Tätigkeit als eine dem Volke dienende Tätigkeit zu realisieren. Und als Kommunisten müssen wir es immer besser verstehen, den Ton zu finden, den das Volk auch bereit ist zu verstehen. Nicht Phrasen will das Volk von uns hören, sondern Fakten und Argumente, die es befähigt, die Wirklichkeit zu einer besseren, sozialistischen Welt zu gestalten. Also: Das Herz und das Ohr immer am Volke, Wege und Ziele aufzeigen, Lug und Trug der derzeit Herrschenden aufdecken. Das gilt für die Medien und deren Macher, das gilt aber noch viel mehr für uns Kommunisten, denke ich. Denn wir sind die Einzigen, die das verwirklichen können.    BM

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Der rote Bücherwurm empfiehlt

Herbert Mies
Mit einem Ziel vor Augen

Erinnerungen

"Sich ein Ziel zu stellen, ist die gedankliche Vorwegnahme von Zukunft, ist orientierende Kraft, gibt dem Leben einen Sinn." Dieser Satz von Herbert Mies aus dem Vorwort seiner Autobiographie würde ein herrliches Aufsatzthema für eine Klassenarbeit in Deutsch oder Ethik hergeben! Leider verlieren solche Fragestellungen in unseren Schulen immer mehr an Bedeutung. Sinn suchen viele Menschen höchstens noch im spirituellen oder privaten Glück. - Ein Leben ohne politisches Engagement wäre für den Kommunisten Herbert Mies unvorstellbar gewesen: "Mein Ziel war und bleibt eine sozialistische Gesellschaft. Das war auch das, was mich immer motivierte, als Kommunist zu leben".

Herbert Mies, Jahrgang 1929, wuchs in einer Mannheimer Arbeiterfamilie auf. Sein Vater war Kommunist. Die Geborgenheit, in der er aufgewachsen war, gab ihm Selbstvertrauen und einen kritischen Blick auf die gesellschaftlichen Verhältnisse mit auf den Weg. Sein Leben schildert er als politischen Werdegang, der schon lange vor dem Eintritt in die KPD, 1945, begann. Seine Weigerung, sich freiwillig zur Waffen-SS zu melden, kostete ihm die Laufbahn auf dem Lehrerseminar. Die Chance, eine qualifizierte Ausbildung zu erhalten, gibt ein Arbeitersohn nicht so einfach auf! Wenn er es dennoch wagt, gehört dazu nicht nur Mut, sondern auch Parteinahme. Wer Herberts Leben lesend verfolgt, kommt fast außer Atem. Wie schafft ein Mensch das alles, ohne seine Familie und das sogenannte private Leben zu vernachlässigen? Die Antwort lautet: Lebensbereiche gehören zusammen.

Mit dem Eintritt in die Gewerkschaft und die KPD begann seine politische Laufbahn mit verantwortungsvollen Aufgaben: Leiter der zentralen FDJ-Schule in Hirsau, Studienjahre in der DDR und der Sowjetunion, tätig in der Führung der illegalen KPD, Mitbegründer der DKP, deren Vorsitzender er von 1973 bis zu seinem Herzinfarkt 1990 war. "Vieles, was in der offiziellen Geschichtsschreibung der Bundesrepublik ausgespart wird, etwa die schweren innenpolitischen Konflikte der 50er Jahre mit Straßenschlachten, Verboten, Inhaftierungen etc. -, erinnert der Autor. Er berichtet auch über das Verhältnis zur DDR und deren Führung, das nicht immer frei von Spannungen war. Mies liefert ein höchst informatives Geschichtsbild aus der Zeit der deutschen Zweistaatlichkeit, des Kalten Krieges und der Krisen der Partei."

Die große Krise der DKP ging von dem Staate aus, der vielen Kommunisten ein Vorbild war. Die innerparteilichen Probleme waren aus der Sicht Herberts "nicht nur hausgemachte", sondern auch "die Folge der Politik Gorbatschows, dessen Kurs sich zunehmend als konzeptionslos zeigen sollte. Die Erkenntnis, wie stark "das Schicksal von Parteien wie der DKP mit dem Auf und Ab des realen Sozialismus verknüpft war", hat vielen Kommunisten die Hoffnung auf ein "Trotz-Alledem" genommen, sie bereitwillig gemacht, das Ziel der Bewegung zu opfern.

Nach dem Ende der DDR hat sich in Deutschland ein Antikommunismus entwickelt, der vor nichts mehr haltmacht, dessen sich jeder, und trage er noch so viel Verantwortung, nach Belieben bedienen darf. Eine solche Atmosphäre geht auch nicht an der DKP vorbei, die von ihrer einstigen politischen Kraft inzwischen viel verloren hat. Waren doch die Positionen der DKP stark vertreten in den Gewerkschaften, der Friedensbewegung, den Jugend- und Studentenbewegungen, im antifaschistischen Kampf. "Wie selbstverständlich kämpfte die DKP als kommunistische Kraft im Aktionsbündnis mit anderen demokratischen Gruppen gemeinsam für das Recht auf Arbeit, die 35-Stunden-Woche, für Abrüstung und gegen die Stilllegung von Betrieben und Zechen und gegen die geplante Volkszählung."

An den "Zerreißproben" und Auseinandersetzungen zwischen den "Bewahrern" auf der einen und "Erneuerern" auf der anderen Seite hatte Herbert Mies als Vorsitzender einen großen Anteil. Weil er sich damals "gegen die parteiinterne Opposition stellte, galt er als 'Betonkopf', der kritische Auseinandersetzungen verhindert habe."

Eine Autobiographie ist immer ein Stück Zeitgeschichte. Im persönlichen Leben spiegeln sich die historischen Veränderungen wider, der Mensch wird Zeitzeuge und Mittäter zugleich. Handelt es sich um die Erinnerungen eines Kommunisten, der als Vorsitzender seiner Partei politische Verantwortung mitgetragen hat, erwartet der Leser nicht nur eine klare und eindeutige Stellungnahme zu den gesellschaftlichen Ereignissen, dessen Zeuge er war, sondern auch eine selbstkritische Bilanz, eine Art Rechenschaft über sein eigenes Verhalten. Diese Erwartungen hat Herbert Mies mehr als erfüllt. Mit seinen Erinnerungen ist ihm ein differenzierter, authentischer und spannender Lebensbericht gelungen, der seinesgleichen sucht.

Ulla Ermen

Herbert Mies
Mit einem Ziel vor Augen
Erinnerungen
2009 verlag am park in der edition ost
350 Seiten - 19,90 EURO

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Gruselschauer

Heinrich von Kleist, Sohn der Stadt Frankfurt (Oder), ist anlässlich des für 2011 ausgerufenen Kleist-Jahres umfassend geehrt und gewürdigt worden. Immerhin war er schon zweihundert Jahre tot. Etwa zweihundert Schüler und Studierende hatten unter genialer Anleitung von Lehrkräften in neunzehn ehemaligen Büroräumen ein außergewöhnliches Kunstprojekt realisiert. Die so genannte Kleist-WG entstand und entwickelte sich schnell zum Besuchermagneten. Über siebentausend Menschen kamen in das einzigartige Kunstprojekt und waren begeistert. Bis 20. Oktober durften sie sich noch bezaubern lassen. Nun ist die Ausstellung geschlossen, die Kunstwerke sind verloren, werden vernichtet. Es ist kein Geld mehr da, die Betriebskosten zu bezahlen. Für aufgelaufene Kosten von zweitausend Euro werden Spender gesucht. Ein Bildungsprojekt ist beseitigt. Da erfreut die Mitteilung, dass in der Hauptstadt dieser Tage ein "Ausstellungspavillon zum Kalten Krieg" am ehemaligen Grenzübergang Chekpoint Charlie eröffnet werden konnte. Die Märkische Oderzeitung titelte "Schaudern in der Black-Box". Auf einem Foto finden sich ein fernzusteuernder Kinderpanzer T 62 - DDR, ein Kinderbuch "Der kleine Kommandeur", selbstverständlich mit Panzerbild - DDR, Handgranatenattrappen, mit denen Weitwurfübungen ausgeführt werden konnten - DDR. Im Text ist zu erfahren, dass es sich bei dieser BlackBox um ein Provisorium (!) handelt, das der Senat an der Stelle aufstellen ließ, an der ein Ausstellungszentrum an historischem Ort geplant ist. Weil der Kalte Krieg offensichtlich ein Krieg an sich war, den die "Ostblockstaaten" aus Jux und Tollerei führten, braucht es der Information, dass "die Sowjets von 1949 bis 1989 dort (in der kasachischen Steppe) 456 nukleare Sprengköpfe gezündet haben." Denn, wird Klaus Wowereit zitiert, das Bedürfnis nach fundierter(!) Information sei sehr groß. Und so sollen die Besucher erschaudern. Damit das richtig funktioniert, ist für schlichte zwei Millionen Euro ein Panoramabild installiert, das die Mauersituation nachempfinden lassen soll. Festzustellen ist: Für zweitausend Euro in Frankfurt (Oder) werden Spender gesucht. In Berlin gibt es zu einer Grusel-Black-Box für zwei Millionen Euro noch ein Schauerbild dazu. Das sind Proportionen in einer sich gebildet gebenden Nation. Das Gruseln muss man nicht bei Knabe in Berlin Hohenschönhausen oder bei Wowereit an der BlackBox lernen, das überkommt jeden, der offenen Sinnes auf dieses Land schaut - weiß seit langem    Till

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Redaktionsschluss für Nr. 11/2012: 10. November 2012

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Quelle:
Roter Brandenburger 10/2012, 17. Jahrgang
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Oktober 2012