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ROTFUCHS/164: Tribüne für Kommunisten und Sozialisten Nr. 210 - Juli 2015


ROTFUCHS

Tribüne für Kommunisten und Sozialisten in Deutschland

17. Jahrgang, Nr. 210, Juli 2015



Inhalt
  • Mahnende Worte von Brecht, Grass und Lafontaine
  • Hochkonjunktur der Geschichtsfälscher
  • Als meinen Freund die Wut packte ...
  • Wer in Wahrheit für die deutsche Einheit kämpfte
  • Die USA, ihr Führungsanspruch und was dahintersteckt
  • Seitenwechsel
  • Mordinstrumente für den NATO-Ring um Rußland
  • Susann antwortet Jenia
  • Rabeneltern als "Freiheitshelden"
  • Helden des Roten Oktober: Feliks Dzierzynski und Joseph Gutsche
  • Patrik Köbele sprach in Rostock
  • Sind die Würger der Griechen zu weit gegangen?
  • Auch ich entschuldige mich ...
  • Eine "sozialdemokratische Partei besonderer Art"
  • War das Volkseigentum ein "geschenkter Gaul"?
  • RF-Extra - Warum der VEB GRW Teltow mein Betrieb war Bericht eines Enteigneten
  • RF-Extra -Der 2. Weltkrieg aus der Sicht eines polnischen Marxisten
  • Eine neue globalstrategische Allianz: BRICS
  • TTIP - Neue Würgeschlinge Made in U.S.A.
  • Wie Cameron die britischen Wähler hinters Licht führte
  • Wie die einstige SFRJ ausgeschlachtet wurde
  • Slowakei: Vom Welpen zum Jungfuchs
  • Karin Leukefelds Analyse des Nahen und Mittleren Ostens - Befund: Flächenbrand
  • Auschwitz war der Inbegriff des Faschismus
  • Ein kluger Beitrag zur Verteidigung der Wahrheit
  • Als mich die DDR nach Guinea schickte (Teil 3)
  • Vor 70 Jahren wurde der Kulturbund gegründet - Berichte aus Mecklenburg und Brandenburg
  • Warum der kleine Fuchs Reporter werden will
  • Heinrich Vogelers wechselvoller Lebensweg
  • Gisela Steineckert: Hand aufs Herz
  • Leserbriefe

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Zur Mär vom "russischen Imperialismus"

Als Kanzlerin Merkel ihre Absicht bekanntgab, nur einen Tag nach der Siegesparade der sich zu den Traditionen der Sowjetarmee bekennenden russischen Streitkräfte nach Moskau zu reisen, um der Millionen Gefallener zu gedenken, sprachen manche von einer Mutprobe. Immerhin habe sich die in der DDR sozialisierte und später zur BRD-Regierungschefin aufgestiegene Politikerin im Unterschied zu ihren Amtskollegen in den anderen NATO-Staaten nicht weggeduckt, meinten ihr wohlgesonnene Kommentatoren. Doch die Besitzerin der vielen Jacken hatte diesmal nicht die Farbe gewechselt. Nach dem offiziellen Protokoll am Grabmal des Unbekannten Soldaten verlas sie im Beisein Wladimir Putins den ihr aufgegebenen Text in routinierter Holprigkeit, ohne auch nur eine Miene zu verziehen. Doch bei einem Wort, dessen Benutzung der Russisch-Olympiade-Gewinnerin offenbar als Preis für die Genehmigung ihrer Extratour abverlangt worden war, zögerte Angela Merkel sekundenlang. Dann bezichtigte sie Rußland, sich durch eine "verbrecherische Annexion" die Krim einverleibt zu haben. Merkels Äußerung erfüllt den Straftatbestand der Verleumdung. Denn bekanntlich erfolgte der Beitritt des urrussischen Gebiets, das der vormalige 1. Sekretär des ZK der KP der Ukraine Nikita Chruschtschow 1954 ohne triftigen Grund seiner Heimat zugeschlagen hatte, durch ein dem Völkerrecht entsprechendes Referendum.

Doch nicht nur Spitzenpolitiker ausgewiesen aggressiver und an der Seite der USA operierender NATO-Staaten vom Charakter der BRD unterstellen heute dem Rußland Putins und Lawrows imperialistische Attitüden. Auch ehrenhafte Linke berufen sich auf Lenin, um ihre These zu stützen, das heutige Rußland sei trotz der von Moskau verfolgten Politik des Friedens und der Entspannung ein imperialistischer Staat. Dabei lassen sie sich vor allem von der Tatsache leiten, daß unter dem nach Gorbatschows Scheitern ans Ruder gelangten Koma-Säufer Jelzin große Teile der sowjetischen Wirtschaft einem raffgierigen Clan bald zu Oligarchen aufsteigender Räuber des Volkseigentums ausgeliefert worden sind. Sie, die zuvor nicht selten selbst sowjetische Wirtschaftskapitäne gewesen waren, rissen nicht nur Filetstücke der Industrie, vor allem rohstofferzeugende Betriebe an sich, sondern leiteten mit Hilfe Jelzins und seiner Kumpane auch die konterrevolutionäre Wiederherstellung kapitalistischer Macht- und Eigentumsverhältnisse ein.

Dabei verblieb die größere Hälfte der Betriebe in Staatshand. Doch dieser verlauste Kompradorenkapitalismus, dem Putin bereits erste Grenzen zu setzen versuchte, dürfte wohl kaum die durch Lenin als "höchstes Stadium des Kapitalismus" bezeichnete imperialistische Entwicklungsstufe verkörpern. Die komplizierte Dialektik der Situation besteht gerade darin, daß das heutige Rußland zwar nicht sozialistisch ist, unter Putin aber in außen- und sicherheitspolitischer Hinsicht das derzeit entscheidende Hindernis zur Verwirklichung der Weltherrschaftspläne der USA darstellt.

Übrigens sind auch jene nicht gut beraten, welche das ebenfalls nicht sozialistische China, wo kapitalistisches Eigentum bekanntlich keine geringe Rolle spielt, als imperialistischen Staat bezeichnen. Die sich potentiell herausbildende strategische Allianz Rußlands mit weiteren ehemaligen Sowjetrepubliken, aber vor allem auch mit China, könnte das entscheidende Widerstandszentrum werden, das den Untergang großer Teile der Menschheit in einem 3. Weltkrieg abzuwenden vermag. Dabei sollte man keineswegs die Haltung anderer BRICS-Staaten - nicht zuletzt Indiens - vergessen, dessen Soldaten bei der grandiosen Parade am 9. Mai ebenso wie Kontingente der chinesischen Volksbefreiungsarmee, serbische, mongolische, belorussische, kasachische, armenische, aserbaidschanische, tadschikische und kirgisische Einheiten über den Roten Platz defilierten. Nicht unerwähnt lassen darf man in diesem Zusammenhang, daß die Formationen der russischen Teilstreitkräfte unter den blau-weiß-roten Nationalfarben wie den roten Truppenfahnen mit Hammer und Sichel aus sowjetischen Tagen an der Ehrentribüne vorbeizogen. Eine Tatsache, die für einen "imperialistischen Staat" doch wohl nicht alltäglich sein dürfte!

Viele Male habe ich seit den 50er Jahren auf dem weiten Areal mit Lenins Mausoleum gestanden und an der Kremlmauer so manches Helden der Arbeiterbewegung gedacht. Dem folgten lange Jahre des Schmerzes um das dort wie bei uns Verlorene. Am 9. Mai aber gab es gute Gründe, frei von Illusionen wieder neuen Mut zu fassen. Frau Merkels skandalöser Auftritt in der Stadt an der Moskwa ist da nur Staub im Wind der Geschichte.

Klaus Steiniger

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Mahnende Stimmen

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

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Hochkonjunktur der Geschichtsfälscher

Am 8. und 9. Mai wurde an die Befreiung der Völker Europas von der Geißel des Faschismus - der ungeheuerlichsten Barbarei in der Menschheitsgeschichte - zum 70. Mal erinnert. Während die einen dieses Jubiläum zum "Tag des Kriegsendes" degradierten und andere sich heuchlerisch in den "Mantel der Geschichte" zu hüllen suchten, war es für deutsche Antifaschisten der ersehnte Wendepunkt in der Chronik des Kontinents. Die großartige Militärparade am 9. Mai in Moskau verdeutlichte einerseits die später verspielte historische Chance, vermittelte andererseits aber auch ein Gefühl neuer Hoffnung.

In der BRD gab es in diesem Zusammenhang Licht und Schatten: Neben eindrucksvollen Würdigungen, echten Volksfesten unter russischer Beteiligung und bemerkenswerten Publikationen manifestierte sich auch die verhängnisvolle Restauration des deutschen Imperialismus, der in der immer offeneren Duldung neofaschistischer Wahnvorstellungen seinen Ausdruck findet. Die bewußte Relativierung der deutschen Schuld am Zweiten Weltkrieg und am Völkermord, kaum maskierte neue Expansionslust und ungezügelte Haßpropaganda, besonders gegen den "Erbfeind" Rußland, inspirieren zur noch rabiateren Verbreitung eines verlogenen Geschichtsbildes. Es besteht aus mehreren Komponenten. Einige davon möchte ich im folgenden andeuten.

Es begann bereits 2014 mit dem 100. Jahrestag der Auslösung des Ersten Weltkrieges durch das kaiserlich-imperialistische Deutschland. Mit seiner Behauptung, die beteiligten Mächte Europas seien gewissermaßen "schlafwandlerisch", versehentlich und ungewollt auf die Schlachtfelder gezogen, sorgte der Australier Christopher Clark für Furore. Dafür wurde er von den Medien des deutschen Kapitals ob seiner "Objektivität" gepriesen und erhielt überdies auch noch eine qualitativ miserable TV-Serie über die (geklitterte) deutsche Geschichte zugeschanzt. Es war eine Darbietung mit VW-Cabrio inmitten von Burgen, Zwergen und putzigen Anekdoten.

Inzwischen wird auch Bismarck wieder mit neuen Denkmälern als "Modernisierer des doch insgesamt recht fortschrittlichen Kaiserreichs" glorifiziert. Überdies sollen die deutschen Kolonien "weitaus besser" als die der anderen Unterdrückerstaaten gewesen sein, da man bis 1918 nur investiert und keinerlei Gewinn abgeschöpft habe. Der Kommandeur der Kolonialtruppen, General von Lettow-Vorbeck wird als "widerständiger Held Ostafrikas" im Ersten Weltkrieg vorgeführt, dem Ehre gebühre.

Doch all das war nur die Vorspeise dessen, was 2015 unter Mißbrauch des theologischen Generalgebots der Vergebung aller Sünden bei hochgehängtem "Mitgefühl" gegenüber den Angehörigen und dem Leid deutscher Kriegsopfer serviert werden sollte. Dafür stellte man die These auf: "Das Leid des Krieges summieren, statt es auseinanderzudividieren und gegeneinander aufzurechnen!"

Jeder ethischen oder völker- und menschenrechtlichen Bewertung hohnsprechend werden auf diese Weise Täter und Opfer gleichgesetzt. So sollen imperialistische Memoriale für Genozid-Verbrechen in Afrika und China "weiter Achtung genießen".

Auch entsprechende Straßennamen müssen nach dieser Vorstellung erhalten bleiben, "weil wir sonst unsere Geschichte negieren". Das sei zwingende Voraussetzung für Diskussion und Aufarbeitung. Naziverbrecher, die nach 1945 in der BRD erneut zu Amt und Würden gelangten, will man "mit den Brüchen ihrer Biographien differenziert gewertet" sehen, statt sie "pauschal zu verdammen". Sonst würde "Geschichte mit dem Radiergummi ausgelöscht". Es gehe um "Versöhnung statt selbstgerechter Verurteilung von Menschen, die dem Zeitgeist gemäß" gehandelt hätten. Das treffe auch auf KZ-Mörder zu.

Dazu paßt es, wenn in der ARD-Sendung "Buchenwald - Heldenmythos und Wirklichkeit" der Interpretation zufolge "endlich mit SED-Propagandamärchen aufgeräumt" wird: Die U.S. Army habe das Lager befreit, das "ohne ernsten Widerstand in die Hände kommunistischer Funktionshäftlinge" gefallen sei, heißt es zynisch. Diese hätten es sich zuvor "bei Kaffee und Kuchen und allerlei Privilegien als Hilfsmannschaften der SS im Lager gemütlich gemacht".

Am 5. Mai holte Hubertus Knabe dann in der "Phoenix-Runde" zum großen Schlag gegen den "Mythos vom Tag der Befreiung" aus: Wie zuvor bereits die Berufsrevanchistin Erika Steinbach, verkündete auch er, die "eigentliche Befreiung" sei für die Leute im Osten erst mit der "Wende" und dem Anschluß der DDR an die BRD erfolgt. Zur fröhlichen Rückkehr der Nazis und der seit 1947 gezielt erfolgten deutschen Spaltung unter Fortsetzung des "Kampfes gegen den Bolschewismus" befragt, empörte sich Herr Knabe über die Braunbücher zur Entlarvung von Kriegs- und Naziverbrechern in BRD-Spitzenpositionen sowie andere Enthüllungen der DDR. Deren Antifaschismus sei lediglich "kommunistische Propaganda" gewesen, um "die Fortsetzung der Diktatur unter Stalin zu kaschieren". Statt zu entnazifizieren, wie es die BRD strikt getan habe, hätte man Tausende "unschuldiger Bürger in Sonderlagern verhungern lassen". Zugleich habe die DDR auf allen Verwaltungsebenen selbst Nazis verwendet.

Andere Hetzer behaupten, die Politik der SED sei in Anbetracht der Unterstützung von Palästinensern oder Syrern antisemitisch gewesen. Das Fazit all dessen: Deutschland habe überhaupt keinen Grund, den Sieg über den Faschismus zu feiern. Die meisten Deutschen hätten sich 1945 als Besiegte gefühlt. Sie seien einer "Siegerjustiz" mit fremdem Recht ausgeliefert gewesen, betonen BRD-Pseudohistoriker verschiedener Kategorien. Sie fordern die "Berücksichtigung der subjektiven Situation" von Nazis. Nur wer gegen damals geltendes (faschistisches) Recht verstoßen habe, sei 1945 und später "rechtsgrundsätzlich" zu belangen gewesen. Dementsprechend verfuhr man bekanntlich in der BRD mit Gestapo-Leuten, Polizisten, Wehrmachtsangehörigen hoher Ränge sowie mit Richtern und Staatsanwälten der Faschisten.

Selbst bei Gedenkfeiern in einstigen Konzentrationslagern verkündeten Redner: "Gerade die unselige deutsche Vergangenheit" verpflichte die BRD, heute "Verantwortung für Recht und Demokratie auch weltweit zu übernehmen". Im Westen schloß die antikommunistische Wehrbereitschaft rasch eine Lücke. Man sah sich gefordert, das "Reich des Bösen" im Osten zu bekämpfen. NATO-Generale mit hochrangiger Wehrmachtsvergangenheit betrachteten ihre Schandtaten im durch Hitler vom Zaun gebrochenen Zweiten Weltkrieg dadurch als "voll gerechtfertigt". Der "Kampf des Führers gegen den Bolschewismus" sei "eine legitime Leistung" gewesen, die weiter gefragt bleibe.

Ebenso verhält es sich heute mit der Kriegshetze gegen Rußland und den "Putinismus". Dieses alt-neue Geschichtsbild liefert auch die Legitimation für den "Krieg gegen den Terror". Entsprechende "Sicherheitsmaßnahmen" aber können nur dann wirksam durchgesetzt werden, wenn deren demokratiefeindlicher Charakter in der Bevölkerung Akzeptanz findet. Daß die Bürger den allseitigen Überwachungsstaat brauchen, wird ihnen mit reaktionärer Angstpropaganda "vermittelt". Restaurative Geschichtslügen werden nicht zuletzt deshalb aufgetischt, um den Eindruck zu vermitteln, man habe bei all dem eine "weiße Weste".

Jobst-Heinrich Müller, Lüneburg

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Als meinen Freund die Wut packte ...

Ein bewegender Brief aus der alten Hansestadt Stralsund

So hatte ich meinen Freund noch nie erlebt. Unrast ließ ihn in der Wohnung herumtigern. Ich fragte ihn, was denn los sei, und er meinte, er sei so zerrissen und koche vor Wut. Wie solle er anderen Menschen nur klarmachen, welche Bedeutung für ihn der 8. und 9. Mai hätten. Trotz allen Leides, das der deutsche Faschismus über die Völker Europas gebracht habe, marschiere man längst wieder mit gleicher Zielrichtung.

Am Vortag waren wir in Demmin zu einer Demo gewesen. Für mich erwies sich das als ein deprimierender Vorgang, denn Beamte dürfen sich nicht den Sitzblockaden der Antifa anschließen. Meinetwegen verzichtete auch mein Freund auf die Teilnahme daran. Deshalb hatten wir solchen Frust in uns, als Menschen einen Kranz im Hafen absenken durften, um jene Toten und nur sie zu ehren, die 1945 aus Angst vor dem Einmarsch der Roten Armee Selbstmord begangen hatten. Dabei muß man doch um all die Toten, Hinterbliebenen, Verwundeten und Traumatisierten des Zweiten Weltkriegs trauern. Unsere Wut darüber ist so groß, weil so viele Menschen dieser Gesinnung schon in der alten BRD in Amt und Würden blieben, während deren Nachfahren nun auch bei uns offen agieren dürfen. Leider gehen nur so wenige, die unsere Gedanken teilen, dagegen auf die Straße - meist aus Angst um den Verlust ihrer Arbeitsplätze. Die Drohung mit dem Rausschmiß ist ein äußerst wirksames Druckmittel.

Einen Tag später verdichtete sich der Ärger meines Freundes noch mehr. Er wollte seine Dankbarkeit gegenüber den Soldaten der Roten Armee dafür zeigen, daß sie es ihm ermöglichten, viele Jahre des Friedens zu erleben und seinen Kindern die Chance zu geben, erwachsen zu werden, auf daß sie nun ihren Weg selber bestimmen können. Mit einem befreiten Lächeln fand er dann ein Ventil für seine Gefühle: Bei ihm im Haus wohnen Asylbewerber, darunter auch Wolgadeutsche, die unter sich meist russisch sprechen. Einer davon war bereits mit meinem Freund ins Gespräch gekommen. Dank sei dem Russischunterricht in der DDR gezollt! Dieser Mitbewohner erzählte ihm, er habe in der Sowjetarmee gedient.

Mein Freund kaufte nun einen Strauß Nelken. Die Hälfte davon übergaben wir dem einstigen Sowjetsoldaten als Zeichen des Dankes für die Befreiung vom Hitlerfaschismus durch alle Angehörigen der Roten Armee. Sichtbar bewegt und verlegen wollte uns der Mann gleich zu einem improvisierten Gastmahl einladen.

Die andere Hälfte des Nelkenstraußes legten wir vor dem noch erhaltenen Ehrenmal für die gefallenen Sowjetsoldaten am Neuen Markt unserer Heimatstadt Stralsund nieder. Und nun war ich sehr bewegt, als ich dort einige Blumensträuße und zwei Kränze erblickte. Wir handelten demnach nicht allein so.

Stumm verharrten wir vor der Gedenkstätte, wobei die Tränen flossen. Auch in unserer Familie gab es Gefallene zu beklagen. Sie waren Wehrmachtsangehörige. Später dann, auf den Flüchtlingstrecks, kämpften die Großeltern ums Überleben ihrer Kinder - unserer Eltern. Diese wiederum gingen davon aus, daß ein stabiler Frieden unser Gedeihen ermöglichen würde.

Nun setzen wir ihr Werk fort. An jenem Tag gedachten wir auch all jener, die heute weltweit auf der Flucht sind, ja, die gerade jetzt sterben mußten. Es fällt mir schwer, meinen eigenen Kindern das zu vermitteln, was für mich als Wahrheit gilt. Die bürgerliche Presse macht das Hinnehmen von Unrecht vielen sehr leicht. Wir sind innerlich so satt, weil es immer noch jemanden gibt, dem es schlechter geht als einem selbst. Neulich mußte ich sogar von einer Frau erfahren, sie könne mit drei Jobs kaum das Nötigste für ihre zwei Kinder besorgen. Kino, Tierpark oder Bibliothek - all das sei außer Reichweite. Die Miete fresse zwei Drittel ihres Mindestlohnes auf. Vorsichtig fragte ich an, ob sie nicht mit uns auf die Straße gehen wolle, um gegen solches Unrecht zu protestieren. Sie lächelte nur und meinte, dazu sei sie inzwischen einfach zu müde.

Mir wird geraten, vorsichtiger zu sein. Es seien schon Kollegen gefeuert worden, weil sie Kritik am System geäußert hätten. Schließlich habe ich Eide geschworen - auch auf die Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Die ist an sich gar nicht so schlecht, scheint mir aber nicht für alle in gleicher Weise zu gelten.

Ja, viele wissen leider nicht, wie es sich anfühlt, durch eine Revolution etwas errungen zu haben. Sind wir vielleicht auch deshalb gescheitert? Aber es war ja nur der erste Versuch. Leider gibt es kaum noch Menschen, die uns Jüngere den revolutionären Kampf lehren können. Das Leben scheint einfach zu kurz zu sein. Fehler sind immer fatal. Aber wir dürfen nicht davor zurückschrecken, es wieder und wieder zu versuchen. Denn die Wut auf die Knechtschaft durch andere Menschen und das leider zu geringe Aufbegehren dagegen bleibt in uns.

Nach wie vor aber steht die Frage: Wie packen wir es an? Natürlich sehen wir auch, daß ein Kampf wie der unsere auf der ganzen Erde geführt wird.

Übrigens: Der "RotFuchs" und seine Beiträge geben Kraft. Danke!

Suse Hawer, Stralsund

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Wer in Wahrheit für die deutsche Einheit kämpfte

Seit dem 22. April 1945 hatte Marschall Shukow am Ufer der Dahme in der Waldgaststätte Wendenschloß sein Hauptquartier aufgeschlagen. Am 5. Juni kam es dort zu einem Treffen mit den Oberkommandierenden der anderen alliierten Armeen General Eisenhower, Feldmarschall Montgomery und General de Lattre de Tassigny. Im Saal des beliebten Ausflugslokals wurde die Berliner Deklaration über die Niederlage Deutschlands und die Übernahme der höchsten Autorität durch die Regierungen der vier alliierten Staaten unterzeichnet.

In diesem Dokument wurde festgestellt: "Es gibt in Deutschland keine zentrale Regierung oder Behörde, die fähig wäre, die Verantwortung für die Aufrechterhaltung der Ordnung, für die Verwaltung des Landes und für die Ausführung der Forderungen der siegreichen Mächte zu übernehmen." Damit war die Existenz des Deutschen Reiches faktisch beendet.

Die Waldgaststätte Wendenschloß - später Klubhaus Freundschaft - wurde inzwischen abgerissen. Eine dort 1985 aufgestellte Gedenktafel verschwand in den Wirren der Jahre 1989/1990. Sie wurde später auf einem Gartengrundstück entdeckt und 2005 zum 60. Jahrestag der Befreiung auf Initiative des Bürgervereins Wendenschloß - Kietzer Feld - Gartenvorstadt auf dem Gelände der neu entstandenen Wohnanlage wieder angebracht.

Das Territorium Deutschlands teilte man in Besatzungszonen auf, in denen sich Länder mit eigenen Verfassungen, Parlamenten und Regierungen wieder konstituierten oder neu bildeten. Die Regierungsgewalt wurde vom Alliierten Kontrollrat ausgeübt, der mit der Berliner Erklärung gegründet worden war. Das Kontrollratsgesetz Nr. 46 vom 25. Februar 1947 löste Preußen als Staat auf.

Die insgesamt 15 Artikel der "Berliner Erklärung" betrafen vor allem die Übernahme aller Waffen samt Munition sowie sämtlicher Schiffe, Luftfahrzeuge und Nachrichtenmittel der deutschen Faschisten und die Festnahme aller durch die Alliierten als solche bezeichneten Kriegs- und Naziverbrecher, nicht aber das zivile Verwaltungssystem. So waren Bemühungen zur Gründung eines neuen deutschen Staates legitim.

Am 6. Dezember 1947 trat in Berlin auf Initiative der SED der Deutsche Volkskongreß zusammen. An ihm nahmen Delegierte aus ganz Deutschland teil. Seine wichtigste Forderung war die Bildung einer zentralen deutschen Regierung.

Die geplante Errichtung eines westdeutschen Separatstaates wurde abgelehnt. Der Kongreß entsandte eine 17-köpfige Delegation zur Londoner Außenministerkonferenz, die vom 25. November bis zum 5. Dezember 1947 stattfand. Die Abordnung wurde jedoch nicht empfangen.

Am 17. und 18. März 1948 tagte der Zweite Deutsche Volkskongreß. An ihm nahmen 1898 Delegierte teil, davon 512 aus den Westzonen. Beschlossen wurden die Ablehnung des Marshallplans, die Anerkennung der Oder-Neiße-Linie als Grenze zu Polen sowie ein Volksbegehren zur deutschen Einheit.

Vom Ersten Deutschen Volksrat, der 400 Mitglieder zählte - davon 100 aus Westdeutschland -, wurde ein Verfassungsausschuß gewählt, der unter Leitung Otto Grotewohls stand. Das Volksbegehren wurde in den Westzonen verboten. In Berlin Ost und West trugen sich 35 %, in den Ländern der Sowjetischen Besatzungszone rund 90 % der Einwohner in die Listen ein.

Der Dritte Deutsche Volkskongreß wurde von der Bevölkerung der Sowjetischen Besatzungszone am 15. und 16. Mai 1949 gewählt. Zur Abstimmung stand die Aussage:

"Ich bin für die Einheit Deutschlands und einen gerechten Friedensvertrag. Ich stimme darum für die nachstehende Kandidatenliste zum Dritten Deutschen Volkskongreß."

Mit ja stimmten 55 %, mit nein 32 % der 12,5 Millionen Stimmberechtigten. Der Kongreß tagte am 29. und 30. Mai 1949. An ihm nahmen 1400 Delegierte aus der Sowjetischen Zone und 610 aus den Westzonen teil. Der Verfassungsentwurf des Volksrates wurde am 30. Mai bei einer Gegenstimme angenommen. Gleichzeitig wurde der Zweite Deutsche Volksrat gewählt.

Am 1. September 1948 trat der in den westlichen Besatzungszonen sowie vom Westberliner Abgeordnetenhaus gebildete Parlamentarische Rat zusammen. Er bestand aus 65 stimmberechtigten und 5 nicht stimmberechtigten Mitgliedern, welche aus Westberlin kamen. Er beschloß am 8. Mai 1949 das Grundgesetz, welches dann von den drei westlichen Militärgouverneuren bestätigt wurde und am 23. Mai 1949 in Kraft trat.

Unter dem Eindruck der Gründung der Bundesrepublik Deutschland bei Ausschluß der Länder der Sowjetischen Besatzungszone bildete sich der Deutsche Volksrat am 7. Oktober 1949 zur Provisorischen Volkskammer um. Der von ihm vorgelegte Entwurf wurde als Verfassung der DDR bestätigt. Diese erfüllte in vollem Maße die von den Siegermächten sowohl in der Berliner Erklärung vom 5. Juni 1945 als auch im Potsdamer Abkommen vom 2. August 1945 geforderte Abkehr deutscher Politik von Krieg und Faschismus.

In den Westzonen und dann auch in der BRD gerieten die Forderungen der Berliner Erklärung recht bald in Vergessenheit. Wie wäre es sonst zu erklären, daß noch im Sommer 1945 komplette Einheiten der faschistischen Wehrmacht auf dem Gebiet des Landes Schleswig-Holstein unterhalten wurden und dort ein Nazi-Kriegsgerichtsrat Filbinger, der später CDU-Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg wurde, Todesurteile gegen deutsche Soldaten wegen Fahnenflucht fällen konnte? Wo war die Legitimation dafür zu suchen, daß der Kommentator der Nürnberger Rassengesetze Globke 1949 an die Spitze des Bundeskanzleramtes gestellt wurde?

Durch die bald nach Kriegsende offen aufgebrochenen Widersprüche zwischen den Besatzungsmächten blieb ein erneuertes Gesamtdeutschland unerfüllte Hoffnung. Der Weg zur Veränderung der politischen Machtverhältnisse in Gesamtdeutschland wurde blockiert.

In den Zonen sammelten sich jeweils die deutschen Kräfte, die entsprechend ihren ideologischen und politischen Prägungen mit Unterstützung durch die dortige Besatzungsmacht rechnen konnten. In den Westzonen gewannen Träger und Förderer des faschistischen Systems schnell wieder an wirtschaftlicher Stärke und politischem Einfluß. Im Zusammenwirken mit den Westmächten nahmen sie Kurs auf einen westdeutschen Staat. Bereits 1948 erfolgte die Einführung einer separaten Währung für die Westzonen.

In zeitlicher Parallelität zu den Vorgängen dort entwickelten sich in der SBZ demokratische Verwaltungen bis zur Ebene der Landesregierungen und in Ansätzen auch für die gesamte Zone. Unter dem Schutz der UdSSR wurde es möglich, die Konzernherren und Großagrarier wirtschaftlich zu entmachten. Die Bodenreform wurde demokratisch beschlossen und vollzogen. Ebenso verhielt es sich mit dem Volksentscheid über die Enteignung der Nazi- und Kriegsverbrecher sowie der Überführung ihrer Unternehmen in Volkseigentum. Es zeichnete sich eine echte Alternative zu jener Ordnung ab, welche das deutsche Volk seit den Zeiten des Kaiserreichs in immer neues Unglück gestürzt hatte. Deshalb schlossen sich Kommunisten, Sozialdemokraten, bürgerliche Demokraten und viele Menschen, die einfach aus dem Elend heraus wollten, zusammen, brachten das wirtschaftliche Leben in Gang und engagierten sich in den Selbstverwaltungsorganen.

Man muß die Entwicklung zwischen 1945 und 1949 Jüngeren und Jungen übermitteln, weil sie von der offiziellen Geschichtsschreibung der BRD völlig anders dargestellt oder ganz verschwiegen wird.

Wenn der 3. Oktober 1990 als Zeitpunkt der Wiedervereinigung Deutschlands ausgegeben wird, dann widerspricht das der Realität. An diesem Tag ist ein deutscher Staat, die DDR, von einem anderen deutschen Staat, der BRD, annektiert worden.

Eberhard Rehling, Berlin

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Die USA, ihr Führungsanspruch und was dahintersteckt

Offensichtlich können wir über die Spionagetätigkeit der NSA (National Security Agency), die Ukraine-Krise, Aggressionen der westlichen Allianz gegen Rußland, über Lügen von Politikern oder falsche Medienberichterstattung schreiben, was wir wollen - es hat kaum Auswirkungen. Edward Snowden, Julian Assange und Chelsea (Bradley) Manning können aussagen und beweisen, was sie möchten - alles bleibt, wie es war.

Natürlich konnte man Snowden, Assange und Manning nicht völlig verschweigen. Aber das Interesse der Medien hielt sich in engen Grenzen, nachdem sich die erste Empörung gelegt hatte. Und die meisten Politiker waren und sind den Whistleblowern nicht gerade wohlgesonnen, weil sie - abgesehen von Geheimnisverrat - gegen die US-Staatsräson verstoßen haben und weil die Regierung der Vereinigten Staaten wie deren Geheimdienste erpresserischen Druck auf jeden ausüben, der ihnen nicht folgt.

Überdies paktieren nicht wenige führende Politiker und Journalisten ohnehin mit Organen der USA. Das ist unglaublich, wurde jedoch mehr als einmal öffentlich, zum Beispiel, als das Flugzeug des bolivianischen Staatspräsidenten Evo Morales in Wien zur Landung gezwungen und durchsucht wurde, weil die US-Regierung Edward Snowden an Bord vermutete - ein eklatanter Verstoß gegen das Völkerrecht.

Man kann gar nicht so viel Verschwörungsphantasie haben, wie die westlichen Geheimdienste und deren Agenturen an Verschwörungen realisieren. Die Wissenschaftler Uwe Krüger ("Meinungsmacht") und Daniele Ganser ("NATO-Geheimarmeen in Europa") haben recherchiert, daß viele maßgebliche Politiker und Journalisten den vom US-Außenministerium, der CIA und anderen interessierten Stellen initiierten Think Tanks (Denktanks) nahestehen oder angehören, was gravierende Folgen für die europäische Politik und die Medienberichterstattung hat.

Inzwischen kann auch als erwiesen gelten, daß die Ukraine-Krise durch die USA und die EU inszeniert wurde, um gegen Rußland vorgehen zu können. Zu Recht warf der sowjetische Ex-Präsident Michail Gorbatschow den USA und der NATO vor, die europäische Sicherheitsstruktur durch Erweiterung des westlichen Verteidigungsbündnisses zerstört zu haben. In einem Gespräch mit dem "Spiegel" warnte er vor einem "großen Krieg" in Europa, der "heute wohl unweigerlich in einen Atomkrieg münden" würde. Dem US-Präsidenten, der Rußland als Gefahr bezeichnet hatte, entgegnete er: "Es gibt eine große Seuche - und das sind die USA und ihr Führungsanspruch."

In der Tat zeichnet sich mehr und mehr die Strategie der westlichen Allianz unter Führung der USA ab, Rußland als Machtfaktor der internationalen Politik auszuschalten und durch Wirtschaftssanktionen, Beeinflussung der Kapital- und Energiemärkte sowie die aufgebürdeten Kosten für Nachrüstung zu ruinieren. Ganz offensichtlich ist es das Ziel, Osteuropa einschließlich Rußlands den westlichen Kapitalinteressen aufzuschließen und den imperialen Zielen der USA zu unterwerfen.

Antiamerikanismus? Es gibt keine kollektive Identität! Wir wenden uns mit dem Recht der an Washingtons Politik Verzweifelnden gegen die Zerstörung von Ländern durch die USA, gegen Kriegshetze, Militarisierung und Aufrüstung, gegen Totalüberwachung durch die NSA, Drohnenmorde und Folter sowie die Indoktrinierung ganzer Völker durch bestimmte Mediennetzwerke. Antiamerikanismus? Offensichtlich handelt es sich dabei um einen von der CIA geprägten Kampfbegriff wie "Putinversteher" oder "moskauhörig".

Der einstige Chefsicherheitsberater des USA-Präsidenten Zbigniew Brzezinski, der 1997 in seinem Buch "Die einzige Weltmacht" die geopolitische Strategie der USA nach dem Untergang der Sowjetunion entwickelte, schrieb seinerzeit: "Inwieweit die USA ihre globale Vormachtstellung geltend machen können, hängt aber davon ab, wie ein weltweit engagiertes Amerika mit den komplexen Machtverhältnissen auf dem eurasischen Kontinent fertig wird - und ob es dort das Aufkommen einer dominierenden, gegnerischen Macht verhindern kann."

Für die einzige Supermacht USA sei - so Brzezinski - Eurasien "das Schachbrett, auf dem sich auch in Zukunft der Kampf um die globale Vorherrschaft abspielen wird". In diesem Kontext ist auch die Äußerung Henry Kissingers vom 2. Februar 2014 in einem CNN-Interview zu werten, wonach der Regimewechsel in Kiew sozusagen die Generalprobe für das sei, "was wir in Moskau tun möchten".

Die USA haben es geschafft, Europa wieder zu spalten, die sich über Jahre hinweg verbessernden Handelsbeziehungen zwischen Rußland und Deutschland wesentlich zu reduzieren und eine akute Kriegsgefahr in Europa heraufzubeschwören. Das alles hat Methode, wie der Rede George Friedmans, eines der Bellizisten der Republikanischen Partei, zu entnehmen ist. Der Direktor des US-Think Tanks STRATFOR (Strategic Forecasting Inc.) sagte am 4. Februar 2015 vor dem Chicago Council on Global Affairs: "Das Hauptinteresse der US-Außenpolitik während des letzten Jahrhunderts, im Ersten und Zweiten Weltkrieg und im Kalten Krieg waren die Beziehungen zwischen Deutschland und Rußland. Weil sie vereint die einzige Macht sind, die uns bedrohen kann. Unser Hauptziel war sicherzustellen, daß dieser Fall nicht eintritt."

Die Hauptsorge der USA sei - so Friedman -, daß "deutsches Kapital und deutsche Technologie sich mit russischen Rohstoff-Ressourcen und russischer Arbeitskraft zu einer einzigartigen Kombination verbinden". Diese "deutsch-russische Kombination" werde dadurch verhindert, "daß die USA einen 'Cordon sanitaire' (Sicherheitsgürtel) um Rußland herum aufbauen". Weiter stellt Friedman fest: "Die Vereinigten Staaten kontrollieren aus ihrem fundamentalen Interesse alle Ozeane der Welt. Keine andere Macht hat das jemals getan. Aus diesem Grund intervenieren wir weltweit bei den Völkern, aber sie können uns nicht angreifen. Das ist eine schöne Sache."

Wenn wir diese Hybris, wie auch die Aussagen von Brzezinski und Kissinger zur Kenntnis nehmen, brauchen wir uns über nichts mehr zu wundern. Die meisten Politiker Europas in hohen Ämtern machen dieses Spiel mit. Der niederländische Politikwissenschaftler Karel van Wolferen spricht in diesem Zusammenhang von Atlantizismus als einem "europäischen Glauben" und "Kind des Kalten Krieges", der es Washington ermöglicht, "unerhörte Dinge" zu tun, ohne deswegen gemaßregelt oder womöglich in Frage gestellt zu werden. Aber natürlich spielt bei allem der sogenannte militärisch-industrielle Komplex eine ausschlaggebende Rolle. Es geht letztlich um Kapitalinteressen.

Erfreulicherweise erkennen immer mehr Menschen, daß sie belogen und betrogen werden. Das läßt hoffen, daß eines Tages Millionen auf die Straße gehen, um gegen die aggressive Politik und die Kriegsvorbereitungen der von den USA dominierten NATO zu protestieren.

Dr. Wolfgang Bittner, Göttingen

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Seitenwechsel

Mit dem neuen Freund gegen den alten Feind. Wie der dänische Karikaturist und Grafiker Herluf Bidstrup schon vor Jahrzehnten eine besonders gefährliche Liaison ins Visier nahm.

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Die Karikaturen wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

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Mordinstrumente für den NATO-Ring um Rußland

Züge mit US-Panzern rollten durch Saalfeld: Endziel Baltikum

Es geht durch die Welt ein Geflüster.
Arbeiter, hörst du es nicht?
Das sind die Stimmen der Kriegsminister!
Arbeiter, hörst du es nicht?
Es flüstern Kohle- und Stahlproduzenten ...
Arbeiter, horch, sie ziehen ins Feld!
Doch nicht für Nation und Rasse!

Das ist der Krieg der Herrscher der Welt
Gegen die Arbeiterklasse!
Denn der Krieg, der jetzt vor der Türe steht,
Das ist der Krieg gegen dich, Prolet!


Erich Weinerts Gedicht "Der heimliche Aufmarsch" (gegen die Sowjetunion) entstand 1927. Angesichts massiver Kriegsvorbereitungen der USA und der NATO scheinen mir die Worte von hoher Aktualität zu sein. In der Vertonung Hanns Eislers und vorgetragen von Ernst Busch erlangte das Lied einen hohen Bekanntheitsgrad. 70 Jahre nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges in Europa kam es mir wieder in den Sinn.

Sie rollt einmal mehr durch Thüringen - die Technik der US-Streitkräfte: Bradley-Schützenpanzer, Abrams-Kampfpanzer, Paladin-Haubitzen und andere geländegängige Militärfahrzeuge. Per Schiff nach Deutschland transportiert, brachte man sie aus Bremerhaven über die Gleise des Saalfelder Bahnhofs auch durch Probstzella zunächst weiter gen Bayern nach Grafenwöhr. Der Zahl nach entsprach das, was wir sahen, der Ausrüstung eines Bataillons.

Nach dem Zwei-plus-vier-Abkommen von 1990 haben die US-Streitkräfte nicht das Recht, früheres DDR-Territorium mit schwerem Gerät zu durchqueren. Angeblich sollte die Militärtechnik - insgesamt die Ausrüstung einer Brigade - für Manöver in der BRD, Polen und den baltischen Republiken, vorwiegend Estland, genutzt werden. Man wolle die NATO in dieser Region stärken, hieß es.

Ich fragte mich, warum die hier reproduzierte Aufnahme am 21. März nur versteckt auf der Innenseite "Thüringen" der hiesigen "OTZ" erschienen ist, nicht aber, wie es sich gehört hätte, als Protestfoto auf der Titelseite. Augenscheinlich wollte man den NATO-Partner aus Übersee nicht verärgern und obendrein auch noch seinen Job verlieren.

Schon seit dem Überfall auf Irak und der massiven militärischen Einmischung in die inneren Angelegenheiten Afghanistans nutzen die Amis mit wohlwollender Duldung der Bundesregierung den Flughafen Halle-Leipzig als Drehscheibe für ihre Militärtransporte. Herhalten müssen dafür Großraumtransportflugzeuge der Ukraine. Das macht deutlich, wer hierzulande das Sagen hat!

Bei all dem handeln die USA nicht im Rahmen der NATO, sondern im Alleingang. Gegen den Willen der Mehrheit unserer Bevölkerung entscheiden sie auf eigene Faust, was richtig ist. Aufmucken gibt es nicht! Ein kurzes "Kusch!" genügt, damit sich die Merkel-Regierung duckt. Wenn die Bundesrepublik Deutschland - laut Zweiplus-vier-Vertrag - angeblich die volle Souveränität erhalten haben will, warum betrachten ihre tonangebenden Politiker dann die vertragswidrige Verlegung von US-Streitkräften über früheres DDR-Territorium nicht als einen Eingriff in ihre damit verbundenen Rechte? Warum gebärden sich die USA nach wie vor als Besatzungsmacht? Und: Warum erfolgt dagegen kein energischer Protest?

Am 23. März rollten abermals zwei Militärtransportzüge durch Probstzella gen Bayern. Auch sie waren mit Kampfpanzern der U.S. Army beladen - jeweils mit Technik für ein Bataillon. Bereits am darauffolgenden Tag passierte ein weiterer Zug mit sogenannten Troß-Fahrzeugen unsere Stadt in gleicher Richtung. Und ein vierter Transport machte dann die Sache komplett. Diesmal beförderte er scheinbar harmlose Schiffscontainer von HAPAG Lloyd. Mit anderen Worten: Er war geschickt getarnt und bestand aus der zur Technik gehörenden Munition. Zwei vorgespannte Lokomotiven bestätigten meine Annahme in bezug auf eine besonders schwere Ladung.

Der heimliche Aufmarsch wird unheimlich. Nach dreimonatigem Manöver verblieb die Technik in den erwähnten Ländern. In dieser Zeit wurden die neuen Nutzer an ihr ausgebildet. Und die Welt schaut zu.

Günter Schwarze, Probstzella

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Susann antwortet Jenia

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

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Rabeneltern als "Freiheitshelden"

Als vormals mediengläubigen Bajuwaren die Schuppen von den Augen fielen

Die DDR-Kinderheime werden von den professionellen Verfälschern der Wahrheit gemeinhin als "Hort des Grauens" beschrieben. Etliche Male habe ich mich mit den Verfassern solcher tendenziöser Berichte in Verbindung gesetzt, leider aber nur selten eine Auskunft erhalten.

Als ich solches Verhalten registrierte, sagte mir meine "innere Stimme": Da ist doch irgend etwas faul. Und ich fragte mich: Gibt es bei diesen Gruselstories nicht auch eine andere Seite der Medaille?

Es gibt sie. Unlängst habe ich den Bericht von Edith Ockel "Heimkinder in der DDR" gelesen. Die Verfasserin präsentierte ihn in einer mühevoll finanzierten Buchreihe, während die jährlich mit bis zu 150 Millionen Euro aus Steuergeldern dotierte "DDR-Aufarbeitungs"- und "SED-Opfer"-Industrie bisher dazu schweigt. Warum tut sie das?

Meine Frau und ich waren schockiert, daß Eltern ohne ihre Kinder in den Westen gingen und den Nachwuchs seinem Schicksal überließen. Uns lief es eiskalt über den Rücken, daß solche Leute nicht einmal davor zurückschreckten, ihre Säuglinge und Kleinkinder der Gefahr des Todes auszusetzen. Diese Väter und Mütter gingen davon aus, andere Menschen würden sie schon davor bewahren. Und solche Rabeneltern, die es geschafft hatten, "dem Kommunismus zu entrinnen", wurden bei uns im Westen auch noch als "Freiheitskämpfer" gefeiert. Einigen von ihnen hängte man sogar das Bundesverdienstkreuz um.

Ich bitte den "RotFuchs", den nachfolgenden Auszug aus der Schilderung von Frau Ockel zu drucken, und bin davon überzeugt, daß der Herausgeber der Buchreihe dafür Verständnis hat.

"Meine schrecklichsten Erlebnisse im Kinderheim waren die Momente, wenn halbtote Kinder von der Polizei gebracht worden waren, die - von den in den Westen geflüchteten Eltern alleingelassen und durch aufmerksame Nachbarn entdeckt - zuerst medizinisch gerettet werden mußten.

Ich war zu dieser Zeit schon Mutter von drei Kindern. Meine jüngste Tochter war noch ein Baby. Während ich meine Kinder liebkoste, glitten meine Gedanken zu den Kindern im Heim, und es wurden manchmal fürchterliche Nächte für mich. Andererseits erweckten Erfolge Freude an unserer Arbeit. Wie froh erlebte ich die Wiedergeburt der kleinen Wesen durch die Fürsorge liebevoller Schwestern und Pflegerinnen. Ich liebte diese Kinder wie meine eigenen und verfolgte ihre Entwicklung, solange es mir möglich war.

Die Schicksale der Kinder ergriffen mich tief. Viele Mütter und Väter hatten ... für sich den einfachsten Weg in die 'Freiheit' gewählt, frei von Pflichten für ihre Kinder. Ich erlebte dort die Anhänglichkeit von vier Geschwistern. Das Jüngste von ihnen betreute ich mit auf der Säuglingsstation. Es war noch kein Jahr alt. Die Eltern hatten nur den ältesten Sohn in die Luxuswelt des Westens mitgenommen.

Ich erinnere mich an einen eben zweijährigen todkranken Jungen, den die Polizei zu uns brachte. Ich sah nur noch Haut und Knochen, große tiefliegende Augen und einen ungewöhnlich aufgetriebenen Leib. Die Polizisten hatten ihn halbnackt in seinem Kot im Bett aufgefunden, und das nur deshalb, weil Nachbarn das Wimmern des Kindes aufgeschreckt hatte. Wir päppelten den Jungen auf. Tag für Tag wurde er schöner und munterer und war bald der Liebling der Station.

Mich entsetzte, daß diese Kinder, die von ihren in den Westen abgehauenen Eltern zurückgelassen worden waren, weil diese sich in den Luxus der Konsumwelt ohne Herz und Verstand stürzen wollten, nicht zur Adoption freigegeben werden durften. Solche Eltern hatten nach meinem Empfinden ihr Elternrecht verwirkt. Doch ihre Kinder blieben im Heim und waren der staatlichen Fürsorge übergeben.

Nachdem ich in der 'Märkischen Oderzeitung' etwas über 'Geschundene Seelen' durch Heimerziehung in der DDR gelesen habe, sei mir die Frage erlaubt, welches Urteil die Verfasser solcher Berichte für die Eltern dieser Kinder finden. Geschundene Seelen bemerkte ich, als die Kinder zu uns gebracht wurden und erlebte jedesmal ihr 'Aufblühen' unter der Obhut ihrer Betreuer."

Uns im Westen wurde eingetrichtert, solche Eltern hätten "den Unrechtsstaat DDR" aus ehrenhaften Gründen verlassen. Doch jetzt wissen wir, daß diese "Freiheitskämpfer" oder wie sie sonst noch bei uns bezeichnet wurden, bewußt darauf gesetzt hatten, daß andere ihre dort zurückgelassenen Kinder vor dem Tode bewahren, ernähren, ihnen die elterliche Liebe ersetzen und sie erziehen würden, damit sie sich im späteren Leben allein zurechtfinden könnten. Hier kommt die ganze Verlogenheit der jahrzehntelangen "DDR-Heimkinder-Hetze" zum Vorschein, die von den Akteuren der "DDR-Aufarbeitungs"- und "SED-Opfer"-Industrie bis heute betrieben wird.

Meine Frau und ich werden fortan alles, was von dieser Seite wie bisher auf den Markt gebracht wird, kritisch hinterfragen.

Der Artikel von Edith Ockel ist in dem durch Horst Jäkel im GNN-Verlag Schkeuditz herausgebrachten Erinnerungsband "DDR - Meilenstein der Geschichte" nachzulesen. Für uns ist dieses Buch wirklich eine Fundgrube, um zu erfahren, wie sich das Leben in der DDR tatsächlich abgespielt hat.

Johann Weber, Ruhstorf/Niederbayern

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Helden des Roten Oktober

Feliks Edmundowitsch Dzierzynski

Nicht wenige Revolutionäre, die um die Jahrhundertwende zur Arbeiterbewegung stießen, kamen aus privilegierten Kreisen, so auch Feliks Edmundowitsch Dzierzynski. Seine Eltern entstammten dem polnischen Kleinadel, so daß dem begabten Jungen, der 1887 seine Aufnahmeprüfung am I. Wilnaer Gymnasium bestand, eine Karriere als Hochschullehrer oder Diplomat sicher gewesen wäre. Aber der nachdenkliche, alles Üble und Ungerechte bekämpfende junge Mann schloß sich bereits 1895 den Sozialdemokraten der SDAPR an.

Natürlich entging der herrschenden Klasse nicht, was da für ein "gefährliches Element" heranwuchs. Nicht zufällig wurde F.E. Dzierzynski als 20jähriger zum ersten Mal verhaftet und in die Verbannung geschickt. Er flüchtete bald, fiel jedoch in Warschau seinen Häschern wieder in die Hände. Diesmal lautete das Urteil: drei Jahre Sibirien! Auf dem Transport vermochte er sich erneut zu befreien und ins Ausland zu entkommen. Er hielt sich eine Zeitlang in Berlin auf, studierte hier Lenins Werk "Was tun?" und fand den Weg an die Seite der Bolschewiki.

Seine Arbeit für die Partei brachte ihn 1907/08 abermals ins Gefängnis; 1909 erfolgte seine dritte - diesmal lebenslängliche - Verbannung nach Sibirien. Doch diesen revolutionären Geist vermochte all das nicht zu zügeln. Nach gelungener Flucht wurde er erneut festgenommen und zu Zwangsarbeit verurteilt. Doch im März 1917 befreiten ihn revolutionäre Arbeiter aus einem Moskauer Gefängnis.

Wer so wie er seine Ergebenheit für die Sache des Proletariats bewiesen hatte, dem übertrug die Partei höchste Staatsämter: In dem knappen Jahrzehnt von 1917 bis zu seinem Tod übte er nacheinander Funktionen wie die des Smolny-Kommandanten, des Leiters der Tscheka, des Vorsitzenden der Kommission zur Bekämpfung der Kinderverwahrlosung und - nach Lenins Tod - des Vorsitzenden des Obersten Volkswirtschaftsrates aus.

Fragt man, was Dzierzynski die Kraft gab, vom Jünglings- bis zum Mannesalter physisch und psychisch mit solcher Intensität zu wirken, so findet sich die Antwort in seiner eigenen Aussage: "Unter den schweren Bedingungen meiner revolutionären Tätigkeit gab mir die Gewißheit stets Halt und Kraft für neue Anstrengungen, daß diese Arbeit zur Sache der Befreiung der Arbeitermassen beiträgt ..."

Steffen Kastner

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Joseph Gutsche

Die Schüsse der Aurora, die akustisch eine Wende in der Menschheitsgeschichte einleiteten, fielen - territorial gesehen - im alten Rußland. Aber sie wurden nicht nur von den unter zaristischer Knute Lebenden gehört, sondern ihr Donnerhall erreichte alle Erdteile. Zu denen, die auf dieses befreiende Signal hin ihren russischen Klassenbrüdern zu Hilfe eilten, gehörten auch Tausende deutscher Kriegsgefangener. Als der Buchbinder Joseph Gutsche, 1915 kaum zwanzig, in russische Gefangenschaft geriet, ahnte er nicht, daß er schon wenige Jahre später als Zugführer einer internationalistischen Brigade an der Seite der Roten Garde die Errungenschaften der Revolution gegen die Weißgardisten in Rostow am Don verteidigen würde. Zunächst jedoch fuhr der Gefangenentransport nach Werchne-Udinsk, einem Lager östlich des Baikalsees, und später bis kurz vor Wladiwostok.

Es folgten Monate harter Arbeit als Erzfahrer in einer Eisenhütte bei Nikopol. Obwohl sich hier im Lager die Angehörigen zweier feindlicher Armeen befanden - deutsche Textilarbeiter, Landarbeiter, Maschinenbauer, Former und Buchbinder, bewacht von in zaristische Uniformen gesteckten russischen Arbeitern und Bauern -, war die Klassensolidarität zwischen beiden zu spüren. Das wurde besonders deutlich, als die Nachricht vom Sturz des Zaren im Februar 1917 das Lager erreichte. Die Wachen kamen mit roten Fahnen und Bändern und erklärten - durchaus nicht im Sinne der bürgerlichen Kerenski-Regierung -, die Gefangenen seien frei. Joseph Gutsche nutzte die Situation und schlug sich nach Rostow am Don durch, wo er bei einem Buchbinder Arbeit fand. Dort nahm er Kontakt zu den Bolschewiki auf und wurde Mitglied ihrer Partei.

In der Folgezeit kämpfte er mit seinen Genossen gegen die Kosaken des weißgardistischen Generals Kaledin. Nunmehr an der Spitze einer Kompanie aus Internationalisten stehend, setzte sich der deutsche Kommunist für die Festigung der Sowjetmacht ein. Da das kaiserliche Deutschland weiter Krieg führte, blieb Joseph Gutsche an der Seite seiner russischen Klassengenossen und verteidigte gemeinsam mit ihnen das Vaterland der Werktätigen gegen die deutschen Eindringlinge.

Erst Ende 1918 kehrte er in seine Heimat zurück. Er ahnte nicht, daß er 24 Jahre später ein weiteres Mal seinen internationalistischen Auftrag wahrnehmen und als Offizier der Roten Armee nochmals helfen mußte, das erste Land des Sozialismus gegen die Faschisten aus Hitlerdeutschland zu verteidigen.

St. K.

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Patrik Köbele sprach in Rostock

Breites Spektrum linker Kräfte würdigte die Befreier vom Faschismus

Unsere Regionalgruppe hatte in kameradschaftlicher Zusammenarbeit mit weiteren linksorientierten Vereinen, Organisationen und Parteien eine fünf teilige Veranstaltungsreihe zum 70. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus vorbereitet.

Daran beteiligten sich u. a. das Rostocker Friedensbündnis, die hiesigen Gruppen der SDAJ und der DKP, die VVNBdA Rostock, die Kommunistische Plattform der Partei Die Linke in Mecklenburg-Vorpommern, der Verband zur Pflege der Tradition der NVA und der Grenztruppen der DDR, Regionalgruppe Rostock, die Gesellschaft zur Rechtlichen und Humanitären Unterstützung e. V. (GRH) und die Initiativgemeinschaft zum Schutz der sozialen Rechte ehemaliger Angehöriger bewaffneter Organe und der Zollverwaltung (ISOR).

Die abschließende Hauptveranstaltung fand in der Gaststätte "Nordlicht" im Rostocker Stadtteil Lichtenhagen statt. Dort war 1992 von rechtsextremen Gewalttätern ein verbrecherischer Brandanschlag rechter Gewalttäter auf das Ausländerwohnheim für Vietnamesen erfolgt.

Aufgrund des von uns solidarisch unterstützten Streiks der Lokomotivführergewerkschaft GDL konnten der Referent, Patrik Köbele, Vorsitzender der DKP und der Liedermacher Achim Bigus nicht wie vorgesehen anreisen. Dennoch fehlten sie bei der Veranstaltung nicht. Patrik hatte sich kurzerhand in sein Auto gesetzt und die lange Fahrt aus Essen auf sich genommen, während unser Vorstandsmitglied Uwe Kramp auf Anhieb bereit war, Achim aus Hamburg abzuholen.

Der Chor der Volkssolidarität leitete gemeinsam mit Kindern aus der Jüdischen Gemeinde das bewegende Programm ein. Bekannte Lieder - in Russisch und Deutsch vorgetragen - animierten viele Gäste zum Mitsingen.

Im Programm besaß der Wunsch nach Frieden absoluten Vorrang, aber auch das Erinnern an das von den deutschen Faschisten über die Völker der UdSSR gebrachte Leid. Ein jüdisches Lied "Mandelzweig soll blühen" sowie "Katjuscha" und "Kalinka", aber auch der "einfache Frieden" von Gisela Steineckert/Klaus Schneider und "Immer lebe die Sonne" riefen bei den Zuhörern tiefe Gefühle hervor.

Das Chorprogramm hätte es verdient gehabt, für sich allein gewürdigt zu werden. Danke, Renate Schaller!

Bevor Patrik Köbele die Gedenkrede hielt, trug Achim Bigus Widerstands- und Partisanenlieder vor.

Patrik verwies eingangs darauf, daß er eine ganz andere Biographie als die meisten Anwesenden habe, da er als Westdeutscher aus jenem Teil der BRD komme, in dem der 8. Mai stets nur als Tag der Kapitulation und Niederlage betrachtet worden sei.

Die deutschen Kommunisten um Ernst Thälmann hätten frühzeitig vor dem aufkommenden Faschismus gewarnt. Ihre Wertung: "Wer Hindenburg wählt, wählt Hitler, wer Hitler wählt, wählt den Krieg" habe sich als richtig erwiesen und dürfe nicht in Vergessenheit geraten. Der DKP-Vorsitzende forderte dazu auf, den Widerstand von Kommunisten, standhaften Sozialdemokraten, Christen und anderen aufrechten Antifaschisten gegen die Nazi-Diktatur stets in Ehren zu halten und mit aller Entschiedenheit gegen jegliche Formen der Geschichtsverfälschung aufzutreten. Die Tatsache, daß das sowjetische Volk die Hauptlast des Krieges getragen und den größten Anteil an der Zerschlagung des Faschismus gehabt habe, müsse im Bewußtsein möglichst vieler Menschen erhalten bleiben. Dabei dürfe man nicht den Mut und die Leistungen von Angehörigen der anderen Armeen der Antihitlerkoalition geringschätzen. Dennoch sei die Frage legitim, warum die Regierungen der USA und Großbritanniens erst so spät die zweite Front eröffnet hätten.

In seiner frei und sehr emotional vorgetragenen Rede würdigte Patrik die Errungenschaften der DDR, die mit der konsequenten Verfolgung von Kriegs- und Naziverbrechern sowie der Überführung der entscheidenden Produktionsmittel in Volkseigentum Voraussetzungen für einen dauerhaften Frieden geschaffen habe.

Am Schluß der Veranstaltung wurde nicht nur den Akteuren, sondern auch allen Organisationen und Vereinen, die sich an der Veranstaltungsreihe beteiligten, herzlich gedankt. Sie hatten gemeinsam den Beweis erbracht, daß es möglich ist, zu wichtigen Anlässen unterschiedliche linke und antifaschistische Kräfte zusammenzuführen. Dabei sollten absolute Gleichberechtigung und Solidarität untereinander - auch bei differierenden Positionen in dieser oder jener Frage - an erster Stelle stehen.

Um so bedauerlicher war die Tatsache, daß sich der Vorstand des Kreisverbandes Rostock der Partei Die Linke nicht zu einer Zusammenarbeit mit den eingangs erwähnten Kräften bereit erklärte, obwohl ein großer Teil der Basismitglieder diese Verweigerung bedauert.

Ungeachtet dessen werden wir auch in Zukunft die Aktionseinheit aller linken und antifaschistischen Kräfte auf der Grundlage fairen Miteinanders suchen.

Carsten Hanke, Vorsitzender der RF-Regionalgruppe Rostock

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Sind die Würger der Griechen zu weit gegangen?

Ein Desaster, das auf seine Urheber zurückschlagen könnte

Seit Monaten geistert durch die bürgerliche Medienlandschaft der BRD wieder einmal das Bild von den "faulen Griechen", die dem Fleißigsten aller Fleißigen, nämlich dem braven deutschen Steuerzahler, das Geld aus der Tasche ziehen wollen. "Wir" sind wieder einmal die Zahlmeister für all diese "unfähigen Völker um uns herum", wird Michel suggeriert. Gern erinnert man dabei an einen Gründungsmythos der BRD: Durch Ludwig Erhards "Wirtschaftswunder" sei nach dem Krieg im Westen fast über Nacht der Wohlstand ausgebrochen. Die Grundlage dafür war - dieser Saga zufolge - jener sprichwörtliche "deutsche Fleiß", den die Griechen und andere Völker "nun einmal so nicht an den Tag legen". Diese in der alten BRD sorgsam gepflegte Herrenmenschenideologie erlebt jetzt eine neue Hochkonjunktur.

Doch Mythen sind eben Mythen. Heute, da nach dem Wegfall der DDR von deutschem Boden nicht nur wieder Krieg ausgeht, sondern auch eine seit 1945 in dieser Dimension nicht dagewesene Hetze gegen andere Völker und Kulturen betrieben wird, ist es an der Zeit, "Michel" einige unangenehme Tatsachen der eigenen Geschichte ins Gedächtnis zu rufen.

Wenn es um Hellas geht, geistert immer wieder das Wort "Schuldenschnitt" durch die Medien. Gemeint sind ein vollständiger oder zumindest teilweiser Erlaß der Verbindlichkeiten des hoch verschuldeten griechischen Staates oder wenigstens die Einräumung längerer Laufzeiten der Rückzahlungstranchen. Derzeit belaufen sich Griechenlands Schulden auf 245 Mrd. Euro, was 177 % seines Bruttoinlandsprodukts entspricht. Seit 2009 hat das Land 240 Mrd. Euro angebliche Hilfsgelder erhalten. Unerwähnt bleibt dabei, daß diese Summen fast ausschließlich den Banken zugute kamen, welche selbst die Schuldenkrise verursacht haben. Das an ihr schuldlose griechische Volk bekam davon nichts ab.

Die von der BRD dominierte "Troika" aus Europäischer Kommission, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Zentralbank besteht auf einer pünktlichen Rückzahlung der enormen Schuldenraten, obwohl jeder vernünftige Mensch weiß, daß Griechenland völlig außerstande ist, den riesigen Schuldenberg abzutragen. Merkel und ihr besonders gnadenloser Finanzminister Schäuble sind dabei die Einpeitscher, obwohl gerade die BRD durch ihre extrem aggressive Export- und Niedriglohnpolitik einen wesentlichen Anteil an der hellenischen Wirtschaftskatastrophe hat. Dabei sollten schon aus historischen Gründen die Akteure in Berlin lieber leisere Töne anschlagen.

1953 wurde der noch jungen BRD akkurat das zugestanden, was sie heute Griechenland verweigert: ein Schuldenschnitt! Im Londoner Abkommen erließ man dem selbsterklärten Rechtsnachfolger des faschistischen 3. Reiches die Hälfte aller Auslandsschulden, während man die Rückzahlung des Restes auf die lange Bank schob.

Wenn die BRD-Regierung heute eine pünktliche Begleichung der griechischen Verbindlichkeiten einfordert, sollte man sie daran erinnern, daß Berlin erst 2010 (!) stillschweigend und von unseren "Qualitätsmedien" nicht einmal erwähnt, seine letzte Schuldenrate aus dem Londoner Abkommen überwiesen hat.

Auf die Abforderung von Reparationen wurde 1953 weitestgehend verzichtet. Deren Wegfall und der Marshallplan ermöglichten Erhards "Wirtschaftswunder". Zu den 22 Staaten, die an der Themse de facto gezwungen wurden, gegenüber der BRD auf die Rückzahlung deutscher Schulden zu verzichten, gehörte übrigens auch Griechenland. Das hat man in Athen nicht vergessen. Die deutschen Schulden gegenüber Hellas stammen aus der Zeit der faschistischen Okkupation!

Unerwähnt bleibt übrigens auch die Tatsache, daß sich Deutschland im vergangenen Jahrhundert mindestens dreimal selbst einer Staatspleite gegenübersah. Vergleichsweise damit stehen die Griechen noch gut da! Das Geld für die Reparationen nach 1918 lieh man sich zu Zeiten die Weimarer Republik von den USA und zahlte es - bedingt durch die Weltwirtschaftskrise von 1931 - nie zurück. 1945 besaß die Reichsmark nur noch Schrottwert. 1990 kam es erneut zu einem "Zahlungsausfall", als sich Helmut Kohl weigerte, die aus dem Londoner Abkommen resultierenden restlichen Reparationsforderungen zu bedienen. Diese waren im Falle einer Vereinigung beider deutscher Staaten neu zu regeln.

Das Londoner Schuldenabkommen von 1953 basierte nicht auf Gnade oder Großzügigkeit gegenüber den besiegten Deutschen, obwohl auch dieser Mythos gern gepflegt wird. Die BRD sollte als Frontstaat im Kalten Krieg gegen die sozialistischen Länder so schnell wie möglich fit gemacht werden. Eine erdrückende Schuldenpolitik, wie sie heute den Griechen aufgezwungen wird, hätte der Wiederbewaffnung und Restauration der braunen Restbestände im Adenauer-Staat nur im Wege gestanden.

Wenn viele Bundesbürger, an der Spitze die sogenannten Eliten, ihren Herrenmenschendünkel pflegen, sollten sie zumindest in Erwägung ziehen, was ihnen durch die jenen 22 Staaten abgetrotzten Zugeständnisse erspart geblieben ist. Vielleicht sind ja die Verhältnisse in Griechenland ein Stück weit der Spiegel dessen, was in Westdeutschland passiert wäre, wenn es weder Marshallplan noch Schuldenschnitt gegeben hätte.

Den durch die unerträglichen medialen Hofschranzen politisch verblendeten Stammtischdeutschen wird das alles wohl kaum berühren. Erst recht wird es die wahren Verursacher der hellenischen Situation und deren Willensvollstrecker im Regierungsviertel zu keiner humanen Regung veranlassen. Doch vielleicht sind die Regisseure des großen Schlachtfestes, dessen Opfer die Griechen werden sollen, diesmal in ihrer Arroganz und Gier zu weit gegangen. Das ganze Desaster könnte eine Lawine in Südeuropa auslösen.

Ulrich Guhl

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Auch ich entschuldige mich ...

Gegen permanente Verbeugungen und Schielen nach Regierungsposten

Bei manchen Politikern, die auf künftige Kabinettsposten spekulieren, gehört es bereits zum Ritual, sich bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit ohne Grund zu entschuldigen - besonders für die DDR.

Aber wofür und bei wem sollte man sich denn in dieser BRD entschuldigen? Etwa für die gesellschaftlichen Verhältnisse in der DDR oder gar für die von der KPdSU vermittelten politischen Erfahrungen? Die PDL hat überhaupt keinen Anlaß, sich für irgend etwas zu entschuldigen, da es sie ja zu Zeiten der DDR noch gar nicht gegeben hat. Obwohl solche Rituale für von SED und DDR angeblich begangenes Unrecht unterdessen Mode sind, machen sie wirklich keinen Sinn. Könnten die Adressaten etwa die Konzernherren sein, deren Unternehmen in der seinerzeitigen Ostzone enteignet wurden, nachdem sie sich an zwei aufeinanderfolgenden Weltkriegen maßlos bereichert hatten?

Oder sollte ich mich bei den Großgrundbesitzern entschuldigen, deren Äcker ich als 13jähriger beim Kartoffelbuddeln kennenlernte und deren Gutsherrenmanieren ich "genießen" durfte? Vielleicht könnten es aber auch die Besitzer der Mietskasernen in den Arbeitervierteln Berlins sein, die für verwanzte Buden ein Viertel des Lohnes abkassierten und nach 1945 berechtigterweise kaltgestellt wurden? Sollte ich etwa einen Kniefall tun, weil ich als junger Gewerkschaftsfunktionär beim Westberliner AEG-Konzern 1951 dafür gemaßregelt wurde, daß ich es für richtig hielt, meine Funktion als Interessenvertreter im Freien Deutschen Gewerkschaftsbund - dem FDGB - ernst zu nehmen oder dafür, daß ich beim Sammeln von Unterschriften für den Stockholmer Appell gegen die Atombombe von der Stummpolizei verhaftet wurde?

Ich habe das und vieles mehr aus Überzeugung getan, denn als einer vom Jahrgang 1930 hatte ich den Zweiten Weltkrieg mit den angloamerikanischen Bombenangriffen und dem Endkampf zwischen der Roten Armee und den Faschisten in Berlin bewußt erlebt. Schon Jahre zuvor war ich als Junge ein Zeuge der Kristallnacht in den Straßen des Berliner Stadtteils Moabit. Mein Vater erzählte mir, 1933 seien Bücher verbrannt worden, und der Familie habe man gesagt, daß sie nicht mehr zu bestimmten Bekannten fahren dürfe. Ab 1942 beobachtete ich das Geschehen in den Zwangsarbeiterlagern am Bahnhof Beusselstraße, wo die dort Eingepferchten nach härtester Schufterei in Moabiter Betrieben mit schlürfenden Schritten in ihre Baracken zurückkehrten.

Froh war ich, als ich nach meiner Maßregelung dann im Demokratischen Sektor, wie der Osten Berlins zunächst offiziell bezeichnet wurde, eine Arbeit fand, eine Ausbildung erfuhr, ein Studium absolvieren und mein Leben selbst gestalten konnte. Die 40 Jahre DDR empfand ich als den besten Zeitabschnitt deutscher Geschichte.

Mit dem Bau der Berliner Mauer war für mich und viele meiner Mitmenschen der Ausverkauf beendet, fanden auch wir wieder Platz in einem Ostberliner Restaurant, wurde dem Mehrfachverdienst bei gleicher Tätigkeit derer, die im Westen arbeiteten und im Osten lebten, ein Riegel vorgeschoben: Die Hochkonjunktur der Wechselstuben mit ihrem manipulierten Kurs hatte ein Ende gefunden. Ohne Zweifel gab es auch äußerst schmerzhafte Trennungen. Ich selbst war davon betroffen: Erst nach dem Passierscheinabkommen konnten meine Eltern mich und die Enkel besuchen.

In den 40 Jahren des Bestehens der DDR mußten wir keine Denkmalsplätze für gefallene Soldaten der Nationalen Volksarmee ausfindig machen, denn es gab sie nicht. Ein Arbeitsnachweis war nicht erforderlich, da niemand vermittelt werden mußte. Neue Wohnungen entstanden nach und nach und waren für jedermann bezahlbar. Reisen konnte ich zunächst in die UdSSR sowie in ost- und südosteuropäische Länder, aber mit der Zeit auch in ferner gelegene Staaten anderer Kontinente. Für ein Visum in die USA sollte allerdings die Frage beantwortet werden, ob man einer "kommunistischen Frontorganisation" angehöre oder terroristische Ambitionen verfolge. Schon bei einer simplen Einreise in die BRD wurde bisweilen das Fahndungsbuch eifrig gewälzt.

Auch ich will mich gerne entschuldigen: dafür, vielleicht nicht genug getan zu haben, um den Sozialismus der DDR für die Menschen anziehender zu machen. Auch dafür, daß ich mich nicht hinreichend mit bürokratischen Fehlentscheidungen auseinandergesetzt und Mängel zu zögerlich bekämpft habe. Doch wir hatten nur 40 Jahre Zeit - recht wenig für die Errichtung und Vervollkommnung eines völlig neuen Gesellschaftssystems.

Nun ist die alte Ordnung wieder über uns gekommen, in der alles, aber auch wirklich alles zur Ware wird und einen Preis hat. Auch der Mensch, der nicht mehr nach seiner Leistung entlohnt wird. Eine Ordnung, in der die Kultur eine Hure ist und die Völker der Welt zunehmend in Angst und Schrecken leben müssen.

Übrigens: Der Flüchtlings"strom" aus der DDR war - nachträglich betrachtet - doch wohl nur ein Rinnsal im Vergleich mit der gewaltigen Flüchtlingsflut von vielen Millionen Menschen, die imperialistischen Kriegen und kapitalistischer Ausbeutung zu entfliehen suchen. Wie viele von ihnen, die nicht in die "Festung Europa" gelangen konnten, haben im Mittelmeer ein qualvolles Ende gefunden?

Kurt Koopmann, Seddiner See

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Eine "sozialdemokratische Partei besonderer Art"

Den Beitrag von Dr. sc. Rosemarie Griese "Warum ich in der Linkspartei bleibe" (April-RF) habe ich aufmerksam, nachdenklich, oft zustimmend, aber auch kritisch und mit Blick auf meine eigene politische Vergangenheit gelesen.

Zu mir selbst: Ich bin im Oktober 2001 aus der PDS ausgetreten. Der "RotFuchs" hat damals meine Austrittserklärung unter der Schlagzeile "Warum der Leipziger Jurist Prof. Ingo Wagner einen Schlußstrich zog" in einer Kurzfassung veröffentlicht.

Seit September 1945 habe ich an der politischen Praxis und dann auch als Theoretiker an der Gestaltung der antifaschistisch-demokratischen Ordnung und am sozialistischen Aufbau in der DDR aktiv teilgenommen. Die PDS zu verlassen war für mich die schwierigste Entscheidung meines politischen Lebens. Danach habe ich den Kampf für unsere sozialistische Sache in anderen Formen fortgesetzt, ohne jemals aufrichtige Mitglieder der Linken zu animieren, ihre Partei zu verlassen.

Mit den prinzipiellen Aussagen von Rosemarie Griese zum heutigen Erscheinungsbild der Linken bin ich einverstanden: Die Linke habe sich "nicht zu einer sozialistischen Partei entwickelt ... Sie betrieb kontinuierlich eine Abkehr vom Marxismus und verfolgte permanent einen Kurs auf Annäherung an den Staat BRD ... Die Linkspartei zeigt sich uns heute als eine Art sozialdemokratische Wahlpartei."

Bereits in meinem einen Schlußstrich ziehenden Buch "Eine Partei gibt sich auf" (edition ost 2004) habe ich den Nachweis geführt, daß die PDS zu einer "sozialdemokratischen Partei der besonderen Art" geworden ist. Da diese Schrift mittlerweile vergriffen ist, möchte ich zunächst einige Grundgedanken zum Chemnitzer Parteiprogramm von 2003 zitieren:

"Die PDS hat sich ... voll als eine Partei des kleinbürgerlichen Sozialreformismus ausgeprägt; sie ist zu einer sozialdemokratischen Partei sui generis mutiert, die jetzt versuchen wird, den Platz einzunehmen, den die SPD mit ihrer Entwicklung zu einer der Staatsparteien des kapitalistischen Systems ... endgültig geräumt hat; und zwar gleichfalls als Staatspartei - allerdings im 'sozialistischen' Gewand. Programmatisch wird sie nun durch den 'Modernen Sozialismus' geprägt ... Das ist kapitalistischer Sozialismus (Bourgeoissozialismus) ... Es ist ein Treppenwitz der Geschichte: Die PDS versucht in diesem Sinne die soziale Rolle einzunehmen, die der SPD immer mehr abhanden kommt, nämlich die Linke den sozialen und ökonomischen Erfordernissen des Kapitals unterzuordnen, sie in den politischen Mainstream der bürgerlichen Gesellschaft und in deren kulturelle Hegemonie einzubeziehen. ... Das politisch-ideologische Anliegen der programmatischen Neuordnung der PDS ist die Erhaltung ... des Kapitalismus, und zwar durch Beschneidung seiner extremen Auswüchse und zugleich durch die Lähmung der revolutionären und wirklich antikapitalistischen Kräfte.

Die PDS agiert als linker Flügel der Bourgeoisie, nachdem die SPD in dieser Rolle ausgedient hat."

Meine Einschätzung wurde durch den weiteren Gang der Dinge bestätigt.

Nun lese ich bei Genossin Griese einiges, wogegen ich Bedenken habe. Zunächst: Ihr ist zuzustimmen, daß die derzeitige Linkspartei es sich zur Aufgabe gestellt hat, "zunehmenden Auswüchsen des Kapitalismus entgegenzuwirken". Da bin ich mit Lenin bei ihr, der uns ermahnte, daß der "Marxist ... als Prämisse seiner Politik nur genau und unbestreitbar bewiesene Tatsachen annehmen darf". (LW, Bd. 25, S. 219) Eine solche Tatsache ist, daß Die Linke mit ihrem Erfurter Programm (2011) auch ein Paket sozialer, emanzipatorischer, antifaschistischer und auf Frieden orientierter Forderungen vertritt. Dem kann man auch als Marxist die Unterstützung nicht versagen, ohne zu verschweigen, daß dieses nicht-marxistische Programm generelle Mängel aufweist, die das Tor der Möglichkeiten der künftigen Entwicklung der Linken weit öffnen.

Mein Haupteinwand besteht darin, daß das Erfurter Programm ein Kompromißpapier ist, das Züge einer gabelartigen Verzweigung aufweist, welche gegensätzliche Interpretationen des Textes zuläßt. Das Programm enthält zwei konzeptionelle Grundlinien - eine linke und eine rechte, welche die PDL insgesamt als eine "sozialdemokratische Partei besonderer Art" ausweisen.

Die von Genossin Rosemarie Griese nachdenklich gestellte abschließende Frage, wie man sich entscheiden sollte, habe ich so beantwortet: In historischer Sicht wird Die Linke insgesamt weiter in das dominierende parlamentarische System des bürgerlich-imperialistischen Staates abtrudeln. Das schließt eine marxistische Unterstützung der Linkspartei keinesfalls aus. Zugleich müssen wir eine neue sozialistisch-kommunistische Partei auf marxistischer Grundlage anstreben. Das verlangt auch vom "RotFuchs" mehr theoretischen Aufbruch in die vor uns liegende Zeit. Noch haben wir dazu die Kraft, obwohl ich natürlich weiß, daß man in der Geschichte einen langen Atem haben muß.

Prof. Dr. Ingo Wagner, Leipzig

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War das Volkseigentum ein "geschenkter Gaul"?

Der Beitrag von Wolfgang Giensch aus Neubrandenburg, der die Frage aufwirft, warum die Arbeiter ihr Volkseigentum nicht besser verteidigten, hat mich sehr beschäftigt. Doch der Vergleich unserer VEBs mit einem geschenkten Gaul bringt mich auf die Palme. Im volkseigenen Betrieb gab es keine Ausbeutung des Menschen durch den Menschen. Das ist ein historisches Verdienst unserer Großväter, Väter und der folgenden Generation. Sie haben nach dem Sieg der Roten Armee und der Westalliierten über den deutschen Faschismus den Auftrag des Potsdamer Abkommens wahrgenommen, den Imperialismus samt seiner Wurzeln dauerhaft zu zerstören. Schon kurz nach der Befreiung wandte sich die KPD an alle Deutschen mit ihrem programmatischen Aufruf, der forderte, den Monopolisten, Bankiers und Großgrundbesitzern das Eigentum an den Produktionsmitteln entschädigungslos zu entziehen, um so die gesellschaftlichen Grundlagen für Rüstung und Kriegstreiberei zu beseitigen. Die Westalliierten reagierten darauf mit Marshallplan und Finanzspritzen für Konzerne wie Krupp und Thyssen, die Chemiemagnaten und die Herren der Grundstoffindustrie, wodurch sie das Fundament für die Wiederherstellung der ökonomischen und politischen Macht des Großkapitals im Westen legten.

Ich habe bei Großeltern und Eltern, aber auch bei Bekannten und Verwandten Freude darüber verspürt, daß Großbetriebe wie Solvey und Wintershall in Bernburg, Krupp in Magdeburg oder die Besitzer von Buna und Leuna enteignet wurden. Nicht geringer war ihre Genugtuung über die Ausschaltung der feudalen Großgrundbesitzer durch die Bodenreform.

Weder die volkseigenen Betriebe noch die landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften oder die Volksgüter waren ein Geschenk, sondern das Ergebnis des oftmals erbittert geführten Klassenkampfes der Arbeiter und ihrer Partei im Bunde mit anderen gesellschaftlichen Kräften, wobei man die aktive Hilfe der Sowjetarmee keineswegs vergessen darf. Ich kenne viele Menschen, die all das mit ihrer Hände Arbeit vollbracht haben, und kannte auch einige, die dabei sogar ihr Leben durch Einwirkung innerer und äußerer Feinde verloren.

Als 80jähriger kann ich nicht bestätigen, daß das Volkseigentum "den Arbeitern der DDR quasi geschenkt" worden ist. Übrigens weiß ich, wovon ich spreche. Ich war über 20 Jahre in einem elektronischen Großbetrieb Leiter des Bereichs "Soziale Betreuung und Ferienwesen". Meine Abteilung fiel 1990 als erste der Abwicklung zum Opfer.

Klaus Hilmar Luckau, Aschersleben


Mein Namensvetter Wolfgang (Giensch) hat mit seinem Erklärungsversuch vielleicht nur einen kleinen Aspekt des Themas benannt, den ich keinesfalls für besonders relevant halte. Seine Überlegung, was wäre wenn, scheint mir zu hypothetisch.

Eigentümerbewußtsein kann doch nur dann aufkommen, wenn man frei über sein Eigentum verfügen kann, egal, ob geschenkt oder erarbeitet. Der einzelne Arbeiter hat sich jedoch vom Proletarier im kapitalistischen Unternehmen zunächst einmal kaum unterschieden. Ihm wurde zwar suggeriert, daß "alles seins" sei, doch die Mitbestimmung über das Eigentum beschränkte sich überwiegend auf die Arbeits- und Lebensbedingungen. An Produktionsumstellungen für auf dem Markt gewinnbringendere Erzeugnisse mußte der einzelne Arbeiter gar nicht denken. Der Plan war Gesetz. So interessierte er sich auch nicht sonderlich für betriebswirtschaftliche Ergebnisse. Wenn etwas schiefging, zog er nicht zuletzt aufgrund seiner sozialen Unbekümmertheit einfach woanders hin. Arbeiten konnte man überall. Prämien gab es für gute Leistungen. Hierin liegt schon ein Denkfehler. Das Wort Prämie suggeriert nämlich etwas Besonderes, eine über das Normale hinausgehende Zuwendung. Es ist aber genau das, was ein Eigentümer sich selbst erarbeitet hat. Es steht ihm also zu. Das Bemühen um Motivation durch Auszahlung von Prämien erzeugte immer das Gefühl, daß man von dem abhängig sei, was sich die Oberen ausdenken. Es war das eher dilettantische ideologische Eingreifen in betriebliche Angelegenheiten, das den Arbeiter bevormundete. Politik, auch sozialistische Politik, hat nur die Aufgabe, die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft zu gestalten.

Die Betriebe hätten, wie es die Klassiker des Marxismus einst forderten, den Arbeitern überlassen werden sollen.

Wenn dann die Treuhand gekommen wäre, hätten sie ihr den Weg verlegt: "Was? Was wollt ihr denn? Unseren Betrieb verwalten wir selbst! Das haben wir schon immer so gemacht!"

Wolfgang Werth, Neubrandenburg


So, wie Wolfgang Giensch die Frage aufwirft, hätte man sie auch stellen können, ohne daß ein Ende der DDR absehbar gewesen wäre, also zu Zeiten des Sozialismus. War das Eigentum in der DDR und den anderen sozialistischen Staaten tatsächlich Volkseigentum? Wolfgang Giensch sagt de facto NEIN. Ich sage JA, wobei er seine Vorstellungen von einem "wirklichen Volkseigentum" entwickelt. Dabei kommt eine soziale Bindung an den konkreten Betrieb, in dem man arbeitet, heraus. Dessen Beschäftigte sollten von Anfang an "durch Arbeit bestimmte Anteile am Betriebsvermögen erwerben ... "Zinsen" auf ihre jeweiligen Guthaben wären "in Form von Lohnerhöhungen auszahlbar gewesen".

Hätte diese "Unmittelbarkeit" die Arbeiter an ihre Betriebe gebunden und das Volkseigentum zu einem "wirklichen Eigentum" der Belegschaften werden lassen? Das rüttelt am marxistischen Grundverständnis der Frage. Warum? Der Arbeiter muß sowohl Eigentümer sein, wenn er in einem konkreten Betrieb tätig ist, als auch wenn er dort nicht arbeitet. Die Bindung des Eigentumsverhältnisses an eine spezifische Tätigkeit bietet diese Garantie nicht. Deshalb muß ein Volks- oder Gesamteigentumsverhältnis her, das alle Erscheinungen und Umstände der Arbeit erfaßt, sowohl die Arbeit in einem besonderen Betrieb als auch die Freisetzung für Arbeit in jedem anderen. ...

Daß man die Löhne in einem konkreten Betrieb auszahlt, heißt doch nicht, daß man sie dort auch erarbeitet haben muß. Dächte man anders, könnte man den Begriff "gesellschaftliches Eigentum", also Eigentum aller an den Produktionsmitteln wie den Ergebnissen der Arbeit, nicht mehr erklären. Das Bewußtsein, das man nur hat, wenn man es mit allen gemeinsam hat, wird sich - historisch betrachtet - allerdings nur allmählich entwickeln.

Hermann Jacobs, Berlin

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RF-Extra

Augenzeugenbericht eines Enteigneten

Warum der VEB Geräte- und Regler-Werke Teltow mein Betrieb war

Im VEB Geräte- und Regler-Werke "Wilhelm Pieck" Teltow fanden 12.000 Werktätige, davon 8000 am Hautstandort des Betriebes, Lohn und Brot. 1948 wurde Askania wie alle größeren kapitalistischen Unternehmen auf dem Territorium der Sowjetischen Besatzungszone in Volkseigentum überführt. Der neue Name lautete VEB Mechanik Askania Teltow. An dessen Stelle trat 1954 die jahrzehntelang beibehaltene Bezeichnung VEB Geräte- und Regler-Werke Teltow (GRW). Ihm wurde 1962 durch Beschluß des Volkswirtschaftsrates die landesweite Verantwortung für die Betriebs-, Meß-, Steuer- und Regelungstechnik übertragen.

Damit war unser Betrieb das Zentrum der gesamten Automatisierungstechnik der DDR. Die im Werk Tätigen waren keine "Arbeitnehmer", weil sie Arbeit nicht nahmen, sondern ein Recht darauf hatten, sie zu erhalten. Diese verfügte nämlich über eine durch Volksabstimmungen legitimierte Verfassung und kein von Besatzern diktiertes Grundgesetz wie die BRD, das 1990 auf das annektierte Gebiet im Osten ausgedehnt wurde. In unserer Verfassung hieß es im Artikel 24 Ziffer 1: "Jeder Bürger der DDR hat das Recht auf Arbeit. Er hat das Recht auf einen Arbeitsplatz und dessen freie Wahl entsprechend den gesellschaftlichen Erfordernissen und der persönlichen Qualifikation. Er hat das Recht auf Lohn nach Qualität und Quantität der Arbeit. Mann und Frau, Erwachsene und Jugendliche haben das Recht auf gleichen Lohn bei gleicher Arbeitsleistung."

Der Arbeitslohn war indes nur ein Teil des tatsächlichen Einkommens der DDR-Bürger. Nicht ohne Grund sprach man von einer "zweiten Lohntüte", in der sich - gemessen an der heutigen gesellschaftlichen Realität - nahezu unvorstellbare Dinge befanden. Neben den subventionierten Mieten und Lebensmitteln (ein Brötchen kostete bis 1990 fünf Pfennige!) gab es ein gebührenfreies Bildungssystem, das weltweit seinesgleichen suchte, eine unentgeltliche gesundheitliche Betreuung und das Recht auf umfassende Teilhabe am kulturellen Leben. Daß Arbeiter regelmäßig ins Theater, in die Oper oder in Konzerte gingen, galt als normal. Sämtliche Eintrittspreise für Kultur- und Sportveranstaltungen wurden staatlich subventioniert.

Was in der Verfassung stand, war jeden Tag erlebbare gesellschaftliche Wirklichkeit: "Jeder Bürger der DDR hat das gleiche Recht auf Bildung." (Art. 25.1)

"Jeder Bürger der DDR hat das Recht auf Schutz seiner Gesundheit und seiner Arbeitskraft." (Art. 35.1)

"Alle Bürger haben das Recht auf Teilnahme am kulturellen Leben." (Art. 25.3)

Zur "zweiten Lohntüte" gehörten außer den staatlich geförderten Leistungen im gesamtgesellschaftlichen Leben auch die Kultur- und Sozialfonds der Betriebe. Bei uns im GRW Teltow sah das so aus:

Es gab eine betriebseigene Kinderbetreuung, die zwischen 6 und 18 Uhr geöffnet war. Wir verfügten über ein betriebseigenes Kinderferienlager und Urlaubsplätze quer durch die Republik, die sehr begehrt waren.

Unserem Betrieb stand ein eigenes Wohnraumkontingent zur Verfügung.

Zum GRW gehörte das Stadion der Metallarbeiter, wo vom Fußball bis zum Fechten mehr als 30 Sportarten betrieben wurden, ohne daß die Teilnehmer dafür etwas bezahlen mußten. Eine Asphaltkegelbahn kam hinzu. Regelmäßig wurden Betriebssportfeste durchgeführt, die für jedermann zugänglich waren.

Im Betriebskulturhaus fanden Monat für Monat etliche Veranstaltungen - von Kabarettabenden über Kollektivfeiern bis zum Preisskat - statt. Seine beiden Leiter bezahlte der VEB.

In der Betriebsambulanz betreuten neben Allgemeinmedizinern und dem Dentisten auch Fachärzte die Werktätigen. Eine Sauna gehörte natürlich dazu. In den Betriebskantinen wurden außer Getränken, Kuchen und Imbiß auch warme Speisen angeboten. Ein "Stammessen" kostete 70 Pfennige, die beiden "Wahlessen" zwischen 1,20 und 1,60 Mark der DDR.

Neben einem Blasorchester, dem Arbeitertheater und dem Kabarett bestanden etliche Arbeitsgemeinschaften, so für Fotografie und Textilgestaltung. Ein besonderes Renommé besaßen der Zirkel schreibender Arbeiter, die Singegruppe und unser Chor.

In der Bibliothek konnte man bei der unentgeltlichen Ausleihe zwischen mehr als 8000 Büchern, Grafiken und Bildern wählen.

Auf dem Betriebsgelände befanden sich eine Lebensmittel- und eine Textilverkaufsstelle. Monatlich gab es mindestens eine Jugendtanzveranstaltung, die in einer der Betriebskantinen stattfand. Unser Fasching erfreute sich weit über die Grenzen des GRW Teltow hinaus großer Beliebtheit.

Die betriebliche Berufsschule bildete ca. 200 Lehrlinge aus, so daß jährlich etwa 70 junge Menschen in das Arbeitsleben eintraten. Es versteht sich, daß alle, die ihren Abschluß hatten, im eigenen Werk oder anderen volkseigenen Betrieben unterkamen.

Die bei uns tätigen Frauen erhielten auf gesetzlicher Grundlage wie überall in der DDR monatlich einen bezahlten Haushaltstag.

Betriebsangehörige, die wegen Ableistung des Wehrdienstes, Schwangerschaft oder aus anderen Gründen längere Zeit abwesend sein mußten, besaßen bei Wiederaufnahme der Tätigkeit Anspruch auf ihren Arbeitsplatz.

Ehemalige Mitarbeiter des GRW wurden als Rentner (Senioren) durch die Betriebsgewerkschaftsleitung (BGL) betreut. Das Wichtigste aber war: Die GRW "Wilhelm Pieck" in Teltow waren ein volkseigener Betrieb. Dazu hieß es in der Verfassung: "Die Volkswirtschaft der DDR beruht auf dem sozialistischen Eigentum an den Produktionsmitteln." (Art. 9.1).

"Das sozialistische Eigentum besteht als gesamtgesellschaftliches Volkseigentum, als genossenschaftliches Eigentum werktätiger Kollektive sowie als Eigentum gesellschaftlicher Organisationen der Bürger." (Art. 10.1)

Deswegen war der Teltower Standort des GRW Teltow mein Betrieb und der von 7999 weiteren Kolleginnen und Kollegen.

Nun ist Papier bekanntlich geduldig, und beim Gedanken an den Artikel 1 des Grundgesetzes kann ich gar nicht so viel essen, wie ich wieder von mir geben möchte. Formulierung und Wirklichkeit sind bisweilen zwei völlig verschiedene Dinge.

Damit mir aber heute mein Mittagessen schmeckt, kehre ich rasch wieder in die DDR und zu deren VEBs zurück.

"Die DDR garantiert allen Bürgern die Ausübung ihrer Rechte und ihre Mitwirkung an der Leitung der gesellschaftlichen Entwicklung", hieß es im Artikel 19.1 der Verfassung.

Konkret: Die Werktätigen arbeiteten bei uns in Kollektiven, die in der Produktion Meistern und Brigadieren unterstanden. Auf diese Weise vollzog sich die Zusammenarbeit der staatlichen Leitung mit den Interessenvertretern der Werktätigen. Bei uns sah das zum Beispiel so aus: Das Jugendkollektiv "Lunochod II" des Schrankbaus arbeitete im Drei-Schichten-Rythmus. Dort war es zu einer bequemen Angewohnheit geworden, den Schichtwechsel nicht mehr wie üblich am Arbeitsplatz, sondern in der Garderobe vorzunehmen, was auf Vergeudung von Arbeitszeit hinauslief. Daher ordnete der Hauptabteilungsleiter an, sofort zur früheren Praxis zurückzukehren, wobei er die Gewerkschafts- und die FDJ-Leitung seines Bereichs überging. Das Kollektiv beschwerte sich, worauf der Leiter seine Entscheidung zurückzog und sich bei den Arbeitern entschuldigte. Im Ergebnis einer Versammlung des Jugendkollektivs unter Teilnahme der staatlichen Leitung, der Vertreter der Gewerkschaft und des Jugendverbandes verpflichteten sich die "Lunochods" freiwillig, künftig den Schichtwechsel am Arbeitsplatz durchzuführen.

Ein anderes Beispiel: Eine hochschwangere Jugendliche des Prüffeldes in der Hauptabteilung Schrankbau hatte ein unerfreuliches Erlebnis in der betrieblichen Wohnraumlenkung. Deren Leiterin erklärte der werdenden Mutter, die bereits ein Kind zur Welt gebracht hatte, auf deren Schilderung ihrer beengten Wohnverhältnisse kaltschnäuzig, sie hätte sich früher überlegen sollen, ob sie sich ein zweites Kind "anschaffe" oder nicht. Daraufhin begab sich die junge Frau kurz entschlossen zum Sekretär der FDJ-Abteilungsorganisation "Angela Davis" und schilderte ihm das Gespräch. Zwei Stunden danach war die Leiterin der Wohnraumlenkung abgelöst. Drei Tage später erhielt die Schwangere die Zuweisung einer größeren Wohnung.

"Ehe, Familie und Mutterschaft stehen unter dem besonderen Schutz des Staates", lautete Artikel 38.1 der Verfassung der DDR.

Wenn Kollegen von "meinem Betrieb" sprachen, dann taten sie das wegen all des bisher Beschriebenen. Sie dachten dann sicher nicht an die Vorgaben der Verfassung und die Tatsache, daß es im Lande keine Arbeitslosigkeit gab. Das war für sie so selbstverständlich wie das Amen in der Kirche.

Das Eigentümerbewußtsein der DDR-Bürger beruhte auf einer tiefen Verbundenheit mit ihrem Kollektiv, der jeweiligen Brigade und letztlich auch dem Betrieb.

Dem erklärten Ziel des sozialistischen Staates, die Arbeit zum ersten Lebensbedürfnis aller zu entwickeln, war man bereits ein gutes Stück näher gekommen. Das Arbeitskollektiv galt bei der Mehrheit der Werktätigen längst als zweites Zuhause. Hier fühlte man sich wohl, konnte über alles reden, verbrachte einen Teil der Freizeit miteinander. Auch so manche Liebe mit oder ohne Trauschein hatte dort ihren Ursprung.

Die DDR war ein Land der Pläne auf den verschiedensten gesellschaftlichen Ebenen. So gab es bei uns im GRW neben den betriebswirtschaftlichen Planvorhaben, die unter maßgeblicher Mitverantwortung der Gewerkschaft entstanden, einen Frauenförderungsplan und einen Jugendförderungsplan.

Ein Beispiel: Im Jugendkollektiv "Werner Seelenbinder" arbeiteten zwei Frauen ohne Facharbeiterabschluß, was für sie nur die Lohngruppe 4 bedeutete. Da beide aber seit Jahren die Leistungen von Facharbeitern erbrachten, wurden sie auch ohne Facharbeiterbrief in deren Lohngruppe 5 eingestuft.

Das entsprach dem sozialistischen Leistungsprinzip. Für seine praktische Umsetzung sorgte in diesem Falle der Frauenförderungsplan. Zweimal jährlich fanden bei uns Vertrauensleute-Vollversammlungen und einmal im Jahr eine FDJ-Delegiertenkonferenz statt. Dort legte der Betriebsdirektor über alle Fragen der Entwicklung des Werkes - von der Planerfüllung bis zur Arbeit seines hauptberuflichen Jugendbeauftragten - Rechenschaft ab. Bei solcher Gelegenheit wurde lebhaft diskutiert und freimütig kritisiert. Darüber hinaus hatten alle Mitarbeiter jederzeit das Recht, sich unmittelbar an den Betriebsdirektor zu wenden, um im persönlichen Gespräch ihre Anliegen zu klären. Die Kündigung eines Werksangehörigen ohne Einwilligung der Gewerkschaft hatte in der DDR keine Rechtsgültigkeit. Fristlose Kündigung wegen einer Lappalie oder der Offenbarung des eigenen Verdienstes gegenüber Dritten, wie heutzutage üblich, waren schon vom Ansatz her undenkbar.

Dies alles - und ich erhebe keinen Anspruch auf Vollständigkeit meiner Schilderung - veranlaßt mich dazu, aus voller Überzeugung den VEB Geräte- und Regler-Werke Teltow als meinen Betrieb zu betrachten.

"Die Bodenschätze, die Bergwerke, Kraftwerke, Talsperren und großen Gewässer, die Naturreichtümer des Festlandsockels, Industriebetriebe, Banken und Versicherungseinrichtungen, die volkseigenen Güter, die Verkehrswege, die Transportmittel der Eisenbahn, der Seeschiffahrt sowie der Luftfahrt, die Post- und Fernmeldeanlagen sind Volkseigentum. Privateigentum daran ist unzulässig". So stand es in der Verfassung der DDR. Dem entsprach auch die Verfassungswirklichkeit.

Von all dem wurde das Volk der DDR durch jene befreit, welche in der BRD das Sagen haben: das Großkapital in den Konzernen, Banken und Versicherungen.

Ein Raubzug nie gekannten Ausmaßes von Deutschen an Deutschen hat unter der Flagge von Freiheit und Menschenrechten stattgefunden. Was die Freiheit betrifft, so verhält es sich durchaus im Sinne von Marx: Die Werktätigen der DDR wurden wieder zu "doppelt freien Lohnarbeitern". Sie sind juristisch ebenso frei wie frei von Produktionsmitteln.

Nicht wenigen Arbeitern wurde die "Ehre" zuteil, ihre eigenen Betriebe abreißen zu dürfen. Als ABM-Kräfte erhielten sie eine schlechtbezahlte Lektion über die Bundesrepublik Deutschland, in der angeblich alle Macht vom Volke ausgeht.

Gerd-Dieter Lehmann, Potsdam

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Der 2. Weltkrieg aus Sicht eines polnischen Marxisten

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

Ende RF-Extra

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Eine neue globalstrategische Allianz

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

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TTIP - die neue Würgeschlinge Made in U.S.A.

Juli 2015 "Höhere Lebensqualität" durch Genmais, Chlorhühnchen und Hormonfleisch

Seit Monaten wird in den Medien zu jeder Tages- und Nachtzeit die angebliche Glückverheißung aus vier großen Buchstaben der hinreichend abgerichteten Masse der BRD-Bevölkerung eingehämmert: TTIP - das ist die Abkürzung für Transatlantic Trade and Investment Partnership (Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft). Dabei geht es - vordergründig betrachtet - um den Abbau von Zöllen und Handelsbeschränkungen in den Beziehungen zwischen den USA und der EU.

Das weiterhin unter Bedingungen strengster Geheimhaltung ausgehandelte Vertragswerk, das vor allem USA-Konzernen und Banken, aber auch einigen maßgeblichen Sektoren des Monopolkapitals der BRD und anderer EU-Staaten Vorteile verschafft, dabei aber die Volksmassen hinten runterfallen läßt, soll Ende 2015 fertiggestellt sein.

Um was geht es? Zunächst einmal lag der sogenannte Freihandel schon immer im Interesse der Bourgeoisie. Er entsprach ihrem Verlangen nach Abbau den freien Warenaustausch beeinträchtigender Zollschranken. Solche Vereinbarungen sind inzwischen Legion. Doch erstmals treffen hier die beiden größten kapitalistischen Wirtschaftsblöcke - USA und EU - in dieser Form aufeinander. Das stößt in Kreisen des Industrie-, Handels- und Finanzkapitals einiger EU-Staaten auf heftigen Widerstand, da nicht alle Beteiligten in gleicher Weise von TTIP profitieren dürften.

Nutznießer dieses heterogenen Verbundes sind nur die wirtschaftlich stärksten und am meisten exportorientierten "Partnerländer" wie die BRD, die Niederlande und Österreich. Selbst Frankreich und Italien, vor allem aber Staaten wie Griechenland und Portugal, geraten noch mehr ins Hintertreffen.

Am 26. März 2014 hieß es in der Regierungserklärung von Angela Merkel zur Gesamtsituation der beiden großen Blöcke: "Europa und die USA erwirtschaften gemeinsam fast die Hälfte der weltweiten Wirtschaftsleistung. Fast ein Drittel des Welthandels wird über den Atlantik abgewickelt."

Inhaltlich geht es nicht nur um den Abbau von Zöllen, sondern auch um die Beseitigung "nichttarifärer Handelshemmnisse". Darunter sind Importquoten, vertragliche Exportbeschränkungen, technische Normen und Standards, Antidumpingmaßnahmen sowie Sozial-, Umwelt- und Datenschutzbestimmungen zu verstehen. Es handelt sich dabei ohne Ausnahme um Maßnahmen zur Abschirmung gegen überlegene Konkurrenten.

Zur Geschichte der TTIP: Am Jahresbeginn 2013 kündigte US-Präsident Barack Obama die baldige Aufnahme entsprechender Verhandlungen an. Damals steckten vor allem den Kapitalgewaltigen und deren jeweiligen Regierungen in Übersee wie im Europa der EU noch die verheerenden Auswirkungen der globalen Finanzkrise von 2007/08 in den Knochen. Washington ging es in dieser Situation vor allem darum, die EU-Staaten wieder stärker an die Kandare zu legen. Zugleich verfolgte die US-Führung - nicht zuletzt mit Blick auf den rasanten wirtschaftlichen Aufstieg Chinas, das für die ökonomischen Hegemoniepläne der stärksten imperialistischen Macht das Haupthindernis darstellt, auch das Ziel, durch abgesicherte Wirtschaftsbeziehungen mit dem Europa der EU die Hände in Asien freizubekommen. Man sollte zugleich aber nicht verkennen, daß sich das neue gigantische Projekt der beiden imperialistischen Blöcke explizit auch gegen Rußland richtet.

In der BRD reagierten die Unternehmerverbände euphorisch auf das TTIP-Projekt. In einer von der Bertelsmann-Stiftung in Auftrag gegebenen Studie hieß es z. B.: "Die USA und alle EU-Mitgliedsstaaten würden von einer umfassenden transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft in erheblichem Umfang profitieren." Da die USA und die EU wirtschaftlich ohnehin bereits miteinander verzahnt seien, erhoffe man sich "einen kräftigen Schub". Demgegenüber forderten Merkel und Gabriel "mehr Transparenz", wobei sie zugleich ihren "Wunsch nach Einbeziehung der Bürger" vortäuschten. Doch die Kritik der Wissenden wächst. So warnte die Tufs University im US-Bundesstaat Massachusetts) vor erheblichen Job- und Einkommensverlusten. In der EU würden etwa 600.000 Stellen wegfallen, verkündeten deren Ökonomen.

TTIP stelle einen Frontalangriff auf soziale Standards, das Arbeitsrecht, den Umweltschutz, eine nachhaltige Landwirtschaft und den Lebensstandard des überwiegenden Teils der Bevölkerung dar, erfuhr man von ATTAC. Im Ergebnis der Geheimverhandlungen werde es nicht nur zu massivem Demokratieabbau, sondern auch zu einem verschärften Angriff auf natürliche Ressourcen kommen. Bestimmte Lebensmittel, die von großen Teilen der EU-Bevölkerung abgelehnt würden, könnten dann völlig ungehindert auf den europäischen Markt strömen. Das betreffe Genmais und Hormonfleisch ebenso wie die nicht minder berüchtigten Chlorhühnchen.

Besonders dubios erscheint auch die geplante Einrichtung von internationalen nichtstaatlichen Schiedsgerichten für Streitigkeiten zwischen "Investoren" und Staaten. Auch die bereits durchgesickerte Absicht, die Verträge durch ein generelles Austrittsverbot für unwiderruflich zu erklären, zerstört die souveränen Rechte der beteiligten Staaten und liefert sie der Willkür von Monopolen aus. "Konzerne schreiben Gesetze", formulierte ATTAC und traf damit ins Schwarze. Lobbyismus über alles!, heiße fortan die Parole. Die Rolle von Parlamenten und deren Abgeordneten werde weiter degradiert.

Doch: Noch ist nicht aller Tage Abend, obwohl sich die "Arbeit" der Unterhändler bereits ihrem Ende zu nähern scheint. Überall - besonders in Europa - wächst der Widerstand. Die machtvolle Münchner Demonstration gegen den Elmau-Gipfel signalisierte erhöhte Kampfbereitschaft auch in der BRD.

RF, gestützt auf "Arbeiterstimme", Nürnberg

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Wie Cameron die britischen Wähler hinters Licht führte

Tories gruben UKIP-Faschisierern durch eigenen Rechtsruck das Wasser ab

Der überwältigende Sieg der britischen Konservativen (Tories) bei den Unterhauswahlen vom 7. Mai war auf verschiedene Ursachen zurückzuführen.

Erstens beruht der Erfolg der Partei des alten und neuen Premiers David Cameron, die mit 331 Sitzen die absolute Mehrheit errang, auf der so nicht erwarteten Niederlage der überwiegend rechtssozialdemokratischen, aber unter den Bedingungen Großbritanniens links eingestuften Labour Party. Sie verlor 26 Sitze - darunter fast ihre komplette schottische Hochburg.

Zweitens trug der taktisch motivierte Rechtsschwenk der ohnehin schon in diesem Revier angesiedelten Konservativen dazu bei. Sie vermochten sowohl auf der Linken als auch auf der Rechten ihren politischen Gegnern das Wasser abzugraben. Cameron fing durch die Ankündigung eines für 2017 vorgesehenen Referendums über das künftige Verhältnis des Vereinigten Königreichs zur EU, das die Queen inzwischen verkündet hat, den Löwenanteil der extrem nationalistisch gestimmten und zum Teil faschistoiden Wähler auf, die zuvor ihre Neigung zur Unabhängigkeitspartei des Vereinigten Königreichs (UKIP) signalisiert hatten.

Das Wahlergebnis im schottischen Landesteil war für Labour absolut niederschmetternd. Die bürgerliche Schottische Nationalpartei (SNP) eroberte 56 der 59 hier sonst immer ganz überwiegend an Labour fallenden Unterhausmandate.

Die Erklärung eines solchen Erdrutschsieges liegt auf der Hand: Als im Vorjahr über die Loslösung Schottlands von Großbritannien abgestimmt wurde, optierte Labour im Londoner Unterhaus für den Verbleib der Schotten bei Großbritannien, während sich die SNP für eine Trennung aussprach. Diese Partei zeigte damit ein bürgernahes Profil.

Ihre jetzige Spitzenkandidatin, die ebenso ambitiöse wie geschickt taktiende Nicola Sturgeon, griff sowohl die Tories als auch Labour wegen der von beiden verfolgten Sparprogramme zum Nachteil der Bevölkerungsmehrheit massiv an. Inzwischen bezeichnet ein Teil der Presse die SNP-Vorsitzende als "schottische Margaret Thatcher der Linken".

Außer den bereits genannten gibt es weitere Gründe für das in dieser Dimension völlig unerwartete Abschneiden der Partei Camerons. Deren bisheriger Koalitionspartner - die großbürgerlichen Liberaldemokraten - verschwand de facto von der politischen Bildf läche. Verfügten die Liberalen Nick Cleggs bisher über 47 Unterhausmandate, so blieben davon nur ganze 8 übrig.

Der eigentliche Wahlsieger an der Themse aber heißt Rupert Murdoch. Der Medien-Magnat kontrolliert die Mehrzahl aller in Großbritannien erscheinenden Blätter. Anfängliche Hoffnungen der um die UKIP versammelten extremen Gegner der EU, wenigstens eine partielle Unterstützung durch den britisch-australischen Medienmogul zu erhalten, erfüllten sich nicht. Die Murdoch-Presse rührte einhellig die Trommel für Camerons Tories. Eine belgische Kommentatorin sprach von einer Wahlkampagne, die hinter einem Rauchvorhang stattgefunden habe und deren Ergebnisse etliche Beobachter als eine Art "Alice aus dem Wunderland" betrachtet hätten. Bei all dem sollte man nicht verkennen, daß die UKIP-Faschisierer immerhin noch 12 % des Votums einzufahren vermochten.

Ganz offensichtlich halten die Briten das Labour-Lager immer noch für die Alternative zu den Tories, wobei namhafte Gewerkschaftsführer sich militanter zeigen. So erklärte der Generalsekretär der Dachorganisation TUC Frances O'Grady vor der Wahl: "Wer auch immer gewinnt, der Kampf beginnt nach der Abstimmung.

Bei all dem macht sich das Fehlen einer wirklich einflußreichen marxistischen Partei, die in Großbritannien einst tiefe Wurzeln hatte, sehr negativ bemerkbar. Doch es fehlt nicht an Widerständigen. So zogen am 8. Mai Tausende Londoner vom Trafalgar Square zum Kampagnehauptquartier der Tories. Die mehrheitlich jungen Demonstranten forderten die Einführung des Verhältniswahlrechts. Auf einem der mitgeführten Transparente las man: "63 % der Wähler haben nicht für die Tories gestimmt." Und in der Tat beruht deren absolute Mehrheit der Unterhaussitze auf nur 36,8 Prozent des Votums der Briten.

Übrigens kam Cameron ein in britischen Landen keineswegs zu unterschätzender Umstand zugute: die Fruchtbarkeit der königlichen Familie. Fünf Tage vor der Wahl stellte sich bei der Herzogin von Cambridge und Prinz William zum zweiten Mal erlauchter Nachwuchs ein. Das war für den arroganten und in seiner Borniertheit dem Volk total entrückten Premierminister, der sich als Abkömmling Williams IV. betrachten darf, wie ein warmer Regen: Das ganze Land und etliche feudale Zelebritäten außerhalb seiner Grenzen gratulierten nicht nur dem royalen Elternpaar, sondern auch dem Premier königlicher Herkunft. Das brachte ihm und seiner Partei mit Gewißheit Millionen zusätzliche Stimmen ein.

RF, gestützt auf "Solidaire", Brüssel, "Global Research", Kanada, und "People's

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Keine Gnade für einstige "Dissidenten"

Wie Jugoslawien durch seine westlichen "Gönner" ausgeschlachtet wurde

Die Ziele des Imperialismus im Hinblick auf Jugoslawien waren in den 90er Jahren die Liquidierung jeglicher Überreste des Sozialismus "spezieller Art" und die Inbesitznahme wichtiger Rohstoffe wie Cadmium, Blei, Zink, Silber und Gold. Auch um die etwa 17 Milliarden Tonnen umfassenden Kohlereserven, vor allem in Kosovo, ging es. Die NATO hatte insbesondere die politisch-militärische Beherrschung der strategisch bedeutsamen Balkan-Region zwischen dem Mittleren Osten und Westeuropa im Auge.

Die Abspaltung Kroatiens und Sloweniens (1991/1992), gefolgt von Mazedonien, änderte nicht nur die staatlichen Grenzen der SFRJ, sondern zerstörte auch die Wirtschaft des Landes und die Verbindung zwischen dem industriellen Norden und dem an Bodenschätzen reichen Süden, die eine positive Entwicklung beider Teile der Föderativen Sozialistischen Republik Jugoslawien garantiert hatte.

Die NATO förderte vor allem auch die albanische "Befreiungsarmee des Kosovo" (UÇK), die sich später in "Nationale Befreiungsarmee" umbenannte.

Der Möchtegern-Premier Ramusch Haradinadsch sagte in einem Interview, das er in seinem Büro in Pristina gab: "Unsere Gesellschaft ist abgeglitten." Das Problem sei nur, daß seine Partei die Korruption selbst verschuldet habe. Eines ihrer Mitglieder im Privatisierungskomitee werde angeklagt, Bestechungsgelder angenommen zu haben.

Haradinadsch stand in Den Haag wegen Kriegsverbrechen vor Gericht, wurde aber freigesprochen. Heute meint er: "Jede Änderung der Regierung wird die Verbindungslinien zerreißen!" Gemeint ist damit die Korruption auf höchster Ebene.

Und sogar EULEX, die von der EU eingesetzte Exekutiv-Agentur zur Überwachung der Gesetzlichkeit in Kosovo, führt derzeit entsprechende Untersuchungen.

"Premier" Taçis Berater Ardian Arifadsch meint dennoch: "Für die USA ist Kosovo ein Erfolg!"

Wie da wohl erst ein Mißerfolg aussehen mag, fragt demgegenüber Melanie McDonagh, die den Regierungschef ebenfalls berät.

Im 2. Weltkrieg waren Kosovo und Albanien durch Mussolinis italienische Truppen besetzt, während die deutschen Faschisten einen aussichtslosen Kampf gegen Titos Partisanenarmee führten. Diese wurde damals von der Antihitlerkoalition unterstützt.

Hitler ließ in jener Zeit die albanische SSDivision "Skanderbeg", benannt nach einem Edelmann des 15. Jahrhunderts, aufstellen. Deren Angehörigen wurde im Falle des Sieges ein "Groß-Albanien" versprochen, das Kosovo sowie Teile Mazedoniens, Montenegros und sogar Griechenlands umfassen sollte. Den Leitern der albanischen Kollaborateure aus der Organisation Balli Kombetar gelang 1945 die "Ausreise" in die USA, wo sie das "Nationale Komitee für ein Freies Albanien" gründeten, das vermutlich durch die CIA finanziert wurde.

Seit dem Tod Marschall Titos im Jahre 1980 stiegen Jugoslawiens Auslandsschulden von 2 Milliarden US-Dollar im Jahr 1970 auf über 20 Milliarden Dollar (1987). Zu den Anleihebedingungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) gehörte das berüchtigte "Umbaumodell". Es sah eine drastische Kürzung staatlicher Mittel für Entwicklungsprojekte und Vorhaben im Sozialwesen vor, um Belgrads Auslandsschulden begleichen zu können.

Die Wirkung war verheerend: Zwischen 1979 und 1985 stürzten die Löhne um 25 % ab. Von 1982 bis 1989 sank der Lebensstandard um 40 %.

Nach Angaben eines kanadischen Analytikers war die industrielle Produktion Jugoslawiens zwischen 1966 und 1979 um etwa 7,1 % gestiegen. Doch bereits nach der ersten "Reform"-Periode (1980-1987) sank die Rate auf 2,8 % und 1987/88 auf null. Das Jahr 1990 brachte dann einen weiteren Absturz von 10,6 %!

Ins Visier des IWF und der Weltbank gerieten dabei die verlustreichen staatlichen Unternehmen. Schon 1989 wurden 248 von ihnen liquidiert, was zur Entlassung von 89.400 Arbeitern führte. In den ersten neun Monaten des Jahres 1990 mußten weitere 889 staatliche Unternehmen der SRFJ mit insgesamt 525.000 Arbeitern Konkursverfahren einleiten - die meisten davon in Serbien, Bosnien-Herzegowina, Mazedonien und Kosovo.

1999 überfiel die NATO den einstigen "Ostblock-Dissidenten" Jugoslawien ohne Vorwarnung. Ihre Luftwaffe, darunter auch Maschinen aus der BRD, bombardierte mehrere Orte und auch die Hauptstadt Belgrad. Gezielt vernichtete sie Chemieunternehmen, Ölraffinerien, Gas- und Elektrizitätswerke sowie die staatliche Zastava-Autofabrik, wo zum Zeitpunkt des Großangriffs der U.S. Air Force 10.000 Menschen bei der Arbeit waren.

Im Jahr 2000 wurde bekannt, daß bei den Schlägen gegen Kosovo auch Uran-Munition verwendet worden ist, wodurch vor allem Kinder zu jahrelangem, qualvollem Siechtum verurteilt wurden.

Die auf Präsident Slobodan Milosevics Ära folgende Kostuniza-Regierung akzeptierte das Jugoslawien aufgezwungene "Programm für eine radikale Wirtschaftsreform", das von Belgrader Ökonomen unter Anleitung sogenannter US-"Think tanks" entworfen worden war. Ihr blieb kaum eine andere Wahl.

Dr. Vera Butler, Melbourne

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Vom Welpen zum Jungfuchs

Der slowakische Verein "Cervená liska" konzentriert sich zunächst auf Bildungsarbeit

Wir wollen die Leser des RF angesichts des zu Ende gehenden ersten Studienzyklus unseres slowakischen Rotfuchs-Bildungsvereins über erste Erfahrungen der Entwicklung vom Welpen zum Jungfüchslein informieren. Inspirierender Ausgangspunkt war die Teilnahme von zwei Vorstandsmitgliedern unseres damals gerade erst aus der Taufe gehobenen Interessentenkreises an der RotFuchs-Mitgliederversammlung, die im Oktober 2013 in Berlin stattfand. Auch an dieser Stelle möchten wir uns für die dabei übermittelten Erfahrungen des weitaus größeren und älteren "deutschen Bruders" herzlich bedanken.

Zur Information der Leser des RF: Am Tag der amtlichen Registrierung unseres Vereins "Cervena liska" (Roter Fuchs) waren wir nur eine Handvoll Genossen. Heute sind es - über die ganze Slowakei verstreut - weitaus mehr. Der Altersdurchschnitt beträgt 46,5 Jahre. Unser Bildungsangebot zielt keineswegs nur auf "Altkader" der einstigen KP der Slowakei (KSS), sondern auch auf Mitbürger deutlich unter vierzig, die zu uns gestoßen sind. Förderlich ist hierbei das Wirken eines Vorstandsmitgliedes im Verband der antifaschistischen Widerstandskämpfer, in dem viele der Kinder und Enkel einstiger Teilnehmer des Slowakischen Nationalaufstands von 1944 versammelt sind.

Aufgrund ihrer territorialen Entfernung voneinander nutzen die Vorstandsmitglieder das Internet als Arbeitsplattform. In aller Regel informieren wir uns mindestens zweimal in der Woche untereinander über wichtige Geschehnisse, um notwendige Entscheidungen treffen zu können. Dabei geht es meist um die Bewertung aktueller Entwicklungen in der Slowakei, Europa und der Welt.

Wir haben in einer Reihe von Regionen Studiengruppen gebildet. Als Grundlage ihrer Arbeit dient die auf der Internetseite des Vereins hinterlegte Bibliothek des Marxismus-Leninismus, die für alle die gleiche Quellenlage sichert. Für das erste Studienjahr stellten wir uns die Aufgabe, Lenins "Staat und Revolution" durchzuarbeiten und allen Mitgliedern unter den Bedingungen der noch nicht verwundenen Niederlage des Sozialismus einige seiner Kerngedanken nahezubringen.

Da die meisten Teilnehmer in den letzten 25 Jahren überhaupt nicht mit der marxistischen Terminologie in Berührung gekommen sind, stellten wir ihnen ein kleines diesbezügliches Wörterbuch zur Verfügung. Um niemanden zu überfordern, wählen wir beim Selbststudium bewußt ein sehr geringes Seitenquantum.

Einige Bemerkungen zur Resonanz unseres Internet-Auftritts. Anfangs zählten wir die Klicks, die zwischen 200 und 800 in der Woche lagen und freuten uns über deren Zunahme. Wichtiger aber sind für uns inzwischen die per Mail eingehenden Stellungnahmen, Anfragen, Vorschläge und kritischen Hinweise. Die Zahl der Zuschriften wuchs ständig, vor allem in Abhängigkeit von inspirierenden Leitartikeln oder Beiträgen zu herausragenden Ereignissen.

Positiv wirkte sich die Festlegung aus, daß die Studierenden einer "territorialen Einheit" in der Regel zweimal monatlich zusammenkommen und ihre Gedanken über das Gelesene austauschen. Inzwischen konstatieren wir bei unseren Mitgliedern nicht nur einen bemerkenswerten Wissenszuwachs, sondern auch deren zunehmende Fähigkeit zum unmittelbaren politischen Eingreifen und ein spürbar wachsendes Engagement in der Öffentlichkeit. Unser Vorstand bereitete für die Sommerpause ein kleines Literaturprogramm vor. Dazu schrieb Dr. phil. M. Dienes einen Grundsatzbeitrag unter dem Titel "Sozialismus - eine Sünde?"

Noch ein Wort zur Öffentlichkeitsarbeit. 2014 stellten wir uns beim alljährlichen Treffen der Generationen im Gebirgsort Caliste erstmals einem größeren Personenkreis vor. Es handelte sich um die Gedenkveranstaltung zu Ehren der am 18. März 1945 von deutschen Faschisten ermordeten Einwohner dieses Bergdorfes, das die Partisanen aktiv unterstützt hatte. Weit über 6000 Slowaken aller Altersgruppen waren dort zugegen. Unser Informationsstand wurde von vielen besucht. Mit ihnen führten wir interessante Gespräche, bei denen ein beachtliches Informationsbedürfnis festzustellen war.

Am Vorabend der Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag des Slowakischen Nationalaufstandes fand unser "Aufruf für den Frieden" Eingang in viele der Grund- und Regionaleinheiten des Verbandes der antifaschistischen Widerstandskämpfer. Wir beteiligten uns auch an der Gedenkveranstaltung zum 70. Jahrestag der Befreiung Bratislavas durch die Rote Armee, bei der Rußlands Außenminister Lawrow zugegen war.

Alles in allem dürfen wir eine recht positive Entwicklung unseres noch immer wachstumsbedürftigen Füchsleins konstatieren. Es verfügt über scharfe Augen und bewegt sich bereits recht wendig in der politischen Landschaft der Slowakei. Mit unserer Hauptseite http://www.cervenaliska.sk tragen wir zur Klärung wichtiger Grundfragen des derzeitigen politischen Kampfes bei.

Natürlich ziehen wir auch inhaltliche Grenzen: Kann sich ein potentieller Autor absolut nicht mit unseren Positionen anfreunden, bitten wir ihn um Verständnis dafür, daß wir - ungeachtet seiner möglichen Reputation oder Formulierungskunst - auf den Beitrag leider verzichten. Zugleich aber reichen wir jedem die Hand, der sich für die Erhaltung des Friedens einsetzt.

Uwe Klaus, Chemnitz


Unser seit vielen Jahren in der Slowakei beruflich engagierter Autor ist 2. stellvertretender Vorsitzender des Vereins.

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Befund: Flächenbrand

Karin Leukefeld legte eine bemerkenswerte Analyse des Nahen und Mittleren Ostens vor

Leser der "jungen Welt" und auch des "nd" kennen Karin Leukefeld. Sie schätzen ihre durch profunde Sachkenntnis geprägten Beiträge von Brennpunkten im Nahen und Mittleren Osten, die sich durch eine realistische Darstellung des Geschehens wohltuend von den meisten Ergüssen des "Mainstreams" abheben.

Die kompetente Berichterstatterin vom Ort des Geschehens hat jetzt ein Buch vorgelegt, dem eine große Leserschaft zu wünschen ist. Es zeichnet sich durch erfreuliche Faktendichte aus und analysiert Entwicklungen, über die Karin Leukefeld seit mehr als 15 Jahren aus dem Nahen Osten informiert. Ihr aktuelles Fazit lautet: Flächenbrand. Seit 2011 hatten viele Stimmen davor gewarnt. Kenner der Materie sahen voraus, daß die massive äußere Einmischung in den durch die Medien überhöht dargestellten "arabischen Frühling" zur militärischen Verwüstung und vorsätzlichen Zerstörung souveräner Staaten wie Syrien und seiner Nachbarn sowie zur nachhaltigen Destabilisierung der gesamten Region führen werde. Die Autorin läßt keinen Zweifel daran, wer die Hauptverantwortung für diese den Weltfrieden gefährdende Entwicklung trägt: "Die USA, die als alleinige Weltmacht die Führung über andere souveräne Staaten beanspruchten, setzen UNO-Resolutionen und das Völkerrecht nach eigenen Interessen durch bzw. außer Kraft. Wer dem folgt, wird Partner, wer dem nicht folgt, gilt als Feind."

Auf 230 Seiten versteht es Karin Leukefeld, die Dialektik von imperialistischem Hegemonialstreben, aggressiver Intervention und regionalen Interessenkonflikten anschaulich darzustellen. Am Beispiel Syriens vermittelt sie überzeugend, wie die der gesamten Region des Nahen und Mittleren Ostens zugedachten Segnungen der amerikanischen "Neuordnung" durchgesetzt werden und mit welchen unsäglichen Opfern die US-Hegemonie vorangetrieben wird.

Sie beschränkt sich nicht darauf, sondern zeigt, daß "auch die 'Partner' der USA eigene Interessen" verfolgen. Sie belegt, daß Washington und dessen Komplizen bereits seit längerem "auf den Sturz von Bashar al-Assad hingearbeitet hatten, weil dieser ihre Vorstellungen der Weltordnung nicht teilte". Zu letzterem gehört natürlich, daß er in seiner Kooperation mit Rußland eigenen Interessen folgt und nicht den Vorgaben aus Übersee.

Anhand des selbst Erlebten vermittelt Karin Leukefeld einen Rückblick auf vier Jahre Krieg in Syrien. Das unterlegt sie mit einer prägnanten Analyse der "nationalen und internationalen Ebene des Konflikts".

Einen zweiten Teil ihres bemerkenswerten Buches widmet die Kennerin der Region Syriens Nachbarstaaten - der Türkei, Irak, Jordanien, Israel und Libanon. Sie sind Betroffene oder selbst Akteure im syrischen Bürgerkrieg. Überzeugend charakterisiert Karin Leukefeld Israels Politik der Okkupation und Obstruktion sowohl in bezug auf Syrien als auch in der israelisch-palästinensischen Auseinandersetzung. Und sie ruft in Erinnerung, daß Israel, abgesichert durch Washington und dessen Vasallen, "als Besatzungsmacht wie kein anderes UNO-Mitglied die von den Vereinten Nationen festgelegten Prinzipien gegenüber Nachbarstaaten und gegenüber der Zivilbevölkerung in Gebieten unter seiner Besatzung mißachtet. Sie weist nach, daß Tel Aviv mit westlicher und nicht zuletzt bundesdeutscher Billigung und Unterstützung zum aktiven Teilnehmer der gegen die legitime Regierung des UNO-Mitgliedstaates Syrien kämpfenden internationalen Koalition geworden ist.

Vor dem Hintergrund des Schicksals der Palästinenser seit der Teilung des britischen Mandatsgebietes 1947 und der syrisch-palästinensischen Beziehungen seitdem analysiert die Autorin deren Dilemma. Immerhin waren anfangs 560.000 Palästinenser offiziell in Syrien gemeldet. Aufschlußreich ist dabei ihre Betrachtung der wichtigsten Flüchtlingslager im Verlauf des Bürgerkrieges.

Unter "Befund: Flächenbrand" analysiert Karin Leukefeld im abschließenden dritten Teil ihres Buches die regionalen Kräfte und Organisationen, die im Ergebnis der äußeren - westlichen -Einmischung in Form von "Opposition" oder religiös drapierten Gruppierungen in den betroffenen arabischen Ländern wirksam sind.

Sowohl die Muslimbrüder, "El-Kaida", die "Nusra-Front" und nicht zuletzt der "Islamische Staat" erfahren in dieser Betrachtung eine solide Bewertung. Charakterisiert werden die Heuchelei und Hinterhältigkeit solcher von den USA und ihrem Gefolge organisierten ausländischen Sponsoren wie der "Freunde Syriens".

Bernd Fischer


Karin Leukefeld: Flächenbrand. Syrien, Irak, die arabische Welt und der Islamische Staat, Papy-Rossa Verlag, Köln 2015, 230 Seiten, 14,90 Euro, ISBN 978-3-89438-577-4

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Auschwitz war der Inbegriff des Faschismus

In den ersten Jahren dieses Jahrtausends habe ich zweimal für eine Gruppe Jugendlicher aus Schwerin und Crivitz mehrtägige Fahrten zu den Konzentrationslagern Stutthof und Auschwitz (Oswiecim) organisiert. Zur Vorbereitung dieser für die Teilnehmer ungewöhnlichen Exkursionen, die gemeinsam mit der Friedrich-Ebert-Stiftung Schwerin organisiert worden waren, ergab sich die Möglichkeit, den beeindruckenden Film von Loring Mandel und Frank Pierson "Conspiracy" ("Die Wannseekonferenz") zu sehen.

Anschließend kam es zu einem Gespräch der Teilnehmer der Bildungsreise mit dem Überlebenden des Vernichtungslagers Auschwitz, Adam König. Für viele dieser jungen BRD-Bürger war es das erste Mal, daß sie von den Ursachen des Machtantritts und der menschenverachtenden Politik des deutschen Faschismus erfuhren.

Auf dem Weg nach Oswiecim suchten wir in Berlin die Gedenkstätte "Haus der Wannseekonferenz" auf.

In Auschwitz waren wir Gäste der Internationalen Jugendbegegnungsstätte, die seit 1986 vielen tausend jungen Leuten nicht nur Quartier bietet, sondern auch Informationsquelle ist.

Schon vor der Fahrt waren von uns Arbeitseinsätze der Teilnehmer auf dem Gelände des Lagers ins Auge gefaßt worden. Die Ergriffenheit, aber auch das Nachdenken über Vergangenheit und Zukunft verstärkten sich am Ort des Geschehens.

In der freien Zeit nutzten wir die gut ausgestattete Bibliothek der Begegnungsstätte.

Dabei wäre das jetzt im Verlag edition ost erschienene Buch mit einem Text von Susanne Willems und Fotos von Frank und Fritz Schumann schon damals für uns von besonderem Wert gewesen.

Der Text ist chronologisch und inhaltlich klar strukturiert. Besonders wichtig erscheint mir, daß es in sich geschlossene Kapitel u. a. zu folgenden Themen gibt: Das Interessengebiet; Die I.G. Auschwitz; Massenvernichtung im Stammlager; Das Lager der sowjetischen Kriegsgefangenen; Der Aufbau des Lagers Birkenau; Die Massendeportation europäischer Juden nach Auschwitz; Das Frauenlager; Sinti und Roma in Auschwitz-Birkenau; Konspiration und Revolte; Die Befreiung; Das Museum Auschwitz-Birkenau.

Es ist sehr beeindruckend, welche Fülle an Material Susanne Willems, Jahrgang 1959, bekannt aus der Aktion Sühnezeichen, heute am Lehrstuhl für deutsche Geschichte des 20. Jahrhunderts der Berliner Humboldt-Universität tätig, zusammengetragen und aufgearbeitet hat, so daß daraus ein sehr informatives Buch geworden ist. Obwohl ich schon viel über dieses Lager wußte, sind die neuen Erkenntnisse erschütternd.

Einer Aussage der Autorin vermag ich allerdings nicht zu folgen. Auf dem Einbanddeckel des Buches liest man: "Die Verbrechen in Auschwitz verjähren nicht. Es ändert sich der Blick. Je länger geforscht wird, um so mehr erfahren wir. Wer verfolgte dort welche Interessen? Wer verdiente am Massenmord und womit? Begründete und wichtige Fragen, die lange nicht gestellt wurden, weil Trauer und Zorn überwogen." Dies trifft zwar auf die Geschichtsschreibung der BRD, nicht aber auf die Faschismusforschung der DDR zu. In diesem Zusammenhang muß ich an den Auschwitz-Überlebenden Kurt Goldstein erinnern, dem gerade der Zusammenhang zwischen dem Völkermord der Faschisten, den Vernichtungslagern und dem Wesen des Imperialismus wichtig war.

Im Buch wird vieles über den Widerstand polnischer politischer Häftlinge vermittelt. Kurt Goldstein, dessen Freundschaft ich gewann, beschreibt den Widerstandskampf auf der von Auschwitz betriebenen Grube Jawischowitz, der besonders von deutschen Kommunisten organisiert wurde.

In dem 1999 erschienenen Buch von Rosemarie Schuder und Rudolf Hirsch "Nr. 58866 'Judenkönig'" stellt Kurt Goldstein fest: "Ich bin ein jüdischer Kommunist. Jude zu sein, das ist ein Stück meiner kulturellen, und Kommunist zu sein, Teil meiner politischen Identität."

Eine Rezension des hier besprochenen Buches wäre ohne Würdigung der hervorragenden Fotos - sowohl unter technischem Gesichtspunkt als auch hinsichtlich der Motivauswahl - unvollständig. Man sieht, daß zwei Fotokünstler am Werke waren, die verschiedenen Generationen angehören.

Dieses Buch ist zur rechten Zeit erschienen. Der Wiederaufstieg des in der alten BRD nie überwundenen Faschismus sowie dessen Vormarsch im Baltikum, der Ukraine, Polen und Ungarn, aber auch in west- und südeuropäischen Staaten wird von den Medien gezielt verharmlost, während man das Feuer auf die Idee des Kommunismus lenkt. Dagegen ist Widerstand zwingend geboten.

Konstantin Brandt


Susanne Willems (Text), Frank und Fritz Schumann (Fotos): Auschwitz - Die Geschichte des Vernichtungslagers, edition ost im Verlag Das Neue Berlin, Berlin 2015, 29,99 €, ISBN 978-3360018663

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Wie Dresden aus den Ruinen wiedererstand

Am 9. Mai - 70 Jahre nach dem Ende des Großen Vaterländischen Krieges - fand eine machtvolle Demonstration der russischen Armee in Moskau statt. Das mußte Freund wie Feind beeindrucken. Was jedoch nicht weniger bedeutsam erscheint, war die weltweit Aufsehen erregende Teilnahme von Paradeeinheiten aus China, Indien und einer Reihe ehemaliger Sowjetrepubliken. All das läßt die Erinnerung an die im 2. Weltkrieg geschmiedete Antihitlerkoalition wach werden, die - mit der die Hauptlast tragenden Sowjetunion - nach opferreichem Kampf den deutschen Faschismus niederzuringen vermochte. Jetzt endlich entsteht wieder ein Kräftepotential, das einen drohenden dritten Weltkrieg verhindern könnte.

Unser Beitrag dazu ist die Verteidigung der geschichtlichen Wahrheit, die mehr denn je hemmungslos verfälscht wird. Dieser Kampf ist abermals in aller Schärfe entbrannt. Er führt auch über den Streit um Begriffe, wer welchen Ausdruck verwendet: Kriegsende, Kapitulation, Niederlage, Zusammenbruch, Stunde Null, Besetzung oder Befreiung. Stellung dazu wird nicht nur in der "großen Politik" - wie wir es rund um den 8. und 9. Mai verfolgen konnten - genommen, sondern auch überall dort, wo Familien, Verwandte, Freunde und Bekannte zusammentreffen.

Nicht selten sind es reaktionärer Ungeist, das Verharmlosen faschistischer Untaten, Ausländerfeindlichkeit und "Russenhaß", was sich da - auch mitten unter uns - bedrohlich zusammenbraut. Aufklärungsarbeit zu leisten ist in dieser Situation unerläßlich.

In Dresden war es die Gemeinschaft für Menschenrechte im Freistaat Sachsen (GMS), die das Jubiläum zum Anlaß nahm, eine Publikation zum 70. Jahrestag der Befreiung der Elbmetropole herauszugeben.

In 23 Beiträgen werden Materialien aus Archiven, historische Fotos, persönliche Erinnerungs- und Augenzeugenberichte überzeugend dokumentiert, die all das festhalten, was bewahrt und verteidigt werden muß. So widerlegt man die Lüge, die Sowjetunion habe die anglo-amerikanischen Bombenangriffe auf Dresden gewollt. Zeitzeugen wie Viktor Klemperer, Hans Modrow, Horst Schneider und weitere Aktivisten der ersten Stunde kommen dabei zu Wort. Sie schildern ihre Erlebnisse in der Schlußphase des Krieges, den ersten Tagen nach der Befreiung sowie die demokratische Schulreform, die Gründung der Volkssolidarität, die Rettung der Schätze der Dresdner Galerie und die Volksentscheide über die Enteignung der Kriegs- und Naziverbrecher im Sommer 1946.

So wie in Dresden bahnte die Befreiungstat der Roten Armee den Weg für eine antifaschistisch-demokratische Ordnung im Osten Deutschlands, aus der später die sozialistische DDR erwuchs, die für 40 Jahre Frieden in Europa stand.

Die in 1000 Exemplaren herausgebrachte Broschüre ist für RotFüchse sicher von Interesse.

Bruni Steiniger


Als Dresden neu geboren wurde. Herausgegeben von der Gemeinschaft für Menschenrechte im Freistaat Sachsen (GMS), Dresden 2015, 118 S., 9,50 €. Zu bestellen bei
eberhard.koenig@mv-dresden.de

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Als mich die DDR nach Guinea schickte (Teil 3)

Vier schöne Jahre einer weißen Internationalistin unter schwarzen Freunden

Den ersten Theorieunterricht, der natürlich auch zur Praxis gehört, habe ich vor fast 80 Schülern in einem Raum erteilt, der nur für 50 vorgesehen war. Also mußte sich in fast jede Zweierbank noch einer reinquetschen. Ich habe mir alles schön aufgeschrieben, um mich mit meinem Französisch nicht zu blamieren. Diakite stellte mich fröhlich lärmend vor und ließ mich dann allein. So stand ich vor meinen Schülern im Klassenzimmer, was immerhin etwas anderes ist als ein Lehrlabor, in dem es wesentlich lockerer zugeht. Ehe ich etwas äußern konnte, erhob sich einer und rief wenige Sätze in den Raum. Die anderen fielen ein. Ich verstand nur den Schluß: A bas l'imperialisme! Vive la victoire! Pret pour la revolution! (Nieder mit dem Imperialismus! Es lebe der Sieg! Bereit für die Revolution!)

Danach setzte sich alles rasselnd nieder. Nun war die Reihe an mir: "Ich komme aus der Deutschen Demokratischen Republik, um euch, liebe Freunde, in Hämatologie zu unterrichten." Prasselndes Händeklatschen. Mir ging das Herz auf! Wegen meiner noch nicht gefestigten Sprachkenntnisse machte ich mir keine Gedanken mehr.

"Sie wollen von mir lernen, aus welchen Einzelteilen das Blut besteht, welche Aufgaben diese haben und wie sie untersucht werden, ich aber möchte von ihnen gerne Französisch lernen." Lautstarke Zustimmung.

Der Bann war gebrochen, wir waren uns sympathisch. Was tat's, wenn die erste Stunde eher einer Französischstunde glich, in der 80 Lehrer einen Schüler unterrichteten! Wir einigten uns schließlich dahin gehend, nur grobe sprachliche Schnitzer zu verbessern und grammatikalische Feinheiten wie le oder la und ähnliches erst einmal zu übersehen. Ich bat um langsames und deutliches Sprechen, was meist für die Dauer von zwei Sätzen eingehalten wurde.

Die drei Stunden waren um, ehe ich mich's versah. Ich packte meinen Hefter in die Tasche, verabschiedete mich und wollte gehen. Doch die Schüler blieben sitzen.

Eigentlich begann jetzt das ersehnte Wochenende. Da stand einer auf und bat mich, doch noch etwas von der DDR zu erzählen. Wie gern ich das tat! So berichtete ich von unserem schweren Anfang nach dem schrecklichen Krieg, wie wir gearbeitet und gehungert hatten, um den Grundstock zu einem völlig anderen und besseren Deutschland zu legen. Auch davon, wie wir unsere Industrie wiederaufgebaut und unter Entbehrungen die Pläne erfüllt hatten, wodurch wir endlich die Lebensmittelrationierung aufheben konnten. Wie es dann aufwärts ging, der Sozialismus Gestalt annahm und das Leben leichter wurde. Es war ein Jugendforum mit vielen Fragen. Ich spürte das Informationsbedürfnis, zumal nur wenige ein Rundfunkgerät besaßen und auch die Zeitung "Horoya" nicht immer regelmäßig erschien.

Während ich zu Hause im Tagebuch gerade meinen geglückten Unterrichtsanfang schildere, ist es unversehens dunkel geworden. Kaum ist die Sonne untergetaucht, beginnt eine Grille zu zirpen. Sekunden später fallen die anderen zum tropischen Nachtkonzert ein. Momo, unser Hausmeister und Wächter, hat sich mit seiner Familie zum ersehnten Mahl niedergelassen.

Nach islamischer Vorschrift ist Karim - Fastenzeit -, und so darf bis zum Sonnenuntergang nichts gegessen und getrunken werden. Das aber wird dann abends nachgeholt. Am Tage des Ramadan - dem Ende der Fastenzeit - strömen von allen Seiten festlich gestimmte Menschen zum Stadion und füllen in langen Reihen das weite Oval. Die Gläubigen, streng getrennt nach Männern und Frauen, hocken versunken auf ihren Gebetsmatten und erwarten die Ankunft des Präsidenten Sekou Touré und des Imam. Gegen 10 Uhr kündigen Fanfaren das Eintreffen der beiden hohen Amts- und Würdenträger an. Sie breiten wie die anderen ihre Gebetsteppiche aus. Der Imam tritt vor, das Große Gebet beginnt, dessen feierlicher Ernst auch unsere Kinder und die Fotoapparate verstummen läßt.

Anschließend gehen die Gläubigen angeregt heim, wo mit Hammel- oder Hühnerbraten den Tag über kräftig gefeiert wird. Falls beides nicht vorhanden ist, genügt auch Fisch.

Unser Labor ist nun in Betrieb, und alles geht seinen Gang. In dessen Trakt gibt es einen "Garçon" - das ist, anders als das Wort vermuten läßt, kein junger Bursche, sondern ein älterer Mann, der die groben Arbeiten erledigt. Er ist wie seinesgleichen wenig geachtet, auch die Schüler treiben seinen Schabernack mit ihm. Er zeigte mir ein Rezept für Hustensaft und Vitamine, die aus Mangel an wirksameren Medikamenten oft verschrieben werden. Der "Docteur" aus der Apotheke hätte ihn immer wieder weggeschickt. Dieser ist indes nur ein einfacher Apothekenangestellter. Welchen Beziehungen er diesen lukrativen Posten verdankt, steht auf einem anderen Blatt. Er ist ein arroganter Laffe. Ich nehme das Rezept, drängele mich entgegen meiner Gewohnheit an der Schlange der Wartenden vorbei und verlange laut die Medikamente "für meinen Kollegen Garçon". Etwas geschockt händigt mir der "Docteur" sie sofort aus und verzählt sich obendrein auch noch beim Herausgeben des Wechselgeldes zu seinen Ungunsten. Der an sich bedeutungslose Vorgang sprach sich herum, und alles lachte sehr auf Kosten dieses "Megalomanen".

Der Unterricht nimmt seinen Lauf. Neben einigen Stunden Theorie erfolgt die Praxisunterweisung wie daheim. So kann ich mich jetzt mehr den großen und kleinen Begebenheiten Afrikas widmen.

Am 14.11.1973 notiere ich in meinem Tagebuch: Ausflug zum Fluß. Frühmorgens glänzte alles vor Sauberkeit und Frische, in der Nacht hatte es noch einmal geregnet. In die Kühltaschen hatten wir unseren Proviant für den ganzen Tag verpackt. Unser Ziel ist der Mündungsarm eines kleinen Flusses. Dem Kakulima, diesem markanten Eckpfeiler eines Gebirges, das sich weit ins Land erstreckt, kamen wir ziemlich nahe. Früher führte eine Straße dort hinauf, die eigens für den französischen Gouverneur angelegt worden war. In 1000 Metern Höhe ist das Klima weitaus erträglicher. So hatte er sich dort ein Wochenendhaus bauen lassen. Die Straße ist längst wieder zugewuchert.

Hinter dem Dorf Dubreka kamen uns Kinder hinterhergelaufen: "Futte, Futte", riefen sie: "Weiße"! Sie gingen uns nicht von den Fersen, wollten Bonbons und Kekse, mit denen wir uns vorsorglich eingedeckt hatten. Wie krank sahen einige von ihnen aus! Schmale, graue Gesichtchen, dünne Ärmchen und sehr dicke Bäuche ... Eine Frau scheuchte sie weg. Uns sah sie böse an. Welche Erfahrungen mag sie mit Weißen in Kolonialzeiten gemacht haben!

Noch eine Notiz, die ich acht Tage später eintrug: Anläßlich des Nationalfeiertages von Guinea war unser Postminister zu Besuch in Conakry. Er verbrachte den letzten Abend mit uns in der DDR-Botschaft. Helli, der Arzt, und ich hatten Bardienst. Diesmal war nämlich unsere Expertengruppe an der Reihe. Wir schenkten Bier und Apfelsaft aus. Die Flasche kostete 15 Syli. Zum Schluß mußten wir 20 Syli drauflegen, weil auch wir uns verrechnet hatten. Peinlich, denn nur ein dummer Buffetier tut so etwas! Ich lerne hier also auch noch das Metier einer Bardame. Doch nicht jede bedient gleich einen Minister!

Renate Teller, Worpswede

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Ein nobler Vorschlag

Hunderte kubanische Ärzte und Pfleger, die nach fast sechsmonatigem Einsatz zur Ebola-Bekämpfung aus Guinea-Conakry, Sierra Leone und Liberia zurückgekehrt sind, wurden von der Jahreskonferenz norwegischer Gewerkschaften für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen.

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Vom Fußfassen des Kulturbundes in Mecklenburg

Vor 70 Jahren erfolgte die Gründung des Kulturbundes zur demokratischen Erneuerung Deutschlands. Die Veranstaltung fand am 4. Juli 1945 im stark zerstörten Großen Sendesaal des Berliner Rundfunks statt. "Der Kulturbund soll das geistige und kulturelle Parlament unseres Landes werden!" rief der greise, von den Nazis verfolgte Schriftsteller Bernhard Kellermann den 1500 Versammelten zu. Er wandte sich an alle, "die auch in der finstersten Zeit nicht vergaßen, was Recht und was Unrecht, was Wahrheit und Lüge, was Gerechtigkeit und Gemeinheit ist". Sein Wort galt jenen, die auch unter den Bedingungen des Faschismus die Mahnung des großen Sohnes der Nation, Johann Wolfgang von Goethe, nicht vergaßen: "Edel sei der Mensch, hilfreich und gut."

Solche Rede mag heute manchem pathetisch erscheinen, doch nach dem Krieg war es für alle, die einen radikalen gesellschaftlichen Um- und Aufbruch wagen wollten, selbstverständlich, nicht nur seinen Verstand, sondern auch seine Gefühle und seine Leidenschaft einzubringen.

Unbestritten hat sich der Kulturbund in den langen Jahren seines Bestehens verändert, aber seinen Anspruch, dauerhaft an der demokratischen Erneuerung Deutschlands mitwirken zu wollen, hat er nicht aufgegeben. Dieses Bewußtsein wird jenen mißfallen, die im ostdeutschen Anfang und dann in der DDR nur Unsaat und Unrat erkennen, ohne danach zu fragen, warum der kleinere Teil Deutschlands zum Hoffnungsträger für die meisten von den Nazis vertriebenen Künstler, Gelehrten und Schriftsteller wurde.

1947 zählte der Kulturbund bei uns in Mecklenburg-Vorpommern nicht weniger als 24.000 Mitglieder. Wissenschaftler, Ärzte, Lehrer, Vertreter der Künste, Techniker, Schriftsteller, Theologen, Studenten und Schüler hatten sich ihm angeschlossen. Aus freien Stücken handelnd, wollten sie dabei sein, wenn neue Ufer angestrebt wurden. Auch heute bekennt sich niemand nur deshalb zum Kulturbund, weil er ihm einen Treueschwur geleistet hat, sondern weil er dessen Ideale nach wie vor für erstrebenswert hält.

Nachdem man den Kulturbund unter Adenauer im Westen schon vor Jahrzehnten verboten hatte, wurde ihm nun auch in Mecklenburg-Vorpommern der "Brotkorb" abgehängt. Damit gibt es zwar keinen Landesverband mehr, aber die Gruppen fanden unter dem Dach des Bundesvorstandes einen sicheren Schutz.

Der Kulturbund hat sich vom Tag seiner Gründung bis in die heutige Zeit immer auch als Teil der Friedensbewegung verstanden. Es erfüllt uns deshalb mit Sorge, wenn deutsche Politiker ein Ende der "Kultur der Zurückhaltung" fordern.

Prof. Dr. Benno Pubanz, Güstrow

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Brandenburgs Naturschützer geben nicht auf

Meine vom August 1970 bis heute andauernde Tätigkeit im Kulturbund beruht eigentlich auf einem Mißverständnis: Ich hatte die KB-Kreissekretärin in Brandenburg/Havel während einer Busfahrt der Arbeitsgemeinschaft Natur & Heimat (N & H) gefragt, ob ich bei Veranstaltungen hin und wieder aushelfen könne. Das Ergebnis war das Angebot einer Halbtagsstelle als Sachbearbeiterin. Da mein Mann kurz zuvor verstorben war und ich mit den Kindern von einer recht schmalen Invalidenrente lebte, sagte ich zu. Zu meinen Obliegenheiten gehörte die Zusammenstellung sämtlicher monatlichen Veranstaltungen der zahlreichen Fachgruppen und des Fontaneklubs.

1951 war die Arbeitsgemeinschaft N & H durch den Kreisnaturschutzbeauf tragten gegründet worden. Auf dem Programm standen zunächst kurze Wanderungen und monatliche Vorträge. 1970 stieß ein junger Lok-Schlosser als neuer Wanderleiter zu den drei alten Herren, die bisher die Touren geführt hatten. Er dehnte die Strecke bis in den Fläming aus und bot statt der vorherigen Distanz von sechs nun bis zu fünfzehn Kilometern an.

1976 wurde mir die Leitung der Arbeitsgemeinschaft "vererbt". Wolfgang Riek - so hieß unser Lok-Schlosser - nahm mich des öfteren zu Vorwanderungen mit, und obwohl ich immer sagte, daß ich niemals die Wanderleitung zu übernehmen gedächte, blieb mir am Ende gar nichts anderes übrig, als es zu tun.

So zog ich das erste Mal mit 30 Teilnehmern in einem Gebiet los, welches ich durch die alljährliche Zählung von Großtrappen genau kannte. Später wurde unsere Hilfe beim Bau eines Kreisnaturschutzzentrums gerne angenommen. Wir folgten dabei dem Motto, nicht nur die Schönheiten der Natur zu bewundern, sondern auch etwas zu ihrem Bestand und ihrer Pflege beizutragen. So ging das viele glückliche Jahre.

Doch 1995 mußte der Brandenburger Kulturbund aufgeben: Selbst ein kleines hauptamtliches Büro war nicht mehr zu halten. Mich drängte man bereits im Sommer 1990 in den Vorruhestand. Aber die aus 80 Mitgliedern bestehende Arbeitsgemeinschaft N & H dachte nicht an Kapitulation. Wir machten weiter, doch anders als zuvor. Jetzt war es besonders wichtig, die Mitglieder aufzufangen, denn schon viel zu viel war von unserem gewohnten Leben weggebrochen. Da es bei uns in Brandenburg den alten Kulturbund als Organisation schon nicht mehr gab, plädierte ich dafür, daß sich die von 40 ursprünglichen Fachgruppen übriggebliebenen vier dem Brandenburgischen Kulturbund e. V. in Potsdam anschließen sollten. Dazu gehörten neben N & H der Arbeitskreis Stadtgeschichte, der Interessenkreis Militärgeschichte und die Havelländer Autorengruppe.

Zum Glück fand ich geeignete Referenten, die bei den tageszeitlich vorverlegten Zusammenkünften auftreten konnten. Einmal im Monat findet überdies ein Seniorennachmittag statt, bei dem nach der obligaten Kaffeerunde u. a. Lesungen und Naturfilme angeboten werden. Am schwierigsten aber ist es heutzutage, Wanderleiter zu gewinnen. Diese Arbeit will nicht jeder leisten, zumal es dazu außer eines guten Orientierungsvermögens und der Lust, eine Gruppe zu führen, auch hinreichender Kenntnisse der Heimatgeschichte wie der Fauna und Flora bedarf.

In vielen Orten, Kreisen und Bundesländern auf dem einstigen Territorium der DDR gibt es den Kulturbund leider nicht mehr. Doch bei uns in Brandenburg ist er mit seinen Fachgruppen nach wie vor präsent. Er schenkt mir ein aktives Rentnerleben und bindet mich in die Gemeinschaft ein.

Beate Bölsche, Beetzsee/OT Brielow

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Warum der kleine Fuchs Reporter werden will

Als der kleine Fuchs herangewachsen war, wurde es Zeit für ihn, sich nach einer Lebensaufgabe umzuschauen. Abwechslungsreich sollte sie sein und ihm möglichst viel Beachtung verschaffen.

Nachdenklich durchstreifte er den Wald. Plötzlich hörte er zwei Elstern heftig schelten. Er beobachtete, daß sie beide an einem blanken Ring zerrten.

Zu Hause erzählte er der Mutter, was er gesehen hatte.

Schweigend lauschte sie. "Ein bißchen hätte sie mich für meine Beobachtung loben können", denkt er, und so ergänzt er eilig: "Sie taumelten vor und zurück, die Federn flogen, schließlich fielen sie auf den Rücken. Der Ring kullerte davon." Die Mutter sagt: "Gut beobachtet, eine spannende Geschichte, übergib sie dem Eichelhäher für die Waldzeitung." Am anderen Tag lasen sie: "Der Überfall auf den Eichhörnchen-Koben ist aufgeklärt. Eine Diebesbande von Elstern hat wertvollen Schmuck geraubt. Bei der Aufteilung der Beute kam es zu heftigen Kämpfen, in deren Folge zwei Elstern blutig am Boden liegen blieben. Die Beute ist verschwunden. Mit großer Wahrscheinlichkeit wurde sie von Ameisen, den einzig anwesenden Zeugen, verschleppt."

Der Fuchs staunte: "So einfach ist das, eine kleine Geschichte mit etwas Talent und viel Phantasie groß aufzubauschen. "Ich werde Reporter." Die Mutter warnte: "Talent allein reicht da nicht aus, Du mußt fleißig sein und nach der Wahrheit suchen, bevor Du etwas schreibst. Talent ohne Anstand - welch böse Mischung!"

Nun ist der kleine Fuchs, wie wir wissen, nicht unbedingt einer, der sofort auf die Mutter hört. Ungläubig verläßt er den Bau. Er will sehen, was zu loben ist, die Lage prüfen, sich selbst ein Bild machen. Einen ganzen Tag wandert er umher. Im Schatten der Bäume bemerkt er nicht die wachsende Schwüle, den sich verdunkelnden Himmel, wundert sich allerdings über die Stille. Die Tiere scheinen den Wald verlassen zu haben. Als er sich dessen Rand zuwendet, sieht er tieffliegende Schwalben über dem Feld. "Gleich geht ein Unwetter los, versteck dich, dummer Fuchs!", rufen sie und jagen weiter den Mücken nach.

Da bricht es los, der Fuchs trollt sich, duckt sich unter einen Baum.

"Warum haben mich die Schwalben dummer Fuchs genannt?", raunzt er wütend und fährt heftig zusammen, weil nach dem zischenden Blitz und dem gewaltigen Donnerschlag eine tiefe Stimme von oben ertönt: "Uhu, Uhu, dumm bist du wirklich, bist herumspaziert, ohne den Wetterbericht abzuwarten!" "Ach, ich wollte doch nur herausfinden, was es mit der Wahrheit und der Lüge der Reporter auf sich hat." "Und hast dabei übersehen, daß der Wetterbericht so ziemlich das einzige ist, worauf man sich verlassen kann, jedenfalls wird dabei nicht absichtlich gelogen. Das heutige Gewitter dürfte nicht erwähnt werden. Über so etwas wird nur berichtet, wenn es großen Schaden gegeben hat, Häuser zerstört wurden, Überschwemmungen eingetreten sind und die Ernte am Boden liegt. Es sei denn, der Wettermann bietet selbst Stoff für einen Skandal. Dann heißt es: Unrühmlich, unrühmlich."

"Soll ich also lieber kein Reporter werden?" Der Uhu dreht den Kopf, ja - nein, ja - nein, ich weiß es nicht. Weise sagt er dann: "Entscheiden mußt Du selbst.

Jeder Reporter will unbedingt etwas Neues berichten und verliert dabei die Scham. Er denkt sich einfach etwas aus.

Die Aasgeier fallen über die Toten her und versuchen auch noch, deren Verwandte auszuquetschen. Die Hyänen sind auf leichte Beute bedacht und erklären, es sei das Recht der Tierfamilie, über jedes Unglück Bescheid zu wissen. Die Papageien plappern ungeprüft nach, was sie von anderen gehört haben. Die Affenbande schreit nicht mehr: 'Er, sondern er hat die Kokosnuß geklaut!' Und die Esel glauben alles.

Befrag dein Gewissen, berichte mit Herz und Verstand. Ein abgestürztes Nest ist ein schreckliches Unglück. Das darf man nicht als Sensation ausschlachten.

Du willst Reporter werden? Mein Lieber, das ist eine Charakterfrage. Jedes Gerücht ist schneller als die Wahrheit. Wenn es dir um Tatsachen geht und du dich nicht für falsche Ziele einspannen läßt, dann sei bei der Auswahl deiner Auftraggeber vorsichtig. Laß dich weder blenden noch bestechen. Wenn du deinen Job auf solche Weise wahrnehmen willst, dann werde Zeitungsmann."

Da läuft der kleine Fuchs nach Hause und sagt: "Mama, ich will ein ehrlicher Reporter werden. Deshalb besuche ich jetzt die Elstern und entschuldige mich, daß sie durch meine Schuld von der Waldzeitung nicht nur als Diebesbande bezeichnet, sondern auch in Verruf gebracht worden sind."

Edda Winkel

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Rettet die ZLB

Die verdienstvolle Zentral- und Landesbibliothek Berlin (ZLB) soll es in ihrer bisherigen Form nicht mehr lange geben. Geplant ist, daß sie in Zukunft 80 Prozent der Bücher verschiedenster Fachgebiete nicht mehr selbst auswählen darf. In Bereichen wie Geistes- und Gesellschaftswissenschaften, Politik, Philosophie und Psychologie erfolgt eine Kürzung um die Hälfte. Am härtesten aber ist die Kinder- und Jugendbibliothek betroffen.

Die Gewerkschaft ver.di steht an der Spitze des Kampfes zur Verteidigung der ZLB. Der "RotFuchs" unterstützt dieses gerechte Anliegen.

RF

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Respekt vor einem Lebens-Wandel

Heinrich Vogelers Weg vom gefeierten Jugendstil-Maler zum Revolutionär

In Worpswede nahe Bremen befindet sich eine sehenswerte Kultur- und Bildungsstätte. Tausende von Besuchern pilgern alljährlich zu der ehemaligen Künstlerkolonie, wo sozialkritische Intellektuelle einst ihre Ideen für eine bessere Gesellschaft nicht nur in Bildwerke, sondern auch in praktizierte Lebensentwürfe umsetzten. Im Mittelpunkt dieses Kreises stand der 1872 als Sohn eines Großhändlers geborene Heinrich Vogeler. Mit seinen Malereien und Buchgestaltungen, später auch Architektur- und Design-Projekten war er ein Liebling des kulturbeflissenen Bürgertums. Doch nachdem er die Gräuel des Krieges und die Not in den Arbeiterfamilien gesehen hatte, gab Vogeler seinem Leben und Schaffen eine Wendung. Er widmete sich fortan konsequent der sozialistischen Sache, war Mitbegründer der Roten Hilfe und setzte ab 1931 seine schöpferische Kraft für die Sowjetunion ein. Unter tragischen Umständen starb er 1942 in den Wirren der nach dem faschistischen Überfall befohlenen gewaltsamen Umsiedlung von Sowjetbürgern deutscher Nationalität nach Kasachstan.

In Worpswede sind Werke Heinrich Vogelers aufbewahrt, wobei die Arbeiten aus seiner "bürgerlichen" Schaffensperiode den Schwerpunkt bilden. Für jene Besucher, welche mehr über ihn als Kämpfer für den Sozialismus erfahren wollen, kann Worpswede eine Anregung zum Weiterfragen und -forschen sein.

Viele Gäste der Künstlerkolonie stehen sichtlich ergriffen vor dem großformatigen Tafelbild "Sommerabend", das Heinrich Vogeler 1905 geschaffen hat und mit dem er seine Frau Martha, die Künstlerfreunde und sich selbst vor dem Portal des Barkenhoffs darstellt. Der Maler hatte sich das Haus mit Garten zum Domizil erwählt und darin seine anspruchsvollen Ideen von einer inspirierenden Umgebung zum Arbeiten und Wohnen verwirklicht. Die Kunstliebhaber wandern weiter zu den meisterlichen Buchillustrationen, und sie sehen bewundernd bis begehrlich auf Vogelers Kreationen von Speiseservices, Eßbestecken und Raumdekor. Denn Bilder und Gegenstände im sogenannten Jugendstil werden bis heute von vielen sehr geschätzt.

Zu ihrer Entstehungszeit am Beginn des 20. Jahrhunderts drückten sie einen neuen, ganzheitlichen Gestaltungswillen aus. Das Industriezeitalter war nach dem Gründerboom vollends und hektisch über Deutschland hereingebrochen - da schien das fortgesetzte Schwelgen in Klassizistik über Barock bis Romantik unzeitgemäß zu sein.

Die Kunst steckte in einer Krise. Von den "Neureichs", jenen durch französische Reparationsmilliarden von Klein- zu Großbürgern aufgestiegenen Emporkömmlingen, und all den Liebhabern protzigen Zierrats wollten sich die Gebildeten absetzen. So nahmen sie den Jugendstil an. Heinrich Vogeler gehörte zur Avantgarde der Kunstschaffenden, die das Entfremdende, Überfordernde in der industriekapitalistischen Lebenswelt spürten.

Seine Antwort waren zunächst Abkehr und Verweigerung. Maßvoll komponierte Linien und Farbklänge lassen eine entrückte Traumwelt aufscheinen, Vogelers Werke feiern die Zartheit der Blumen und junger Frauen, den Zauber unberührter Landschaft und alter Legenden. Melancholie und Sehnsucht atmen jede dieser Arbeiten. Und die kunstsinnigen Kenner, Gönner und Mäzene überhäufen Vogeler mit Preisen und Auszeichnungen.

Doch dem Kriegsteilnehmer wurden die Erlebnisse an den Fronten zum tiefen Einschnitt in seinem Fühlen, Denken und Schaffen. Und angesichts des Elends der arbeitenden Menschen erkannte er: Die Proletarierfamilien leiden am Industriekapitalismus nicht wegen eines fein empfundenen ästhetischen Unbehagens, sondern existentiell; das gesamte System mit seinem hochkultivierten geistigen Überbau beruht auf Ausplünderung und Entrechtung der Arbeiter!

Die Konsequenz des Humanisten Heinrich Vogeler war radikal. Das Jugendstil-OEuvre überließ er seiner Frau. Die Eheleute trennten sich, auch deshalb, weil Martha der ideologischen Entwicklung ihres Mannes nicht folgte. Heutige Besucher der einstigen Künstlerkolonie sehen die an sie übereignete Sammlung im "Haus am Schluh". Fortan thematisieren Heinrich Vogelers Bildwerke die Wirklichkeit. Sie rütteln in harter, eindringlicher Formsprache den Betrachter auf. Doch der Vogeler, dessen Schaffen von Beginn an auf die Ganzheit von Kunst und Leben gerichtet war, beließ es nicht beim Malen. 1918, während der Novemberrevolution, wirkte er im Arbeiter- und Soldatenrat Osterholz mit. Dafür verfolgte und inhaftierte ihn die Reaktion nach der Niederschlagung der Bremer Räterepublik. Im März 1919 nach Worpswede zurückgekehrt, machte Vogeler den Barkenhoff, sein einstiges Refugium, zu einem Zentrum der Solidarität, der marxistischen Bildung und der revolutionären Lebenspraxis. Die Kinder der Kommune Barkenhoff genossen eine nach fortschrittlichsten Kriterien organisierte Erziehung. Bis 1932 führte die Rote Hilfe Deutschlands die pädagogische Einrichtung als Kinderheim weiter.

Eine Reise Heinrich Vogelers in die Sowjetunion hatte ihm Inspiration und Erkenntnisgewinn gebracht. Heimgekehrt, malte er ab 1920 die Diele des Barkenhoffs mit Fresken aus - geeignet, die heutigen Besucher dieser Stätte abrupt aus jugendstilhafter Seligkeit zu reißen: parteilich-engagierte Wandmalereien zur Geschichte der Arbeiterbewegung. Als diese 1921 von reaktionären Bilderstürmern zum ersten Mal bedroht wurden, verhinderten weltbekannte Künstler wie Diego Riviera und Frida Kahlo, Lion Feuchtwanger, Hermann Hesse, Käthe Kollwitz, Thomas Mann, Max Pechstein und Kurt Tucholsky den Amoklauf der Kulturbarbaren durch ihren Protest. Vogeler war inzwischen Teil des Netzwerkes führender revolutionärer Köpfe. Klara Zetkin, Erich Weinert, Julian Marchlewski und dessen Tochter Sonja, die Vogelers Frau wurde, gehörten dazu.

Hart und beständig rang der Maler um seinen politischen Standort, wobei er unausbleiblichen Konflikten inmitten teils irrtumsbeladener, in jedem Falle aber schmerzhafter ideologischer Auseinandersetzungen in Führungskreisen der kommunistisch-sozialistischen Bewegung nicht auswich.

Die Reise, die Vogeler 1931 in die Sowjetunion unternahm, sollte seine letzte sein; die Heimkehr blieb ihm nach Hitlers Machtantritt im Januar 1933 verwehrt. Aufrüttelnde Bilder gegen den faschistischen Terror entstanden, aber auch Porträts selbstbewußter Eigentümer der Produktionsmittel: Kolchosbauern, Baumwollpflückerinnen, Stahlarbeiter. Die letzten dieser Arbeiten schuf Vogeler im kasachischen Verschickungsort.

Die tragischen Umstände seines Todes aus Entkräftung waren jahrzehntelang ein vermeintlicher Grund, die Verdienste dieses Ausnahmekünstlers um das geistig-kulturelle Erbe der Arbeiterklasse nur mit Vorsicht zu erwähnen. Es ist hohe Zeit, seine Leistungen und seinen Bekennermut gebührend zu würdigen.

Marianne Walz

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Gisela Steineckert: Hand aufs Herz

Du bist nicht schuld, und ich kann auch nichts dafür. Was können wir schon tun? Aber die Toten sind nicht "niemals gefallen". Der Junge nicht, am ersten Tag des Großen Vaterländischen Krieges, er liegt unterm Birkenkreuz, und den Wein des Sieges trank er nie. Teddy und Rosa hatten keine neue Lebenszeit, nur weil wir beim Singen so tun.

"Reichen wir die Hand" - wohin denn, zu unserem Trost, oder zum Ruhm der Nation? Wir leben in einem Land, das hat immer Wichtigeres vor und schiebt alles "auf bald", läßt Unrecht ruhn im Buchenwald.

Du willst nicht schuld sein, sagst du. Was irgendwo entschieden wurde, daran hattest du keinen Anteil. Die Gnade der späten Geburt entläßt uns aber nicht aus der Schuld der Unterlassung.

Du sagst mir, du weißt nicht, wie du über die Ausschüttung eines ganzen Kontinents auf uns Europäer denken sollst. Was wollen die hier? Ja, wo wollten sie denn hin, die Ströme der Flüchtlinge aus dem Osten, als der Krieg zu ihnen zurückkehrte? Wohin wollten sie, wenn nicht erst einmal fort aus der Heimat, aus Angst vor der Vergeltung, vor Hunger und Tod. Unter ihnen waren Familien, die hießen Grass, Hacks, Bobrowski, Rücker. Ihre Kinder hießen Günter, Peter, Johannes und Günther. Wir kennen sie alle. Die Flüchtlinge wollten dorthin, wo es Rettung gab, Hoffnung und vielleicht in einer neuen Heimat Frieden und Lebenssinn. Soweit ich mich erinnere, sind die Armen unter ihnen damals nicht eben freundlich aufgenommen worden.

Unser Boot ist jetzt vielleicht noch nicht voll, aber es könnte kippeln oder absaufen, wenn es so überladen wird. Die Flüchtlinge wollen Essen, Arbeit, Schlaf, Familie, Nachkommen, Sicherheit und einen Lebenssinn. Warum gerade bei uns? Nicht nur bei uns, aber auch. Weil keines der Verbrechen an ihrem Zuhause je durch den Versuch einer Gutmachung geahndet wurde. Die jetzige Generation flüchtet, weil sich bei ihnen zu Hause nichts ändert. Ihre Lebensgrundlagen, die sie allein nicht heilen können, unterliegen noch immer der Ausbeutung, immer noch fremden Zwecken.

Öl, Gold, Diamanten, Zugänge für kriegerische Wege, Hunger, Krankheiten und Mißbrauch von Religionen lassen auf diesem Erdball wieder eine Generation ohne Chancen leben. So gehen sie, so kommen sie. Solange die Weltgemeinschaft, solange die Nachkommen der Schuldigen und die jetzt Mächtigen nicht helfen, in den Heimatländern der verzweifelt Flüchtenden ein normales Leben zu ermöglichen, solange werden wir uns in all unserer Unbeholfenheit und unserem Egoismus als Europäer mit dem Helfen behelfen müssen.

Immer die Frage: Was machen wir mit denen? Wollen wir unsere Arbeitsplätze teilen? Oder nötige neue schaffen? Kinder brauchen eine ehrliche Chance, nötige Vorbildung für spätere Ausbildung zu bekommen. Das leisten wir bisher nicht, noch nicht einmal für die hier Geborenen. Die Flüchtlinge kommen mit einer Hoffnung, die sich den wenigsten erfüllt. Die Weltgemeinschaft der Menschen hat es bisher immer nur zu blutigen oder ideologischen Auseinandersetzungen gebracht und Fremdheiten vertieft.

Das haben die Ureinwohner der Kontinente überlebt oder auch nicht.

Unsere trägen Politiker können sich nur zu einer Meinungsäußerung aufraffen, halb so leidenschaftlich wie für oder gegen die Maut. Da sitzen sie in unserem Hohen Haus, lesen Zeitung oder simsen, sofern sie überhaupt anwesend sind. Es reicht aber nicht, sich dafür zu schämen, anderer Meinung zu sein, oder sich trotz des Risikos deutlich für Veränderungen einzusetzen.

Zu vieles geht vor sich und wird üblich, weil wir es geschehen lassen, weil wir uns zu wenig einmischen. Da geht es schon um unsere eigene Moral, um unser Beispiel, das wir den Nachgeborenen bieten.

Sicher, wir könnten den Italienern "was dazugeben", uns freikaufen, wieder einmal. Das hieße, sich vor der eigentlichen Aufgabe zu drücken: den armen Ländern zu helfen, ihren Landeskindern ein normales Leben bieten zu können, so wie denen, die sich bis hierher durchschlagen.

Auch wir Deutschen haben unsere Spuren im Wüstensand, in den Regenwäldern und im verlockenden goldenen Boden Afrikas hinterlassen. Verantwortung ließe sich teilen, wenn auf diesem Erdball die Interessen des Kapitals endlich weniger wert wären als die nötigen Bemühungen um seine Heilung von all den Kriegsspuren, all dem Mißbrauch, all der Ausbeutung.

Es gibt Notgroschen, Notunterkünfte, Übergangslösungen. Wir schieben ab und überlassen die letzte Entscheidung darüber einem einzelnen Politiker, dem ich ungern meinen Notgroschen anvertrauen würde. Wir schicken auch die Mutter mit zwei Kindern weg, die einen Beruf hat, arbeiten will und ihre Kinder nach der Ankunft sofort in einer Schule untergebracht hat. Die reden mit ihren Freunden in der Klasse schon fließend deutsch. Weg mit ihr und ihren Kindern, Herr Senator Henkel! Aber da gehen Erinnerungen mit ihnen. Die werden sich deutsch nennen, wo immer diese kleine Familie landet.

Jeder von uns tut zu wenig. Oder zu viel. Herr Schäuble rechnet uns schuldenfrei: Er tut das inbrünstig, es ist ihm nicht nur Anliegen, sondern Lebensinhalt. Ich verstehe nicht genug davon, aber der Börsengang kann doch nicht unser nationaler Herzschlag sein.

So haben wir Älteren eine historische Meile lang nicht gelebt, und es bleibt mir zutiefst fremd und beunruhigend. Was immer ich tue, es ist auch meine Sache.

In mir brennt die Frage: Was müßten wir tun, auch wir einzelnen, auch wir, die zu keiner Entscheidung gedrängt werden oder berechtigt sind, die es warm haben im Winter, und die wir versuchen, aus all dem Vorläufigen und Unzulänglichen, dem Befremdlichen und neu Gefährlichen wieder eine Art von Zuhause zu machen? Aber der neudeutsche Satz: "Wir haben doch jetzt die Freiheit", wird kaum irgendwo ausgesprochen, ohne daß ein paar Leute lachen. Bitter, zweifelnd.

Wir tun zu wenig. Du auch, und ich. Zu wenig, um dringend zu Veränderndes wirklich zu bewegen. Das Wort "Willkommen" bleibt auch mir im Hals stecken.

Wohin kommst du, wohin gehst du
grenzenlos allein
Wohin mit dir
auf diesem neuen Erdenteil
noch ist deine Erwartung beinahe heil
aber du bist nicht unsersgleichen
du wirst uns nicht reichen
wir leben hier auch nicht aus dem Volln
aber wir werden dich nicht wolln ...

Das sind Zeilen eines Textes, den ich für meinen Freund Dirk Michaelis geschrieben habe. Seit wir 1986 unser erstes Lied machten, und es ein Volkslied wurde, weil jeder schon mal irgendwo fortgegangen ist und meint, wir hätten eben seinen Versuch des Abschieds gemeint, seitdem unternehmen wir in Abständen immer wieder einen Versuch, für die gemeinsamen Auftritte unsere gemeinsame Meinung in ein neues Lied zu fassen.

Bei diesem Text nun war mir ein Fehler unterlaufen: Ich hielt mich raus und hatte mich auf das Podest der großen Urteilenden gestellt. Statt "unsersgleichen" schrieb ich "ihresgleichen", und als ich den Text las, war das eine unangenehme Entdeckung. Tief verwurzelte Vorurteile haben wir alle. Daß man anders denkt, heißt nicht immer, anders zu reagieren. Man achte auf sich! Ich jedenfalls habe mich auf diese Weise wieder einmal ertappt.

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Leserbriefe an RotFuchs

Herzliche Grüße allen Mitarbeitern des "RotFuchs"-Kollektivs. Wir polnischen Kommunisten wünschen Euch viele weitere Erfolge im harten Kampf gegen den Kapitalismus und für eine sozialistische Zukunft, nicht nur in Deutschland.
Am 8. und 9. Mai haben auch wir des 70. Jahrestages der Befreiung vom Faschismus durch die Rote Armee und alle anderen Alliierten gedacht, an der auch Einheiten der polnischen Armee ihren Anteil hatten. Wir danken Euch für die unablässige Herausgabe des von uns hoch bewerteten RF, der sehr beflügelnd ist.

Prof. Dr. Zbigniew Wiktor, Wroclaw


Anläßlich des 70. Jahrestages der Befreiung sah man häufig Plakate mit einem Schwarz-Weiß-Foto des legendären sowjetischen Fotografen Jewgeni Chaldej: Es zeigte den Dichter J.A. Dolmatowski als Leutnant der Roten Armee. Lachend trägt er eine lebensgroße Hitlerbüste unter dem rechten Arm. Im Hintergrund sieht man seine Genossen und den stark beschädigten Reichstag. Sicher kennen viele RF-Leser dieses Bild.
Ich fragte mich, was Dolmatowski eigentlich geschrieben hat und wurde bei der von mir hoch geschätzten und derzeit akut bedrohten Zentral- und Landesbibliothek Berlin (ZLB) fündig. Allerdings ist nur eine schmale Auswahl seiner Gedichte auf deutsch vorhanden. ("Das Lied vom morgigen Tag, Verlag Kultur und Fortschritt, Berlin 1951) Mehr bietet ein Auswahlband im russischen Original. Darin fand ich das Gedicht "Die Sache mit der Inbrandsetzung des Reichstags". Sofort verstand ich den Zusammenhang zwischen dem erwähnten Foto und diesem Text. Vielleicht kann jemand unter den "RotFüchsen" dieses Gedicht ins Deutsche übertragen? Ich vermute bei den "OstFüchsen" bedeutend bessere Russischkenntnisse als bei mir - einer "WestFüchsin".

Renate Carhoff, Berlin


Den "RotFuchs" lese ich seit einiger Zeit mit großem Interesse. Vor allem die Artikel der erfahrenen Genossen helfen mir sehr bei der Entwicklung zu einem hoffentlich guten Kommunisten. Ihr leistet eine wichtige Arbeit.
Aus Anlaß des 70. Jahrestages der Befreiung schrieb ich einen Brief an die "Prawda" und die Russische Botschaft in der BRD. Ich würde ihn gern auch den RF-Lesern zur Kenntnis geben:
Liebe russische Freunde! ... Als einer vom Jahrgang 1969, der die Schrecken des Krieges nicht miterleben mußte und erst geboren wurde, als der Wiederaufbau schon vorangeschritten war, weiß ich dennoch um Ihre Leistungen und bin Ihnen zu tiefstem Dank verpflichtet.
Danke - für die Befreiung Deutschlands und Europas vom Hitlerfaschismus, bei der die Sowjetunion die Hauptlast trug. Nur durch den Mut, die Entschlossenheit und den Siegeswillen Ihrer Bürger gelang es, dieses barbarische Regime zu bezwingen.
Danke - für die Hilfe unmittelbar nach dem Krieg. Obwohl Deutsche in Eurem Land grausam wüteten und Hunger, Not und Elend auf blutgetränkter, verbrannter Erde hinterließen, habt Ihr uns geholfen.
Brotverteilende Rotarmisten linderten nicht nur den Hunger, sondern gaben auch Hoffnung. Die Kultur erwachte wieder, wenn die Soldaten mit dem roten Stern ihre Lieder spielten. Das Alexandrow-Ensemble ist nur ein Beispiel.
Danke für die Unterstützung und Hilfe beim sozialistischen Aufbau unseres Landes DDR. Wir sahen Euch als Helfer, Vorbilder und Freunde. Gern denke ich an Treffen mit Euch zurück.
Die Freundschaft mit Euch war und ist die Garantie für den Frieden in Europa. Sie muß unbedingt erhalten und erweitert werden. Ich selbst werde mich mit allen Kräften dafür einsetzen. In der Gewißheit, daß viele in Deutschland so denken wie ich, sage ich auch in deren Namen noch einmal: Bolschoi spasibo! Drushba!

Michael Kluge, E-Mail


Zum 70. Jahrestag der Befreiung fand auf Initiative der "Nordbremer Bürger gegen den Krieg" eine würdige Kundgebung in der hiesigen KZ-Gedenkstätte Bahrsplate statt. Gerd Meyer von der Internationalen Friedensschule Bremen appellierte an die Zuhörer, gerade auch das russische Sicherheitsbedürfnis in Rechnung zu stellen. Uns beeindruckte sehr, daß sich nach der Kundgebung zwei Menschen besonders herzlich bei uns bedankten: die Russen Igor und Andrej Sedelnikow. Beide leben seit 15 Jahren in der BRD. Auf dem Weg zu ihrem Wohnort Delmenhorst sahen sie wehende rote Fahnen und ein Thälmann-Banner.
Die Gedenkstätte ist den Sedelnikows nicht unbekannt: Ihr Großvater war Gefangener im Außenlager des ehemaligen KZ Neuengamme. Er überlebte die schwere Zeit und kehrte 1945 nach Nowosibirsk zurück, wo er 1997 verstarb.
Die beiden Sibirier holten aus einem nahegelegenen Blumengeschäft einen schönen Strauß, den sie am Gedenkstein niederlegten.

Gerd-Rolf Rosenberger, Bremen-Nord


Der RBB überraschte seine Zuschauer am 9. Mai in den Abendnachrichten mit einem für dieses Format ungewöhnlich langen Beitrag. Den Zuschauern wurde ein alter Mann präsentiert, der nach eigenem Bekunden der "SS-Leibstandarte Adolf Hitler" angehört hatte. Mit einiger Genugtuung berichtete er über seinen "Kampf gegen die Russen" in Berlin. Und das am 9. Mai 2015! Untermalt wurde das Ganze mit Bildern seiner "Spezialeinheit" und einer Begegnung des "Führers" mit Kindersoldaten des letzten Aufgebots. Wir beide - die Spanierin, die als Tochter republikanischer Eltern in der Sowjetunion lebte und diese erst nach elfjähriger Trennung im mexikanischen Exil wiedersah, und ich, der in der DDR im Sinne antifaschistischer Überzeugung aufwuchs und seinen Staat im Ausland entsprechend vertrat - waren darüber aufs tiefste empört. Wir empfanden die Sendung als einen beispiellosen Affront gegen die Befreier Deutschlands und Europas von der braunen Pest.

Mercedes Alvarez und Botschafter a.D. Peter Steglich, Berlin


Im März 1944 verübten Angehörige der faschistischen Wehrmacht in Belorußland eines der schwersten Kriegsverbrechen, die gegen Zivilisten begangen wurden. Nahe der Ortschaft Ozarichi deportierten Einheiten der 9. Armee fast 50.000 Menschen aus umliegenden Ortschaften in Todeslager. Bevor die Verschleppten mehrheitlich von der Roten Armee gerettet werden konnten, kamen innerhalb von knapp zwei Wochen etwa 10.000 Kinder, Frauen, Alte und Kranke ums Leben. In den Augen der Wehrmacht handelte es sich um "unnütze Esser".
An dieser Ausrottungsaktion beteiligten sich auch Soldaten der 110. Infanterie-Division, die u. a. im Raum Lüneburg aufgestellt worden war. Wie die anderen Verbände der 9. Armee mußten sie sich in der BRD dieser historischen Schuld niemals stellen. Statt dessen gründeten ehemalige "110er" in den 50er Jahren einen Traditionsverband zur Propagierung der "ruhmreichen Geschichte" ihrer Division.
1960 errichteten sie überdies ein "Ehrenmal" für ihre "gefallenen Helden" und übergaben es "in die Obhut der Stadt Lüneburg". Deren "Väter" versprachen, daß die Heidestadt dafür sorgen wird, diesen Ort "zu einer würdigen Stätte des Gedenkens werden zu lassen".

Jobst-Heinrich Müller, Lüneburg


Wir verlebten den 70. Jahrestag der Befreiung bei guten Freunden in Suhl. In den zwei Tagen unseres Aufenthalts erfuhren wir von den vielfältigen Aktivitäten der "RotFüchse" in diesem Teil Thüringens, unter denen sich Mitglieder der DKP, der Partei Die Linke und viele andere befinden. Ein guter Freund aus besseren Tagen, Oberst a. D. Hans Linke, der wie eh und je sehr aktiv ist, suchte und fand gemeinsam mit anderen Genossen Kontakt zu Freunden aus der einst in Thüringen stationiert gewesenen 39. Gardeschützendivision der Sowjetarmee. Man konnte das Ergebnis im Mai-RF lesen.
Uns beeindruckte auch das verantwortungsvolle Wirken des Vorsitzenden der RF-Regionalgruppe Gerald Müller, eines warmherzigen Kommunisten. Ihr könnt davon ausgehen, liebe "RotFüchse", daß wir wie Ihr unbeirrbar unserer gemeinsamen Überzeugung treu bleiben werden.

Margot und Heinz Bilan, Leipzig


Der Leitartikel Klaus Steinigers im Mai-RF spricht mir aus dem Herzen, vor allem auch deshalb, weil er sich deutlich von vielem ganz wesentlich unterscheidet, was sonst zu dieser Thematik gesagt und geschrieben wurde. Die Vermischung von Wahrem, Unwahrem und Verleumderischem durch die meisten Politiker, Pseudohistoriker und Medienmacher der BRD zeigt mir, daß diese Leute absolut nichts aus der Geschichte gelernt haben oder zu lernen bereit sind. Sie treiben die Menschheit systematisch in die nächste Katastrophe.
Da ist es nur gut, daß sich Rußland und sein Präsident davon unbeeindruckt zeigen und ihren Weg der Aggressionsverhinderung weitergehen.

Horst Neumann, Bad Kleinen


Als wir im Mai-RF den Beitrag "Kraftzuwachs nach Hilferuf" lasen, haben wir uns sehr darüber gefreut, welche überschäumende Welle der Solidarität Euch einmal mehr entgegengebracht worden ist.
Der "RotFuchs" ist für uns ein DDR-Geschichtsbuch. Mit ihm haben wir monatlich einen Zugewinn an Kenntnissen über die DDR.
Der RF ist eine überaus lebendige Zeitschrift. Er läßt uns nachvollziehen, wie sich das Leben der Menschen in 40 Jahren DDR abgespielt hat, was man vor allem auch an den jeweils über 30 Leserbriefen ersehen kann, die Ihr jeden Monat veröffentlicht.
Für all das danken wir Euch!

Hannelore und Johann Weber, Ruhstorf (Niederbayern)


Der "RotFuchs"-Redaktion bin ich dafür sehr verbunden, daß sie sich dazu entschlossen hat, in der Mai-Ausgabe den Bericht des Buchenwald-Überlebenden Emil Carlebach abzudrucken. Er war ab 1938 bis zur Selbstbefreiung des Lagers im April 1945 in Buchenwald inhaftiert und wirkte maßgeblich in der illegalen kommunistischen Widerstandsorganisation mit. Als Vizepräsident des Internationalen Komitees Buchenwald-Dora sowie als Mitbegründer der VVN hat er sich bleibende Verdienste erworben. Die Begegnungen mit ihm in den 90er Jahren haben sich mir tief eingeprägt.

Rechtsanwalt Ralph Dobrawa, Gotha


In diesem Jahr erfuhr ich endlich auch aus bürgerlichen Medien der BRD, daß sich die Häftlinge des KZ Buchenwald vor dem Eintreffen der U.S. Army selbst befreit hatten. Ab 1991 hieß es dort nämlich stets, das sei ganz und gar durch amerikanische Soldaten vollbracht worden.
Diese Verdrehung der Wahrheit, die uns nach der Annexion der DDR eingeredet werden sollte, empörte mich immer sehr. Ab 1950 diente ich in der Kasernierten Volkspolizei. Mein direkter Vorgesetzter war der damalige Oberstleutnant Herbert Scheibe. Er wurde später Chef der DDR-Luftstreitkräfte und - im Range eines Generaloberst - Leiter der Abteilung Sicherheit des ZK der SED. Genosse Scheibe befand sich viele Jahre im KZ Buchenwald. Er berichtete uns über Maßnahmen der Häftlinge zur Beschaffung von Handfeuerwaffen und Munition in Vorbereitung auf die Selbstbefreiung. Viele Lagerinsassen mußten das eine wie das andere in Weimarer Betrieben herstellen. Dadurch wurde es möglich, Waffenteile bei drohender Höchststrafe ins Lager zu schmuggeln. Das Mitgebrachte wurde in der Baracke, in der auch Genosse Scheibe vegetieren mußte, unter Dielen vergraben. Anfang 1945 gelang es sogar, ein komplettes MG zu beschaffen und im Lager zu verbergen.
Als in den ersten Apriltagen der Kriegslärm immer näher kam und viele SS-Leute bereits geflohen waren, löste das Internationale Lagerkomitee den Aufstand aus. Innerhalb von Stunden wurden sämtliche SS-Posten überrumpelt und der Wachturm gestürmt. Erst zwei Tage später trafen die ersten US-Soldaten ein. Sie waren sehr erstaunt, daß sich die Gefangenen bereits selbst befreit und die restliche SS-Mannschaft festgenommen hatten.
Es ist mir ein Bedürfnis, dieses Ereignis als 84jähriger Zeitzeuge aufzuschreiben. Ich habe vier politische Systeme erlebt und bin stolz darauf, in der einzigen deutschen Armee gedient zu haben, die niemals Krieg geführt hat.

Werner Gericke, Berlin


Dr. sc. Rosemarie Griese aus Dresden schrieb im April-RF mit Blick auf die PDL: "Bei einer nichtsozialistischen Partei darf bezweifelt werden, daß sie programmatisch einen Systemwechsel anstrebt."
Ist aber nicht gerade die Kursnahme auf einen Systemwechsel in der Zukunft die Frage aller Fragen?
Die Lösung unserer heutigen und künftigen Probleme kann nur auf diesem Weg erreicht werden. Ein Wandel zum Besseren im Rahmen des Kapitalismus ist grundsätzlich auszuschließen. Und so wird auch die PDL daran gemessen werden, für welche gesellschaftlichen Zielstellungen sie sich entscheidet. Nur so wird es möglich sein, alle progressiven Kräfte zu bündeln. Natürlich bedürfen die gegenwärtigen und absehbaren Schritte einer intensiven Diskussion unter allen Beteiligten, ohne dabei das Ziel des Kampfes aus den Augen zu verlieren. Die Gegenwart verlangt zwingend marxistisch-leninistische Antworten auf eine Vielzahl drängender Fragen.
Die Uhr zur Rettung der Erde als Lebensgrundlage der Menschheit steht auf fünf vor zwölf. Doch die Meinung ist weit verbreitet: "Wir können sowieso nichts tun! Die da oben machen ja doch, was sie wollen!" Selbst Rufe des Papstes nach Frieden verhallen. Was muß eigentlich noch geschehen?

Dr. Dieter Müller, Dresden


Als Teilnehmer einer BüSGM-Veranstaltung, bei der sich alle Anwesenden vorstellten, erfuhr ich vom Genossen Bernd Cachandt, daß er als junges SPD-Mitglied während der Nelkenrevolution in Portugal gewesen sei. Dort hätten er und seine Freunde aus der Juso-Delegation ein sie sehr beeindruckendes mehrstündiges Gespräch mit dem seinerzeitigen Lissaboner ND-Korrespondenten Klaus Steiniger gehabt. Bald danach sei er aus der SPD ausgetreten.
Als beschämend empfand ich die würdelose Aktion einer Bezirksstadträtin der Grünen aus Friedrichshain-Kreuzberg gegen Angela Davis. Besonders pikant ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, daß Angela nach einem Richtungsstreit innerhalb der KP der USA, der zum Austritt vieler bewährter Genossen führte, selbst der Grünen Partei ihres Landes beigetreten war.
Heute gilt unser Kampf der Rettung des schwerkranken und seit über 35 Jahren gefangengehaltenen afroamerikanischen Journalisten Mumia Abu-Jamal. Möge auch er zum Erfolg führen!

Klaus Feldhacke, Berlin


Bundesdeutsche Geschichtsfälscher wollen uns glauben machen, daß Hitler als größenwahnsinniger Einzeltäter mehr oder weniger allein für die furchtbarste Katastrophe der Menschheitsgeschichte verantwortlich zu machen sei. Doch der Faschismus war ein ganzes System. Und Heinrich Himmler rekrutierte seine Mörderbanden nicht nur aus fanatischen deutschen Faschisten, sondern auch unter Gleichgearteten aus 24 Nationen Europas und des Nahen Ostens. Den SS-Verbänden im Ausland angeworbener Mordbrenner gehörten 510.000 Freiwillige an, die grausamste Verbrechen unter der Zivilbevölkerung begingen. Ihr gemeinsames "Leitmotov" war der "Kampf gegen den Bolschewismus".
Die antirussische Hetze, Putins Rußland bedrohe in der Nachfolge der UdSSR seine Nachbarn, rechtfertigt die Annahme, daß der europäische Faschismus nicht zuletzt auch von den direkten oder geistigen Nachfolgern der Mordbrenner Hitlers und Himmlers neue Nahrung erhält. Die auf den Maidan-Putsch folgende Machtübernahme faschistischer und faschistoider Kräfte in der Ukraine ist kein isolierter Vorgang.

Peter Pöschmann, Döbeln


Vielen Dank für den Mai-RF. Auf der Leserbriefseite erfuhr ich von der Idee Wilfried Baders aus Annaberg in Tirol, ein Treffen österreichischer und deutscher "RotFüchse" zu arrangieren.
Zwischen 1995 und 1999 bin ich des öfteren im Tiroler Stubaital gewesen. Ich würde mich sehr freuen, mit Wilfried Bader und anderen Gleichgesinnten Österreichern in einen Gedankenaustausch treten zu können. Meine E-Mail lautet: frank0210@live.de

Frank Sterzinger, Königs Wusterhausen


Seit einiger Zeit bekomme ich den "RotFuchs" und lese ihn mit großem Interesse. Ich bedaure nur, daß ich erst jetzt dazugestoßen bin. Das, was ich der April-Ausgabe des RF entnahm, machte mich sprachlos: Herr Obama sieht die drei größten Gefahren für die Menschheit im IS, in der Ebola-Seuche und in Rußland. Dümmer kann man sich doch gar nicht darstellen!
Unzählige Menschen sind durch die Atombomben der USA, den massenhaften Einsatz von Napalm, den Luftterror der U.S. Air Force und auf Obamas Befehl in Marsch gesetzter Drohnen umgekommen. Jetzt ziehen Spitzenpolitiker der NATO, darunter auch der BRD, gegen Rußland zu Felde.
Das verwaschene Gerede von Frau Merkel, die mal dieses, mal jenes sagt, soll uns nur Sand in die Augen streuen. Mit dem Embargo gegen Rußland hat sie schon genug Schaden angerichtet, auch für Unternehmen der deutschen Wirtschaft.

Egon Walter, Berlin


Zu dem im letzten Satz des Artikels von Peter Elz "Haben wir alles richtig gemacht?" (April-RF) formulierten Wunschbild eines künftigen sozialistischen Planwirtschaftsmodells mit marktwirtschaftlicher Preisbildungsmethodik möchte ich bemerken: Die Konsumenten könnten ihre Einkaufslisten ins Internet eingeben. Bei der Berechnung der Preise und der Löhne für die zur Erzeugung der Waren notwendige menschliche Arbeitskraft könnte dann das Prinzip von Angebot und Nachfrage zum Einsatz kommen. Mit anderen Worten: Verfügbare, alltägliche und massenhaft produzierte Waren hätten wie Dienstleistungen dieser Art dementsprechend niedrigere Preise als exotischere und aufwendiger herzustellende Produkte, wie auch unangenehme, gefährliche oder hoch qualifizierte Arbeiten höher entlohnt würden als einfachere und angenehmere Tätigkeiten. Das Ganze sollte bei höchstmöglicher Automation und mit einem zur Sicherung eines Mindestlebensstandards ausreichenden allgemeinen bedingungslosen Grundeinkommen erfolgen.

Thomas Movtchaniouk, M. A., Düsseldorf


Als Kriegskind habe ich 1944/45 viele Stunden in Chemnitzer Luftschutzkellern verbracht. Dort vernahm ich verzweifelte Rufe nach Hilfeleistung aus der Nachbarschaft und erlebte den Erstickungstod eines Babys im Kinderwagen. So etwas kann man nicht vergessen.
1946 wurde ich, selbst schwer erkrankt, im Hospital wieder zum Leben erweckt. Eine russische Ärztin hat mir wohl das Leben gerettet. In der DDR konnte ich dann einen Beruf ergreifen und an der Bergakademie Freiberg studieren. Als Ingenieur und Dipl.-Ing. habe ich mehr als 25 Jahre am Aufbau ihrer Wirtschaft mitgewirkt. Ich genoß ein Leben in Frieden und sozialer Sicherheit. Das Wichtigste aber war: Ich habe in einer die Menschen fördernden Gesellschaft mit Freunden und Familie 40 Jahre ohne Krieg gelebt.
Als Leser des RF vermißte ich bislang Beiträge zur Frage der Souveränität der BRD. Mit Prof. Schneiders Artikel in der März-Ausgabe erfuhr ich Wichtiges dazu. Mir scheint, wir sollten in Zukunft hier anknüpfen, um die uns folgende Generation weiter aufzuklären. Bereits die Formulierung "Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland" ist bedenklich, heißt es doch nicht "Grundgesetz der Bundesrepublik". Das Gesetzeswerk hat folglich jemand anderes für die BRD erarbeitet - als ein besatzungsrechtliches Instrument zur Schaffung von Ruhe und Ordnung.
Herr Schäuble erklärte am 18.11.2011 dazu, Deutschland sei "seit dem 8. Mai 1945 zu keinem Zeitpunkt mehr voll souverän gewesen". Und Herr Seehofer meinte im Mai 2010: "Diejenigen, die entscheiden, sind nicht gewählt, und diejenigen, die gewählt werden, haben nichts zu entscheiden."
Meine Bitte an die Redaktion: Gestalten Sie den RF weiterhin im Geiste der Integrität, Offenheit, des Mutes und der gesellschaftlichen Verantwortung!

Helmut Hölzel, Lichtenau


Es läßt sich nicht ertragen, immer wieder hören und lesen zu müssen, wie hierzulande und in der EU seitens der Herrschenden mit dem sich immer mehr zuspitzenden Flüchtlingsdrama umgegangen wird. Die verschiedensten Abwehrmaßnahmen - über ein Versenken der Boote bis zum Einsatz von Waffengewalt gegen jene, welche dem nackten Elend entrinnen wollen - werden erwogen. Da fehlt jeder Hauch von Menschlichkeit!
Tatsache ist doch, daß nicht zuletzt durch Kriege und Ausplünderung jene Schleuserbanden entstanden sind, die jetzt ihr Geschäft mit dem Tode betreiben. Doch sie existieren ja nicht im luftleeren Raum, sondern sind inzwischen ein fester Bestandteil des kapitalistischen Systems geworden.
Durch Zufall vernahm ich beim Gang durch den Senderwald unlängst eine selten realistische Stimme. Der betreffende Journalist meinte zu diesem Thema: Solange man den leidenden oder vor dem Krieg fliehenden Menschen keine wirklich humane Perspektive eröffne, würden sie jede Gefahr, auch die des Todes, auf sich nehmen, um in die "Festung Europa" zu gelangen.

Hans-Georg Vogl, Zwickau


"Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt", lautet ein alter und nur zu wahrer Spruch.
Im Kleinen sind derartige Beziehungen schon quälend und bisweilen verhängnisvoll. Doch im Großen - zwischen Staaten und entsprechend beeinflußten, ja sogar manipulierten Völkern - sind sie um vieles schlimmer. Das "Spiel" mit dem Schrecken, den Ängsten und Hoffnungen der Menschen ist satanisch. Ist nicht die höchste Steigerung des Teuflischen das Grauen?
70 Jahre Frieden in diesem Teil der Welt, aber auch die Erinnerung an das Grauen der Vernichtung, Tötung und körperlichen wie seelischen Verstümmelung der Menschen stehen uns Alten noch vor Augen. Das Grauen geht wieder um. Dazu konstruiert man "neue" Feindbilder. Die Völker der einstigen Sowjetunion, die den Sieg über den deutschen Faschismus erkämpften und die meisten Opfer beklagen mußten, werden wiederum zum Hauptfeind der Menschheit erklärt. Wer davon besessen ist, sollte einen weiten Bogen um die Gedenkstätten für die Opfer des Großen Vaterländischen Krieges in Moskau und Wolgograd (Stalingrad) machen.
Millionen fliehen aus Angst vor einer Wiederholung des erlebten Grauens. Kommen sie aber in das "gelobte Land" BRD - heimat- und oft hilflos -, dann müssen sie damit rechnen, daß das Grauen im Feuerschein ihrer angezündeten Unterkünfte zurückkehrt.
Wie verhält sich die EU zu diesem Exitus der Menschlichkeit und Vernunft im 21. Jahrhundert?
Über Schönes nachzudenken und zu sprechen, es in unseren Überlegungen und Taten zu pflegen, ist nach unserem Glaubensbekenntnis als Katholiken die "erfrischendste Lebensquelle". Wir ehren und verehren unseren Herrgott, indem wir in Demut und Liebe dem Weg des Jesus von Nazareth folgen, so gut und aufrichtig, wie wir es vermögen und wollen, ohne dem Grauen zu erliegen.

Dr. Wilfried Meißner, Chemnitz


In jüngster Zeit geht es mehr denn je um die Einsatz- und Kampffähigkeit der Bundeswehr. Im Mittelpunkt steht dabei das Sturmgewehr G 36, das zuvor nicht beanstandet wurde und in 36 Ländern weiterhin eingesetzt wird.
Offensichtlich soll der kleine Steuerzahler weichgekocht werden, später volles Verständnis dafür aufzubringen, daß bei Gesundheit, Bildung und Kultur der Etat gekürzt werden muß, um die "Verteidigungsfähigkeit" der sonst so "schutzlosen" BRD zu gewährleisten.

Marianne Wuschko, Hoyerswerda


Als ich den Beitrag von Marianne Wuschko im Mai-RF las, mußte ich an zweierlei denken.
Erstens: Wir haben doch eine angeblich so christliche Regierung - von der Pfarrerstochter und CDU-Vorsitzenden Angela Merkel über den Ex-Pfarrer Joachim Gauck bis hin zu Frau von der Leyen. Wenn dieses Trio, das Gebot "Du sollst nicht töten" einhalten würde, wo kämen dann die von Deutschland mitgetragenen Kriege her?
Zweitens: In der Bibel gibt es die eindrucksvolle Szene, wie Jesus den Tempel von Wucherern säubert und das Haus Gottes wieder seiner eigentlichen Bestimmung zuführt.
Ich frage mich: Wann will Gott Vater seinem Sohn Jesus nacheifern und die durch ihn geschaffene Welt von heutigem Gesindel dieser Art befreien? Anfangen könnte er doch in unserer christlich-demokratisch regierten Republik. Es gibt bestimmt viele, die ihm dabei zur Hand gehen würden - mich eingeschlossen.

Wolfgang Zierold, Oelsnitz/Erzgebirge


Mir hatte bereits geschwant, daß mein Leserbrief zu einem Artikel im hiesigen "Nordkurier" nicht veröffentlicht würde. Man möchte dem Volk erst die Bildparallelen KZ Auschwitz = SED-Regime einhämmern. Bleiben diese mehr oder weniger unwidersprochen oder regt sich dagegen nur geringer Widerstand, dann ist der Sinn der Übung erfüllt. Schon im nächsten Bericht wird kein Unterscheidungsmerkmal mehr zu erläutern sein. Die Medien setzen dann voraus, daß bereits "alle" verstanden haben, Nazideutschland und das "SED-Regime" seien ein und dasselbe gewesen. Bei dieser Methode bedarf es keiner Untersuchungen, Tatsachen, Belege oder Beweise mehr, man braucht auch keine Zeugen oder Opfer. Selbst der Nachweis eines Verbrechens ist überflüssig, da man ja niemanden direkt anklagt, sondern nur pauschal eine Ansicht durchwinkt. Allein das, was "Bild" unwidersprochen in die Köpfe der Leser transportiert, ist eine Ernte, die keine noch so effiziente Saat üppiger hätte hervorbringen können.
Langsam, aber sicher hängt man das Damoklesschwert über den Häuptern in der DDR Geborener auf und versucht uns klarzumachen, in der Geschichtsstunde der uns nachfolgenden Generationen nur noch die Rolle eines stummen Zuhörers spielen zu dürfen.

Jan Bischoff, Neustrelitz


Es verschlägt einem die Sprache, und Wut macht sich breit, wenn man lesen muß, daß die Bundeswehr jetzt schon 13- bis 17jährige Mädchen für den Dienst an der Waffe zu gewinnen sucht.
Mit anderen Worten: Sogar Minderjährige sollen in der BRD auf staatlich sanktionierten Mord und Totschlag in aller Welt vorbereitet werden. Die Schamlosigkeit der Verantwortlichen der Bundeswehr kennt wirklich keine Grenzen! Die offizielle Empörung über Kindersoldaten anderswo wird im Licht solcher Tatsachen ad absurdum geführt.

Raimon Brete, Chemnitz


Der Presse war zu entnehmen, daß sich mehrere linke Formationen in der Türkei für ein Aktionsbündnis ausgesprochen haben. Im Zentrum steht dabei die HDP, welche von einer Reihe linker und demokratischer Strömungen unterstützt wird. Hiesige Kommentatoren hoben zugleich hervor, daß die Linkskräfte in der Türkei noch wesentlich zersplitterter seien als in der BRD.
Natürlich fragt man sich, ob es nicht auch hierzulande sinnvolle Aktionsabsprachen zwischen den Führungen linker Parteien, Verbände und Organisationen geben könnte. Mir scheint, daß so etwas in Vorbereitung der nächsten Liebknecht-Luxemburg-Demonstration ein Schritt in die richtige Richtung wäre.

Gerd Schulz, Waldau


Seit längerer Zeit brennt es mir förmlich unter den Nägeln. Wenn man über die Verursacher des derzeitigen Zustands der Welt nachdenkt, tauchen immer wieder die USA auf - überall und in jedem nur denkbaren Zusammenhang. Es scheint so, als bliesen sie bereits zu einem letzten Sturmangriff auf Europa. Stichwort TTIP, vom Treiben Washingtons und seiner NATO-Partner in der Ukraine ganz zu schweigen. Leider spielt auch hier wieder Deutschland als besonders amerikahöriger Staat eine unrühmliche Rolle. Der einstige Rostocker Pastor ergeht sich dabei in üblen Eskapaden gegen Rußland. Das Ganze ist ein Spiel mit dem Feuer.
Wie ist es nur möglich, daß der längst überlebte Manchester-Kapitalismus 25 Jahre nach dem Zusammenbruch des bisher ersten Versuchs, eine wirklich solidarische Gemeinschaft aufzubauen, wieder eine solche Macht erhalten hat?

Volker Büst, Kalbe/M, OT Vienau


Die zweite Abrißwelle von DDR-Plattenbauten wurde angekündigt. Meine Familie war in Berlin beiderseits der Spree zu Hause. Als Ostberliner hatten wir die Möglichkeit, uns einige Sozialbauten West bereits vor der "Wende" in Spandau genauer anzusehen. Ehrlich und objektiv muß ich sagen, daß die DDR-"Platte" von der Qualität, vom Schnitt und vom Wohnumfeld den westdeutschen Quartieren ähnlicher Art bedenkenlos vorzuziehen war. Das müssen selbst eingefleischte Antikommunisten zugeben. Sollen jetzt unsere Plattenbauten immer mehr den unheiligen Wahnvorstellungen einiger unbelehrbarer Lobbyisten des Kapitals geopfert werden? Nach dem von Leuten dieses Schlages angeordneten Abriß des Palasts der Republik dokumentiert dieses Vorhaben einmal mehr, daß man weder gewillt noch in der Lage ist, der deutschen Einheit tatsächlich näherzukommen. Das alles und manches andere läßt den Schluß zu, daß die DDR selbst nach 25 Jahren noch immer quicklebendig ist.

Wilfried Meißner, Bad Blankenburg


Im Mai-"RotFuchs" haben wir im ersten Beitrag der Serie von Renate Teller eine alte Bekannte wiedergetroffen. Sie erwähnt ihre Tochter Dorothee. Diese ist vor 50 Jahren mit unserem Sohn und unserer leider schon verstorbenen Schwiegertochter in die Schule gegangen. Unser seit einer schon länger zurückliegenden Gehirnblutung schwerbehinderter Sohn würde sich sehr freuen, den Kontakt zu seiner ehemaligen Klassenkameradin herstellen zu können. Seid Ihr so nett, liebe Genossen, und helft? Bei dieser Gelegenheit möchten wir Euch sagen: Wir gehören seit Jahren zu den "RotFuchs"-Beziehern, lesen fast jeden Artikel und reichen das Heft immer an andere weiter. Ihr könnt stolz darauf sein, daß Ihr bei vielen Menschen ein großes Bedürfnis nach Gedankenaustausch unter Gleichgesinnten befriedigt.

Ursula und Peter Rosse, Dresden


Man wird doch noch mal fragen dürfen ... Nach dieser Maxime verfuhr ich bis ins hohe Alter. In der vielgepriesenen Demokratie der BRD halte ich es für zwingend notwendig, gegen die Verdummungspolitik der Herrschenden aufzutreten und auch Bundestagsabgeordnete bei sich bietender Gelegenheit zum Gespräch herauszufordern. Schon seit längerem wollte ich dem "populären" CDU-Mandatsträger Eckhart Rehberg aus M-V einmal im Dialog gegenübersitzen. In unserem "Güstrower Anzeiger" hatte er eine Bürgersprechstunde von 90 Minuten Dauer angekündigt. Kurz entschlossen machte ich mich rechtzeitig auf den Weg, wobei ich fälschlicherweise annahm, der Mann sei in dieser Region tatsächlich sehr gefragt. Welch ein Trugschluß! Außer mir zeigte sich niemand.
Ich wollte von Herrn Rehberg zunächst wissen, auf welchen Personenkreis er seine Anfang der 90er Jahre von der "Schweriner Volkszeitung" kolportierte Aussage bezogen habe, er setze sich "mit Protagonisten nicht an einen Tisch". Damals hatte er anklingen lassen, daß beispielsweise ISOR-Mitglieder damit gemeint seien.
Als ISOR-Mitglied und langjähriger Funktionsträger dieser Interessengemeinschaft stellte ich Herrn Rehbergs Gelöbnis auf die Probe. Seine Reaktion, nachdem ich mich zu erkennen gegeben hatte, war ein brüskes: "Dann ist das Gespräch sofort beendet." Ich ließ mich aber nicht aus der Ruhe bringen und bestand auf meinem Recht, mit dem Mandatsträger aus M-V zu sprechen. Bei allen Kontroversen müsse doch ein sachlicher Meinungsaustausch möglich sein.
Die Sache war Herrn Rehberg deshalb besonders unangenehm, weil er als führendes Mitglied der Blockpartei CDU eine beachtliche DDR-Karriere hingelegt hatte. Seit 1990 bewies er jedoch ein hohes Maß an Wandlungsfähigkeit und "profilierte" sich als rabiater Feind seiner vormaligen Freunde.
So blieb ich hartnäckig. "Na gut, dann reden wir eben miteinander", hißte mein Kontrahent schließlich die weiße Fahne. Es wurde ein recht langes Gespräch.
Mein Fazit: Ich werde auch in Zukunft öffentliche Einladungen solcher Art in Betracht ziehen.

Walter Krüger, Güstrow


Unter dem Motto "Unerwünschte Zeitzeugen" möchte ich bei uns in Ueckermünde eine Veranstaltungsreihe ins Leben rufen. Zeitzeugen - das ist ein Begriff, der von den Medien oft benutzt wird, vor allem auch dann, wenn es um die DDR geht. Wir aber möchten solche Zeitzeugen gewinnen, die sonst wenig oder gar nicht zu Wort kommen. Es sind jene, welche die DDR nach wie vor als ihre Heimat betrachten und in der BRD des deutschen Kapitals nicht angekommen sind. Als "Andersdenkende" werden sie nicht selten ausgegrenzt und als "unerwünschte Zeitzeugen" diffamiert. Wer sich hier wiederfindet, ist aufgerufen, an dem Projekt mitzuwirken. Er oder sie sollten ihren Standpunkt verteidigen können, denn bei der Diskussion dürften natürlich auch Andersdenkende zugegen sein. Gemeinsam mit dem Ortsverband der Partei Die Linke und der Stadt Seebad Ueckermünde gehöre ich als Grafiker zu den Initiatoren dieser Veranstaltungsreihe. Ich bitte um Unterstützung.

Klaus Parche, Ueckermünde


Hiermit erstatte ich Selbstanzeige. Da ich die Adresse des Generalbundesanwalts nicht kenne und auch nicht einmal weiß, wer das im Augenblick ist, wähle ich den Weg über den "RotFuchs". Vielleicht liest der Adressat ja unsere Zeitung von Amts wegen oder der Verfassungsschutz gibt ihm zumindest entsprechend Bescheid.
Zu meiner Person: Ich heiße Wilhelm Bartels, bin am 20. Juli 1946 geboren und wohne in Berlin.
Zur Sache: Ich höre, daß der Bundestag ein Gesetz schaffen will, nach dem es strafbar ist, Terroristen finanziell zu unterstützen. Das habe ich aber bisher immer getan, indem ich Steuern zahlte. Es ist doch wohl Terrorismus, wenn im Auftrag des Drohnenkönigs von Washington aus Rammstein in der BRD ständig neue Mordanschläge in anderen Ländern organisiert und ausgeführt werden. Selbst wenn jene, welche man dort ermordet, ausschließlich Terroristen wären, bleibt es doch im juristischen Sinne Mord: ohne Prozeß und ohne Urteil. Man hört aber, daß bei diesen Anschlägen auf einen getöteten Terroristen etwa 28 ermordete Zivilisten entfallen.
Auch das Gehalt des Obersten und nunmehrigen Generals Klein habe ich mit meinen Steuern finanziert. Als mildernden Umstand bitte ich zu berücksichtigen, daß ich diese Abgaben nicht freiwillig geleistet habe. Vielleicht bin ich aber noch gar kein Straftäter, weil das Gesetz ja erst kommen soll. Was aber, wenn es dann da ist?
Vielleicht hat der Herr Generalbundesanwalt einen Tip für mich, wie ich es anstellen muß, keine Steuern mehr zu zahlen, um fortan nicht mehr straffällig zu werden.

Wilhelm Bartels, Berlin

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RotFuchs Nr. 210, 17. Jahrgang, Juli 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. August 2015

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