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ROTFUCHS/176: Tribüne für Kommunisten und Sozialisten Nr. 222 - Juli 2016


ROTFUCHS

Tribüne für Kommunisten und Sozialisten in Deutschland

19. Jahrgang, Nr. 222, Juli 2016



Inhalt
  • Adieu, Klaus!
  • Álvaro Cunhal, presente!
  • Was bleibt?
  • Der Sozialismus, für den wir kämpfen
  • Kuba: Vom 7. Parteitag der PCC
  • W. Pieck: Diktatur ist nicht gleich Diktatur
  • Antikapitalistische Handlungsorientierung
  • Einsatz der Bundeswehr auch im Inneren?
  • Peter Gingold, lebenslang ein Mutmacher
  • Brasilien: Gangster am Ruder
  • Faschismus - Der Schoß ist fruchtbar noch
  • Helmuth Hellge: Gedanken zu einem Bild
  • Für eine neue Weltordnung ohne Krieg
  • Zum Tode Margot Honeckers
  • Vom Antikommunismus Gauckscher Prägung
  • Klartext über Floskeln der Macht
  • Tschechien: Offener Brief an US-Soldaten
  • "Dämon" Putin und die Medienmeute
  • Ist Kaufsucht heilbar?
  • TTIP und CETA stoppen!
  • Extra - Manfred Wekwerth: Ein Großer des Theaters
  • Extra - Germans to the front?
  • Marx' Lebensweg bis zur Ausarbeitung des Kommunistischen Manifests (1)
  • Eine Reise nach Vietnam
  • Der 8. Mai: Tag der Befreiung
  • Aktion "Unsterbliches Regiment"
  • Der Sprößling aus dem Treptower Park
  • Gedenken an eine fliegerische Heldentat
  • Rudi Kurz: Hamlet (Folge 3 und Schluß)
  • Der Nannen-Preis - eine ehrenhafte Auszeichnung?
  • Gedenkorte für die Opfer des Militarismus
  • Lutz Jahoda: Theo Shall
  • Der kleine Fuchs und die Elfenbeintürme
  • Gisela Steineckert: Hand aufs Herz
  • Stimmen aus aller Welt über die DDR (1)
  • Leserbriefe

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Alarm! Der Frieden ist in Gefahr

Am 8. und 9. Juli findet in Warschau ein NATO-Gipfel statt. Mit ihm soll ein vorläufiger Schlußpunkt hinter die Expansions- und Aufrüstungspolitik des Kriegspaktes seit der Auflösung der Sowjetunion gesetzt werden. Es werde eine Allianz zu sehen sein, die "alle Abschreckungsinstrumente des 21. Jahrhunderts stärkt", kündigte kürzlich US-Vizeaußenminister Blinken an. In einem Interview mit mehreren konservativen Tageszeitungen aus sechs europäischen Ländern sprach NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, ein norwegischer Sozialdemokrat, am 1. Mai Klartext: "Die NATO muß mit Stärke und glaubwürdiger Abschreckung auf Rußland reagieren." Die Lüge von der "reagierenden NATO" ist so alt wie die Kriegsallianz selbst, die im April 1949 gegründet wurde, um den kalten Krieg in einen heißen, d. h. den dritten Weltkrieg, umzuwandeln. Erst Ende August 1949 wurde die erste Atombombe der Sowjetunion gezündet und damit das Monopol auf diese Waffe, das die USA seit 1945 hatten, durchbrochen. Bis dahin gab es immer wieder konkrete Erwägungen und Pläne, sie gegen die Sowjetunion einzusetzen.

So wollte z. B. Winston Churchill 1948 mit ihr der Sowjetunion drohen und sie auch einsetzen. Das enthüllte der US-Spitzendiplomat Henry Cabot Lodge in seinem 1977 erschienenen Buch "Eine Innenansicht der Politik und der Macht". In einem Protokoll über ein Treffen mit Churchill am 8. März 1955 heißt es dort: "Er (Churchill) erklärte ausführlich, daß er 1948, als er nicht an der Regierung war und wir das Atombombenmonopol besaßen, eine Kraftprobe mit der Sowjetunion befürwortet hatte. Er hatte das Verfahren in allen Einzelheiten ausgearbeitet. Die Bomben sollten dann abgeworfen werden, um dem sowjetischen Volk unsere Stärke zu demonstrieren. Damals, so Churchill, hätte die Sowjetunion nichts machen können. Hätte sie den Krieg erklärt, hätten wir sie noch härter bestraft. Daß es nicht zu dieser Kraftprobe kam, als wir das Monopol besaßen, sei ein katastrophaler Irrtum gewesen."

Nach 1991 verleibte sich die Allianz große Teile Zentral- und Osteuropas ein. Unabhängig von der politischen Ausrichtung boten sich die Regierungen in den dortigen Mitgliedstaaten als besonders eifrige Erfüllungsgehilfen der westlichen Angriffskriege an. In den NATO-Stäben und vor allem in den politischen Zentralen der großen Mitgliedstaaten begann man, erneut aus einer Art atomarer Monopolstellung heraus zu planen. Im Sommer 2015 erklärte z. B. der Direktor des kanadischen Zentrums für globale Forschung in Montreal, Michel Chossudovsky: "Die USA haben einen sehr gefährlichen Pfad eingeschlagen, weil sie die Doktrin des Präventivkriegs eingeführt haben - tatsächlich sagen sie auch, daß sie Nuklearwaffen gegen Rußland als Präventivschlag einsetzen könnten."

Stoltenberg bestätigte diese Einschätzung in dem erwähnten Interview vom 1. Mai mit den Worten: "Es ist wichtig, daß die NATO bei der nuklearen Abschreckung glaubhaft bleibt." Der NATO-Generalsekretär ist der neue Churchill. Am 23. Mai meldete TASS, Stoltenberg habe den Gipfel in Warschau in diesem Sinn als "Wendepunkt" bezeichnet. Das soll offenbar so sein. Mit der Rückkehr zu Abschreckung und Erstschlag greift der Kriegspakt gleichsam die Politik des Atombombenmonopols wieder auf.

Je mehr der Kapitalismus von Krisen geschüttelt wird, desto gefährlicher wird er. Der NATO-Gipfel droht, zu einer historischen Zäsur zu werden. Die USA und ihre Verbündeten wollen das Spiel mit dem atomaren Feuer neu beginnen. Sie sind auf Konfrontation aus, von Verteidigung ist keine Rede mehr. Aus Rußland verlautete, man werde auf alle Bedrohungen seiner Sicherheit angemessen reagieren. Solange die Friedenskräfte zu schwach sind, um eine allgemeine Abrüstung zu erzwingen, muß der Frieden bewaffnet sein.

Arnold Schölzel

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Adieu, Klaus!

Bei Gott - ein ganz besonderer Mensch ist mir in ihm begegnet. Er gehörte zu jenen, die "bei der Sache geblieben" sind. Ich kenne diese Wendung aus meiner Kinderzeit. Wenn ich über schwierigen Hausaufgaben saß und mich dann gern einmal durch Kritzeln mit dem Bleistift auf einem Zeitungsrand oder dem Verfolgen einer Fliege, die quer über die Igelit-Tischdecke krabbelte, ablenken ließ, wollte der Opa das nicht gern zulassen. Gerade eben von seinem Instrukteur-Dienst aus dem Rathaus der Stadt nach Hause gekommen, sah er mich - spät am Nachmittag - über den Schularbeiten sitzen. Es gefiel ihm gar nicht, daß ich immer noch nicht fertig war. Dann setzte er sich hin - bedauernd, jetzt nicht in den geliebten Garten gehen und seine Pflänzchen wässern zu können -, um mich "Pflänzchen" zu begießen. Ich solle doch "bei der Sache bleiben". "Was verstehst Du denn nicht? Die Aufgabe ist doch ganz klar formuliert!" Und beim Reden darüber erkannte ich plötzlich, daß es gar nicht schwer ist, die Lösung zu finden ...

Apropos Zeitungsrand bekritzeln. Es war in den ersten Jahren nach dem Krieg, als das Schreibpapier ein rarer Artikel war, da beschrieben die Leute noch die Zeitungsränder, wenn sie etwas zu notieren hatten. Und Igelit war damals die schützende Schicht auf einer Decke, die Oma über das Leinen-Tischtuch legte, um sie möglichst nicht gleich wieder waschen zu müssen.

Es waren die Jahre um die Gründung der Republik, in denen ich meiner selbst zunehmend bewußt wurde, was ich nicht zuletzt diesem Opa und dieser Oma zu verdanken habe. Sie waren nämlich in jenen Kinder- und Jugendjahren meine eigentlichen Erzieher, nachdem sich die Mama in die Nachbarstadt begeben und dort eine neue Ehe geschlossen hatte. Oma war die Mutter meiner Mutter, also meine leibliche Großmutter, eine schon lange geschiedene und daher allein lebende Frau. Der Mann, den sie 1946 heiratete, war ein wirklicher Glücksgriff für sie - und auch für mich, den Enkel. Ein seltsamer Glücksfall: Er war gerade aus dem Lazarett entlassen worden, wo ihm eine amerikanische MP-Kugel aus der Schulter entfernt wurde. Er hatte richtig "Schwein" gehabt, als es ihn, den Munitionswart in einem Torpedoarsenal, beim Einmarsch der US-Truppen in Rudolstadt im April 1945 erwischte. Die Frau, die ihn dann im Lazarett besuchte, wurde ein Jahr später seine Ehefrau. Aber dazwischen lagen Monate der Ungewißheit und größter Befürchtungen. Denn er hatte Frau und Familie in Dresden, zu der er eigentlich zurückkehren wollte. Irgendwann waren schlimme Nachrichten aus den Radiomeldungen an sein Ohr gedrungen: Dresden sei in der Nacht vom 13. auf den 14. Februar schwer bombardiert worden. Große Teile der Stadt lägen in rauchenden Trümmern, hieß es. Die Post ging nur sporadisch, die Telefonverbindungen waren unterbrochen.

Eines Tages im Mai oder Juni, als wieder einmal ein Zug Apolda verließ, setzte er sich in den rumpelnden Waggon und fuhr, mit langen Unterbrechungen auf irgendwelchen zerschossenen Bahnstationen wartend, in Richtung Dresden. Als er sich dort in einem Trümmermeer einen Pfad zu seiner ehemaligen Straße gebahnt hatte, sah er nur noch einige Wände von dem Haus stehen, in dem seine Familie und die Eltern gelebt hatten. Auf einem Amt erfuhr er dann, daß er mit hoher Wahrscheinlichkeit seine Frau nicht wiedersehen würde, denn aus diesem Stadtteil hätte man einige tausend Tote geborgen, die auf großen Holzstapeln auf dem Neumarkt verbrannt worden seien. Ihre Asche war auf dem Heidefriedhof beigesetzt worden.

Als der Witwer wieder nach Apolda zurückkehrte, ist er ein anderer geworden. Wenig später sah man ihn mit dem SED-Emblem an der Jacke. Und so ist er mir in Erinnerung geblieben: ein Mensch, der eine radikale Wendung vollzogen hatte - vom Soldaten Hitlers zum Sozialisten der ersten Stunde. Wie seine neuen Genossen hat er geschworen: Nie wieder Krieg - nie wieder Faschismus! Und er lehrte mich, immer "bei der Sache" zu bleiben. "Lernen, lernen und nochmals lernen!" - dieses Lenin-Zitat habe ich nicht nur einmal aus seinem Munde gehört.

Die Jahre vergingen. Ich lernte während meiner NVA-Zeit die Bibel kennen. Die Beschäftigung mit ihr ließ mich - schon zwanzigjährig - den Weg über die Taufe zur Kirchenmitgliedschaft gehen. Das muß damals meinen Opa sehr gewundert haben, aber er hat meinen Weg über das Theologiestudium in das evangelische Pfarramt nie kritisiert. Vielleicht hat er gewußt, daß ich am Ende doch "bei der Sache bleiben" würde ... Und das gelang mir auch im wesentlichen, denn die kritische Haltung, die ich gegenüber manchem Funktionärsunsinn einnahm, bezog ich bald darauf gegenüber manchem kirchlichem Unsinn.

Andererseits wollte ich den Anspruch der DDR-Verfassung auch an mich selbst stellen: "Arbeite mit, plane mit, regiere mit!" So fand ich Zugang zur CDU der DDR, wurde Kreistagsabgeordneter und von manchen Kirchenkollegen schief angesehen, weil ich mich "mit den Kommunisten gemein gemacht" hätte. Dabei wollte ich immer nur "bei der Sache bleiben", so wie ich sie jetzt verstand: eine Gesellschaft mitzugestalten, die der Müntzerschen Idee verpflichtet war, "daß dem gemeinen Mann alle Macht gegeben werden soll".

Als diese Macht aus verschiedenen, auch von Sozialisten selbst zu verantwortenden Gründen, abgegeben wurde, trat in die gesellschaftliche Allerwelts- und Geht-mich-nichts-an-Philosophie eine junge politische Zeitschrift, die ich sofort spannend und unterstützenswert fand, und ich begann sie zu lesen und hin und wieder etwas für sie zu schreiben. Das wichtigste ist mir an unserem "RotFuchs", daß auch er "bei der Sache bleiben" will. Und das hat die inzwischen viel gelesene Zeitschrift zuvorderst jenem zu verdanken, der uns gerade adieu gesagt hat. Und nach seinem Einrücken in die Welt der Unvergessenen kann ich nur sagen: Gott sei Dank, daß es solche Menschen wie Dich gab und immer wieder gibt! Hab Dank - und adieu ...

Peter Franz, ev.-luth. Theologe

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Álvaro Cunhal, presente!

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

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Was bleibt?

Wohl alle der vielleicht 350 bis 400 gedenkenden Menschen, die am 12. Mai Klaus Steiniger die letzte Ehre gaben, wußten genau, wen sie da verabschiedeten und welches politische Erbe es zu bewahren gilt. Hoch gebildet, die Lehren des 2. Weltkriegs nicht vergessend, die DDR-Zeit mitgestaltend, von unserer Niederlage und der heutigen politischen Situation geprägt, wollten sie gemeinsam ein Zeichen setzen - füreinander und an die nach ihnen Kommenden gerichtet.

Klaus Steiniger hat die Rede zu seinem Abschied selbst verfaßt und als Tonaufzeichnung hinterlassen. Von dem, was er sagte, war ihm mit am wichtigsten wohl seine Erkenntnis, daß die DDR der beste Staat war, den es je auf deutschem Boden gegeben hat. Bei diesem Gedanken sehe ich mich mit der Frage nach meiner eigenen und unser aller Verantwortung für das Scheitern unseres Staates konfrontiert.

Ja, man kann sagen, die DDR wurde annektiert und in gewisser Weise sogar kolonialisiert. Doch wir haben auch zugelassen, daß sie annektiert wurde. War es nicht so, daß die deutlichen Zeichen der inneren Krise fast tatenlos, ziemlich widerstandslos, lediglich registriert oder sogar ignoriert wurden?

Zu sprechen wäre hier über die Gesellschaftswissenschaften der DDR, defizitäre Führungsverantwortung nicht nur auf höchster Staats- und Parteiebene, die Rolle solcher Renegaten wie Schabowski, die vielen Karrieristen in Parteifunktionen und vieles mehr. Ans Tageslicht kamen diese erst, als sie sich "wendeten". Und wer ahnte schließlich Gorbatschows Konzeptions- und auch Charakterlosigkeit und die seiner Truppe, die am Ende in Kollaboration mit dem Klassenfeind mündete. Ein politisch gebildetes, über den Zustand der Welt und besonders über den deutschen Kapitalismus gut informiertes DDR-Volk hat sich - offensichtlich in der Hoffnung, es würde schon nicht so schlimm werden - mit der Annektion abgefunden. Den ökonomische Kollaps hinnehmend, dafür die D-Mark besitzen wollend, haben ihre Bürger politische Bevormundung, Liquidierung der kulturellen und sozialen Errungenschaften sowie den Raub des Volkseigentums hingenommen. Man wählte mehrheitlich Kohl, man wählte das Kapital.

Doch das nun einsetzende massenhafte Aufeinandertreffen der Menschen der beiden bisher getrennten deutschen Staaten brachte auch etwas ans Tageslicht, was so manchen in Staunen versetzte. Man mußte zur Kenntnis nehmen, daß der "Ossi" so anders, so viel natürlicher, so viel "angenehmer" war als der "Wessi" - ein Phänomen, das ein Indikator dafür ist, daß die DDR den Humanismus im Alltag tatsächlich und sehr wirksam entfaltet hatte.

Der Mensch an sich hatte sich geändert, er mußte also sehr wohl nicht Feind des Menschen sein, sondern konnte in einem solchen Umfeld immer mehr als verantwortlich fühlendes Mitglied der Gemeinschaft solidarisch agieren. Er war nicht Konkurrent und Widersacher des anderen, weil die gesellschaftlichen Bedingungen - für jeden in etwa gleich und gerecht - wirksam waren und niemanden ausschlossen, außer den Klassengegner (und manchmal leider auch Menschen, die berechtigt Kritik übten). Anders gesagt: 40 Jahre DDR haben bewiesen: Der Mensch ist sozialismusfähig! Das allein ist der Grund für die Delegitimierung der DDR und für die Legende vom Unrechtsstaat, die als Staatsdoktrin Nr. 1 wieder und wieder in die Hirne der Menschen gehämmert wird.

"Ihr Thüringer Linken, seid ihr noch bei Trost?!" - möchte ich am liebsten noch an Steinigers Grab rufen: Die DDR ist 1953 gerettet worden, selbst wenn einiges im ersten Anlauf nicht so gut gelaufen ist. Das wäre zu feiern gewesen!

Ich frage weiter: Wie ist der Mensch auf dem Weg zum Sozialismus "bei der Stange zu halten", ganz besonders, wenn es nicht so gut läuft? Das ist uns weder in den Leitungsorganen von Staat und Partei noch unter der Bevölkerung in ausreichendem Maße gelungen oder eben nur so lange, wie die Alternative zum Sozialismus sichtbar nachteilhaft ist - wie nach dem 2. Weltkrieg für die Osteuropäer oder für die Kubaner angesichts der Sanktions- und Aggressionspolitik der USA.

Insofern ist die Botschaft Klaus Steinigers nicht hoch genug einzuschätzen. Die DDR ist der beste Staat in der Geschichte des deutschen Volkes. Vor allem deshalb, weil sie für 40 Jahre dem deutschen Kapital das ausbeuterische Eigentum und die politische Macht entzog. Darüber sollte weiter publiziert werden, um den Vergleich zu ermöglichen - unter Berücksichtigung der Entwicklung in Wissenschaft und Technik, die ja auch um die DDR keinen Bogen hätte machen können.

Wir müssen es erneut versuchen mit einem besseren deutschen Staat und einem besseren Europa - und es dabei besser machen. Dazu sind die Probleme der DDR und die Gründe unseres Versagens gründlich zu analysieren und offenzulegen, insbesondere die soziologischen Erscheinungen, die sich in allen osteuropäischen Ländern gezeigt haben. Das mag uns schmerzlich treffen angesichts unser eigenen Fehler und Defizite. Aber ohne ein solches offenes Herangehen an Ursachenforschung werden wir ein Desaster erleben.

Renato Lorenz, Berlin

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Der Sozialismus, für den wir kämpfen

Seit 25 Jahren bemühen sich Wissenschaftler und "Chefideologen", die der kapitalistischen Weltordnung hörig und bedingungslos zu Diensten sind, den Menschen eine Idee von einem "revidierten Sozialismus" zu präsentieren. Aber auch Wortführer der Partei Die Linke versuchen, ihren Mitgliedern einen "demokratischen Sozialismus" schmackhaft zu machen, der als das eigentliche Ziel einer neuen zu erstrebenden Gesellschaft präsentiert wird.

Als Gregor Gysi in einem Interview gefragt wurde, wie er sich einen demokratischen Sozialismus vorstelle, antwortete er: "Demokratischen Sozialismus kann ich nicht erklären, in den muß man hineinwachsen."

Grundsätzlich ist festzuhalten, daß zwischen sozialistischer und bürgerlicher Demokratie unterschieden werden muß. Wenn man eine Richtungsentscheidung in dieser Frage umgeht, kann der Begriff "demokratischer Sozialismus" beliebig interpretiert werden, was möglicherweise auch gewollt ist. Man will suggerieren, diese beiden politisch und ökonomisch völlig gegensätzlichen Wertvorstellungen könnten in einem "demokratischen Sozialismus" zusammenwirken, sozusagen wie geklont eine Einheit bilden. Doch das käme wohl dem Versuch gleich, Wasser mit Feuer zu vereinen. Aus sozialistischer und bürgerlicher Demokratie eine Gemeinsamkeit zusammenzimmern zu wollen, um daraus einen "demokratischen Sozialismus" aus der Taufe zu heben, scheitert an der Unvereinbarkeit dieser beiden politischen Herrschaftsformen.

Mit solchen revisionistischen Thesen wird versucht, den wissenschaftlichen Sozialismus zu ersetzen oder gleich ganz zu liquidieren. Seit vielen Jahren wird immer wieder die gleiche Idee eines bisher noch nie verwirklichten sozialdemokratischen Weges zum Sozialismus aus der Schublade geholt und unter Berufung auf Eduard Bernstein neu aufpoliert. Führende Politiker der PDL beteiligen sich an dem von den bürgerlichen Parteien wieder neu angeheizten "Diktaturen"-Vergleich, um die Diktatur des Proletariats mit verbrecherischen Diktaturen der Vergangenheit in einen Topf zu werfen.

In der DDR war die Diktatur des Proletariats die Form unserer sozialistischen Demokratie, in der die Arbeiterklasse im Bündnis mit den Bauern und der schaffenden Intelligenz die Staatsherrschaft über die Gesellschaft übernommen hatte. Das war die wesentliche Voraussetzung dafür, die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen und die private Aneignung des erzielten Gewinns abzuschaffen. Das ist auch der entscheidende Unterschied zur bürgerlichen Demokratie, in der die Besitzer der Produktionsmittel und deren bürgerliche Vertreter im machtausübenden Staatsapparat mehr Rechte besitzen als die Mehrheit des arbeitenden Volkes einschließlich der an den Rand der Gesellschaft Getriebenen.

Nichts rechtfertigt auch die Diskussion über den Unterschied sogenannter freier Wahlen in den beiden deutschen Staaten. In der DDR gab es eine Einheitsliste der in der Nationalen Front gemeinsam agierenden Parteien und Massenorganisationen, sie stellten natürlich auch einvernehmlich das Ministerkabinett und arbeiteten somit gemeinsam an der Entwicklung des Staates. Im Gegensatz dazu heißt es, die wirklich freien Wahlen gäbe es in der Bundesrepublik, weil man hier zwischen den einzelnen Parteien wählen könne, um die Politik zu bestimmen. Ja, man kann bei Wahlen sein Kreuzchen beliebig anbringen, doch wer auch immer als Sieger aus ihnen hervorging, es blieb bei der Politik, die man eigentlich abwählen wollte. Wie war das bei Konrad Adenauer mit den Oppositionellen und Andersdenkenden? Es wurde schon in den 50er Jahren begonnen, echte Opposition mundtot zu machen. FDJ-Verbot, KPD-Verbot, DFD-Verbot, DKBD-Verbot ... Und unter der Regierung von Willi Brandt kam dann der berüchtigte Radikalenerlaß. Zehntausende Andersdenkende verloren ihren Arbeitsplatz.

Die bereits in der sowjetischen Besatzungszone eingeleiteten antifaschistischen Aktionen, die erfolgte Säuberung des Staates von faschistischen Elementen, die teilweise auf der Grundlage von Volksbefragungen erfolgte Enteignung der Kriegsverbrecher und den faschistischen Krieg unterstützenden Fabrikbesitzer, der privaten Banken und Versicherungen - das alles hatte die Macht des Faschismus gebrochen und die kapitalistische Produktionsweise in Ostdeutschland beendet.

Antifaschismus wurde in der DDR Staatsdoktrin. 40 Jahre lang ging von deutschem Boden kein Krieg aus. Heute wird gegen einen "verordneten" Antifaschismus polemisiert. Antifaschisten, die für ihre Haltung in Konzentrationslagern und Zuchthäusern gesessen haben, muß man den Antifaschismus nicht verordnen und den Menschen, die in Hitlers Krieg Angehörige verloren haben, ebenfalls nicht. In der Alt-BRD war Antifaschismus nicht erwünscht. Wer frühere Nazibedienstete, vom Sicherheitshauptamt über Gestapo bis hin in die Justizbehörden, zu Bundesbeamten ernennt, kann keinen Antifaschismus gebrauchen. Die aus den Konzentrationslagern Zurückgekehrten landeten oftmals wieder als "Staatsfeinde" in den Gefängnissen der Bundesrepublik. Und das ist "die beste und echteste Demokratie der Welt"? Demokratie erschöpft sich nicht in der Teilnahme an Wahlen für die unterschiedlichsten Volksvertretungen.

Den Bürgern der DDR wurde der erarbeitete Entwurf einer neuen Verfassung zur Diskussion vorgelegt. Über 30.000 Zuschriften und mehr als 3000 Vorschläge, die nachträglich in die Verfassung eingearbeitet wurden, zeugen von einem außerordentlich demokratischen Verfahren. Im Gegensatz dazu wurde das Volk der BRD weder 1949 bei der Inkraftsetzung des Grundgesetzes um seine Meinung gefragt, noch wurde ihm nach der Einverleibung der DDR durch die BRD ein Grundgesetz zur demokratischen Entscheidung vorgelegt.

Natürlich gab es in der DDR nicht wenige Defizite, Irrtümer, Fehler und auch Irrwege. Doch allein auf sie konzentrieren sich die vom Antikommunismus besessenen Geschichts-"Aufarbeiter". Die wahre Geschichte ist dabei zur Nebensache geworden, da es nur darum geht, angeblich "demokratiefeindliche Führungsformen im SED-Staat" als Begründung für die Notwendigkeit der fortgesetzten Delegitimierung der DDR heranzuziehen.

Je größer der Abstand zu jener Zeit, um so schamloser und größer werden die Lügen. Man bezeichnet diese Zeit grundsätzlich als "Staatssozialismus" und tituliert ihn neuerdings auch als "Parteisozialismus", wobei die vielseitigen Errungenschaften, die in jener Zeit erreicht wurden, verschwiegen werden.

Leider hat die SED nach und nach das Volk immer mehr aus der politischen Verantwortung entlassen. Sie bezog die Bürger in die Gestaltung der sozialistischen Gesellschaft nur noch halbherzig ein, entfernte sich immer mehr von der Basis. Das war die Nische, die sich Oppositionelle, kräftig unterstützt von bundesdeutschen "Dozenten" und Geldgebern zu eigen machten. Andererseits dürfen wir die DDR nicht als eine Art Insel betrachten, die nur von Wasser umgeben ist. Sie lag an der Nahtstelle beider Gesellschaftssysteme und war "der andere Teil Deutschlands". Vergessen wir nicht die jahrelangen Embargos, Handelshindernisse, Preiskriege, Sanktionen, aber auch die vielen Sabotageakte und Brandattacken gegen Volkseigene Betriebe und Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften, die uns oftmals am planmäßigen Aufbau der Gesellschaft hinderten.

Aus all dem läßt sich eine Erkenntnis ziehen: Sozialistische Demokratie und wissenschaftlicher Sozialismus gehören zusammen - und dafür kämpfen wir.

Klaus Glaser, Schwarzenberg

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Vom 7. Parteitag der Kommunistischen Partei Kubas

Vom 16. bis zum 19. April tagte in Kubas Hauptstadt Havanna der 7. Parteitag der regierenden Kommunistischen Partei (PCC). Bei der alle fünf Jahre stattfindenden Zusammenkunft wird nicht nur die politische und wirtschaftliche Generallinie des Landes neu abgesteckt, sondern es werden traditionell auch wichtige personelle Entscheidungen getroffen. Zuletzt wurde im Jahr 2011 mit den "Lineamientos", den Leitlinien zur Wirtschafts- und Sozialpolitik, ein 313 Punkte umfassendes Reformprogramm verabschiedet, das Kubas Sozialismus für das 21. Jahrhundert fit machen soll. Der Parteitag stand ganz im Zeichen der Fortsetzung dieser Reformen. "Kontinuität ohne Eile" war das Motto ("Stillstand" die Interpretation anderer).

Präsident Raúl Castro, der 2011 auch den Posten seines Bruders Fidel als KP-Generalsekretär übernahm, eröffnete den Kongreß mit einer mehrstündigen Rede, die zu den wichtigsten programmatischen Dokumenten des Parteitags gehört. Er bekräftigte zwei Grundprinzipien der aktuellen Wirtschaftsreformen: 1.) Niemand wird zurückgelassen, 2.) keine "Schocktherapien" wie in Europa. "Die neoliberalen Formeln, die eine schnelle Privatisierung des staatlichen Eigentums und der sozialen Dienste vorsehen, werden niemals im kubanischen Sozialismus angewandt werden. ... Die Entscheidungen in der Wirtschaft dürfen unter keinen Umständen einen Bruch mit den Idealen von Gleichheit und Gerechtigkeit der Revolution bedeuten." Castro verwies auf Defizite bei der Umsetzung einiger Reformen wie der Unternehmensreform und den Landwirtschaftsreformen.

Fehlentwicklungen müßten bereits im Keim erkannt werden, sonst könnten sie zu "politischen Problemen" werden, wie beispielsweise die Preisentwicklung auf den Bauernmärkten in den letzten Jahren. Der staatliche Durchschnittslohn stieg zwischen 2010 und 2015 um 43 Prozent an, trotzdem seien die Löhne unzureichend, um die Grundbedürfnisse der Bevölkerung zu befriedigen. Die Beschäftigung im Staatssektor ging von 81,2 Prozent (2010) auf 70,8 Prozent (2015) zurück, etwa 500.000 Kubaner sind derzeit im Privatsektor als "Arbeiter auf eigene Rechnung" (Cuentapropistas) tätig. Dort gelte es, die bestehenden Gesetze einzuhalten und gegen jede Erscheinung von Korruption und Illegalität vorzugehen.

Das durchschnittliche jährliche BIP-Wachstum lag in den Jahren 2011 bis 2015 bei 2,8 Prozent. Dies sei jedoch noch "nicht ausreichend, um die notwendigen produktiven und infrastrukturellen Bedingungen für die weitere Entwicklung des Landes zu schaffen". Trotz schwieriger internationaler Lage seien aber auch bedeutende Erfolge erzielt worden. So gelang es, die Kreditwürdigkeit sowie die Ordnung der Schulden und externen Finanzen wiederherzustellen, was zu besseren Bedingungen für Handel und Investitionen geführt habe. Tourismus und Dienstleistungsexport wachsen. Diese Sektoren generieren derzeit mehr als die Hälfte der Deviseneinnahmen des Landes. Die Entwicklung der Landwirtschaft sei jedoch weiterhin unzureichend. Kuba importiert derzeit Lebensmittel im Wert von jährlich 2 Mrd. US-Dollar, von denen die Hälfte im Land hergestellt werden könnte.

Castro erklärte, daß es keine Restauration des Kapitalismus in Kuba geben wird. Das gesellschaftliche Eigentum der wichtigsten Produktionsmittel bleibe weiterhin die entscheidende Basis.

Der Generalsekretär forderte eine Amtszeitbegrenzung von zweimal fünf Jahren für alle Führungspositionen in Partei und Staat. Darüber hinaus sollen weitere Altersbeschränkungen eingeführt werden: 60 Jahre als maximales Eintrittsalter für das Zentralkomitee, 70 Jahre für das Politbüro. Raúl Castro bekräftigte seinen eigenen Rücktritt als Präsident im Jahr 2018.

Raúl Castro unterstrich die bisherige Verteidigungsstrategie vom "Krieg des ganzen Volkes" im Falle eines Angriffs. Solange der Imperialismus existiere, sei Wachsamkeit geboten. Er betonte die Bedeutung der lateinamerikanischen Integration und hob insbesondere die CELAC-Gründung 2011 sowie den letzten Amerika-Gipfel in Panama hervor.

Die Annäherung zwischen Kuba und den USA fordere Wachsamkeit "wie nie zuvor", da sich lediglich die Methoden, nicht jedoch die Ziele der USA geändert hätten. An anderer Stelle sagte Castro: "Wir sind weder naiv, noch ignorieren wir die mächtigen äußeren Kräfte, die auf das setzten, was sie 'empowerment' der nichtstaatlichen Unternehmensformen nennen, und was den Zweck verfolgt, Agenten des Wandels zu schaffen, in der Hoffnung, der Revolution und dem Sozialismus auf anderen Wegen ein Ende setzen zu können." Kuba werde auch weiterhin keine Einmischung in innere Angelegenheiten tolerieren und keinerlei Prinzipien verhandeln.

Raúl Castro verwies auf Kubas internationales Engagement und die Solidarität mit Venezuela, Brasilien, Ecuador, Bolivien, Nikaragua und anderen Staaten. Er übte scharfe Kritik an der NATO und an der Westausdehnung Richtung Rußland. In bezug auf die europäische Flüchtlingskrise sagte er: "Die Flüchtlingswelle in Europa bewegt das Gewissen der Menschheit. Sie ist die Folge der ausländischen Interventionen, der vom Ausland provozierten Kriege und der Unterentwicklung. Doppelmoral und Heuchelei zeigen sich in der Behandlung der Menschenrechte, in der Zunahme der Fremdenfeindlichkeit, im Rassismus und der Diskriminierung der Einwanderer wie auch in der Zunahme neofaschistischer Kräfte."

Das Konzept der Einheitspartei, so der Generalsekretär, bringe auch entsprechende Verpflichtungen für die Partei mit sich: "Die Existenz einer einzigen Partei setzt voraus, daß man den breitestmöglichen und ehrlichen Meinungsaustausch fördert, sowohl innerhalb der Parteiorganisation als auch in ihrer Verbindung zur Basis und der Bevölkerung. Die Partei hat die Pflicht, ständig unsere Demokratie zu stärken, weswegen es unerläßlich ist, falsche Einmütigkeit, Formalismus und Verstellung zu überwinden."

Interessant ist die Zusammensetzung des neuen Zentralkomitees, das von 116 auf 142 Sitze erweitert wurde. Ein Viertel der bisherigen Mitglieder wurde ersetzt, 55 neue kamen hinzu - ebenfalls alle jünger als 60 Jahre (Durchschnittsalter: 54,5 Jahre). 98 Prozent verfügen über einen Hochschulabschluß. Der Frauenanteil wurde im Vergleich zu 2011 von 41,7 Prozent auf 44,4 Prozent gesteigert. Auch der Anteil der Afrokubaner hat sich von 31,3 auf 35,9 erhöht. Das bisher 14köpfige Politbüro wurde auf 17 Sitze erweitert. Alle fünf neu gewählten Mitglieder sind jünger als 60 Jahre, drei von ihnen weiblich.

Spätestens in fünf Jahren wird Raúl Castro von seinem Amt als Generalsekretär zurücktreten. Dafür stellte der Parteitag die Weichen. Er betonte das Projekt der Aktualisierung des kubanischen Sozialismus. Der Kern besteht weiterhin in der Umsetzung der 2011 verabschiedeten Reformen, die auf eine gemischte Wirtschaft unter Beibehaltung der zentralen Planung und des staatlichen Eigentums der wichtigsten Produktionsmittel abzielen.

In einigen Jahren soll die neue kubanische Realität in eine Verfassungsreform gegossen werden, die das politische Testament der revolutionären Generation, welche die kubanische Revolution in der Sierra Maestra erkämpft hat, bilden wird. Die Grundlagen für eine fließende Übergabe der Kommandostäbe an die nächsten Generationen gelegt zu haben, dürfte auf lange Sicht zu den wichtigsten Ergebnissen des 7. Parteitags zählen.

Marcel Kunzmann, Havanna

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Diktatur ist nicht gleich Diktatur

Bei der Beschäftigung mit dem Vereinigungsparteitag von SPD und KPD am 21. und 22. April 1946 im Berliner Admiralspalast fand ich im Protokoll auch die Rede des Vorsitzenden der KPD, des Genossen Wilhelm Pieck, gehalten zu Beginn des zweiten Beratungstages am 22. April 1946.

Ich gebe zu, ihren Inhalt noch nie so gründlich verstanden zu haben, wie bei meinem jetzigen Studium. Angeregt dazu wurde ich durch die Erinnerung an meinen Vater Karl Brandt, der, von der SPD nominiert, Delegierter des Vereinigungsparteitages und gewähltes Mitglied der Redaktionskommission war.

Wilhelm Pieck führte unter anderem aus: "Ein Wort zu der geradezu schamlosen Gleichstellung der Eroberung der politischen Macht der Arbeiterklasse mit der Nazidiktatur, wie sie von diesen Feinden der Einheit übernommen wird! Die Naziherrschaft war die grausame Diktatur eines kleinen Häufleins raubgieriger Finanzmagnaten zur Unterdrückung der Volksmassen und zur Durchführung des imperialistischen Krieges. Die politische Macht der Arbeiterklasse wird dagegen die Herrschaft der überwiegenden Mehrheit des Volkes sein zur Unterdrückung einer kleinen Minderheit von Ausbeutern, von Kriegsinteressenten und Kapitalschiebern, zur Beseitigung der Klassen und zur Sicherung des Friedens. (Lebhafter Beifall) Der grundsätzliche Unterschied ist so einfach und klar, daß er nur von denjenigen verwischt wird, die an der Aufrechterhaltung der Herrschaft der Ausbeuter interessiert sind. Es heißt Arbeit für die schlimmste Reaktion leisten, wenn davon geschwätzt wird, daß Diktatur gleich Diktatur sei, daß damit also das Bestreben zur Eroberung der politischen Macht auf die gleiche Stufe mit der blutbefleckten und verbrecherischen Diktatur des Finanzkapitals gestellt wird, die durch die Hitlerbande ausgeübt wurde." (Lebhafte Zustimmung)

Diese Einschätzung - getroffen noch nicht einmal ein Jahr nach der Befreiung - ist leider von äußerster Aktualität. Es ist besonders bitter, wenn dieser Vergleich nicht nur von den bürgerlichen Parteien CDU/CSU, SPD, FDP und Grüne angestellt wird, sondern auch von Führungskräften der PDL.

Konstantin Brandt

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Antikapitalistische Handlungsorientierung

Die Leipziger Konferenz im Dezember 2015 zum Thema "Kapitalismuskrise: wenig Widerstand, viel Unmut. Was machen die Linken?" war die elfte ihrer Art. Von vornherein war sie auf die Herausarbeitung und die Präzisierung einer antikapitalistischen Handlungsorientierung ausgerichtet. Ihre Ergebnisse wurden nun vom Liebknecht-Kreis Sachsen veröffentlicht.

Im Mittelpunkt stand der Meinungsaustausch unter Marxisten. Beteiligt waren Vertreter der Partei Die Linke, Sachsen, des Marxistischen Forums Sachsen, des Marxistischen Forums Leipzig, des Geraer Sozialistischen Dialogs, des Liebknecht-Kreises Sachsen, der Kommunistischen Plattform, der DKP, des "RotFuchs"-Fördervereins Leipzig und weitere Linke. Die Diskussion über Bedingungen und Notwendigkeiten linker Politik wurde vorbereitet durch Thesen von Ekkehard Lieberam, Edeltraut Felfe, Nina Hager und Manfred Sohn. In der damit inhaltlich eingegrenzten Debatte ging es um die Entwicklung und Organisierung antikapitalistischer Gegenmacht, um Systemwechsel oder den Untergang mit dem System und schließlich um die Eigentumsfrage als Grundfrage der Bewegung. Letztlich handelten alle Diskussionsbeiträge von der gegenwärtigen Epoche der Unsicherheiten, reaktionärer Umbrüche und zunehmender Kriegsgefahr, von der Unmöglichkeit, die heutige Krise des Kapitalismus zu lösen, ohne ihn zu überwinden. Erörtert wurde, inwieweit die rasante Produktivkraftentwicklung eine Krise der Grundlagen des Profitsystems bewirkt, an der der Kapitalismus letztlich zugrunde geht.

Übereinstimmung gab es darin, daß es keinen "rein" ökonomischen Zusammenbruch geben wird - Marx war kein "Zusammenbruchstheoretiker", wohl aber ein Revolutionstheoretiker. Mit deutlichen Worten wurde die Situation der antikapitalistischen Linken und insbesondere die durch Anpassung verursachte Handlungsunfähigkeit der Partei Die Linke beschrieben. Der Rechtswissenschaftler Ekkehard Lieberam erklärte, die antikapitalistische Linke müsse bündnispolitisch weiter wirken "als Kristallisationskern für Klassenhandeln und Klassenbewußtsein der abhängig Arbeitenden, als Verfechter des Primats des außerparlamentarischen Kampfes gegenüber dem parlamentarischen Kampf, als Initiator einer neuen linken APO, eines überzeugenden linken Zukunftsprojekts und der Schaffung eines Zentrums linker Klassenpolitik".

Ein Anhang mit weiteren Texten zum Thema, u. a. vom DKP-Vorsitzenden Patrik Köbele, vervollständigt die anregende Streitschrift.

Herbert Münchow

Liebknecht-Kreis Sachsen (Hg.): Beiträge zur Strategiekonferenz am 5. Dezember 2015 in Leipzig. 88 S.

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Bundeswehr-Inlandseinsätze?

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Peter Gingold, lebenslang ein Mutmacher

Daß nichts bleibt, wie es ist, erläuterte der im In- und Ausland bekannte Kommunist und Antifaschist Peter Gingold seinen meist jugendlichen Zuhörern gerne anhand seiner eigenen Biographie. Als er am 8. März 1916 in Aschaffenburg als Sohn einer aus Polen emigrierten jüdischen Familie geboren wurde, existierte noch das deutsche Kaiserreich.

Nach seiner Schulzeit begann Peter Gingold eine kaufmännische Lehre. Mit 14 Jahren wurde er Mitglied der Gewerkschaftsjugend, und 1931 trat er, inzwischen in Frankfurt am Main lebend, dem Kommunistischen Jugendverband Deutschlands (KJVD) bei. Gemeinsam organisierten sie Widerstandsaktionen gegen die immer massiver auftretenden faschistischen Verbände.

Mit seiner KJVD-Gruppe besuchte Peter Gingold eines Tages ein HJ-Lokal. Zuvor war mit der Hitler-Jugend vereinbart worden, daß jede der beiden Gruppen ein kurzes Referat zur Vorstellung ihres Programms halten könne. Der Redner der Kommunisten, der Norbert genannt wurde, entlarvte die soziale Demagogie der Nazis und vertrat überzeugend die antifaschistischen Positionen der kommunistischen Jugend. Auch ein Vertreter der HJ trat auf, doch die Resonanz beim jugendlichen Publikum war gering. Von da an verbot die HJ ihren Mitgliedern die Durchführung derartiger Versammlungen.

Peter Gingold traf "Norbert" erst 1945 wieder - er hieß in Wirklichkeit Emil Carlebach und hatte 11 Jahre Haft, davon fast acht Jahre im KZ Buchenwald, hinter sich.

Peter Gingolds Eltern und seine vier Geschwister emigrierten im Sommer 1933 nach Paris. Peter folgte ihnen gegen Ende des Jahres. Neben der Sicherung des Lebensunterhaltes, ohne über eine dauerhafte Aufenthalts- oder Arbeitserlaubnis zu verfügen, engagierten sich die Geschwister Gingold in der antifaschistischen Aufklärungsarbeit. Peter fand Arbeit bei der antifaschistischen Zeitung "Pariser Tageblatt", war weiter aktiv in einer kleinen Gruppe des KJVD sowie Mitbegründer der Freien Deutschen Jugend. Neben ihm waren an dieser Gründung u. a. Willy Brandt und Hermann Axen beteiligt.

1937 trat Peter Gingold der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) bei, die in der Folgezeit eine bedeutende Rolle im antifaschistischen Widerstand in Frankreich einnehmen sollte. Die politische Arbeit in Paris war zunächst auf die Aufklärung der Bevölkerung gerichtet. In kleinen Veranstaltungen informierte die Gruppe über den Kampf und die Verfolgung von Antifaschisten in Deutschland. Die Jugendlichen sammelten Geld für im Nachbarland Verfolgte und unterstützten die Kampagnen für die Freilassung von Ernst Thälmann.

In der Arbeit der Jugendgruppe lernte Peter Gingold auch Ettie Stein-Haller kennen. Die junge Frau war in Czernowitz, das zu Österreich-Ungarn und nach dem ersten Weltkrieg zu Rumänien gehörte, geboren worden und aufgewachsen. Anfang der 30er Jahre ging sie nach Paris, um Französisch zu studieren. Peter Gingold und Ettie Stein-Haller heirateten und kämpften fortan ihr Leben lang gemeinsam.

1940 - nach der Besetzung von Paris durch die faschistischen Truppen - organisierten sich beide Gingolds in der Résistance. Die nach Frankreich emigrierten deutschen Kommunisten und Antifaschisten gründeten die Travail Allemand (TA), die sich der französischen Widerstandsbewegung anschloß und einen bedeutenden Beitrag zur Befreiung Frankreichs leistete.

Peter wurde als "feindlicher Ausländer" zeitweise interniert. Ettie organisierte geeignete Verstecke für seine Familie und Widerstandskämpfer, die gesucht wurden. Beide hatten die Aufgabe, Aufklärungsarbeit unter den deutschen Soldaten zu leisten. Flugblätter wurden gedruckt und heimlich verteilt, Verbindungen geknüpft, Informationen auf allen erdenklichen Wegen beschafft - eine politische Arbeit, die an jedem Tag das Leben kosten konnte. Durch einen in das Netz der TA eingeschleusten Spitzel war es den Besatzern möglich, Peter zu verhaften. Nach wochenlanger Haft und brutaler Folter gelang ihm die Flucht durch eine List. Im Kampf um sein Leben konnte er die Gestapo davon überzeugen, daß er ihnen einen Treffpunkt der Résistance verraten würde. Dafür müsse er aber dort selbst erscheinen, wenn der Schlag gegen den Widerstand gelingen sollte. In Kenntnis der örtlichen Gegebenheiten ließ er sich in Paris zum Boulevard St. Martin 11 bringen, verschaffte sich Einlaß und schloß das Tor blitzschnell hinter sich zu. Auf diese Weise hatte er ausreichend Zeit, über mehrere Hinterhöfe zu entkommen. Er schloß sich erneut dem Widerstand an und war gemeinsam mit seiner Frau im August 1944 an der Befreiung von Paris beteiligt.

Den 8. Mai 1945 erlebte Peter Gingold in Turin, wohin er von der Résistance zur Unterstützung der italienischen Partisanen geschickt worden war. Nach dem Sieg über den deutschen Faschismus, den Peter stets als die Morgenröte der Menschheit bezeichnete, ging er zurück nach Frankfurt - Ettie folgte ihm kurze Zeit später aus Paris. Beide waren entschlossen, dazu beizutragen, ein antifaschistisches Deutschland aufzubauen. Sie wurden Gründungsmitglieder der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN).

Wie schmerzlich war es für sie zu sehen, wie die alten Funktionsträger und Nutznießer des Faschismus nach und nach wieder in ihre Ämter und Funktionen kamen. Das Verbot ihrer Partei, der KPD, im Jahr 1956 war für sie die Quintessenz dieser Entwicklung. Die BRD entzog der Familie die Pässe und erklärte sie zu Staatenlosen, womit sie gehindert waren, das Land legal zu verlassen.

Die Lehren seines Kampfes gegen den Faschismus, die Notwendigkeit eines entschlossenen Zusammenstehens gegen rechte und faschistische Entwicklungen, vermittelte er als Zeitzeuge vor ungezählten Schulklassen und Jugendgruppen, auf Demonstrationen und Kundgebungen im ganzen Land. Wo auch immer er gebraucht wurde, war er zur Stelle. Beide Gingolds waren seit der Neugründung der kommunistischen Partei, der DKP, im Jahr 1968 deren Mitglied. In der antifaschistischen und Friedensbewegung standen sie in der ersten Reihe. Als gegen ihre Tochter Sylvia ein Berufsverbot verhängt wurde, organisierten die Eltern mit vielen anderen Menschen Solidaritätsaktionen. Wertvolle Unterstützung kam vor allem aus Frankreich, wo beide nach wie vor großes Ansehen genossen.

Peter und Ettie Gingold haben einen unschätzbaren Beitrag dazu geleistet, daß dem in Westdeutschland verbreiteten Antikommunismus Grenzen gesetzt werden konnten. Den herrschenden Verhältnissen entgegenzutreten, war das Credo ihres Handelns. Mit dieser Haltung erwarben sie sich die Achtung vieler, die ihnen bei ihren Auftritten in Schulen, in Jugend- und Gewerkschaftsgruppen, auf Demonstrationen und Kundgebungen zuhörten.

Peter Gingold blieb sich auch 1989, als die Konterrevolution ihren vorläufigen Sieg erringen konnte, selbst treu. Er sei nun eben, so sagte er, ein Reisender in Sachen Mutmachen. Das blieb er sein Leben lang - ob in der Gewerkschaftsjugendgruppe Anfang der 30er Jahre, im antifaschistischen Widerstand, im Friedenskampf oder bei seinem Einsatz gegen den sich in der BRD erneut regenden faschistischen Ungeist. Peter Gingold starb am 29. Oktober 2006. Zu seinem 100. Geburtstag erinnerte am 13. März 2016 in Frankfurt am Main eine Matinee mit 400 Gästen an das Leben und den Kampf dieses außergewöhnlichen Menschen.

Mathias Meyers, Mainz

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Rechter Umsturz und wachsender Widerstand in Brasilien
Gangster am Ruder

Es ist ein Drama. Mit der - theoretisch vorläufigen - Suspendierung der Präsidentin Dilma Rousseff von der Arbeiterpartei (PT) aufgrund der Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens ging eine Ära zu Ende.

Mehr als zwölf Jahre lang bestimmten von der PT geführte Regierungen die große Linie der Politik Brasiliens. Mit Sozialprogrammen, die weltweite Anerkennung fanden, wie "Bolsa Familia" und "Fome Zero", konnten diese die extreme Armut und den Hunger zurückdrängen. Dank der Politik Rousseffs und vor allem ihres Vorgängers im höchsten Staatsamt, Lula da Silva, verbesserten sich die Lebensbedingungen für Millionen Brasilianer. Menschen aus den unteren Schichten erhielten Zugang zu Bildung und Gesundheit. Auf der Weltbühne spielte Brasilien eine wichtige, selbstbestimmte Rolle im Rahmen der BRICS-Staaten.

Rousseffs Stelle nimmt nun als Interimspräsident ihr Stellvertreter Michel Temer von der Partei der Demokratischen Bewegung (PMDB) ein. Für September wird mit einer endgültigen Entscheidung über die Absetzung Rousseffs gerechnet. Die PMDB, ein rechtsliberales Sammelbecken, das sich den Meistbietenden andient, hatte Ende März die Koalition mit der Arbeiterpartei aufgekündigt. Temer, längst Teil eines Komplotts gegen Rousseff, hat eine "Regierung der nationalen Rettung" berufen. In seinem Kabinett sitzt nun auch die bisherige rechte Opposition, die bei den Präsidentschaftswahlen im Oktober 2014 unterlag. Es ist ein reaktionärer Club weißer Männer, der eine politische 180-Grad-Wende anführt. Der neue Justizminister Alexandre de Moraes (PSDB) war früher Anwalt des Verbrechersyndikats PCC und machte sich zuletzt als Sekretär für öffentliche Sicherheit im Bundesstaat Sao Paulo als Hardliner einen Namen, der die Militärpolizei gern brutal auf linke Demonstrationen hetzte. Die Landwirtschaftspolitik liegt in den Händen des Soja-Königs Blairo Maggi. Im Staatsdienst laufen politische Säuberungen an. Das von Temer formulierte Programm "Eine Brücke in die Zukunft" zielt auf einen neoliberalen Schock mit einer Welle von Privatisierungen und der Demontage sozialer Errungenschaften. Das Rentenalter soll steigen und das Arbeitsrecht "flexibilisiert", also weiter ausgehöhlt werden. Sofort angesetzt wurde der Rotstift beim geplanten Bau von Sozialwohnungen.

Die Leitlinien der neuen Außenpolitik bestimmt PSDB-Altpolitiker José Serra, zweimal war er deren geschlagener Kandidat bei Präsidentschaftswahlen. Die Interessen der Nation - die ganze ist nicht gemeint - und ihrer Ökonomie sollen demnach über allem stehen, Freihandelsabkommen vorangetrieben werden. Damit hält eine Politik Einzug, die "nicht mehr den Überzeugungen und ideologischen Vorlieben einer politischen Partei und der ihrer Alliierten im Ausland" dient. Serra orientiert darauf, Brasilien näher an die EU, Japan und vor allem die USA heranzuführen, deren Konzernen er die Türen zum Ölriesen Petrobras aufschließen möchte.

Vor ihrer Absetzung hatte Rousseff wiederholt die Öffentlichkeit alarmiert, daß in ihrem Land ein "Putsch" am Laufen sei. Hunderttausende, mobilisiert von breiten linken Bündnissen, demonstrierten gegen ihre Absetzung. Am 17. April stimmten mehr als zwei Drittel der Parlamentarier des Unterhauses für einen solchen Prozeß, der mit angeblichen Haushaltstricks begründet wird. Es war eine denkwürdige Sitzung, geleitet von Parlamentspräsident Eduardo Cunha (PMDB), der bald nach Abschluß dieser Mission wegen erdrückender Beweise für kriminelle Machenschaften Amt und Mandat verlor. Abgeordnete des Ja-Lagers widmeten ihre Stimme Gott, dem Vaterland und der Familie, verfluchten sogar die Korruption, obwohl die meisten von ihnen genau deshalb die Justiz im Nacken haben. Konservative, Liberale und Anhänger der CIA-geförderten faschistischen Militärdiktatur von 1964 bis 1985 schmähten die Arbeiterpartei, die kämpferische Landlosenbewegung MST und die rote Gewerkschaft CUT. Am 12. Mai machte der Senat den Sack dann zu, das "Impeachment" nimmt seinen Lauf.

Beim Auszug aus ihrem Amtssitz versprach Dilma, wie sie in Brasilien nur genannt wird, vor Tausenden Anhängern, bis zuletzt weiter um das ihr vom Volk gegebene Mandat zu kämpfen. Sie verdankt es 54 Millionen Wählern. Die Rechte und ihre mächtigen Konzernmedien hatten diesen Ausgang nie akzeptiert. Sie mobilisierten die weiße Mittelklasse zu aggressiven Protesten gegen die Regierung und schürten Haß. Diesen Kräften kam entgegen, daß Rousseff, angeschlagen durch die Wirtschaftskrise im Land - Folge des Verfalls der Rohstoffpreise auf dem Weltmarkt - und die PT hilflos und blauäuig agierten. Mit Zugeständnissen vor allem an die PMDB hatte Rousseff nach der Wahl viel Rückhalt an der Basis verspielt. Zusammen mit Lula versuchte sie, den Kurs zu korrigieren, was die Intrigen der Rechten vereitelten.

Unter der Losung "Fora Temer!" (Weg mit Temer!) hagelt es Proteste gegen den amtierenden Präsidenten. Mit Besetzungen, Straßenblockaden und Demonstrationen wehren sich allerorten zig Tausende gegen die neuen Machthaber. Temers Gefolgsleute werden, wo sie in der Öffentlichkeit auftreten, als "Putschisten und Faschisten" beschimpft. Auch im Ausland entsteht eine Solidaritätsbewegung gegen den Staatsstreich in Brasilien. Daß es sich um einen solchen handelt, liegt auf der Hand. Schon, weil eine solche Art des Politikwechsels im dortigen Präsidialsystem, 1993 per Plebiszit verankert, nicht vorgesehen ist. Durch die Wahl des Präsidenten legt das Volk auf nationaler Ebene dessen Richtung fest - nicht das wenig repräsentative Parlament in Brasília.

Nur ein Verbrechen der Präsidentin würde ihre Absetzung erlauben. Doch es gibt nur eines gegen sie. Der institutionelle Putsch hat diese Ordnung ausgehebelt, allerdings unter Beihilfe eines parteiisch agierenden Obersten Gerichtes. Brasiliens Rechtswesen ist nicht nur aufgebläht und ineffektiv, sondern auch auf allen Ebenen hochgradig korrupt und traditionell rechtslastig.

Die Operation der Justiz "Lava Jato", welche Korruption und illegale Wahlkampffinanzierung - beides hat in Brasilien Tradition - rund um Petrobras und den Baukonzern Odebrecht untersucht, ist zum Staat im Staat geworden. Dieser zielt zwar gegen die PT, doch durch Kronzeugen entsteht eine Kettenreaktion, welche vor allem die traditionelle politische Klasse bedroht. Immer neue Beweise dafür tauchen auf, daß die Rousseff-Regierung weg mußte, weil politische Gangster ihren Hals retten wollen. Mindestens sieben neue Minister und auch Temer selbst stehen eigentlich mit einem Bein im Knast.

Während etliche Regierungen die Vorgänge in Brasilien scharf kritisieren oder Distanz zur Temer-Truppe halten, schert Washington aus. Vor der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) erklärte dessen Vertreter Michael Fitzpatrick, daß alles "perfekt den verfassungsrechtlichen Regeln entsprochen" hätte. So sieht das sicher auch Liliana Ayalde, US-Botschafterin in Brasília. 2012, als Fernando Lugo nach ähnlichem Schema gestürzt wurde, hatte sie diesen Posten in Paraguay. 1964 läßt grüßen.

Peter Steiniger


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

"Liebe Abgeordnete, das hier ist nicht anderes als ein Putsch", ruft Generalbundesanwalt José Cardozo in die Menge. Er stellte sich hinter Präsidentin Dilma Rousseff. Seine Worte gingen unter im Protestgeschrei und Gejohle reaktionärer Abgeordneter.

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Der Schoß ist fruchtbar noch

Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch", warnte Bertolt Brecht in seinem "Arturo Ui" vor faschistischen Nachfolgern. Sie sind wieder da und dürfen agieren. Der Imperialismus nutzt - je nach Lage der Dinge - zur Ausübung seiner Herrschaft entweder die bürgerliche Demokratie, die Präsidialdemokratie oder faschistische Diktatur in unterschiedlicher Ausprägung und Form. Meint das Kapital, seine Interessen letztlich nur mittels faschistischer Diktatur durchsetzen zu können, greift es unweigerlich auch zu diesem Mittel.

Der israelische Faschismus-Forscher Zeev Sternhells beschrieb in den 30er Jahren in seiner Studie "Die Entstehung der faschistischen Ideologie" drei politische Kriterien, die der Hinwendung der Herrschenden zur faschistischen Diktatur zugrunde liegen: erstens die grundsätzliche Bejahung des Krieges zur Durchsetzung politischer Interessen, zweitens die Akzeptanz der Marktwirtschaft und drittens die Geringschätzung individueller bürgerlicher Freiheitsrechte gegenüber den Interessen des Staates.

Die Klammer aller drei Kriterien ist die hemmungslose Durchsetzung des Rechtes des Stärkeren mit allen Mitteln.

Die heutigen Formen unterscheiden sich vom historischen Faschismus. Wir haben es mit rechtspopulistischen Parteien zu tun, aber auch mit eindeutig neofaschistischen. Doch neofaschistische Ideen beschränken sich nicht auf Mitglieder solcher Parteien. Sie werden von breiten sozialen Schichten aufgenommen, die selbst bis in das Proletariat hineinreichen. Es sind diejenigen, die sich als Verlierer einer Globalisierung sehen und Angst davor haben, bald zu diesen Verlierern zu gehören. Dazu zählen die Mittelschichten, die sich sozial und wirtschaftlich zunehmend unter Druck gesetzt fühlen.

Ängste zu schüren, von Ursachen und Verursachern der weltumspannenden Systemkrise des Kapitalismus abzulenken, Menschengruppen gegeneinander auszuspielen gehört zu gängigen Mitteln der Herrschenden zur Aufrechterhaltung ihrer Macht. Arme, Arbeitslose und Flüchtlinge werden aufeinandergehetzt. Man erklärt, sie seien diejenigen, welche die eigene Sicherheit und den Wohlstand bedrohen.

Mit nationalistischen und rassistischen Parolen gehen die rechten Parteien auf Dummenfang. Und das zeigt Wirkung, nicht nur bei einzelnen Bürgern, sondern auch auf die Regierungspolitik vieler europäischer Staaten, die zum Abbau von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit führt, wie das derzeit besonders deutlich in Ungarn und Polen zu beobachten ist. Aber auch Dänemark hat unter diesem Einfluß die schärfsten Einwanderungsgesetze in Europa beschlossen, und die BRD sieht sich veranlaßt, das Asylrecht immer stärker einzuschränken. Selbst offene faschistische Gewalt kann sich ungestraft ausbreiten. In Ungarn wird offener Terror gegen die Roma praktiziert. In der BRD brennen Hunderte Flüchtlingsheime, und in der Ukraine wie auch in der Türkei wurden bereits Menschen verbrannt. Die Regierungen der Türkei und der Ukraine führen einen direkten Krieg gegen Teile ihrer Bevölkerung.

Die westliche "Wertegemeinschaft" hat dem nichts entgegenzusetzen. Wie sollte sie auch? Bereits in den 90er Jahren unterstützte sie die massive Vertreibung der serbischen Bevölkerung aus Kroatien in der blutigen Offensive "Oluja".

Die Medien verschleiern die Ursachen. Aufklärung tut not!

Horst Neumann, Bad Kleinen

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Gedanken zu einem Bild
Politischer Alltag einer antihumanen Gesellschaft

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Für eine neue Weltordnung ohne Krieg

Über die vielfältigen Probleme unserer heutigen Welt wurde in den vergangenen Jahren viel geschrieben und geredet. Die Darstellungen und Einschätzungen sind sehr unterschiedlich. Es ist erfreulich, eine Abhandlung in die Hand zu bekommen, deren Erkenntniswert, Gründlichkeit und sprachliche Gestaltung ein hohes Maß an Zustimmung verdient. Ein solches Buch liegt jetzt vor von Gerhard Grote, 1922 in Danzig geboren, bis zur Emeritierung 1988 Professor für Außenwirtschaft an der Hochschule für Ökonomie in Berlin-Karlshorst und von 1977 bis 1979 als Gastprofessor am Institute of National Planning in Kairo tätig. Das Werk trägt den Titel "Für eine neue Weltordnung ohne den Krieg als Mittel der Politik". Schon damit wendet er sich gegen die vor 200 Jahren von Clausewitz formulierte These: "Der Krieg ist eine bloße Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln."

Der Autor zeigt faktenreich, daß diese Auffassung bis heute bei vielen internationalen Entscheidungsträgern noch gültig ist. Daher geht er der Frage nach, worin "die Ursachen für die vielen Kriege, die seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges geführt werden", bestehen. Er beschäftigt sich dabei mit den Kriegen in Vietnam, Laos und Kambodscha, Afghanistan und der Ukraine sowie Irak, Syrien und der Destabilisierung der arabischen Region.

Da in all diesen Kriegen die USA mittelbar oder unmittelbar die entscheidende Rolle spielten und spielen, hat der Autor den Aufstieg der USA zur Supermacht nachgezeichnet. Es ist nachzulesen, wie die USA im 18. und 19. Jahrhundert als Einwanderungsland Arbeitskräfte aus vielen Ländern anzog und wie führende Kräfte aus Wissenschaft und Technik der amerikanischen Industrie zur Überlegenheit verhalfen. Um die erreichte Machtposition zu sichern, weiten die USA ihre militärischen Aktivitäten - direkt oder indirekt - nach vielen Seiten hin aus.

Im Kapitel VIII "Das Kriegsgeschehen als gutes Geschäft" wird gezeigt, in welch Riesenumfang Rüstungsproduktion und Waffenexport zu Maximalprofiten führen. Die jährlichen Steigerungsraten von Produktion, Export und Profiten des Rüstungskapitals sind gewaltig. Den Rezensenten erstaunt jedoch, daß der Autor bei der Frage nach den Motiven für Kriege im monetären Bereich verbleibt.

Natürlich spielen die bei Rüstung und Kriegsführung realisierten Profite eine wesentliche Rolle für das Rüstungskapital. Dennoch ist dies gewissermaßen eine Art Überbau über jene wirtschaftlichen und Machtinteressen des Imperialismus, die auf die Aneignung und Ausbeutung aller Ressourcen dieser Erde orientiert sind. Kurz gesagt: Es geht um Öl, um Erdgasvorkommen, um seltene Erden und bei allem um die Sicherung von Transportwegen dafür. In diesem Bereich liegen die Hauptursachen für die Erzielung von Maximalprofiten, für die imperialistischen Weltherrschaftspläne und für die dafür erforderliche Rüstung und Kriegführung. Das Verbleiben im rein finanziellen Bereich von Rüstungswirtschaft und "Kriegsgeschehen als gutes Geschäft" erfaßt nicht die gesamte Problematik.

Aufschlußreich ist die Behandlung der Konflikte im Nahen und Mittleren Osten. Gerhard Grote erfaßt die historischen wie gegenwärtigen Vorgänge von der Gründung eines "Islamischen Staates" als Kalifat über die widersprüchliche Rolle Saudi-Arabiens, die Lage in Afghanistan bis zum Konflikt in Syrien. Anregend sind auch die Gedanken über Religionskriege und Glaubenskämpfe und über den Vergleich heutiger "Gottesstaatsgründer" mit dem Dreißigjährigen Krieg im 17. Jahrhundert.

In den letzten drei Kapiteln behandelt Gerhard Grote "Probleme der gegenwärtigen Weltordnung", "Grundrichtungen der Kritik an dem bestehenden globalen Ordnungssystem" und "Visionen für die Schaffung einer neuen Weltordnung". Er geht davon aus, daß wir heute in einer "reinen Marktgesellschaft" leben und daß das Geschehen auf dem Markt in nie gekanntem Ausmaß das gesamte Leben der Gesellschaft beeinflußt - ohne allerdings darauf hinzuweisen, daß in den entscheidenden kapitalistischen Ländern Wirtschaft und Gesellschaft von den transnationalen Konzernen beherrscht werden. Wir haben keine "reine Marktwirtschaft", sondern einen Monopolkapitalismus, der das imperialistische Gesamtsystem konstituiert.

Die Kennzeichnung verschiedener Arten von Kapitalismuskritik dient der Überleitung zur eigenen Position des Autors. Auf den Punkt gebracht "sollte das Ziel bei der Schaffung einer neuen Weltordnung nicht in einer Korrektur des Kapitalismus oder des Sozialismus bestehen, sondern darin, die positiven Seiten aus beiden Systemen voll zur Entfaltung zu bringen".

Hier nun endet die Übereinstimmung des Rezensenten mit dem Autor. Gerhard Grote betont an mehreren Stellen die Forderung nach einem Sturz des kapitalistischen Herrschaftssystems. Er stellt auch völlig zu Recht fest, "daß für das Entstehen der vielen Kriege nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und die daraus resultierenden verheerenden Folgen in erster Linie das kapitalistische System verantwortlich ist und deshalb gestürzt werden muß". Aber seine Vision endet bei einer Art "drittem Weg". Ist die Errichtung einer neuen Weltordnung möglich durch die Vereinigung der Vorteile von zwei konträr entgegengesetzten Gesellschaften bei Vermeidung ihrer Mängel? Reichen dafür solch allgemeine Forderungen wie die nach strikter Einhaltung des Völkerrechts, nach Erhöhung der Rolle der UNO, nach einer sozial gerechten Wirtschaft und nach Auflösung der NATO?

Und ist die Behandlung dieser Fragen möglich ohne gründliche Analyse der Rolle der politischen Macht und der ihr zugrundeliegenden Eigentumsverhältnisse? Gültig bleibt der Gedanke von Marx, daß die Eigentumsfrage die Grundfrage der ganzen historischen Bewegung ist.

Prof. Dr. Herbert Meißner

Gerhard Grote: Für eine neue Weltordnung ohne den Krieg als Mittel der Politik. Edition Winterwork, Borsdorf 2015, 82 S., 10,90 €. ISBN 978-3-96014-062-7

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Polen: Antikommunismus als Staatsdoktrin

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Zum Tode Margot Honeckers

Der Tod Margot Honeckers am 6. Mai 2016 im chilenischen Exil ist Freund und Feind Anlaß, ihr Lebenswerk und ihre Leistungen von völlig entgegengesetzten Positionen aus zu betrachten. Mancher professionelle DDR-Verleumder sah seine Stunde gekommen, seinen krankhaften Haß in der Stunde der Trauer um ihren Tod auszudrücken. Franz Josef Wagner nahm in "Bild" dabei Gottes Hilfe in Anspruch: "Gott sei Dank sind wir frei. Gott sei Dank muß ich nicht um sie trauern."

Vermutlich wird die Verstorbene das auch nicht erwartet haben. Der hauptberufliche Volksverhetzer vom Dienst, Hubertus Knabe, verstieg sich zu der Aussage: "Sie war bis zum Tod eine böse, verstockte Frau." Roland Jahn entblödete sich nicht zu bedauern, daß die Tote der Siegerjustiz "entwischt" ist.

Es bestätigte sich, was sie selbst einmal sagte: "Je länger die DDR Geschichte ist, um so dicker sind die Lügen, die über sie verbreitet werden."

Nachdem sich Margot Honecker viele Jahre konsequent geweigert hatte, Interviews zu geben, war es dem Verleger Frank Schumann gelungen, im September 2011 ein Gespräch mit ihr zu führen, das bald als Buchtext vorlag. Zu ihrem 85. Geburtstag am 27. April 2012 ist es erschienen. Ein Eric Fiedler vom NDR hatte Schumann als "Assistent" begleitet und Fetzen aus Gesprächen mit Margot Honecker ohne ihr Wissen und ohne ihre Zustimmung in einen Fernsehfilm montiert, der am 2. April 2012 unter dem Titel "Der Sturz - Honeckers Ende" im ARD gezeigt wurde. Margot Honecker protestierte: "Ich habe dieses Interview nicht gegeben", wie in der "jungen Welt" vom 12. April 2012 nachzulesen ist.

Aber der Buchtext stammte von ihr. Und er gestattet nicht nur einen Blick in die Gemütsverfassung der 85jährigen, langjährigen Bildungsministerin der DDR, sondern vor allem auch auf die Geschichte und Leistungen des vorbildlichen, international geachteten Bildungssystems unseres Staates. Margot Honecker verteidigte ihre Biographie und ihr Lebenswerk gegen die professionellen Verleumder.

Das Buch enthält sechzehn Kapitel, von denen jedes ein Thema behandelt: "Wie wird man Ministerin?" gibt einen Überblick über ihre Kindheit und Jugend. Nachfolgend behandelt sie Grundsatzfragen der Schulpolitik der DDR: "Eine Schule für alle", "weltlich, unentgeltlich, staatlich und einheitlich", "Militarisierung der Schule?", "Vorschulerziehung", "Vaterländische Erziehung".

Immer stellt Margot Honecker die Tatsachen in ihren politisch-historischen Kontext, versteht sich aber auch auf erfrischende Polemik gegen ihre Verleumder. Hier sei auf das Kapitel "Strippenzieher und Heuchler" verwiesen, in dem die Vorgänge an der Berliner Ossietzky-Oberschule im September 1988 beleuchtet werden. Sie deckt die Hintergründe der damaligen Provokation auf und entlarvt die "Strippenzieher", die heute durch Lügen und Verdrehungen Kapital aus den damaligen Ereignissen schlagen wollen. Ihre Souveränität ist beeindruckend. Ihre Haltung ist ein Lehrbeispiel für eine überzeugende Verteidigung der historischen Wahrheit. Es zeigt auch, wie genau sie im chilenischen Exil die Ereignisse in Deutschland verfolgte.

Es reizt, Aussagen Margot Honeckers zum Geschichtsunterricht in der DDR und ihre Meinung über den aktuellen Streit um Geschichtsthemen zu beleuchten. Sie sagte: "Die Geschichtslehrer unseres Landes haben stets in hoher Verantwortung vor der Geschichte und in Achtung vor der historischen Wahrheit Geschichte gelehrt, in Verantwortung vor der Jugend, der wir nicht Geschichtspessimismus, sondern Geschichtsoptimismus vermitteln wollen und können, indem wir ihr bewußtmachen, woher wir gekommen sind und wohin wir gehen."

Es gibt Leute, die tadeln, daß Margot Honecker auch in diesem Buch keinen Geßlerhut grüßte. Warum hätte sie das auch tun sollen? Wie Martin Luther auf dem Reichstag von Worms das Beispiel für couragiertes Verhalten gab, stand Margot Honecker für Prinzipientreue und Charakterfestigkeit. Luthers Wort "Widerrufen kann und will ich nichts, weil es weder sicher noch geraten ist, etwas gegen das Gewissen zu tun. Gott helfe mir, Amen", mag ihr Credo gewesen sein. Auf Gottes Beistand hat sie vermutlich verzichtet, aber über die solidarische Haltung ihrer dankbaren früheren Mitstreiter freute sie sich.

Am Ende ein persönliches Wort: Fast drei Jahrzehnte war Margot Honecker meine Vorgesetzte, und es gab viele Gründe, weshalb sie - schon ehe sie Ministerin geworden war - oft zu uns an die Pädagogische Hochschule nach Dresden kam. Unsere Mitarbeiter erlebten sie als kluge Politikerin mit Sachkenntnis, wachem Verstand, Einfühlungsvermögen und Weitsicht. Nach 1990 habe ich keinen Bildungsminister kennengelernt, der ihr das Wasser reichen könnte.

Prof. Dr. Horst Schneider

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Vom Antikommunismus Gauckscher Prägung

Obwohl man nicht müde wird zu verkünden, die DDR sei mausetot und die "Aufarbeitung" ihrer Geschichte beendet, sieht sich der Bundespräsident veranlaßt, die Kampagne des antikommunistischen Hasses und der DDR-Verteufelung erneut anzufachen. Am 12. Mai ging folgende Meldung über den Ticker der Deutschen Presse-Agentur: Gauck: "Ich weiß, was 'Lügenpresse' ist. Ich habe sie erlebt - jahrzehntelang in der DDR."

Beim Lesen dieses Satzes aus dem Mund des Bundespräsidenten mußte ich an meine Volksschulzeit in einer niederbayerischen Schule denken. Viele meiner Mitschüler wurden von den Pfaffen, nachdem sie die "Wahrheit" mit ihren Argumenten vortrugen, bestraft. Angefangen von Ohrfeigen bis zum Schreiben von 100mal "Du sollst nicht falsch gegen deinen Nächsten aussagen", reichte das "Bestrafungsregister".

Hat Gauck nun etwa falsch Zeugnis abgelegt? Beim Recherchieren in DDR-Zeitungsarchiven bin ich fündig geworden. Übrigens: Der Bezug von Zeitungen aus der DDR war in der Alt-BRD zeitweise nur unter Schwierigkeiten oder gar nicht möglich. Warum wohl? Wäre die DDR-Presse eine Lügenmaschinerie gewesen, dann hätte man die Einfuhr ihrer Zeitungen doch nicht behindern müssen! Für die "Propagandaabteilung" der BRD-Regierung wäre es wohl ein Leichtes gewesen, Lügen zu entlarven.

Es lohnt sich, beim "Neuen Deutschland", der "Berliner Zeitung" und der "Neuen Zeit" nachzulesen. Nach drei Jahren "Eintauchen" in diese Schatztruhe ist mir klar, warum in den vergangenen 25 Jahren einige Milliarden Euro an Steuergeldern ausgegeben wurden, um die Anti-DDR-Hetze möglichst effektiv zu gewährleisten. Warum Gauck und seinesgleichen immer wieder zu diffamieren suchen, liegt auf der Hand. Kann doch jeder nachlesen, wie die Wahrheit in der Alt-BRD tatsächlich aussah. Gegen Tausende BRD-Bürger wurden Ermittlungsverfahren eingeleitet, nur weil sie verdächtigt wurden, im Besitz von DDR-Zeitungen zu sein. Viele von ihnen hat man zu Gefängnisstrafen verurteilt.

Die Vorwürfe seitens der DDR an die BRD, sie hätte den gesamten Post- und Telegrafen-Verkehr aus der SBZ und DDR abgehört, Briefe gelesen und Paketsendungen, die aus der DDR in die BRD versandt wurden, überwacht und zum Großteil vernichtet, wurden stets auf das heftigste bestritten.

In der DDR dürfte dies jedoch kein Geheimnis gewesen sein, berichtete doch die "Berliner Zeitung" bereits am 3. März 1951 über diese Bespitzelungsaktionen:

"Postgeheimnis praktisch aufgehoben: Die westdeutsche Post hat den von den alliierten Besatzungsmächten eingerichteten Abhördienst nicht nur übernommen, sondern hält ihn auch voll in Betrieb. Das wurde durch ein Telefongespräch, das die Schauspielerin Elisabeth Flickenschildt mit dem Regisseur Gustaf Gründgens während der Theaterkrise in Düsseldorf führte, der westdeutschen Öffentlichkeit bekannt. Die offiziellen 'Erklärungen' zerplatzten wie Seifenblasen, als die 'Neue Illustrierte' in einem Bildbericht direkt aus der sogenannten Ferndienstbeobachtung der Düsseldorfer Oberpostdirektion Einzelheiten über die Abhörtätigkeit meldete. Auf Wunsch der Bundesbehörden übernimmt der Abhördienst jeden entsprechenden Auftrag. Damit hat das Postgeheimnis in Westdeutschland zu bestehen aufgehört."

Im 2012 erschienenen Buch "Überwachtes Deutschland" von Prof. Josef Foschepoth ist nachzulesen, daß in der Alt-BRD der komplette Brief-, Paket-, Telefon- und Faxverkehr (über 100 Millionen Stück) von der SBZ und DDR in die BRD kontrolliert wurde. Viele Menschen in der Alt-BRD, denen man "kommunistisches Denken" unterstellte, wurden in Folge dieser grundgesetzwidrigen Bespitzelungen angeklagt. Etliche von ihnen gingen ins Gefängnis.

Ein anderes Beispiel: Jedes Kind lernte in der Alt-BRD, daß die Luftbrücke die Westberliner vor dem Verhungern gerettet habe. Für die Menschen in Ostberlin und in der SBZ stellte sich die Situation jedoch anders dar. Am 26. November 1948 erschien im ND folgender Bericht: "Niemand in ganz Berlin brauchte zu frieren und im Dunkeln zu sitzen ­... Wenn nicht die Westmächte durch ihre Anordnungen vom 8. Juli von sich aus ein striktes Verbot ausgesprochen hätten, Strom und Kohlen aus der sowjetischen Zone anzunehmen. Die sowjetische Besatzungsmacht hätte, wenn sie ebenso verantwortungslos und brutal gegenüber der Bevölkerung der Westsektoren Berlins handeln wollte, an dem gleichen Tage den Strom für die Stadtbahn sperren können. Sie tat es nicht. Nur ihr ist es zu verdanken, daß die Westberliner nach 18 Uhr überhaupt noch ein Verkehrsmittel haben. Wäre das Eisenbahngelände nicht sowjetisches Besatzungsterritorium, die Bewohner der Westsektoren hätten schon seit Monaten auch keine Stadtbahn mehr. Das ist die Wahrheit. (...) Was von der Stromversorgung und dem Verkehr zu sagen ist, das gilt auch für die Lebensmittel und das Heizmaterial. Es gibt keine Blockade. (...) Die sowjetische Regierung hat bekanntlich die Versorgung von ganz Berlin übernommen. Kohlen, Holz und Lebensmittel für die Bewohner in den Westsektoren stapeln sich im Ostsektor. (...). Jeder, der nicht frieren und hungern will, kann von den westlichen Verwaltungsstellen fordern, daß diese ihm zustehenden Mengen nach den Westsektoren befördert werden, um dort zur Verteilung zu kommen."

Wie ein Schreiben des Hauptmagistrats an die Kohlenstelle Tiergarten beweist, gab es das erwähnte Verbot tatsächlich: "Magistrat von Groß-Berlin Abteilung für Wirtschaft Hauptkohlenstelle / An die Kohlenstelle des Bezirks Tiergarten: 'Lt. Befehl der Britischen Militärregierung darf Ostsektorkohle nicht mehr über Lagerplätze westlicher Kohlenhändler gehen.'"

Ein letztes Beispiel: Im Oktober 1989 erhielt der Dalai Lama den Friedensnobelpreis. Daß der Dalai Lama ein CIA-Agent war, wußte jeder, der die "Berliner Zeitung" vom 26. November 1949 gelesen hatte. Die BZ schrieb bereits zu diesem Zeitpunkt: "Die amerikanischen Hoffnungen, sich in Tibet festzusetzen und die traditionellen staatsrechtlichen Beziehungen zwischen der chinesischen Regierung und den tibetanischen Behörden zu unterbrechen, sind durch eine Erklärung des Pantschen Lama zerschlagen worden. Dieser tibetanische Würdenträger, der im Rang dem Dalai Lama gleichgeordnet ist, hat die Volksregierung aufgefordert, auch Tibet zu befreien. Der Dalai Lama, der in der jüngsten Zeit versucht hat, sich bei den USA anzubiedern und Tibet von China abzusplittern, verfügt nur über einen Teil der tibetanischen Priesterschaft, die fortschrittlicheren Teile des tibetanischen Lamaismus stehen auf der Seite des Pantschen Lama."

In der österreichischen Zeitung "Der Standard" vom 14. Juni 2012 wird die CIA-Agententätigkeit des Dalai Lama öffentlich gemacht: "Dalai Lama auf CIA-Gehaltsliste. Tibeterchef erhielt in 50er und 60er Jahren 180.000 Dollar jährlich. [...] Noch vor wenigen Wochen bei seinem Besuch in Österreich beinahe in den Himmel gehoben, muß sich der Dalai Lama nun gegen Vorwürfe wehren, er sei jahrelang auf der Gehaltsliste des US-Geheimdienstes CIA gestanden."

Johann Weber

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Klartext über Floskeln der Macht

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Tschechien: Offener Brief an US-Soldaten

Die Bürgerbewegung "Svet bez válek a násilí" (Welt ohne Kriege und Gewalt) hat sich in einem offenen Brief an US-Militärangehörige gewandt, die Ende Mai im Konvoi über tschechisches Territorium zu dem NATO-Militärmanöver "Saber strike" ins Baltikum fuhren. Wie Dana Feminová, die Leiterin der Organisation "Centrum Narovinu", im Gespräch mit "Sputnik Ceská Republika" sagte, sollte der Brief den amerikanischen Soldaten übermittelt werden. In dem offenen Brief werde vor allem deutlich gemacht, daß man für die in Friedenszeiten geborenen Kinder den Frieden erhalten wolle. Die US-Soldaten würden darin gebeten, Druck auf die eigene Regierung auszuüben, damit sie die amerikanischen Truppen in Europa nicht mehr zur Militarisierung des Bewußtseins der Kinder nutzen. Kinder würden den Konvoi mit Freude begrüßen und gern auf die Panzer klettern. Die Maschinenpistolen seien für sie wie Spielzeug. Aber eben ein "Spielzeug", das zum Töten geschaffen sei.

Es sei zudem völlig offensichtlich, wer an der Demonstration der US-Militärtechnik im Herzen Europas interessiert sei, natürlich die Militärindustrie-Lobby. Man wolle für neue Aufträge werben. Deshalb werde in dem offenen Brief die Bitte an die Soldaten gerichtet, sich nicht in gefährliche Spiele hineinziehen zu lassen, die letztendlich zur Entfachung eines militärischen Konflikts in Europa führen könnten. Wie Feminová betont, hat der tschechische Verteidigungsminister, Martin Stropnick, versichert, daß der Konvoi eine NATO-Aktion sei und man ihn passieren lassen müsse. "Aber der Minister lügt, die Aktion wurde unmittelbar vom US-Militärkommando in Europa organisiert und nicht von der NATO", betont sie. Sie verweist darauf, daß auch Übungen und ein mindestens dreitägiger Aufenthalt auf tschechischem Territorium vorgesehen seien. Das hätte vom Parlament genehmigt werden müssen. Die Regierung habe der Aktion jedoch einfach zugestimmt.

"Das alles sind beunruhigende Signale einer Degradierung der Demokratie in Tschechien. Wir protestieren gegen den Konvoi, obwohl wir Sympathie für die Soldaten empfinden und uns freuen würden, sie in einer anderen Eigenschaft, zum Beispiel als Touristen, zu begrüßen. Heute wollen wir ihnen jedoch unsere Besorgnis mitteilen", schloß Feminová.

RF, gestützt auf "Sputnik Ceská Republika"

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"Dämon" Putin und die Medienmeute

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Ist Kaufsucht heilbar?

Eine Sendung im MDR zum Thema "Kaufsucht" in Deutschland veranlaßt mich, dieses Phänomen etwas unter die Lupe zu nehmen. Als seinerzeit in die DDR eingewanderter BRD-Bürger kann ich mich, denke ich, kompetent dazu äußern. In den letzten 25 Jahren, die seit dem Anschluß der DDR an die BRD vergangen sind, hat sich meine Überzeugung gefestigt, daß wir eine Alternative zu diesem die Menschen krank machenden Gesellschaftssystem brauchen.

Natürlich ist Konsum Voraussetzung sozialer Teilhabe. Er trägt zur Selbständigkeit und einer gewissen sozialen Sicherheit bei. In der kapitalistischen Gesellschaft jedoch zielt die Werbeindustrie darauf ab, das Kaufverhalten der Bürger als zentralen Übungsplatz für selbständiges Handeln zu mißbrauchen. Sich etwas gönnen, Defizite durch Güter kompensieren und das Produkt als Problemlöser anpreisen, von wirklich gesellschaftsrelevanten Problemen ablenken, das sind die Absichten dieser Strategie. Bei nicht wenigen verfängt die "Pseudotherapie" der Werbeindustrie. Sie verfallen der Kaufsucht. Daß sie damit dem "Rattenfänger von Hameln" auf den Leim gehen, ist den meisten zwar im Grunde bewußt, da sie jedoch kurzfristig Erleichterung schafft, ist sie ein verführerisch einfaches und zuverlässig wirksames Mittel für kurzfristige Problembewältigung.

Einen besonderen Stellenwert hat in diesem Zusammenhang die Annektion der DDR durch die BRD im Jahr 1990. Die DDR-Gesellschaft verstand sich eben nicht als Konsumgesellschaft, sondern sah sich auf dem Weg zur Kulturgesellschaft. Insofern sie Konsumgesellschaft war, war sie eine auf Gebrauchswerte hin orientierte Gesellschaft. Wollte man das allgemeine Verhältnis beider Systeme zueinander bestimmen, könnte man - vielleicht etwas verallgemeinert - Kategorien wie Tradition versus Moderne / Mangel versus Überfluß / Egalität versus Individualisierung / Standardisierung versus Pluralität von Lebensstilen / Plan versus Markt / Versorgung und Bedarfsdeckung versus Konsum und Shopping herausarbeiten. Modernisierungsprozesse in Sachen Konsum vollzogen sich meiner Wahrnehmung nach allenfalls im Hintergrund. Über das BRD-Fernsehen, Weihnachtspakete aus dem Westen sowie marktfähige Verteilungsformen wie Intershops und Genex waren diese gesteuert worden. So kann man von einer schleichenden "Kolonialisierung" der DDR-Lebenswelt durch viele Informationskanäle, Warentransfers und werbewirksame Sendungen sprechen. DDR-Bürger waren nie vollständig vom Einfluß westlichen Konsumverhaltens abgeschnitten. Der "Bedürfnisimport" aus dem Westen, die auf breiter Basis noch nicht erfüllbaren Begehrlichkeiten in diesem Bereich begünstigten in besonderem Maße die Assimilation der ostdeutschen an die westliche Konsumkultur. Daß damit auch die Schattenseiten dieser "Kultur" mit übernommen wurden, liegt auf der Hand.

Eine 1991 durchgeführte Studie zeigte, daß circa fünf Prozent der westdeutschen, aber nur ein Prozent der ostdeutschen Bevölkerung "stark kaufsuchtgefährdet" waren. Ein Jahrzehnt später hat sich dieses Bild rapide zuungunsten der ostdeutschen Bevölkerung geändert. Nun waren schon 13 Prozent der ostdeutschen gegenüber zehn Prozent der westdeutschen Bevölkerung mit kaufsüchtigem Verhalten erfaßt worden. Betroffen sind Frauen wie Männer jeden Alters und aller Schichten, Reiche wie Arme, Promovierte wie Gelegenheitsarbeiter - gekauft wird faktisch alles. Die meisten haben Schulden. Einige werden kriminell, landen im Gefängnis. Für die Betroffenen ist es sehr schwer, Heilung zu finden, denn als Krankheit wird Kaufsucht noch immer nicht anerkannt. Denn Werbeindustrie und Produktion leben auch vom Suchtverhalten dieser Menschen. Wollte man ihnen dauerhaft helfen, müßten die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, die solches hervorbringen, grundlegend geändert werden.

Hermann Ziegenbalg, Riesa-Weida

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TTIP und CETA stoppen!

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RF-Extra

Zum 2. Todestag Manfred Wekwerths am 16. Juli

Ein Großer des Theaters

Das rastlos-schöpferisch-freundliche, engagierte Leben von Manfred Wekwerth ist vollendet.

Er hat die Mühe nicht gescheut, von allem, was er gedacht, gesagt, analysiert und gehofft hat, "mit Genuß" aufzuschreiben. Und noch 2014 hat er sich Gesprächen gewidmet, leidenschaftlich politische Konstellationen reflektiert und sich eingemischt. Jede und jeder ist daran auf seine Weise als Zuhörer, Mitstreiter, Leser und Mitdenkende beteiligt. Aber jetzt geht es darum, seine Stimme nicht verstummen zu lassen! Wissen wir doch nur zu gut, wie viele auch ihn nicht mehr hören wollen, weil sie längst dabei sind, die gewünschten Legenden von der "Befreiung zur Marktwirtschaft" verfertigen zu helfen.

Als Manfred in seiner Heimatstadt Köthen mit zwanzig Klassenkameraden noch im April 1945 zum Volkssturm rekrutiert wurde und fünf seiner Mitschüler in sinnloser Schießerei starben, da hat er begriffen, daß dieser Krieg verlorengehen muß, wenn es eine lebenswerte Zukunft geben soll! Aus den absurden letzten Kampfhandlungen flüchtete er zu seiner Mutter nach Hause und beschloß ein lebenslanges NEIN zum Krieg. Später begegnete er Pfarrer Karl Hüllweck, der in Köthen wenig daran interessiert war, die Prunksarkophage der anhaltinischen Fürsten in der Stadtkirchengruft zu pflegen, sondern als Bonhoeffer-Freund Antikriegs-Theaterstücke verfaßte und sie mit Jugendlichen in Kirchen aufführte. Es war nicht nur Religion, was Manfred interessierte, vielmehr faszinierte ihn die ihm bis dahin unbekannte Bücherwelt im Hause Hüllweck.

Weil Hüllweck überzeugt war, daß sich auch Nazi-Leben umlernen läßt, gründete er Lese- und Gesprächskreise und eine Theatergruppe. Zum Kummer seiner lebensklugen Mutter hatte Manfred die Schule auch nach Kriegsende nur widerwillig besucht. Er erlebte, daß der Wahn, "deutsche Herrenrasse" zu sein, immer noch auch in Lehrerköpfen steckte. Und zwölf Jahre praktizierter Haß auf Juden und Russen waren nicht leicht zu überwinden ...

Er fand, daß auch in der Schule Menschen wieder Amt und Würden erhielten, die wahrlich ohne Würde aus alten Ämtern gekommen waren, so daß die, die jetzt die braune Vergangenheit zu verurteilen hatten, zu oft dieselben waren, die sie mitverschuldet hatten.

Aus Mangel an beruflicher Alternative wurde Manfred Neulehrer für Mathematik und Physik. Das freute besonders die alleinstehende Mutter, weil sie ihr Leben lang mühsam jeden Groschen zusammenhalten mußte. Als dann Lehrerkollegen ihn mißgünstig an einer Klasse mit 49 Rabauken scheitern lassen wollten, gelang es Manfred, diese Unzugänglichen durch gemeinsames Theaterspielen zuerst zu verblüffen, zum Nachdenken zu bringen und einige sogar zu begeistern: "Köthener Dramaturgie", "Umerziehung des Menschengeschlechts" im Anhaltinischen!?

Ob diese Rabauken Manfred zum Aha-Erlebnis seines Lebens verholfen haben? Fortan sparte er jedenfalls weder Anmut noch Mühe, weder Leidenschaft noch Verstand, Spieler und Zuschauer in Kirchen und Kneipen zum Nachdenken zu verlocken ...

Und dann gab ihm jemand auf dünnem Durchschlagpapier einen Theatertext von Brecht: "Die Gewehre der Frau Carrar". In der Nazischule hatte er gelernt, daß die deutsche "Legion Condor" aus Helden bestand, die Franco-Spanien vor den internationalen Brigaden der Kommunisten retteten ... Beim Inszenieren des Brecht-Textes erschloß sich ihm eine völlig neue politische Sicht ... Selbstbewußt machte er das BE im fernen Berlin auf die Aufführung in Köthen aufmerksam. Und jemand war kühn genug, auf der Ankündigung zu prophezeien: "Der Autor, Herr Brecht, ist anwesend." Tatsächlich holte dann Helene Weigel in kurioser Folge von Zufällen die Theatergruppe in BE-Bussen nach Berlin. Und Brecht sagte nach der ihn beeindruckenden Aufführung der jungen Leute, daß Manfred noch viel lernen müsse, und fragte, ob er das im BE machen wolle.

Eine weltbewegende Theaterbiographie begann. Diese Begebenheiten wollte ich in Erinnerung rufen, weil es 1951 "grünes Licht" gab für eine spannungsreiche schöpferische Liaison im Hause Brecht, als beglückend harte Lernjahre in herausfordernden Zerreißproben in einem Kollektiv, das auch für die Bühnen der Welt jährlich neue Maßstäbe zu setzen vermochte. In seiner Biographie hat er den 15. März 1951, die Aufführung seiner Theatergruppe aus Köthen im BE, wie einen zweiten Geburtstag beschrieben. Manfreds erste Inszenierung fand dann schon 1953 in Wien statt.

Manfred Wekwerth hat für uns wie "von langer Hand", nämlich bereits mit dem Titel seiner im Jahr 2000 veröffentlichten Autobiographie "Erinnern ist Leben" "Regie geführt".

So zählt er unseren Abschied von ihm noch zu seinem und unserem Leben! Seine Lebenserinnerungen skandalisiert er nicht. Er richtet die verbale Beleuchtung immer zuerst auf die Zusammenhänge. Der Regisseur ist bei seinem Leisten geblieben. Weil die Zeiten damals dramatisch waren und es heute erst recht sind, ist der Bericht von Krach, Krisen und liebendem Einverständnis eine "dramatische Autobiographie". Dieses Buch ist auch seiner Frau Reno zu verdanken. Der größte Teil handelt von der gemeinsamen Zeit, aber gerade Erinnern ist unterschiedlich wie das Gelebte selbst. Darum ist das Buch auch ein Buch von einem bewundernswert bestandenen gemeinsamen Leben.

Brechts überraschender Tod im August 1956 hatte die schöpferische BE-Innenwelt zutiefst erschüttert. Schmerz, Trauer, Animositäten, Rivalitäten blieben vor der präsenten Autorität des Meisters zunächst noch eingehegt.

Helene Weigel vermochte die starke Frau zu bleiben. Das hat Manfred in "Neues vom alten Brecht" nachlesbar gemacht. Es heißt, daß am offenen Grabe von Brecht sein Gedicht "An die Nachgeborenen" gelesen werden sollte, was dann leider unterblieb. 25 Jahre nach Brechts Tod hat Erich Fried über dieses Gedicht nachgedacht. Ich schreibe es hier speziell für Manfred und Reno:

Zur Zeit der Nachgeborenen

"Dabei wissen wir doch" hast du gesagt
"Auch der Haß gegen die Niedrigkeit
Verzerrt die Züge.
Auch der Zorn über das Unrecht
Macht die Stimme heiser. Ach, wir
Die wir den Boden bereiten wollten für Freundlichkeit
Konnten selber nicht freundlich sein."

Das hast du gesagt zu den Nachgeborenen.
Nun schweigst du. Und der Zorn über das Unrecht
macht die Stimmen einiger immer noch heiser.
Die meisten aber sind heute nicht einmal zornig
sondern haben sich gewöhnt an das alte und neue Unrecht
hier, da und dort, und auch an das strenge Recht
das die Ungerechten einander sprechen

Und die, denen der Haß gegen die Niedrigkeit
die Züge verzerrt hat, sitzen dort und da hinter Mauern
daß keiner sie sehen kann, denn die Niedrigkeit
hat in vielerlei Ländern als Obrigkeit Hoheitsrechte
und die Unteren ducken sich oder sind so enttäuscht
von fehlgeschlagenen Versuchen, sich zu befreien
daß sie vielleicht keine Kraft mehr haben zu hassen
Und manche halten das für Freundlichkeit

"Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten" hast du gesagt.
Die Zeiten sind anders geworden, aber im ganzen
sind sie nicht heller geworden seit deinen Versen
und die Gefahr ist größer als damals
denn nur die Waffen
und nicht die von ihnen geführten Menschen sind stärker geworden
und es stimmt auch noch, was du von ihnen gesagt hast:
"Nachzudenken, woher sie kommen und
Wohin sie gehen, sind sie
An den schönen Abenden
Zu erschöpft."

Und weil das alles noch stimmt, können dich heute
die Nachgeborenen leicht verstehen, ja, besser
als dir lieb wäre, obwohl doch gerade du
gerne verständlich warst, aber ich glaube
du hast vielleicht bis zuletzt gehofft, daß sich vieles
verändern wird, so daß der Mensch einer neuen Zeit
dich nicht verstehen kann, ohne die alte Zeit zu studieren

Aber weil man dich noch versteht
können einige von dir lernen
wie man die Hoffnung am Leben erhält und gleich dir
mit List und Geduld und Empörung weiter den Boden bereitet
für Freundlichkeit
daß der Mensch dem Menschen ein Helfer sei


Laßt uns lernen, wie man Hoffnung am Leben erhält, und laßt uns gegenseitig behilflich sein beim Herausfinden, wie mit List, Geduld, aber auch Empörung der Boden für Freundlichkeit zu bereiten ist, "daß der Mensch dem Menschen ein Helfer sei" ...

Übrigens: 1970 promovierte Manfred mit summa cum laude zum Dr. phil. bei Prof. Dr. Rita Schober, der Dekanin der philosophischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin. Wir wissen, daß die Professorin diese Zensur sehr selten gab. Sie lobte die Arbeit außerordentlich, weil für künftige Theater wegweisend ...

Aber: Wann hat er das alles geschafft? Woher nahm er die Zeit, vor allem die Kraft? Seine Frau Renate hat ihm jederzeit in allen Lebensbereichen zur Seite gestanden und seine Kraft vermehrt. Manfred meinte von ihrem gemeinsamen Leben, daß es eine Symbiose sei, zu der aber auch die beiden Mütter als Kraftquell gehörten, die großmütterlichen Schutzengel der Tochter, die aus Magdeburg und Köthen zu Manfred und Reno nach Berlin zogen. So konnten die beiden auch immer beruhigt sein, wenn im Ausland inszeniert und gespielt wurde, daß Christine behütet und umsorgt war. Denn das "Berliner Ensemble" war zu vielen Gastspielen eingeladen: zwischen 1977 und 1990 nach Paris, Moskau, Venedig, Rom, Bari, Florenz, Mailand, Caracas, Edinburgh, Wien, Warschau, Köln, Toronto.

Ein Gastspiel hatte für Manfred besondere Bedeutung: Im Mai 1989 war das BE nach Israel eingeladen: mit "Galileo Galilei", "Baal" und einem Brecht-Abend war es das erste Gastspiel eines DDR-Theaters in Israel. Bedenken von DDR-Politikern, die eine Kränkung der Araber fürchteten, vermochte die Leitung des BE zu zerstreuen. Groß war die Resonanz beim Publikum und in der Presse.

Sympathiekundgebungen gab es sogar bei der Bevölkerung auf der Straße. Besonders bewegend war, daß Manfred gebeten wurde, in Yad Vashem, in der Gedenkhalle an der ewigen Flamme zur Erinnerung an die Toten der Shoa eine kurze Rede zu halten. Das war bisher nur Staatsoberhäuptern vorbehalten. Manfred sprach von der Arbeit des BE und beschrieb die antifaschistische Tradition, der es sich seit Brecht verpflichtet fühlt - und las das Brecht-Gedicht "An die Kämpfer in den Konzentrationslagern". Das fand in der linken Presse große Resonanz. Die tapfere kleine Friedensbewegung in Israel fühlte sich gestärkt. Immerhin war Manfred Wekwerth Mitglied des Zentralkomitees der SED. Für diesen Auftritt hatte er die Partei nicht um Erlaubnis gebeten. Er handelte im Sinne Brechts!

Nachdem die DDR die Mauer, Tor und Tür dem Westen geöffnet hatte, beschloß das Abgeordnetenhaus, jede wissenschaftliche und künstlerische Einrichtung im Osten auf ihren politischen und ökonomischen Wert zu prüfen. Die Humboldt-Universität und das Berliner Ensemble gerieten dabei besonders in den Blick der Abwickler, denn beide Einrichtungen hatten Weltruf. Doch die Senatoren, die über das Weiterbestehen zu entscheiden hatten, waren der Meinung, das BE sei nur noch ein "politisches Brecht-Museum" und ebenso wie die Humboldt-Universität den Ansprüchen der neuen freiheitlichen Marktwirtschaftsgesellschaft nicht gewachsen. Wekwerth wurde als politische Altlast verurteilt. Der Senator für Kultur wollte den Intendantenwechsel. Dazu wurde eine Medienkampagne gegen Manfred ausgelöst, unwürdig und dumm, nicht des Zitierens wert. Fünfzehn Schauspielern und dem Intendanten wurde ohne Begründung gekündigt, obwohl der Intendanten-Vertrag zum Jahresende ohnehin ausgelaufen wäre ­... Wir erlebten finstere Zeiten!

Obwohl in brüskierender Weise abgewickelt, resignierten Reno und Manfred nicht. Sie arbeiteten weiter. Manfred inszenierte im Meininger Theater, im Theater des Ostens, im Neuen Theater in Halle bei Peter Sodann Brechts "Puntila", Shakespeares "Richard III." und Marlowes "Dr. Faustus". Und mit Hoffmannstals "Jedermann", den Manfred im Dom zu Halle inszenierte, schließt sich der Kreis zu seinen ersten Inszenierungen in Köthens Kirche!

Durch den Bundestagsabgeordneten Diether Dehm, dessen Rock-Oper sie in Erfurt auf die Bühne brachten, lernten Reno und Manfred die Thüringer Rockband EMMA kennen. Mit der hat er Brecht-Lieder "ver-rock-t" für ein junges Publikum, das vorher wohl niemals etwas mit Brecht zu tun hatte. Mit dem Komponisten Syman, dem Schauspieler Hendrik Duryn, mit Reno und dem Percussionisten Thorsten Adrian setzten sie Brechts "Versifizierung des Kommunistischen Manifests" in Szene. Und das wurde geradezu eine Sensation!

Immer wieder wurde Manfred eingeladen, aus seinen Büchern zu lesen, der Autobiographie, aus "Mut zum Genuß" und dem Gesprächsbuch "Neues vom alten Brecht". Er referierte auf Konferenzen, empfing auch zu Hause Kollegen, die ihn konsultierten. Renate und Manfred wurden nach Istanbul eingeladen, nach Havanna zur Buchmesse und nach Athen zu einem großen Brecht-Kongreß. Dem aber konnte Manfred nur noch ein Filminterview von Berlin aus geben. Manfreds letzte initiierte, titulierte und mitgestaltete Veranstaltung galt dem würdigen Gedenken an seinen Freund, den Theatermann Prof. Werner Mittenzwei - am 10. April 2014.

All seine Lebenszeichen hat Manfred seiner Frau Reno anvertraut. In der Zeit, als ihn die Körperkräfte verließen und er das nicht mit Gleichmut und Geduld annehmen konnte, hat ihm seine liebe Reno - wenngleich auch selbst oft mit letzter Kraft - eine "freundliche Welt" bereitet. Dafür gilt ihr Dank.

Manfred kam ins Familiengrab, zu den Müttern ...

Heinrich Fink


Die rund 65 Autoren des elften Bandes der Reihe "Spuren der Wahrheit", dem wir die Trauerrede Heinrich Finks leicht gekürzt entnehmen, setzen sich auf unterschiedliche Weise direkt oder indirekt mit dem Begriff "Heimat DDR" auseinander. Da werden Werte auf die Waagschale der Geschichte gelegt, die ihrer Heimat Gewicht gaben.

"Wir wollten eine neue Gesellschaft entwickeln, zeigen, daß ein Leben ohne Arbeitslosigkeit, ohne Angst vor dem Morgen und in Frieden mit allen Nachbarn möglich ist. Ich fühlte mich voll als Bürger dieses Staates und vertrat seine Ziele, auch wenn mir bewußt war, daß das unter den komplizierten inneren und äußeren Bedingungen in dieser Zeit des kalten Krieges nicht von heute auf morgen zu erreichen war. Es war eben mein Land."

Hier wird nichts sehnsuchtsvoll oder gar schnulzig verklärt; hier werden durchaus auch kritische Worte zu Land und Leuten gefunden, aber - wie man einem guten Freund die Wahrheit sagt - unterstützend und helfend.

"Was bedeutet nun Heimat für mich? Sie ist dort, wo man unter Freunden und Genossen lebt in einer friedlichen Welt, in der die Menschen nicht um ihre Existenz kämpfen müssen, in der es keine extremen Unterschiede des Einkommens gibt wie in den kapitalistischen Ländern, in dem Soldaten die Errungenschaften des Sozialismus verteidigen und nicht auf Raubzüge in fremde Länder geschickt werden. Die DDR war ein solches Land."

"Die Erinnerung an jene Zeit ist ein Stück Heimat für mich. Das bedeutet aber nicht Nostalgie, sondern Auftrag, Verpflichtung, für die sozialistischen Werte zu kämpfen, die im ersten sozialistischen Staat auf deutschem Boden zum großen Teil schon verwirklicht waren. Heimat - das bedeutet: Solidarität, Internationalismus, Freundschaft mit Genossen, Leben in einem Land ohne Krieg, ohne Angst vor Armut, vor Arbeitslosigkeit, vor Not und Einsamkeit im Alter."

Horst Jäkel (Hrsg.): Heimat DDR. GNN-Verlag, Schkeuditz 2015, 374 S., zahlreiche Abbildungen, 19 €. ISBN 978-3-89819-416-7

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Germans to the front?
Deutsche Militärpolitik im gefährlichen Sog einer Weltmacht

Ende 2014 wurde am Dienstsitz des Einsatzführungskommandos der Deutschen Bundeswehr in Geltow - abseits der Öffentlichkeit - mit dem "Wald der Erinnerung" eine Erinnerungsstätte für Soldaten der Bundeswehr eingeweiht, die bei Kriegshandlungen ums Leben kamen.

Gefallen - warum und wofür? Im Kampf gegen welche Feinde Deutschlands? Für wessen Interessen? Gefallen (wieder einmal) auf dem Balkan und, ganz neu, in Afghanistan. Dabei lautete doch das Motto der Deutschen Bundeswehr über Jahrzehnte: "Der Ernstfall ist der Frieden." Wie also kamen deutsche Soldaten nach 1990 mit einem Kampfauftrag in diese Länder? In wessen Auftrag, mit welchen Zielen und in welchem Bündnis handelte die deutsche Armee? Weder die BRD noch einer ihrer Bündnispartner wurde von einem anderen Staat angegriffen. Doch deutsche Soldaten sind im "Einsatz" zwischen Baltikum, Balkan, Osteuropa und Sahelzone. Folgt Deutschland dabei einer - seiner eigenen - Militärdoktrin? Oder agieren seine politischen und militärischen Verantwortungsträger nur unter dem Patronat von USA und NATO? Und: Wie ist das sehr eigenartige Verhältnis der USA zu dem 1945 von ihm besiegten Deutschland und dessen Militärpolitik zu verstehen? Der Blick zurück hilft, Zusammenhänge zu begreifen.

Historiker äußerten in ihren Schriften zum II. Weltkrieg, daß die Einordnung Nachkriegsdeutschlands in eine künftige antisowjetische Strategie in Washington und London bereits in den Jahren 1942/43 konzipiert wurde. Führende deutsche Wirtschaftskreise wie Deutsche Bank, IG Farben und weitere Monopole begannen ebenfalls damals mit Planungen für die Nachkriegszeit. Premier Churchill wies Feldmarschall Montgomery an, die Waffen der kapitulierenden Truppen zu sammeln, um sie gegebenenfalls an die deutschen Soldaten, die sich in britischem Gewahrsam befanden, auszugeben und sie gegen die Sowjetunion zu verwenden.

Zu erkennen ist: Schon vor dem Kriegsende am 8. Mai 1945 zeichnete sich eine neue Frontlinie ab. Nach ihrem Sieg sammelten sowohl die USA als auch Großbritannien gefangene Soldaten nicht nur in Lagern für Kriegsgefangene, sondern faßten sie, so ab 21.7.1945 in der britischen Besatzungszone, in sogenannten Dienstgruppen zusammen, im Februar 1946 rund 140.000 Mann in straff organisierten halbmilitärischen und eigenständig geführten Formationen. Die USA verfuhren ähnlich, bildeten Arbeitskompanien und Wacheinheiten und bewaffneten diese schon ab November 1945. Es waren erste Schritte zur Sammlung eines Stamms ehemaliger deutscher Militärkader. Die USA - seit dem 6.8.1945 mit dem verbrecherischen Abwurf einer Atombombe auf Hiroshima zunächst einzige Atommacht - hatten Großbritannien im Kriegsverlauf als führende Macht der "alten Welt" endgültig abgelöst. Das Ringen um die Vorherrschaft in der Welt prägte von nun an ihr Verhältnis zum größten Sieger jenes Krieges, der Sowjetunion.

12.3.1947: US-Präsident Truman proklamierte in einer Rede vor dem US-Kongreß den kalten Krieg. Er entwarf das Programm für eine Weltordnung, in der die USA sich das Recht anmaßten, überall gegen nationale und soziale Befreiungsbewegungen militärisch einzuschreiten, wenn US-Interessen bedroht seien. Alle Schritte und Handlungen der USA nach 1945 waren konsequent auf die Schaffung eines wirtschaftlich und militärisch starken (west-)deutschen Staates ausgerichtet. Das von George F. Kennan, bis 1946 US-Gesandter in Moskau, 1947 ausgearbeitete Containment-Konzept zur Eindämmung des sozialen Fortschritts und seiner weiteren Ausbreitung, wurde zum Rahmen der globalen außenpolitischen Doktrin der USA, auf deren Grundlage sie die Antihitlerkoalition endgültig verließen. Die direkte Auseinandersetzung mit der UdSSR und den volksdemokratischen Ländern rückte in den Vordergrund.

Der im Juni 1947 verkündete Marshallplan bewirkte gleichzeitig die künftig enge Bindung der Westzonen an die USA. Die von den USA gelenkte separate Währungsreform im Juni 1948 war letztlich der endgültige Schritt zur späteren Bildung eines separaten westdeutschen Staates.

Anhand einiger wichtiger ausgewählter Daten läßt sich erkennen, wie die BRD von Beginn an in den Sog der militärpolitischen Interessen der Weltmacht USA geriet und diese aus zunehmend gleicher Sicht mit eigenen Mitteln unterstützte.

5.4.1949: Denkschrift Speidel/Heusinger: Bereitschaft zum Einfügen Westdeutschlands in die Strategie der NATO, wenn der deutsche Partner gleichberechtigt anerkannt wird. Hauptziel der militärischen Anstrengungen: Wiedererlangung verlorengegangener Ostgebiete.

29.8.1949: Erster Nukleartest der Sowjetunion. Ende des Kernwaffenmonopols der USA. Man kann davon ausgehen, daß die Anwendung von US-Kernwaffen im Koreakrieg von 1950 bis 1953 nur durch das Vorhandensein sowjetischer Kernwaffen verhindert wurde.

24.7.1950: Die Vereinten Stabschefs der USA fordern die "frühestmögliche Aufstellung von Streitkräften der BRD" mit dem Argument, die Sicherheit der USA sei an die Verteidigung Europas gekoppelt.

11.8.1950: Nach Beginn des Korea-Krieges schlägt Churchill als Oppositionsführer des britischen Parlaments die Bildung einer Europa-Armee unter Beteiligung der BRD vor.

Dezember 1954: Der NATO-Rat beschließt das "Schwert-Schild"-Konzept. Entscheidend sind nach Ansicht der US-Militärdoktrin künftig die Kernwaffen.

9.5.1955: Die BRD wird 15. Mitgliedsstaat der NATO.

12.11.1955: Offizielle Gründung der deutschen Bundeswehr. Mehr als 40.000 Offiziere, 87.000 Unteroffiziere und 24.000 Soldaten meldeten sich freiwillig.

Dezember 1957: Der NATO-Rat beschließt die Lagerung von Kernwaffen in Europa unter US-Verwahrung.

Ab 1966 hat die BRD ständige Vertreter in der Nuklearen Planungsgruppe und nimmt somit an der inhaltlichen Bestimmung des Ersteinsatzes von Kernwaffen der NATO im Kriegsfall bis hin zur Zielplanung teil.

11.9.1990: In Vorbereitung auf den Krieg gegen den Irak, der im August 1990 Kuwait annektiert hatte, hält US-Präsident George Bush sen. eine Rede, in der er eine "neue Weltordnung" vorstellt.

17.1.1991: Diese neue Weltordnung beginnt mit dem Angriff einer von der UNO sanktionierten Koalition aus 34 Staaten unter Führung der USA gegen den Irak. Deutschland beteiligt sich nicht, zahlt aber 17 Mrd. DM als Unterstützung und schickt zur Sicherheit der Türkei eine Alpha-Jet-Staffel und ein Flugabwehr-Raketen-Geschwader in den Südosten des Landes. Minenabwehrkräfte befinden sich im Mittelmeer und im Persischen Golf.

26.11.1992: Mit den unter Volker Rühe erlassenen "Verteidigungspolitische Richtlinien" wurden die Grundlagen für neue Aufgaben der Bundeswehr gelegt. Da ist die Rede von der Wahrung und Durchsetzung der "legitimen nationalen Interessen" Deutschlands (Absätze 2, 3 und 7). Hierzu zählt zum Beispiel die "Aufrechterhaltung des freien Welthandels und des ungehinderten Zugangs zu Märkten und Rohstoffen in aller Welt" (Abs. 8, Nr. 8). Und: "Einflußnahme auf die internationalen Institutionen und Prozesse im Sinne unserer Interessen und gegründet auf unsere Wirtschaftskraft" (Abs. 8, Nr. 10).

12.7.1994: Das Bundesverfassungsgericht faßt einen zustimmenden Beschluß zu internationalen Einsätzen der Bundeswehr.

Juni 1996: Die NATO beschließt die Modernisierung ihrer Tornado-Geschwader durch Ausrüstung mit Atombomben, welche über die acht- bis zehnfache Sprengkraft der Hiroshima-Bombe verfügen. Die Stationierung erfolgt mit deutscher Zustimmung auf deutschem Boden, in Nörvingen, Büchel und Memmingen.

24.3.1999: Im letzten europäischen Krieg des 20. Jahrhunderts greifen Piloten der deutschen Luftwaffe im Rahmen der von der UN nicht sanktionierten Operation "Allied Force" gegen Jugoslawien erstmals nach 1945 direkt in ein Kampfgeschehen ein.

Zusammenfassend ist festzustellen, daß sich die NATO unter dominanter Führung der USA als militärpolitische Führungsmacht etabliert hat. Sie ist zudem bereit, auch ohne UN-Mandat zu handeln. Die Bundeswehr folgte, ohne daß es seitens der deutschen Regierung erkennbaren Widerstand gab.

11.9.2001: Aus der völlig unangemessenen Reaktion der von Georg W. Bush seit Januar des Jahres geführten US-Regierung auf den angeblich durch Al Quaida verübten Terroranschlag gegen die Twin Towers in New York läßt sich eine neue Zeitrechnung internationaler Militärpolitik ableiten.

Am 12.9. wurde der "Angriff" zum "NATO-Fall" erklärt und Afghanistan als Herkunftsland der Attentäter definiert.

7.10.2001: Mit Bombenangriffen der US-Luftwaffe begann der bis 2014 dauernde und von der UNO sanktionierte Krieg in Afghanistan. Die Bundeswehr beteiligte sich ab Januar 2002 im Rahmen von ISAF mit bis zu 5350 Soldaten. Der Krieg kostete Deutschland rund 17 Mrd. Euro, 54 Soldaten verloren ihr Leben.

Januar 2002: Der US-Präsident eröffnet mit einer Rede den "Krieg gegen den Terror". Unter Nutzung dieser Präambel versuchen die USA und ihre Verbündeten seither, jenen Staaten, die nicht im Sinne der "globalen", von den USA und der EU vorgegebenen Ideen von Demokratie und Menschenrechten funktionieren (und deren Öl- und Gaswirtschaft nicht völlig unter der Regie "westlicher" Konzerne stehen), ihren politischen, rechtlichen und vor allem wirtschaftlichen Willen aufzuzwingen, falls nicht anders möglich auch mit Gewalt.

20.3.2003: Die USA und Großbritannien, unterstützt durch eine "Koalition der Willigen" aus 27 Staaten, beginnen die auf wissentlich falschen Aufklärungsberichten beruhende völkerrechtswidrige Invasion gegen den Irak, den "Krieg der Irrtümer". Der Krieg kostete allein die USA etwa 2,6 Billionen Dollar. Deutschland beteiligte sich offiziell nicht am Krieg, diente aber als logistische Drehscheibe für die Einsätze der U.S. Army.

Mehr als 2,5 Millionen Iraker verließen bisher ihr Land, der Staat Irak zerfiel, die aus Haß gegen die fremde Einmischung entstandene Terrorgruppe "Islamischer Staat" (IS) wurde nach Abzug der Besatzungstruppen zur neuen und größten Gefahr für den Nahen Osten und die Welt.

2005: Deutsche Truppen sammeln in Afghanistan erste Kampferfahrungen und sind in weiteren Ländern eingesetzt. Zu ihrem 50. Jahrestag ist die Bundeswehr weit fortgeschritten auf dem Weg zu einer für den weltweiten Einsatz vorgesehenen Streitmacht. Sie ist "eine Armee im Einsatz".

Januar 2011: In Auswirkung vorhergehender wirtschaftlicher Probleme und der "Jasmin"-Revolution begannen in Syrien Kämpfe der Opposition, zunehmend unterstützt von ausländischen Freiwilligen und Söldnern, gegen das angeblich diktatorische Regime unter Bashar al-Assad. Ein 2011 vom Präsidenten durchgesetztes Verfassungsreferendum wurde von der Opposition nicht akzeptiert. Zu gleicher Zeit bildeten Dschihadisten des IS auf den Territorien Syriens und des Nordirak ein mittelalterliches Kalifat. In Syrien überschnitten sich alsbald nicht nur die wirtschaftlichen Interessen der führenden Gasmonopole der Welt, sondern auch die Interessen und Religionen aller Staaten des Nahen Ostens. Die USA und weitere westliche Staaten griffen den IS ohne Erfolg mit ihrer Luftwaffe an, die USA bildeten mit einem Aufwand von 500 Mio. Dollar (und ohne Erfolg) syrische Rebellengruppen aus. Deutschland lieferte Waffen und Munition für 60 Mio. Euro an die kurdischen Kämpfer der "Peschmerga" und überstellte Fallschirmjäger zu deren Ausbildung. Ziel: der Sturz des Assad-Regimes.

Mit dem Eingreifen Rußlands ab September 2015 änderte sich die gesamte Konstellation. In Bagdad entstand ein neues Bündnis zwischen Irak, Iran, Syrien und Rußland: Die von den USA angestrebte Rolle einer neuen Herrschaft über Öl- und Gasquellen des Nahen Ostens geriet in Gefahr. Rußland versucht, mit Angriffen seiner Luftwaffe und Marschflugkörpern, die Existenz des syrischen Staates zu retten und damit auch die eigene Position am Ostrand des Mittelmeeres zu festigen.

Der Krieg kostete bisher 250.000 Menschen das Leben, elf Millionen Flüchtlinge verließen das Land. Europa, voran Deutschland, bekommt mit einer riesigen Flüchtlingswelle erstmalig die Folgen eigener, seit vielen Jahren völlig verfehlter Außenpolitik zu spüren.

Mai 2011: Unter dem Motto "Nationale Interessen wahren, internationale Verantwortung übernehmen und Sicherheit gemeinsam gestalten" verkündet Verteidigungsminister de Maizière die Ausarbeitung neuer verteidigungspolitischer Richtlinien. Kernpunkte sind freier und ungehinderter Welthandel, freier Zugang zur hohen See sowie zu den natürlichen Ressourcen.

2014: Die USA, die EU und die NATO nehmen den Konflikt um die Ukraine zum Anlaß, die Welt auf aktive Kriegshandlungen einzustimmen.

2015: Über ein Netz von mehr als 600 militärischen Stützpunkten rund um den Erdball sichern die USA derzeit ihre globalen Ansprüche. Den USA ist es seit 1990 gelungen, das Territorium der NATO-Staaten über Tausende Kilometer hinweg an die Grenzen Rußlands auszudehnen. Auch die Ukraine mußte für das US-dominierte Paktsystem gewonnen werden, um den Einfluß auf Rußland zu verstärken und so den vorauszusehenden Konflikt mit China um die Führungsposition in der Welt zu beeinflussen.

Die USA demonstrieren ihre derzeitige Macht zunehmend durch Handlungen ihrer Speerspitze NATO. 2015 häufen sich deren Manöver und Machtdemonstrationen. So erfolgte im August 2015 das größte Luftwaffenmanöver seit 1990 mit Schwerpunkt in Grafenwöhr und Hohenfels in der BRD. Am 3.10.2015 begann das größte NATO-Manöver aller Zeiten, "Trident Juncture", mit 36.000 Mann aus allen Teilnehmerstaaten und sieben Partnerländern, davon 3000 aus der Bundeswehr. Im Schwarzen Meer führt die NATO Flottenmanöver durch, und mehrere kleinere Manöver erfolgen auf den Territorien der baltischen Staaten und Polens.

Als "Signale an Rußland" verlegte man modernste Tarnkappenflugzeuge vom Typ F-22 nach Europa und inszenierte entlang der russischen Grenzen einen demonstrativen Aufmarsch ihrer Übungstechnik. Sollte das nicht ausreichen, sind die USA bereit, diese Waffen auch einzusetzen. Der Verteidigungsetat der USA umfaßt für 2015 die gigantische Summe von 521 Mrd. Dollar. Deutschland hat 2015 im Vergleich zu den USA einen zwar deutlich geringeren, aber dennoch ebenfalls beachtlichen Verteidigungsetat von 34,36 Mrd. Euro. Die größten Garnisonen der USA in Europa befinden sich auf deutschem Territorium. US-Kampfjets über deutschem Luftraum gehören zum Alltag. Von Ramstein aus werden weltweite US-Drohnen-Operationen unterstützt. Die europäische Kommandozentrale der USA befindet sich unweit von Stuttgart. Erst im laufenden Jahrzehnt modernisierte Kernwaffen sind noch immer in der Nähe des Flugplatzes Büchel in der Eifel gelagert. In Ramstein wird mit einem Aufwand von 1,3 Mrd. Euro ein neues Militärkrankenhaus gebaut - Vorbereitung für den nächsten großen Krieg? Die BRD bildet für alle US-Operationen im europäischen Raum und in Nahost die logistische Drehscheibe und gewährleistet den "sicheren Himmel" für US-Jets in alle Richtungen.

2015: Ziel der deutschen Militärstrategen ist es, die Bundeswehr bis zum Jahr 2020 weltweit interventionsfähig zu machen. Mit anderen Worten: in kürzester Zeit weltweit militärisch eingreifen zu können.

Deutschland hatte im August 2015 nahezu 3000 Soldaten im Auslandseinsatz, große Kontingente in Afghanistan, Bosnien und Kosovo, im Mittelmeer und am Horn von Afrika, vor der Küste Libanons, in Mali und in der Türkei. Kleinere Abteilungen sind im Sudan, in Liberia, Marokko und Senegal unterwegs.

Die Bundeswehr drängt, von einem sich allgemein für große Militärpolitik kaum interessierenden Parlament geführt, sowohl an der Seite der U.S. Army als auch anderer NATO-Partner an die Spitze internationaler Einsätze. Ohne Notwendigkeit. Um jeden Preis. Die seit 1945 gelegte Saat ist aufgegangen. Deutsche Soldaten sind, nun an der Seite der GIs, wieder an der Front.


Martin Kunze, Templin

Der vollständige Text dieses Beitrages ist nachzulesen unter http://rotfuchs.net/umschau.html

Ende RF-Extra

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WISSENSCHAFTLICHE WELTANSCHAUUNG

Zyklus "Lebendiger Marxismus"

Marx' Lebensweg bis zur Ausarbeitung des Kommunistischen Manifests

1. Teil

Vor bald 50 Jahren hat der damalige "Deutschlandsender" (später umbenannt in "Stimme der DDR") eine auch in Westdeutschland gehörte und beachtete Sendereihe mit Vorträgen zu Fragen unserer wissenschaftlichen Weltanschauung ausgestrahlt, deren Manuskripte sich erhalten haben und die wir den Lesern des "RotFuchs" in einer Auswahl zur Verfügung stellen - inhaltlich wurde nichts verändert, von unumgänglichen Kürzungen abgesehen. Man kann diese Vorträge lesen als Kapitel eines Geschichtsbuchs (dazu auch immer die Angabe des seinerzeitigen Sendetermins) und zugleich als Einführung in die Grundlagen marxistisch-leninistischen Denkens. Viele auch in den Vorträgen zum Ausdruck kommenden Hoffnungen haben sich in den vergangenen Jahrzehnten zerschlagen, manche Prognosen haben den Praxistest nicht bestanden - wesentliche Erkenntnisse von Marx, Engels, Lenin und anderen unserer Theoretiker aber haben nach wie vor Bestand, an ihnen halten wir (gelegentlich deswegen als Ewiggestrige beschimpft) fest, sie wollen wir - auch mit dieser Serie - vermitteln.

RF


Sendetermin: 23. April 1968

Auch die derzeitige Bundesregierung kann es nicht verhindern: Das Interesse am Marxismus, die Nachfrage nach dem wahren und unverfälschten Marx wuchsen und wachsen in Westdeutschland rapide an. Während der sozialdemokratische Parteivorstand längst auch die kümmerlichsten Überreste des Marxismus aus seinem Programm gestrichen hat, studieren sozialistische Studenten und junge Gewerkschafter in zunehmender Zahl Marx' Schriften. Während die Kiesinger-Strauß-Wehner-Regierung Antikommunismus, Antidemokratismus und damit auch Antimarxismus als Staatsdoktrin demonstriert, tragen westdeutsche Jugendliche in sinnigsatirischer Verhöhnung imperialistscher Meinungsmanipulation stolz ihre Plaketten "I like Marx". Während Herr König, sozialdemokratischer Bürgermeister von Trier, spöttelt: "Wir haben Marx als Vater der Partei abgegeben und geben ihn der Nation als Großvater",(1) haben bereits Zehntausende zum Handeln entschlossener Demokraten, Antifaschisten und Notstandsgegner an diesem angeblichen Großvater Marx frappierend junge, für die bundesdeutsche Wirklichkeit aktuelle Züge entdeckt, haben ihn zu ihrem Verbündeten, haben den angeblichen Großvater Marx zum Zeitgenossen Marx gemacht.

Zum 150. Geburtstag von Marx erweist sich seine Theorie nicht allein als scharfe geistige Waffe im Ringen der Arbeiterklasse um die Macht. Der Marxismus hat heute seine Lebensfähigkeit und Stärke auch als konstruktive Kraft bestätigt, die immer neue ökonomische, soziale, politische und geistige Energien freigesetzt.

Das Werk aber ist nicht von seinem Schöpfer, der Marxismus nicht von Marx zu trennen. Wir wollen daher heute und in den nächsten beiden Folgen dem Lebensweg von Karl Marx in jenen Jahren und Jahrzehnten nachgehen, als er, bald gemeinsam mit Friedrich Engels, die Grundlagen seiner Theorie, die Grundlagen des wissenschaftlichen Sozialismus, ausarbeitete, jener Theorie, die im Frühjahr 1848 im "Manifest der Kommunistischen Partei", zum ersten Mal als Programm der revolutionären Arbeiterbewegung zusammengefaßt, ihren Siegeszug antrat.

Wir werden diesen Lebensweg und damit den Schaffensprozeß von Marx in drei Etappen behandeln - bis 1842, von 1842 bis Mitte 1844, von Mitte 1844 bis Frühjahr 1848 -, und wir werden versuchen, trotz der gebotenen Kürze ein möglichst plastisches Bild von den inneren und äußeren Kämpfen zu skizzieren, die Karl Marx, dieser Revolutionär der Wissenschaften und Wissenschaftler der Revolution, bereits in jungen Jahren zu bestehen hatte.

Als Karl Marx vor 150 Jahren geboren wurde, bot die politische Landkarte Deutschlands einen bunten Anblick. Deutschland war zerrissen in zahlreiche große und kleine Staaten, mühsam zusammengehalten durch den Deutschen Bund, eine Vereinigung der feudalen Fürsten. Mit Terror und Demagogie hatten die feudalen Herrscher nach der Vertreibung Napoleons aus Deutschland ihre politische Macht wiedererrichtet und im Bunde mit dem russischen Zaren eine "Heilige Allianz" gegen alle demokratischen Kräfte geschlossen.

In dieser Periode der schwärzesten Reaktion wurde am 5. Mai 1818 Karl Marx in Trier an der Mosel geboren. Doch er wurde geboren in dem ökonomisch und politisch fortgeschrittensten Gebiet Deutschlands, in der preußischen Rheinprovinz, und in einer Familie, in der der Geist der bürgerlichen Aufklärung und der Humanität lebendig war. In diesem Geiste des bürgerlichen Humanismus wurde der junge Karl, der älteste Sohn in der kinderreichen Familie, auch erzogen. Im Kreis seiner Geschwister verlebte der junge Marx eine heitere und sorgenfreie Kindheit. Auf dem Gymnasium, das er ab 1830 besuchte, machte er gute Fortschritte.

Im September 1835, mit erst 17 Jahren, bestand der junge Karl Marx die Reifeprüfung. Die Leistungen, die ihm die Königliche Prüfungskommission bescheinigte, waren guter Durchschnitt. Das Abiturzeugnis ließ noch nicht vermuten, was in dem 17jährigen steckte. Eines aber ließ aufhorchen, sein Abituraufsatz "Betrachtung eines Jünglings bei der Wahl seines Berufes".

Der junge Marx verurteilte eine Berufswahl, die nur auf eigensüchtigen oder gar materiellen Interessen beruhte. "Die Erfahrung", schrieb er, "preist den als den Glücklichsten, der die meisten glücklich gemacht."(2) Doch der heranwachsende Marx erkannte auch, daß die Wahl des Berufes nicht nur vom Wollen des einzelnen abhängt. "Wir können nicht immer den Stand ergreifen, zu dem wir uns berufen glauben", schrieb er, "unsere Verhältnisse in der Gesellschaft haben einigermaßen schon begonnen, ehe wir sie zu bestimmen imstande sind."(3)

Dieser Gedanke läßt aufhorchen, zeugt er doch davon, daß sich der Abiturient bereits der Bedeutung der sozialen Verhältnisse im menschlichen Leben bewußt zu werden begann. Voll jugendlichem Idealismus schloß er seinen Aufsatz mit den Worten: "Wenn wir den Stand gewählt, in dem wir am meisten für die Menschheit wirken können, dann können uns Lasten nicht niederbeugen, weil sie nur Opfer für alle sind; dann genießen wir keine arme, eingeschränkte, egoistische Freude, sondern unser Glück gehört Millionen."(4)

Mit diesem Vorsatz, sein Leben in den Dienst an der Menschheit zu stellen, verließ Karl Marx im Oktober 1835 Trier und begann das Universitätsstudium, zunächst in Bonn, ab 1836 in Berlin. Auf Wunsch des Vaters studierte er Jura. Doch er "fühlte vor allem Drang, mit der Philosophie zu ringen",(5) wie er dem Vater gestand. In der Tat begann nun in Berlin ein leidenschaftliches Bemühen des Studenten um eine Weltanschauung, die ihm eine feste Grundlage für seine wissenschaftliche Arbeit wie für seine politischen Auffassungen geben konnte. Er studierte unermüdlich, zeigte Interesse für alle Zweige der Gesellschaftswissenschaften, der Literatur und Kunst, durchdachte kritisch alles Gelesene, machte Exzerpte, schrieb kleinere Monographien, um die erworbenen Kenntnisse zu verarbeiten, verwarf sie aber bedenkenlos, wenn sie seiner selbstkritischen Prüfung nicht standhielten. Mit dieser auch für Marx' spätere wissenschaftliche Arbeit charakteristischen Methode eignete er sich Schritt für Schritt die positiven Errungenschaften der bisherigen Philosophie und Gesellschaftswissenschaften an und begann, sie kritisch an der Wirklichkeit, an der Praxis zu überprüfen.

War die bürgerliche Klasse in Deutschland bis in die 1830er Jahre noch nicht reif und stark genug, den Feudalismus politisch zu schlagen und zu vernichten, so bereitete sie dennoch auf ideologischem Gebiet die bürgerliche Revolution vor. Das geschah durch die klassische deutsche Literatur und vor allem die klassische Philosophie des ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts. Ihre Vertreter richteten die Waffe der Kritik gegen den gleichen Gegner, den die Bourgeoisie auf politischem Gebiet bekämpfte - die Feudalklasse.

Natürlich stieß diese sogenannte philosophische Revolution auf den heftigsten Widerstand der Wortführer des Feudalismus. Und natürlich spiegelten auch die Ideen und Werke der hervorragendsten Vertreter der klassischen deutschen Philosophie - Immanuel Kants, Johann Gottlieb Fichtes, Georg Wilhelm Friedrich Hegels und Ludwig Feuerbachs - nicht nur die Widersprüche zwischen der aufstrebenden kapitalistischen Gesellschaft und der überlebten Feudalordnung, sondern auch die politischen Inkonsequenzen des jungen deutschen Bürgertums wider. Gleichwohl aber bahnten sie den Weg für die notwendige bürgerliche Umgestaltung Deutschlands.

Vor diesem Hintergrund politischer und philosophischer Auseinandersetzungen vollzog sich Marx' Ringen um einen gesicherten weltanschaulichen Standpunkt. Marx' Streben, seine philosophischen Auffassungen, die zunächst durch den subjektiven Idealismus geprägt waren, mit Geschichte und Gegenwart der Menschheit, also mit der Wirklichkeit in Übereinstimmung zu bringen, kam die Lehre des Berliner Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel, der Hegelianismus, entgegen. Hegels genialer philosophischer Versuch, mit Hilfe der Dialektik auf allen Gebieten der Menschheitsgeschichte und insbesondere des menschlichen Denkens eine durchgehende Entwicklungslinie nachzuweisen - nämlich die Entwicklung der "absoluten Idee" -, wirkte auf Marx wie auf zahlreiche andere junge Intellektuelle jener Zeit faszinierend. Marx erkannte in der Philosophie Hegels bald das Wesentliche: die dialektische Methode. In einem Brief an den Vater bezeichnete der Neunzehnjährige seinen Übergang zu Hegel als eine Wendemarke in seinem Leben - ein erstaunliches Urteil, denn tatsächlich sollte dieser Übergang zu einem Ausgangspunkt in der Entwicklung des wissenschaftlichen Sozialismus werden.

Marx' Bekehrung zu Hegel, vor allem zu dessen Dialektik, vollzog sich in einem Kreis Gleichgesinnter, im "Doktorklub". In ihm hatten sich junge Berliner Akademiker vereinigt, die aus Hegels Philosophie revolutionäre Schlußfolgerungen zogen und Junghegelianer genannt wurden. Doch während die meisten Junghegelianer die Hegelsche Dialektik vorwiegend auf geistig-spekulativem Gebiet, besonders in der Religionskritik, anwandten, ohne konkretes Studium der Wirklichkeit, wuchs in Marx das Bestreben, die Philosophie auf die Wirklichkeit anzuwenden.

Als Marx im April 1841 auf Grund seiner Dissertation promoviert wurde, war er bereits zu einem demokratischen Standpunkt gelangt. Während die meisten anderen Junghegelianer liberale Gedanken verfochten, sich also zu den politischen Zielen der Bourgeoisie bekannten, wollte Marx statt nur für die Klasseninteressen der Bourgeoisie für die Interessen des ganzen Volkes kämpfen.

Der junge Doktor der Philosophie kehrte zurück nach Trier, sehnlich erwartet von seiner Jenny. Schon als Student, im Sommer 1836, hatte er sich, zunächst heimlich, mit Jenny von Westphalen, seiner Jugendfreundin, verlobt. Der Bund zwischen dem einfachen Bürgersohn und der jungen Adligen, der sich die glänzendsten Partien anboten, war nach den damals herrschenden Sitten eine Sensation, ja ein Wagnis. Er sollte sich jedoch in jahrzehntelanger Lebens- und Kampfgemeinschaft glänzend bewähren. Noch aber war an eine Heirat nicht zu denken. Marx war ohne Stellung und damit ohne sichere Existenzgrundlage.

Seine Hoffnung, an der Bonner Universität eine Dozentur zu bekommen, zerbrach, da die reaktionäre preußische Regierung rigoros alle oppositionellen Kräfte, voran die Junghegelianer, von den Universitäten vertrieb oder fernhielt. So wurde Marx, der zu keinerlei Zugeständnis an die Ideologie des Feudalabsolutismus bereit war, durch die Auseinandersetzungen zwischen der anschwellenden antifeudalen Opposition und dem reaktionären preußischen Staat auf das Gebiet gedrängt, das zu Beginn der 1840er Jahre zum wichtigsten Kampfplatz zwischen Reaktion und Fortschritt wurde: die politische Publizistik.

Zunächst arbeitete er zwar noch, gemeinsam mit dem Junghegelianer Bruno Bauer, an einigen religionskritischen Schriften und las und exzerpierte zu diesem Zweck zahlreiche kunst- und religionsgeschichtliche Werke. Doch immer stärker lehrten ihn die Erfahrungen des täglichen Lebens, daß gegenüber dem preußischen Staat Kritik auf philosophischem Gebiet nicht ausreichte. Pflicht der Philosophen, so schien ihm, war es, unmittelbar und direkt in den politischen Kampf einzugreifen. Als sich ihm die Gelegenheit dazu bot, nutzte er sie mit Energie und Leidenschaft.

Wie ein Fanfarenstoß wirkte seine erste journalistische Arbeit "Bemerkungen über die neueste preußische Zensurinstruktion", in der er mit rücksichtsloser Schärfe die reaktionäre Zensur anprangerte. Mit unerbittlicher Logik und scharfem Spott wies er nach, daß die scheinliberale Milderung der Zensur im Grunde genommen auf eine Verschärfung der ohnehin äußerst willkürlichen Handhabung der Zensur hinauslief. Er kam zu dem Schluß, daß die reaktionäre Zensur nicht gemildert oder geändert, sondern völlig abgeschafft werden müsse. "Die eigentliche Radikalkur der Zensur wäre ihre Abschaffung",(6) schrieb er.

Mit diesem Aufsatz trat Marx in den unmittelbaren politischen Kampf ein und nahm erstmalig unverhohlen Stellung gegen den Feudalabsolutismus. Schon diese Arbeit erwies ihn eindeutig als revolutionären Demokraten, dem es darauf ankam, die reaktionären Zustände zu beseitigen, und nicht nur, sie zu reformieren.

Im Frühjahr 1842 - er hielt sich gewöhnlich in Trier, Bonn oder Köln auf - machte Marx eine für seine geistige Entwicklung wichtige Bekanntschaft. Er lernte die Ideen des süddeutschen Philosophen Ludwig Feuerbach kennen. Feuerbach verwarf, besonders in seinem Buch "Das Wesen des Christentums", jede Religion sowie den gesamten Hegelschen Idealismus als unvereinbar mit dem wirklichen Wesen der Welt und mit der Würde des Menschen. An ihre Stelle setzte er den philosophischen Materialismus, wobei er freilich den Materialismus nur auf die Natur, nicht aber auch auf die menschliche Gesellschaft anwandte.

Feuerbachs Buch brach den Bann der Hegelschen Philosophie. Seine materialistischen, atheistischen und humanistischen Gedanken wirkten auf Marx - wie übrigens auch auf Friedrich Engels und viele andere progressive Intellektuelle - elektrisierend und halfen ihm bei seiner kritischen Überwindung des Hegelianismus und seiner Hinwendung zur Praxis.

Friedrich Engels schrieb noch Jahrzehnte später über Feuerbachs Werk "Das Wesen des Christentums": "Man muß die befreiende Wirkung dieses Buchs selbst erlebt haben, um sich eine Vorstellung davon zu machen. Die Begeisterung war allgemein: Wir waren alle momentan Feuerbachianer."(7)

Der Wunsch, mit der Waffe der Philosophie in den Tageskampf einzugreifen, war es auch, der Marx 1842 an der oppositionellen "Rheinischen Zeitung für Politik, Handel und Gewerbe" mitarbeiten ließ. Die "Rheinische Zeitung" war Anfang 1842 von der aufstrebenden Bourgeoisie der preußischen Rheinprovinz gegründet worden mit dem Ziel, die ökonomischen und politischen Interessen des rheinländischen Handels und Gewerbes zu verfechten. Zahlreiche oppositionelle, gegen den preußischen Militärstaat und seine Ideologie auftretende Kräfte sammelten sich um dieses Publikationsorgan.

Die ersten Aufsätze, die Marx in der "Rheinischen Zeitung" publizierte, richteten sich wieder vor allem gegen die Zensur. Sie erregten solches Aufsehen und solche Zustimmung im liberalen und demokratischen Bürgertum, daß die Herausgeber der Zeitung im Oktober 1842 Marx zum leitenden Redakteur beriefen. Damit begann ein neuer Lebensabschnitt für den zum revolutionären Demokraten reifenden Marx.


Anmerkungen:

1) "Die Welt", Nr. 44, 21. Februar 1968
2) Karl Marx/Friedrich Engels: Werke (im folgenden: MEW), Ergänzungsband, Erster Teil, S. 594
3) Ebenda, S. 592
4) Ebenda, S. 594
5) Marx an Heinrich Marx, 10. November 1837. Ebenda, S. 4
6) MEW, Bd. 1, S. 25
7) Friedrich Engels: Ludwig Feuerbach und der Ausgang der klassischen deutschen Philosophie. In: MEW, Bd. 21, S. 272

Ende RF-Extra

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Eine Reise nach Vietnam

Ho Chi Minh gehörte im vorigen Jahrhundert neben Che zu den Ikonen einer ganzen Jugendgeneration. Auch ich verehrte diesen Mann, der sein geschundenes Volk von der französischen Kolonialknute befreit und sich an die Spitze des Widerstandes gegen den amerikanischen Aggressor gestellt hatte. Nun, da ich die magische Siebzig überschritt, wäre mir nicht im Traum eingefallen, mich noch einmal meiner Jugendikone zuzuwenden, wenn ... ja, wenn mich eines Abends nicht mein Freund Micha angerufen hätte. "Was hältst du davon, mit mir nach Vietnam zu fliegen? Ich bin neugierig, was aus dem Land und seinen Menschen geworden ist. Und so ganz nebenbei könnten wir überprüfen, ob unsere üppigen Soli-Spenden geholfen haben." Gut, dachte ich, viel davon wird nicht übrig sein - nach diesem grausamen Krieg, der drei Millionen Vietnamesen das Leben gekostet hat.

Michas Vorschlag reizte mich dennoch. Vielleicht hatten Ho Chi Minhs Enkel ihre Chance besser genutzt als wir die unsere?

Als ich das Einreisevisum las, schlug mein Puls schneller. Wir brachen tatsächlich in die Sozialistische Republik Vietnam auf.

Nach 17.000 Flugkilometern landeten wir in Vietnams Hauptstadt Hanoi. Die Eintrittsformulare fragten in Englisch. Während ich grübelte, erlöste mich ein Bayer. Stolz verkündete er, in Hanoi einen Autosalon für Luxusschlitten zu besitzen, in dem der Porsche der Trabbi sei. Das fing ja verheißungsvoll an!

Am Kofferkarussell suchte ein Page des Horison-Hotels mit einem Schild nach Mister Otto und Mister Brix. Wieder dieses Englisch, das uns bis zum Abflug quälen sollte. Der Werbeprospekt unseres 5-Sterne-Hotels klärte uns über sein englisches Management auf. Na prima, nun konnte nichts mehr schiefgehen.

Das Nobelpalais ließ keine Wünsche offen. Hinter lautlos schließenden Glastüren empfing uns eine klimatisierte sterile Welt. Die tropische Hitze - Ende Februar noch 30 Grad - und der laute Straßenlärm blieben draußen. Im Foyer sammelte sich unsere TUI-Gruppe. Zufällig waren sieben aus West- und sieben aus Ostdeutschland eingeflogen. Der vietnamesische Reiseleiter begrüßte uns in lupenreinem Sächsisch, das er während seines Maschinenbaustudiums in Gorlmorxstodt erlernt hatte. Man bedauerte, daß es weder Gorlmorxstodt noch seinen Praktikantenbetrieb mehr gab. Spitzbübisch lächelnd erinnerte er an einen gewissen Hager, der sich während Mans Studienzeit hartnäckig geweigert hatte, seine Wohnung neu zu tapezieren - im Gegensatz zu den Vietnamesen, die ihre schon 1986 umzugestalten begannen, unmittelbar nachdem ihnen der Kremlchef freie Fahrt zum Neugestalten ihrer ureigenen Landesgeschicke gegeben hatte. Jedenfalls blühten die Industrien von Hanoi und Ho-Chi-Minh-Stadt und auch die Landwirtschaft seitdem auf - mit Nokia, Philips, Siemens und ...

Erst einmal schauten wir uns Hanoi an. Eine Rikschatour durch die Altstadt eröffnete den Kennenlernreigen. Mein Instinkt wehrte sich, das historische Relikt wie einer der französischen Kolonialherren zu besteigen, die nach ihrer schmachvollen Niederlage bei Dien Bien Phu endgültig aus dem Land am südchinesischen Meer vertrieben worden waren. Doch Man, unser ortskundiger Gorlmorxstädter, beruhigte mich. Die Rikscha sei längst zur touristischen Attraktion avanciert. Unsere Rikschakolonne quälte sich an Tausenden Mopeds vorbei, gegen die selbst die wenigen Luxusschlitten aus dem blauweißen Salon unseres Flughafen-Dolmetschers chancenlos blieben.

"Die Vietnamesen sind wie Kinder, sie glauben alles und essen alles", lautete einer der Lieblingssätze unseres Reiseleiters. "Sie mischen die Lehren von Konfuzius, Laotse und Buddha zu ihrer praktikablen Lebensphilosophie." "Auch unser erster Präsident, den die Fischer und Reisbauern liebevoll Bac Ho (Onkel Ho) nennen, war Anhänger der asiatischen Geistestitanen Buddha und Konfuzius", erklärte Man, als wir neben der Einsäulenpagode, einem buddhistischen Heiligtum von 1049, einen orange blühenden Bodhibaum bewunderten. Man erzählte manche Geschichte über den noch immer von der Mehrzahl der Vietnamesen verehrten Onkel Ho. Dessen selbstgewählter Name Ho Chi Minh bedeutet Der nach Erleuchtung Strebende. Ein wahrlich ungewöhnliches Bekenntnis eines Kommunisten - bedeutet doch Buddha nichts anderes als Der Erleuchtete. Ho Chi Minh gehörte als Berufsrevolutionär lange zu den Gejagten und mußte während seiner Emigrationsjahre oft seinen Namen ändern. Ho Chi Minh war sein fünfzigster und letzter Name.

Als Ho Chi Minh 1954 nach dem legendären Sieg über die Franzosen bei Dien Bien Phu als Präsident die Demokratische Republik Vietnam ausrief, sollte er die Residenz des Generalgouverneurs von Indochina beziehen. Onkel Ho war viel zu bescheiden, schenkte den Palast seinem Volke und ließ sich neben einem Karpfenteich eine Pfahlhütte bauen, in der er bis zu seinem Tode 1969 wie ein einfacher Fischer lebte.

Während wir uns unter die Besucher des Ho-Chi-Minh-Mausoleums mischten, baten wir Man, uns den Widerspruch zwischen der bombastischen Grablege und der bescheidenen Wohnhütte Bac Hos zu erklären. "Onkel Ho lehnte zeit seines Lebens Personenkult und Privilegien ab. Testamentarisch verfügte er: Teilt meine Asche in 3 Teile und bewahrt sie in 3 Keramikurnen auf, dem Sinnbild für den Norden, das Zentrum und den Süden.

Von Hanoi führte unsere Reise über 2000 Kilometer bis ins Mekongdelta. Wir erlebten die Kaiserstadt Hui, die denkmalgeschützte Stadt Hoi An, die 2000jährige Chamkultur mit der hinduistischen Tempelstadt My Son - ein zweites Angkor. Am tiefsten beeindruckten uns jedoch die Menschen, die wir durch unseren Begleiter Man kennenlernen durften. Ganz allmählich begannen wir zu begreifen, weshalb Bac Ho in Vietnam wie ein Buddha verehrt wird. Keine Stadt ohne seine Statue, kein Hausaltar und keine Pagode ohne sein Bild.

Doch auch das sei erwähnt: Obwohl es in historisch kurzer Zeit gelang, die massenhafte Armut zu besiegen, war allenthalben nicht zu übersehen, daß die Schere zwischen den einfachen Menschen und einigen Superreichen immer weiter auseinanderklafft. Neulich berichteten die Medien vom ersten vietnamesischen Dollar-Milliardär. Nicht wenige Millionäre sind Mitglied der Kommunistischen Partei, die Initiative fördert und statt jede Reißzwecke zu planen sich nur noch um die strategischen Ziele der gesellschaftlichen Entwicklung kümmert. Wo diese Entwicklung wohl münden wird? Dem nachzugehen ist schon wieder eine andere Geschichte.

Und was ist aus den Spenden - immerhin fünf Prozent des Gehaltes - geworden, die ja den Anlaß für die Reise gegeben haben? In Cu Chi sind wir fündig geworden. Dort, wo die vietnamesischen Kämpfer aus einem ausgeklügelten Tunnelsystem heraus die Amerikaner erfolgreich und ebenso listenreich bekämpft hatten, liefern heute Kautschukbäume devisenträchtiges Exportgut. Die Fachleute der Plantage sind am Tropeninstitut der DDR ausgebildet und die Setzlinge von unseren Spenden angeschafft worden. Und vielleicht waren auch unsere Spenden ein kleiner Beitrag zum Sieg der vietnamesischen Volksarmee über die amerikanischen Aggressoren.

Dr. Karl-Heinz Otto, Potsdam

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Der 8. Mai muß als "Tag der Befreiung" zu einem Nationalen Gedenktag gemacht werden!

Der zweite Weltkrieg stellt ein Menetekel dar, ein Warnungszeichen an die gesamte Menschheit, den Weg des hemmungslosen Machtkampfs und der schrankenlosen Zerstörung zu beenden. Auf drei Kontinenten wurde von 1939 bis 1945 mit bis dahin nicht erlebter Rücksichtslosigkeit gegenüber jedem menschlichen Leben von dem verbrecherischen deutschen NS-Staat und seinen Verbündeten ein Eroberungskrieg geführt, dessen Ziel Ausrottung und Unterwerfung anderer Nationen und rassistisch ausgegrenzter Gruppen war.

Über 50 Millionen Menschen verloren ihr Leben - zum Ende zeigten die Atombombenexplosionen in Hiroshima und Nagasaki, daß nun die Mittel zur völligen Vernichtung der Menschheit den Militärmächten zur Verfügung standen. Wer aus seiner Geschichte nicht lernt, ist verurteilt, solche Verbrechen und selbstverschuldeten, ungeheuren Katastrophen erneut zu erleben.

Deutschland ist seit dem Kosovo-Krieg über Afghanistan und nun Syrien auf einem verhängnisvollen Weg der Verleugnung seiner entsetzlichen Kriegsgeschichte. Die "Enttabuisierung des Militärischen" (Gerhard Schröder) ist weit vorangeschritten. Der historischen Amnesie muß im Interesse unserer Zukunft entschieden entgegengetreten werden. Deswegen werden wir uns dem Vergessen entgegenstellen, und unsere Forderung auch weiter vertreten: den 8. Mai als "Tag der Befreiung" zu einem Nationalen Gedenktag zu machen.

In anderen am Zweiten Weltkrieg beteiligten Staaten wird der Jahrestag des Kriegsendes in Europa als Feiertag begangen, so in Frankreich, Tschechien und der Slowakei, in den Niederlanden (am 5. Mai), in Italien (am 25. April). In der Sowjetunion wurde am 9. Mai der Tag des Sieges begangen - in der DDR war übrigens seit 1950 der 8. Mai gesetzlicher Feiertag zum Gedenken an den Sieg über den Faschismus. Und warum wurde und wird in NATO-Deutschland dieses geschichtsträchtige Datum verdrängt?

Für uns gilt die denkwürdige Klarstellung des damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker, der am 8. Mai 1985 sagte: "Der Blick ging zurück in einen dunklen Abgrund der Vergangenheit und nach vorn in eine ungewisse dunkle Zukunft. Und dennoch wurde von Tag zu Tag klarer, was es heute für uns alle gemeinsam zu sagen gilt: Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung. Er hat uns alle befreit von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft."

Heute droht unser Geschichtsbild überschattet zu werden von einem erneuerten Feindbild gegen Rußland, dem Kern der früheren Sowjetunion, die mit 27 Millionen Toten die größten Opfer für die Befreiung Europas vom Faschismus gebracht hatte.

Wir brauchen den Gedenktag auch zur Mahnung an die Befreiung von Kriegspropaganda, die im Kern von Rassismus, Streben nach Dominanz über abhängige Staaten und Eroberung von Ressourcen angetrieben wurde. Die Kontinuitäten der heutigen Politik sind bedrohlich, die Erinnerung an die Verbrechen des Zweiten Weltkriegs und zugleich die Aufdeckung seiner Ursachen ist ein wichtiges Element einer friedensfähigen Zukunft.

Mit Willy Brandts Worten "Vom deutschen Boden darf nie wieder ein Krieg ausgehen" halten wir uns an das Grundgesetz Art. 26 und widersprechen der Geschichtsvergessenheit aktueller deutscher Politiker, die von wachsender Verantwortung Deutschlands reden und direkt oder indirekt militärisches Eingreifen in fremden Ländern meinen, immer wieder unter Bruch des Völkerrechts.

Wir begründen unsere Forderung im Sinne des Schwurs der Häftlinge von Buchenwald bei ihrer Befreiung:

"Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel."

Dortmunder Friedensforum, VVN-BdA,
Bündnis Dortmund gegen rechts

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9. Mai - Aktion "Unsterbliches Regiment"

An der Aktion "Unsterbliches Regiment" haben am 9. Mai weltweit viele Millionen Menschen teilgenommen. Nicht nur in Rußland und anderen ehemaligen Sowjetrepubliken ist das Interesse an der Aktion groß, bei der am Tag des Sieges die Porträts gefallener Vorfahren gezeigt werden, sondern auch in Frankreich, Polen, Deutschland, den USA und Kanada.

In Donezk versammelten sich 30.000 Menschen zur Aktion.


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

- Am Sowjetischen Ehrenmal, Berlin, Straße des 17. Juni

- Im dagestanischen Dorf Tschinar bei Derbent trugen die Teilnehmer der Aktion "Unsterbliches Regiment" Fotos ihrer Großväter und russische Fahnen mit sich.

- In Omsk sind mehr als 30.000 Einwohner mit Bildern ihrer Vorfahren auf die Straße gegangen, um sie am 71. Jahrestag des Sieges im Großen Vaterländischen Krieg zu ehren.

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Der Sprößling aus dem Treptower Park

Im Sommer 2009 folgte ich einer seit langem ausgesprochenen Einladung nach Kaliningrad. Oft schon hatte ich Viktoria Briefe geschrieben und von ihr Briefe erhalten, wir hatten telefoniert und gegenseitig Grüße ausgetauscht. Ich freute mich sehr auf unser bevorstehendes Wiedersehen.

Im April 2005 hatten wir uns kennengelernt. Damals war ich von der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück als Betreuerin für die russischsprechenden Gäste eingesetzt worden. Die Gäste waren ehemalige Häftlinge des Frauenkonzentrationslagers. Viele darunter sind während des Krieges aus sowjetischen Dörfern und Städten verschleppt oder bei Kämpfen gefangengenommen worden. Über Sammellager und andere Konzentrationslager hat man sie schließlich nach Fürstenberg verbracht. Anläßlich der Feierlichkeiten zum 60. Jahrestag der Befreiung fand an einem Abend ein Treffen einstiger Kinderhäftlinge statt. Viktoria gehörte zu ihnen. Sie wurde am 29. August 1944 im Frauenkonzentrationslager Ravensbrück geboren.

Damals, 2005 und auch 2007, als ein zweites Treffen stattfand, an dem Viktoria in Begleitung ihrer Schwester Katja teilnahm, lernte ich zwei wunderbare Menschen kennen. Vika, wie ich sie alsbald nannte, war sehr zurückhaltend, bescheiden, höflich und hielt sich immer etwas im Hintergrund des Geschehens. Sie ist sehr intelligent, hat, wie ich später erfuhr, als Mathematiklehrerin gearbeitet. Die unmenschlichen Bedingungen im Lager haben jedoch ihre Gesundheit ruiniert. Noch weit vor dem Rentenalter war sie gezwungen, ihre Arbeit aufzugeben.

Wir beide kamen jedoch schnell ins Gespräch. Viele Frauen, auch die deutschen Gäste, hatten eine Menge Fragen an sie, wollten, daß Viktoria ihnen etwas über ihre Mutter, Jelisaweta Nikolajewna, und über ihren Vater, Wassili Iossifowitsch Tschernow, erzähle. Mit großem Interesse hörten wir ihren einfachen Worten zu. Ihre Aufregung bei den verschiedenen Interviews war zu spüren. Unsere Unterhaltungen auf den Wegen zu den einzelnen Veranstaltungen, bei Spaziergängen durch die Stadt und bei Exkursionen ins Umland waren ungezwungen, herzlich, einfach so, als ob man sich schon sehr lange kennen würde.

Nun stand meine Reise zu Vika und ihrer Familie bevor. Ich wußte, daß ihr Vater Wassili Tschernow in der Roten Armee gekämpft hatte und mit seinen Truppen bis nach Deutschland vorgerückt war. Am 8. Mai 1945 stand sein Bataillon unweit der Ortschaft Grabow, nur wenige Kilometer von dem Ort entfernt, wo seine Frau und Tochter schreckliche Tage und Monate im Konzentrationslager erleiden mußten und überlebt hatten! Damals wußte Wassili Tschernow jedoch nicht, daß sie ihm so nah waren. In seinen Büchern und Essays, wie "Der erste Monat nach dem Krieg" und "Selbstbekenntnis einer Frontkämpferin" schildert er seine Erlebnisse von der Front, berichtet er über seine Frontkameraden und widmet einen großen Teil seiner geliebten Frau Jelisaweta Nikolajewna. Ich wollte Wassili Tschernow mit einem kleinen Geschenk eine besondere Freude bereiten. Daher fragte ich Vika, was ich einem Mann wie ihrem Vater, einem Veteranen des Großen Vaterländischen Krieges, als Geschenk mitbringen könne. Obwohl schon längst Rentner, nimmt er noch immer Aufgaben im örtlichen Forstministerium wahr und arbeitete oft im Wald. Meine Frage an Vika war: "Soll ich ihm vielleicht eine Säge mitbringen?" Ihre Antwort lautete: "Nein, keine Säge, Papa pflanzt hauptsächlich Bäume, er fällt sie nicht!"

Ich dachte nach und kam auf die Idee, zum sowjetischen Ehrenmal nach Treptow zu fahren - vielleicht fand ich unter den Platanen, die rings um das Ehrenmal am Wege stehen, einen Sprößling, nahe am Stamm eines großen Baumes. Zweimal ging ich die Wege links und rechts der Anlage entlang. Und ich hatte Glück, ich hatte schon fast die Hoffnung aufgegeben. Ein kräftiger Sprößling hatte es geschafft Wurzeln zu schlagen und Blätter auszubilden. Es war nicht einfach, ihn aus dem Boden zu ziehen.

Nun wächst er in russischer Erde zu einem - wie ich hoffe - starken Baum heran, zu einem Baum der Freundschaft zwischen den Menschen unserer beiden Länder, zu einem Baum des Friedens zwischen unseren Völkern.

Cilly Winter, Hamburg

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Gedenken an eine fliegerische Heldentat

Die Freundschaft zur Sowjetunion war vielen DDR-Bürgern eine Herzenssache. Unter dem Schutz der Soldaten der Roten Armee erlebten wir eine Zeit des Friedens, welcher heute an vielen Stellen der Welt gestört ist.

Am 6. April jährte sich zum 50. Mal der Absturz zweier sowjetischer Flieger, deren Flugzeug über Westberlin eine Havarie hatte. Die Triebwerke setzten aus, wodurch das Flugzeug flugunfähig wurde.

Innerhalb von Sekunden mußten Hauptmann Boris Wladislawowitsch Kapustin und Oberleutnant Juri Nikolajewitsch Janow eine Entscheidung treffen. Der ihnen erteilte Befehl, die havarierte Maschine zu verlassen, brachte beide in Gewissenskonflikte. Sie sahen das gewaltige Häusermeer von Westberlin vor und dann unter sich. Im weiteren Sinkflug erkannten sie einen von Trauernden besuchten Friedhof. Der Absturz hätte unter ihnen und anderen Einwohnern der Stadt ein furchtbares Inferno angerichtet. Sie hielten die Maschine noch kurze Zeit in der Luft und stürzten sich dann, ihr Leben opfernd, in den Stößensee.

Über die seither vergangenen Jahrzehnte geblieben ist die Anerkennung der Leistungen der Flieger, die Pflege der Freundschaft zu ihren Familien. Geblieben sind auch die jährlichen Gedenkfeiern gemeinsam mit den Familien in Rostow am Don und anderswo.

Bei der diesjährigen Feier der Regionalgruppe Eberswalde der Brandenburgischen Freundschaftsgesellschaft sprach deren Vorsitzender, Waldemar Hickel, und zeigte einen Film. Sein Dank galt auch der Witwe Boris Kapustins für die Pflege ihrer Freundschaft zu uns. Ihrer "Botschafterin" Nonna Iwaschtschenko aus Rostow/Bernau übergaben die Gäste den Auftrag, herzlichste Glückwünsche an Galina Kapustina anläßlich ihres 81. Geburtstages zu überbringen. Der Höhepunkt des Tages war die Einweihung einer neuen Gedenktafel auf dem Garnisonsfriedhof Eberswalde zur Erinnerung an die Heldentat der Piloten.

Teilnehmer und Fliegerkameraden berichteten über gemeinsame Erlebnisse mit den Fliegern und stellten dabei fest, es seien keine Beispiele bekannt, wo NATO-Flugzeuge den Schutz der Zivilgesellschaft über die Erfüllung ihres Kampfauftrages stellten.

Karl Diedrich, Eberswalde

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Rudi Kurz: Hamlet

(Folge 3 und Schluß)

Der große Saal füllte sich rasch mit weit mehr als tausend deutschen Kriegsgefangenen. Kopf an Kopf drängten sie sich auf den selbstgefertigten rauhen Holzbänken.

Punkt 15 Uhr verstummte das Gemurmel, als der sowjetische Lagerkommandant, ein älterer Oberstleutnant, das linke Bein leicht nachziehend, in Parademontur mit vielen Orden und Ehrenzeichen geschmückt, den Raum betrat. Alle standen auf. Wir sahen diesen Mann, der unmittelbar für uns alle verantwortlich war, zum ersten Mal.

Begleitet war er von einer ganzen Kavalkade von Offizieren und zum Teil auch weiblichen uniformierten Mitarbeitern. Alle nahmen in der mit Stühlen bestückten ersten Reihe Platz. Gespannte Stille in dem Riesenraum.

Durch den stilisierten Vorhang trat Alwin Schock, sah einen Augenblick fast erschrocken in den vollen Saal und sprach dann langsam und mit sehr deutlicher innerer Anteilnahme das Gedicht von Erich Weinert über Ernst Thälmann "Hoch die Faust!" Der erste Beifall war noch verhalten. Dann folgte unser kleiner Chor mit den beiden Liedern "Dem Morgenrot entgegen" und "Kalinka" in Russisch. Im Saal machte sich schon eine leichte Lockerheit breit. Dann sprach Walter Flagge zum ersten Mal über den Tag der Befreiung und gratulierte der Sowjetunion zum Sieg über den Faschismus. Er streifte dann einige Minuten die Weltlage und die ersten politischen Spannungen zwischen den USA und der Sowjetunion. Hinter der Bühne bekamen wir wenig davon mit, da wir unter dem hohen Druck des Lampenfiebers standen und unruhig wie Pferde vor dem Start auf unseren Auftritt warteten. Martin Ritzmann hörte ich noch, der auf Russisch die Arie sang: "Wohin, wohin bist du entschwunden?" (aus Tschaikowskis "Eugen Onegin"). Das war schon etwas, was die Leute da unten anging. Heftiger Applaus und erste Rufe.

Dann erläuterte Hermann mit kurzen, aber prägnanten Worten die Geschichte des Hamlet und die bedauerlichen Einschränkungen unserer Darbietung. Neugierde und angespannte Stille.

Dann trat Rainer Blum auf, schon in Maske und Kostüm von Hamlets Freund Horatio. Rainer war der erfahrenste Schauspieler von uns allen. Und der beste. Ruhig und fast gelassen blickte er in den weiten Raum, wartete einige Sekunden und begann dann langsam, fast nachdenklich mit den weltbekannten Worten: "Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage ­..." Wir standen hinter dem Vorhang, schon bereit zu unserem eigenen Auftritt.

Nie in meinem ganzen Leben hörte ich diese Worte besser, eindringlicher und wahrhaftiger als jetzt. Wir spürten, daß Rainer alle, die unten saßen, im emotionalen Griff hatte. Die Spannung löste sich, und wir wußten, es konnte nichts mehr schiefgehen.

Rainer endete mit der Anklage: "... so macht das Gewissen Feige aus uns allen."

Bevor Beifall einsetzen konnte, öffnete sich der Vorhang zur Friedhofsszene. Zwei Totengräber schaufelten ein Grab und machten bittere Witze über die alten, gebleichten Gebeine, die sie nach oben warfen. Erste Lacher im Publikum.

Da trete ich mit Horatio auf, und bevor die Unterhaltung mit den beiden Arbeitern ins skurril Makabre abgleitet, soll ich den nach oben geförderten Schädel aufheben, und in ihm den Kopf des Narren erkennen, der stets den Königshof zu unterhalten hatte. Gedankenvoll wiege ich den blanken Schädel in meiner Hand: "Armer Yorick - wo ist jetzt dein Witz, wo sind deine Schwänke und Lieder, deine Sprünge und Tänze ...?"

Bei den letzten Worten sollte ich den Schädel in meiner Hand leicht tanzen lassen - und da passierte es. Der Kopf des toten Narren fiel mir aus der Hand über die aufgeworfene Erde, rutschte über den Rand der Bühne und rollte ungebremst bis zur ersten Reihe fast vor die Füße des Oberleutnants, unseres Lagerchefs. Einige erschrockene Laute aus den Reihen, dann Totenstille. Mit einer hilflosen Geste stand ich reglos am Bühnenrand und starrte nach unten.

Ich war nicht fähig zu reagieren. Wie auch?! Tausend Gedanken jagten mir durch den Kopf. War das Leichtsinn, bitterer Hohn oder gar Provokation? Was folgte jetzt nach dieser Blamage für uns alle? Unverzeihlich meine Schuld und mein Versagen. Während ich noch wie gelähmt stand, wollte einer der Offiziere den Schädel aufnehmen, doch mit einer Geste hinderte ihn der Chef. Er bückte sich, nahm den Schädel vorsichtig auf, wog ihn in der Hand und betrachtete ihn einen Augenblick sinnend und sagte wie fragend: "War er ein Soldat?" Deutsch oder Russisch? Dann ging er langsam die zwei Schritte zur Bühne, reichte ihn mir nach oben und meinte mahnend: "Osteroshno, Gamlet, on byl tschelowek!" (Vorsicht, Hamlet, er war ein Mensch!) Ich flüsterte verlegen: "Spasibo, gospodin kommandant. Iswinitije, poschalista." (Vielen Dank, Herr Kommandant. Entschuldigen Sie bitte!) Mit einem winzigen Anflug von verzeihendem Lächeln sagte der Mann, der vom Alter her mein Vater hätte sein können: "Igraj dalsche, Gamlet!" (Spiel weiter, Hamlet!) Damit setzte er sich wieder. Ich weiß heute nicht mehr, mit welchen Empfindungen wir die Vorstellung zu Ende spielten. Der heiße Wunsch, die sträfliche Panne wiedergutzumachen, beflügelte uns, und wir spielten uns die Seele aus dem Leib.

Auf der kleinen Bühne wurde geliebt und gehaßt, wurden Intrigen gesponnen, wurde gefochten, sich gegenseitig vergiftet, betrogen und erstochen, bis das Blut floß und der Boden nur noch von Leichen bedeckt war.

Trotz der hohen Konzentration, die mein Spiel erforderte, drängte sich mir plötzlich im Unterbewußtsein der Gedanke auf, ob es nicht Wahnsinn sei, was wir hier taten. Hatten wir nicht gerade Jahre von Blut und Haß, von Zerstörung und Mord hinter uns? War der Schädel, der Totenkopf an Mütze und Uniform, nicht Symbol einer mörderischen SS? Mußten wir uns für einen solchen Irrwitz wie diese Aufführung hergeben?

Urplötzlich traf mich der Gedanke, daß es auch mich selbst betraf, das kleine Rädchen im mörderischen Räderwerk. Uns alle, die wir hier waren, auf der Bühne, und unsere unten sitzenden Landser, die der Handlung atemlos folgten, wie wir es nie erwarteten. Zur Schuld gehört die Sühne.

Möglich, daß bei dem einen oder anderen ein ähnlicher Gedankengang einsetzte wie bei mir, der ich tödlich verletzt auf dem Bühnenboden lag und Hamlets letzte Worte aushauchte: "Der Rest ist Schweigen."

Es war lange still. Dann setzte zögernder Beifall ein. Verhalten, aber doch - wie wir empfanden - respektvoll und nachdenklich. Die Wirkung war, auch noch nach Tagen nachhaltiger, als wir hoffen durften.

Der Weg von Shakespeares "Hamlet" bis zu Gorkis "Ein Mensch, wie stolz das klingt" und zu Majakowskis "Oktoberpoem" war weit und beschwerlich. Für manche dauert er bis heute. Der Tag der Befreiung am 8. Mai gehörte zum politischen Feiertagsstandard in unserem Land, der DDR. In der Bundesrepublik war er von Anfang an der Tag der Kapitulation, der Schande und der Niederlage. Es dauerte Jahrzehnte, bis die Wahrheit und die politische Einsicht zu des Präsidenten Richard von Weizsäckers öffentlich geäußertem Diktum führte: "Der 8. Mai 1945 war ein Tag der Befreiung. Er hat uns alle befreit von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft."

Um so mehr ist aber die folgende Tatsache nicht nur tief bedauerlich, sondern auch außerordentlich beschämend: Die Einladung der russischen Regierung zur Feier des 70. Jahrestages des Sieges über Nazideutschland wurde von der deutschen Bundeskanzlerin brüsk abgelehnt. Ein Affront, der allen diplomatischen Gepflogenheiten Hohn spricht und für viele Deutsche lange Zeit ein unehrenhafter Eklat sein wird.

Daß unsere Theateraufführung damals eine gewisse Nachhaltigkeit hatte, merkte ich daran, daß ich noch lange, wo ich auch auftauchte im Lager, mit freundlicher Ironie "Gamlet" gerufen wurde.

Rudi Kurz

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Der Nannen-Preis - eine ehrenhafte Auszeichnung?

Am 28. April fand die diesjährige Verleihung des Nannen-Preise (früher Henri-Nannen-Preis) statt.

Ort der Veranstaltung war das Curio-Haus in Hamburg, und verliehen wurde ein Preis, mit dem dessen Stifter - das Verlagshaus Gruner+Jahr sowie der von ihm herausgegebene "Stern" - "den Qualitätsjournalismus im deutschsprachigen Raum fördern und pflegen" wollen. Benannt ist der Preis nach Henri Nannen (1913-1996).

Nannen war Verleger und Publizist, langjähriger Herausgeber und Chefredakteur der Zeitschrift "Stern". Im Zweiten Weltkrieg diente Henri Nannen als Kriegsberichterstatter bei der Luftwaffe in der Propagandakompanie, und zwar (soweit bekannt) in der Abteilung "Südstern" der SS-Standarte "Kurt Eggers" (Schriftsteller und NS- Kulturpolitiker). Um das Bild des Namensgebers zu verdeutlichen noch eine kurze Erklärung zu der "Propagandakompanie": Diese Kompanie war eine Truppengattung der Wehrmacht und der Waffen-SS, die der Amtsgruppe für Wehrmachtpropaganda im Oberkommando der Wehrmacht unterstellt war, mit dem Auftrag der Beeinflussung von Zivilbevölkerung, Soldaten sowie Hitler-Gegnern. Eine Beeinflussung, die Kriegsbegeisterung, Feindbilder und Rassenhaß aufbaute, entwickelte und schürte. Der grausame Tod unzähliger Soldaten auf fremder Erde wurde zur Heldentat für das Vaterland umgefälscht.

Für die vielschichtigen Mittel, mit denen dabei im Faschismus gearbeitet wurde, mag der Bildband des Journalisten Eric Borchert von 1941 "Entscheidende Stunden. Mit der Kamera am Feind" stehen. Auf das Ende des "Westfeldzuges" im April 1940 zurückblickend, notierte Borchert: "Und wenn ich nun, unter dem Himmel Südfrankreichs, zurückdenke, dann fühle ich noch einmal diese erregenden Stunden, diese Stunden der Entscheidung, die ich miterleben durfte. Die Kamera hielt sie fest. ... sie dokumentierte, sie schrieb das auf, was der Führer befohlen hatte. ... Die Kamera ist eine Waffe geworden, ein Instrument des Kampfes in der Hand von Soldaten. Denn sie ist überall dabei, wo es um Deutschland und um seinen Kampf geht." Den Ausgang des Ersten Weltkriegs empfand dieser Journalist als eine Schmach - wie Hitler, der "... gegen Lüge und Verleumdung eine Waffe (schuf) - die Wahrheit! Die Propagandakompanien der Wehrmacht sollen sie künden. Sie führen den Krieg mit ihren Waffen, mit der Schreibmaschine, der Foto- und Filmkamera und dem Mikrofon."

Die Frage, warum ein Preis, mit dem in der heutigen Zeit journalistische Leistungen in Kriegsgebieten gewürdigt werden, nach einem Mann wie Nannen benannt wird, stellt sich mir in diesem immer kriegerischer werdenden Land nicht wirklich.

Mich bewegt vielmehr die Frage, weshalb der syrische Fotograf Hosam Katan aus Aleppo, der bei seiner Arbeit von einem Schützen verletzt wurde und nach Deutschland floh, bei der diesjährigen Honorierung einen Preis entgegennahm. Die Beweggründe der Jury, die Worte des "Stern"-Chefredakteurs Christian Krug oder die Laudatio Frank-Walter Steinmeiers - das alles ist nicht mein Thema.

Es ist nicht anzunehmen, daß Hosam Katan die Biographie des Namensgebers kennt, aber dennoch stellen sich weitere Fragen: Sind diesem syrischen Fotografen denn die Ursachen und Hintergründe des Krieges in seiner Heimat nicht bekannt? Weiß er nicht, wer Waffen, Kapital etc. liefert bzw. zur Verfügung stellt? Hat er keine Kenntnis davon, in wessen Interesse dieser Krieg stattfindet und mit welchem Ziel er geführt wird? Sah er noch nie, in welcher Weise Bilder aus Kriegsgebieten manipuliert und propagandistisch, auch als Rechtfertigung für einen Krieg, mißbraucht wurden und werden? Dachte er nie über seine Auftraggeber und deren Hintergründe und Motivation nach?

Es ist doch mehr als grotesk, wenn ein Bildreporter - aus einem Land kommend, in dem mit deutscher Unterstützung Krieg geführt wird - in diesem Deutschland einen Preis entgegennimmt, der den Namen eines Mannes trägt, der seine Arbeit während des dritten Reiches in den Dienst des faschistischen Deutschlands stellte und damit zur Rechtfertigung des Zweiten Weltkriegs, zur Verherrlichung des "Heldentodes" und zum Durchhalten im eigenen Land, in den Rüstungsbetrieben und an der Front beitrug.

Ganz anders ein Preisträger des Nannen-Preises 2014: der in Berlin im Exil lebende Internet-Aktivist und Edward-Snowden-Vertraute Jacob Appelbaum, der einige Tage nach Erhalt dieses Preises verkündete, er werde seinen Preis - eine Büste Nannens - mit Hinblick auf die Vergangenheit dieses Mannes einschmelzen und umwidmen lassen. Appelbaum sagte, ein eventuelles Preisgeld werde er zwei antifaschistischen Gruppen spenden.

Beate Wesenberg-Schlosser, Berlin

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Gedenkorte für die Opfer des Faschismus und Militarismus

In den letzten Wochen des 2. Weltkriegs haben Feldgendarmen kriegsmüde Soldaten, die ihre Waffen weggeworfen hatten und auf dem Weg nach Hause waren, aufgegriffen und als abschreckende Beispiele im nächstgelegen Ort erhängt. An vielen dieser Plätze wurden bereits kurz nach Kriegsende Gedenktafeln angebracht. Im Westen Deutschlands dürften diese Denkzeichen spätestens mit der Gründung der Bundeswehr samt und sonders beseitigt worden sein.

Nicht so in der DDR. Dort galten die hingerichtete Wehrmachtsoldaten zu Recht als Opfer des Faschismus und Militarismus und wurden mit Gedenktafeln geehrt. Es existieren noch etwa ein Dutzend Stätten dieser Art in Ostdeutschland, deren ursprüngliche Widmung bewahrt wurde, so in Dresden, Löbau, Dippoldiswalde und Sangerhausen. Sie sind inzwischen als die ersten deutschen Erinnerungsorte für Opfer der NS-Militärjustiz, die erhalten geblieben sind, anerkannt.

René Senenko von der Willi-Bredel-Gesellschaft versucht, bis heute unbekannte Gedenkorte in Ostdeutschland ausfindig zu machen. Wer Hinweise geben kann, schreibe an René Senenko, PF 3460, 22827 Norderstedt (Email: senenko@gmx.de, Tel.: 040-32593086).

www.feindbeguenstigung.de
(Deserteursdenkmäler/ Gedenkorte in der DDR)

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Theo Shall oder Die stille Sprache des Scheiterns

He was a damned good looking guy! He was an actor and a moviestar. (Er sah verdammt gut aus! Er war ein Schauspieler und Filmstar.)

Ja, das alles war er, dieser Deutsch-Amerikaner, für den ich ihn immer hielt. Als ich ihn 1946 kennenlernte, hatte er zwar schon ein halbes Jahrhundert und zwei Jahre darüber auf dem Buckel, wobei ihm die letzten vierundzwanzig Monate besonders hart zugesetzt haben dürften, als ihm klar gewesen sein mußte, daß es der größte Fehler seines Lebens war, Ende Februar 1931 Hollywood den Rücken zu kehren.

Eigentlich hätte er den bühnenwirksamen Geburtsnamen William Guldner beibehalten können, mit dem er als Artilleriesoldat in Kaiser Wilhelms Armee gegen Frankreich in den Krieg gezogen war, als seine Geburtsstadt Metz noch zu Deutschland gehörte. Aber nach dem verlorenen Krieg 1919 hatten in Metz die Franzosen das Sagen und nahmen übel. Obwohl zweisprachig an der Seite deutschfranzösischer Eltern aufgewachsen, mußte er die Stadt verlassen und nahm offensichtlich nun auch übel. Da war er inzwischen sechsundzwanzig, gefiel sich im Zustand der Staatenlosigkeit, wandte sich einer Branche zu, die jung war wie er, und wirkte fortan unter dem Künstlernamen Theo Shall.

Bereits 1920 taucht er in dem Stummfilm "Die Hand des Würgers" auf. Auch auf den Programmzetteln Berliner Bühnen ist er namentlich festgehalten. Drei Spielzeiten war er am Volkstheater in Wien engagiert. 1928 verzeichnet ihn das Schauspielhaus Zürich als Schauspieler und Regisseur, und zusätzlich zu seinem Filmdebüt waren es schon vier weitere Filme, in denen er mitgewirkt hatte.

Dann begann das Jahr 1930. Der Stummfilm war tot. Die kurze Werbezeile von MGM lautete: "Die Garbo spricht!" Und der Film, in dem sie das zum ersten Mal tat, hieß "Anna Christie", gedreht nach Eugene O'Neills Broadway-Erfolg. Ein Film, der dem Kinopublikum in den deutschsprachigen Ländern Europas nicht vorenthalten werden sollte. Grund genug, etwas Neues auszuprobieren: keine deutschen Untertitel mehr, sondern gleich nach Drehschluß der englischen Fassung am selben Drehort die deutsche Version gedreht. Partner der Garbo: Theo Shall.

Von dieser einmaligen Produktionsweise hörte ich erst sechzehn Jahre danach im Spätsommer 1946 im zerbombten Berlin.

Shall war Chef des Ensembles "The English Repertory Players", und ich bewarb mich um die Rolle des Apothekergehilfen Fleurant im Molière-Stück "The Imaginary Invalid" (Der eingebildete Kranke). Mein Englisch war einigermaßen gefestigt, bereichert durch eine fünfmonatige Dolmetschertätigkeit in Wien an der Seite eines texanischen US-Kasinochefs, dessen Wünsche ich den österreichischen Köchen zu vermitteln hatte.

Und so kam es, daß mich Theo Shall schon nach meinen ersten Sätzen unterbrach und fragte, wo ich mein Pferd hätte. "Was für ein Pferd?", fragte ich zurück. "Na, mit dem Sie aus Texas angeritten sind." Und dann sprach er mir den Satz vor, wie er einem englischen Publikum zuzumuten war. Und als ich den Satz wunschgemäß und offenbar korrekt wiederholte, war er zufrieden und ich damit engagiert.

Vorgesehen war eine Tournee innerhalb der britischen Besatzungszone für britische Truppen, worüber ich mir eigentlich hätte Gedanken machen müssen. Schließlich hatte Shall in deutschen Propagandafilmen mitgewirkt, die nach der Stunde Null unter alliierter Militärzensur standen. Sein Gesichtsschnitt - very british - eignete sich hervorragend zur Darstellung englischer Marineoffiziere. Text der administrativen Anweisung 1946: "Um ein Fortwirken der nationalsozialistischen Filmpropaganda zu unterbinden, sind Filme mit diesen Merkmalen zur öffentlichen Aufführung nicht mehr zugelassen." Dennoch vertraute ich den langjährigen Kontakten, die Shall mit englischen und amerikanischen Filmgesellschaften hatte, ließ keine Düsternis zu, ich war neunzehn und froh, einen Job zu haben.

Dann kam der Zeitpunkt, an dem die Tournee hätte beginnen sollen; doch statt eines Publikums war lediglich Theo Shall erschienen, um dem Ensemble mitzuteilen, daß laut Order aus dem Headquarter der British Army in Bad Oeynhausen die Tournee abgesagt sei.

Keine Ahnung, ob die Schauspieler eine Abstandssumme für die absolvierten Proben forderten und vielleicht erhielten. Ich forderte nichts und bekam auch nichts.

Anfang Dezember 1934 hatte Shall seiner Staatenlosigkeit wegen England verlassen müssen. 1936 hatte sich Hitlerdeutschland anläßlich der Olympiade weltoffen gezeigt. Dem Angebot, ein "Internationales Theater" in Berlin gründen zu dürfen, mit einem Repertoire fremdsprachiger Stücke, hatte Shall offenbar nicht widerstehen können. Dieser dem Kulturbund angegliederte "Theaterverein Englische Bühne" existierte nur drei Jahre. Mit Kriegsbeginn verbot Goebbels diese Tätigkeit, und Shall sah sich genötigt, der Propagandafabrik in Babelsberg zu dienen.

Daß er sich nach dem Krieg dem Deutschen Theater in Ostberlin und erneut Babelsberg zuwandte, wo die DEFA seit dem 17. Mai 1946 das Sagen hatte, könnte er als Wiedergutmachung verstanden haben.

Theo Shall starb im Alter von 59 Jahren nach langer schwerer Krankheit am 4. Oktober 1955 in Berlin.

Lutz Jahoda



DEFA-Filme, in denen Theo Shall mitspielte:

  • Zugverkehr unregelmäßig (1951)
  • Roman einer jungen Ehe (1952)
  • Geheimakten Solvay (1952)
  • Kein Hüsung (1952)
  • Jacke wie Hose (1953)
  • Ernst Thälmann - Sohn seiner Klasse (1953)
  • Gefährliche Fracht (1954)
  • Stärker als die Nacht (1954)
  • Der Fall Dr. Wagner (1954)
  • Heimliche Ehen (1955)
  • Hotelboy Ed Martin (1955)
  • Ernst Thälmann - Führer seiner Klasse (1955)

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Der kleine Fuchs und die Elfenbeintürme

"Mama, was ist ein Elfenbeinturm?", fragt der kleine Fuchs. "Der Elfenbeinturm ist Phantasie, es gibt ihn nicht wirklich. Wer im Elfenbeinturm lebt, befaßt sich mit eigenen Gedanken, wobei er die tatsächliche Welt vergißt und sich seine eigene macht. Wie kommst Du darauf?"

"Unser Vetter, der Löffelhund-Großohrfuchs, hat erzählt, daß in Kenia Elfenbeintürme gebrannt haben." "Das ist leider wahr und eine ganz traurige Geschichte. Dort haben tatsächlich Türme aus Elfenbein gebrannt."

"Was ist Elfenbein?" "Du hast doch im Tierpark Elefanten gesehen?" "Ja, sie waren riesig groß, haben gerade gefressen, mit dem Rüssel ganze Heubüschel gegriffen und sich ins Maul gestopft. Manche hatten dicke lange Stoßzähne." "Und diese werden ihnen in ihrer Heimat zum Verhängnis", erklärt die Mutter. "Wegen dieser Zähne werden sie von Wilderern verfolgt, gejagt und erschlagen. Man bricht sie ihnen aus, um sie als wertvolles Elfenbein zu verkaufen. Die Elfenbeintürme in Kenia, von denen der Vetter erzählt hat, waren meterhohe Scheiterhaufen aus aufgetürmten Stoßzähnen von ungefähr achttausend Elefanten. Sie wurden erschossen oder erschlagen. Die toten Körper ließ man einfach liegen."

"Wegen der Zähne? Das ist ja schrecklich. Kann man nichts dagegen tun?" "Die Tiere leben in Maasai Mara, einem Naturschutzpark in Kenia. Wildhüter versuchen, sie zu schützen. Aber nachts kommen Banditen, erschießen die Elefanten und nicht selten auch die Menschen, welche sie daran hindern wollen. Wenn man diese Gauner nicht stoppen kann, wird es dort in zehn Jahren keine Elefanten mehr geben.

Natürlich ist ein lebender Elefant wertvoller als seine Zähne. Das sieht die Regierung des Landes genauso, nicht aber die Elfenbeinjäger, die damit unvorstellbar viel Geld verdienen. Sie beschaffen Waffen, rüsten damit Terrorgruppen aus, schüren bewaffnete Kämpfe, um möglichst ungestört ihre Untaten ausführen zu können."

"Wer kauft ihnen das Elfenbein ab?", fragt der Kleine. "Es gibt besonders in Asien ganze Banden von Schleichhändlern, die daran verdienen. Sie lassen aus dem Elfenbein religiöse Gegenstände, Schmuck, Kunstschnitzereien anfertigen, die das sogenannte weiße Gold noch wertvoller machen."

"Und was haben die davon?" "Sie verkaufen es teuer weiter, weil es Menschen gibt, bei denen es seit Jahrhunderten so üblich ist, Elfenbeinschätze zu besitzen und sich damit Ansehen und Geltung zu verschaffen."

"Ganz schön dumm! Ich dachte Beachtung bekommt der Mensch durch Anstrengung und Leistung." "Ja, aber Reichtum und Macht sind große Verführer. Und jahrhundertealte Sitten und Gewohnheiten sind nicht leicht zu überwinden. Denk nur, wie schwer es ist, den Walfang und die Delphinjagd abzuschaffen, oder wie an vielen Orten der Welt religiöse Traditionen ausgenutzt werden, um Völker aufeinanderzuhetzen. Immer geht es dabei um Macht und Geld!"

"Geld?", fragt der kleine Fuchs nach, "war es dann richtig, das viele Elfenbein zu verbrennen? Es soll einen Wert von 150 Millionen Dollar gehabt haben. Hätte das Land dieses Geld nicht gebraucht? So sind die Elefanten ganz umsonst gestorben!"

"Darüber muß ich nachdenken", überlegt die Mutter. "Wenn daraus Kunstwerke für ein Museum gemacht oder mahnende Ausstellungen eingerichtet worden wären, hätten sich das Besucher aus aller Welt ansehen können. Trotzdem meine ich, es war richtig, das gestohlene Elfenbein zu vernichten, damit wäre sonst wieder Geld verdient worden, und das Abschlachten der Riesen hätte nachträglich noch eine Rechtfertigung erfahren. Das Verbrennen war eindeutig, war ein Zeichen, daß das Land nicht am illegalen Elfenbeinhandel verdienen will, daß ihm die lebenden Elefanten wichtiger sind und unendlich mehr bedeuten als nur ihr Elfenbein."

"Und verstehen die Menschen dieses Zeichen?", möchte der Sohn wissen.

"Nicht alle. Wer daran bisher verdient hat, will nicht verstehen. Wer denkt, daß sich Menschen durch Zeichen und Appelle ändern, der lebt, wie man so sagt, im Elfenbeinturm. Für das Überleben der Elefanten ist das Verbot des Elfenbeinhandels in allen Ländern der Welt die einzige Hoffnung."

Edda Winkel

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Gisela Steineckert: Hand aufs Herz

Wir sind nicht die großartige Person, die im Mittelpunkt weltweiter Veränderungen in aller Ruhe beobachten und werten soll. Wir haben uns, weil Menschen so sind, oft viel zu wichtig genommen. Es fällt schwer, zu lernen, daß unsere Bemühungen gelegentlich und immer wieder unterliegen, beiseite geschoben werden, verlacht. Oder als zwar nötig, aber gerade nicht möglich, ins Ferne geschoben werden. Auch dorthin, wo unsere Bemühung nie gewesen ist.

Als Frauen denken wir über unsere Männer nach, über die Schwiegersöhne und -töchter, über unsere Kinder und Nachbarn, unseren Arzt, den Garten, die Welt, das Klima - wir machen uns Gedanken über die Abtragung des Kredits, da grübeln Mann und Frau, auch über die Scheidungen anderer Leute, und wie sich doch alles im Leben so ändert. Sogar vom Grund her, sogar in seinem Wesen, in seinem Wert.

Es macht uns Sorgen, daß es für die Nachkommen keine gesicherte berufliche Zukunft gibt, daß sie, ausgestattet mit Arbeitsverträgen, die kaum über ein Jahr reichen, nie wirklich für sich selbst sorgen können. Ja, und daß der Krieg so nahe stattfindet, und daß alles viel Geld kostet.

Dabei haben wir in den letzten zweieinhalb Jahrzehnten über vieles neu denken gelernt. Wir haben uns auch Aufgaben gestellt, die wir früher für erledigt hielten. Andere Gegenden und andere Genüsse haben auch an feste Weltbilder gerührt, und das nicht zu unserem Schaden.

Auch wir haben uns verändert. Darüber nachzudenken, ist oft unbequem.

Ich habe in den letzten sechsundzwanzig Jahren meine Arbeit gemacht, meine Familie zusammengehalten, war mit nahen Freunden immer in die nächste Idee verstrickt und habe mich von der öffentlichen Meinung nicht unterkriegen lassen.

Es hat sich gelohnt: Viele neue Lieder sind entstanden, solche, die früher gefehlt haben. Weil die Zeiten anders waren, unsere Sorgen hatten andere Gestalt, unsere Hoffnung schien nicht so drängend nach Verwirklichung zu verlangen.

Das Besondere an meiner Arbeit der letzten Jahre wurde möglich, weil die Inhalte nicht wirklich vom Grund her neu waren. Manches konnte entstehen, weil Sänger und Komponisten, Büchermacher und Lesende mit Erwartungen gedrängt haben. Drängen muß es, um an die Oberfläche zu kommen, ehe es ins Weite gehen kann, um dort Verbündete zu finden. Andere, die aus dem Teil ein Ganzes machen können.

Mitten in die wichtig genommene Arbeit aber blitzt - das Wort ist richtig! - immer wieder die Nachricht des Tages, verwirrend und beunruhigend. So, daß das eben Begonnene oft auf seinen Platz weiter hinten verwiesen wird. Oder soll es nicht in die Arbeit einfließen, wenn zu befürchten steht, daß unser liebes Nachbarland Österreich fast unvorstellbar nach rechts rückt? Näher an Ungarn heran? Fast in Rufweite zu Polen? Und neben den großen Staatsmann, der die Leute einsperren läßt, wenn sie nur den Kopf schütteln? Ja, es ist alles leicht durchschaubar und sehr bedrängend. Mit zwei leeren Händen ist da nichts aufzuhalten, und sage mir doch keiner, daß wir Alten halt immer übermäßig besorgt sind. Wo sich doch zeigt, daß selbst Guantánamo auf die Dauer nicht in Betrieb bleiben kann. Wir träumen, ja. Ich frage den Mann: Wovon träumst Du? Er sagt: Vom Frieden. Ich sage: Von welchem? Es ist weltweit keiner zu sehen. Er sagt: Ich träume vom Frieden, den ich habe. Ich sage: Du hast deinen Frieden, und du träumst ihn? Er sagt: Ich habe nicht meinen Frieden, mich treibt es genug um. Aber ich träume vom Möglichen: daß ich meinen Kampf mit menschlichen Mitteln fortsetzen kann, den Kampf gegen die Unterdrückung von Minderheiten, Schwächeren, Hautfarben, gegen die Ausbeutung von Arbeitenden, die Ausbeutung der Meere und der Erde. Ich möchte kämpfen mit Worten, mit Beweisen, mit meiner Arbeit. Mit Hilfe der Zeit, die ich nutzen will. Ich sage: Du hast mich, das Weib, unterdrückt und ausgebeutet. Über Tausende von Jahren hin. Ich bin dabei, mich zu befreien. Das ist mein Kampf. Der Mann sagt: Ich bin klüger geworden. Wende dich nicht gegen mich. Ich brauche deine Kraft, deinen Verstand. Zähl meine Untaten nicht auf, die Liste ist zu lang. Aber was wir wissen, werden wir auch können. Wenn wir uns nicht abwenden von den Erkenntnissen und uns einigen über alles, was nötig ist. Glaubst du, ich, der Mann, hätte dich so lange unterdrücken können ohne deine Hilfe, ohne die gräßliche Einsicht in die Unterwerfung? Die Schwäche war für manche unter euch auch Hilfe oder Sofakissen, war die Ausrede vor sich selber. Willst du aufrechnen? Da haben die anderen wieder Zeit gewonnen, den Wahnsinn zu pflegen und alle Mittel gegen Veränderung und Befreiung einzusetzen. Ich habe kein Koppelschloß, keinen Helm, weder Gewehr noch Schwert. Ich sage: Dann sei mir willkommen! Schöner Traum.

Was habe ich geschrieben? "Ich werde niemals schmeißen / mag auch der Vorhang reißen / aus Eisen oder Tüll / mit ein paar andern Narren / trotz Haß und trotz Gebrüll."

Ziemlich große Worte für das, was uns im Alltag abverlangt wird. Da fehlt uns oft die Kraft, die Augen zu heben und das Erreichte in seinen Dimensionen zu würdigen. Manchmal sind wir so vertieft in die Abwehr von Gefährdungen, in die Monotonie, die sich einschleichen will. Auch die neue Technik "hilft", uns einander zu entfremden. Das muß sie nicht. Da können wir Grenzen setzen. Aber dazu bedarf es der Reife, es zu erkennen.

Ich habe eben zwei Erlebnisse gehabt, die mich aufgerüttelt haben aus der alltäglichen Mühe. Aus dem oft nur scheinbar vergeblichen Angehen gegen Einflüsse, die uns vermittelt werden als Erkenntnisse über den Stand der höchsten Dinge.

Ich hatte einen halbrunden Geburtstag, mitten im Alltag, mitten in der Arbeit, aus der ich eigentlich nicht einmal hochblicken wollte. Für diesen mir eher lästigen Tag hatte ich gar nichts geleistet, außer, daß es mich noch gibt. Ich hatte keine Vorfreude und war nicht gewappnet auf die Herzlichkeit, mit der ich einzigartig verwöhnt wurde. Es schien ja so, als ob eine Art öffentlicher Vergebung für früher stattzufinden hätte. Auch die Zeitungen erwähnten nur am Rande, daß ich bei der Entgegennahme des Nationalpreises Erich Honecker meine Hand gegeben habe. Das nur nebenbei. Aber das andere, als ob alle Blumen, alle Zweige, alle Riesen und alle Zwerge zu meiner Ehre erwacht wären. Das wird mir unvergeßlich sein. Mich dafür zu bedanken, wird es Zeit brauchen.

Klaus Steiniger hatte es sich gewünscht, aber war es nicht ein kühner Wunsch? Er wollte, daß wir die "Internationale" hören; wir Trauergäste sollten erinnert werden an das international Verbindende, das ihm so wichtig war. Aber wenn er das doch hätte erleben können: Als die ersten Töne erklangen, als die ersten Worte herübergereicht wurden, standen wir alle in der Trauerhalle auf. Wir nahmen sein hinterlassenes Angebot, seine Herausforderung an. Wahrscheinlich ist dieser Raum noch nie so einstimmig von einem Lied erfüllt worden. Und mir wurde es schwer, den vertrauten Text mitzusingen, weil es mich in die Seele getroffen hat. Was? Daß die Jungen neben uns diesen Text kannten und ihn nicht minder stark und laut sangen: Wacht auf, Verdammte dieser Erde! Ja, wir wissen, daß der Text an einigen Stellen nur eine Illusion ist. Wir können uns nicht zu einem letzten Kampf erheben, weil die Welt so nicht ist. Wir haben nicht die ganze Kraft, die nötig wäre. Es scheint, die anderen haben sie gerade, jedenfalls in diesem historischen Moment. Aber es war so. Die Jungen und die Alten haben sich für ein Lied auf einen alten Text geeinigt, der uns zu Würde und Anstand verpflichtet. Unvergeßlich.

*

Stimmen aus aller Welt über die DDR
(Folge 1)

Solange der sozialistische deutsche Staat, die DDR existierte, haben sich immer wieder Persönlichkeiten aus der ganzen Welt bei oder nach Besuchen über die DDR geäußert. Zum 30. Jahrestag am 7. Oktober 1979 hat die Auslandpresseagentur Panorama DDR über hundert solcher Stellungnahmen in einem Buch vereint. Entstanden ist so ein Mosaik persönlicher Erfahrungen und Erkenntnisse, die jeweils ein Stück gesellschaftlicher Wirklichkeit widerspiegeln. Stellvertretend für die anderen werden wir in den nächsten Monaten einige dieser Äußerungen veröffentlichen - Älteren zur Erinnerung, Jüngeren zur Verdeutlichung dessen, was die DDR für die Welt - und für uns - war.


Romesh Chandra
Generalsekretär (von 1966 bis 1977) und Präsident des Weltfriedensrates (von 1977 bis 1990)

Der Weltfriedensrat und die in ihm vertretenen nationalen Organisationen aus mehr als 130 Staaten aller Kontinente sind besonders glücklich darüber, daß wir im Jahre 1979 den 30. Jahrestag der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik und gleichzeitig des ersten Weltfriedenskongresses, der 1949 in Paris und Prag stattfand, begehen können. Die Deutsche Demokratische Republik, der erste Friedensstaat auf deutschem Boden, und der Weltfriedensrat haben sich gleichzeitig entwickelt, Seite an Seite und Schulter an Schulter.

Im Jahre 1979, da hervorragende Diplomaten der DDR ihr Land in sämtlichen internationalen Gremien vertreten, wo sich die Stimme der DDR auf allen internationalen Foren Gehör verschafft, kann man sich kaum vorstellen, daß es eine Zeit gab, in der man mit Hilfe der verschiedensten Manöver und Intrigen versuchte, dieses Land zu demütigen.

Heute erinnern wir uns der gewaltigen Kampagnen seitens des Weltfriedensrates und nationaler Friedensbewegungen in allen Teilen der Welt, mit denen die Anerkennung der Deutschen Demokratischen Republik gefordert wurde - zu einer Zeit, da die Kräfte des Imperialismus und der Reaktion mit allen Mitteln versuchten, der DDR ihren rechtmäßigen Platz in der UNO und innerhalb der Gemeinschaft der Staaten insgesamt vorzuenthalten.

Wir erinnern uns der unaufhörlichen und uneingeschränkten Unterstützung des Weltfriedensrates durch die Deutsche Demokratische Republik. Sie und ihr Friedensrat waren Gastgeber für einige der bedeutsamsten Konferenzen, Seminare und anderen Veranstaltungen, die vom Friedensrat einberufen wurden. Jedesmal, wenn die Weltfriedensbewegung Beratungen in der DDR durchführte, schöpften die Teilnehmer daraus neue Kraft und neuen Mut für ihre Arbeit. Jegliche Aktion des Weltfriedensrates fand die überwältigende Unterstützung bei der Bevölkerung der Deutschen Demokratischen Republik.

Das Wirken des Friedensrates der DDR, der zu den Vorkämpfern der Weltfriedensbewegung gehört, wurde stets von so hervorragenden Persönlichkeiten bestimmt wie Professor Albert Norden und Professor Dr. Günther Drefahl.

Heute erinnern wir uns an den Tag, an dem wir die Ehre hatten, dem Genossen Erich Honecker die höchste Auszeichnung des Weltfriedensrates, die Joliot-Curie-Medaille, zu verleihen. Damit zollten die vielen Millionen Verfechter des Friedens ihm persönlich für die Unterstützung der Arbeit des Weltfriedensrates sowie der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, der Regierung und dem Volk der DDR den Dank und die Anerkennung für ihr hingebungsvolles und aufopferndes Eintreten bei der Verteidigung und Errichtung des Friedens.


Tullia Carettoni Romagnoli
1979 Vizepräsidentin des Senats der Republik Italien, Präsidentin der Gesellschaft Italien-DDR

Ein Staat ist sehr jung, wenn er dreißig Jahre alt ist. Dreißig Jahre sind jedoch auch eine lange Zeit, weil sie beweisen, daß dieser Staat nicht aus einem historischen Irrtum geboren, sondern mit konkreter Bedeutung gegründet wurde, die sich - wenn man so sagen darf - zu einem konkreten Gebilde gewandelt hat, das einen klar umrissenen politischen und territorialen Raum einnimmt und sich von den anderen Ländern durch seine unverwechselbaren nationalen Besonderheiten der Politik, Kultur und Entwicklung der Menschen unterscheidet.

Wer die Entwicklung der DDR seit ihrer Gründung verfolgt hat, kann durchaus von einem Wunder sprechen. Die junge Republik - entstanden aus den Trümmern des Krieges auf einem Territorium, das, verglichen mit anderen deutschen Gebieten, relativ schwach oder gar unterentwickelt war und keine bedeutenden Rohstoffvorkommen besaß, eine Grenzzone, die stärker als andere dem kalten Krieg ausgesetzt und Zielscheibe unerträglicher Provokationen war - hat unermeßliche Schwierigkeiten und Mißtrauen überwunden. Sie hat den Kampf um ihre Glaubwürdigkeit siegreich bestanden und ist heute von Freunden wie Feinden als unumkehrbare Realität anerkannt. Eine Realität mit ausgeprägten Merkmalen, bestimmten Besonderheiten und einer eigenen Physiognomie, die Realität eines hochzivilisierten Landes und einer gebildeten Nation, mit ständig steigendem Wohlstand für alle Bürger; ein Land, das voranschreitet und klare Zielstellungen im Interesse der Entwicklung der Menschen und des Friedens verfolgt.

Wir können froh darüber sein, daß wir vor dreißig Jahren nicht irrten, als wir entschlossen auf dieses Land setzten und uns dessen sicher waren, daß die Existenz einer antifaschistischen sozialistischen Nation im Herzen Europas, hervorgegangen aus dem faschistischen Spuk, unbedingt eine Garantie für alle Demokraten sein mußte.

Gesagt werden muß, auch wenn dies einigen mißfallen wird, daß nach dem Zusammenbruch des Faschismus für viele Menschen das Deutschsein - wenn nicht mit faschistischer Gesinnung, so doch mit autoritärer Haltung gleichbedeutend war. Zum großen Teil ist es eben das Verdienst der DDR, der Welt bewiesen zu haben, daß es antifaschistische, demokratische und sozialistische Deutsche geben und daß man, darauf aufbauend, erfolgreich einen modernen und leistungsfähigen Staat errichten kann. Sozialistisch und leistungsfähig: Auch das ist kein geringer Vorzug, der Lösungen und Aktionen ermöglichte, die große Aufmerksamkeit verdienen. Ein Beispiel möge das veranschaulichen. Eines der schwerwiegenden Probleme der modernen Welt ist die Frage des inneren Gleichgewichts zwischen entwickelten und unterentwickelten Gebieten mit dem Ziel, eine gewisse Ausgewogenheit im ganzen Land zu erreichen. Gerade die italienische Geschichte trägt das Mal der Kluft zwischen dem Norden und Süden, und nicht wenige unserer gegenwärtigen Schwierigkeiten resultieren daraus. Die DDR hat auf diesem Gebiet eine bewundernswerte Arbeit geleistet.

Der 30. Jahrestag ist ein wichtiges Datum für die DDR, für ihre Freunde und für das antifaschistische Europa, aber er sollte nicht nur Anlaß zu Feierlichkeiten, sondern sollte Gelegenheit zum Nachdenken, zur Auseinandersetzung und zum gegenseitigen Lernen sein. Die Tatsache, daß es in Europa die DDR gibt, ist von großer Bedeutung, genauso wie die Tatsache, daß die DDR eben gerade dieser Staat mit all seinen Erfolgen und Fortschritten ist. Es kommt darauf an, uns immer besser kennenzulernen, mehr miteinander ins Gespräch zu kommen und immer intensivere Formen der staatlichen und persönlichen Zusammenarbeit zu finden. Vor allem müssen wir darüber nachdenken, wie die aufrichtigen Glückwünsche an unsere Freunde in der DDR zu einem erneuten Engagement für den Kampf gegen Faschismus und für den Frieden werden können.

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Leserbriefe an RotFuchs

Ein Freund machte mich auf das Statement eines amerikanischen Journalisten aufmerksam, der dieses vor 136 Jahren abgegeben hatte. Es stammt von John Swinton. Er war Chefredakteur der "New York Times". Als er 1880 aus dieser Funktion ausschied, verabschiedete er sich im New Yorker Presseclub mit folgenden Worten: "Bis zum heutigen Tag gibt es so etwas wie eine unabhängige Presse in der Weltgeschichte nicht. Sie wissen es, und ich weiß es. Es gibt niemanden unter Ihnen, der es wagt, seine ehrliche Meinung zu schreiben, und wenn er es tut, weiß er im voraus, daß sie nicht im Druck erscheint. Ich werde jede Woche dafür bezahlt, meine ehrliche Meinung aus der Zeitung herauszuhalten, bei der ich angestellt bin. Andere von Ihnen werden ähnlich bezahlt für ähnliche Dinge, und jeder von Ihnen, der so dumm wäre, seine ehrliche Meinung zu schreiben, stünde sofort auf der Straße und müßte sich nach einem neuen Job umsehen. Wenn ich meine ehrliche Meinung in einer Ausgabe meiner Zeitung veröffentlichen würde, wäre ich meine Stellung innerhalb von 24 Stunden los. Es ist das Geschäft der Journalisten, die Wahrheit zu zerstören, unumwunden zu lügen, zu pervertieren, zu verleumden, die Füße des Mammon zu lecken und das Land zu verkaufen für ihr tägliches Brot. Sie wissen es, und ich weiß, was es für eine Verrücktheit ist, auf eine unabhängige Presse anzustoßen. Wir sind die Werkzeuge und Vasallen der reichen Männer hinter der Szene. Wir sind die Hampelmänner, sie ziehen die Strippen, und wir tanzen. Unsere Talente, unsere Fähigkeiten und unser ganzes Leben sind Eigentum anderer Menschen. Wir sind intellektuelle Prostituierte."
Und heute? Hat sich seit 1880, nachdem es die europäischen sozialistischen Staaten nicht mehr gibt, etwas geändert? Lassen wir den konservativen Publizisten Paul Sethe zu Wort kommen, der 1965 - bezugnehmend auf das westliche Nachkriegsdeutschland - meinte: "Pressefreiheit ist die Freiheit von 200 reichen Leuten, ihre Meinung zu verbreiten." Und Axel Cäsar Springer sagte: "Ich war mir seit Kriegsende darüber klar, daß der deutsche Leser eines auf keinen Fall wollte, nämlich nachdenken. Und darauf habe ich meine Zeitungen eingerichtet."
Auch wenn es die bürgerliche Presse darauf anlegt, diese Tradition weiter zu pflegen und fortzusetzen, muß es die Aufgabe des linken Journalismus sein, die Menschen aufzuklären, damit sie sich ihre eigene Meinung bilden können. Der "RotFuchs" hilft uns dabei.

Ingrid Zweininger, Berlin


Als jahrelanger Leser sage ich erst einmal vielen Dank für diese tolle Zeitschrift, in dieser nicht so tollen Zeit. Weiter so!
Es ist mir ein Bedürfnis, Euch mitzuteilen, daß mich selten etwas Gelesenes mehr berührt hat als der Abschiedsartikel "Adieu, Genossen!" von Klaus Steiniger. Was für ein Leben, das dort noch einmal nachempfunden werden kann. Mögen wir sein Erbe weiter in die Welt tragen!
Kampfesgrüße aus Süddeutschland.

Mirko, E-Mail


Am 1. Mai war ich am Stand der Linkspartei. Dort habe ich zehn Ausgaben des "RotFuchs" mitgenommen und bisher acht mit Begeisterung gelesen. Endlich eine Publikation, die kein Blatt vor den Mund nimmt, die über globale Themen berichtet, Hintergründe benennt und Zusammenhänge auch ausspricht. Ich bin 67 und habe als Lehrerin gearbeitet. Die DDR war meine Heimat. Ich war 22 Jahre Mitglied der SED und schäme mich nicht dafür. Nach der "Wende" habe ich oft darüber gestaunt, daß frühere DDR-Bürger vom Kapitalismus überrascht waren. Ich gehöre nicht dazu. Ich habe meinen Schülern vermittelt, stets nach dem Warum zu fragen. Mir kam schon Anfang der 90er Jahre das Grauen, als ich das BRD-Schulsystem erlebte. Mir war klar, daß sich spätestens in 20 Jahren ein Bildungsnotstand ausbreiten würde. Aber das war ja gewollt. Und an der Spitze steht die "Christin" Angela Merkel. Sie hat in der DDR alles genossen und tritt nun ihr eigenes Leben mit Füßen. Doch wer wird nach ihr kommen?

Barbara Schmied, Torgelow


Tiefbewegt nehme ich, da ich selbst Kind der DDR war, Abschied von Margot Honecker. Ich lernte, unterstützt von unseren Lehrern, gern für eine bessere Welt ohne Krieg und Ausbeutung. Stolz erfüllt mich, daß es auf deutschem Boden ein solches Schulsystem und einheitliche, auf wissenschaftlicher Basis entwickelte Lehrpläne gab. Danke, Margot!

Peter Strecker, Schorfheide


Das Gespräch mit dem "RotFuchs"-Aktivisten Rolf Kasper am 1. Mai auf dem Leipziger Marktplatz freute uns sehr.
Wir, die Arbeitsgemeinschaft Cuba Sí, Regionalgruppe Leipzig, unterstützen die fortschrittlichen Bewegungen in der Welt für Frieden, Humanismus, Souveränität, sozialen Fortschritt, konzentrieren uns dabei auf die Unterstützung der lateinamerikanischen Länder, insbesondere auf die Solidarität mit dem sozialistischen Kuba.
Aus diesem Grund und anläßlich des 25jährigen Bestehens unserer AG informierten wir im Rahmen einer Filmveranstaltung am 15. Juni über die gegenwärtige Situation, das Leben der Menschen in Kuba, ihre Sorgen und Hoffnungen, die Verteidigung ihrer humanistischen Werte unter den Bedingungen der jahrzehntelangen, menschenverachtenden Blockade der USA und ihrer Verbündeten.
Nach der Vorführung des international mehrfach preisgekrönten kubanischen Spielfilms "Conducta" hatten wir Gelegenheit, über die im Film aufgeworfenen Fragen und Probleme insbesondere nach dem 7. Parteitag der Kommunistischen Partei Kubas mit einem führenden Hochschullehrer der Universität der Pädagogischen Wissenschaften "Enrique José Varona" zu diskutieren.

Gudrun Schmidt, AG Cuba Sí in der Partei Die Linke, Regionalgruppe Leipzig


"Erst ein geschlossener Wirtschaftsblock von Bordeaux bis Odessa" werde Europa das nötige "Rückgrat" in der Weltpolitik geben, sagte Carl Duisberg, der Vorsitzende des Reichsverbandes der Deutschen Industrie 1931. Was die Wirtschaft damals wie heute in der globalisierten Welt mehr denn je gen Osten blicken läßt, sind Märkte, Rohstoffe, Transportwege und geostrategisches Kalkül. Was sonst heißt es wohl, Deutschland am Hindukusch zu verteidigen? Die Frage muß erlaubt sein, ob mit mehr Militär - deutschem noch dazu - an den östlichsten Grenzen der EU der Frieden sicherer wird oder Gefahren wachsen. Die Logik der Märkte, die uns seit Jahren eingetrichtert wird, scheint ihre höchsten Gipfel anzusteuern: Kapital - Krise - Krieg. Unvorstellbar für uns, aber Kapitallogik hat sich menschlichem Verstand noch immer entzogen.

Roland Winkler, Aue


Wolfgang Gehrke und weitere Bundestagsabgeordnete der Partei Die Linke haben anläßlich des 70. Jahrestages des Überfalls Hitlerdeutschlands auf die Sowjetunion einen Antrag an den Magdeburger Parteitag gestellt. In ihm geht es auch um die Aufforderung zur Entwicklung partnerschaftlicher deutsch-russischer Beziehungen. Wie ist die Haltung der Fraktion und des Parteivorstandes der PDL zu diesem Antrag? Wie wird für diesen Antrag die Partei, die Öffentlichkeit angesprochen? Wie trägt die Linkspartei zum Widerstand gegen die friedensbedrohende Politik der NATO, der EU und damit auch Deutschlands gegenüber Rußland bei?
Der Haltung der Antragsteller sei Respekt und Achtung gezollt. Es stellt sich aber auch die Frage an alle anderen Verantwortungsträger dieser Partei. Welche Prioritäten werden in der Führungsspitze eigentlich gesetzt? Wenn Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch kürzlich nach Israel reisten - übrigens das erste Mal gemeinsam ins Ausland -, um dort ihre Position zur Lage im Nahen Osten und zur Palästina-Frage deutlich zu machen, wäre interessant, wie die Spitze der Linkspartei über eine Reise zu Abgeordneten der Staatsduma Rußlands denkt. Zumindest wäre eine deutliche Demonstration notwendig, die zum Ausdruck bringt: Wir, die deutschen Linken, stehen gegen Rußlandfeindlichkeit, gegen die sich ausbreitende Russophobie in der deutschen Gesellschaft, für normale partnerschaftliche Beziehungen zwischen Deutschland und Rußland im Interesse des Friedens und der Sicherheit.

Bruno Mahlow, Berlin


Am 8. Mai gedachten über hundert Jugendliche, Frauen, Männer aus Chemnitz und Umgebung des Tages vor 71 Jahren, der den Greueln der faschistischen Barbarei ein Ende setzte. Alte und Junge unterschiedlicher politischer und religiöser Anschauungen sowie Herkunftsländer waren gekommen, um jene zu ehren, die auf dem Sowjetischen Friedhof am Richterweg ihre letzte Ruhe gefunden haben. Tausenden Soldaten, Zwangsarbeitern, Zivilisten, darunter vielen Kindern, war es nicht vergönnt, den Tag der Befreiung zu erleben.
Der 2. Weltkrieg forderte über 50 Millionen Opfer, darunter waren 27 Millionen Menschen der Sowjetunion. Dieser Krieg kehrte in das Land seiner Verursacher zurück. Eigentlich begann er bereits mit der Verfolgung Andersdenkender in den 20er Jahren. Mit der Machtübergabe an die Nazis im Januar 1933 wurde er systematisch vorbereitet, eskalierte mit dem Spanienkrieg, dem Einmarsch der Deutschen Wehrmacht in Prag, Wien, Paris, Warschau und kulminierte in dem wortbrüchigen Überfall auf die Sowjetunion.
Die 12jährige Gewaltorgie war begleitet vom Holocaust und der millionenfachen Vernichtung von Menschen aus vielen Ländern Europas in eigens dafür geschaffenen Konzentrationslagern. Es ist aus tiefstem Herzen jenen zu danken und sich ihrer zu erinnern, die Europa und damit auch uns unter Einsatz ihres Lebens vom Faschismus befreit haben. Ehren wir sie, indem wir uns denen entgegenstellen, die schon wieder menschenverachtende Parolen skandieren und Häuser anzünden. Wir sagen nein zum Krieg als Mittel der Konfliktbewältigung!

Thiemo Kirmse, Vorstandsmitglied VVN-BdA und Stadtvorstand Die Linke Chemnitz


Mit großer Freude habe ich den Beitrag von Liane Kilinc in der Mai-Ausgabe des "RotFuchs" gelesen. Sie berichtet von ihrer Reise mit Gleichgesinnten nach Moskau zum 70. Jahrestag der Niederschlagung des Faschismus in Deutschland und informierte darüber, wie dabei der Gedanke zur Gründung des Vereins "Friedensbrücke - Kriegsopferhilfe e. V." reifte.
Da mich die Ereignisse in der Ukraine seit Beginn des faschistischen Putsches sehr bewegen, hat mich der Wunsch nicht mehr losgelassen, den Menschen im Donbass Hilfe und Solidarität zu erweisen. Jetzt weiß ich, daß dieser gemeinnützige Verein umfangreiche Hilfe organisiert. Im Internet ist nachzuverfolgen, wie nützlich und lebensrettend internationalistische Hilfe sein kann. Wer es ermöglichen kann, sollte mit Liane Kilinc Kontakt aufnehmen. Ihr und den Freunden des Vereins ist tatkräftige Unterstützung willkommen: Ruhldorfer Str. 45, 16348 Wandlitz, Tel.: 03 33 97/2 87 53.
Mit ihrem Engagement demonstrieren die Helfer der "Friedensbrücke", daß nicht alle Deutschen dem dortigen Geschehen gleichgültig gegenüberstehen.

Dr. Rolf Funda, Staßfurt


In Venezuela entdeckte man in Lagern von Unternehmern tonnenweise Lebensmittel, die zurückgehalten wurden, um die Bevölkerung gegen Präsident Maduro aufzuwiegeln und so das Land zu destabilisieren. Diese "Unternehmer" sind Anhänger der von den USA und der EU unterstützten Contras. Es sollte sich jeder seine Gedanken machen und die Ukraine nicht vergessen.

Falk Moldenhauer, Bochum


Unverfroren und dreist verkündet die "Kriegsministerin" von der Leyen, daß die Bundeswehr unverzüglich personell und finanziell aufgestockt werden soll. Bedenken wir: Immer, wenn mehr Geld für deutsches Militär gefordert und bewilligt wurde, folgte der Krieg. Heute steht die Bundeswehr in 16 Ländern für Gewalt, Zerstörung und Tod. Selbst über Regelungen, sie bei Bedarf auch im Landesinnern einzusetzen, wird nachgedacht. Dem Militarismus keinen Mann und keinen Groschen, forderte bereits Wilhelm Liebknecht 1887. Die Verweigerung der Zustimmung zu den Kriegskrediten durch seinen Sohn, Karl Liebknecht, im Deutschen Reichstag am Vorabend des 1. Weltkrieges ist in die Geschichte eingegangen. Dem sollte die Partei Die Linke folgen. Würden sich die Sozialdemokraten wieder auf ihre Wurzeln besinnen, gäbe es dafür auch im Bundestag mit der Linkspartei und Bündnis 90/Die Grünen eine Mehrheit.

Raimon Brete, Chemnitz


Während das ND keine Notiz vom Tag der Befreiung vom Faschismus nahm, finde ich im "RotFuchs" fundierte politische Situationseinschätzungen und eine zuverlässige Orientierung. Diese Zeitschrift zu lesen, ist eine der wenigen Freuden, die ich seit der Einverleibung der DDR durch die BRD habe.
Was mich am meisten bewegt, ist die geplante militärische Aufrüstung in der BRD. Deutsche Soldaten sind präsent in immer mehr Ländern der Erde. Aber auch anderswo, wie z. B. im Baltikum, wo Jahr für Jahr antirussische Politik mit Paraden der Anhänger der Waffen-SS demonstriert wird, ist die Situation höchst gefährlich. Die Türkei weitet den Krieg gegen Syrien immer mehr aus, mordet Tausende Kurden, auch im eigenen Land. Und die USA marschieren gen Rußland.
Große Befürchtungen habe ich, wenn sich die USA mit dem Transatlantischen Freihandelsabkommen (TTIP) durchsetzen sollten. Der Protest der Linkspartei im Bundestag gegen einen Vertrag, der nur den Interessen der transnationalen Konzerne dient, muß vernehmbarer werden.

Werner Gericke, Berlin


Es gibt wenige Menschen im Leben, die man als wirkliche Freunde bezeichnet. Klaus Steiniger war für mich ein solcher.
Ich habe ein Bild aus meiner Kindheit vor Augen: Juli 1946, gemeinsamer Abschied von Gerhart Hauptmann; der 13jährige Klaus Steiniger an der Hand seines Vaters im Ehrengeleit von sowjetischen, polnischen und deutschen Repräsentanten auf der Agnetendorfer Straße in Hermsdorf u. Kynast im Kreis Hirschberg/Riesengebirge; ich - zwei Jahre älter - ergriffen und benommen am Zaun des Grundstücks Nr. 58.
Wir Kinder trauerten um "Opa" Hauptmann, der uns oft liebevoll auf seinem Zweispänner bis zur Dorfmitte mitnahm und mit guten Wünschen zur Schule verabschiedete.
Zwei Kinder in schwerer Zeit, die sich so nahe waren und doch nie begegneten.
Wir besuchten beide das Humanistische Gymnasium in Hirschberg im Riesengebirge. Klaus mußte das Gymnasium wegen seiner jüdischen Herkunft verlassen infolge der faschistischen Rassengesetze. Sein Vater Peter Alfons Steiniger leitete in den Jahren unmittelbar nach dem 2. Weltkrieg die Verwaltung der Stadt Krummhübel.
Wir stimmten überein im Geist der Solidarität und Menschlichkeit, im Üben von Toleranz zur rechten Zeit am rechten Platz. Wir hatten unterschiedliche Auffassungen zum Ursprung der Dinge. Doch die Sorge um das Wohl der Menschen auf Erden ließ uns nie trennend über den "Himmel" und Gott streiten. Klaus verehrte und würdigte in Papst Franziskus den ehrlichen Bekenner zu den Lebensfragen der "einfachen", der arbeitenden Menschen.
Seine Stimme am Telefon ist verstummt. Seine Gedanken und klugen, in die Zukunft weisenden Ratschläge aber klingen in mir nach und führen auch oft meine "Feder".

Dr. Wilfried Meißner, Chemnitz


Mit tiefer Trauer habe ich das Ableben von Klaus Steiniger zur Kenntnis nehmen müssen. Er fand in seinen Leitartikeln stets richtungweisende Worte für unser kämpferisches Handeln in der heutigen Zeit.
Aus seinem letzten Beitrag konnte ich entnehmen, daß er und ich im gleichen Jahr, 1948, Mitglied der SED wurden. Wir beide haben die Juristische Fakultät der Humboldt-Universität absolviert - ich im Fernstudium und Klaus Steiniger im Direktstudium. Im Januar 1950 trat ich in die Reihen der Grenzpolizei ein. Ich war in verschiedenen Dienststellungen tätig. Zuletzt als Stellvertretender Kaderchef der Grenztruppen. 16 Jahre war ich als Ratsmitglied für Ordnung und Sicherheit der Gemeinde Bestensee zuständig. Mit der Einverleibung der DDR durch die BRD wurde ich am 30. September 1990 mit dem Dienstgrad Oberst entlassen.
In meiner Freizeit habe ich Freude an meinem Hobby als Briefmarkensammler und Gestalter von Briefmarkenexponaten. Ich qualifizierte mich zum Juror zur Bewertung dieser Exponate. So nahm ich in dieser Eigenschaft u. a. an der letzten Briefmarkenausstellung der DDR 1990 in Magdeburg sowie an zahlreichen nationalen und internationalen Briefmarkenausstellungen teil: Schweden 1982 mit dem Exponat "Vom roten Oktober zur sozialistischen Völkergemeinschaft", Polen 1987 mit dem Exponat "Der Große Vaterländische Krieg", Kuba am 7. Oktober 1990 mit dem Exponat "Die Ideen des Sozialismus triumphieren", Moskau im April 1990 mit dem Exponat "W.I. Lenin - Er rührte an den Schlaf der Welt", Amsterdam 2002 mit dem Exponat "DDR 1949 bis 1952". Stolz bin ich auch auf meine Sammlungen "Klassenbrüder - Waffenbrüder", "Unbesiegbares Vietnam", "DDR - Werk von Millionen" u. a.
Meinen Dienst in den Grenztruppen der DDR und die Teilnahme an Ausstellungen mit meinen thematischen Exponaten im In- und Ausland betrachte ich als einen kleinen Beitrag zur Förderung der Völkerfreundschaft und zur Sicherung des Friedens.

Kurt Redenz, Falkensee


Zunächst möchte ich dem "RotFuchs" ein großes Lob aussprechen. Ich lese ihn bereits seit vier Jahren immer wieder mit großer Freude und Neugier. Aus ihm sind Zusammenhänge zu erfahren, die man in bürgerlichen Medien vergeblich sucht. Großes Lob auch für das leider nur noch selten vorzufindende hervorragende sprachliche Niveau.
Ich habe noch ein Anliegen. Es ist heutzutage schwierig, Menschen zu finden, mit denen man ohne Vorurteile über den gewesenen und zukünftigen Sozialismus sprechen kann. Neben den vielen ohne Klassenbewußtsein gibt es bedauerlicherweise auch viele, die - wie allgemein üblich - die DDR und die anderen sozialistischen Länder diffamieren. Daher suche ich jemanden aus dem RF-Leserkreis, mit dem ich in Kontakt treten kann. Ich bin Mitte 30 und möchte zum einen in einen fruchtbaren Gedankenaustausch treten und zum anderen auch gerne noch viel über das Leben in der DDR erfahren. Es wäre schön, wenn sich jemand aus Nordthüringen bzw. dem Umkreis von Nordhausen melden würde, damit persönliche Treffen nicht durch eine zu große Distanz erschwert werden.

Angela Leinung, Tel.: 036 31/47 89 42


Unlängst wurde im Fernsehen berichtet, daß in Malawi im Süden Afrikas 55 Millionen Menschen vom Hungertod bedroht sind, weil es dort drei Jahre lang nicht geregnet hat. Drei Jahre! Gibt es nicht genügend hochentwickelte Länder, die längst hätten Hilfe leisten müssen? Und was wird gegenwärtig getan, um den Menschen aus der Not zu helfen? Flucht in ein anderes Land, nach Europa, kann nicht die Lösung sein.
Im alten Griechenland war es üblich, daß Politiker auf öffentlichen Plätzen Reden hielten. Einer von ihnen soll seine stets mit den Worten beendet haben: "Ceterum censeo Carthaginem esse delendam" (auf Deutsch: Im übrigen bin ich der Meinung, daß Karthago zerstört werden muß). Warum beenden führende Genossen der Linkspartei ihre Reden nicht mit der Forderung: "Der Kapitalismus muß überwunden werden!"? Denn die kapitalistische Produktionsweise ist die Wurzel allen Übels. Ist es nicht Aufgabe aller Linken, die Menschen aufzuklären und sie zu mobilisieren?

Gerda Huberty, Neundorf


Zum Beitrag von Herbert Heßmann aus Saßnitz im Mai-"RotFuchs" möchte ich präzisieren: Wilhelm Pieck wurde nicht im Roten Rathaus, sondern im Gebäude des ZK der SED am Werderschen Markt aufgebahrt. Der Verkehr ruhte nicht mittags, sondern um 17 Uhr.
Als Zeuge führe ich meinen Vater an, der im Saal der Aufbahrung die Innengestaltung des Sarges vornahm. Ich selbst hatte mit der Sicherstellung der Verkehrsruhe auf dem Thälmannplatz in Cottbus zu tun.

Wolfgang Kroschel, Cottbus


Achim Dippe stellt im Mai-RF die Frage, ob die UdSSR "ohne (!) den Rüstungswettlauf (hätte) überleben können", meint aber im Grunde, ob sie ihn trotz (!) des Rüstungswettlaufs überlebt hätte. Denn er denkt an eine innere Reform der UdSSR. "Gab es aber wirklich keine andere Möglichkeit, der imperialistischen Bedrohung erfolgreich zu begegnen?", fragt er. Ja, antwortet er. Die Antwort sieht er in einem anderen Wirtschaftswie politischen Modell für den Sozialismus: "Im Zentrum einer solchen Mobilisierung hätte das Ziel stehen müssen, mit einer sozialistischen Marktwirtschaft und einer von den Massen gewünschten wirksamen parlamentarischen Demokratie - ohne Aufgabe der Führungsrolle der KPdSU -, dem Imperialismus ökonomisch, finanziell und waffentechnisch die Stirn zu bieten."
Also: Nicht mit der Planwirtschaft, sondern mit der Marktwirtschaft hätte die Sowjetunion dem Imperialismus die Stirn bieten sollen? So daß die Sowjetunion heute noch die Sowjetunion wäre?
Vielleicht wäre es auf einen Versuch angekommen. Den Mächtigen der USA aber, denke ich, wäre es egal gewesen. Sowohl die eine als auch die andere Sowjetunion hätte (und hatte ja) die Parität in waffentechnischer Hinsicht erreicht, und das war der Grund, weshalb sie in das Fadenkreuz des US-Imperialismus geriet - und weiter darin bleibt, wie Achim Dippe feststellt: "Für das kapitalistische Rußland heute sind die amerikanischen Rüstungsziele nicht weniger gefährlich als zu Zeiten der Sowjetunion. Die Situation ist in vieler Hinsicht sogar noch komplizierter und schwieriger geworden." Und das trotz Marktwirtschaft, kapitalistischer (oder mit Kapitalisten betriebener) sogar!

Hermann Jacobs, Berlin


Prof. Dr. Achim Dippe hat im Mai-Heft einen wertvollen Beitrag zum Verhältnis von Rüstungswettlauf und sowjetischem Zusammenbruch vorgelegt. Er beantwortet überzeugend die Frage, ob die UdSSR totgerüstet wurde oder nicht andere Ursachen für ihr Ende verantwortlich sind. Daß die USA-Strategie des Totrüstens an Schwachstellen der sowjetischen Gesellschaft anknüpfte, wird deutlich gekennzeichnet. Aber hervorgehoben wird der entscheidende Punkt: Trotz aller wirtschaftlichen Schwierigkeiten ist es der Sowjetunion gelungen, in relativ kurzer Zeit die militärische Ebenbürtigkeit mit der imperialistischen Hauptmacht herzustellen und damit einen historisch bedeutsamen Beitrag zur Friedenserhaltung zu leisten. Doch diese notwendige und richtige Verteidigungsstrategie war nicht die Ursache des späteren Scheiterns.
Achim Dippe zeigt, welche "Versäumnisse strategischer Dimension", welcher Verzicht auf eine weitere Ausgestaltung der sozialistischen Gesellschaftsentwicklung dafür zuständig war. Die politische Praxis war dominiert von einer Strategie des "Weiter so!", anstehende Probleme wurden verdrängt, neue Fragestellungen ignoriert. Dieser Mangel an Weitsicht und strategischem Blick führte dann zur Forderung nach Glasnost und Perestroika.
Auch wenn Stimmen im linken Spektrum heute die Politik Gorbatschows mitunter nur als ungeschickt und naiv beurteilen, unterstütze ich Achim Dippes Standpunkt: Sie war "ihrem Charakter nach Vaterlandsverrat" und damit "ein Geschenk an den Imperialismus". Ich teile seine Meinung: "Die große Leistung zur Sicherung der waffentechnischen Parität über viele Jahrzehnte hinweg wurde auf dem Altar einer erbärmlichen politischen Kapitulation vor dem Imperialismus in den Dreck getreten."

Prof. Dr. Herbert Meißner, Oranienburg


Der Artikel von Lutz Jahoda im Mai-RF war mir Anlaß, selbst einmal zur Feder zu greifen. Ich bin natürlich kein Dichter und habe auch nicht studiert, dafür haben mich Lebensweisheiten bedeutender Menschen stets begleitet, z. B. die von Maxim Gorki, der meinte: "Reisen ist die Hochschule des Lebens."
Mein besonderes Interesse galt stets der Baukunst, die mich bei Besuchen in der Sowjetunion immer wieder in Staunen versetzte. Dazu zählen u. a. die Paläste unter der Erde - die Metrostationen - in Moskau wie auch das Mausoleum auf dem Roten Platz, in dem Lenin - für mich der Größte der Sowjetunion - seine letzte Ruhestätte fand. Diese und viele andere konnte ich als Arbeiter der DDR alle besuchen.

Karlheinz Oehme, Döbeln


Die AfD erhielt bei den jüngsten drei Landtagswahlen spürbaren Stimmenzuwachs. Die angekündigte Auseinandersetzung von CDU/CSU und SPD läßt jedoch erkennen, daß sie nicht daran interessiert sind, die AfD als nazistisch und rassistisch einzuschätzen. Eher gewinnt man den Eindruck, daß es darum geht, diese Partei mit ins eigene Boot zu holen. Offensichtlich glaubt man, mit der AfD das herrschende Gesellschaftssystem stabilisieren zu können.

Hans-Georg Vogl, Zwickau


Den Standpunkt von Hans-Jürgen Dählk im Mai-RF zum BRD-Rentenunrecht teile ich voll und ganz. Noch 25 Jahre nach der Einverleibung der DDR durch die BRD werden vor allem große Teile der Angehörigen der bewaffneten Organe um die ihnen zustehende Rente mit dem Argument der Systemtreue zu ihrem sozialistischen Staat betrogen.
Ist es nicht höchste Zeit, endlich Recht zu schaffen?

Siegfreid Tietz, Altenberg/Sachsen


Renten sind in den bürgerlichen Medien ein Dauerbrenner. Wenn man jetzt die Rente mit 70 fordert, wäre es nur recht und billig, alle Abgeordneten und Politiker, die dieses Ansinnen vertreten, jedes Jahr für drei Monate in die Produktion zu schicken, damit sie das richtige Leben kennenlernen. Ihnen ist es offensichtlich gleichgültig, daß immer weniger noch an Rentengerechtigkeit glauben. Dabei wäre es so einfach, das Problem zu lösen. Alle zahlen in einen Topf und alle, ob Beamte, Abgeordnete oder Selbständige, erhalten nach gleichem Modus ihre Rente. Eigentlich einfach, aber sicher zu sozialistisch und mit DDR-Geruch ...

Marianne Wuschkow, Hoyerswerda


Geboren 1932 bin ich Zeitzeuge und habe den 2. Weltkrieg mit all seinen Schrecken erlebt. Noch im November 1944 wurde ich zum Ausheben von Schützengräben beordert. Rückblickend muß ich feststellen, daß sich heute der Geist von Hitlers "Mein Kampf" - in der Alt-BRD niemals ganz verschwunden - in Großdeutschland wieder regt. Erneut geht es um Rohstoffe, um Absatzmärkte, um Profit, letztlich um die Neuaufteilung von Macht- und Einflußsphären in der Welt. Dabei spielt das Völkerrecht schon lange keine Rolle mehr. Nur zwei kleine Beispiele: Wen kümmert es, wenn große Fischfangflotten des Westens an der Küste Somalias den Fischern und der Bevölkerung die Nahrungsgrundlage rauben? Oder: Ohne Beweise, ohne Anklage wird an Frauen und Kindern von angeblichen Terroristen unter Anwendung von Sippenhaft das Todesurteil vollstreckt.
Ich habe vor Augen, was im 2. Weltkrieg geschah und hatte mir geschworen: Nie wieder Krieg! Doch wie sieht die Realität aus?

Erich Riemland, Dippoldiswalde


Offensichtlich ist es hierzulande vornehm "unpolitisch" zu sein. Und der permanente Einfluß der bürgerlichen Medien auf die Bevölkerung mittels Vermutungen, Verdrehungen, Halbwahrheiten und Lügen zeigt Wirkung.
Die Gefahr droht nicht aus dem Osten, sondern aus dem Westen. Die BRD als Hilfssheriff des Weltgendarmen USA duldet eine bis an die Zähne bewaffnete Besatzungsmacht in diesem Land. "Go home, Ami, go home!", sang einst Ernst Busch. Das Lied ist immer noch aktuell!

F. Guddat, Eberswalde


Richtigstellung

Peter Truppel teilt mit, daß er nach wie vor in Cottbus lebt. Wir hatten im Juni-RF irrtümlich Berlin als seinen Wohnort genannt.

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RotFuchs Nr. 222, 19. Jahrgang, Juli 2016
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. August 2016

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