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ROTFUCHS/186: Tribüne für Kommunisten und Sozialisten Nr. 232 - Mai 2017


ROTFUCHS

Tribüne für Kommunisten und Sozialisten in Deutschland

20. Jahrgang, Nr. 232, Mai 2017



Inhalt

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Dank den Sowjetsoldaten!

Am 8. Mai vor 72 Jahren endete in Europa der verheerendste Krieg der Menschheitsgeschichte. Der Sieg wurde in Moskau und Paris, in London und New York gleichermaßen gefeiert. Klar war aber: Die Hauptlast bei der Vernichtung der Militärmaschinerie des faschistischen Deutschlands hatte die Sowjetunion getragen. Historiker sprechen von etwa 27 Millionen Toten auf dem Gebiet der UdSSR.

Für den ersten sozialistischen Staat war es ein Kampf auf Leben und Tod in einem von seiten der Aggressoren kolonialistischen Krieg. Das erklärte Ziel der deutschen Imperialisten war die Ausrottung dessen, was sie seit der Oktoberrevolution Bolschewismus genannt hatten, des Marxismus-Leninismus.

Die Sowjetunion sollte in von Deutschland abhängige, Rohstoffe und Nahrungsmittel liefernde Protektorate aufgeteilt werden. Gebiete, die landwirtschaftlich nutzbar waren, sollten von Deutschen besiedelt werden, die einheimische Bevölkerung war für Versklavung, Verdrängung und mehr oder weniger schnelle Vernichtung vorgesehen. Die Ermordung der europäischen Juden war ein Teil dieses Programms.

In Ostasien dauerte der Zweite Weltkrieg noch bis zum Spätsommer. Die Atombombenabwürfe der USA auf Hiroshima und Nagasaki eröffneten ein neues Zeitalter der Kriegführung. Nach der Brechung des US-Monopols auf die neuartige Waffe wuchs die Zahl der Atomwaffen auf der Welt in den folgenden Jahrzehnten in einen fünfstelligen Bereich, ausreichend für eine mehrfache Zerstörung der Menschheit und wahrscheinlich des Lebens auf der Erde. Jeder "konventionelle" Krieg zwischen Atommächten trägt seither die Gefahr in sich, zu einem Raketen-Kernwaffenkrieg zu werden.

Vor diesem Hintergrund muß der militärische Aufmarsch der NATO-Staaten direkt an der russischen Grenze oder in deren Nähe von den baltischen Staaten bis Afghanistan in höchstem Maß alarmieren. Er ist verbunden mit dem Beschluß des NATO-Gipfels vom Juli 2016 in Warschau, eine neue atomare Aufrüstungsrunde zu beginnen. Noch immer ist unklar, ob die neue Administration in Washington an der Einkreisungs- und Eskalationspolitik gegen Moskau festhalten will. Allerdings spricht die Erhöhung des US-Militäretats um zehn Prozent Bände. Die Bundesrepublik steigert ihre Rüstungsausgaben in ähnlicher Dimension. Vor allem aber beteiligt sie sich dauerhaft mit Truppenkontingenten an imperialistischen Abenteuern. Während das Grundgesetz Streitkräfte allein zur Landesverteidigung vorsieht, sind insgesamt mehrere tausend deutsche Soldaten in Afghanistan, in Mali und seit diesem Jahr auch in Litauen in jeweils größerer Zahl stationiert.

In Zentralasien und in Westafrika geht es um aggressiven Neokolonialismus, in Litauen um die Revision der Ergebnisse des Zweiten Weltkriegs. Die DDR wurde nach der Gründung der BRD geschaffen, um die Errungenschaften des Sieges über den Faschismus zu sichern. Im westdeutschen Staat wurde der 8. Mai entsprechend rasch verdrängt, und es war folgerichtig, daß die Bundesregierung im vergangenen Jahr nicht an den 75. Jahrestag des Überfalls auf die Sowjetunion erinnert werden wollte. Wer wieder Panzer an die russische Grenze schickt, möchte vom 22. Juni und vom 8. Mai nicht sprechen.

Der Tag im Mai vor 72 Jahren war ein Wendepunkt in der deutschen Geschichte. Doch die Konterrevolution von 1989/1990 hat diese Chance vorerst zerstört und den aggressivsten Kräften des deutschen Imperialismus den Weg nach Osten wieder frei gemacht. Es ist heute keine leichte Aufgabe, das Gedächtnis an den Sieg der Roten Armee und ihrer Alliierten wachzuhalten. Um so mehr gilt es, alle zu unterstützen, die daran mit Veranstaltungen, mit Kundgebungen, Mahnwachen, in Museen, an Gedenkstätten, in Schulen und Hochschulen mitwirken.

Dank den Sowjetsoldaten! Dank allen, die ihr Vermächtnis bewahren! Gerade jetzt.

Arnold Schölzel

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Wie entstand die Maifeier?

Der Gedanke, einen proletarischen Feiertag als Mittel zur Durchsetzung des achtstündigen Arbeitstages einzuführen, entstand zum erstenmal in Australien. Dort haben Arbeiter schon im Jahre 1856 beschlossen, einen Tag völliger Arbeitsruhe durchzusetzen, der für Versammlungen und Vergnügungen genutzt werden sollte. Dieser freie Tag wurde auf den 21. April festgelegt. Anfangs war nur an eine einmalige Manifestation gedacht, doch schon die erste Feier übte einen so starken Eindruck auf die proletarischen Massen des Landes aus, wirkte so aufmunternd und kraftgebend, daß man beschloß, sie alljährlich zu wiederholen.

In der Tat, was wäre aufbauender für den Glauben an die eigene Kraft als eine Massen-Arbeitsniederlegung aus eigenem Willen? Was könnte den ewigen Sklaven der Fabrik und der Werkstätten größeren Mut verleihen als das Erlebnis gemeinsamer Aktion? So fand der Gedanke der proletarischen Feier über Australien hinaus seine Ausbreitung in viele andere Länder der Erde.

Als erste folgten amerikanische Arbeiter dem Beispiel der australischen Kumpel. Sie setzten im Jahre 1886 als Tag der allgemeinen Arbeitsruhe den 1. Mai fest. An diesem Tag verließen 200.000 von ihnen die Arbeit und forderten den achtstündigen Arbeitstag. Repressalien und Verfolgung verhinderten für mehrere Jahre die Wiederholung dieser Manifestation. Doch 1888 wurde der Beschluß, an dieser Tradition festzuhalten, erneuert. Die folgende Feier fand am 1. Mai 1889 statt.

Inzwischen hatte sich die Arbeiterbewegung in Europa mächtig entwickelt und belebt. Ihren gewaltigen Ausdruck fand sie durch den internationalen Arbeiterkongreß im Jahre 1889. Auf diesem Kongreß, der 400 Delegierte versammelte, wurde beschlossen, den achtstündigen Arbeitstag zu fordern. Der Delegierte der französischen Gewerkschaften, der Arbeiter Lavigne aus Bordeaux, stellte daraufhin den Antrag, man möge in allen Ländern diese Forderung durch einen allgemeinen Arbeiterfeiertag zum Ausdruck bringen. Der Vorschlag der amerikanischen Delegation, dafür den 1. Mai festzulegen, wurde vom Kongreß angenommen. Zu präzisieren ist allerdings, daß auch dieser Beschluß von einer einmaligen Aktion ausging, auf der die Arbeiter aller Länder am 1. Mai 1890 geschlossen die Forderung nach einem achtstündigen Arbeitstag erheben sollten.

Dieser Tag wurde jedoch zur Initialzündung für die Etablierung des 1. Mai als Kampf- und Feiertag der proletarischen Massen in aller Welt bis heute. Solange Arbeiter im harten Klassenkampf um ihre Rechte streiten müssen, wird der 1. Mai als Ausdruck ihrer Forderungen nicht aus der Welt zu schaffen sein.

Otto Semmler, Erfurt

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Offener Brief an Martin Schulz

Der Politikwissenschaftler Christoph Butterwegge wandte sich am 27. Februar mit einem offenen Brief an den Spitzenkandidaten der SPD zur Bundestagswahl, Martin Schulz. Wir dokumentieren diesen Brief leicht gekürzt. Butterwegge war als Parteiloser für Die Linke zur Wahl für das Amt des Bundespräsidenten angetreten.

Lieber Martin Schulz,
kürzlich saßen Sie bei der Bundesversammlung neben mir in der ersten Reihe. Wir haben beide die soziale Gerechtigkeit zum Leitbild unserer politischen Arbeit erhoben, weshalb ich große Hoffnungen hinsichtlich einer Veränderung der Regierungspolitik unseres Landes in Sie setze. Illusionen bezüglich der Wandlungsfähigkeit einer Partei [der SPD], aus der ich 2005 wegen der Agenda 2010, der Hartz-Gesetze und der Tatsache ausgetreten bin, daß sie trotz einer rot-rot-grünen Bundestagsmehrheit und der Möglichkeit einer Regeneration in der Opposition eine große Koalition mit der Union bildete, hege ich gleichwohl nicht. Dadurch maßlos frustrierte Mitglieder und Millionen frühere Wähler der SPD projizieren heute ihre politischen Wunschvorstellungen auf Sie, obwohl sie die Parteiführung in der Vergangenheit immer wieder enttäuscht hat. (...)

Wie mir scheint, haben Sie die wachsende soziale Ungleichheit als Hauptproblem der Gesellschaftsentwicklung erkannt, gehen aber nicht über Andeutungen hinaus, wie die bestehenden Verteilungsverhältnisse korrigiert werden können. Sonst müßten Sie mit Hartz IV auch den Kern des Reformwerks in Frage stellen, das Gerhard Schröder in seiner "Agenda 2010" genannten Rede begründet hat. Die harten Zumutbarkeitsregelungen und die drakonischen Sanktionen der Jobcenter vor allem für unter 25jährige sind nicht bloß für die Betroffenen entwürdigend, sondern haben auch Belegschaften, Betriebsräte und Gewerkschaften genötigt, schlechtere Arbeitsbedingungen und niedrigere Löhne zu akzeptieren. Ich bin sehr gespannt auf Ihre Änderungsvorschläge dazu.

Was nützt den Erwerbslosen die von Ihnen ins Gespräch gebrachte Verlängerung des Arbeitslosengeldes I für Ältere, wenn ein Viertel aller Neuzugänge überhaupt nicht in seinen Genuß kommt und die große Mehrheit der Erwerbslosen bloß noch das Arbeitslosengeld II bezieht?

Im Rahmen des "Hartz IV" genannten Gesetzespaketes wurde mit der Arbeitslosenhilfe eine den Lebensstandard der Langzeiterwerbslosen noch halbwegs sichernde Lohnersatzleistung, die 53 bzw. (bei Vorhandensein unterhaltsberechtigter Kinder) 57 Prozent des letzten Nettoentgeltsbetrug, durch eine Lohnergänzungsleistung auf Fürsorgeniveau, das Arbeitslosengeld II, ersetzt. Dies war der mit Abstand schwerste Eingriff in das Arbeits- und Sozialrecht der Bundesrepublik. Dazu kann heute kaum schweigen, wer glaubwürdig für mehr Gerechtigkeit eintritt. (...)

Zusammen mit der Union wären soziale Gerechtigkeit und eine Agenda der Solidarität selbst mit Ihnen als Bundeskanzler nicht zu verwirklichen. Dazu bedarf es vielmehr einer rot-rot-grünen Koalition und einer breiten außerparlamentarischen Bewegung. SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke verbindet das Bekenntnis zu einer solidarischen Bürgerversicherung, die - auf alle geeigneten Versicherungszweige ausgedehnt - den Sozialstaat wieder auf ein festes Fundament stellen und sich als gemeinsame programmatische Plattform einer R2G-Koalition eignen würde. (...)

Mit solidarischen Grüßen
Ihr Christoph Butterwegge

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Erklärung des Ältestenrats der Partei Die Linke
Der Wahlkampf hat begonnen

Am 9. März tagte der Ältestenrat der Partei Die Linke unter Leitung seines Vorsitzenden Hans Modrow. Das Gremium verabschiedete unter dem Titel "Der Wahlkampf hat begonnen" eine Erklärung, die wir hier auszugsweise dokumentieren:

Der Wahlkampf zum Bundestag wird mit einer Schärfe geführt werden, wie es sie noch nicht gegeben hat. Die Funktionseliten sehen sich mit vielfältigen, tiefen Krisen und ungewohnten Herausforderungen konfrontiert, die mit Aussitzen, Lavieren oder Vertuschen, wie so oft praktiziert, kaum noch zu "händeln" sind. Ein "Weiter so" scheint nicht mehr möglich.

Die Enttäuschung vieler mit der sogenannten repräsentativen Demokratie hat Zulauf, weil die Schere zwischen Arm und Reich weiter geöffnet wird. Zukunftsängste aus realem Erleben greifen um sich trotz Wirtschaftswachstums. Weder Politiker noch Mainstream-Medien können diese noch wegschwatzen. Der Wahlsieg von Trump und seine rabiaten Attacken auf das gewohnte Establishment haben den Schleier der vielen Scheinheiligkeiten auch in der EU zerrissen. Ratlosigkeit und Verwirrung haben um sich gegriffen. Die Friedensfrage ist und sollte für Die Linke im Wahlkampf an erster Stelle stehen. Wo Vertrauensbildung fehlt, wird Mißtrauen verbreitet, und die Gefahren einer militärischen Eskalation bestimmen das Klima. Die Bestrebungen der Bundesregierung, die EU zu militarisieren, erfahren seit dem "Brexit" und der Inauguration des Präsidenten Trump einen neuen Schub.

Hinzu kommt, daß man sich in Deutschland in Gestalt der AfD mit einer Rechtsaußenopposition konfrontiert sieht, die dem neoliberalen Lager entsprungen ist, extrem rechtsradikale Kräfte aufsaugt und nun eigenständige, ambitionierte Machtansprüche stellt.

Leider hat es die Linkspartei nicht verstanden, rechtzeitig und wirkungsvoll dagegenzuhalten. Viele ehemalige Wähler haben nicht mehr erkennen können, daß Die Linke weiter Vertreterin ihrer Interessen für Frieden und soziale Gerechtigkeit sein will, und fühlten sich nicht mehr durch sie vertreten. Die Positionierung einiger leitender Funktionäre auch noch vor dem Magdeburger Parteitag, daß Die Linke nun vor allem gestalterische Aufgaben zu lösen habe, führte zu Unverständnis und Verunsicherung.

Der Parteivorstand ist gut beraten, wenn er im Wahlkampf die Frage einer Regierungsbeteiligung sehr bedacht unter Einbeziehung der Basis berät und entscheidet.

Die SPD mit Martin Schulz rückt mit einer Kritik der "Agenda 2010" die Frage nach sozialer Gerechtigkeit in den Mittelpunkt ihres Wahlkampfes und versucht, das Thema Armut und Reichtum zu besetzen. Für die Ursachen der wachsenden Spaltung in Arm und Reich ist jedoch die herrschende Politik verantwortlich.

Wähler und Nichtwähler, die sich in der DDR für ein antifaschistisches, nicht von Profitgier und Kriegstreiberei dominiertes Deutschland eingesetzt haben, wünschen sich eine differenziertere Debatte zur Geschichte der DDR, ihren Ergebnissen, Problemen, Widersprüchen. Es ist an der Zeit, gegen Klischees des kalten Krieges, wie die Reduzierung auf das Wirken des MfS, offensiv aufzutreten. Die Diskussion um Andrej Holm zeigt, daß die Auseinandersetzung um die DDR durchaus ein großes Thema bleibt.

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Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

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Raúl Castro - Revolutionär und Staatsmann

Über Fidel Castro gibt es viele Bücher, über seinen Bruder Raúl weiß man kaum etwas. Wenn in westlichen Medien einmal von ihm die Rede ist, dann ganz sicher nicht in einer Art, die ihm gerecht werden könnte. Das änderte sich auch nach dem historischen 17. Dezember 2014 nicht, als er zeitgleich mit US-Präsident Barack Obama vor der ganzen Welt eine neue Ära in den Beziehungen beider Länder ankündigte, auch nicht, als er in Havanna Gastgeber war, als erstmals seit 1000 Jahren der Papst und das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche aufeinandertrafen, und auch nicht durch seine Vermittlerrolle bei den langjährigen Friedensverhandlungen zwischen der kolumbianischen Regierung und der Guerilla in Havanna.

Es dauerte noch bis zum Sommer 2015, als der russische Autor Nikolai Leonow, den eine über 60 Jahre lange Freundschaft mit dem jetzigen kubanischen Staatschef verbindet, seine Biographie über Raúl Castro herausgab, die erste weltweit, die aber nur in russischer und spanischer Sprache existiert.

Für die deutschsprachige Leserschaft hat nun der Journalist Volker Hermsdorf im Verlag Wiljo Heinen sein Buch "Raúl Castro - Revolutionär und Staatsmann" veröffentlicht.

Hier erfährt man z. B., daß der jüngere Bruder des großen kubanischen Revolutionsführers Fidel Castro keinesfalls nur im Schatten seines Bruders wirkte. Der Leser lernt einen rebellischen Raúl kennen, der, im Gegensatz zu Fidel, nicht bereit war, sich dem Zwang einer Jesuitenschule mit ihren dauernden Gebeten unterzuordnen. Sein Vater holte ihn zurück zur heimischen Finca nach Birán und ließ ihn Feldarbeit verrichten. Das war als Strafe gedacht, aber sein Sohn fühlte sich zwischen Arbeitern und Tagelöhnern äußerst wohl. Als dem Familienoberhaupt jedoch zu Ohren kam, daß sein Sohn mit den Arbeitern deren soziale Lage diskutierte, beschloß er, ihn wieder zu Fidel nach Havanna zu schicken, denn "wenn er hier bleibt, verwandelt er sich in einen Kommunisten", fürchtete er.

Fidel hatte inzwischen herausgefunden, wie Raúl auch ohne Hochschulreife an der Universität studieren konnte, und machte seinen jüngeren Bruder mit den Schriften von Marx und Engels bekannt. Er entwickelte bald seine eigene politische Position und trat anders als sein Bruder nicht der "Partei des kubanischen Volkes - Die Orthodoxen" bei, weil er bereits vor dem Staatsstreich Batistas nicht mehr an eine mögliche Veränderung durch Wahlen glaubte. Mit 21 Jahren hatte sich Raúl als Organisator von studentischen Protestaktionen derart hervorgetan, daß verschiedene Jugendorganisationen ihn als Leiter der kubanischen Delegation zu einer internationalen Konferenz nach Wien schickten. Sein Auftreten in Wien war so überzeugend, daß man ihn zum Vorbereitungstreffen der Weltfestspiele der Jugend und Studenten nach Bukarest einlud. Dort schloß er viele Bekanntschaften, die ihm später noch nützlich werden sollten. Auf der Überfahrt nach Havanna lernte er den sowjetischen Diplomaten Leonow kennen, der schließlich sein erster Biograph werden sollte. Er hatte den jungen Kubaner angesprochen, als er ihn Makarenko lesen sah.

Nachdem er am 6. Juni 1953 wieder in Havanna angekommen war, überschlugen sich die Ereignisse. Noch auf dem Schiff wurde er festgenommen, weil bei ihm rumänische Broschüren gefunden wurden, er kam ins Gefängnis, wurde dort mißhandelt, trat dem kommunistischen Jugendverband bei und nahm einen Monat nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis an dem Angriff auf die Moncada-Kaserne in Santiago teil. Auch wenn dieser fehlschlug, wurde er doch der Startschuß für die Revolution, die Kuba für immer verändert hat.

Als Guerillaführer verwirklichte er in der befreiten Zone, die ihm unterstand (der sogenannten Zweiten Front), bereits im kleinen die Vorstellung eines revolutionären Gemeinwesens. Nach dem Sieg der Revolution wurde er zum jüngsten Verteidigungsminister der Welt in einem Land, das von Beginn an vom mächtigen Imperium bedroht wurde. Das Konzept der Revolutionären Streitkräfte mit seinen Einrichtungen, Unternehmen und Milizen hat sich in 58 Jahre als erfolgreich erwiesen.

Volker Hermsdorf zeigt auf, wie Raúl Castro dadurch, daß er den Revolutionären Streitkräften schon in den 60er Jahren über die Verteidigung des Landes hinaus Aufgaben in der landwirtschaftlichen Produktion und bei der Unterstützung des Tourismus und staatlicher Betriebe zugewiesen hatte, die Grundlagen für das Überleben Kubas in der sogenannten Sonderperiode nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion legte. Auch die Verteidigung war mit der Doktrin des Krieges des ganzen Volkes bereits so organisiert worden, daß das Land bereit war, sich auch ohne den Schutz der Sowjetunion aus eigener Kraft zu verteidigen.

All das macht deutlich, wie groß die Leistungen des jetzigen kubanischen Präsidenten sind. Er ist nie jemand gewesen, der sich in den Mittelpunkt gestellt hat und nach Ruhm strebte. Gerade deswegen ist es wichtig, daß dieses Buch dem Leser die Möglichkeit gibt, die Dimension des Wirkens eines Mannes zu erkennen, der heute als Staatsmann seine Aufgabe darin sieht, die Unabhängigkeit, Souveränität und Würde des kubanischen Volkes zu erhalten, wie es im Klappentext des Buches heißt.

Renate Fausten, Havanna


Volker Hermsdorf: Raúl Castro. Revolutionär und Staatsmann. Verlag Wiljo Heinen, Berlin 2016, 350 S., 16 €

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ALBA-Gipfeltreffen erfolgreich beendet

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

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+++ REAKTIONEN AUF DIE US-AGGRESSION GEGEN SYRIEN VOM 7. APRIL +++

Sie spielen mit dem Weltkrieg

Der US-Angriff auf einen syrischen Militärflughafen erhöht sprunghaft die weltweiten Spannungen. Eine Konfrontation mit russischen Truppen rückt näher, d. h. die Gefahr eines Weltkrieges. Eine Kollision beider Großmächte konnte diesmal offenbar vermieden werden, weil Moskau vorab über den Schlag informiert wurde und seine Abwehrmöglichkeiten nicht nutzte. Als Reaktion auf die US-Attacke setzte Rußland aber die mit den Vereinigten Staaten getroffene Vereinbarung zur Vermeidung von gefährlichen Vorkommnissen insbesondere zwischen den Luftstreitkräften beider Länder außer Kraft. Das ist angesichts des imperialistischen Abenteurertums eine besonnene Reaktion.

Die jetzige Lage ist ein Resultat der von den USA und ihren Verbündeten seit dem Untergang der Sowjetunion betriebenen imperialistischen Politik. US-Präsident Donald Trump setzt sie seit Wochen im Stil seines Vorgängers fort, begleitet sie allerdings mit Berufung auf "alternative Fakten", also aggressiver Blödelei bei Kriegsbegründungen. Die Blutspur allerdings, die er seit seiner Amtseinführung am 20. Januar hinterlassen hat, entbehrt jeder Groteske, sie ist eindeutig: 28./29. Januar, acht Tage nach Trumps Einzug ins Weiße Haus, ein von ihm pompös verkündeter Angriff von US-Spezialkräften im Jemen, bei dem etwa 30 Zivilisten sterben, allerdings auch ein GI.

17. März: Die USA bombardieren wieder einmal Mossul und töten auf einen Schlag bis zu 200 Menschen. Die Zahl ist so hoch, daß selbst der westliche Mainstream sie zur Kenntnis nehmen muß. Ansonsten läßt er so gut wie nichts darüber verlauten, was in der nordirakischen Stadt geschieht. "Eingebettete" Berichterstatter gibt es allerdings ausreichend vor Ort, sie erstatten nur keine Berichte. Am 18. März kommen im Norden Syriens etwa 40 Menschen in einer bombardierten Moschee ums Leben. Am 20. März töten Bomben der US-geführten Koalition, die seit 2014 in Syrien angeblich gegen den "Islamischen Staat" kämpft, mindestens 33 Menschen, die in einer Schule Zuflucht gesucht hatten. Die Zielkoordinaten hatte wahrscheinlich die Bundeswehr geliefert. Selbst die "Zeit"-Redakteurin Andrea Böhm spricht von einer "Taktik der neuen Brutalität", die mit Trump Einzug gehalten hat.

Trump kann sich auf seine Verbündeten von Saudi-Arabien über Tel Aviv, London und Paris bis Berlin verlassen, wie die Reaktionen auf seinen Angriffsbefehl gegen Syrien zeigen: Ihre klammheimliche Freude, es Assad und Putin heimgezahlt zu haben, konnten die Merkel und Hollande, May und Gabriel, der königliche Henker von Riad ebensowenig wie der Kolonialist und Dschihadisten-Helfer Netanjahu verbergen. Die Regierenden in Damaskus und Moskau hatten dieser Bande von Schlächtern, die sich als Weltpolizei aufführt, die bislang schwerste militärische Niederlage bereitet. Das vergessen Figuren dieses Schlages nicht. Ihr in jeder Hinsicht letztes Mittel ist das Spielen mit dem Weltkrieg.

Arnold Schölzel


US-Aktivisten warnen vor Atomkrieg wegen Syrien

Der von US-Präsident Donald Trump angeordnete und von seinen parteiübergreifenden Unterstützern begrüßte Raketenangriff auf die Luftwaffenbasis in Syrien könnte laut der US-amerikanischen Antikriegsbewegung "United National Antiwar Coalition" (UNAC) eine "katastrophale Eskalation" in der Region oder gar einen Atomkrieg zur Folge haben.

Weder Trump selbst noch eine US-Behörde hätten irgendwelche Beweise vorgelegt, daß die Regierung des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad das Nervengas Sarin bei Bombenangriffen auf die Terrornetzwerke IS und Al-Quaida oder andere Rebellengruppierungen in der syrischen Provinz Idlib eingesetzt habe. Die Aktivisten befürchten, daß Trumps "gefährliche und tödliche" Eskalation den Beginn eines neuen und intensiveren "imperialistischen US-Kriegs" in Syrien bedeuten könnte. Dabei würde der US-Kampf gegen Terroristen in den Hintergrund rücken, während sich Washington auf eine Absetzung Assads konzentriere.

Die UNAC übte in ihrer Erklärung zudem scharfe Kritik am Vorgehen der US-Medien: "Die Medien rühren einhellig die Kriegstrommel und feiern den Bombenangriff ohne Absicht, irgendwelche Fakten zu ermitteln, um ihre Unterstützung für Trumps monströses Verhalten zu bekräftigen", hieß es weiter.

Immer hätten die Medien, wenn Vorwände zur Rechtfertigung "imperialistischer Kriege" gebraucht wurden, den Weg dafür mit tragischen Bildern von verletzten und leidenden Kindern geebnet.

Aus Protest gegen das Vorgehen der US-Regierung wollen die UNAC-Aktivisten nun eine Serie von Demonstrationen landesweit organisieren.

RF, gestützt auf "Sputnik-News"



Erklärung der DKP zum Angriff auf Al-Schairat

Die DKP verurteilt den Raketenangriff der US-Armee auf die syrische Luftwaffenbasis Al-Schairat. Patrik Köbele, Vorsitzender der DKP, erklärte dazu: "Unabhängig davon, ob die syrische Armee tatsächlich für den Tod von über 80 Menschen durch Giftgas verantwortlich ist - wofür es bislang keinerlei Beweise gibt -, handelt es sich bei dem US-Angriff um einen völkerrechtswidrigen Aggressionsakt."

Die DKP wertet den Angriff, der laut syrischer Stellen mindestens fünf Todesopfer forderte, als Versuch, den Fortschritt der Friedensverhandlungen zu sabotieren. Zu Beginn der Woche hatte sich bei der internationalen Syrienkonferenz in Brüssel bei den westlichen Regierungen die Erkenntnis durchgesetzt, daß eine schnelle Absetzung von Syriens Präsident Baschar Al-Assad auf absehbare Zeit vor allem aufgrund der stärker gewordenen Position Rußlands in dem Konflikt unrealistisch ist. Auch US-Außenminister Rex Tillerson hatte vor wenigen Tagen einen Kurswechsel in der US-Syrienpolitik angedeutet: Über Assads Schicksal sollten die Syrer selbst entscheiden.

Seit Beginn des Krieges in Syrien haben die westlichen Staaten unter Führung der Obama-Regierung zugunsten der "Rebellen" - oft dschihadistische Milizen - Partei genommen und auf einen "Regime Change" hingearbeitet. Mit dem Eintreten Rußlands in den Konflikt und der Rückeroberung großer Landesteile durch die syrische Armee wurde dieses Ziel hintangestellt. Mit dem nun durchgeführten Luftschlag kommt die US-Regierung den Forderungen der aggressivsten Kreise des Imperialismus nach. Bereits im Wahlkampf hatte Hillary Clinton eine Verschärfung der US-amerikanischen Syrienpolitik angemahnt. Und auch Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) drängte die Kriegstreiber im Weißen Haus zu Beginn dieser Woche dazu, auf Obamas Kriegspfad zu bleiben: "Was nicht passieren darf, ist, daß der politische Prozeß - der am Ende dazu führen muß, daß Assad nicht mehr der Präsident Syriens ist - ad acta gelegt wird." Dementsprechend begrüßen die deutschen "Falken" Sigmar Gabriel und Angela Merkel (CDU) den US-Angriff.

Die Konfrontation der aggressivsten Teil des US-Imperialismus und seiner Verbündeten - vor allem der BRD - gegen Rußland wird damit auf Kosten des syrischen Volkes weiter verschärft. Nie ging es um eine Friedenslösung für Syrien, die nur auf der Grundlage nationaler Souveränität erreicht werden kann. Das Ziel war und ist die Schwächung aller Staaten, die dem Weltherrschaftsanspruch des Westens im Wege stehen - vor allem die Rußlands und Chinas.

Die weltweite Friedensbewegung muß den Kriegstreibern in den Arm fallen.

Wir sagen nein zum Kriegskurs!
Heraus zum Ostermarsch, raus auf die Straßen!
Essen, 7. April

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Stoppt endlich den "Regime-change-Krieg"!

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

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NATO goes East and East and ...

Das militärische Gerät der 4000 Soldaten starken 3. Kampfbrigade der 4. Infanteriedivision der US-Armee wurde via Bremerhaven nach Polen und in andere osteuropäische Staaten verlegt. Die meisten dieser Kriegswaffen wurden per Bahn, einige aber auch auf deutschen Straßen transportiert. Es handelt sich um 446 gepanzerte Kettenfahrzeuge sowie 907 Radfahrzeuge mit 650 Anhängern. Mit dabei sind auch 87 Kampfpanzer, 144 Schützenpanzer und 18 Panzerhaubitzen, wie das EUCOM (Europäisches US-Oberkommando in Stuttgart) in einer Pressemitteilung mitteilte. "Es wird das modernste Gerät sein, was die Armee anzubieten hat", so die US-Armee.

Die Logistik des Kriegswaffen-Transports führte die Bundeswehr durch, zentraler Ort dazu ist die in Garlstedt zwischen Bremen und Bremerhaven, aber in Niedersachsen befindliche Logistikschule des Heeres. Die Bundeswehr bezeichnet sich in diesem Zusammenhang als "Servicepartner" der US-Armee und teilt stolz mit, daß die Bundeswehr "bei dieser US-Operation den norddeutschen Raum als logistische Drehscheibe für den Transport von über 4000 US-Soldatinnen und Soldaten mit ihren Fahrzeugen und ihrer Ausrüstung" nutzt. "Deutschland hat als Drehscheibe eine besondere Bedeutung, diese wollen wir wahrnehmen." Die Bundeswehr "stellt für die US-Armee Lagerkapazität und Betriebsstoffe, Unterkunft und Verpflegung, Instandsetzung, Transport und Umschlag, Anlagen und Einrichtungen der Bundeswehr, Feldjägerunterstützung sowie die Transportsicherung innerhalb Deutschlands bereit."

Die Dimension der Truppenverlegung wird deutlich, wenn man sich anschaut, was da per Bahn transportiert wird. Es sind ca. 900 Eisenbahn-Waggons mit Kriegsmaterial, das von Bremerhaven nach Polen verbracht wird, "umgerechnet" ein Zug mit ca. 10 bis 14 km Länge. Dazu kommen noch ca. 600 Frachtstücke, die ebenfalls per Bahn vom Truppenübungsplatz Bergen-Hohne nach Polen transportiert werden. Und es gibt ca. 40 Fahrzeuge, die direkt auf der Straße von Bremerhaven nach Polen fahren.

Das Ganze nennt sich "Atlantic Resolve", ist aber keine Übung oder ein Manöver, sondern es handelt sich um eine permanente Verlegung des US-Kriegsgerätes nach Osteuropa. Nach 9 Monaten soll die gesamte Kampfbrigade durch eine gleichstarke neue Brigade ausgewechselt werden.

Warum diese Rotation der Kampftruppen? Offiziell hat dies militärische Gründe, doch dahinter steckt auch, daß die NATO-Rußland-Akte (von 1997) explizit ausschließt, daß in Osteuropa "substantielle Kampftruppen dauerhaft stationiert" werden. Genau dies geschieht aber derzeit, die Rotation ist dabei nur Trickserei.

Und: es ist auch nicht die einzige Truppenverlegung 2017. Im Januar fand die Militäroperation "Bison Drawsko" statt. Im Rahmen dieser Militäroperation wurde eine niederländische Brigade ebenfalls via Bremerhaven nach Polen bewegt. Und Anfang Februar folgte die permanente Stationierung der 1800 Soldaten starken 10. Heeresfliegerkampfbrigade (10th Combat Aviation Brigade) aus dem US-Bundesstaat New York. Es handelte sich dabei um eine Kampfhubschrauberbrigade mit 10 Chinook- und 50 Blackhawk-Hubschraubern. Neues Hauptquartier der Einheit wird das mittelfränkische Illesheim, stationiert werden sollen die Kampfhubschrauber in Lettland, Rumänien und Polen.

Die Obama-Administration hatte für diesen Truppenaufmarsch noch das Budget für die Truppenpräsenz in Europa im Rahmen der 2014 gestarteten European Reassurance Initiative (ERI) auf insgesamt 3,4 Milliarden US-Dollar vervierfacht.

Auch die Bundeswehr stationierte dauerhaft bis zu 500 Soldaten mit 26 Panzern und etwa 170 weiteren Militärfahrzeuge in Litauen. Nach Ansicht der Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen sei diese Maßnahme "genau angemessen" und "defensiv".

Die jetzige Truppenverlegung der NATO-Staaten hat auch etwas mit konkreten Kriegsszenarien zu tun. Begründungen für die Truppenverlegung: "Stärke zeigen", "Abschreckung gegenüber Rußland" etc. Politisch wurde diese Truppenverlegung beim NATO-Gipfel im Juni 2016 in Warschau beschlossen. Die CDU/CSU/SPD-Bundesregierung hat den Beschluß explizit mitgetragen. Der brandenburgische Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) zeigte sich dennoch "besorgt" ob dieser Aufrüstung. Friedensgruppen und Die Linke organisierten gleich zu Beginn des Jahres 2017 Protestdemonstrationen und -kundgebungen unter anderem in Bremerhaven, direkt bei den Fährschiffen mit dem ausgeladenen Kriegsgerät, beim Kloster Lehnin (beim dortigen Truppenübungsplatz der Bundeswehr, der als Zwischenstation genutzt wurde für die Truppenverlegung), in Frankfurt (Oder), Fürstenwalde und anderen Orten.

Offiziell heißt es, die NATO-Aufrüstung sei eine Konsequenz aus der Ukraine-Krise. De facto läuft damit eine heftige Aufrüstungsspirale, auch Rußland stationiert immer mehr Truppen an seiner Grenze, aber innerhalb Rußlands. "Das Ergebnis ist das größte NATO-Aufrüstungsprogramm seit dem kalten Krieg" heißt es in einem Pressebericht. Diese Aufrüstung muß gestoppt werden. Die Militärtransporte und die logistische Unterstützung durch die Bundeswehr für diese Aufrüstung werden weitergehen, hoffentlich die Proteste dagegen auch.

Tobias Pflüger
(Friedensforscher und stellvertretender Vorsitzender der Linkspartei)

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Vietnam: US-Kriegsverbrechen vor 50 Jahren

Seit 1961 versprühte die US-amerikanische Luftwaffe auf Anordnung des damaligen Präsidenten John F. Kennedy Pflanzenvernichtungsmittel über Südvietnam, um den Dschungel zu entlauben und Reisfelder zu zerstören. Damit wollten die US-Militärs den Befreiungskämpfern die Deckung nehmen und die Nahrungsgrundlage entziehen. Unter der zynischen Bezeichnung "Erntehelfer" testete die US-Armee 1965 erstmals das Mittel "Agent Orange". Am 7. Februar 1967 begann der flächendeckende Einsatz dieses über Jahrzehnte wirkenden Giftes. Durch seinen Einsatz "fielen die Blätter von den Bäumen, und es gab eine ungewöhnlich starke Zunahme bei Krankheiten wie Malaria. Das Immunsystem wurde erheblich geschwächt.

Junge Soldaten bekamen Leberkrebs und starben, und es gab eine ungewöhnlich hohe Zahl von Fehlgeburten." Wie sich später herausstellte, enthielt "Agent Orange" das hochgiftige Dioxin TCDD. Bis 1971 flogen die USA über 6000 Einsätze. US-Veteranen sprachen später vom "größten chemischen Angriff der Weltgeschichte". Über 70 Millionen Liter Herbizide versprühte die US-Luftwaffe, darunter allein 45 Millionen Liter "Agent Orange" mit mehreren hundert Kilogramm Dioxin, die ein Siebtel der Gesamtfläche Vietnams langfristig kontaminierten. Die Folgen waren verheerend, denn Dioxin schädigt das Erbgut über Generationen und führt zu schwersten Mißbildungen. Wer überlebt, benötigt intensive Pflege. 150.000 Kinder sind seit dem Krieg mit schweren Behinderungen zur Welt gekommen, drei Millionen Menschen leiden unter den Spätfolgen des Gifts wie z. B. Krebskrankheiten, Stoffwechselstörungen, Herzkollaps und Diabetes.

Filmisch dokumentiert sind die Einsätze und ihre schrecklichen Spätfolgen u.a. in "Vietnam nach dem Bombenhagel" (J. Edward Milner, 1993), "Schlimmer als Hiroshima" (Ludwig Schaaf, 2000), "Regen der Vernichtung" (James Pastouna, 2007) und "Lighter than orange" (Matthias Leupold, 2012). RF

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Die letzten Wochen vor der Oktoberrevolution (1)

Das Volk will Frieden
Im Frühjahr 1917 wurde die Fortsetzung oder Beendigung des Krieges zu einer entscheidenden Frage für alle politischen Kräfte Rußlands.

Arbeiter, Bauern und Soldaten forderten auf Versammlungen, bei Massendemonstrationen und Kundgebungen immer energischer die sofortige Beendigung des Krieges. Jeder Monat Krieg kostete das ausgeblutete Land eine halbe Milliarde Rubel. Hunger und Massenarbeitslosigkeit nahmen zu. Zwischen dem 14. März und dem 23. April waren von 28 326 Soldaten, die aus Reserveregimentern an die Front geschickt wurden, 17 Prozent desertiert.


Die Provisorische Regierung
Die provisorische Regierung war gewillt, den Krieg fortzusetzen. Das hatte der Ministerpräsident der Provisorischen Regierung, Fürst Lwow, am 1. April dem französischen Ministerpräsidenten versichert. Ende April kam der französische Minister für Bewaffnung, A. Thomas, nach Rußland, um die Arbeiter und Soldaten zur Fortsetzung des Krieges zu bewegen. Außenminister Miljukow erklärte im Namen der Provisorischen Regierung zu den verschiedensten Anlässen telegrafisch, mündlich oder in Noten, daß der "Krieg bis zum siegreichen Ende fortgeführt" werde.


"Das Vaterland verteidigen"

Die kleinbürgerlichen Parteien (Menschewiki und Sozialrevolutionäre) erklärten, es gelte jetzt, das "Vaterland zu verteidigen". Aufgrund ihres zahlenmäßigen Übergewichts in den Sowjets (Räten) konnten sie Verwirrung in den nach Frieden strebenden Volksmassen stiften und ihre Auffassung auf der Beratung der Sowjets der Arbeiter und Bauern in Petrograd vom 11. bis 16. April als Beschluß durchsetzen. Wenige Tage später, am 20. bzw. 23. April, unterstützte die Mehrheit der Abgeordneten des Petrograder und Moskauer Sowjets eine neue Kriegsanleihe der Provisorischen Regierung.


Die Haltung der Bolschewiki

Die Partei Lenins - die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Rußlands (Bolschewiki) - unterstützte dagegen uneingeschränkt die Forderung nach Beendigung des Krieges.

In Fabriken, Kasernen und Schützengräben erklärten die Kommunisten, daß von der Verteidigung des Vaterlandes keine Rede sein könne, weil sich der imperialistische Charakter des Krieges auch unter der Provisorischen Regierung nicht geändert hatte. Sie erklärten die Notwendigkeit der Übernahme der ganzen Macht in die Hände der Räte, weil nur eine Regierung der Arbeiter und Bauern dem imperialistischen Krieg ein Ende machen werde.

Die Parteigruppen der Bolschewiki in den Armee-Einheiten, die nach der Februarrevolution gebildeten sogenannten Militärorganisationen, hatten in dieser Arbeit große Erfolge.


Streik in Deutschland

Der Friedenswunsch des russischen Volkes, das Elend des Krieges, Not und Hunger widerspiegelten sich auch in Friedensforderungen anderer Völker.

In Deutschland wuchs die Antikriegsstimmung, einerseits durch die antimilitaristische Arbeit der Spartakusgruppe, zum anderen durch die eigenen Erfahrungen, die die Volksmassen in dem über 30 Monate währenden Krieg gesammelt hatten. Bis Ende 1916 waren fast vier Millionen deutsche Soldaten gefallen, verwundet oder in Gefangenschaft geraten.

Als am 15. April die Behörden eine weitere Herabsetzung der Hungerrationen ankündigten, begannen einen Tag später 300.000 Berliner Arbeiter und Arbeiterinnen einen Proteststreik, bei dem eine ganze Reihe Rüstungsbetriebe lahmgelegt wurden. Zehntausende schlossen sich in Braunschweig, Halle, Dresden, Hannover und vielen anderen Städten dem Streik an. Nach dem Beispiel der russischen Arbeiter wurden in zwei Berliner Rüstungsbetrieben die ersten Arbeiterräte in Deutschland gebildet.


Der erste 1. Mai in Rußland

1917 wurde in Rußland der 1. Mai, der Kampftag der arbeitenden Menschen aller Länder, zum ersten Mal in der Öffentlichkeit gefeiert. Die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Rußlands (Bolschewiki) hatte in Flugblättern aufgerufen, für internationale Solidarität und Freundschaft zwischen den Völkern zu demonstrieren. Sie forderte die Arbeiter auf, den Kampf gegen den imperialistischen Krieg und für den Übergang der gesamten Macht in die Hände der Sowjets (Räte) fortzusetzen. Im ganzen Land kam es zu Massenkundgebungen und -demonstrationen.


Petrograd: 1. Mai 1917

Die Hauptstadt Rußlands bot an diesem 1. Mai ein ungewohntes Bild. Vom frühen Morgen an zogen Demonstranten aus den Arbeitervierteln in Marschsäulen zu den Sammelstellen. Arbeiterlieder erklangen. Soldaten marschierten kompanieweise und als geschlossene Einheiten neben den Arbeiterkolonnen. In Straßen, auf Plätzen und in Betrieben fanden Massenkundgebungen statt.

Auf einer dieser Kundgebungen sprach W.I. Lenin über die Bedeutung des 1. Mai und die Aufgaben der russischen Revolution. Seine Rede endete mit dem Appell: "Nieder mit dem Krieg! Es lebe der Frieden und der Kampf für die proletarische sozialistische Republik!"

Gerade an diesem 1. Mai, an dem die Werktätigen Rußlands ihr Streben nach Frieden massenhaft bekundeten, richtete der Außenminister der Provisorischen Regierung, Miljukow, an die Regierungen Englands, Frankreichs und der übrigen Verbündeten Rußlands eine Note, in der er mitteilte, die Regierung werde den Krieg weiterführen.

Miljukows Absicht rief bei den Arbeitern und Soldaten, die geglaubt hatten, nach dem Sturz des Zaren im Februar werde der Krieg bald beendet sein, Empörung hervor. Am 3. Mai kam es in den Straßen Petrograds spontan zu Demonstrationen. Um 15 Uhr marschierten vor dem Marienpalast, wo die Provisorische Regierung tagte, das Finnländische Regiment und weitere Einheiten der Petrograder Garnison auf.


Protest gegen Kriegspolitik

In kurzer Zeit hatten sich auf dem Platz vor dem Palast mehr als 15.000 Soldaten versammelt. Sie trugen Plakate mit den Losungen: "Nieder mit Miljukow!", "Nieder mit dem Krieg!", "Alle Macht den Sowjets!"

In Fabriken und Werken kam es zu Protestkundgebungen gegen die Note Miljukows. Am Abend des 3. Mai zogen Arbeiterkolonnen mit der Losung "Alle Macht den Sowjets!" zum Taurischen Palast, wo der Sowjet der Arbeiter und Soldaten tagte.

Gegen den Protest der Arbeiter und Soldaten organisierte die Bourgeoisie Aufmärsche von Anhängern der Provisorischen Regierung. Offiziere provozierten und schossen. Zugleich warf die regierungsfreundliche Presse den Anhängern Lenins vor, Urheber der Unruhen zu sein. Die Situation verschärfte sich. Nach einem Wort Lenins war das Land zu diesem Zeitpunkt um Haaresbreite vom Bürgerkrieg entfernt.


Die Krise der Provisorischen Regierung

Anfang Mai 1917 befand sich die Provisorische Regierung in Petrograd in einer politischen Krise. Sie war hervorgerufen worden durch die bereits erwähnte Note ihres Außenministers Miljukow, in der er sich im Namen der Regierung für die Fortsetzung des Krieges aussprach und damit einen Massenprotest unter den nach Frieden drängenden Arbeitern und Soldaten hervorgerufen hatte.

Den Ausweg suchte die Bourgeoisie in der Entlassung des Kriegs- und Marineministers Gutschkow und des Außenministers Miljukow. Zugleich wandte sich die Regierung an die Vertreter der kleinbürgerlichen Parteien im Petrograder Sowjet der Arbeiter und Bauern mit dem Angebot, ihre Vertreter in die Regierung zu entsenden.


Kerenski wird Kriegsminister

In der Nacht zum 15. Mai beschloß das Exekutivkomitee des Petrograder Sowjets, in dem die kleinbürgerlichen Parteien (Menschewiki und Sozialrevolutionäre) die Mehrheit hatten, gegen die Stimmen der Anhänger Lenins, der Bolschewiki, das Angebot der Regierung anzunehmen.

Am 18. Mai traten die Menschewiki Zereteli und Skobelew und der Sozialrevolutionär Tschernow als Minister in die neugebildete Koalitionsregierung ein. Der Sozialrevolutionär Kerenski, der bereits in der provisorischen Regierung Justizminister war, übernahm das Amt des Kriegs- und Marineministers.

Mit dem Eintritt der "Sozialisten" in die Regierung erreichten die Menschewiki und Sozialrevolutionäre, daß bei einem Teil der Soldaten, Bauern und Arbeiter die Hoffnung wuchs, nun würde sich die Politik zugunsten der arbeitenden Bevölkerung ändern.


Der Krieg geht weiter

Die "sozialistischen" Minister setzten sich jedoch nicht für die Forderung des Volkes nach Beendigung des Krieges ein. Bereits einen Tag nach ihrer Bildung teilte die Regierung mit, daß sie den Krieg an der Seite ihrer Verbündeten fortsetzen werde.

Am 25. Mai ordnete sie an, dem Kriegsministerium eine zusätzliche, im Budget nicht vorgesehene Summe von 604 Millionen Rubel zur Deckung von Kriegskosten anzuweisen. Obwohl im bisherigen Verlauf des Krieges bereits mehr als 1,5 Millionen russische Soldaten gefallen und etwa vier Millionen verwundet worden waren, begann Kriegsminister Kerenski mit der Vorbereitung der von den Verbündeten geforderten Offensive an der Front.

Am 24. Mai unterzeichnete Kerenski den Befehl über die Grundrechte der Militärangehörigen, der in der Armee die uneingeschränkte Macht der Generale und Offiziere wiederherstellte, die nach der Februarrevolution durch die Soldatenräte wesentlich eingeschränkt worden war. Als Strafe für Antikriegsaktionen an der Front verfügte die Regierung am 19. Juni die Verschickung zur Zwangsarbeit.


Im Lande herrschen Hunger und Not

Im April hat te die Moskauer Bevölkerung statt der angekündigten 1890 Waggons Brotgetreide nur 713 erhalten. Die Bourgeoisie vergrößerte mit Betriebsstillegungen und Aussperrungen noch die Not der Bevölkerung. Streikaktionen der Arbeiter verurteilte der menschewistische Minister für Arbeit, Skobelew, als "eigenmächtige" Aktionen, welche die Industrie "desorganisierten".

(Gestützt auf "UZ")

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Gedanken zur Oktoberrevolution

Gegen die Kriegspläne des Imperialismus, gegen den Hungerkurs des Kapitalismus, gegen den Terror des Faschismus gibt es nur einen Weg für das Proletariat: den Weg, den die Oktoberrevolution der russischen Arbeiter und Bauern uns gewiesen hat.
Ernst Thälmann, 1930

Nicht allein der russische Kapitalist war expropriiert, sondern den Ausbeutern aller Länder lief, mit dem Gedanken desselben Schicksals eine Gänsehaut über den Rücken.
Wilhelm Pieck, 1918

Es ist seelische Auswirkung der russischen Revolution, daß hier im Westen nichts mehr selbstverständlich und gesichert fortlebt ... Das Bürgertum selbst weiß sich gezeichnet von der russischen Revolution. Es hat eine mehr oder weniger lange Gnadenfrist.
Heinrich Mann, 1929

Während der sechs Monate ihrer Existenz in Rußland haben die Sowjets trotz ihrem Mangel an Erfahrung mehr Initiative und Vernunft gezeigt als deutsche Parlamente in fünfzig Jahren.
Walter Rathenau, 1919

Was hat dies Jahr gebracht? Gegeben hat es neue Ausblicke durch Rußland. Von da ist etwas Neues in die Welt gekommen, was mir entschieden vom Guten zu sein scheint.
Käthe Kollwitz, Silvester 1917

Wir stehen am Wendepunkt der Geschichte. Die Revolution ist für die Werktätigen und Unterdrückten aller Völker zum Appell und Kampfruf geworden ... Ein großartiges Werk voll gigantischer Energien und edelsten Idealen. Eine neue bessere Welt nimmt ihren Anfang.
Karl Liebknecht, 1918

Heute weiß ich mit Sicherheit, daß zwei große Geschehnisse meine literarische Entwicklung bestimmt haben: das Erlebnis des imperialistischen Krieges und das Erlebnis der sozialistischen Gesellschaft in der Sowjetunion. Diese beiden Erlebnisse haben mir dazu verholfen, mich zu befreien von gewissen Vorurteilen der Klasse, inmitten derer ich geboren war ...
Lion Feuchtwanger, 1938

Als im Jahre 1917 zu uns jungen Menschen, die gegen den Imperialismus aktiv kämpften, die Nachricht von der Oktoberrevolution kam, wußten wir, daß hier endlich der "Traum der Millionen" Wirklichkeit, daß diese Welt des Mordens und des kapitalistischen Raubbaus an menschlicher Kraft durch eine sozialistische Welt voll Sinn und Vernunft überwunden wurde.
Ernst Toller, 1934

Meiner Überzeugung nach wird die Oktoberrevolution das unvergleichlich wichtigste Ereignis des zwanzigsten Jahrhunderts bleiben.
Klaus Mann, 1933

­... eine weltgeschichtliche Tat, deren Spur in Äonen nicht untergehen wird. Ich erwarte noch viel Großes in den nächsten Jahren, nur möchte ich die Weltgeschichte nicht bloß durch das Gitter bewundern.
Rosa Luxemburg, 1917
im Gefängnis Breslau

Das Faktum Sowjetrepublik ist für mein Bewußtsein eine der größten und beglückendsten Tatsachen. Weil hier seit zweitausend Jahren zum ersten Male der ganz ehrliche Versuch gemacht wird, durch Energie Gerechtigkeit in die Welt zu bringen.
Alfred Kerr, 1933

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Ex-Sowjetbürger über ihr Leben vor und nach dem Zerfall der UdSSR

Meinungsforscher aus Rußland, Frankreich und ehemaligen Sowjetrepubliken haben in einer Umfrage im vergangenen Jahr herausgefunden, daß die große Mehrheit der heute über 35jährigen in neun von elf ehemaligen Sowjetrepubliken das Leben vor dem Zerfall der UdSSR als besser bewertet als das Leben danach.

In Rußland schätzen 64 Prozent der befragten 35- bis 64jährigen die Lebensqualität in der Sowjetunion als höher als nach ihrem Zerfall ein - in der Ukraine sind es 60 Prozent. Die höchste Zustimmung zum "Sowjet-Leben" stellten die Meinungsforscher in Armenien und Aserbaidschan fest: 71 bzw. 69 Prozent der Befragten gaben an, das Leben vor dem Zerfall der UdSSR sei besser gewesen. Nur die Einwohner Tadschikistans und Usbekistans bewerteten das Leben nach dem Zerfall der Sowjetunion als besser als davor: In Tadschikistan stimmen dem 55 Prozent zu, 39 Prozent waren dagegen; in Usbekistan stand es gar 91 gegen 4 Prozent.

Daß das Leben nach dem Zerfall der Sowjetunion besser geworden sei, gaben tendenziell eher Umfrageteilnehmer aus der Gruppe jener an, die die Sowjetunion persönlich nicht mehr erlebten: die Gruppe der heute 18- bis 24jährigen. 63 Prozent der befragten Jugendlichen unterstützen diesen Standpunkt.

In nahezu allen Ländern der ehemaligen Sowjetunion gaben die meisten über 35jährigen an, in der UdSSR besser gelebt zu haben als nach deren Zerfall. In Armenien stimmen dem 71 Prozent zu, 23 Prozent sind dagegen; in Aserbaidschan 69 bei 29 Prozent Gegenstimmen; in Rußland 64 versus 28; in Kasachstan 61 versus 27; in der Ukraine 60 versus 23 Prozent; in Kirgisien 60 versus 30; in Weißrußland 53 versus 28; in Georgien 51 versus 46 Prozent.

Diese Werte haben die Meinungsforschungsinstitute WZIOM, M-Vector, Ipsos, Expert Fikri und Qafgaz durch Umfragen in elf ehemaligen Sowjetrepubliken im Auftrag der Nachrichtenagentur Sputnik ermittelt.

In Rußland wurde die Umfrage von WZIOM, in Kirgisien und Tadschikistan von M-Vector, in den anderen ehemaligen Sowjetrepubliken von Ipsos, Expert Fikri und Qafgaz zwischen dem 4. Juli und 15. August 2016 durchgeführt. Insgesamt haben 12 645 Menschen an der Umfrage teilgenommen: je 1000 in Armenien, Aserbaidschan, Weißrußland, Moldawien, Georgien, Kasachstan, Kirgisien und Tadschikistan; 1045 in Usbekistan; 2000 in der Ukraine und 1600 in Rußland. Die Stichprobe repräsentiert die Bevölkerung des jeweiligen Landes nach Geschlecht, Alter und Geographie.

(Gestützt auf "Sputnik")

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Die Oktoberrevolution - ihre historische Bedeutung

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

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Die Verschwörung von Beloweschsk

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
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Wissenschaftliche Weltanschauung
Von der Solidarität
Sendung des Deutschlandsenders vom 20. Juni 1973

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
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Die Solidarität geht weiter

In der Erinnerung sehr vieler DDR-Bürger ist Solidarität nicht nur eine Worthülse wie im Godesberger Programm der SPD, sondern gelebtes Miteinander am Arbeitsplatz, in der Brigade, im Kulturensemble, in der Freizeit, ja, eigentlich in jeder noch so kleinen Gemeinschaft. Hilfe, Solidarität beschränkte sich aber nicht allein darauf, dem anderen zu jeder Zeit und in jeder Situation unter die Arme zu greifen - einfach so, ohne etwas zu fordern oder einen Vorteil davon zu erhoffen. Tätige Solidarität ging weit über die Landesgrenzen hinaus.

1953 spürte ich in meiner eigenen Familie, was Solidarität bedeutet. Mein Vater wurde zum Direktor der Medizinischen Fachschule Berlin berufen, weil die Direktorin mit ihrem Ehemann, einem angesehenen Architekten, nach Nordkorea ging, um dem vom Krieg gezeichneten Land zu helfen. Er beteiligte sich am Aufbau einer völlig neuen Stadt. Das ist meine erste Erinnerung an gelebte Solidarität, wie sie aus dem Wesen unseres Arbeiter-und-Bauern-Staates erwuchs.

Während die "Arbeiterpartei" SPD von Heimat- und Menschenliebe nur sprach, nahmen wir die Freundschaft mit anderen Völkern und die internationale Solidarität sehr ernst. DDR-Solidaritätsaktionen mit dem heldenhaft um seine Freiheit kämpfenden Volk von Vietnam sind unvergessen. Kaum jemand blieb davon unberührt. Junge Pioniere sammelten Zeitungen, Flaschen und Altstoffe, um den Erlös auf ein Spendenkonto einzuzahlen. Die FDJ organisierte Solidaritätsveranstaltungen, Künstler traten ohne Gage auf, Parteimitglieder spendeten regelmäßig von ihrem Gehalt. Höhepunkt der jährlichen Spendenaktion war der auf dem Berliner Alexanderplatz stattfindende Solidaritätsbasar. Mit all diesen Aktivitäten und deren Erlöse konnten lebensnotwendige Dinge, Solidaritätsgüter, Maschinen und Anlagen für den Wiederaufbau Vietnams, Kambodschas und anderer Länder gekauft werden.

Wenn sich heute Politiker, auch der Linkspartei, zur DDR äußern, tun sie meist so, als habe es sie nie gegeben. Dabei wirkt sie selbst nach nahezu drei Jahrzehnten seit ihrer Einverleibung durch die BRD noch kräftig nach. Ich kann die Freude des Kabarettisten Uwe Steimle nachvollziehen, der gleich bei seiner Ankunft in Vietnam zwei Kirow-Kräne sah, die nach so vielen Jahren immer noch funktionierten. Was aber noch viel wichtiger ist: Die DDR lebt in den Herzen der dortigen Menschen. Tausende haben bei uns - auch in Schwerin, wo ich ihnen in einem unserer größten Werke, dem VEB Plastmaschinenwerk, begegnete - einen Beruf erlernt, um danach mitzuhelfen, ihre Heimat nach den Zerstörungen durch die US-Aggression wieder aufzubauen. In solidarischer Verbundenheit standen wir an der Seite des tapferen vietnamesischen Volkes.

DDR-Solidaritätsbrigaden, die vor Ort aktive Aufbauhilfe leisteten, waren auch in Afrika. Die Menschen in Mozambique, Angola, Burkina Faso und anderen Ländern dieses Kontinents erinnern sich noch gut. Wer zu uns kam, erlernte einen Beruf oder bekam die Möglichkeit zu studieren. Und das waren nicht die Söhne und Töchter der Stammesfürsten!

Die bei Kämpfen im Ringen um den Aufbau von Volksdemokratien in Afrika verwundeten Menschen wurden auch in unseren Krankenhäusern gepflegt. Darunter viele Kämpfer gegen das Apartheid-Regime in Südafrika und Namibia. Der Neokolonialismus der herrschenden imperialistischen Mächte (USA, Großbritannien, Frankreich, aber auch die BRD) konnte zeitweilig zurückgedrängt werden. Auch hier standen wir DDR-Bürger auf der richtigen Seite der Barrikade.

Wir unterstützten die Regierung von Salvator Allende in Chile. Erich und Margot Honecker fanden dort später nicht nur ihr letztes Exil, sondern auch viele Freunde, die nicht vergessen hatten, was Solidarität bedeutet.

Wir kämpften um die Freilassung von Angela Davis, der US-amerikanischen Bürgerrechtlerin und Kommunistin, genauso wie für den Führer des ANC in Südafrika, Nelson Mandela, während Politiker der BRD das Apartheid-Regime in Pretoria mit Waffen versorgten und das Pinochet in Chile gewähren ließen.

Vergessen wir nicht: Es gibt nur eine Welt. Auch heute sind wir dazu verpflichtet, internationalistische Solidarität zu üben.

Konstantin Brandt

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Die rauhe See des Widerspruchs - ein Konferenzbericht
Zum 90. Geburtstag von Hans Heinz Holz

Am 25. Februar 2017 fand in der Urania Berlin eine Konferenz und Feier anläßlich des 90. Geburtstags von Hans Heinz Holz (1927-2011) statt. Die DKP, die Gesellschaft für dialektische Philosophie und die Fondazione Centro di Studi Filosofici (S. Abbondio, Schweiz) hatten dazu aufgerufen, unterschiedliche Perspektiven auf das vielfältige Werk von Hans Heinz Holz darzustellen. Dafür wurde der Geburtstag als Kombination aus einem wissenschaftlich-politischen und einem festlichen Teil gestaltet.

Im ersten Teil galt es, den Horizont von Holz' Denklandschaft auszuschreiten, indem Aspekte seines philosophischen, ästhetischen und politischen Vermächtnisses dargestellt wurden. Der gewählte Modus des Streitgesprächs wollte den Jubilar aber nicht nur ehren, sondern Grenze und Übergang bestimmen. Holz war schließlich Dialektiker - ihm lag der Widerspruch mehr als die Lobhudelei. Nach dem Prinzip der Für- und Widerrede trafen im ersten Themenbereich Hans-Joachim Petsche (Universität Potsdam) und Andreas Hüllinghorst (Gesellschaft für dialektische Philosophie) unter der Moderation von Richard Sorg (Hamburg) aufeinander.

Gegenstand ihrer Debatte war das Widerspiegelungstheorem und die dazugehörige Metapher, kurz das Zentrum von Holz' Kosmos. Nachdem Hüllinghorst vorlegte, indem er den philosophisch-metaphorischen Gehalt der Widerspiegelung als Erkenntnis- und Wirklichkeitsmodell vorstellte, widersprach Petsche, indem er die Geltung des Spiegels aufs Korn nahm. Holz, der sich zwar um die Eintragung der Spekulation in den philosophischen Materialismus verdient gemacht habe, genüge seinen eigenen Ansprüchen auf eine exakte und kohärente Metaphorik nicht. Spiegel seien vielmehr blind - und dadurch passiv -, da sie das Bild nicht erzeugen, sondern Strahlen umleiten. Holz neige daher auch zur Vernachlässigung einer Entwicklungsdialektik. Hüllinghorst entgegnete, daß vor der Ausführung die Grundlegung geschehen müsse.

Im zweiten Panel ging es kontrovers weiter. Martin Küpper (Freie Universität Berlin) und Jan Loheit (Universität Jena) rangen - von Renate Wahsner (Berlin) moderiert - um Sinn und Unsinn der skandalträchtigen Frage nach Metaphysik als Wissenschaft des Gesamtzusammenhangs. Küpper verteidigte in seinem Plädoyer für Holz die Notwendigkeit der Metaphysik, die nach den begrifflichen Gehalten bei der Umsetzung materieller Verhältnisse in Anschauungen von Welt frage. Die Wirklichkeit sei in ihrer Prozeßartigkeit nur im Begriff darstellbar, da diese Ebene uns nie sinnlich gegeben sei. Dagegen warnte Loheit vor der darin angelegten Gefahr, Theorie in der Vogelperspektive statt in und aus Wirklichkeit zu generieren. Ihre Bewährungsprobe sei gerade in der konkret-historischen Praxis und nicht im Medium des Begriffs aufzusuchen.

Hans Jörg Glattfelder, bildender Künstler aus der Schweiz, und Alfred J. Noll, Jurist und Hochschullehrer aus Wien, gingen dem Realitätsgehalt von Kunst nach. Holz sei, so Noll, zu der Ansicht gelangt, daß im besonderen Kunstwerk eine besondere Beziehung eingeschrieben sei: in ihm sei Allgemeines anschaulich dargestellt. Das heißt nicht, wie Glattfelder zu verstehen gab, daß das Prinzip realistischer Kunst sich darin auszeichne, Realität 1:1 wiederzugeben, vielmehr eigne sich diese Wirklichkeit kritisch-welthaft an. So könne der zu Unrecht verschrieene Konstruktivismus durchaus die industriell-serielle Produktionsweise des Kapitalismus realistisch darstellen, etwa indem dieser die unsinnlichen Datenströme digitaler Produktionsmodi wieder zur sinnlichen Anschauung bringe und so zu ihrem Erkennen beitrage.

In der letzten Diskussionsrunde trafen drei Vertreter europäischer kommunistischer Parteien unter der Leitung von Jürgen Lloyd aufeinander. Patrik Köbele (DKP), Hannes Fellner (PdA, Österreich) und Gazi Ates (EMEP, Türkei) diskutierten über die Rolle der kommunistischen Parteien im zeitgenössischen Imperialismus. Sie waren sich einig darin, daß eine kommunistische Organisation der Schmelzpunkt der Vermittlung zwischen Theorie und Praxis sei. Einklang herrschte auch darüber, daß in der gegenwärtigen Linken nur die kommunistischen Kräfte - trotz ihrer Schwäche - die soziale Frage in den Blickpunkt bekommen könnten, da die Klassenverhältnisse in ihren Grundstrukturen unverändert seien und die Arbeiterklasse weiterhin zur Aufhebung der Klassengesellschaft vorherbestimmt sei. Doch um dieses hierfür notwendige Klassenbewußtsein zu artikulieren und als politische Urteilskraft zu materialisieren, böten sich unterschiedliche Anknüpfungspunkte an. Die Theorie sei wieder verstärkt in die praktische Parteiarbeit zu integrieren. Das könne verschiedene Formen annehmen. So gelte es, emanzipatorisch-aufklärerische Bildung bereitzustellen und bis in die Sympathisantenkreise zu vermitteln. Die Partei habe sich außerdem an den Frontlinien gesellschaftlicher Entwicklung, d. h. in den Betrieben, an den Universitäten, an den Schulen usw. einzubringen, um dort das theoretische wie praktische Bedürfnis aufzuspüren, aufzunehmen und emanzipatorisch umzuformen.

Im zweiten Teil der Geburtstagsveranstaltung wurde mit musikalischer Untermalung vom Künstler-Kollektiv Quijote aus Chemnitz, die Werke von Mikis Theodorakis spielten, gefeiert. Kristin Bönicke resümierte die theoretischen und publizistischen Aktivitäten nach Holz' Tod, berichtete von Lesekreisen und jüngsten Nachlaßveröffentlichungen und forderte zur Weiterführung des Werks auf. Alte Weggefährten von Holz wie Isabel Monal (Kuba), Gazi Ates (Köln) und Hermann Klenner (Berlin) erinnerten sich lebhaft an Holz' Schaffen und ließen seine Person aus dem Strom ihrer Erinnerungen lebendig werden.

Ernst Simon, Berlin

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Mord an Thälmann

In der Broschüre schildert Ralph Dobrawa (Rechtsanwalt, Verfasser von Veröffentlichungen zur Rechtsgeschichte und Mitglied des RF-Autorenkreises) die Ermittlungen zur Erschießung Ernst Thälmanns in der Nacht vom 17. zum 18. August 1944 im Konzentrationslager Buchenwald.

Der frühere DDR-Verteidigungsminister Heinz Keßler schrieb das Vorwort. Nach mehrfacher Einstellung des Verfahrens durch die westdeutsche Justiz stand der frühere SS-Mann Wolfgang Otto schließlich ab November 1985 vor Gericht. 1988 wurde er freigesprochen.

Ralph Dobrawa: Mord ohne Sühne. Die Verschleppung der Strafverfolgung gegen die Mörder Ernst Thälmanns. AG von Verbänden des OKV beim Landesverband der Partei Die Linke Thüringen, Erfurt 2017, 40 S., zahlreiche Abbildungen, 2 €
Bezug über: Jochen Traut, Robert-Koch-Straße 25, 98527 Suhl, Tel.: 03681/707402

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Ein Gespräch von 1977 über marxistische Philosophie und Politik

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

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Sozialismus "mit oder ohne Wertgesetz"?

Im Januar-"RotFuchs" wiederholt Achim Dippe seinen schon vor Jahresfrist geäußerten Gedanken eines Sozialismus "mit Marktwirtschaft/ Wertgesetz". Damals versprach er sich von mehr (oder überhaupt) Marktwirtschaft im Sozialismus (besonders in der Sowjetunion), daß er (sie) dann den Zwängen des nach außen zu führenden Klassenkampfs, insbesondere mit den USA, besser widerstanden resp. sogar diesen überstanden hätte. Mal abgesehen von diesem Aspekt - ich möchte mich rein sachlich zur Frage Sozialismus "mit oder ohne Wertgesetz" einmal näher äußern. Auch Achim Dippe klagt Mangel an ausführlicher Diskussion - in der Sowjetunion an sich und in anderen Ländern im besonderen, darunter auch der DDR - ein. Bitte, beginnen wir eine Diskussion, im nachhinein.

Zunächst meine Position: Ich vertrete eine andere Auffassung als Achim Dippe. D. h. Wertgesetz im Sozialismus geht nicht. Warum nicht? Weil ein anderes ökonomisches Gesetz an seine Stelle treten muß und - getreten ist: das Gesetz der (planmäßigen) proportionalen Entwicklung. Ich klammere das Wort "planmäßige" ein, nenne das Gesetz an sich nur das proportional die Ökonomie bewegende Gesetz. Warum? Weil es ein Irrtum ist, daß es sich um ein Gesetz handelt, das erst dem Sozialismus, ab seiner planwirtschaftlich bestimmten Periode, zuzuordnen ist. Nein, es beginnt schon im Kapitalismus zu wirken; genauer: Es beginnt mit dem Gesellschaftlichwerden des Charakters der Arbeit, einer höheren Form der gesellschaftlichen Teilung/Aufteilung der Arbeit.

Unter der Bedingung, daß noch das Wertgesetz, also das Gesetz der äquivalenten Aneignung der Arbeit, das gesellschaftlich herrschende ist, erkennen wir den Beginn des Wirkens des proportionalen Gesetzes der ökonomischen Bewegung daran, daß eine zweite Form des Geldkapitals entsteht: das Finanzkapital.

Finanzkapital entsteht dadurch, daß Geld, das über die Realisierung des Wertes von Waren (also des Wertgesetzes) angeeignet wird, nicht so ausgegeben wird, wie es eingenommen wurde. D. h., die Wiederrealisierung des Geldes in Waren unterscheidet sich quantitativ von der Einnahme. Nicht also das Wertgesetz selbst - dieses schafft nur die Voraussetzung, die Realisierung der Ware in Geld -, sondern der Bedarf an Gebrauchswerten für die Erweiterung der Produktion führt zur Verwandlung von Geld in Ware. Das ist der maßgebende Grund dafür, daß sich Wertgesetz und Proportionalitätsgesetz in ihren Wirkungen quantitativ unterscheiden. Der Grund dafür ist aber ein qualitativer, eine andere Form der Bestimmung der Aneignung: Statt Wert sind es Güter. Statt Gegenwart - Zukunft.

Konkret geht es also darum, daß jemand Geld in Besitz genommen hat aufgrund des abstrakten Bezugs zur Arbeit - des Wertes, über das er aber nicht verfügen muß aufgrund des konkreten Arbeitsbezugs - des Bedarfs an Gebrauchswerten. Er verwandelt es in allgemeines, gesellschaftliches Kapital, in Jedermannskapital, konkret aber in Kapital, das solchen Arbeiten zur Verfügung gestellt ist, die überäquivalent (!), also über den Wert hinaus reproduzieren müssen/ können. Faktisch ist das Finanzkapital der Vorläufer der Planwirtschaft. Indem diese a priori in bezug auf die Arbeit/konkrete Betriebe mit dem Bedarf an Gütern (die sie zu produzieren hat) operiert, muß sie auch unmittelbar mit einem Geldbedarf operieren, der dieser Aneignung von Gütern entspricht. Statt vermittelndes Finanzkapital zu sein, verwandelt sich Geld in der Planwirtschaft in unmittelbares Finanzgeld. (Solange der Sozialismus noch mit Geld operiert.) Die Voraussetzung, daß Geld zielsicher zugeteilt werden kann, ist eine klare naturale Planung. D. h. Planung existiert in einer ersten Periode des Kommunismus schon in doppelter Form - einer klaren naturalen sowie einer preisgestützten und in Abhängigkeit von letzterer einer bestimmten monetären Planung.

Womit klar ist, daß unter dem Gesichtspunkt der konkreten, proportionalen Bewegung in der Ökonomie es die Form einer vorausgesetzten äquivalenten Bildung und Aneignung von Kapital (oder einfach Geld) gemäß dem Wertgesetz nicht zu geben braucht. Es gibt sie zwar, aber nicht aus ökonomischem Grund!(1) Rein ökonomisch betrachtet kann die Aneignung von Geld (zum Kauf von Gebrauchswerten) auf die proportionale Bewegung der Arbeit reduziert werden. Die äquivalente Aneignung oder das Äquivalenzprinzip kann gesellschaftlich gesehen entfallen.

Warum aber ist es denn im Kapitalismus nicht entfallen? Weil der das private Eigentumsprinzip als sein Produktionsverhältnis fortsetzt und der Wert/das Wertgesetz Arbeit zu diesem Eigentum (Eigentum in abstracto) vermittelt. Das Wertgesetz ist ein Darstellungsgesetz, umgekehrt das Proportionalitätsgesetz ein Bewegungsgesetz. Der Kapitalismus muß noch mit beiden Gesetzen regieren/regulieren, mit dem proportionalen in Abhängigkeit vom äquivalenten. D. h. mit dem ökonomischen, der Arbeit entsprechenden Gesetz in Abhängigkeit vom äquivalenten, dem Eigentumsgesetz. Der Sozialismus reguliert nur mit dem einen - dem "seinen". Seinen angeführt deshalb, weil natürlich die Erfordernisse einer zukünftigen Gesellschaft (oder auch Gesetzmäßigkeit) schon in der vorausgesetzten Gesellschaft beginnen - nicht herrschend, aber schon erscheinend. Man muß sie nur erkennen wollen. D. h. faktisch beginnt der Kommunismus vor Existenz seiner Eigentumsverhältnisse. Er ist aus dem Charakter der Arbeit zu erklären, nicht an sich aus dem Eigentum.

Es ist daher ein Irrtum zu sagen, das Gesetz der proportionalen Bewegung/Aneignung sei erst ein Gesetz, das ursächlich auf der Aufhebung des privaten Eigentums an der Arbeit beruht, oder das ideologischen, politischen Grund, Machtanmaßung (durch Staat, Partei oder irgendein "Büro") zur Ursache hat - nein, es hat seine Ursache in der Arbeit.

Es gibt - bei entsprechender Entwicklung - zwei Bewegungsformen der Arbeit, die eine ist abstrakter, die andere konkreter Natur. Sie unterscheiden sich durch zwei Formen/Gesetze der Aneignung. Man gerät nicht in Regellosigkeit und Willkür, wenn man das eine Gesetz aufgibt, sondern diese Aufgabe (des Wertgesetzes) ist erst im Erscheinen und dann im Übergang zum anderen Gesetz gesetzmäßig enthalten.(2) Der reale, also planwirtschaftliche Sozialismus wurde dem ökonomischen Gesetz der proportionalen Bewegung dadurch gerecht, daß er mit den unmittelbaren Geldeinnahmen der Betriebe kein ökonomisches Recht mehr verband - weshalb das Wertgesetz sein Dasein auch aushauchte, ohne sonderlich bemerkt zu werden. (Und wer es dennoch noch "sieht", glaubt es wohl am Preis noch zu "sehen"; aber: dieser ist doch ein Festpreis geworden, und wie kann ein Festpreis ein Wertpreis sein? Es ist in Wahrheit ein der naturalen Verteilung adäquates Geld, also ein "Theaterbillett".) An die Stelle der bis dato besonderen, privaten Eigentümer war der gesellschaftliche, der Volkseigentümer getreten, er besaß/verfügte über beides zugleich: über Waren/Güter und Geld. Und: Er verteilte Geld, wie er Güter verteilte!(3) Wer diesen Unterschied nicht begreift, begreift den Sozialismus - oder einfach den gesellschaftlichen Charakter der Arbeit, wie er den Produktionsverhältnissen entspricht - nicht.

Was in der Form von Finanzkapital nur begann, wurde im Sozialismus in der Form von Geldfondsbildung für die Betriebe, für deren einfache wie erweiterte Reproduktion, nur vollendet. Wir haben es mit einem geschichtlichen, gesellschaftsübergreifenden Prozeß zu tun, oder eben einem Prozeß, der zwei Gesellschaftsordnungen braucht, um verstanden werden zu können. Die Aneignung des Geldes per Wertgesetz wurde abgelöst durch an den Plan gebundene Aneignung per Geldfonds. Wenn man so will, wandelt der Sozialismus alles Geld in Finanzgeld um. Der Plan übernahm unmittelbar die Funktion, die der Markt nur vermittelt (über die Wertform vermittelt) übernehmen kann. Besser? Schlechter? Aber darum geht es gar nicht. Der Wechsel als solcher ist zu verstehen.

Die nächste Frage wäre nun natürlich die des Preissystems bzw. des Geldmengensystems, aber das ein andermal. Wie "genau" muß denn ein Preis/ein Geld sein, wenn es nur Gebrauchswerte, also Arbeit in konkreter Hinsicht kaufen darf? Aber bitte: Die Diskussion ist eröffnet.

Hermann Jacobs, Berlin


Anmerkungen

(1) Der Grund liegt in einer nach dem Leistungsprinzip regulierten Verteilung an Individuen. D. h. Geld setzt an sich das Leistungsprinzip um, mehr nicht. Betriebe bräuchten es bereits nicht mehr.

(2) Wollten wir ein Wertgesetz im Sozialismus, würden wir beim Geld zur Form des Finanzkapitals zurückkehren müssen!

(3) Im Plan verschafft sich die Gesellschaft (oder eben das gesellschaftlich planende Organ), eine Vorstellung von ihren ökonomischen Wünschen. Bestimmt sie den Bedarf an Wohnungen auf das Fünffache, ist klar, daß sie den Bedarf an Türschlössern ebenfalls auf das Fünffache zu steigern hat. Ein Äquivalenzprinzip kann einer solchen Anforderung nur entsprechen, indem es praktisch wie faktisch aufgehoben ist. Unter der Bedingung der proportionalen Aneignung der Arbeit kann Äquivalenz nur eine von drei Möglichkeiten sein, bzw. Aneignung kann ganz ohne Äquivalenz auskommen, um der Proportionalität zu entsprechen. Äquivalenz verwandelte sich dann in eine Besonderheit der Allgemeinheit.

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Was nicht in den Personalakten stand

Wir schrieben das Jahr 1989. In unserem damals volkseigenen Werk waren insgesamt etwa 900 Beschäftigte tätig. Die Unzufriedenheit hatte zugenommen und nun, zum 40. Jahrestag der DDR, ihren Höhepunkt erreicht. Da erschien eines Tages eine Abordnung von Betriebsangehörigen in meinem Büro. Sie verlangten im Namen aller anderen Einsicht in ihre Personalakten und deren Herausgabe. Der Wortführer, ein junger Mann aus dem Bereich der Instandhaltung, erklärte: "Wir wollen alle sehen, was ihr über uns an die Staatssicherheit berichtet habt, und warum wir nicht, so wie wir wollen, in den Westen fahren dürfen, und warum keiner etwas gegen die immer größer werdenden Mißstände unternimmt."

Ich hatte nur wenig Zeit zum Überlegen. Ich entschied aufgrund der aufgeheizten Stimmung, der Forderung nach Akteneinsicht nachzukommen. "Morgen früh ab 7 Uhr können alle in der Personalabteilung Einsicht in ihre Akte nehmen. Jeder kann dann - mit Ausnahme des Arbeitsvertrages - das für ihn Relevante mit nach Hause nehmen", war meine Antwort. Die Abordnung war damit einverstanden. Dies war eine eigenmächtige Entscheidung, doch ich war der Meinung, daß die Leute ein Recht auf ihre Unterlagen hatten. Wir hatten ja nichts zu verheimlichen. Meine Mitarbeiterinnen wies ich an, einen Raum mit drei Tischen getrennt voneinander einzurichten und jedem, der es wünschte, seine Personalakte zur Einsicht zu geben. Sie sahen mich erstaunt an, fragten aber nicht weiter nach dem Grund. Nachdem alles vorbereitet war, machten wir wie immer 16.30 Uhr Feierabend. Am nächsten Morgen kam ich etwas zeitiger zur Arbeit. Ich staunte nicht schlecht. Vor dem Eingang zum Büro stand eine lange Schlange wartender Personen. Außer einiger spitzer Bemerkungen und versteckter Beleidigungen verhielten sie sich ruhig und diszipliniert. Meine Mitarbeiterinnen waren inzwischen auch eingetroffen. Obwohl es noch nicht 7 Uhr war, öffnete ich die Tür und ließ die ersten drei Kollegen eintreten.

Meine Stellvertreterin bot ihnen einen Platz an den Tischen an und übergab die jeweilige Personalakte. Jeder las interessiert in seinen Papieren, blätterte von vorn bis zur letzten Seite und wieder zurück, schüttelte mit dem Kopf, las weiter, manche murmelten auch etwas vor sich hin. Nach ca. zehn Minuten stand der erste auf, warf die Akte auf den Tisch und wollte gehen. "Einen Moment", sagte ich zu ihm, "außer dem Arbeitsvertrag, dem Laufzettel und dem Einstellungsprotokoll können Sie alles mitnehmen, wir benötigen es eigentlich nicht." "Was soll ich damit machen?", fragte er etwas unwirsch. Auch die anderen waren jetzt mit ihrer Durchsicht fertig. Es folgte das gleiche Spiel. "Habt ihr wirklich nicht mehr?", fragte einer. "Nein, das sind vollständig eure Akten", war meine Antwort.

Wort- und grußlos verließen sie dann den Raum. Die Nächsten kamen. Die Stimmung war angespannt. So ging es nun fast den ganzen Tag. Viele schüttelten nur mit dem Kopf oder lachten, als sie ihre Akte lasen. Eine Kollegin fragte, wieso ihre Kurbestätigung hier drin sei. Einer wollte wissen, wo denn der "Strenge Verweis" sei, den er im vergangenen Jahr erhalten habe. "Nach einem Jahr", antwortete meine Kollegin, "wird er, wenn nichts wieder vorgefallen ist, aus der Akte genommen und vernichtet." Einer erkundigte sich, wer die Beurteilung wegen seiner Reise in die BRD geschrieben habe. Er wollte nicht glauben, daß der Direktor für Produktion die Reise befürwortet hatte, die Personalabteilung einverstanden war, sie aber dennoch von anderer Stelle abgelehnt worden war. Wir konnten seine Frage nicht beantworten.

Viele verließen den Raum mit enttäuschtem Gesicht. "So ein Unsinn, was die alles aufgehoben haben", meinten mehrere von ihnen. Sie hatten offenbar nicht gefunden, was angeblich in der Akte sein sollte und wonach sie hauptsächlich gesucht hatten. Wir hatten uns darauf eingerichtet, an diesem Tag einige Stunden länger zu öffnen, um auch den Schichtarbeitern die Möglichkeit zur Einsichtnahme zu geben.

Offensichtlich hatte es sich bis zum Mittag im Betrieb herumgesprochen, was in den Personalakten enthalten war. Der Andrang am Nachmittag nahm spürbar ab, und am nächsten Morgen kamen nur noch vereinzelte Kolleginnen und Kollegen. Nach unserer Rechnung waren bisher nicht einmal 30 % der Betriebsangehörigen zur Einsichtnahme gekommen. Deshalb übergaben wir am Nachmittag jeder Abteilung ein Schreiben mit dem Angebot, in die Akten einzusehen, da wir diese Aktion abschließen wollten. Es kamen nur noch ganz wenige. Warum also vorher die große Aufregung?

In der Zwischenzeit ordneten meine Kolleginnen die Akten für jeden, der Einsicht genommen hatte, neu. Die Unterlagen, die nicht mitgenommen wurden, warfen sie in einen Papiersack, um ihn am nächsten Tag im Kesselhaus des Betriebes zu verbrennen. Als ich den ersten Sack in das Kesselhaus brachte, kam ein Kollege auf mich zugestürzt und brüllte mich an: "Ihr wollt wohl die Berichte an die Stasi verbrennen"? "Nein", sagte ich ganz ruhig, "das sind nur die Reste der Akten, welche die Kollegen nicht mitgenommen haben." "Das wollen wir sehen", forderte er barsch. Obwohl das eigentlich nicht rechtens war, weil es ja auch damals noch einen bestimmten Datenschutz gab, nahm ich den Sack, drehte ihn um und schüttete ihm alles vor die Füße. "So", sagte ich, "sieh nach, was es für Unterlagen sind." Eifrig begannen sie - es waren noch zwei Kollegen hinzugekommen - einzelne Schriftstücke herauszuziehen und zu lesen. Ihre Gesichter wurden immer länger. Ich stand daneben und schaute zu. Etwa nach einer Viertelstunde hörten sie auf. "Los, verbrennt das Zeug", knurrte der Anführer seine Kollegen an, drehte sich um und verschwand. Die beiden nahmen die Schriftstücke und warfen sie in die Feuerung. Ich blieb dabei, bis alles verbrannt war.

Einige Tage später ging ich durch einzelne Abteilungen des Betriebes. Ein Teil der Kolleginnen und Kollegen sagten: "Ihr habt euch ja große Mühe gegeben, aber was sollen wir mit dem ganzen Zeug machen? Außer der Beurteilung und ein paar anderen Sachen war ja nur viel Papier in der Akte!" Einzelne machten einen großen Bogen um mich, sie konnten die Enttäuschung wahrscheinlich nicht verwinden, daß sie nicht das gefunden hatten, was ihnen eingeflüstert worden war. Immerhin waren ja innerhalb von zehn Jahren 168 Betriebsangehörige, nicht nur Rentner, in die BRD gereist. Eine einzige Kollegin ist in der BRD geblieben, aus persönlichen Gründen. Alle anderen kehrten wieder an ihren Arbeitsplatz zurück.

Wenige Monate später wurde der Betrieb abgewickelt. Anlagen und Maschinen hat man in der Nacht auf Waggons verladen und in die alten Bundesländer verbracht. Alle Angehörigen des Betriebes wurden arbeitslos. Unser Werk wurde zum zweiten Mal nach 1945, dieses Mal aber für immer, geschlossen.

Dr. Hans Rost, Bautzen

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Wir geben nicht auf!

Im Einigungsvertrag haben die Verhandlungspartner beider deutscher Staaten seinerzeit bekundet, die Einheit Deutschlands als "... gleichberechtigtes Glied der Völkergemeinschaft in freier Selbstbestimmung zu vollenden". Aber schon nach den ersten Wochen des Machtantritts des Kapitals war klar, daß die wohlgewählten Worte des Vertrages bald vergessen sein werden und bezüglich der "gleichberechtigten" rechtlichen Stellung in diesem Staat eine geteilte Rechtsstaatlichkeit praktiziert wird. Daß aber eine solche Praxis noch nach mehr als 25 Jahren Bestand haben sollte, haben wohl selbst die Pessimistischsten nicht für möglich gehalten. Immerhin hatte man 1990 im Art. 143 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) in Übereinstimmung mit dem Einigungsvertrag festschreiben lassen, daß im früheren DDR-Gebiet von den Bestimmungen des Grundgesetzes abgewichen werden könne, "... soweit ... infolge der unterschiedlichen Verhältnisse die völlige Anpassung an die grundgesetzliche Ordnung noch nicht erreicht werden kann". Gleichzeitig hatte man aber eine Befristung für die mögliche Abweichung "... längstens bis zum 31. Dezember 1992 ..." festgelegt, was allerdings später kaum noch thematisiert wurde.

Ein wesentlicher Bereich dieser Abweichung bezieht sich auf das bestehende extreme Ost-West-Gefälle an Löhnen und Gehältern. Es weist heute immer noch einen Unterschied um etwa 20 % bei gleichem Preisniveau der Lebenshaltungskosten in beiden Teilen Deutschlands aus. Das führte für einen Großteil der DDR-Bürger zu einer sozialen Schieflage, die sich bis heute mit eskalierenden Folgen vor allem der Rentenpolitik fortsetzt und eine wachsende Altersarmut nach sich zieht. Leidtragende sind besonders jüngere Generationen, deren vergleichsweise niedrigere Einkommen sich später auf ihre Rentenansprüche auswirken.

Auch die praktizierte Art der "Rentenangleichung" der Ost-West-Renten läßt trotz partieller Veränderungen weitere Lücken entstehen und setzt die Ungleichheit fort. Ausgehend von den abgeführten Rentenbeiträgen werden die Rentenansprüche durch eine nur schwer zu durchschauende Um- und Hochrechnung des jeweiligen Durchschnittsverdienstes in Ost und West errechnet. Das ergibt gegenwärtig einen Rentenentgeltwert Ost von 28,66 €, dem ein Rentenwert West von 30,45 € gegenübersteht. Bei zugrunde gelegten 40 Entgeltpunkten ergibt es monatlich noch einmal eine höhere Rente West von etwa 72,20 €, was im Jahr immerhin ein Mehreinkommen von etwa 850 € ausmacht. So entsteht durch das seit mehr als 25 Jahren praktizierte niedrigere Lohn- und Gehaltsniveau bei dieser Art der "Berechnung" ein völlig irreales Bild und gewissermaßen eine doppelte Benachteiligung für DDR-Bürger.

Da für diese Handhabung weder eine rechtliche Grundlage noch eine zwingende Veranlassung besteht, läßt sie nur den Schluß zu, daß die Benachteiligung der DDR-Rentner von vornherein einkalkuliert war. Das aber kommt noch heute einer Bestrafung dafür gleich, DDR-Bürger gewesen zu sein.

Eine weitere gravierende Ungerechtigkeit besteht darin, daß die zur DDR-Zeit erarbeiteten Ansprüche in einzelnen Berufsgruppen nicht in voller Höhe berücksichtigt und insofern unterschiedlich gemindert werden. Das trifft für viele Berufsgruppen zu. So z. B. für die Bergarbeiter, denen die Anerkennung ihrer in der DDR erworbenen Sonderrente verwehrt wurden, oder die Krankenschwestern, die durch die genannte Manipulation mit besonders niedrigen Minirenten leben müssen. Auch andere Rentenregelungen wie beispielsweise die in der DDR zuerkannten Leibrenten als Folge einer im Dienst der NVA erlittenen Verletzung wurden weder umgerechnet noch anderweitig ausgeglichen. Man hat sie ersatzlos gestrichen, weil sie im bundesdeutschen Recht keine adäquate Entsprechung hatten. Eigentumsgarantien gemäß Art 14 GG, bzw. § 59 ff. BGB oder Bestandschutzregelungen werden nicht einmal in Betracht gezogen.

Auffällig und durch nichts zu begründen ist auch die völlig unterschiedliche Bewertung der erworbenen Rentenansprüche im Staatsapparat, den Organen der bewaffneten Organen und der Zollverwaltung. Das führt zu extremen Rentenminderungen, die sich besonders nachhaltig für die ehemaligen Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) auswirken.

Ohne die üblichen Kriterien zugrunde zu legen, hatte man ihnen bis 1999 einen Rentenanteil um etwa 70 % des Durchschnittseinkommens des DDR-Bürgers, noch unterhalb der Sozialhilfe, zugebilligt. Nach einem langen Rechtsstreit wurde er schließlich auf den Rentendurchschnitt angehoben.

Dagegen steht aber, daß die Angehörigen des MfS nicht wie in anderen Tätigkeitsbereichen eine Rentenrücklage von 6 % auf 600 DM abgeführt haben, sondern 10 % auf ihren Gesamtbruttoverdienst. Wenn in der bürgerlichen Presse immer wieder mit dem Begriff "Sonderrente" operiert wird, soll das ganz offensichtlich suggerieren, daß es sich dabei um eine besonders vorteilhafte Ausnahmerente gehandelt habe. Diese Betrachtungen und die daher in der Öffentlichkeit entstandenen, weitverbreiteten Meinungen von einer angeblichen Überbezahlung der Mitarbeiter des MfS sind absolut falsch. Daß es keine unberechtigte Überzahlung gegenüber anderen vergleichbaren Einrichtungen gegeben hat, wurde zweifelsfrei nachgewiesen. Dennoch hat der 1. Senat des BVerfG in einem seit Jahren laufenden Rechtsstreit Ende des Jahres 2016 die Annahme einer diesbezüglichen Verfassungsbeschwerde verweigert.

Statt ihre Ansprüche aus gleichen Wertungskriterien anderer bewaffneter Organe und deren Einkommen herzuleiten, gestaltet man sie offensichtlich nach der Devise: Je intensiver man dem "Unrechtsstaat" DDR gedient hat (wie die Angehörigen des MfS), desto stärker sind die Rentenansprüche wegen "Staatsnähe" einzukürzen.

Eine solche Praxis verletzt elementare, im Grundgesetz festgeschriebene Grundrechte. So stellt sie einen besonders derben Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG dar. Der schreibt vor, daß wesentlich Gleiches nicht ungleich und wesentlich Ungleiches nicht gleich behandelt werden darf. Anders zu verfahren sei Willkür und rechtswidrig. (Badura: s. 97/staatsrecht) Wenn unbestritten ist, daß die in der Vergangenheit eingezahlten Rentenbeiträge Privateigentum sind, dann stellt eine ungerechtfertigte Rentenminderung auch einen willkürlichen Eingriff in das Grundrecht der Eigentumsgarantie und einen Verstoß gegen Art. 14 GG dar. Der Verfassungsrechtexperte Prof. Dr. Dr. Merten spricht diesbezüglich in seinen wissenschaftlichen Publikationen von "Verwerfungen insbesondere bei der Ausführungsgesetzgebung, ... die einige Gruppen Versorgungsberechtigter nicht nur wirtschaftlich belasten, sondern auch diskriminieren". (Probleme gruppengerechter Versorgungsüberleitung. § 7 AAÜG im Lichte des Grundgesetzes. Verlag Duncker & Humblot, Berlin 2012, Vorwort)

Die Fortsetzung einer solchen, rechtlich nicht zu begründenden Praxis gegenüber den Angehörigen des MfS kommt einer strafähnlichen Sanktion gleich, die gegen die Wertneutralität des Rentenrechts verstößt und das Rentenrecht gewissermaßen als "strafrechtliche Ersatznorm" mißbraucht.

Im Namen der 20.000 Angehörigen der "Initiativgemeinschaft zum Schutze der sozialen Rechte ehemaliger Angehöriger bewaffneter Organe und der Zollverwaltung der DDR e.V." sei gesagt: Der Kampf im Bund mit allen Betroffenen geht weiter. Wir geben nicht auf!

Dr. jur. Heinz Günther

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26. Mai 1952: Die DDR sichert die Grenzen

Nach Abstimmung mit der sowjetischen Kontrollkommission (SKK), der Vertretung der Sowjetregierung in Deutschland von 1949 bis 1953, beschloß der Ministerrat der DDR am 26. Mai 1952 die "Verordnung über Maßnahmen an der Demarkationslinie zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und den westlichen Besatzungszonen Deutschlands". Darin wurde das Ministerium für Staatssicherheit, dem die Deutsche Grenzpolizei (DGP) zeitweilig unterstellt worden war, beauftragt, unverzüglich Maßnahmen festzulegen, um die Bewachung dieser Linie zu verstärken. Schon am folgenden Tag, dem 27. Mai, trat die "Polizeiverordnung über die Einführung einer besonderen Ordnung an der Demarkationslinie" in Kraft. Es war genau der Tag, an dem der Westzonenstaat der "Europäischen Verteidigungsgemeinschaft" (EVG) beitrat.

Nach dem Beispiel des Grenzregimes in der UdSSR wurde eine 5 Kilometer breite Sperrzone errichtet, die eine 500 Meter breite Schutzzone und einen 10 Meter breiten Kontrollstreifen einschloß. Für den ständigen oder zeitweiligen Aufenthalt und Arbeiten in diesem Gebiet sowie für die Ein- und Ausreise traten besondere Regelungen in Kraft.

Der bis dahin an vielen Orten noch stattfindende kleine Grenzverkehr wurde eingestellt. Wenige Tage später erfolgten analoge Festlegungen für die Grenze an der Ostsee und am Ring um Berlin. Um die sich aus den Grenzsicherungsmaßnahmen für die in der Sperrzone wohnenden Menschen ergebenden Erschwernisse zu mildern, legte die Regierung nicht nur soziale Vergünstigungen fest, sondern auch Sonderprogramme zur Förderung des politischen und kulturellen Lebens.

Wesentlich veränderten und verbesserten sich auch die Dienstbedingungen für die Grenzpolizisten. Zahlreiche Freiwillige verstärkten die Grenzkommandos. Es gab ab Oktober andere Uniformen, militärische Dienstgrade, moderne sowjetische Infanteriewaffen, neue Instruktionen für den Grenzdienst sowie ein einheitliches System der Schulung und Ausbildung. In die Führung der DGP berief die Regierung bewährte und militärisch qualifizierte Antifaschisten. Ihnen standen für einige Jahre Offiziere der sowjetischen Grenztruppen unter Leitung eines Generals als Berater zur Seite.

Die umfassende Sicherung der Grenzen der DDR war die logische Folge der politischen Entwicklung in Deutschland. Die separate Währungsreform in den Westzonen, die Gründung des dortigen Separatstaates, die arrogante Zurückweisung aller östlichen Vorschläge, auch der Sowjetnote vom 10. März 1952, die Einheit Deutschlands zu erhalten, hatten schon einen tiefen Graben zwischen West und Ost gezogen. Diese Politik Bonns vollzog sich parallel zu der umfassenden politischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Restaurierung des kapitalistischen Systems. Dazu gehörte, daß auf Beschluß der Adenauer-Regierung vom 19. September 1950 allen Antifaschisten der Zugang zu öffentlichen Ämtern verwehrt wurde und mit Beschluß vom 27. Februar 1951 alle antifaschistisch-demokratischen Organisationen als "verfassungsfeindlich" erklärt wurden. Das "Entnazifizierungsschlußgesetz" vom Mai 1951 ermöglichte 150.000 "Minderbelasteten", die von den Westalliierten von ihren Posten entfernt worden waren, die Rückkehr in den Staatsdienst bzw. regelte ihre künftige Versorgung. Auf Drängen Adenauers entließen die Westmächte die von ihnen verurteilten faschistischen Kriegsverbrecher aus der Haft.

Gegen eine solche Politik im Westen mußte die DDR ihre Souveränität und die Unantastbarkeit ihrer Grenzen und ihres Staatsgebietes gewährleisten. Das war mit einer punktuellen Bewachung durch polizeiliche Einzelposten wie bis dahin nicht mehr möglich, zumal auf der Westseite der Grenze seit Februar 1951 eine militärisch strukturierte, ausgerüstete und bewaffnete Grenzschutztruppe mit anfangs 10.000 Mann stand. Zum anderen ermöglichte es die von östlicher Seite aus offene Grenze Saboteuren, Spionen und Terroristen, fast ungehindert in die DDR einzudringen und unserem Staat Schaden zuzufügen. Auch kriminelles Gesindel nutzte den weitgehend freien Zugang nach Osten, um nicht nur Waren, Wertsachen und Rohstoffe, sondern auch Produktionseinrichtungen und -dokumentationen aus der DDR nach dem Westen zu bringen, wobei es oft vom Westen unterstützt wurde. Schließlich darf nicht unerwähnt bleiben, daß sich an dieser Demarkationslinie Provokationen und Zwischenfälle mit Waffengebrauch häuften. Ihnen fielen bis zum Mai 1952 sechs Angehörige der DGP zum Opfer.

Trotz der angespannten und den Frieden bedrohenden Situation an dieser Ost-West-Trennlinie gab die Regierung der DDR ihre auf die Erhaltung der staatlichen Einheit Deutschlands gerichtete Politik nicht auf. Das dokumentierte sie auch in der Verordnung vom 26. Mai unmißverständlich.

So vermied sie die Bezeichnung "Staatsgrenze", obwohl die DDR als anerkannter Staat schon mehr als zwei Jahre existierte, und verwendete die von den alliierten Siegermächten eingeführten Begriff "Demarkationslinie". Eindeutig kam das im § 2 der Ministerratsverordnung zum Ausdruck. Dort heißt es: "Alle zur Durchführung dieser Maßnahmen getroffenen Anordnungen, Bestimmungen und Anweisungen sind unter dem Gesichtspunkt zu erlassen, daß sie bei einer Verständigung über die Durchführung gesamtdeutscher Wahlen zur Herbeiführung der Einheit Deutschlands auf demokratischer und friedlicher Grundlage sofort aufgehoben werden können."

Die DDR hielt sich an diese Festlegung. So wurden z. B. für die 165 an der Westgrenze stationierten Kommandos (später Kompanien) bis zum 31.12.1961 lediglich 21 Massivgebäude errichtet, dafür aber 98 eingeschossige und 38 Doppelstock-Holzbaracken gebaut, die schnell wieder abgerissen oder den Gemeinden für zivile Zwecke hätten überlassen werden können. Erst danach erhielten die Grenzeinheiten massive Kasernen.

Es kennzeichnet die Spalterpolitik des Westens, seiner Politiker und Medien, daß man gegen das DDR-Grenzregime hetzt, aber ganz bewußt diesen Passus der Verordnung verschweigt. Sie müßten ja sonst zugeben, daß sie für die Spaltung Deutschlands, also auch für das Grenzregime an der Trennlinie zwischen West und Ost und für alles, was dort geschah, verantwortlich waren.

Günter Freyer, Berlin

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Ehrung für DDR-Sportlegenden

Wenn in diesen Tagen in Berlin an die Gründung des DTSB vor 60 Jahren erinnert wird, dann gehört auch dazu, daß auf Initiative des Kulturausschusses der Bezirksverordnetenversammlung Berlin-Lichtenberg im Ortsteil Alt-Hohenschönhausen - in einem auf dem ehemaligen Gelände der Olympischen Gesellschaft neu entstandenen Wohngebiet - einem Sextett früherer Jahre eine besondere Ehre zuteil wurde.

Sechs Straßen sind hier nach DDR-Weltklassesportlern benannt worden, die bis auf eine Ausnahme olympische Medaillen gewannen. Allen voran Helga Haase, die Eisschnellauf-Olympiasiegerin und Silbermedaillengewinnerin 1960 in Squaw Valley. Olympisches Gold gewann auch die Rennschlittensportlerin Anna-Maria Müller 1972 in Sapporo. Erich Hagen aus Leipzig gewann 1960 die Friedensfahrt und im selben Jahr in Rom Olympiasilber mit der Mannschaft, der auch Täve Schur angehörte. Harry Glaß aus Klingenthal gewann 1956 in Cortina mit Bronze die erste olympische Medaille der DDR im Skispringen. Joachim Böhmer vom SC Dynamo Berlin war Ruder-Europameister, Vizeweltmeister und 1972 in München Olympiadritter im Doppelzweier. Und die erste Schwimm-Europameisterin des DDR-Sports war Jutta Langenau aus Erfurt. Sie war Freistil- und Schmetterlings-As und Olympiasechste 1956 in Melbourne über 100 m Schmetterling. Insgesamt stellte sie 43 Landesrekorde auf.

Sie alle sind inzwischen verstorben, doch ihre sportlichen Leistungen bleiben.

Dr. Karl-Heinz Otto, Potsdam

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Mit 22 ins Parlament

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

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Zu Raoul Pecks Spielfilm "Der junge Karl Marx"
Inhaltlich kompromißlos

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

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Dem Komponisten Jens-Uwe Günther zum 80.

Lesend in einer meiner Briefesammlungen, beginnend Ende der 60er Jahre, entdeckte ich erstaunt, daß ich ein Gedicht "Günthers Musik zu 'Peer Gynt'" (einem Schauspiel von Ibsen, das damals am Deutschen Nationaltheater Weimar inszeniert worden war) geschrieben habe. Der Text ist leider nicht mehr auffindbar, doch das Schreiben von Günther an mich ist erhalten: "Damit haben Sie mir eine seltene Freude gemacht. Es ist das erste Mal, daß ein Dichter über eine Komposition von mir geschrieben hat ... Sie haben darin mehr von der Gesamtkonzeption erkannt als alle Kritiker der Inszenierung zusammen." So etwas spornt an! Vielleicht gründete sein unverhofftes Lob darin, daß Günther und ich "alte Chorknaben" waren: er in Magdeburg, ich in Halberstadt. Wir sangen Kantaten, Oratorien, Volkslieder, neue Lieder auch. Das ist lange her. Am 18. April beging der verdienstvolle Komponist seinen 80. Geburtstag.

Nach der Befreiung vom Hitlerfaschismus 1945 begann eine Zeit hoffnungsvollen Aufbruchs unserer jungen Generation für ein neues Leben. "Raus aus den Trümmern und was Neues hingebaut." Jens-Uwe Günther steckte voller Experimentierlust. Als ich in einem Chansonprogramm seine Vertonung von Rudi Bergers "An eine New Yorker Mutter" gehört hatte, sandte ich ihm einige neuere Texte von mir.

Daraus entstand dessen Chanson-Kantate "Das ist unser Jahr", uraufgeführt 1970 am Deutschen Nationaltheater Weimar. Neben vielen seiner Bühnenmusiken zu Schauspielinszenierungen von Fritz Bennewitz, u. a. zu Goethes "Faust", wandte sich der Komponist auch dem Opernschaffen und sinfonischen Werken zu. Es ging darum, neue Wege zu gehen, um das Interesse vor allem des jungen Hörerpublikums für zeitgenössische Musik zu wecken. So schrieb Günther ein Konzertstück für Schlagzeug sowie eines für Harfe und Orchester. In Erfurt, seinem ersten Theaterengagement, und in Weimar arbeitete er mit jungen Schauspielern in speziellen Gesangstudios. Für die Musikbühne schrieb er u. a. "Doña Juanita" - eine Oper mit eigenem Libretto - nach dem Roman "Die sieben Affären der Doña Juanita" von Eberhard Panitz. Hinzu kamen die Kammeroper "Macette", das Musical "Villon kommt über Paris", Musik zu Goethes "Scherz, List und Rache", Ballettmusik und für das Prager Marionettentheater "Spejbl & Hurvinek" manch witzige Einlagen. Das Fernsehen der DDR beauftragte ihn, die Filmmusik zu "Daniel Druskat" nach dem Roman von Helmut Sakowski (1976) zu schreiben. Es war eine rastlose, unruhige, ihn voll fordernde Zeit. Stets lag ihm die Förderung künstlerischer Talente sehr am Herzen. So unterstützte er Werkstatt-Treffen junger Talente über die Bezirkskulturakademien und die Gewerkschaften und vertonte viele lyrische Texte deutscher und ausländischer Dichter - so Verse von Heinz Czechowski, Peter Hacks, Heinz Kahlau, Eva Strittmatter und Gisela Steineckert.

Diese Arbeit fand 2014 einen Höhepunkt in einem Chanson-Strauß mit selbstausgewählten Gedichten Gisela Steineckerts unter dem Titel "Miniaturen über die Liebe". Sie besingen Gefühle und Gedanken von Liebenden, tauchen ein in eine Welt zwischen Glück und Schmerz, Trauer und neuem Aufbruch.

Werner Voigt, Kromsdorf

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GEDANKEN ZUR ZEIT

Wo Aufklärung versagt, hilft nur politische Macht

Es gibt einen Typus Mensch, der dadurch gekennzeichnet ist, daß er sein Alltagsgeschäft so versteht, daß er die Welt in den Bann seiner eigenen Nützlichkeitserwägungen zieht, in seinen Mußestunden aber kosmisch empfindet und Franz von Assisi empfiehlt.

Der "Bildungsmensch" also, wie Theodor Lessing diesen Typus nannte - ich versuche, ihn mir vorzustellen: skrupellos macht- und profitgeil, erfolgreich bei der Durchsetzung partikularer Interessen, die sowohl privatwirtschaftlicher als auch nationalökonomischer Art sein können, bedenkenlos über Leichen gehend ("Right or wrong my country!"), nie die zerstörerischen Folgen seines Tuns bedenkend, nie Sand, immer nur Öl im Getriebe der Zeit - und dabei kunstliebend, belesen, mit angenehmen Umgangsformen, wohl auch tier- und kinderlieb, Fan klassischer Musik, vielleicht ein Verehrer Eichendorffs wie Julius Streicher, der sich von den (jüdischen) Comedian Harmonists "In einem kühlen Grunde" vorsingen ließ - so verhöhnt die Gewalt den Geist, auch den der Künste, die lediglich oberflächlich-sentimental genossen und deren ethische Gehalte ausgeblendet, verdrängt werden.

So erschütternd und mitunter erweckend die Kunst auf den angemessen empfänglichen und sensiblen Menschen wirken kann - eben deshalb, weil sie den ganzen Menschen, den denkenden, fühlenden und handelnden, angeht -, sosehr sie, ihrem Wesen gemäß, das im Ethos verankerte Schöne erstrahlen läßt und mit Aristoteles das Ganze über dem Teil sieht, und sosehr dies alles sich als Hilfe und Heil herbeisehnen und beschwören läßt -, die Erfahrung zeigt, daß mit Gesang und Saitenspiel und auch mit salomonischen Sprüchen gegen Ignoranz und Verstocktheit nichts auszurichten ist, denn gegen Dummheit kämpfen die Götter vergebens. Die fromme Hoffnung, daß Bildung (Vorbild, Lehre, Unterweisung, Aufklärung, Kunsterziehung) ein Garant für Heil im Sinne moralischer Integrität sei und den Menschen unausweichlich edel, hilfreich und gut mache, ist offenbar trügerisch. Denn alles Wissen, jedes Mehr an Information, jede Technik der Naturbeherrschung oder der Menschenführung läßt sich ebensogut und ebensoschlecht zu eigenem und fremdem Wohl wie zu fremdem und eigenem Weh benutzen, und wer einmal zur Durchsetzung eines partikularen, nützlichen, im Sinne der Zweckrationalität vernünftigen Zieles entschlossen ist, wird seine Energie nicht etwa auf die Erlangung tieferer, besserer Einsicht, sondern nur auf raffiniertere, ausgeklügeltere, perfidere Rationalisierung seines Vorhabens verwenden.

Dies eben ist die permanente alltägliche Erfahrung, der Dauerfrust der Lehrer und Prediger wie der um Aufklärung bemühten und ihrem Ideal verpflichteten Künstler: der zu Belehrende will (in aller Regel) nicht belehrt, der zu Bekehrende will nicht bekehrt werden. - Ein fleißiger und sanftmütiger "Kultivator" könnte daraus die Lehre ziehen, das Rechte vor sich hin zu tun und sein Wort still und geduldig wirken zu lassen wie Sonne, Regen und Wind, in der Hoffnung, daß er mitunter wohl gar durch sein Nicht-Tun Besseres bewirken möge als durch sein Tun. Ein zorniger Klarinettist aber könnte sich womöglich dazu hinreißen lassen, den (politisch oder künstlerisch) andersdenkenden Dirigenten mit der Klarinette zu verprügeln. Das wäre nicht gut fürs Instrument.

Und da Lernen leichter als Lehren ist, könnten wir selber, die wir aus der Sicht der Andersdenkenden ja auch Andersdenkende sind, aus aller Erfahrung vielleicht den naheliegenden und überfälligen Schluß ziehen: Es liegt im Wesen der Kunst, daß sie nicht zwingt. Sie ist vielmehr, wie Sartre es formulierte, "ein Appell an die Freiheit".

Bleibt freilich für den, den es nach politischen Taten dürstet, das Unbehagen, daß menschliches Handeln (Tun und Unterlassen) sich durch Gesetze nur in deren Geltungsbereich erzwingen läßt. Wo dagegen, zumal in globalen Zusammenhängen, kein Richter ist, läßt sich nicht anklagen, sondern nur wehklagen, so daß es für den politisch engagierten und machtorientierten Zeitgenossen nur folgerichtig ist, keine lyrischen Gedichte, sondern Gesetzestexte zu verfassen und praktische Politik zu machen, mit dem Ziel, die Mehrheit und mit ihr die legale Macht zu erlangen, dem Andersdenkenden "den eigenen Wertwillen aufzuzwingen" oder, um es marxistisch zu formulieren, der Klasse der Ausgebeuteten und Unterdrückten zur Vormacht zu verhelfen, deren Diktat die Reaktion sich zu unterwerfen hat.

Hier gebe ich den Ball ab und überlasse die Sache dem Leser zu weiterem Bedenken.

Theodor Weißenborn

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Vorstellung eines neuen Kinderbuchs und Trauer um die Autorin Ingeborg Rapoport

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

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Georg Herwegh - Dichter, Wegbereiter und Revolutionär
Der Freiheit eine Gasse!

Zum zweihundertsten Male jährt sich am 31. Mai der Geburtstag von Georg Herwegh. Als er 1863 das bis heute aufrüttelnde "Bundeslied" für den neu gegründeten Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein schrieb mit dem berühmten Vers "Mann der Arbeit, aufgewacht! Und erkenne deine Macht!", war er bereits ein gefeierter Literat. Er hatte die opferreichen Kämpfe des Vormärz und der bürgerlichen Revolution von 1848 nicht allein mit feurigem Freiheitspathos besungen, sondern sein Leben für sie eingesetzt und ihren Niedergang erleben müssen. Konsequent wandte er sich gegen preußischen Militarismus und ergriff Partei für die Sache des Proletariats. Sein Leben war nicht frei von Irrtümern und Widersprüchen. Doch als Georg Herwegh 1875 starb, hinterließ er einen unverlierbaren Schatz an Liedern und Versen.

Das Bekenntnis seiner dichterischen und kämpferischen Mission gibt vielleicht am besten das Poem über die Partei der Arbeiterklasse von 1841 wieder:

Ihr müßt das Herz an eine Karte wagen,
Die Ruhe über Wolken ziemt euch nicht;
Ihr müßt euch mit in diesem Kampfe schlagen,
Ein Schwert in eurer Hand ist das Gedicht.

O wählt ein Banner, und ich bin zufrieden,
Ob's auch ein andres, denn das meine sei;
Ich hab' gewählt, ich habe mich entschieden,
Und meinen Lorbeer flechte die Partei!

Leidenschaftliche Hingabe schwingt im Grundton dieser Zeilen; die Sprache der heute Jüngeren ist sicher nüchterner. Großes Pathos mag der Sound des "Vormärz" in revolutionärer Situation gewesen sein. Die Studenten, Dichter und Denker ebenso wie viele Arbeitende waren damals davon erfaßt und getragen.

Und auch "Mann der Arbeit" würde wahrscheinlich heute in Redaktionen bzw. Lektoraten Widerspruch erregen, zumal in linkssozialistischen Publikationen. Was ist mit den Frauen? Georg Herwegh hatte eine der tapfersten von ihnen zur Lebensgefährtin. Emma Siegmund, Tochter aus reichem Bürgerhause, war für die "Gedichte eines Lebendigen" (1842) in Begeisterung entflammt - und in Liebe für deren Verfasser. Mit seiner Gedichtsammlung hatte Herwegh die Herzen der freiheitsliebenden, fortschrittlichen Menschen des damaligen Deutschen Bundes erobert, und das der klugen jungen Frau Emma im besonderen. Die Mitgift der Braut hat dem Literaten und politischen Publizisten eine Zeitlang zu materieller Sicherheit verholfen. Herwegh nutzte die Unabhängigkeit mutig und konsequent. Schon 1843 mußte das Paar aus dem reaktionären Obrigkeitsstaat emigrieren, denn nicht genehm und gelitten waren Verse wie

Gib uns den Mann, der das Panier
Der neuen Zeit erfasse,
Und durch Europa brechen wir
Der Freiheit eine Gasse!

Die Herweghs wanderten zunächst in die Schweiz aus, dann nach Paris. Sie trafen dort andere Emigranten-Künstler wie Heinrich Heine, Iwan Turgenjew, George Sand, Franz Liszt oder Victor Hugo, knüpften Kontakt zu dem anarchi-stischen Revolutionär Michail Bakunin, dem sozialistischen Utopisten Wilhelm Weitling und vor allem mit Karl Marx, dessen Frau Jenny sowie mit Friedrich Engels. Für die von Marx redigierte "Rheinische Zeitung" schrieb Herwegh regelmäßig Beiträge.

Doch die Netzwerke der Eheleute Herwegh beschränkten sich nicht auf die Zirkel der künstlerischen und denkerischen Avantgarde. Sie begegneten vielen der zahlreichen politischen und Arbeitsmigranten aus Deutschland, Handwerkern und Arbeitern, pflegten Freundschaften, lernten deren Lebens- und Arbeitsverhältnisse aus der Nähe kennen.

Im März 1848 zogen Emma und Georg Herwegh, ergriffen von ungezügelter revolutionärer Ungeduld, mit der Deutschen Legion des Friedrich Hecker nach Baden. Sie wollten den dortigen bewaffneten Aufstand unterstützen. Doch die Hunderten Kämpfer und die eine Kämpferin (Emma) der Badischen Revolution unterlagen. Nur knapp kamen die Eheleute Herwegh mit dem Leben davon und retteten sich in die Schweiz. Die abtrünnige Großbürgertochter wurde von ihrer Familie enterbt. Fortan lebte das Paar in bescheidenen bis bedrängten und ärmlichen Verhältnissen. Zum Ruhm und zum Andenken der Aufständischen schrieb Georg Herwegh:

Achtzehnhundert vierzig und acht,
Als im Lenze das Eis gekracht,
Tage des Februar, Tage des Märzen,
Waren es nicht Proletarierherzen,
Die voll Hoffnung zuerst erwacht
Achtzehnhundert vierzig und acht?
(...)
Achtzehnhundert siebzig und drei,
Reich der Reichen, da stehst du, juchhei!
Aber wir Armen, verkauft und verraten,
Denken der Proletariertaten -
Noch sind nicht alle Märze vorbei,
Achtzehnhundert siebzig und drei.

1873, in der nachrevolutionären Phase der Restauration, war Deutschland in einem nationalistischen Taumel versunken. Doch inmitten der aufgeheizten chauvinistischen Stimmung positionierte sich Georg Herwegh klar gegen den preußischen Militarismus, den Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 und das deutsche Kaiserreich. Bitterkeit, doch auch Trotz klingt darin:

Gleich Kindern laßt ihr euch betrügen,
Bis ihr zu spät erkennt, o weh! -
Die Wacht am Rhein wird nicht genügen,
Der schlimmste Feind steht an der Spree.

Vierzig Jahre später, als der Völkerhaß auf die große Weltkriegskatastrophe zutrieb, war es nur mehr die Gruppe um Karl Liebknecht, die sich mutig dagegen auflehnte. Hat die deutsche Sozialdemokratie ihre antimilitaristischen Traditionen und ihre internationalistische Programmatik vergessen? Fast scheint es, die SPD-Spitze singe heute das "Wiegenlied" mit:

Deutschland - auf weichem Pfühle
Mach dir den Kopf nicht schwer!
Im irdischen Gewühle
Schlafe, was willst du mehr?

Laß jede Freiheit dir rauben
Setze dich nicht zur Wehr
Du behältst ja den christlichen Glauben:
Schlafe, was willst du mehr?

Georg Herwegh, vor 200 Jahren geboren und in seinem Werk lebendig, war ein Wegbereiter und Mitbegründer der revolutionären sozialistischen Arbeiterpartei, ein Aufrührer und Aufklärer.

Marianne Walz



Zum Volke stand'st du ohne Wanken,
Am Throne ging'st du stolz vorbei.
Laß dir es noch im Tode danken,
O freies Herz, nun bist du frei.

Zu den Gestirnen wirst du schweben,
Dein Sängername lischt nicht aus,
Und der Lebendige wird leben,
Weit über Tod und Grab hinaus.

Dem Freiheitssänger
und Kämpfer
in Dankbarkeit gewidmet
von Männern der Arbeit
Freunden der Freiheit

­... so lautet die Inschrift auf dem Georg-Herwegh-Denkmal im Schweizer Städtchen Liestal bei Basel (siehe auch RF Nr. 3, April 1998).

*

Zum 110. Geburtstag von Ruth Werner

Als ich etwa 1956 in der DDR-Frauenillustrierten "Die Frau von heute" den Vorabdruck des 1958 erschienenen Buches "Ein ungewöhnliches Mädchen" in Fortsetzungen las, wußte ich nicht, wer sich hinter dem Namen Ruth Werner verbarg. Doch ihr Buch begleitete mich wie viele junge Menschen ein Leben lang - es hinterließ tiefe Spuren.

Die Autorin schrieb 1977 im "Neuen Deutschland": "Auf den letzten Seiten von 'Sonjas Rapport' teile ich mit, wie dieser Bericht entstanden ist: Unsere Partei bat mich und auch andere alte Genossen, ihre Erinnerungen aufzuschreiben. Ich fand das gut. Zu vieles aus der Vergangenheit geht uns verloren. Doch dann fiel es mir schwer, die lang geübte Disziplin des Schweigens zu brechen, besonders als die Aufgabe hinzukam, die Erinnerungen an zwanzig Jahre Kundschaftertätigkeit zur Veröffentlichung vorzubereiten."

Ruth Werner wurde am 15. Mai 1907 als Ursula Maria Kuczynski in einer wohlhabenden jüdischen Familie geboren, machte eine Ausbildung zur Buchhändlerin und wurde bereits zu Beginn ihrer Lehre Mitglied des Kommunistischen Jugendverbands. Sie trat der Kommunistischen Partei bei und gründete 1928 die Marxistische Arbeiterbibliothek (MAB Berlin). 1929 heiratete sie den Architekten Rudolf Hamburger und ging mit ihm 1930 nach Shanghai. Hier lernte sie, vermittelt durch die linke amerikanische Journalistin Agnes Smedley, Richard Sorge kennen. Dieses Kennenlernen sollte ihr weiteres Leben bestimmen. Sie hatte sich in Berlin um einen Parteiauftrag für ihren China-Aufenthalt als mitreisende Ehefrau Rudolf Hamburgers beworben und lange Zeit auf ein Signal der Komintern in Shanghai gewartet. Als dieses kam, hatte Ruth Werner bereits festen Kontakt zu Richard Sorge und entschied sich für diesen. "Erst viel später erfuhr ich, daß es sich um Mitarbeit bei der sowjetischen Aufklärung des Generalstabes der Roten Armee handelte. Für mich änderte das nichts. Ich wußte, meine Tätigkeit unterstützte die Genossen des Landes, in dem ich lebte - ging diese aktive Solidarität von der Sowjetunion aus, fand ich das doppelt schön", schrieb Ruth Werner in "Sonjas Rapport". Sie wurde in die Grundlagen der konspirativen Arbeit eingeführt. Ihre disziplinierte, umsichtige und unerschrockene Art bei der Absicherung der Arbeit Sorges beeindruckte diesen. Inzwischen Mutter eines Sohnes und ihrer Verantwortung gegenüber der Familie bewußt, verstand sie es, die illegale Arbeit, das hohe Risiko bei der Hilfe für verfolgte chinesische Genossen als eine Einheit zu betrachten. Ihren zweiten China-Aufenthalt trat sie im Auftrage der sowjetischen Aufklärung an, nachdem sie auf Empfehlung von Richard Sorge in Moskau u. a. das Funken erlernt hatte. Bereits 1936 sollte sie an einem weiteren Brennpunkt der Weltgeschichte eingesetzt werden. Hitlerdeutschland beschritt den Weg der Expansion. Die sowjetische Aufklärung sah die Gefahren im Westen ihrer Grenzen und schickte ihre bewährte Kundschafterin nach Polen in die damals "Freie Stadt Danzig". Sie unterstützte illegale Gruppen, bildete aus, analysierte, sammelte Informationen und hielt die Funkverbindung mit der Zentrale. Inzwischen wurde die Tochter geboren. Ruth wußte: "Wäre unsere Tätigkeit als Kundschafter entdeckt worden, hätten wir mit noch Schlimmerem als einem harten Urteil rechnen müssen: mit der Auslieferung an Hitlerdeutschland."

Nach einem kurzen Aufenthalt in Moskau fiel in der Zentrale die Entscheidung: Nächster Einsatzort ist die Schweiz. Sie baute ihre Funkzentrale auf und war "Pianistin" im Orchester der Roten Kapelle. Sie sammelte selbst Informationen, leitete Kundschafter an und vermittelte wichtige Meldungen des Leiters der Roten Kapelle, Sandor Rado, weiter. Hier, in der illegalen Arbeit, lernte sie Len Beurton kennen und lieben. Die durch die Heirat erlangte britische Staatsbürgerschaft gab ihr etwas Sicherheit, denn die Schweiz wurde ständig durch Hitlerdeutschland unter Druck gesetzt, und die Gefahr einer Auslieferung von Antifaschisten bestand real. Während ihrer Zeit in der Schweiz organisierte sie im Auftrag der sowjetischen Genossen eine Geldübergabe an Rosa Thälmann in Deutschland.

In all den Jahren ihrer Kundschaftertätigkeit stand ihre Familie hinter ihr. Ihre neuen Einsatzorte suchte sie stets über die Route London auf. Eine besonders innige Beziehung hatte sie zu ihrem Bruder, dem Wirtschaftswissenschaftler und Professor für Wirtschaftsgeschichte Jürgen Kuczynski. "Die Verbindung zu Klaus Fuchs regte mein Bruder Jürgen ungefähr Ende 1942 an. Er schilderte ihn als wichtigen Genossen mit interessanter Arbeitsstelle, der anscheinend die Verbindungen zur Sowjetunion verloren hatte. Ich sendete eine codierte Nachricht an die Zentrale in Moskau und erhielt Antwort: Kontaktaufnahme erwünscht", schrieb sie in "Sonjas Rapport". Heute wissen wir von der Bedeutung dieser Verbindung, die dazu beitrug, das atomare Gleichgewicht herzustellen. Ihre Bescheidenheit war sprichwörtlich: "Obwohl mir, ohne zu wissen, daß es sich im Endziel um die Atombombe handelte, die Bedeutung meines Materials klar war, blieb mein Anteil gering. Ich war nur der technische Übermittler und möchte nicht, daß dies später einmal hochgespielt wird." In dieser Zeit der höchsten Anspannung wurde ihr zweiter Sohn geboren. Wer mag ermessen, was das für Ruth bedeutete? Sohn Peter formulierte es so: "Tatsächlich waren ihre Kinder ihr ganzes Leben - sofern ein Mensch mehrere ganze Leben gleichzeitig haben kann. Sie konnte es. Dies war vielleicht ihre erstaunlichste Eigenschaft. Und sagen wir es so - es bleibt in jeder Biographie etwas Unergründbares. Das Leben meiner Mutter war doch geprägt von ungeheurem Glück. Es war das Glück einer großen und immer auf die Zukunft neugierigen Optimistin." (aus "Funksprüche an Sonja", Neues Leben, 2007)

1949 mußte Ruth Werner aufgrund der Enttarnung von Klaus Fuchs Großbritannien verlassen und ging mit ihrer Familie in die DDR. Sie engagierte sich als Genossin und fand ihre Berufung als Schriftstellerin. Ihre Lebenserfahrungen gingen in ihre Bücher ein, trugen und tragen dazu bei, unsere Geschichte zu verstehen. Erst ab Mitte der 60er Jahre wurden Kundschafter, beginnend mit der Rehabilitierung Richard Sorges, als solche benannt. "Dr. Sorge funkt aus Tokyo" von Julius Mader, Gerhard Stuchlik und Horst Pehnert war ein Anfang. Bis 1977 erfüllte Ruth Werner diszipliniert ihre Verschwiegenheitspflicht. Sie schied als Oberst der Roten Armee aus der militärischen Aufklärung der Sowjetunion (GRU) aus und konnte ihre 1937 und 1969 erhaltenen höchsten sowjetischen Militärorden, den Rotbannerorden, offen tragen. Die DDR ehrte sie unter anderem mit dem Nationalpreis I. Klasse und mit dem Karl-Marx-Orden.

Ihr Vermächtnis wird weitergetragen durch den Ruth-Werner-Freundeskreis in Berlin-Treptow und durch den Ruth-Werner-Verein e.V. in Carwitz. Der Verein hat sich zum Ziel gesetzt, die Auffassungen von Ruth Werner über Frieden und Humanität zu vermitteln und wendet sich an Schulklassen und Kultureinrichtungen in seiner Gegend. Das Vermächtnis von Ruth Werner hat ihre Tochter Janina Blankenfeld in ihrem Buch "Die Tochter bin ich", Kinderbuchverlag, Berlin 1985, treffend formuliert: "Ich glaube, wenn alle Menschen auf der Welt an die Kinder dächten, dann gäbe es keinen Krieg mehr, auch kein Kind müßte hungern. Überall, wo ein Mensch ... davon spricht, daß ein Krieg nötig ist, sollten die vernünftigen Menschen aufpassen. Sie sollten so aufpassen, daß er das nicht zweimal sagt."

Horst Hommel
(Im Auftrag der AG Kundschafter in der GRH)

*

Stimmen aus aller Welt über die DDR

Solange der sozialistische deutsche Staat, die DDR, existierte, haben sich immer wieder Persönlichkeiten aus der ganzen Welt bei oder nach Besuchen über die DDR geäußert. Zum 30. Jahrestag am 7. Oktober 1979 hat die Auslandspresseagentur Panorama DDR über hundert solcher Stellungnahmen in einem Buch vereint. Entstanden ist so ein Mosaik persönlicher Erfahrungen und Erkenntnisse, die jeweils ein Stück gesellschaftlicher Wirklichkeit widerspiegeln. Stellvertretend für die anderen veröffentlichen wir hier einige dieser Äußerungen; Älteren zur Erinnerung, Jüngeren zur Verdeutlichung dessen, was die DDR für die Welt - und für uns - war.

David Alfaro Siqueiros
Maler und Graphiker, Mexiko (1896-1974)

Ich werde nach der Rückkehr in meiner Heimat, in Kanada und anderen Ländern von meinen Eindrücken über die Deutsche Demokratische Republik berichten. Ich werde davon berichten, daß in diesem Staat dank der neuen Verhältnisse und einer konsequenten Politik der faschistische Ungeist der Hitler-Ära völlig verschwunden ist - und auch darüber, wie die alten Kunstschätze gehütet und gepflegt werden. Es ist bemerkenswert, auf welch gelungene Weise zum Beispiel in Berlin die klassischen Formen der Baukunst mit den modernsten Bauten verschmolzen sind. Ich werde meine Künstlerkollegen auffordern, diesen deutschen Staat, der aus Ruinen neu erblüht ist, zu besuchen und in seinem Streben nach Frieden und Gerechtigkeit mit voller Solidarität zu unterstützen.


Prof. Mario Vieira de Carvalho

Musikwissenschaftler, Portugal

Wenn wir der Freiheit einen sozialen Inhalt geben, so geschieht dies durch die Garantie der Gleichheit der Menschen in bezug auf die Möglichkeiten, in Übereinstimmung mit dem historischen Entwicklungsstadium der Menschheit, glücklich zu leben. In diesem Zusammenhang besteht die erste Verantwortung einer organisierten Gesellschaft darin, ihren Mitgliedern ohne Unterschied von Geburt an die Mittel bereitzustellen, damit sie ihre Persönlichkeit entfalten und alle ihre Fähigkeiten entwickeln können. Es ist notwendig, den demokratischen Zugang zu den verschiedenen Ausbildungsebenen zu garantieren, damit kein Talent verlorengeht.

Während meines Aufenthaltes in der Deutschen Demokratischen Republik stellte ich fest, daß dies die Hauptsorge des Erziehungssystems ist. Auf musikalischem Gebiet wird in diesem sozialistischen Land kein Musiker daran gehindert, einer zu sein, wenn er es sein will. Noch mehr: Jeder außergewöhnlich begabte Musiker erhält die Anregung und Unterstützung, die er braucht, um sich in seinen Möglichkeiten zu vervielfachen und zu steigern.

In der DDR ist die Musikausbildung fester Bestandteil der ästhetischen Erziehung. Sie wird als ein entscheidender Faktor für die Entwicklung der schöpferischen Potenzen, insbesondere des Vorstellungsvermögens des Menschen auf allen Gebieten der Kultur, der Wissenschaft und der Technik gefördert. Demzufolge erhalten alle Kinder, im Kindergarten angefangen bis hin zur Beendigung der allgemeinen Pflichtschulzeit (zehn bzw. zwölf Schuljahre) eine Grundausbildung in Musik. Es werden ihnen Notenkenntnisse vermittelt, sie werden im Chorgesang und im Anhören von Musikwerken geschult.

Darüber hinaus ist die musikalische Aktivität unter allen Schichten der Bevölkerung weit verbreitet. So gibt es in den Schulen und Pionierhäusern mehr als 10.000 Musikgruppen verschiedenster Art, einschließlich Instrumentalgruppen. Neben den 15 Singakademien und Philharmonischen Chören existieren über 5000 Laienchöre, ebenso viele Tanzorchester und kleine Gruppen verschiedener Genres, die sich ausschließlich aus Laien zusammensetzen. Unabhängig von der Grundausbildung in Musik kann sich jedes Kind, jeder Jugendliche und jeder Erwachsene in eine der 90 Musikschulen eintragen, um seine theoretischen Kenntnisse zu vertiefen und ein Instrument spielen zu lernen, ganz gleich, ob jemand später einmal beruflich in der Musik arbeiten oder die Musik als Laie pflegen möchte. Bis 1990 ist vorgesehen, in jedem regionalen Gebiet kleinster Abmessung eine solche Musikschule zu eröffnen.

Ich war auch in einer der vier Musikhochschulen der DDR, genauer gesagt in der Musikhochschule in Leipzig, die den Namen von Felix Mendelssohn Bartholdy, ihrem Begründer, trägt. Auf dem Treffen mit dem Rektor, Gustav Schmahl, einem bemerkenswerten Geiger, dem Professor für Kulturtheorie Löwenberger und mit einigen Studenten hatte ich die Möglichkeit, mir einen Überblick über die Ausbildungsorganisation auf dieser Ebene zu verschaffen.

Besonders interessant war für mich, kennenzulernen, wie man in der DDR so früh wie möglich die begabtesten Kinder fördert und zur Entwicklung ihrer Fähigkeiten beiträgt. Hier spielen die vier Musikfachschulen, die eng mit den vier Hochschulen zusammenarbeiten, eine bedeutende Rolle. Kinder, die außergewöhnliche musikalische Fähigkeiten entwickeln, werden gebeten, vom elften Lebensjahr an in diesen Schulen zu studieren, wo ein intensives Musikprogramm gelehrt wird. Gleichzeitig erhalten die Schüler den Stoff der allgemeinbildenden Schulen vermittelt. Um ihre Überbelastung zu vermeiden, wird die Schulzeit um ein Jahr verlängert.

Ich besuchte die Fachschule in Halle, die mit der Hochschule in Leipzig verbunden ist, wo ich vom Direktor Dr. Werner Lemp empfangen wurde und die Gelegenheit hatte, mit einem jungen "Komponisten" von 14 Jahren zu sprechen. Es handelt sich um einen Angehörigen einer Testklasse, in der Schüler von 12 Jahren an mit besonderer Begabung für Komposition lernen. Ein Aspekt erschien mir besonders wichtig. Die Gruppen - beispielsweise der Musiktheorie - sind nicht altersmäßig, sondern entsprechend den Fähigkeiten der Schüler zusammengesetzt. Auch hier wurde mir überzeugend bewiesen, daß in der DDR kein außergewöhnlich begabter Musiker darauf verzichten muß, die Unterstützung und Anregungen zu nutzen, die er braucht, um sich in seinen Möglichkeiten zu vervielfachen und zu steigern.

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Junge Frau im Sozialismus (3)

Das zerrissene Ich war nun mein ständiger Begleiter. Die Arbeit im Kurzfilmstudio Babelsberg, das Dramaturgie-Studium an der Filmhochschule, die Prüfungen, das Schreiben von Gedichten und Filmgeschichten, meine zwei kleinen Spitzbuben mit dem Temperament von Max und Moritz, der große Haushalt mit vielen Gästen und einen Musiker-Mann aus edlem Macho-Urgestein, das war ein hartes Pensum. Christian unterrichtete Musik an der Filmhochschule und war sehr beliebt bei Studentinnen und Studenten. Großartige Chanson-Abende machte er mit ihnen und unterrichtete die Schauspielstudenten (Jutta Wachowiak, Gretel Schulze u. a.) oft bei uns zu Hause. So konnten unsere Kinder schon im zarten Alter Brecht-Eisler-Songs singen, die sie durch die Wand des Kinderzimmers hörten. Sebastian sang mit vier Jahren "Am Grunde der Moldau wandern die Steine, es lagen drei Kaiser begraben im Park" (statt in Prag!). Wir führten ein offenes Haus, und mancher, der den letzten "Sputnik" (auf dem Berliner Außenring verkehrender Nahverkehrszug) nach Berlin verpaßte, fand bei uns einen Schlafplatz. Am meisten plagte mich neben der ständigen Erschöpfung die Sorge, für die Kinder nicht genügend Zeit und Aufmerksamkeit zu haben. Zum Glück half mir meine Mutter in dieser Zeit sehr. Ohne sie hätte ich den Belastungen nicht standhalten können. Oft gab es heftige Kämpfe zwischen Christian und mir um geteilte Pflichten im Haushalt. Das verband mich mit Hunderttausenden arbeitender oder studierender Frauen im Land. Das folgende Gedicht spiegelt meinen Zustand von damals:

Heimkehr

Und als er wieder,
der Mann, so auftrumpfte
laut, mich so allein ließ
mit allem, nicht half
waschen, kochen und dasaß
wie ein Denkmal,
da kam der Tag, da brannte
ich durch, ritt ihm davon,
als Zirkusreiterin, Braut eines
anderen auf einem von
Chagalls weißen Pferden, das
trug die Geige im Maul.
So!

Allein war er,
leer das Bett, der Teller,
die Kinder weinten,
der Fernseher lachte.
Lange nicht kam ich zurück.
Dann - das weiße Pferd
ging uns durch, war nicht
gewöhnt an Autostraßen.
Und immer im Ohr
das Weinen der Kinder ...

Zu Fuß, ermattet, kehrte ich heim.
Aber denkt nicht, ich wäre besiegt!

In diese Zeit fällt meine erste Dienstreise ins Ausland, zum Kinderfilmfestival nach Gottwaldov (heute Zlín) in die Tschechoslowakei. Ein Kollege vom Kurzfilmstudio war erkrankt, ich bekam kurzfristig seine Reisepapiere. Überglücklich bestieg ich an einem Tag im Mai den Nachtzug vom Berliner Ostbahnhof nach Prag. Ich richtete mich im Schlafwagenabteil ein und war schon im Nachthemd, als es heftig an der Tür klopfte. Ich nahm an, es sei der Schaffner, aber es war ein fremder Mann, der behauptete, ich läge in seinem Bett. Ich wies das empört zurück, obwohl es laut Fahrkarte leider stimmte. Wir stritten lange, bis er den Vorschlag machte, das obere Bett zu nehmen. Also kletterte er mürrisch nach oben. Auf diese kuriose Weise lernte ich Rolf Losansky, den damals schon sehr bekannten Kinderfilmregisseur, kennen (siehe RF 227 - Extra). Auch er war auf dem Weg nach Gottwaldov. Von Prag sollten wir fliegen, und ich war froh über meinen neuen Begleiter, der die Reiseleitung übernahm. Beim Festival sahen wir zauberhafte tschechische Kinderfilme. Die Tschechoslowakei war wie die Sowjetunion Vorreiter in Sachen Kinderfilm und besaß ein eigenes Filmstudio für Kinderfilme, die auch in Westeuropa bestens bekannt und geschätzt waren. Ich war selig über diese Fülle von großartigen Anregungen. Vor allem begeisterten mich die Filme in real-phantastischer Erzählweise wie "Wir drei und der Hund aus Petipsy" (Regie: Ota Koval) oder "Vom Schneewittchen" (Regie: Vera Simkova-Plivova).

Etwas Besseres als dieses Festival hätte mir seinerzeit nicht passieren können, denn meine Hinwendung zum Kinderfilm erhielt dort Bestätigung. Diese Filme waren ein Feuerwerk für meinen Geist. Auf der Heimreise erzählte ich Rolf Losansky meine Geschichte vom "Schneemann für Afrika", die als Dokumentarfilm für Kinder im Kurzfilmstudio lag. Rolf überzeugte mich, das sei ein Stoff für einen Spielfilm. So begann meine Arbeit für das DEFA-Spielfilmstudio in Babelsberg. Ich bekam einen Exposé- und dann einen Drehbuchvertrag und sollte mit einem DDR-Frachtschiff eine Informationsfahrt nach Algier machen. In Ermangelung von Valuta ging es statt dessen ins befreundete Leningrad. Mit der Dramaturgin Gudrun Deubner und 25 Seeleuten war ich zehn Tage auf dem Frachtschiff "Hellerau". Wir durchfuhren die Ostsee, traten dabei nur als siamesische Zwillinge auf - gegen die Avancen der Seeleute. Bei der Erkundung des riesigen Schiffes, in wilden Stürmen, beim Dorschangeln und bei Skatturnieren mit viel Wodka-Juice zeigten wir den Seeleuten, daß wir nicht aus Zucker, sondern freche, hartgesottene DDR-Frauen waren.

Der Höhepunkt kam im Containerhafen Leningrad, wo wir uns verirrt hatten. Die Hafen-Miliz hielt uns für "Seeschwalben", also Nutten. Sie brachten uns zu unserem Schiff, zum Kapitän. Gudrun, viel älter als ich, beschwerte sich empört beim Kapitän über diese Verdächtigung, und das Lachen über uns hatte fortan die Mannschaft. Aber ich lernte, wie es auf einem Schiff zugeht, und schrieb sachkundig und voll Freude zusammen mit Rolf Losansky das Drehbuch "Ein Schneemann für Afrika". Der Film hatte 1976 Premiere und wurde national wie international ausgezeichnet. Auch heute kennen viele Kinder den Film.

Christa Kozik

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Gisela Steineckert: Hand aufs Herz

Ich brauchte diesen Frühling. Nach gerade diesem Winter in meinem Leben war ich sehnsüchtig nach Auferstehen; noch einmal so atmen, sich so strecken, noch einmal alles für möglich halten oder wenigstens, daß Angefangenes sein vorerst letztes Wort findet. Die Eisheiligen überstehen, in der Schafskälte tiefer atmen, lächeln und dann tausend Blüten für einen madigen Appel im Herbst; ist doch auch schön. Sogar die nüchterne Napoleonspappel gibt sich, als könne sie beschwingt sein. Ein ganzes Menschenleben lang liebe ich diesen weißen blauen durchdringenden Flieder. Na ja, gib nach, altes Herz, wenn's blüht, dann brennt's.

Ich brauchte diesen Frühling, mitten im Leben. Mitten in welchem Leben? Man muß leben / gehen und fliegen / unterliegen / und auferstehn / immer wieder erste Schritte gehen / leise sein und die Stimme erheben / ein ganzes Ich erleben ... irgendwas zu Ende bringen ­...

Auch dieser Frühling ist wieder mit keinem anderen vorher oder nachher zu vergleichen. Die Seele öffnet sich weit, ihre Augen und Ohren - wieso "ihre Augen und Ohren", wieso? Wenn sie gerade so fühlt, muß sie doch auch so reden dürfen. Schnäbelt doch auch sonst alles, von wiederkehrenden Zugvögeln bis hin zum leisen Gelehrten, alles hat sein eigenes Lebenslied. Ich brauchte diesen Mai, auch, weil ich schon lange den Monat der Befreiung von Mord und Totschlag, Haß und Unrecht durch Macht, immer still für mich begehe. Meine Augen finden im Regal leicht die Bücher, in die ich traditionell einen Blick werfe. Immer wieder entdecke ich Stellen, Zeilen und Gedanken, die ich bisher übersehen haben muß. Kann es sein, daß auch wichtige Bedenken und Vorschläge vom täglichen Leben verschüttet werden? Rudi Hirsch, mein bescheidener kluger Kollege, ich habe mir doch vorgenommen, das Buch über den gelben Fleck so zu verinnerlichen, daß ich nur auf den Titel schauen muß, damit alles geweckt wird, was sich zum Thema Judenverfolgung im Dritten Reich angestaut hat. Ich habe die Erfahrung gemacht, daß in meinem Leben das Erdulden von Fred Wander oder Peter Edel oder Eva Lippold oder Selma Meerbaum-Eisinger durch ihre Bücher mehr wurde als Lektüre. Es bleibt Schule und niemals verstummende Mahnung, bleibt schwierige Hinnahme von fremdem Leid, hat mich verändert, eingegriffen in mein Leben. Victor Klemperer zwang mich weiterzudenken. Zitate aus seinen Erinnerungen waren bei uns Worte, die ins alltägliche Leben reichten. Nun wäre es wieder Zeit, an ihn und Eva zu denken. Nachzulesen, was die eigene Kraft zur Bestärkung braucht. Aber es ist ja Frühling. Noch einer. Und er darf ungetrübt und sentimental sein. Rund um meinen Geburtstag will ich ihn klein halten.

Das Herz hat zu tun mit Trauer, weltweiter Bedrängnis und der Kenntnisnahme erfrischten Machtkampfes. Was sich zu widersprechen scheint, gehört zusammen. Aber mit der Ernüchterung allein kann auch kein Mensch leben. Ja, ich bin bereit, mir noch einmal den Jahreskalender zu richten, wenn Stimmen gegen Machtmißbrauch, Bedrohung der Erde oder unerträglich hohe Stärkung der Maschinerie zum Töten erfrischt daherkommen. Schlagworte, nur scheinbar verwelktes Gras, das neu begossen wird, sprießt und protzt.

Wenn wir uns treffen sollen, wer wird da neben mir sein? Wer von jenen heute Alten, die mutig gegen ihre eigenen Genossen Einwände aufgebracht haben, wenn aus der Macht persönlicher Anspruch wurde oder Mißachtung von Veränderungen, für die es Zeit war. Es gibt Versäumnisse, die tiefere Scharten schlagen, als das Herz noch so geduldig auszuwetzen vermag. Darüber ist fast alles gesagt.

Aber diesmal werde ich in die Gärten der Welt gehen und Freunde in ihren Oasen besuchen. Vielleicht mitten im Wald an einen See gelangen, und die unwiederholbare Zeit mit meiner Urenkelin genießen.

Ich kenne den angeblich wirksamen Schutz vor der Härte des Lebens, vor Auseinandersetzungen über den richtigen Weg zum richtigen Ziel. Gemeint ist die Isolation.

Ich will aber einen Frühling und brauche einen Prüfstand. Noch einmal die Blicke auf das Wesentliche richten. Kein Gehampel, kein Gewurschtel. Es wird weiterhin so sein, daß ein erheblicher Teil des gealterten Lebens abgegeben werden muß. Das braucht es für ein wirksames Nein! Gegen ein "Na ja vielleicht", "Bestimmt irgendwann" und "Erst mal sehn"! Wachsein, Ohren und Augen öffnen. Der alte abgetretene Bundespräsident hat die Frage gestellt, ob wir denn zu schwach sind, das "ganz andere" zu ertragen. Er findet das nicht. Ich frage: Was meint er? Ein anderer Vorschlag, ein anderes Stück Weg? Das könnten wir aushalten. Nicht aber eine andere Auslegung der Gesetze, angestrebte Allmacht und Mißbrauch von Macht.

Viele Leute sagen mir: "Wir können doch nichts machen." Diesen Satz, diese Ausrede, kennen wir schon zu lange. Es wäre möglich, auf einer Erde zu leben, die Nahrung und gesundes Wasser und Raum hat, um würdevoll zu leben und zu sterben. Die Menschen darauf könnten glaubwürdige Herren eines Planeten sein. Aber sie lassen sich gefallen, daß die einen ohne Absprache Raketen abfeuern, und die anderen mit dem Finger nah auf dem wichtigsten Knopf in ihren Papieren fummeln. Mit dem Mikrofon in der Hand erzählen sie gefährlichen Unsinn. Ist eine Religion an sich lebensfremder als eine andere, oder ist es nur die Auslegung, das Potential, das sie zur Waffe macht? Längst beantwortete Fragen.

Im Zweifelsfall müßte es immer heißen: Wir. Wir haben zugelassen ... War es schon einmal anders? Ja, aber nie für lange. In der Macht scheint ein Virus zu stecken, der die Ausübung durchtränkt. Besser vorbereitete Wahlen? Könnte das helfen inmitten von mißbrauchtem Fortschritt im täglichen Leben, Mißdeutungen im Weltmaßstab? Wir sagen, was zu sagen ist, wollen mitdenken und uns einmischen.

In diesem Frühling wollte ich mir überlegen, ob sich die Opfer an Zeit und Kraft eigentlich lohnen. Ja, was denn sonst! Aber doch auch so, daß ich mir mitten im Frühling die Freude auf den Sommer und den immer einzigartigen September leisten kann.

Aufsässig sein und sich wehren, sobald man weiß, wogegen und wofür. Damit nicht allein bleiben. Auf dem langen Weg braucht es einen oder eine rechts und links von dir, auf die du dich verlassen kannst.

Nun ja:

Die ganz normalen Leute denken
Courage würde was kosten
glühende Zangen könnten sich senken
was wird dann aus dem höheren Posten

Die ganz normalen Leute weinen
fallen andre in zu tiefen Graben
dann gehn sie nach Hause, trinken sich einen
darauf, daß sie's leichter haben

Sie haben mit sich zu tun
und lassen die Dinge der Welt
lieber auf sich beruhn
Mit dem Stein des Sisyphos umherzuwandern
überlassen die ganz normalen Leute
doch lieber den andern

Aber die ganz normalen Leute
sind oft jene stillen Helden
die sich bei Gefahr im Verzug
immer als erste melden

Das Wissen darüber, ob du so jemanden neben dir hast, kannst du nur durch Erfahrung erwerben. Sei selber jemand, den man sich für unterwegs wünschen würde.

Ich denke an einen Mann, der an einem späten Herbsttag vor die Wahl gestellt wurde, mit einem Befehl tödliche Ruhe zu schaffen oder zuzulassen, daß Menschen ihre eigenen Entscheidungen für oder gegen alles bisher Gelebte treffen können. Eine größere Überforderung kann ich mir für einen einzelnen Menschen nicht vorstellen. Es hat damals keine doch mögliche Gewalt gegeben. Diese Worte "Keine Gewalt" waren der Schlüssel zum Öffnen einer Tür, die jeden hinein und alles hinaus ließ, was sich da Leben nannte. Noch heute denke ich, daß ich niemals in eine solche Situation kommen möchte. Ich habe ja auch gesehen, wie dieser Mann dafür bedankt wurde. Gar nicht. Wenigstens ein Händedruck als - Dank? Ja, als Dank.

*

LESERBRIEFE

Ich freue mich, daß der "RotFuchs" nach dem Tod von Klaus Steiniger vor einem Jahr weiter erscheint und dessen politisch-theoretische Linie fortsetzt. Die Zeitung bleibt hoch informativ. In jeder Ausgabe findet man viele interessante Artikel zu historischen, aktuellen und theoretischen Aspekten. Die Beiträge von Christa Kozik, die in Liegnitz geboren wurde, erinnern mich an meine eigenen Erfahrungen in Polen nach dem 2. Weltkrieg. Buchstäblich auferstanden aus Ruinen, hat das ganze Land, so auch die Pädagogischen Hochschulen in Legnica und Wroclaw, an denen ich unzählige Vorträge hielt, dazu beigetragen, Volkspolen ein neues Antlitz zu verleihen.

Prof. Dr. Zbigniew Wiktor, Wroclaw


Das Lebensbild Martin Niemöllers, dargestellt von meinem Freund Prof. Heinrich Fink im Februar-RF, erinnert mich an die Begegnung, die wir im Spätsommer 1962 im Friedensrat Potsdam hatten. Ein Kreis von Theologen und weiteren Amtsträgern von Kirchen waren mit Martin Niemöller darin einig, alles zu tun, damit zwischen den beiden Staaten auf deutschem Boden der Frieden erhalten bleibt. Die ein Jahr davor errichtete Staatsgrenze hatte den Frieden auf deutschem Boden gesichert. Dies war die Überzeugung Niemöllers. Was alles tobte durch den Blätterwald westdeutscher Zeitungen: Protestgeschrei, die schlimmsten Anschuldigungen, Diffamierungen besonders derjenigen, die als Christen damals in einer Front zusammenstanden mit Marxisten, all denjenigen in der DDR, die damals Verantwortung trugen. Wir wurden böse beschimpft, hatten in den Pfarrkonventen mit Ausgrenzung zu rechnen und waren der Isolation in unserer kirchlichen Arbeit ausgesetzt.
Martin Niemöller war damals für uns Vorbild. Der Mitbegründer der Bekennenden Kirche 1934, Antifaschist, Friedenskämpfer, ein begnadeter Prediger und Zeuge des Evangeliums hatte uns, im kleinen Kreis suchender Pastoren, die wir gemeinsam mit Marxisten für ein sozialistisches Deutschland eintraten, Mut gemacht, weiterhin für Frieden und Völkerverständigung zu wirken. Die Christliche Friedenskonferenz (CFK) war die beste Plattform für diese gemeinsame Arbeit! Niemöller hatte bei Friedensdemonstrationen mit der Fackel in der Hand auf den Straßen Westdeutschlands gestanden. Den Lenin-Friedenspreis hatte man ihm verliehen. Durch die Staaten des damaligen "Ostblocks" war er gereist als Zeuge Christi, als Botschafter des Friedens. Es bleibt unvergessen, daß Gerald Götting und der Parteivorstand der CDU in der DDR beschlossen hatten, daß in Burgscheidungen, der Zentralen Schulungsstätte, seine Büste aufgestellt wurde. Tausende von politisch arbeitenden Christen in der DDR kannten Martin Niemöller, diesen ehrlichen, überzeugenden Botschafter der Friedensbotschaft - in der Überzeugung, daß es um eindeutiges, klares Friedenszeugnis geht. Dieser Auftrag ist bis heute gültig, angesichts noch größer gewordener Gefahren in der Welt!

Hans-Joachim Brühe, Pastor em., Falkensee


Der Artikel "Was uns der 11. September hinterlassen hat" von S. A. Gomez im Februar-RF hat uns in Inhalt und Form sehr gut gefallen.
Ich möchte zu der im Beitrag umfassend dargestellten "Geschichte der Verbrechen der USA" ergänzend das Verbrechen von Pearl Harbor am 7. Dezember hinzufügen, das 2403 Landsleuten das Leben kostete. In den Akten der zwischenzeitlich geöffneten Archive ist nachzulesen, daß US-Präsident Franklin D. Roosevelt in Kenntnis des Angriffs durch die Japaner bewußt die Verteidigung von Pearl Harbor verhindert hat, um strategische Ziele zu erreichen. Und die 3000 Toten vom 11. September 2001 - waren sie von den US-Strategen ebenso einkalkuliert, um den weltweiten "Krieg gegen den Terror" legitimieren zu können?

Harry Schröder, Berlin


Zur Rede von Egon Krenz über Gründe unserer Niederlage, RF 228 und 229

Egon Krenz, der letzte Chef des Politbüros (Werner Eberlein nannte es "Die stille Runde") hat in Peking eine bemerkenswerte Rede gehalten. Mit großem Interesse habe ich das im "RotFuchs" in zwei Folgen veröffentlichte Referat zu den Gründen unserer Niederlage gelesen. Vielen Dank, Genosse Krenz!
In einem Punkt muß ich widersprechen. Egon Krenz schreibt, daß sich erwiesen hat, daß der Sozialismus im Zentrum Europas möglich ist. Der dann folgende Satz hebt diesen aber gleich wieder auf. Ein Sozialismus der permanenten Mangelwirtschaft könne man nicht als lebensfähigen Sozialismus bezeichnen. Gerade dieser Mangel war aus meiner Sicht der Hauptgrund für die schwindende Basis im Volk.
Eine Kardinalfrage für mich ist, durch welche Hebel und Mechanismen führt man die Menschen unter den Bedingungen sozialistischer Produktionsverhältnisse zu Höchstleistungen, ohne sie auszubeuten, und wie verändert man ihre Haltung zum Volkseigentum - eine Grundschwäche in unserem System. Waren wir mit dem komplexen System der Einheit von Wirtschaft und Sozialpolitik überfordert?
Ein weiteres Problem berührt die Handhabung der zentralen Leitung und Planung. Das ganze Staatswesen, alle Bereiche des Lebens der Menschen wurden zentral geführt, nicht mal von einer Regierung, sondern von der Partei. Dadurch wurde der Staat, die Partei alleine verantwortlich für jeden kleinsten Fehler.
Aus dieser Betrachtung ergibt sich die Frage nach den objektiven Gründen.
1. Marx hat seine Theorie leider so formuliert, daß der Prozeß als gesetzmäßiger Selbstläufer mißverstanden wurde.
2. Der schlimmste Feind unseres Sozialismus war der Dogmatismus.
3. Lenins Theorie vom "Sozialismus in einem Land" findet man nicht bei Marx. Dabei waren die Akteure immer zu ungeduldig und wollten gesellschaftliche Prozesse, die aber ihre Laufzeit brauchen, in kürzester Zeit erreichen. Ja, auch weil sie von äußeren Bedingungen beeinflußt wurden.
Der Sozialismus der Sowjetunion wurde geboren und umgesetzt im permanenten Kampf mit dem internationalen Kapitalismus und den Feinden im eigenen Land.
Selbst als halb Europa nach dem Krieg "sozialistisch" war, wurde die notwendige Wirtschaftskraft nicht erreicht. Nach 70 Jahren Sowjetmacht war man am Ende, und ein Gorbatschow wurde zum Totengräber der Sowjetunion, weil die Führung der KPdSU keine Lösung für die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Probleme fand. Ohne Stalins Atombombe hätten wir vielleicht 1953 oder 1956 nicht überstanden.
Tragisch ist, daß die glorreichen Leistungen eines ganzen Volkes bei der Industrialisierung des Landes, im Großen Vaterländischen Krieg und bei der Eroberung des Weltraums am Ende nicht zum Sieg des Systems führten.
Dabei müssen wir leider feststellen, in der Sowjetunion, der DDR und den anderen Ländern hatte der Sozialismus 1989 im Volk keine Basis mehr. Nur das Volk hätte den "Sozialismus" retten können, wenn es das gewollt hätte. Ja, selbst bei dieser Betrachtung bleibt die DDR die größte Errungenschaft der Arbeiterklasse und war ein Anfang vom Weg in eine Zukunft nach dem Kapitalismus.
Nun muß die Menschheit warten, bis sich die Widersprüche des Kapitalismus so verschärfen, daß der Kapitalismus auf seiner höchstentwickelten Stufe vom Sozialismus abgelöst wird, so wie Marx es beschreibt. Welche Rolle dabei der chinesische Sozialismus spielen kann, das wird die Zukunft zeigen.

Horst Nörenberg, Potsdam


Ich fand es gut, daß mit dem Abdruck der Rede von Egon Krenz im "RotFuchs" jenes Thema angesprochen wurde, das mir am meisten am Herzen liegt. Zumindest für die Älteren unter uns war doch die Entstehung und Entwicklung der DDR das Prägende in unserem Leben, ihr Untergang schmachvoll und enttäuschend.
Egon Krenz nennt explizit zwei Punkte, die ich als externe Ursachen bezeichnen möchte. Sie sind offensichtlich, liegen sozusagen auf der Hand. Andere Ursachen, von ihm als Knäuel bezeichnet, liegen jedoch noch im verborgenen, auch wenn er schreibt, daß es dafür viele Erklärungsversuche gibt. Krenz nähert sich diesen mit Bezug auf Lenins Standpunkt über die Rolle der Arbeitsproduktivität, ohne zu erklären, wie mit diesem Begriff in der gegebenen Situation zu verfahren sei. Das ist in meinen Augen zu vereinfacht dargestellt.
Klar ist, daß mit der Niederlage der DDR eine Gesellschaftsordnung mit sozialistischer Orientierung unterging, die unmittelbar aus dem Kapitalismus hervorgegangen ist, und zwar ausnahmslos in Ländern mit niedrig entwickeltem Kapitalismus, also auch mit niedriger Arbeitsproduktivität. Für den Aufbau einer solchen Gesellschaft gab es weder Erfahrungen oder Modelle, noch waren die Grundlagen des wissenschaftlichen Sozialismus anwendungsreif für ihre Gestaltung durchdacht. Auch die Menschen waren weder ideologisch noch mental auf die Anforderungen, die diese Zeit an sie stellte, vorbereitet. Wohl waren sie kriegsmüde, doch eine revolutionäre Situation im Leninschen Sinne bestand nicht.
Daß sich der Sozialismus gegenüber dem hochentwickelten Kapitalismus in den westlichen Ländern 40 Jahre lang behaupten konnte, verbuche ich dennoch als Erfolg. Sozialisten und Kommunisten stehen in der Pflicht, daraus die richtigen Schlußfolgerungen zu ziehen.

Helmut Müller, Berlin


Der Artikel von Egon Krenz im RF war besonders informativ und gut. Es sollte angeregt werden, dazu mehr zu schreiben und das zu publizieren. Die Fakten gehören an die breite Öffentlichkeit.

Dr. Günter Wehner, Berlin


Zur Märzausgabe

Ausgewogene Zusammenstellung! Der Beitrag "Aurora heißt Morgenröte" war sicher verzichtbar. Aber dafür besonders schön die Klemke-Seite; auch gestalterisch fällt sie sehr ins Auge. Auch vieles andere äußerst lesenswert (Konrad Wolf, Christa Kozik usw.). Prima, daß Ihr die "Enzyklika" so hervorhebt! Wußte ich gar nichts von, sehr interessant! Das ist, glaube ich, auch eine Besonderheit von RF, daß er die Leser an Jahrestage, vergessene Personen, Manifeste und Ereignisse erinnert, von denen selbst meine Generation kaum mehr etwas weiß.

René Senenko, Hamburg


Johannes Chemnitzer im März-"RotFuchs" zu entdecken, ist mir eine Freude. Ich gehörte zu Radio DDR. Und der Sender war namentlich in den 70er und 80er Jahren viel unterwegs, mit allen wichtigen Sendungen zur Kommunalpolitik, Wirtschaft, Unterhaltung, Musik, Schule, Gesundheit standen Reporter vor Ort. Rundfunk zum Hören und Anfassen.
Unter den großen und kleinen Städten befand sich auch Neubrandenburg mit beeindruckendem Wiederaufbau. Johannes Chemnitzer gehörte zu den jüngsten SED-Bezirkssekretären, und natürlich hatten wir eine Mikrofon-Runde vereinbart. Wir warteten am Hochhaus, und er kam zu Fuß. Wie wir später erfuhren, nicht nur an diesem Tag. Ein großes Wochenende mit vielen Begegnungen stand auf dem Plan. Hannes Chemnitzer hat uns geholfen, was nicht überall so der Fall war. Sein Elan, seine Lebensnähe, sein Optimismus, seine Ehrlichkeit und Bescheidenheit haben mich beeindruckt. Seine Entwicklung und sein Ansehen gehören dazu, wenn man über die DDR befinden will.

Atti Griebel, Berlin


Der Beitrag von Patrik Köbele im März-RF über den verstorbenen Herbert Mies erinnerte mich an die letzte Begegnung mit ihm im vergangenen September in Karlsruhe auf einer Veranstaltung zum 60. Jahrestag des KPD-Verbots. Nachdem ich einiges zur juristischen Bewertung des Verbots und dem Wirken von F. K. Kaul in diesem Prozeß vor dem Bundesverfassungsgericht gesagt hatte, ergriff Herbert das Wort, und man merkte sofort, da spricht einer, der die Klassenkämpfe der letzten Jahrzehnte miterlebt und auch für die Partei mitgestaltet hat. Große Überzeugungskraft und Konsequenz zeichneten ihn dabei aus, obgleich er seit meinem letzten Besuch bei ihm in Mannheim inzwischen an den Rollstuhl gefesselt war, was ihn sehr ärgerte. "Aber der Kopf ist klar!", sagte er mir zu Beginn der Veranstaltung, und so sprach er auch zu den zahlreichen Teilnehmern, die ihm großen Beifall spendeten. So wollen wir ihn in Erinnerung behalten.

RA Ralph Dobrawa, Gotha


Werner Abel und seine Kollegen suggerieren in ihrem Beitrag "Zur Debatte um ein Spanienkämpfer-Lexikon" (März-RF), daß ich den Eintrag über Willi Bredel wegen seines zu geringen Umfanges kritisiere, und unterstellen, daß ich "einen Eintrag in ein biographisches Lexikon mit einer Biographie verwechsle". So bauen sie einen Pappkameraden auf, um sich nicht mit den Schwerpunkten meiner Kritik auseinandersetzen zu müssen. Neben den vielen Fehlern und Ungenauigkeiten kritisiere, ich u. a. das falsche Datum über die Ankunft Bredels und Weinerts in Spanien. Weitaus problematischer ist für ein Spanienkämpfer-Lexikon, daß mit keinem Wort Bredels militärische Aktivitäten und seine umfangreiche publizistische Unterstützung der Republik genannt werden. Dies widerspricht sogar den selbstformulierten Ansprüchen im Vorwort des Buches (S. 8). Bei den Schriftstellern Hans Marchwitza (S. 330) und Ludwig Renn (S. 408) werden beispielsweise zumindest deren militärische Daten erwähnt. Dagegen wurden sie bei Willi Bredel vermutlich schlicht vergessen, aber das wollen die Autoren offensichtlich nicht einräumen.

Hans-Kai Möller, Hamburg


In der Diskussion um das Spanienkämpfer-Lexikon liegen uns weitere Stellungnahmen von Brigitte und Gerhard Brändle sowie von Werner Abel vor. Die Autoren des Lexikons wurden detailliert kritisiert - sie hatten Gelegenheit, darauf ausführlich zu antworten. Es gibt offensichtlich unterschiedliche Auffassungen und Standpunkte, die wir so stehen lassen müssen. Wir bitten um Verständnis dafür, daß wir den öffentlichen Disput hiermit beenden. RF


Die Bürger der früheren DDR werden auch 27 Jahre nach dem Anschluß an die BRD um ihre Leistungen beim Aufbau unserer Gesellschaft betrogen. Als hätte es uns nicht gegeben. Doch die Wahrheit ist auf unserer Seite. Meinen erfolgreichen Abschluß des Studiums an der Humboldt- Universität verdanke ich - ohne 1945 einen ordentlichen Schulabschluß machen zu können - allein der DDR, die das Bildungsprivileg durchbrach. Heute braucht man wieder eine andere soziale Herkunft, um studieren zu können. Dieser Staat, dem Freiheit und Demokratie angeblich heilig sind, schlittert von einer Krise in die nächste. Viele Länder leiden immer noch unter den Folgen der letzten großen Finanzkrise, und schon vergeben Banken wieder faule Kredite in Hülle und Fülle an die Wirtschaft. Die Verelendung vieler Völker wird in Kauf genommen. Wir selbst sollen eingestimmt werden auf die "Normalität" von Kriegen. Rechte Kräfte gewinnen an Zulauf, in Deutschland und europaweit. Mir ist völlig unverständlich, daß faschistische Kräfte, die in SS-Divisionen Hitlers gedient haben, in einigen europäischen Ländern heute Paraden abhalten dürfen und obendrein noch besondere Renten für ihre Verbrechen wie beispielsweise in Litauen bekommen. Groß ist meine Befürchtung, daß durch die USA immer mehr Stellvertreterkriege geführt werden, die schnell in einem dritten Weltkrieg enden können.
Linke Kräfte in Deutschland sind derzeit leider zersplittert, aber sie tragen eine große Verantwortung für die Zukunft unseres Landes.

Werner Gericke, Berlin


Mit Blick auf die bevorstehende Bundestagswahl muß die Partei Die Linke aufpassen, daß ihre Grundprinzipien nicht verlorengehen und sie am Ende ihr Gesicht einbüßt! Sie ist die einzige Friedenspartei im Deutschen Bundestag. In Zeiten der Aufrüstung und Stationierung von NATO- und Bundeswehrtruppen an den Grenzen zu Rußland ist es wichtig, daß es eine Partei gibt, die zu dieser Rüstungsspirale nein sagt - und das ohne Wenn und Aber! Dieser Standpunkt ist nicht verhandelbar!

René Osselmann, Magdeburg


In den vergangenen Monaten las ich wiederholt im RF Meinungen über vergangene und mögliche Regierungsbeteiligungen der Partei Die Linke, meist mit warnendem Unterton.
1998 bestand in Mecklenburg-Vorpommern erstmals die Möglichkeit, daß sich die PDS an einer Landesregierung beteiligt. Lange habe ich mit mir gerungen, um einen eigenen Standpunkt zu finden. Ich bin zu folgendem Entschluß gekommen: Wenn es möglich ist, in Regierungsbeteiligung etwas Positives für die Menschen zu erreichen, dann müssen wir das tun. Aber wir dürfen uns nicht verbiegen. Leider ist das nicht gelungen.
Wenn es jetzt um eine Entscheidung auf Bundesebene geht, darf sie nicht zu Lasten der Haltelinien ausfallen: Bestehende Kriegseinsätze beenden! Keine neuen Kriegseinsätze! Soziale Maßnahmen für die Masse der Menschen!

Karl-Heinz Puchmüller, Waren (Müritz)


Anfang März lief bei "MDR Kultur" ein Themenabend "Litauen". Ausgiebig wird die West-Orientierung des Landes und seiner baltischen Nachbarn beschworen, gewürdigt und mit geschichtsklitternden Behauptungen ("Litauen ist ja katholisch wie Polen, somit also immer schon ein Teil des Westens ...") "untermauert". Daß das Land sich mangels Masse und eigenem Gewicht im imperialistischen Zweckbündnis der EU seit Jahr und Tag als russophober Wadenbeißer der NATO hervorzutun versucht, erklärt ein professoraler Interviewpartner wie folgt: Litauen hätte "berechtigte Ängste" angesichts der "ja nun doch massiven Konzentration von militärischen Kräften Rußlands in der Region". Daß diese Maßnahme Rußlands vielleicht eine Reaktion ist auf den zunehmend dreisteren Aufmarsch der NATO vor Rußlands Westgrenze, auf die Eingemeindung der baltischen Staaten in das westliche Kriegsbündnis, die bellizistische Rhetorik, das Säbelrasseln, die Kriegshetze insbesondere der baltischen Mini-Staaten - geschenkt, mit diesen Informationen will man den "MDR Kultur"-Hörer offensichtlich nicht überfordern. Dann wird's allerdings ganz bizarr: Die sich ahnungslos gebende Interviewerin fragt den Experten, ob er den militärischen Aufmarsch - nein, nicht etwa der NATO, sondern Rußlands - etwas detaillierter beschreiben könnte. Die Antwort des wackeren Mannes: Ja, da wären also in der Enklave Kaliningrad "unglaublich viele Luftabwehrraketen stationiert" - schöner kann sich die kriegslüsterne NATO-Propaganda von der "russischen Gefahr" ja gar nicht blamieren, aber gehört hat's sicher wieder keiner: Defensive Maßnahmen Rußlands gegen die zunehmend aggressive Bedrohung durch die NATO - Luftabwehrraketen in Kaliningrad! Klarer Beleg für russische Aggression! - müssen auch noch herhalten als Begründung für den Kriegskurs der NATO.
Ich muß an meinen Großvater denken, dem seine antifaschistische Arbeit Gestapo-Haft und Zwangsrekrutierung für das Strafbataillon 999 eingebracht hatte und der mir gelegentlich sagte: "Ich wußte doch, daß Hitler Krieg bedeutet. Jeder der es wissen wollte, konnte es wissen. Aber es wollte kaum jemand wissen." Ich fühle mich heutzutage ähnlich.

Kay Stratus, Weimar


Zu Jahresbeginn wurden erhebliche Mengen amerikanische Rüstungsgüter quer durch Deutschland in Richtung Baltikum und Polen transportiert, samt Militärpersonal. Die BRD beteiligt sich am Truppenaufmarsch nach Litauen. Wieder mal "alternativlos", Deutschland ist ja NATO-Mitglied.
US-Präsident Trump erwartet deutlich höhere finanzielle Aufwendungen der NATO-Mitgliedsstaaten.
Unsere regierende Pfarrerstochter versicherte eilfertig, dem zu folgen. Wir, der Deutsche Freidenker-Verband, sehen sehr wohl eine Alternative: NATO raus aus Deutschland, Deutschland raus aus der NATO! Kooperation statt NATO-Konfrontation!

Dr. Manfred Gries, Oranienburg


Das Auftreten der Bundeskanzlerin Angela Merkel vor dem NSA-Untersuchungsausschuß über die Spionage-Tätigkeit amerikanischer und deutscher Geheimdienste hinterläßt den Eindruck, daß sowohl USA-Präsident Trump als auch sie vom gleichen Schlage sind: dem Volk und der Weltöffentlichkeit das eine zu sagen, um dann das andere zu tun. Das Monopolkapital ist zufrieden. -
Der Bundestagswahlkampf ist längst in vollem Gange. Es darf bezweifelt werden, daß die antretenden Parteien in sich gehen und zu längst fälligen Kurskorrekturen ihrer Politik kommen werden. Wählergunst ist in diesem Land selbst mit haltlosen Versprechungen zu haben. Dagegen begrüße ich, daß die DKP dabei ist, Unterschriften für die Ermöglichung ihrer Kandidatur zu sammeln.

Hans-Georg Vogl, Zwickau


Aus Anlaß des Reformationsjubiläums wird 2017 neben der Vermittlung geschichtsträchtiger Fakten offen und verdeckt der Weg für eine schleichende weitere Missionierung geebnet. Die Leistungen Martin Luthers, die 500 Jahre zurückliegen, sind zu würdigen, aber auch seine antisemitische Grundhaltung darf nicht außer Betracht bleiben. Und, wenn man Luthers Wirken ohne staatlich verordnete Euphorie betrachtet, bleiben die Abschaffung des Ablaßhandels und die deutschsprachige Bibel übrig. Der Papst war obsolet, aber die evangelischen Regionalfürsten erlangten bedeutenden politischen Einfluß. Sie negierten schlichtweg die Forderung nach einer Bescheidung auf ihr kirchliches Wirken im Amt. Die Geschichte zeigt uns überdeutlich, daß die Reform sehr partiell war und ein wirklicher Einfluß der Kirchen für eine friedliche, solidarische und gerechte Welt nicht gegeben war. Im Gegenteil! Könige, Kaiser, Führer, Präsidenten zogen mit Gottes Segen gegeneinander in den Krieg, und Millionen Menschen kamen darin um. Politiker, die sich sonntags segnen lassen, zogen montags in den Krieg, und die Mächtigen des Staates profitierten davon. Die Gefallenen und Toten wurden in unheiliger Allianz zwischen Staat und Kirche "feierlich" zu Grabe getragen.
Die im Ergebnis der Aufklärung, insbesondere der französischen Revolution, erfolgte Abschaffung einer Staatsreligion und der erfolgten Trennung von Staat und Religion wird leider offiziell ignoriert. Durch den Staat wird Kirchensteuer eingezogen, Millionen Euro den Kirchen für deren Betreibung bereitgestellt und in öffentlichen Räumen, wie z. B. in Schulen, Krankenhäusern und Gerichten mit dem Kreuz indirekt für ein Glaubensbekenntnis geworben.
Wir brauchen ganz dringend die öffentliche Diskussion zur Abkehr der Kirche vom Armuts- und Friedensideal des synoptischen Jesus. Denn dessen Ethik wurde nach dem Aufstieg zur Staatsreligion im 4. Jahrhundert ins Gegenteil verkehrt: Machtsucht und Gewalt prägten die Kirche, deren Weg konsequent über die jahrhundertelange Verfolgung von "Ketzern" und Heiden bis zur Kooperation mit den europäischen Faschisten in Spanien, Italien und Deutschland sowie Kroatien führte.
Dieser Sachverhalt liegt aber verschüttet im Bewußtsein der Mehrzahl der Bürgerinnen und Bürger. Das offenzulegen bedarf einer klugen und geduldigen Überzeugungsarbeit.
Deshalb begrüßen wir eine Initiative des Landesvorstandes der Partei Die Linke Sachsen zur Trennung von Staat und Religion und möchten diese weiter aktiv unterstützen.

i. A. Raimon Brete, OV Sonnenberg/Chemnitz


Als wir im März anläßlich "70 Jahre VVN-BdA in Sachsen" zu einer Festveranstaltung zusammenkamen, verwiesen wir Antifaschisten auch auf eine 1993 angenommene und bis heute geltende Entschließung des Europäischen Parlaments. Darin heißt es: "Zum europäischen und internationalen Schutz der Stätten der von den Nationalsozialisten errichteten Konzentrationslager als historische Mahnmale" fordert das Europäische Parlament "... die Mitgliedstaaten, den Rat und die Kommission auf, alle Initiativen u. a. auch finanziell zu unterstützen, die darauf abzielen, die . von den Nationalsozialisten errichteten Konzentrationslager zu bewahren und diese Stätten unter europäischen und internationalen Schutz zu stellen ..."
Eine Meldung des "neuen deutschland" vom 20. März bezog sich auf das KZ Hohnstein: "Früherem KZ droht der Verkauf / Sächsische Burg Hohnstein nach Insolvenzverfahren vor ungewisser Zukunft". 5300 Menschen wurden dort bis zu seiner Auflösung im August 1934 in "Schutzhaft" genommen: Sozialdemokraten, Kommunisten, Pfarrer, Lehrer, Kommunalpolitiker. Etwa 140 von ihnen kamen zu Tode.
Es sei kein Geld da, heißt es, um die Erinnerung an diese Opfer wachzuhalten. Wenn jedoch BStU-Chef Jahn Finanznot beklagt, braucht er nur vor die Kameras zu treten, und alle Mikrofone richten sich auf seine Bittgesänge. Erst recht in Sachsen! In den letzten drei Jahren wurden circa 15 % der Fördermittel der Stiftung Sächsische Gedenkstätten für den Themenbereich NS-Aufarbeitung und 85 % für die Themenbereiche Sowjetische Besatzungszone und "DDR-Unrecht" bewilligt.

Paul Jattke, Chemnitz


Groß aufgemacht konnte man am 17. 3. in der MZ lesen, daß "der Duft von frischem Brot" durch die Kleinstadt Könnern zieht. Es folgte ein Rückblick auf die Entwicklung einer Bäckerei, die dort bereits seit 1927 besteht und die "den zweiten Weltkrieg, die DDR und die Wende überlebt" hat. Ein Bezug auf das "Tausendjährige Reich" von 1933 bis 1945 fehlte jedoch. Um so freudiger ließ man den Bäckermeister zu Wort kommen, der seinen Kampf ums Überleben zu DDR-Zeiten in Szene zu setzen wußte. Die Bäckerei - in privater Hand geblieben - habe "auch die letzte Enteignungswelle überlebt", weil der Vater "weniger als 10 Beschäftigte" hatte. Heute "boomt" das Geschäft. Es ist die einzige von 13 vor der "Wende" bestehenden Bäckereien, die in Könnern noch existiert.
Man lese und staune: Während es in dieser Kleinstadt zu Zeiten des DDR-"Unrechtstaates" immerhin 13 Bäckereien gab, sind - dank des spätkapitalistischen Konkurrenzkampfes - nur 7,7 % der ursprünglichen Kleinunternehmen übriggeblieben. Bis jetzt ...
Ob den Konsumenten der MZ aufgefallen ist, was ihnen da vermittelt werden sollte?

Dr. Günther Freudenberg, Bernburg


Anmerkung der Redaktion zu "Die Blockade Leningrads ist unvergessen" (RF 229)

In Beantwortung von Leseranfragen hier die Titel einiger empfehlenswerter (zumeist noch antiquarisch zu beschaffender) älterer Blockade-Bücher. Sie sind unentbehrlich zur historischen Konkretisierung der heute gelegentlich antisowjetisch interpretierten Ereignisse und zum Verständnis der Größe dieses Dramas:
- Vera Inber: Fast drei Jahre. Aus einem Leningrader Tagebuch. SWA-Verlag, 1946
- Alexander Tschakowski: Es war in Leningrad. SWA-Verlag, 1947
- N. G. Michailowski: Neunhundert Tage. Zeugnisse von der heldenhaften Verteidigung Leningrads im Großen Vaterländischen Krieg (Vorwort: Willi Bredel), Dietz-Verlag, 1959
- Heinz Bergschicker: Leningrad - Stadt, die den Tod bezwang. Verlag Kultur und Fortschritt, 1966
- D. W. Pawlow: Die Blockade von Leningrad. Huber-Verlag, 1967
- Duell mit der Abwehr. Dokumentarische Skizzen über Tschekisten der Leningrader Front. Militärverlag, 1971
- Alexander Tschakowski: Die Blockade (3 Bände). Verlag Volk und Welt, 1974-1977
- Bodo Schulenburg: Tanja. Verlag Junge Welt, 1981 (eine Lizenzausgabe dieses anrührenden Kinderbuchs erschien mit einem eigenen Vorwort 1983 im Westberliner Elefantenpress-Verlag)
- H. Kislizyn / W. Subakow: ... die Stadt dem Erdboden gleichmachen. Leningrad ergibt sich nicht. Progress-Verlag, Lizenzausgabe im Pahl-Rugenstein-Verlag, 1984
- Alwin Meyer: In dunkler Zeit. Kinder im belagerten Leningrad. Steidl-Verlag 1987

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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. August 2017

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