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ROTFUCHS/195: Tribüne für Kommunisten und Sozialisten Nr. 241 - Februar 2018


ROTFUCHS

Tribüne für Kommunisten und Sozialisten in Deutschland

21. Jahrgang, Nr. 241, Februar 2018



Aus dem Inhalt

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Was bleibt von der SPD?

Mit dem Ende der DDR und dem der Sowjetunion änderte sich die Funktion der SPD, genauer: Sie wurde überflüssig. Die Oktoberrevolution, die kommunistische Weltbewegung, die Existenz der sozialistischen Länder hatten bis 1989 für sozialpolitische Zugeständnisse des Kapitals gesorgt, die vor allem von der SPD durchgesetzt wurden. Damit war nun Schluß. Das Etikett SPD blieb zwar, aber dahinter mußte sich zwangsläufig ein Wandel einstellen. Die deutsche Sozialdemokratie, deren Führung sich am 4. August 1914 für den Sozialimperialismus, für Krieg plus soziale Almosen, entschied, hatte die Partei schon damals zugunsten nationalistischer, chauvinistischer Strömungen mit sozialem Anstrich überflüssig gemacht. Deren Publizisten proklamierten "Kriegssozialismus" und "Volksgemeinschaft". Ihre Hauptaufgabe sah die SPD-Führung nach 1917 in der Bekämpfung von Kommunismus und Revolution.

Als die faschistische Diktatur Sozialdemokraten wie Kommunisten gleichermaßen in Gefängnisse warf und ermordete, war es für Korrekturen zu spät. Erst die Vereinigung von SPD und KPD zur SED zog 1946 im Osten Deutschlands aus der epochalen Katastrophe von 1914 die nötige Konsequenz.

Die SPD-Führung der Westzonen verhinderte dies mit Hilfe der Westalliierten. Sie setzte der Spaltung Deutschlands durch Währungsunion und Gründung der Bundesrepublik nur geringen Widerstand entgegen, der Wiederaufrüstung noch weniger und trat schließlich 1966 zum ersten Mal in eine Koalition mit CDU und CSU ein. So wurde die verfassungsändernde Zweidrittelmehrheit im Bundestag erreicht, mit der die noch heute gültigen Notstandsgesetze gegen den Widerstand von Gewerkschaften und Millionen Menschen durchgesetzt werden konnten.

Als die USA und die NATO in den 60er Jahren ihre Doppelstrategie von Abschreckung und Entspannung konzipierten, nutzte die SPD die Gelegenheit, um bessere Beziehungen zwischen BRD und DDR herzustellen, ohne an der Aufrüstung Abstriche zu machen. In der Raketenkrise der 80er Jahre kam es sogar zu einer Annäherung von SPD und SED und dem Papier von 1987 über den Streit der Ideologien und die gemeinsame Sicherheit.

Das hatte sich nach 1989 in mehrfacher Hinsicht erledigt: Krieg wurde erstmals nach 1945 von einem sozialdemokratischen Bundeskanzler wieder zum festen Bestandteil deutscher Außenpolitik. Gerhard Schröder nannte das "Enttabuisierung des Militärischen". Am Bedeutungsverlust der SPD für das deutsche Kapital änderte das nichts.

Dieser setzte bei der Zerschlagung der DDR und ihrer Gesellschaft ein. Im Eifer, deren soziale Errungenschaften zu zerstören, unterschied sich die SPD kaum von den anderen Anschlußparteien, im Gegenteil. Ihr Spitzenpersonal in Ostdeutschland stammte aus evangelischen Pfarrhäusern, mit der deutschen Arbeiterbewegung und ihren Traditionen waren diese Leute im Gegensatz zu vielen westdeutschen Sozialdemokraten nicht verbunden, mehr noch: Haß auf diese Tradition und die DDR, der größten Errungenschaft in der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, war ihr einziger Programmpunkt. Das ermöglichte in den 90er Jahren in Ostdeutschland einen sozialen Kahlschlag, der zum Vorbild für die gesamte Bundesrepublik und sehr bald deutscher Export"schlager" für die EU wurde.

Die damalige SPD-Führung unter Hans-Jochen Vogel stimmte 1990 den Diktatverträgen zur Wirtschafts- und Währungsunion von DDR und BRD zu, während sie der SPD-Kanzlerkandidat zu den ersten Wahlen nach dem Anschluß vom 3. Oktober 1990, Oskar Lafontaine, ablehnte. Er skizzierte im damaligen Wahlkampf ziemlich genau die vorhersehbaren verheerenden sozialen Folgen dieser Politik für die Ostdeutschen. Die glaubten ihm nicht und stimmten mehrheitlich für die CDU. Bereits 1994 meinte der Sozialdemokrat Egon Bahr, es sei in der Geschichte noch nie eine Bevölkerung so ausgeplündert worden wie die ostdeutsche.

Bemerkenswert aus heutiger Sicht war damals das schlechte Abschneiden der Neonaziparteien in Ostdeutschland: Sie erreichten z.B. 1990 und 1994 in keiner sächsischen Gemeinde zusammen fünf Prozent. Das änderte sich bis 1998. Damals erreichte die DVU z.B. in Sachsen-Anhalt 12,9 Prozent, die vom Verfassungsschutz offenbar besonders geförderte NPD faßte unter ostdeutschen Jugendlichen Fuß.

Der reale Sozialismus war weg, es bestand kein Anlaß mehr für soziale Almosen. Daraus zog zuerst die SPD-Führung unter Gerhard Schröder die Konsequenz. Sie profitierte 1998 von der verbreiteten Unzufriedenheit mit den Ergebnissen der Anschlußpolitik Helmut Kohls und stellte sich in neuer Funktion zur Verfügung: Sie wollte nicht mehr Partei des sozialen Ausgleichs sein, sondern an der Spitze des Klassenkampfes von oben stehen. Ihre "Agenda 2010" schuf in der Bundesrepublik ein soziales Unrechtsregime, das in den entwickelten Industriestaaten seinesgleichen sucht. Entsprechend wurde es in verschärfter Form anderen EU-Staaten, insbesondere Schuldnerstaaten Deutschlands, auferlegt.

Nach den Bundestagswahlen vom 24. September 2017 steht die SPD vor dem Scherbenhaufen dieser Politik. Der Funktionswandel half nicht ihr, sondern Konservativen und Rechten. Sie hat die Hälfte ihrer Mitglieder und Wähler verloren, gab die Ostpolitik Willy Brandts auf und schloß sich unter Frank-Walter Steinmeier und Sigmar Gabriel der neuen aggressiven NATO-Strategie gegenüber Rußland an. Statt Abschreckung plus Entspannung, also Anstreben von Abrüstungsverhandlungen, heißt es heute: Abschreckung und "Dialog", d.h. keine Verhandlungen, sondern bestenfalls "Informationen" über die eigenen Absichten. Dabei handelte es sich, soweit es überhaupt Gespräche gibt, zumeist um Täuschungsmanöver des Westens etwa über sein Raketenabwehrsystem oder den von ihm angestrebten Bruch des INF-Vertrages von 1987 über das Verbot von landgestützten Mittelstreckenraketen in Europa.

Mehr denn je stellt die SPD lediglich den Flügel einer die Bundesrepublik regierenden Einheitspartei dar. Das macht sie jederzeit regierungsfähig und wird sie wahrscheinlich auch in eine neue Koalition mit CDU und CSU führen. Auf der anderen Seite gefährdet es ihre Existenz als Partei.

Vor diesem Hintergrund hat Oskar Lafontaine nach der Bundestagswahl mehrfach angeregt, über eine linke Sammlungsbewegung nachzudenken. Am 30. Dezember 2017 veröffentlichte z.B. die "Neue Osnabrücker Zeitung" ein Interview mit ihm, in dem er erklärte: "Diejenigen, die über die Parteigrenzen hinaus wieder mehr soziale Gerechtigkeit in Deutschland wollen, müßten eine neue linke Sammlungsbewegung gründen. Diese Bewegung sollte nicht nur die klassischen Parteien, sondern auch Gewerkschafter, Sozialverbände, Wissenschaftler, Kulturschaffende und andere umfassen. Daß es eine Basis für eine solche sich aus der Gesellschaft entwickelnde Bewegung gibt, zeigt der anfängliche Hype um Martin Schulz. Leider ist die SPD dieser Erwartungshaltung im Bundestagswahlkampf nicht gerecht geworden."

Das aber kann und wird die SPD auch nicht leisten - bei allem Schmerz alter Sozialdemokraten über den Kurs ihrer Partei, den Lafontaine hier zum Ausdruck bringt. Unausgesprochener Kern seiner Idee ist aber zugleich: Die Partei Die Linke spielt entweder in einer solchen Bewegung eine entscheidende Rolle oder sie wird ebenfalls bedeutungslos. Lafontaine selbst nennt Jeremy Corbyn in Großbritannien, Podemos in Spanien, "La France insoumise" in Frankreich als Vorbilder für eine Sammlung "all derjenigen, die mehr soziale Gerechtigkeit wollen und für eine friedliche Außenpolitik eintreten".

Angesichts der Gefahren für den Weltfrieden, angesichts von NATO-Kriegspolitik und Aufrüstung, angesichts der immer tieferen sozialen Spaltung in der Bundesrepublik und weltweit, angesichts der Welle von Nationalismus und Faschismus, angesichts des Scheiterns der SPD und anderer sozialdemokratischer Parteien ist eine solche Bewegung dringend nötig, vielleicht hätte sie sogar eine historische Chance. Sie könnte sich relativ rasch entfalten, wie die von Lafontaine angeführten Beispiele zeigen. Ob sie länger Bestand hat, Einfluß gewinnen oder gar dem Durchmarsch der reaktionärsten Kräfte des Monopolkapitals Einhalt gebieten kann, wird nicht zuletzt vom Engagement von Kommunisten und Sozialisten abhängen.

Arnold Schölzel

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24. Friedensratschlag: Gegen weltweite Aufrüstung

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

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INF-Abrüstungsvertrag in Gefahr?

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

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100 Jahre Armee für den Frieden

"Jeder Mensch, der die Freiheit liebt, schuldet der Roten Armee mehr, als er jemals bezahlen kann."

In diesen Worten des US-amerikanischen Schriftstellers Ernest Hemingway wird die Wahrheit über den Charakter, die Aufgaben und Ziele jener Armee treffend ausgesprochen, die wenige Monate nach der Oktoberrevolution 1917 in Rußland geschaffen werden mußte und in diesen Tagen ihren 100. Geburtstag begehen könnte.

Wo liegen die Gründe dafür, daß die neue Volksmacht der russischen Republik, deren Geburtsurkunde das "Dekret über den Frieden" war, schon im Februar 1918 seine Söhne zu den Waffen rief? Zu diesem Zeitpunkt hatte der deutsche Imperialismus das im Dezember 1917 mit Sowjetrußland geschlossene Waffenstillstandsabkommen gebrochen und wollte in einer großangelegten Offensive die russische Republik zerschlagen. Innerhalb weniger Tage besetzten die deutschen Truppen Lettland und Estland, einen beträchtlichen Teil der Ukraine und Belorußlands. Die Gefahr des Untergangs der jungen Sowjetmacht war groß. Die Schaffung regulärer Streitkräfte zur Verteidigung der jungen Sowjetrepublik wurde zur Überlebensfrage.

Unter der Losung: "Das sozialistische Vaterland ist in Gefahr!" riefen W.I. Lenin und die sowjetische Regierung die Arbeiter und Bauern des ganzen Landes zum freiwilligen Eintritt in die Rote Armee auf. Am 23. Februar 1918 stoppten sie kurz vor Petrograd die Truppen des kaiserlichen Deutschland. Diese erste geschichtliche Bewährungsprobe wurde zur eigentlichen Geburtsstunde der Roten Armee.

Es war eine Armee entstanden, die, nur notdürftig ausgerüstet und ohne ausgebildete Heerführer, den imperialistischen Heeren dennoch überlegen war, weil sie die erste Armee einer Arbeiter-und-Bauern-Macht war, vom Volk mit dem einzigen Auftrag hervorgebracht, die gerechteste Sache der Welt, die Freiheit und Unabhängigkeit des neuen sozialistischen Vaterlandes, zu verteidigen. In den folgenden jahrelangen Auseinandersetzungen gegen die hochmodernen Armeen von 14 imperialistischen Staaten, die sich zur bewaffneten Intervention gegen die Sowjetrepublik vereinigt hatten, bewiesen die sowjetischen Soldaten immer wieder ihre Überlegenheit. Kommunisten traten an die Spitze der Kämpfer. Mitten im Feuer entwickelten sich aus Arbeiter- und Bauernsöhnen mutige und kampfentschlossene Heerführer wie Budjonny, Tschapajew, Frunse, Woroschilow und viele andere.

Schon zwei Jahrzehnte nach der erfolgreichen Verteidigung ihrer Heimat gegen die Interventen mußte sich die Rote Armee erneut bewähren. Im Sommer 1941 überfiel die Hitlerwehrmacht die Sowjetunion. Mordend, raubend und plündernd überzogen die Faschisten das Land, drangen bis nach Moskau vor, gelangten an die Wolga und das Vorgebirge des Kaukasus und belagerten Leningrad. Trotz riesiger Verluste an Menschen, Industrieanlagen, Rohstoffen, Lebensmitteln und Kampftechnik, die in der ersten Phase des Krieges von den Faschisten vernichtet oder geraubt wurden, gelang es dem sowjetischen Volk und seinen Streitkräften, dem deutschen Faschismus einen Strich durch seine Weltherrschaftspläne zu machen. Dieser Befreiungskampf kostete 27 Millionen sowjetische Menschen das Leben. Sie gaben es nicht nur für die eigene Freiheit und Unabhängigkeit, sondern für alle Völker, die vom Faschismus unterdrückt und ausgeplündert wurden.

Mit großer Anerkennung würdigten die Völker die Leistungen der sowjetischen Armee. So erklärte General de Gaulle im Dezember 1944: "Die Franzosen wissen, was Sowjetrußland für sie tat, sie wissen, daß gerade Sowjetrußland bei ihrer Befreiung die Hauptrolle spielte." Und die "New York Herald Tribune" schrieb im Juni 1945: "Die Rote Armee war faktisch eine Armee, die Europa und die halbe Welt befreite, weil ohne diese Armee und ohne die grenzenlosen Opfer, die das russische Volk brachte, die Befreiung vom grausamen Joch des Faschismus einfach unmöglich gewesen wäre."

Die Zerschlagung des Faschismus durch die Sowjetunion gehört nach der Oktoberrevolution zu den bedeutendsten Ereignissen des vergangenen Jahrhunderts und beeinflußte nachhaltig die internationale Entwicklung. Dieser Sieg wurde zum Ausgangspunkt für die Entstehung eines sozialistischen Weltsystems, für den völligen Zusammenbruch des Kolonialsystems und für einen Aufschwung des Kampfes der Arbeiterklasse in den Hochburgen des Kapitalismus.

Die hundertjährige Geschichte der Roten Armee widerlegt die Lüge der bürgerlichen Propaganda von einer angeblichen "roten Gefahr". Die sowjetischen Streitkräfte hatten einzig und allein die Aufgabe, die sozialistische Gesellschaftsordnung vor ihren Feinden zu schützen.

Wenn die Völker Europas bis 1990 über vier Jahrzehnte in Frieden leben konnten, dann war das der militärischen Stärke der Sowjetunion genauso zu verdanken wie ihrer konsequenten Friedenspolitik.

Gestützt auf die UZ

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Von Berlin ins Museum der Weltmeere in Kaliningrad

Für den Berliner Jürgen Brühmann, Mitglied u.a. der GRH und des RF-Fördervereins, war der 31. Oktober 2017 ein ganz besonderer Tag. Bei einer feierlichen Zeremonie in der Botschaft der Russischen Föderation in Berlin überreichte er im Beisein des Botschafters Wladimir Grinin der Direktorin des Museums der Weltmeere in Kaliningrad Svetlana Sivkova aus seiner umfangreichen Sammlung von Miniaturen 53 Modelle von Kriegsschiffen. Die Originalschiffe und -boote waren von 1945 bis 1990 unter der Flagge der Baltischen Flotte, der polnischen Seekriegsflotte und der Volksmarine der DDR auf Wacht für den Frieden in der Ostsee im Einsatz. Sie werden seit dem 15. September auf dem ehemaligen Feuerschiff "Irbenskij" präsentiert - im Rahmen des Museums der Weltmeere und dessen Sonderausstellung "Baltic Fleet on Guard of Peace".

Seit über 60 Jahren sammelt der gelernte Spitzendreher aus Eisenach Schiffe, Flugzeuge und andere Fahrzeuge als Miniaturen. Mehr als 1500 Modelle drängen sich dicht an dicht auf etwa 15 m² seiner Wohnung.

Der passionierte Sammler hat sich auf Schiffe der russischen und sowjetischen Kriegsflotte spezialisiert - als Miniaturnachbauten im Maßstab 1:1250. 1580 Schiffe befahren die spiegelnden Glasböden der Vitrinen, und es sieht tatsächlich so aus, als schwimmen sie auf dem Wasser. Die selbstkonstruierte "Hauptvitrine" geht nach vorn zu und vermittelt den Eindruck einer Kommandobrücke, der Fußboden sieht aus wie der Boden auf einem Schiff. Jürgen Brühmann weiß genau, welche Modelle bei ihm vertreten sind: 550 russische und sowjetische von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart, 157 der Volksmarine der DDR, 103 der Handelsmarine der DDR, 168 von der Bundesmarine, 429 von den deutschen Kriegsflotten bis 1945. Dazu kommen 177 Schiffsmodelle anderer Länder, Handelsschiffe, Passagierschiffe und Fähren. RF

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Appell von PVP und KPI

Wir dokumentieren nachstehend eine aus dem Englischen übersetzte gemeinsame Erklärung der Palästinensischen Volkspartei (PVP) und der Kommunistischen Partei Israels (KPI):

Die Palästinensische Volkspartei und die Kommunistische Partei Israels verurteilen entschieden die Entscheidung des US-Präsidenten Donald Trump vom 6. Dezember 2017 über Jerusalem, die eine eklatante Verletzung der Rechte des palästinensischen Volkes sowie einen schweren Schlag gegen die Grundlagen eines gerechten Friedens entsprechend der von den meisten Ländern und einer überwältigenden Mehrheit der Völker weltweit unterstützten UN-Resolutionen darstellt.

Die US-Politik der Unterstützung der israelischen Besatzung der seit 1967 besetzten palästinensischen Gebiete wird nur zu einer Verschärfung von Chaos und Instabilität in der Region und auf der Welt führen. Sie belegt die Tatsache, daß die Vereinigten Staaten ein Teil des Problems und nicht der Lösung sind. Es gibt keine andere Lösung als die Beendigung der Besatzung und die Erfüllung des Rechts des palästinensischen Volkes auf Selbstbestimmung sowie die Etablierung eines unabhängigen palästinensischen Staates mit Ost-Jerusalem als seiner Hauptstadt und die Lösung der Flüchtlingsfrage entsprechend der UN-Resolution 194.

Die Entscheidung widerspricht und negiert vollständig das internationale Recht, Resolutionen des Sicherheitsrates sowie die einhellige internationale Meinung, die Jerusalem als besetztes Gebiet betrachtet. Das verpflichtet uns zu weiteren Anstrengungen, diese Politik zu isolieren und diese Entscheidung durch die internationale Gemeinschaft zu kippen.

Die Dreierallianz aus dem von den USA geführten globalen Imperialismus, dem von den Siedlern und der Annexionsregierung repräsentierten Zionismus und den reaktionären arabischen Kräften steht den nationalen und historisch unveräußerlichen Rechten des palästinensischen Volkes feindlich gegenüber. Das Scheitern der Pläne dieser Allianz für die Region - insbesondere in Syrien und im Jemen - hat sie dazu gebracht, die palästinensische Karte zu spielen und die palästinensische Führung zu einem von ihr so genannten "Deal des Jahrhunderts" zu bewegen.

Um uns dieser Allianz entgegenzustellen, müssen wir die internationale Solidarität mit der Sache Palästinas und dem palästinensischen Volk verstärken und ausweiten, um den Druck auf die Okkupationsregierung zu verstärken. Die PVP und die KPI rufen die kommunistischen und Arbeiterparteien weltweit und alle fortschrittlichen und demokratischen Kräfte auf, den Kampf gegen die israelische Besatzung zu verstärken und die Solidarität mit dem palästinensischen Volk und seinen legitimen Rechten auszuweiten, für einen gerechten Frieden in der Region auf der Grundlage des Respekts für die Rechte der Völker auf Freiheit und Unabhängigkeit.

12.12.2017
Gestützt auf "RedGlobe"

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Wider den Mißbrauch des Begriffs Antisemitismus

Der deutsch-jüdische Autor und Verleger Abraham Melzer kritisiert die Unterstützung Israels durch die deutsche Politik und wird deswegen selbst häufig als Antisemit bezeichnet - zu Unrecht, wie er sagt.

Dazu hat er nun das Buch "Die Antisemitenmacher - Wie die neue Rechte Kritik an der Politik Israels verhindert" geschrieben. Das Buch sei eine Anklage, erklärt Melzer. "Ich klage damit nicht nur die Täter, also diejenigen, die uns diffamieren, verleumden und beleidigen, an, sondern ich klage auch unsere Gesellschaft und die Presse an, daß sie darüber schweigt."

Melzer ist vehementer Kritiker der Besatzungs- und Siedlungspolitik Israels. Dazu sagt er: "Meine Kritik an der Politik des Staates Israel wird von vielen Leuten, besonders von Zionisten oder Vertretern der jüdischen Gemeinde, als antisemitisch deklariert. Ich hasse nicht etwa Juden, sondern ich kritisiere die Politik des Staates Israel."

Um sein Buch zu vermarkten, hatte Melzer bei einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft in Frankfurt am Main einen Raum für die Buchmesse gemietet. Dieser Raum wurde ihm jedoch ohne Angabe von Gründen kurz vor der Veranstaltung gekündigt. Der Autor erzählt: "In dem Kündigungsschreiben stand: 'Nach eingehender Recherche'. Was für eine Recherche das war und bei wem recherchiert wurde, stand nicht drauf. Als ob der Grund 'eingehende Recherche' genügen würde, zu kündigen. Ich habe dann eine einstweilige Verfügung beantragt und habe sie sofort bekommen. Die Begründung des Gerichts war sehr kurz, aber sie haben gesagt, daß das nicht in Frage kommt, natürlich hat Abraham Melzer das Recht, auf seinem Vertrag zu bestehen."

Den Vorwurf des Antisemitismus weist Melzer weit von sich. Antisemitismus bedeute, "Juden zu hassen, nur weil sie Juden sind und aus keinem anderen Grund". Er betont: "Dieser Antisemitismus macht mir so lange keine Angst, solange er nicht staatlich verordnet wird. Der Antisemitismus wird erst dann gefährlich, wenn er zu einer staatlichen Doktrin wird."

In München wurde 2016 sein Vortrag mit dem Titel "Antisemitismus heute" aufgrund einer E-Mail der Vorsitzenden der jüdischen Kultusgemeinde München, Charlotte Knobloch, abgesagt. In dieser E-Mail hieß es, Melzer sei "für seine antisemitischen Äußerungen regelrecht berüchtigt". Auf Antrag von Melzer untersagte das Landgericht München Frau Knobloch diese Behauptung. Man würde in Deutschland sehr oft von Meinungsfreiheit und dem Grundgesetz reden. Immer jedoch, wenn es zum Problemkreis Palästina- und Israelkonflikt komme, werde die Meinungsfreiheit eingeschränkt. Dies geschehe, so Melzer, sowohl auf Druck von jüdischen Gemeinden wie auch auf Druck der israelischen Regierung und von deutschen Politikern, die glaubten, sie müßten "zionistischer sein als die Zionisten selbst".

Mit seinem Buch will Melzer bewirken, daß man über "diese Situation, diese Unfreiheit, in der wir hier agieren, diese Verletzung des Grundgesetzes und der Meinungsfreiheit spricht und es nicht verschweigt. Ich kritisiere schon so lange die Politik des Staates Israel. Ich war immer ein einsamer Rufer in der Wüste, und wir hatten nie eine richtige Resonanz in der Presse, nie eine richtige Resonanz in der Gesellschaft, und ich wollte die Gesellschaft und die Presse wecken und sagen: Leute, hier ist etwas, darüber müßt ihr auch mal ab und zu schreiben."

Eine Lösung des Nahostkonfliktes sieht Melzer nicht, das müßten wir Menschen akzeptieren. Schuld sei die aktuelle zionistische Politik. Er erläutert: "Die Geschichte hätte anders verlaufen können, wenn es vernünftigere Zionisten gegeben hätte. Es gab ja auch in der zionistischen Bewegung Leute, die gesagt haben: So geht es nicht. Das Land Palästina war ja nicht leer. Darüber hat die zionistische Bewegung nicht genug nachgedacht. Die Folge ist, daß wir heute ein unlösbares Problem haben. In der Geschichte ist alles möglich, aber da muß schon wirklich ein Wunder passieren." S. N.


Abraham Melzer: Die Antisemitenmacher. Wie die neue Rechte Kritik an der Politik Israels verhindert. Westend-Verlag, Frankfurt a. M. 2017, 288 S., 18 €

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Aslı Erdoğan erhielt den Stuttgarter Friedenspreis

Am 10. Dezember 2017 hat der Stuttgarter Verein AnStifter e.V. der zur Zeit mit noch ungeklärtem Aufenthaltsstatus im Exil in Deutschland lebenden türkischen Schriftstellerin Aslı Erdoğan seinen Friedenspreis 2017 für ihren Mut, über die Wahrheit zu schreiben, verliehen. Im Stuttgarter Theaterhaus nahm ihr Verleger Wolfgang Ferchl den Preis entgegen, da Aslı Erdoğan verhindert war. Die Moderation der Preisverleihung hatte Sidar Carman von der DIDF (Föderation Demokratischer Arbeitervereine) übernommen.

Wir bringen hier Auszüge aus der Laudatio von Elisabeth Abendroth, Sozialwissenschaftlerin und Tochter des Antifaschisten und Sozialisten Wolfgang Abendroth (1906-1985).

Aslı Erdoğan ist aus der Kälte zu uns gekommen. Im Sommer 2016, am 16. August, stürmten Polizisten ihre Wohnung in Istanbul. Sie schleppten sie auf die Polizeiwache. Dort und danach im Frauengefängnis Bakirköy war sie monatelang eingesperrt. Schreckliche Haftbedingungen, Selbstmordgedanken. Aber auch das Erlebnis von Solidarität, unter den Frauen im Gefängnis und außerhalb der Mauern, auch außerhalb der Türkei. Daß die berühmte Schriftstellerin ausreisen konnte und heute hier sein kann, beweist: Solidarität kann etwas bewirken.

Das ist eine Ermutigung, heute, am 10. Dezember, dem internationalen Tag der Menschenrechte. Fast sieben Jahrzehnte nach der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte durch die Vereinten Nationen sind diese von ihrer Verwirklichung meilenweit entfernt. Der Kampf für die Menschenrechte ist eine Sisyphusarbeit. Nicht nur in türkischen Kerkern wird die Menschenwürde täglich mit Füßen getreten. Aslı Erdoğan hat viele Mitstreiterinnen im Gefängnis zurücklassen müssen. Aber daß sie heute den Stuttgarter Friedenspreis entgegennehmen kann, ist "ein kleiner Sieg für eine neue, freie Generation", wie es in Hersh Gliks berühmtem jiddischem Partisanenlied heißt.

Aslı Erdoğan ist eine Ermutigung für uns - der Stuttgarter Friedenspreis ist eine Ermutigung für sie, um sie in schrecklichen Zeiten ... "daran zu erinnern, daß alles, was wir besitzen, zu dem wir gehören, bei dem wir dabeisein oder mittendrin sein wollen, mit einem bestimmten Wort untrennbar verbunden ist ... Frieden." Das sind Aslı Erdoğans eigene Worte. Ich habe sie gefunden in ihrem allerjüngsten Buch, dem Essay-Band "Nicht einmal das Schweigen gehört uns noch", der im Oktober zweisprachig, auf deutsch und türkisch, erschienen ist. Sie werden gleich noch weitere Zitate aus diesem Buch hören, denn anders als die junge Frau aus Hersh Gliks Partisanenlied, die mit einer kleinen Pistole den Feind aufhält, kämpft Aslı Erdoğan mit einer - wenn Sie mir dieses Paradoxon verzeihen - pazifistischen, aber genauso treffgenauen Waffe gegen das Unrecht: mit ihrer kraftvollen, klugen, mitfühlenden Sprache.

Ich habe eben übrigens die drei Punkte mitgelesen, die Aslı Erdoğan vor das Wort "Frieden" gesetzt hat. Sie, die alles Unrecht, das Menschen zugefügt wird, am eigenen Leib spürt, verteidigt auch die eigene, verletzliche Haut, wenn sie die richtigen Worte sucht. Sprache als Überlebensmittel. Sprache, die Unsagbares in Worte faßt, von denen jedes einzelne genau erspürt, erdacht, schwer erarbeitet, erkämpft werden muß. Das kostet viel Kraft. Da braucht es zuweilen Atempausen, Schweigen, ... "wo die Begriffe am harten Felsen der Wahrheit abprallen", drei kleine Punkte bis zum nächsten Wort. ... "Denn ist Schreiben letztlich nicht von Anfang an ein Befreiungsversuch, die hartnäckige Suche nach der Freiheit, die sich früher oder später erschöpft?", fragt Aslı Erdoğan - und fügt hinzu: "Krieg dagegen ist ein unwiderrufliches Urteil."

Schreiben gegen den Krieg. ... "Sätze aneinanderreihen. Sich Mördern stellen, Opfern Sprache verleihen." Aslı Erdoğan setzt die Wahrheit der Unterdrückten gegen die Lügen der Herrschenden, die Freiheit gegen Krieg, gegen Haft und Folter. Das hat sie ins Gefängnis gebracht. Nicht nur sie. Weil sie die Wahrheit geschrieben haben, sitzen in der Türkei Journalistinnen und Journalisten, Schriftsteller und Wissenschaftler im Gefängnis. Jeden Tag werden es mehr. Wir dürfen sie nicht vergessen. Immer wieder müssen wir laut ihre Freilassung fordern. Aslı Erdoğan, die große Autorin, ist zum Symbol für sie alle geworden. Daß sie im laufenden Gerichtsverfahren freikam und ausreisen konnte, zeigt: Es gibt eine Chance, den Eingekerkerten zu helfen, wenn wir nicht aufhören, an jede einzelne, jeden einzelnen von ihnen zu erinnern.

"Ich bin im Gefängnis, weil ich über die Abscheulichkeiten geschrieben habe, welche die Türkei begangen hat - es ist meine Pflicht, über Abscheulichkeiten zu schreiben", hat Aslı Erdoğan in einem Brief aus dem Gefängnis geschrieben. In ihrem Essay "Wir sind schuldig" lesen wir, über welche Abscheulichkeiten: "Wir haben in unserem Land ein furchtbares Verbrechen begangen, von dem die Überlebenden nur verschwommen als 'große Katastrophe' sprechen dürfen, wir haben die Wurzeln eines Volkes ausgerissen. (...) Ein unvergleichliches Verbrechen, einem Menschen sogar noch seinen Schmerz abzuerkennen und zu entreißen. Die Überlebenden der Lüge zu bezichtigen und sie für das, was ihnen widerfahren ist, auch noch zu beschuldigen ..." Aghet, die Katastrophe, die vor mehr als hundert Jahren geschah, ist im kollektiven Gedächtnis der Armenier bis heute tief eingegraben: der Genozid, der systematische Massenmord an mehr als eineinhalb Millionen armenischen Kindern, Frauen, Männern, planvoll organisiert und durchgeführt von der Regierung des Osmanischen Reiches. Von der türkischen Regierung bis heute geleugnet.

Wir kennen das in Deutschland. Auch hierzulande hat es viele Jahre, zum Teil bis in diese Tage gedauert, bis unsere Abscheulichkeiten, bis die ungeheuerlichen Verbrechen des deutschen Faschismus öffentlich zur Sprache gebracht werden konnten. Jahre des Beschweigens der Entrechtung, Beraubung, Vertreibung, Einkerkerung, Folter, schließlich des systematischen Genozids an den europäischen Juden, an den überfallenen Völkern des Ostens und an den Sinti und Roma. Jahre des Beschweigens des Massenmords an Gehandicapten, an Anderslebenden, Andersliebenden, Andersdenkenden. Jahre der Lüge, die die überlebenden Opfer und ihre Nachkommen ein zweites Mal tief verletzt haben.

Dazu eine persönliche Bemerkung: Mein Vater Wolfgang Abendroth wurde 1937 monatelang in deutschen Gefängnissen gefoltert. Sein Leben lang war er physisch schwer krank. Er war ein heiterer, kämpferischer Mensch, aber auch er ging ... mit so vorsichtigen, unsicheren Schritten, als könnte ihm jederzeit die ganze Welt unter den Füßen wegrutschen - "Man muß doch vergeben können!" wird mir auch noch vorgehalten. ... "Wem sollen sie vergeben können und wie, und vor welchem Gericht ... Folterern kann vielleicht manchmal von manchen Leuten vergeben werden, aber der Folter selbst?" schreiben Sie, verehrte Aslı Erdoğan. Wenn Sie nichts anderes geschrieben hätten, schon für diese Worte bin ich Ihnen sehr dankbar.

Es führt eine direkte Spur vom Musa Dagh nach Auschwitz. Und von dort nach Diyabakir, nach Cizre.

"An einem Verbrechen nicht Mittäter zu sein, ist mehr als ein Recht oder eine Pflicht, unser eigentlicher Daseinsgrund", schreibt Aslı Erdoğan. "Wir Heutigen begehen unser eigentliches Verbrechen dadurch, daß wir weghören und schweigen. Nicht nur zu den Ereignissen von 1915 und 1938, sondern auch zu dem, was heute geschieht, in dieser Stunde ..."

Aslı Erdoğan will und kann nicht weghören und schweigen. Gemeinsam mit anderen fährt sie nach Cizre. Aus gesundheitlichen Gründen muß sie vor dem Ziel umkehren. Sie veröffentlicht eine Kolumne, in der kein Satz von ihr stammt: eine Montage aus Berichten über das, was geschehen ist - und überall in den Kurdengebieten täglich geschieht: Frauen werden vergewaltigt, gefoltert, Männer erschossen, Kinder verbrennen in Kellern, in denen sie Zuflucht suchen vor den Angriffen des türkischen Militärs. Ein Mädchen berichtet, wie man ihr einen Plastikbeutel mit Fleisch und Knochen in die Hand drückt: "Das ist dein Vater." ... Die Kolumne erscheint in der kurdischen Tageszeitung "Özgür Gündem". Aber die Wahrheit hätte nicht gedruckt werden dürfen. Keiner soll darüber sprechen, keiner darüber schreiben, niemand davon lesen. Im August 2016 wird "Özgür Gündem" verboten. Im August 2016 wird Aslı Erdoğan verhaftet.

In jenen fürchterlichen Tagen des türkischen Terrors wurde im September 2015 in Cizre das Mädchen Cemile von türkischen Scharfschützen erschossen. Unter dem permanenten Feuer konnte lange niemand ihre Leiche bergen. Als dies der Familie endlich gelang, mußte sie ihre ermordete Tochter in der Tiefkühltruhe aufbewahren. ... "In jedem Gedächtnis ist nun eine Tiefkühltruhe, dort bewahren wir die Leichen auf, auch unsere eigene", schreibt Aslı Erdoğan. ... Aus der Eiseskälte kommt Aslı Erdoğan zu uns. Zugleich kommt sie aus unerträglicher Hitze, aus einem brennenden Haus, voller Rauch, ohne Ausweg: aus der Türkei. Aus einem Land, in dem der Staat Verbrechen anordnet und begeht, aus einem Land der Willkür und der Unterdrückung. Wie es ein Land mit den Menschenrechten hält, kann man gut daran erkennen, wie es mit seinen Frauen umgeht.

Ihr Wert wird von der herrschenden AKP nach der Zahl ihrer Kinder bemessen. Jede zweite Frau hat in ihrer Ehe schon massive Gewalt erlebt. Die Zahl der Femizide (Tötung von Frauen, weil sie Frauen sind) steigt. All dies im Namen einer reaktionären, antiaufklärerischen Variante von Religion. Klerikalfaschismus, das ist wohl der richtige Name dafür. Schon in der Vergangenheit sind deutsche Regierungen mit klerikalfaschistischen Regimen oft allzu freundlich umgegangen.

Aslı Erdoğan kommt aus der Kälte, sie kommt zugleich aus den großen Wüsten, den brennenden Wäldern, aus denen die Menschen nach Europa fliehen müssen. Sie kommt zu uns von der mörderischen Grenze, die uns von Afrika trennt, aus dem dunklen, violetten Mittelmeer, in dem ... "nicht einmal Herkules gegen diese Strömung ankommen könnte". Jeden Tag ertrinken dort Kinder, Frauen, Männer. Vielleicht auch jetzt, in dieser Stunde. ... Jeden Tag werden Frauen, Kinder, Männer versklavt in den libyschen Lagern, die Europa abschirmen sollen. Jeden Tag werden hungernde Kinder krank, in unerträglicher Kälte, in Dreck und Schmutz, im Flüchtlingslager Moria, auf Lesbos, in der malerischen, griechischen Ägäis. Vielleicht auch jetzt, in dieser Stunde. - Aber es gibt auch Hoffnung: Die griechischen Familien auf Lesbos haben selbst nicht viel, aber es gibt doch immer wieder jemanden, der an den Zaun geht und von seinem Wenigen Milch, Käse, Seife und Windeln bringt, für die Flüchtlingskinder. Aslı Erdoğan kommt aus dem Gefängnis in Istanbul, in dem viele Frauen willkürlich eingekerkert sind, manche schon länger als zehn Jahre. Und sie haben es doch geschafft, in Teebeuteln und Eierschalen eine kleine Pflanze zu ziehen.

"Wir fühlten alle, wie tief und furchtbar die äußeren Mächte in den Menschen hineingreifen können, bis in sein Innerstes, aber wir fühlten auch, daß es im Innersten et was gab, was unangreifbar war und unverletzbar", schrieb Ende der dreißiger, Anfang der vierziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts eine Kollegin von Aslı Erdoğan, Anna Seghers, in ihrem Roman "Das siebte Kreuz". - Das Innerste, das unverletzbar ist, verleiht den Menschen Mut. Den Mut zur Flucht aus dem Konzentrationslager und den Mut, dem Flüchtenden zu helfen.

Aslı Erdoğan beschreibt genau und mit großer Sprachkunst, wie tief und furchtbar die äußeren Mächte in den Menschen hineingreifen können. Gerade dadurch zeigt sie uns den unangreifbaren, unverletzbaren Schatz, den wir alle in unserem Inneren tragen. Den Schatz, der uns den Mut gibt, nein zu sagen zum Unrecht - und ... "den Glauben in uns lebendig (zu) halten, daß man die Welt verändern kann ­..." - Dafür, für Ihren großen Mut, für Ihre wunderbare Sprachkunst, ganz einfach für Ihre Menschlichkeit danke ich Ihnen von ganzem Herzen, liebe verehrte Aslı Erdoğan.

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Spanien: PCE wieder bei Marx und Lenin

Eine Partei für die Aktion, ein Projekt für die Revolution" - unter diesem Motto kamen Anfang Dezember vergangenen Jahres in Madrid rund 300 Delegierte zum 20. Parteitag der Kommunistischen Partei Spaniens (PCE) zusammen. Um Zeit zu sparen, hatte die Antragskommission in den Wochen vor dem Kongreß intensive Gespräche mit den regionalen Föderationen geführt und sich bemüht, die zahlreichen Anträge in Konsensformulierungen zu überführen. So mußte in Madrid nur noch über solche Vorschläge abgestimmt werden, deren Initiatoren sich in den vorgeschlagenen Passagen nicht wiederfanden. Das waren wenige, obwohl die Dokumente strategische Fragen aufwarfen, über die sich die Mitglieder der PCE teilweise seit Jahrzehnten die Köpfe heißgeredet hatten. Weitgehend einig sind sich Spaniens Kommunisten in der Ablehnung der Europäischen Union. Der Bruch mit der EU und dem Euro sei eine Forderung, die von der PCE schon lange erhoben werde, hieß es. Eine Reform dieses imperialistischen Pols sei nicht möglich. Intensiv diskutiert wurde auch das Verhältnis der PCE zum Parteienbündnis "Vereinte Linke" (IU), in der die Kommunistische Partei nominell die stärkste Kraft ist. Tatsächlich aber steht die IU medial im Schatten der Linkspartei Podemos, mit der sie bei den letzten Parlamentswahlen ein Bündnis "Unidos Podemos" gebildet hatte. Die IU müsse eine eigenständige soziale Bewegung werden, so der Tenor auf dem Kongreß. Tatsächlich agiere sie jedoch oft als Partei und nehme damit Aufgaben wahr, die Sache der PCE sein müßten.

Eine ähnliche Diskussion gab es auch um das Verhältnis zu den Gewerkschaften. Die Mehrheit bekräftigte, an der Orientierung auf den größten Dachverband Comisiones Obreras (CCOO) festzuhalten. Die PCE trete für die Einheitsgewerkschaft ein. Der Kongreß legte fest, daß die PCE die Arbeit in den Betrieben nicht den Gewerkschaften überlassen dürfe, sondern sich wieder auf den Aufbau von Betriebszellen konzentrieren müsse. Der strategisch entscheidende Beschluß des 20. Parteitags war die fast einstimmig gefaßte Entscheidung, die Partei wieder als marxistisch-leninistisch zu definieren - vierzig Jahre, nachdem dieser Begriff im Zuge der eurokommunistischen Phase unter Santiago Carrillo aus allen Dokumenten der PCE gestrichen wurde. Die Delegierten entschieden zudem, den neuen Kurs auch symbolisch sichtbar zu machen: Das Symbol der Partei soll künftig nicht mehr nur aus Hammer und Sichel bestehen, sondern auch den fünfzackigen roten Stern beinhalten, als Zeichen der internationalistischen Solidarität der Arbeiterbewegung auf allen fünf Kontinenten. Die Führung der PCE heißt künftig nicht mehr "Bundeskomitee", sondern nennt sich wieder Zentralkomitee.

Internationale Delegationen konnte die PCE diesmal aufgrund der komplizierten Umstände des Parteitags nur wenige begrüßen, unter ihnen neben Gästen aus Venezuela, Kuba, Palästina und der Westsahara auch einen Vertreter der DKP. In Beschlüssen verurteilten die Delegierten die Repression in Honduras sowie die Sanktionen der EU gegen Venezuela, forderten die Bildung eines demokratischen und laizistischen Staates auf dem gesamten Gebiet des historischen Palästina und verlangten die Befreiung der Westsahara von marokkanischer Besatzung sowie ein Ende des Krieges in Syrien.

Gestützt auf einen Bericht der UZ

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Wie der Islam an den Hindukusch kam

Die archäologischen Funde, die der US-Forscher Louis Dupree 1965 in Nordafghanistan machte, deuten darauf hin, daß schon zwanzigtausend Jahre vor unserer Zeitrechnung (v.u.Z.) Menschen auf dem Territorium des heutigen Afghanistan gelebt haben. Das Land am Hindukusch war dabei stets Kreuzweg unterschiedlicher Kulturen. Die südliche Seidenstraße nach China und der Weg nach Indien waren nur durch Afghanistan möglich. Alle Eroberer, Händler und Reisende haben ihre Spuren hinterlassen, wozu auch ihre jeweilige Religion gehörte. Vor der Islamisierung hatten die Völker dieser Region an verschiedene Gottheiten geglaubt. Sie wurden geachtet und existierten friedlich nebeneinander.

Von 250 bis 135 v.u.Z. waren u.a. griechische Götter, die Lehre von Zarathustra (Sardascht), der Buddhismus, der Hinduismus, der Brahmanismus und der Mithras-Kult vertreten. Im nordafghanischen früheren Baktrien befand sich der bedeutende zoroastrische Feuertempel "Naubahar". Die buddhistische Religion fand ab 305 v.u.Z. Eingang in Afghanistan. Nachfolgend war etwa die Hälfte des Landes südlich des Hindukusch im Osten und später bis zum zentral gelegenen afghanischen Bamian buddhistisch.

Der Islam wurde erst im siebten Jahrhundert durch arabische Eroberungskrieger nach Afghanistan gebracht. Zum ersten Mal überfielen die Araber, von Westen kommend, im Jahre 642 zur Zeit des 2. Kalifen Omar das Land. Wegen des massiven Widerstands der afghanischen Völkerschaften haben sie erst nach zwanzig Jahren des Kampfes, nun unter dem 3. Kalifen Osman (Ottman), im Jahre 650/651 West- und Nordafghanistan unter ihre Kontrolle gebracht. Die Eroberungen des Landes durch die Araber dauerten von 650 bis etwa 750. Trotzdem gelang es ihnen nicht, ganz Afghanistan zu islamisieren. Weite Regionen des zentralafghanischen Berglandes und die südlichen Hindukusch-Täler wurden erst später nach und nach durch lokale Herrscher und Könige islamisiert. Die Bevölkerung Kafiristans, des heutigen Nuristan (nordöstliches Afghanistan), wurde erst im Jahre 1895/1896 durch den Despoten Abdul Rahman gewaltsam islamisiert.

Um ihre Macht abzusichern, duldeten die arabischen Herrscher zunächst die bestehenden Religionen gegen Zahlung einer "Religionssteuer" (Djasra). Da die afghanischen Völkerschaften, im Gegensatz zu den arabischen Beduinen, über eigene hochentwickelte Kulturen verfügten, die mit ihrem jeweiligen Glauben eng verbunden waren, gibt es nicht wenige aufgeklärte Afghanen, die heute noch den Islam als Religion des arabischen Kolonialismus ansehen.

Der Islam hat keine hierarchisch organisierten Strukturen wie die Kirchen im Christentum hervorgebracht. Auch nicht in Afghanistan. Die Geistlichen (Mullahs) und die Moscheen (Gebetshäuser) werden durch die Gemeindemitglieder unterhalten.

Etwa 99 % der afghanischen Bevölkerung bekennen sich zum Islam, davon etwa 80 % zum sunnitischen und etwa 19 % zur schiitischen Glaubensrichtung. Während die Sunniten an Mohammad als Prophet und die vier Kalifen, Abu Bakr, Omar, Osman und Ali, glauben, geben die Schiiten dem vierten Kalifen Ali, der auch Schwiegersohn von Mohammad war, eine größere Bedeutung. Sie sind der Meinung, daß Ali eher der legitime Nachfolger Mohammads gewesen wäre.

Unter den restlichen etwa 1 % befinden sich Menschen hinduistischen, jüdischen, Bahai und christlichen Glaubens. Bis 2001 gab es in Afghanistan keine Christen. Seit den politischen, militärischen und wirtschaftlichen Maßnahmen der westlichen Länder nutzen religiös motivierte Hilfsorganisationen ihre Arbeit auch für eine gezielte Missionierung am Hindukusch aus. Dadurch hat sich inzwischen eine kleine christliche Gemeinde herausgebildet.

Der Islam in Afghanistan war stets eine liberale Variante dieser Glaubensrichtung. Erst während des Bürgerkrieges ab 1973 und besonders nach der sowjetischen Intervention vom Dezember 1979 wurde er durch externe Faktoren, vor allem durch das Engagement von Geheimdiensten und des im konservativen Saudi-Arabien vorherrschenden Wahabismus radikalisiert. Auf diesem Wege wurden Al-Qaida und Taliban nach Afghanistan gebracht. Ohne diese von außen gesteuerte Einflußnahme hätte sich nie ein islamischer Fundamentalismus bzw. eine Internationale des Islamismus und des islamischen Terrorismus diesen Ausmaßes entwickelt.

Die etwa 2500 Jahre bestehende Geschichte der Juden in Afghanistan geht bis auf das 7. Jahrhundert v.u.Z. zurück. Im Jahre 1080 wird ihre Zahl mit 40.000 angegeben, im 12. Jahrhundert sollen etwa 80.000 Juden in Afghanistan gelebt haben. Durch die Invasion Tschingis Khans im Jahre 1222 nahm ihre Zahl ab. Wegen einer Fluchtwelle aus Persien wuchs die jüdische Gemeinde 1839 auf 40.000. Seit 1870 verfolgten Behörden die Juden mit dem Ziel, sie aus Afghanistan zu vertreiben. Tatsächlich verließen bis 1948 etwa 5000 von ihnen das Land. Da ab 1951 die legale Auswanderung erlaubt wurde, wanderten sie in großer Zahl nach Israel aus, so daß 1969 die jüdische Gemeinde nur noch etwa 300 Mitglieder hatte. Ab 1979 begann eine weitere Auswanderungswelle, die nach der Machtübernahme der Islamisten dann 1992 so weit zunahm, daß 1996 nur noch zehn afghanische Juden im Lande verblieben. Seit 2008 lebt nur noch ein einziger Jude, der Rabbiner Zebulon Simentov, in Kabul.

Die Hindus sind infolge der britischen Kolonialpolitik in Indien und in Afghanistan als Händler an den Hindukusch gezogen. Sie ließen sich dort nieder und arbeiteten als Geschäftsleute in den größeren Städten. Als religiöse Minderheit wurden sie gegen eine "Religionssteuer" geduldet und waren verpflichtet, sich mit gelben Pünktchen auf der Stirn kenntlich zu machen. Zum Staatsdienst wurden sie bis 1978 nicht zugelassen, obwohl sie seit Generationen in Afghanistan gelebt hatten. Ihre Zahl wird mit 200.000 angegeben (1991). Ihre religiösen Bräuche, vor allem die Einäscherung der Toten, war den in Gesellschaft und Politik konservativen Kräften, vor allem den Mullahs, ein Dorn im Auge. Als die islamisch-fundamentalistischen Mudjahedin ("Heilige Krieger") 1992 in Kabul die Macht übernommen hatten, verfolgten sie die Hindus gnadenlos. Sie wurden beraubt, ihre Güter beschlagnahmt und ihre Töchter mit Kommandanten der Modjahedin zwangsverheiratet. Dadurch wurden manche in den Selbstmord getrieben, andere verließen das Land. Anfang 2011 lebten noch 130 Familien, d.h. insgesamt 3000 Hindus, in der Hauptstadt Kabul.

Mit dem Bürgerkrieg ab 1978 kamen viele arabische Mujahedin nach Afghanistan, die zunächst gegen die Linksregierung unter der Führung der Demokratischen Volkspartei Afghanistans (DVPA) kämpften, um deren Reformen zu verhindern. Ab 1980 nahmen sie am Kampf gegen die sowjetische Armee, die Ende 1979 in Afghanistan interveniert hatte, teil. Mit den arabischen Jihadisten wurde die konservative islamische Ideologie des saudischen Wahabismus nach Afghanistan exportiert. Damit wurde der im Land relativ liberale Islam zurückgedrängt. Die reaktionäre wahabitische Variante gewann die Oberhand.

Die aktuelle Auseinandersetzung und die Verfolgung der schiitischen Minderheit der Hasarah in Afghanistan sind Folgen der Offensive der ideologischen wahabitischen Expansion am Hindukusch. Diese extrem reaktionäre und fundamentalistische Strömung ist inzwischen so weit in den Köpfen der verschiedenen Schichten und Klassen der Bevölkerung verankert, daß sie auf absehbare Zeit nicht mehr wegzudenken zu sein scheint. Damit ist das soziale, ethnische und religiöse Klima in Afghanistan stark vergiftet. Die so geschaffenen Ressentiments innerhalb der afghanischen Völkerschaften werden auf lange Sicht weiterbestehen.

Dr. Matin Baraki

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Wir brauchen eine gerechte Gesellschaft

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

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Der Krieg hätte im Januar 1918 beendet werden können ...

Am 4. Februar 1918 folgten die meisten Streikenden dem Aufruf des Aktionsausschusses und nahmen die Arbeit wieder auf. In dem als Munitionsarbeiterstreik in die Geschichte eingegangenen Streik beteiligten sich allein in Berlin mehr als 500.000 Arbeiter, vorwiegend aus der Rüstungsindustrie, in ganz Deutschland waren es mehr als eine Million.

Der Streik hatte am 28. Januar 1918 begonnen, nachdem die Revolutionären Obleute und die Spartakusgruppe zum Generalstreik aufgerufen hatten. Gründe für den Streik waren die Hungersnot, eine Desillusionierung über die weitere Entwicklung des Krieges und die Oktoberrevolution in Rußland, die Hoffnungen auf eine revolutionäre Entwicklung auch in Deutschland entfachte. An verschiedenen Stellen Berlins, in Charlottenburg, Mariendorf, Marienfelde, Spandau und Tempelhof demonstrierten Arbeiter für Frieden und Brot. Die ersten Großbetriebe, die in Berlin total bestreikt wurden, waren die Daimler-Motoren-Gesellschaft, der Betrieb C.P. Goerz, die Auergesellschaft, die AEG-Turbinenfabrik, die Argus-Motoren-Gesellschaft, die Schwartzkopff-Werke und die Kugellagerfabrik Riebe.

Am Nachmittag des 28. Januar bildeten die in Betrieben gewählten 414 Vertrauensleute den Groß-Berliner Arbeiterrat. Dieser stellte folgende Forderungen: Sofortiger Friede ohne Annektionen und Entschädigungen entsprechend den sowjetrussischen Vorschlägen, Hinzuziehung von Arbeitervertretern zu den Friedensverhandlungen, ausreichende Lebensmittelversorgung, Aufhebung des Belagerungszustandes, Freilassung aller politischen Gefangenen, Demokratisierung der Staatseinrichtungen und Einführung des allgemeinen Wahlrechts in Preußen. Zur Führung des Streiks wählte der Arbeiterrat einen Aktionsausschuß unter Leitung des Sozialdemokraten Richard Müller, in den elf Mitglieder aus dem Kreis der revolutionären Obleute gewählt wurden. Es wurde beschlossen, in den Arbeitsausschuß außerdem je drei Vertreter des Zentralkomitees der USPD und des Parteivorstandes der SPD einzubeziehen. Von der USPD waren das Wilhelm Dittmann, Hugo Haase und Georg Ledebour, von der SPD Otto Braun, Friedrich Ebert und Philipp Scheidemann. Das erwies sich als verhängnisvoll.

Friedrich Ebert machte das in einem Prozeß, der vom 9. bis zum 23. Dezember 1924 in Magdeburg stattfand, deutlich. Ebert, inzwischen Reichpräsident, klagte gegen den Redakteur eines nationalistischen Provinzblattes Erwin Rothardt, der ihm vorwarf, wegen seiner Rolle im Januarstreik 1918 Landesverrat begangen zu haben. Im Prozeß wurde er aber durch die Zeugenaussagen der führenden Sozialdemokraten Gustav Bauer, Eduard David, Hermann Müller, Gustav Noske, Philipp Scheidemann und Otto Wels entlastet. Sie stellten fest, daß sich die Führung der SPD ausdrücklich für die Stärkung der "Landesverteidigung" eingesetzt habe. Ebert sagte: "Ich bin mit der bestimmten Absicht in die Streikleitung eingetreten, den Streik zum schnellsten Abschluß zu bringen." Philipp Scheidemann erklärte: "Wenn wir nicht in das Streikkomitee hineingegangen wären, wäre der Krieg und alles andere meiner festen Überzeugung nach schon im Januar erledigt gewesen ... Durch unser Wirken wurde der Streik bald in geregelte Bahnen gelenkt." Auch der kaiserliche General Wilhelm Groener sagte unter Eid aus, daß Friedrich Ebert und andere leitende Sozialdemokraten den Arbeitern in den Rücken gefallen waren. Das Gericht verurteilte Rothardt zu einer geringen Strafe und stellte trotzdem fest, daß Ebert durch seine Tätigkeit in der Streikleitung im strafrechtlichen Sinne Landesverrat begangen habe. Das ist bezeichnend für den reaktionären antirepublikanischen Charakter der Justiz in der Weimarer Republik.

Nun ist natürlich nicht sicher, ob dieser Streik tatsächlich zur Beendigung des Krieges geführt hätte. Aber immerhin bestand diese Möglichkeit. Das schändliche Verhalten der führenden Sozialdemokraten im Januar 1918 ist eines von mehreren Beispielen dafür, daß Siegmar Gabriel die Unwahrheit sagt, wenn er behauptet, seine Partei habe in der Geschichte keine Fehler gemacht.

Am 29. und 30. Januar verbreiterte sich die Streikfront in Berlin. Die Belegschaften kleiner und mittlerer Betriebe schlossen sich an. In Berlin wurde das öffentliche Leben fast lahmgelegt. Der Streik breitete sich auf fast alle industriellen Zentren Deutschlands aus. Die Streikwelle erreichte unter anderem Brandenburg, Bremen, Breslau, Danzig, Gotha, Halle (Saale), Jena, Köln, Leipzig, Magdeburg, Mannheim, Mühlheim (Ruhr) und München. Während des Streiks wurden zum ersten Mal in breiterem Umfang Arbeiterräte gewählt. Die Streiks nahmen enorme Ausmaße an.

Der "Oberbefehlshaber in den Marken" (eine Kommandobehörde der Preußischen Armee in den Jahren zwischen 1848 und 1920), Generaloberst Gustav von Kessel, verbot am 29. Januar jede Betätigung in der Streikleitung und alle Versammlungen. Trotzdem gab es täglich Aufmärsche und spontane Demonstrationen.

Am 31. Januar fanden an verschiedenen Orten in Berlin Massenkundgebungen statt, gegen die Polizei und Gendarmerie gewaltsam vorgingen. Am Alexanderplatz, in Charlottenburg und insbesondere in Moabit kam es zu blutigen Zusammenstößen. Im Humboldthain und in den angrenzenden Gebieten sprengten berittene Polizisten in die dort versammelte Menge und schlugen mit Säbeln auf die Demonstranten ein.

Am Abend des 31. Januar erfolgte die Verhängung des verschärften Belagerungszustandes über Berlin, Charlottenburg, Lichtenberg, Neukölln, Schöneberg, Spandau, Wilmersdorf und über die Landkreise Niederbarnim und Teltow-Beeskow. Generaloberst Kessel ließ Großbetriebe wie die Deutsche Waffen- und Munitionsfabriken, die Schwartzkopff-Werke, die Borsig-Werke, die AEG-Fabriken in Hennigsdorf und die Argus-Werke militärisch besetzen. Den Arbeitern wurde unter Androhung schwerster Strafen befohlen, bis zum 4. Februar um 7 Uhr die Arbeit wieder aufzunehmen. Etwa 50.000 Arbeiter erhielten in Berlin die Einberufung zum Militärdienst und wurden an die Front geschickt. Dieses Schicksal traf auch den Vorsitzenden der Streikleitung Richard. Erst im September 1918 konnte er sich vom Militärdienst befreien. Tausende wurden verhafte, über 200 zu Zuchthausstrafen verurteilt. Das traf auch den bayerischen USPD-Vorsitzenden Kurt Eisner, der in München den Streik organisiert hatte.

Als am 4. Februar der Streik faktisch beendet wurde, war keine der Streikforderungen erfüllt worden. Doch der Januarstreik 1918 war die größte Friedensaktion der deutschen Arbeiterklasse während des Ersten Weltkrieges. W.I. Lenin bezeichnete den Streik als "eine Tatsache von erstrangiger Bedeutung und einen Wendepunkt in den Stimmungen des deutschen Proletariats".

Dr. Kurt Laser

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Das Anti-Kriegs-Museum Ernst Friedrichs

Ernst Friedrich, der Gründer des Anti-Kriegs-Museums in Berlin, wurde am 25.2.1894 in Breslau geboren und engagierte sich schon früh in der Arbeiterjugend. Nach einer abgebrochenen Buchdruckerlehre wurde er 1911 Mitglied der SPD. 1916 schloß er sich der antimilitaristischen Arbeiterjugend an und wurde aufgrund eines Sabotageaktes in einem kriegswichtigen Betrieb zu einer Gefängnisstrafe verurteilt.

Als führender Kopf des "Junganarchismus" konzentrierte er sich auf den Kampf gegen Militarismus und Krieg, gegen Polizei- und Justizwillkür. In Berlin übernahm er 1919 das Jugendheim der "Freien Sozialistischen Jugend" (FSJ), das er zum Treffpunkt sowohl der antiautoritären Jugend als auch der revolutionären Künstler machte.

Neben der Organisation von Ausstellungen rezitierte er auf zahlreichen Deutschlandreisen auch aus Werken von Autoren wie Erich Mühsam, Maxim Gorki, Fjodor Dostojewski und Leo Tolstoi.

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Vor 85 Jahren wurde der Reichstag in Brand gesteckt

Am 27. Februar 1933, wenige Minuten nach 21 Uhr, stand in Berlin das Reichstagsgebäude in Flammen. Schon kurze Zeit nach Ausbruch des Feuers waren die führenden Nazis Göring, Goebbels und Hitler zur Stelle. Vor Presseleuten beschuldigte Hitler sofort nach seinem Eintreffen die Kommunisten der Brandstiftung. Er titulierte den Brand als ein "von Gott gegebenes Zeichen", das ihn ermächtige, "die Kommunisten mit eiserner Faust zu vernichten".

Tatsächlich hatte ein faschistisches Sonderkommando im Auftrag der führenden Männer um Hitler den Reichstag angezündet. Die führenden Nazis und die hinter ihnen stehenden reaktionärsten Monopole brauchten diese Provokation als Vorwand für die sofort einsetzende Verfolgung, Verhaftung und politische Ausschaltung der Antifaschisten, vor allem der Kommunisten. Noch in der gleichen Nacht wurden in Berlin über 1500 Kommunisten, Sozialdemokraten und andere Demokraten verhaftet; im ganzen Reich waren es mehr als 10.000. Die Reaktion griff zur Provokation, weil die wenigen Wochen seit dem Regierungsantritt der Nazis am 30. Januar 1933 gezeigt hatten, daß die Kommunistische Partei trotz Verbots ihrer Presse, trotz Unterdrückung von Versammlungen und Kundgebungen nicht aus dem politischen Leben zu verdrängen war. Besonders der Wahlkampf zu den bevorstehenden Reichstagswahlen machte offenkundig, daß es der Hitlerregierung nur schwer gelingen würde, die absolute Mehrheit zu gewinnen.

Einen Tag nach dem Reichstagsbrand erließ Reichspräsident von Hindenburg eine "Verordnung zum Schutz von Volk und Staat". Mit ihr wurde faktisch die Weimarer Verfassung beseitigt. Solche demokratischen Grundrechte wie das Recht auf persönliche Freiheit, das Recht der freien Meinungsäußerung, die Pressefreiheit, das Vereins- und Versammlungsrecht, das Brief-, Post- und Telefongeheimnis wurden aufgehoben.

Eine Provokation der reaktionärsten Kräfte war zum Auftakt für zwölf Jahre politische Rechtlosigkeit eines ganzen Volkes geworden. RF


Georgi Dimitroff: Reichstagsbrandprozeß. Dokumente. Briefe und Aufzeichnungen. Dietz-Verlag, Berlin 1953

Karl Heinz Biernat: Der Reichstag brennt. Hintergründe und Auswirkungen der faschistischen Reichstagsbrandprovokation. Dietz-Verlag, Berlin 1960


Siehe auch Horst Schneider: Als die Faschisten im Reichstagsbrandprozeß den kürzeren zogen
(RF 183, S. 3) und Lutz Jahoda: Der Historikerstreit geht weiter (RF 218, S. 9)

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Buchtips

- Alfred Kosing: Aufstieg und Untergang des realen Sozialismus

Zum 100. Jahrestag der Oktoberrevolution 1917 markiert eine Zäsur in der Menschheitsgeschichte. Zum ersten Male eröffnete sich die Perspektive für eine Welt ohne Ausbeutung und Krieg. Die Frage, warum aus dieser Option nicht dauerhaft Wirklichkeit wurde, beschäftigt seit Jahrzehnten viele Menschen. Lag es an der falschen Theorie, an den Personen, hat der Kapitalismus vielleicht doch das bessere gesellschaftliche Konzept? Auch der Marxist Alfred Kosing sucht seit Jahren nach Antworten. Er studierte Quellen, las Schriften neu, kritisch und selbstkritisch, und befreite die Geschichte des Sozialismus von Legenden und Mythen, die von Anhängern wie Gegnern über den Bolschewismus, über Lenin, Trotzki, Stalin ebenso wie über die KPdSU verbreitet wurden und werden. Kosing nennt sein Buch einen Versuch, zu einem tieferen Verständnis der Geschichte zu gelangen und sich der relativen Wahrheit weiter zu nähern.

Verlag am Park, Berlin 2017, 630 S., 39,99 €


- Beate Landefeld: Revolution

Der 500. Jahrestag der Reformation und der 100. der Oktoberrevolution bieten Anlässe für die Frage, was Revolutionen ausmacht. Ob "friedliche Revolution von 1989"oder diverse "Farbenrevolutionen" - in der Mediensprache hat sich "Revolution" als beschönigendes Wort für Intervention und "Regime Change" etabliert. Sind Revolutionen richtungslose Umwälzungen? Oder sind sie, wie Marx sagt, "Lokomotiven der Geschichte"? Beate Landefeld versteht darunter die Errichtung einer neuen Gesellschaftsordnung mit dem Ziel, die Arbeit und Mühsal zu verringern, die nötig sind für ein gutes Leben aller Menschen, und es diesen möglich zu machen, ihre Geschichte bewußt zu gestalten. Revolutionen brachten den fragilen und keineswegs geradlinigen Fortschritt zum Abbau von Ungleichheit in Schüben voran. Anhand der Vorgeschichte und des Verlaufs der großen Revolutionen der Neuzeit beschreibt Landefeld, wer die sozialen Triebkräfte und was die Resultate waren. Gegen einen sozial entkernten Revolutionsbegriff stellt sie den sozialen Inhalt von Revolutionsverläufen in den Vordergrund.

PapyRossa-Verlag, Köln 2017, Reihe Basiswissen, 146 S., 9,90 €


- Hartmut König: Warten wir die Zukunft ab

Hartmut König wurde 1947 in Berlin geboren. In den sechziger Jahren ist er mittendrin in der entstehenden Beatszene. Als Liedermacher tritt er vor der UNO-Vollversammlung auf, im eigenen Land provoziert er manchen mit seinen Texten. Doch nicht für die künstlerische Laufbahn entscheidet er sich, sondern für die Politik. So wie er sich einst mit seinem Lied "Sag mir, wo du stehst" positionierte, ist auch sein Buch von politischer und menschlicher Ortung bestimmt. Er berichtet über Begegnungen mit internationalen Künstlern und Politikern und läßt gleichzeitig tief in die DDR-Kulturpolitik und in Vorgänge hinter den Kulissen blicken. König erzählt sein Leben; eng verzahnt mit den politischen Ereignissen ergibt das eine kleine, ebenso subjektive wie informative Geschichte der DDR - insbesondere aus kultureller Perspektive.

Verlag Neues Leben, Berlin 2017, 560 S., 24,99 €


- Wolfgang Harich: Zur Kritik der revolutionären Ungeduld

Eine Abrechnung mit dem alten und dem neuen Anarchismus

Diese 1971 erstmals erschienene Schrift Harichs gehörte lange zu den vergriffenen Büchern. Der Philosoph (1923-1995) schrieb den Text 1969 als Sympathisant der "neuen Linken", der Anlaß zur Einmischung sah: Obwohl sich bis dahin kaum jemand aus der linksradikalen Bewegung im Westen zum Anarchismus bekannt hatte, erkannte Harich den Anarchismus als die dort "dominierende Tendenz". Es drängte ihn, "den antiautoritär gesinnten Genossen warnend vor Augen zu führen, daß ihre vermeintlich taufrischen Lieblingsideen und bevorzugten Praktiken in Wahrheit weder originell sind noch sich jemals bewährt haben - bewährt im Sinne der herbeigesehnten Revolution". So legte der Kommunist ein polemisches Buch vor, das gleichwohl auf eine solidarische Kritik hinauswollte. Es wurde aus Anlaß des 75. Geburtstages Wolfgang Harichs im Jahre 1998 neu herausgegeben und ist noch lieferbar.

Verlag 8. Mai, Berlin 1998, 176 S., 8,60 €

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Stalingrad - ein Wendepunkt des zweiten Weltkriegs

In diesen Tagen jährt sich zum 75. Mal das Ende der Schlacht um Stalingrad, um die Stadt an der Wolga, die heute den Namen "Wolgograd" trägt. Am 2. Februar 1943 ergibt sich das Oberkommando der 6. deutschen Armee: Feldmarschall Paulus und 23 seiner Generäle. Die Entscheidung an der Wolga ist ein Wendepunkt des zweiten Weltkriegs.

Vor Stalingrad traten zwei Gesellschaftsordnungen zu einem Kampf auf Leben und Tod an. Der räuberische deutsche Imperialismus, die Spitzen der Konzerne und Banken, ihr Werkzeug Hitler und der faschistische Generalstab gingen ihr Hauptziel an: die Vernichtung des ersten sozialistischen Staates der Erde.

Das imperialistische Kriegsziel war Raub. Die deutschen Imperialisten sprachen zwar vom Abendland, meinten aber Kuban-Weizen, Donez-Stahl, und Kaukasus-Öl. Sie suchten im Osten ihr Kolonialreich und wollten sich an den Kornkammern, den Industrie- und Rohstoffgebieten der Sowjetunion "gesundstoßen". Der Vormarsch des deutschen Imperialismus mit seiner mächtigen Militärmaschinerie, der den Überraschungseffekt ausnutzte, erfolgte im Blitzkriegstempo. Aber der Schein trog. Nach den Rückschlägen vor Moskau wurden die Armeen Hitlers auf dem Wege zu den Erdölfeldern von Baku vor Stalingrad an der Wolga gestoppt. Der unaufhaltsame Raubzug der "Welteroberer" wurde bei Stalingrad aufgehalten.

Stalingrad, eine aufblühende Stadt mit über 500.000 Einwohnern und den bekannten Traktorenwerken, erstreckt sich 35 Kilometer lang und nur 4 bis 5 Kilometer breit auf dem westlichen Wolga-Ufer. Im August 1942 stehen deutsche Truppen vor Stalingrad und sehen die Wolga. Erreicht haben sie sie nie.

2000 Einsätze der deutschen Luftflotte eröffnen den Sturm auf die Stadt. Der Feuerterror kann den Widerstand der Stadt nicht lähmen. Das Stahlwerk "Roter Oktober" arbeitet weiter, im Traktorenwerk werden Panzer geschweißt, bis die Maschinen zerstört sind. Die Stadt wird von der Roten Armee und den Arbeitern heldenhaft verteidigt, um jeden Quadratmeter wird verzweifelt gekämpft. Dabei wird sie dem Erdboden gleichgemacht. Stalingrad wird zu einem großen Massengrab.

Die Schlacht um Stalingrad fordert furchtbare Blutopfer von sowjetischen Menschen, die den schmalen Streifen vor der Wolga erfolgreich verteidigten. Von den Bewohnern der Stadt überleben nur wenige. 142 Tage rast ein Feuerorkan durch Werkhallen und Wohnblocks. Im Toben der größten Schlacht, der sich Menschen erinnern können, sprach die Geschichte selbst das Urteil. Seitdem ist Stalingrad mehr als ein Name. Der Sozialismus erwies sich militärisch und moralisch stärker als der Imperialismus.

Am 19. November 1942 beginnt die sowjetische Gegenoffensive. Die sowjetischen Verbände vereinigen sich nach der Zerschlagung der ungarischen, rumänischen und italienischen Armeen etwa 100 Kilometer westlich von Stalingrad. Eingeschlossen sind insgesamt 22 deutsche Divisionen mit 330.000 Mann. Großmäulig verspricht Göring die Versorgung aus der Luft. Sie erweist sich als Fehlschlag. Die tägliche Brotration wird bis auf 50 Gramm herabgesetzt. Der eiserne Ring wird immer enger. Das Angebot des sowjetischen Oberkommandos für eine ehrenvolle Kapitulation wird abgelehnt.

Der menschenverachtende deutsche Imperialismus trieb in nur drei Monaten in Stalingrad über 200.000 junge deutsche Menschen in einen sinnlosen Tod. Ihr Ende war furchtbar. Minus 40 Grad zeigte das Thermometer Anfang Januar. Von den Eingekesselten sind 30.000 verwundet, krank, von Hunger und Erfrierungen geschwächt. Sie verzehren die letzten steinhart gefrorenen Pferdekadaver und kochen sich Suppe aus Motorenöl und Sägemehl. Gelbsucht und Ruhr gehen um. Mancher Tote trägt Spuren des Kannibalismus.

Grauenvoll ist das Schicksal der Verwundeten und Kranken. Auf dem Weg zum angeblich rettenden Flugplatz Pitomnik sind 14.000 in der Steppe liegengeblieben, unbekannt und unbeerdigt, mitleidig vom Schnee überweht. Standgerichte und Hinrichtungskommandos haben Hochbetrieb. Ende Januar senkt sich Schweigen über die Steppe. Der Schlachtenlärm ist verstummt. Verstummt sind auch die Schreie jener, deren erstarrte Leiber zu Tausenden die Bunker in den Schluchten füllen. Die imperialistische Führung in Berlin hatte die 6. Armee längst abgeschrieben und zum Untergang verurteilt. Sie mußte sterben.

90.000 der schon vom Tode gezeichneten ausgehungerten deutschen Soldaten der 6. Armee traten den Marsch in die Auffanglager an. Die "Bolschewisten" erschossen ihre Gefangenen nicht, wie es die Goebbels-Propaganda behauptet hatte. Sie geben ihnen Brot in einer Zeit, da Millionen Bürger in der Sowjetunion Hunger leiden. Die Verwundeten und Kranken werden mit Medikamenten versorgt.

Trotzdem brechen in den Auffanglagern die Seuchen des Kessels voll aus: Fleckfieber, Ruhr und Diphtherie. Viele der entkräfteten Soldaten sterben hier. Auch sowjetische Ärzte und Schwestern bezahlen ihre aufopferungsvolle Pflege der Kranken oft mit dem Leben. Dieser Humanismus öffnete manchem die Augen.

Der deutsche Imperialismus erlitt in Stalingrad seine schwerste Niederlage, von der er sich lange nicht wieder erholen konnte. Die Geschichte entschied gegen die fremden Eindringlinge. Es siegten die Verteidiger des gesellschaftlichen Fortschritts. So wurde der Weg frei für die Befreiung ganz Europas vom faschistischen Joch. Über Warschau führte der Marsch bis zur Reichskanzlei in Berlin und an die Elbe. Die danach folgende Periode des Friedens, die längste, die Europa je erlebte, nahm ihren Anfang. Frieden hat auch die Stadt an der Wolga zurückerobert. Schöner denn je erhebt sie sich am Ufer des großen Stroms. Die Schlacht an der Wolga ist Legende geworden. Aber die Lehren wurden nicht überall gezogen.

Kaum zehn Jahre nach Stalingrad wurde in der Bundesrepublik unter dem CDU-Kanzler Adenauer ein Mitverantwortlicher für das imperialistische Verbrechen an der Wolga, der Chef des faschistischen Oberkommandos des Heeres, Hitlers General Heusinger, damit beauftragt, die Bundeswehr aufzubauen. Die Bonner Parteien machten die Bundeswehr zur stärksten Militärmacht in der NATO. CSU-Chef Strauß propagierte offen den "Fall rot". Antikommunismus und Antisowjetismus spielen immer noch eine verderbliche Rolle - heute in Gestalt der Rußland-Phobie und des "Anti-Putinismus".

Die internationale Entspannungspolitik stieß auf den verbissenen Widerstand ihrer Gegner. Die imperialistischen Kreise steigern die antirussische Hysterie. Mächtige imperialistische Interessengruppen sind dabei, die Bundesrepublik in die Zeit des kalten Krieges zurückzuzerren.

Die bitteren Erfahrungen von Stalingrad aber lehren uns, daß die Feindschaft zu Rußland von den arbeitenden Menschen unseres Landes mit Gut und Blut bezahlt wurde. Heute gilt es darum, auf den Weg der Normalisierung der Beziehungen zurückzukehren, wie er 1970 vom Moskauer Vertrag zwischen den Regierungen der Bundesrepublik und der Sowjetunion eröffnet wurde. Normale und gutnachbarschaftliche Beziehungen dienen der Entspannung und Friedenssicherung.

Wir treten darum entschieden gegen antirussische Hetze und statt dessen für gute Beziehungen zu diesem mächtigen Land ein. Wir sind auch bemüht, die Wahrheit über die historischen Leistungen des russischen und des ganzen Sowjetvolkes bei der Vernichtung der faschistischen Barbarei zu verbreiten. Das gehört zu den Lehren der Schlacht an der Wolga und zum Vermächtnis der Toten von Stalingrad. Damit sich niemals wiederholt, was damals geschah.

Gestützt auf UZ

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Vor 75 Jahren wurden die Geschwister Scholl hingerichtet
Widerstand gegen den Faschismus im Namen der "Weißen Rose"

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Die Wirklichkeit begreifen

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Thomas Joseph Dunning: 300 Prozent ...

"Das Kapital hat einen Horror vor Abwesenheit von Profit oder sehr kleinem Profit, wie die Natur vor der Leere. Mit entsprechendem Profit wird Kapital kühn. Zehn Prozent sicher, und man kann es überall anwenden; 20 Prozent, es wird lebhaft; 50 Prozent, positiv waghalsig; für 100 Prozent stampft es alle menschlichen Gesetze unter seinen Fuß; 300 Prozent, und es existiert kein Verbrechen, das es nicht riskiert, selbst auf Gefahr des Galgens."

Dieser Text stammt nicht von Karl Marx selbst, wie oft angenommen wird. Marx zitiert hier vielmehr den englischen Gewerkschafter Thomas Joseph Dunning. Er belegt mit diesen wohl von ihm selbst übersetzten Worten seine Feststellung, daß "das Kapital von Kopf bis Zeh, aus allen Poren, blut- und schmutztriefend" zur Welt gekommen ist. (MEW, 23/788)

Das Originalzitat (Capital eschews no profit, or very small profit, just as nature was formerly said to abhor a vacuum. With adequate profit, capital is very bold. A certain 10 per cent. will ensure its employment anywhere; 20 per cent. certain will produce eagerness; 50 per cent. positive audacity; 100 per cent. will make it ready to trample on all human laws; 300 per cent., and there is not a crime at which it will scruple nor a risk it will not run, even to the chance of its owner being hanged.) findet sich in Dunnings 1860 erschienenem Buch "Trades' Unions And Strikes: Their Philosophy And Intention".

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FORTSETZUNG EINER NOTWENDIGEN DEBATTE

Über Arbeitsproduktivität und Systemvergleich

Das Gedenken des 100. Jahrestages der Oktoberrevolution war wieder vielen Rednern Anlaß, sich in dieser Frage eines Defizits der Sowjetunion und anderer europäischer Länder des Sozialismus zu versichern. In einem Rede-Exposé von Georg Fülberth aus diesem Anlaß ist z. B. zu lesen, die "nach 1917 hergestellte Kombination aus Staatseigentum und Parteidiktatur war die einzige Sozialismusform, die bislang über mehrere Jahrzehnte hin Bestand hatte, bis sie schließlich an der Unreife ihrer Ökonomie und ihrer Unterlegenheit in der Systemauseinandersetzung zugrunde ging". Und weiter: Aus der als "Frühsozialismus (oder verfrühter Sozialismus)" zu "bezeichnenden Gesellschaftsform"... "wird kaum etwas für einen etwaigen zukünftigen Sozialismus gelernt werden können" (in: "junge Welt", 1.11.2017, Sonderbeilage Oktoberrevolution, S. 14).

Erstaunlich finde ich immer, daß dieser "Frühsozialismus" dieses Desaster nicht an seinem Beginn, sondern erst am Schluß seiner inneren Entwicklung erfährt, als er Dutzende kapitalistische Staaten längst ökonomisch überholt hatte - und eben nur einige noch nicht. Und ein zweiter Einwand, der aus dem ersten folgt: Daß der Gesichtspunkt der Arbeitsproduktivität am Schluß so sehr problematisiert wird - deutet das nicht viel eher auf einen Umstand hin, der sich erst zu diesem späten Zeitpunkt, ab etwa 1980, für die sozialistischen Staaten ergab? Der also gar nichts mit dem allgemeinen Stand wie der Fähigkeit an sich, die Arbeitsproduktivität dieser Länder zu entwickeln, zu tun hat? Ich nenne hier den gewiß verzweifelten Kampf um Gleichstand in der militärischen Ökonomie, der eine besondere Form, die eines Bereichs der Steigerung von Produktivkraft und Produktion erforderte, die nur zu Lasten der allgemeinen Entwicklung der Arbeitsproduktivität, aller Bereiche der Produktion gehen konnte.

Und, hat die UdSSR in diesem Kampf bestanden? Aber gewiß doch! Noch heute zehren wir von diesem Gleichstand, noch heute können wir uns gewiß sein, daß eine multipolare, also eher gleichberechtigte Zukunft in der Geschichte der Menschheit und damit auch eine alternative Gesellschaftsordnung zum Kapitalismus möglich ist.

Wäre es aber an sich, per Entwicklung, auf ein solches Desaster zugelaufen, hätte man von einer wachsenden Schwierigkeit zu sprechen, den Rückstand zum Kapitalismus aufzuholen; das ist aber absurd, denn die UdSSR begann ja erst mit der Industrialisierung nach 1930, als folglich die Arbeitsproduktivität am geringsten erst entwickelt sein konnte; sie hätte, wenn das Argument richtig wäre und Rückstand in der Arbeitsproduktivität zum Zusammenbruch führt, schon 1930 "zusammenbrechen" müssen; oder 1989 weniger als 1930. So gesehen muß aber an "1989" etwas problematischer gewesen sein als an "1930".

Doch zum Thema: Wie weiß man überhaupt rein formell, daß die Sowjetunion / der "Frühsozialismus" mit seiner Ökonomie nicht zu Rande kam und in der Arbeitsproduktivität "hinter dem Kapitalismus (dem entwickelten!, mehr nicht) zurückblieb" ... noch zurückblieb? In dieser Frage wird viel mit Vorurteilen, schnellen, zu schnellen Urteilen gearbeitet, aber wenig reelles Wissen vermittelt.

So kann ein Kapitalismus ökonomisch hochentwickelt sein - und schickt dennoch Millionen seiner Arbeiter in ein Hartz-IV-System - und kann ein Sozialismus geringer ökonomisch entwickelt sein, und gestattet dennoch seinen Bürgern schon einen Vorgriff auf den kommenden Kommunismus - beispielsweise ein kostenloses Gesundheitssystem.


Wie mißt man Arbeitsproduktivität, wie wird man sich überhaupt der Arbeitsproduktivität bewußt, wie weiß man, daß diese steigt (nicht sinkt, nicht stagniert)? So daß ein Vergleich über Länder und auch Systeme hinweg überhaupt möglich ist? Antwort: durch ein Arbeitszeit:Gebrauchswert-Verhältnis. Man kann auch sagen: durch ein Verhältnis von energetischem Aufwand und stofflichem Ergebnis, zum Beispiel: 1 Stunde Arbeit = ein Rock. Einwandfrei funktioniert dieses Verhältnis aber nur, wenn a) der energetische Aufwand genau gemessen worden ist oder gemessen werden kann, die Stunde also wirklich eine Stunde, eine mit der Uhr gemessene Zeit ist (Wertformen der Zeitbestimmung dagegen, wie in einer Warenökonomie üblich, sind ungenau bis fälschend), und b) das stoffliche Ergebnis bestimmbar bleibt; und das ist nur der Fall, wenn der stoffliche Bezug derselbe bleibt. Steigerung der Produktivität findet also statt, wenn es anstelle von 1 Stunde Arbeit = 1 Rock nunmehr 1 Stunde Arbeit = 2 Röcke heißt. Dann ist der Ausgangspunkt - Zeit, derselbe, und worin der produktive Charakter wie Anstieg der Arbeit in dieser Zeit erscheint, ist mit "2 Röcke" gegeben.

Aber die Darstellung dieses Verhältnisses Zeit:Gebrauchswert endet schon, wenn ein anderer Gebrauchswert dazukommt. 2 Röcke plus 1 Auto sind ... ja was? Sind 2 Röcke und 1 Auto. Röcke sind addierbar, 1 Auto ist aber nicht ein Mehrfaches von Rock. D. h. es gibt keinen allgemeinen Ausdruck des stofflichen Anstiegs bei steigender Produktivkraft der Arbeit. Man kann die energetische Seite der Arbeit in einer allgemeinen Form fassen: 1 produktiv arbeitender Arbeiter oder 10 Millionen produktiv arbeitende Arbeiter, oder 1 Arbeiter = 8 Stunden, 10 Millionen Arbeiter = 80 Millionen Stunden, aber so erscheint nur das größere Volumen an Arbeitszeit, nicht deren stoffliches Volumen bzw. nicht dessen Wachstum. Denn, so Marx, "die Produktivkraft gehört der konkreten Seite der Arbeit an", sie hat mit dem energetischen Ausdruck der Arbeit, ihrer abstrakten Seite, nichts zu tun. Vergleiche der Produktivkraft sind also in jedem Fall auf jeweilige Produkte beschränkt, einen allgemeinen stofflichen Ausdruck des Anstiegs der produktiven Kraft der Arbeit gibt es nicht, kann es nicht geben. Man weiß nur, daß dem energetischen Reichtum, den man messen kann, ein stofflicher Reichtum gegenübersteht, den man nicht messen kann.

Wie weiß man denn aber, daß der Kapitalismus dem Sozialismus in der Frage der Arbeitsproduktivität "überlegen war"? Nun vielleicht, indem man eine Reihe konkreter, produktbezogener Vergleiche anstellt, um davon ausgehend auf eine allgemeine Lage zu schließen. Weil der Kapitalismus in Tonnen Stahl, Tonnen Butter, Stück Auto usw. produktiver war, war er deshalb allgemein produktiver. Das kann stimmen - muß aber nicht stimmen. Es gibt ja auch entscheidende Produktionszweige, vorrangig bediente Produktionen, und hier kann Gleichstand entstanden sein, sogar Überlegenheit des Sozialismus (siehe obigen Einwand). Woran man eben mißt, ist auch eine Ermessens-, eine politische resp. ideologische Frage.

Es kann in dieser Beziehung auch ein Bauchgefühl entstehen. Man mißt z. B. ausschließlich an Konsumtionsmitteln oder an hochentwickelten, revolutionierenden Produktionsmitteln, also an einem qualitativen Vorsprung des einen vor dem anderen. Was sagen wir denn zur "sozialistisch-kommunistischen ökonomischen Fähigkeit", wenn China an Deutschland oder gar an den USA demnächst vorbeizieht? Dieses Land wird doch bei der Vergleichsanalyse in Sachen Ökonomie völlig außer acht gelassen.

Würde das BIP (Bruttoinlandsprodukt) tatsächlich, wie von einer Warenökonomie eigentlich verlangt, den Wert, also Arbeitsaufwand in abstrakter Hinsicht, zum Ausdruck bringen, müßte es - ist das extensive Wachstum an produktiv Arbeitenden eines Volkes ausgeschöpft, die Frage der Mehrproduktion also zu einem Problem der Intensivierung der Arbeit geworden - bei steigender Arbeitsproduktivität sinken! Denn nicht jede Steigerung der Produktivität führt zu einem stofflichen Anstieg der Produktion, sondern ebensosehr auch zu einer Freisetzung von produktiv Arbeitenden - wie jede Statistik ausweist. Auch per weniger Arbeitszeit kann man mehr Stofflichkeit produzieren.

Doch sowohl der Sozialismus als auch der Kapitalismus wiesen/weisen das Phänomen auf, daß der energetische Aufwand, gemessen im BIP, steigt. Warum erscheint im stofflichen Anstieg des BIP nicht deren sinkendes Wertvolumen? Warum wird im Widerspruch zur Realität - sinkender Anteil an produktiver Arbeit - ein anderes Erscheinungsbild produziert? Antwort: Weil die Preise, als Ausdrucksformen des energetischen Aufwands, eben nicht mehr (!) mit den Werten sinken, wie noch im Frühkapitalismus, sondern entweder konstant bleiben (planwirtschaftlicher Realsozialismus) oder gar nominell/inflationär ansteigen (imperialer Kapitalismus). Logisch, daß es damit zu einem Summenanstieg des BIP der Preisform nach mit dem stofflichen Wachstum der Produktion kommt.

Vermittelte der Frühkapitalismus mit seinem Bild sinkender Preise bei steigender Produktivität kein schlüssiges Bild über den stofflichen Anstieg der Produktion, so ist es jetzt genau umgekehrt: Ein System konstanter Preise resp. sogar nominell steigender Preise vermittelt kein schlüssiges Bild mehr über den energetischen Abstieg der Produktion. Um jetzt ein Verhältnis von Zeit und Menge gesellschaftlich, allgemein, für eine Aussage des gesellschaftlichen Standes wie Vergleichs der Arbeitsproduktivität zu bestimmen, muß man die Gesamtzahl der produktiv, also Güter produzierenden Arbeiter, deren geleistete Arbeitszeit bestimmen, und die so erarbeitete Zeitsumme ins Verhältnis setzen zur Summe der Preise der produzierten Stofflichkeit, also Güter, deren Anstieg jetzt, bei konstant bleibenden Preisen im einzelnen, ja zum allgemeinen Ausdruck für den stofflichen Anstieg der Produktion geworden ist. Endlich, bei konstanten Preisen, hat dieser Anstieg, auch dieser, einen ("schielenden", Friedrich Engels) Ausdruck.

Bei System-, also Kapitalismus-Sozialismus-Vergleichen, hätte nun allerdings noch die Kaufkraft jeweiliger Währung, Rubel/DDR-Mark usw. und Dollar/D-Mark usw. verglichen werden müssen. Hier hätten die UdSSR und die DDR immer besser abgeschnitten als die USA und die BRD, unterschied sich ihr Preissystem von westlichen Systemen doch durch Ausbleiben des inflationären Aspekts. Ihr BIP stieg also nicht auch nominell, per bloßem Geldausdruck, sondern im Prinzip nur stofflich substantiell.

Jedenfalls hat dieser Wechsel in dem gegenwärtig allgemein gültig gewordenen Preissystem (Wert tritt in den Hintergrund, wenn im Preis / der Preissumme der stoffliche Aspekt in den Vordergrund tritt) zum Beispiel dazu geführt, daß China zu den Spitzenmächten der Weltwirtschaft aufgerückt ist, obwohl es im Verhältnis seines BIP zu seiner Bevölkerung, also im Produktivitätsvergleich pro Kopf der Beschäftigten bzw. sogar der Bevölkerung, bisher nicht über einen Mittelplatz hinausgekommen ist. So kann sich das äußere Bild resp. die Bedeutung unseres obigen Arguments von der Arbeitsproduktivität verschieben, wenn man statt von der Wertproduktion von der stofflichen Produktion eines Landes ausgeht - und damit wohl auch von der politischen Beurteilung eines gesellschaftlichen Systems.

Weiter: Kapitalisten expandieren auch in ihrem Eigentumsverhältnis, darunter über Ländergrenzen hinaus, der Sozialismus hatte diesen Trieb nicht. Der Kapitalismus hat folglich ein höheres Produktivitäts-Steigerungsbedürfnis als der Sozialismus! Und ein ganz verwegener Gedanke: Der Sozialismus kann auch ein Desinteresse an der Steigerung der Produktivität, besonders ihrer absoluten Form: dem Sinken der Zahl von produktiv Arbeitenden, haben. Warum? Weil er die Arbeit als Lebensbedürfnis der Menschen erhalten will. Sollten einmal 10 % der Arbeitsfähigen dasselbe an Stofflichkeit leisten können wie heute sagen wir 90 %, welcher Tätigkeit gehen dann die 80 % anderen nach?

Sodann: Wenn das Argument stimmt, daß im Zurückbleiben in der Steigerung der Arbeitsproduktivität der mögliche Untergang lauert, d. h. wenn es nicht bloß ein Unterschied ist, mehr nicht, dann müßte er doch nicht nur für den Sozialismus gelten, sondern auch für den Kapitalismus. Zwischen Kapitalisten existiert Konkurrenz, weil - in noch immer gewissen Grenzen - auch ein offener Markt existiert. Verdrängung des einen durch den anderen ist möglich. Daß dasselbe Problem aber auch für den Sozialismus existiert, setzte doch voraus, daß zwischen Kapitalismus und Sozialismus ein ebenso offener Markt existierte wie zwischen kapitalistischen Staaten. Das war aber nicht der Fall. Wenn es zu keiner anderen Form "direkter Berührung" kam, wie zum Beispiel in einem Krieg, wie/warum dann also "Zusammenbruch"?

Als allerdings innerer Grund wäre immer nur eine Konterrevolution in Frage gekommen, oder - wir nähern uns wieder eines ganz anderen Umstandes: eine politische Überlegung, einem von außen auf das Land eindringenden Druck zu entgehen, der auf andere als direkt konfrontative ökonomische Art dennoch die Ökonomie herausfordert, herausgefordert hat (muß man im Falle der Sowjetunion ja sagen): das der Parallelität der Rüstung, besonders in atomaren Waffen und Raketen für Angriff und Abwehr. Quantitativ gesehen muß dieser Rüstungsaufwand in Ländern geringerer Arbeitsproduktivität größer ausfallen als in höher produktiven Ländern, die Last, die auf der Sowjetunion lag, größer gewesen sein als die Last, die auf den USA lag. Es kam aber nicht zum Zusammenbruch der Sowjetunion, sondern "nur" zum Zusammenbruch des Sozialismus in der Sowjetunion. Man bestimme bitte den Gegenstand richtig. Insofern war der "Zusammenbruch des Systems Sozialismus" der Weg, dem Zusammenbruch des Staates Rußland zu entgehen; die ausgewählte Form des "Zusammenbruchs" also ein relativer Sieg Rußlands über die USA. (Wie einst Brest-Litowsk.)

Auf alle Fälle hat das "neue" Rußland den Stand der Arbeitsproduktivität der Sowjetunion erst einmal geerbt - und bricht nicht zusammen, jedenfalls spricht auch Georg Fülberth nicht davon, daß das heutige Rußland eigentlich ein zusammengebrochenes Land ist.


Sollen diese Überlegungen dazu dienen, den Aspekt der Arbeitsproduktivität bei einem Vergleich sozialistischer und kapitalistischer Ökonomien herunterzureden? Nein, gewiß nicht, aber er hat nicht den absoluten Charakter, der ihm, um das Beendigen des sozialistischen Systems in Europa zu erklären, beigemessen wird. Der Sozialismus brach nicht wegen Rückstandes noch in der Produktivität zusammen. Er ist überhaupt nie aus ökonomischen Gründen "zusammengebrochen". Wie soll denn ein solcher Zusammenbruch ausgesehen haben? Es hätte doch mindestens "plötzlich" zu einem gewaltigen Rückgang der Produktion kommen müssen - nicht erst 1989/90, sondern schon davor. Aber einige solcher "Rückgänge", und wodurch und durch wen veranlaßt, sind bekannt. Sie sind in ihrer Bedeutung für die Existenz des Sozialismus auch einzuschätzen. Der eigentliche Grund für das Ende lag eben nicht in der Ökonomie, sondern im Interesse einer Politik, die sich nur einer ökonomischen "Begründung" bemächtigte, um für glaubwürdiger und erfolgverheißender genommen zu werden. Bleiben wir richtigerweise bei einem differenzierenden Bild in der Frage des Ökonomie-Vergleichs.

Hermann Jacobs, Berlin


Jürgen Kuczynski: Das große Geschäft.
Verlag Neues Leben, Berlin 1967

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WISSENSCHAFTLICHE WELTANSCHAUUNG
Lenins Vorlesung "Über den Staat" vom Juli 1919

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

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Der Triumph des Manifestes
Vortrag im "Berliner Rundfunk" vom 18. Februar 1958

Bitte Satz einfügen:

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

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170 Jahre Manifest der Kommunistischen Partei

Karl Marx und Friedrich Engels haben im Manifest der Kommunistischen Partei geschrieben: "Diese Arbeiter, die sich stückweise verkaufen müssen, sind eine Ware wie jeder andere Handelsartikel, und daher gleichmäßig allen Wechselfällen der Konkurrenz, allen Schwankungen des Marktes ausgesetzt." Sie haben wissenschaftlich exakt nachgewiesen, daß das Wesen der kapitalistischen Ausbeutung in der unbezahlten Mehrarbeit des Arbeiters liegt.

Wen will es wundern, daß das Manifest solcher Sätze wegen das meistgehaßte Buch in den Kreisen der Bourgeoisie und ihrer Parteigänger ist?

Die Wissenschaft von der notwendigen Veränderbarkeit der Gesellschaft in die Köpfe von Arbeitern zu senken - das ist sicher nicht von der herrschenden kapitalistischen Klasse zu erwarten. Mit dem gleichen Recht könnte man dann annehmen, daß kirchliche Dogmen - die den Ergebnissen der Naturwissenschaft widersprechen - aufgehoben würden.

Natürlich ist die Existenz des Kapitalismus spätestens seit der Geburtsstunde des Kommunistischen Manifests von 1848 als anachronistisch, entwicklungshemmend und menschheitsfeindlich entlarvt. Aber die Erkenntnisse der beiden großen Denker und Revolutionäre Marx und Engels haben sich in einem Teil der Welt nur im erbitterten Kampf durchgesetzt - wie sie sich auch künftig nur im härtesten Klassenkampf gegen die imperialistische Ideologie durchsetzen werden.

Mancher Wissende ist unbefriedigt darüber, daß bei Vorhandensein einer wissenschaftlichen Analyse des ahumanen Wesens der kapitalistischen Gesellschaft, bei dem Wissen um die Mittel zum Aufbau einer wahrhaften Menschengemeinschaft noch immer soziale Unsicherheit und Unterdrückung, Unfrieden und Krieg die Völker terrorisieren. Das ist, als ob die Mittel gegen Pocken, Pest und Tuberkulose auf dem Tisch liegen, aber man würde sie ungenutzt lassen und sein Heil im Gesundbeten suchen.

Was Virchow, Koch und Röntgen in der Medizin und Physik entdeckten, das hat sich die herrschende kapitalistische Klasse längst zu eigen gemacht. Was Marx und Engels in der Gesellschaftswissenschaft entdeckten, das läßt die regierenden Herren und die Spießer aller Schattierungen eine Gänsehaut bekommen. Schon von der Drucklegung des Manifests an mobilisierten sie ihre Polizei, verfolgten sie Text und Verfasser, verbreiteten sie Verdrehungen und Verleumdungen.

Doch für die wissenschaftliche Wahrheit des Kommunistischen Manifests trifft zu, was Bertolt Brecht einmal so formulierte: Niemand kann auf die Dauer zusehen, wie ein Stein fällt, und sagen, er fällt nicht. Das heißt, daß solche durch Gesetzmäßigkeiten begründeten Behauptungen einfach stimmen und nicht für alle Ewigkeit geleugnet werden können. Der Kapitalismus bringt seinen Totengräber - eben die Arbeiterklasse - selbst hervor; der Kapitalismus zeugt Anarchismus; der Kapitalismus vernichtet die Freiheit der Persönlichkeit; im Kapitalismus wird die Ausbeutung des Menschen verewigt; im Kapitalismus liegt - aus dem gesetzmäßigen Zwang, Profit zu machen - die Ursache aller Kriege unserer Zeit; der Kapitalismus ist unfähig, Wirtschaftskrisen zu verhindern. Aus eben diesen Gründen ist der Kapitalismus dazu verurteilt, vom Schauplatz der Geschichte abzutreten. Das alles steht seit 170 Jahren im Kommunistischen Manifest - und die tägliche gesellschaftliche Praxis bekräftigt die Richtigkeit jeder dieser Aussagen.

So hat die Geschichte längst ihr Urteil über eine wissenschaftliche Kampfschrift getroffen, an der sich Ignoranten und Arbeiterfeinde wie Bismarck, Hitler und Adenauer die Zähne ausbissen. Auch heute hat die Bourgeoisie ganze Regimenter ihrer Ideologen aufgeboten, um die Geburtsurkunde des wissenschaftlichen Sozialismus zu verteufeln, sie als veraltet und überholt abzutun oder sie totzuschweigen.

Aber das Kommunistische Manifest lebt! Ganze Völker richten sich nach seiner Lehre, Kommunisten sorgen in der ganzen Welt für seine Verbreitung, und seine Ideen finden Eingang in die Köpfe von Arbeitern. Nicht, weil die Revolution exportiert wird, sondern weil sich die Wirkungsweise objektiver gesellschaftlicher Gesetze im Klassenkampf unaufhaltsam durchsetzt.

Je mehr die Arbeiterklasse sich mit den Ideen des Manifests vertraut macht, desto mehr wächst ihre Kraft im Kampf für eine bessere Zukunft. Diese Einsicht und die daraus folgenden Konsequenzen auch unter komplizierten Bedingungen zu verbreiten, bemüht sich der "RotFuchs" seit seiner ersten Ausgabe im Februar 1998.

Helmut Hellge

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Karl Marx in Hamburg

Nach einer überfüllten Diskussionsveranstaltung am 7. September 2017 im Kaisersaal des Hamburger Rathauses hatte Michael Joho Gelegenheit, Jürgen Bönig, den Autor des Buches "Karl Marx in Hamburg. Der Produktionsprozeß des 'Kapitals'" zu interviewen.

Michael Joho: Ist Hamburg für Karl Marx überhaupt wichtig gewesen außer durch die Veröffentlichung des "Kapitals" vor 150 Jahren im Verlag Otto Meissner?

Jürgen Bönig: Das hat mich auch sehr überrascht, daß Marx tatsächlich nach Hamburg gereist ist, nicht nur beim Überbringen des Manuskripts des "Kapitals" im April 1867, sondern insgesamt fünfmal und das zu für ihn überaus wichtigen Anlässen. Im Mai 1845 wollte er bei Julius Campe in Hamburg in der Schauenburgerstraße 59 seine Schrift "Die Heilige Familie" unterbringen und verabredete Artikel für den "Telegraph für Deutschland" im Verlag Hoffmann & Campe aus dem Kommunistischen Korrespondenzbüro in Brüssel. Im Mai 1849 kam er nach Hamburg, um für die "Neue Rheinische Zeitung" Aktionäre zu gewinnen, kehrte nach Köln zurück und erfuhr seine Ausweisung, so daß die "Neue Rheinische" als letzte rote Sondernummer erscheinen mußte. Dabei hat er in Hamburg Theodor Hagen persönlich kennengelernt, Mitglied des Bundes der Kommunisten, Komponist, Musikkritiker und Theatersekretär am Stadttheater Hamburg am Dammtor, der späteren Staatsoper, der Marx ermöglichte, daß 1850 eine Fortsetzung der "Neuen Rheinischen Zeitung", die "Politisch-Ökonomische Revue" bei dem Musikalienhändler Schuberth & Co. in der Bergstraße erscheinen konnte, welche die Bilanz der Revolution und Konterrevolution nicht nur in Deutschland zieht.

1865 kam der Vertrag über "Das Kapital" mit Otto Meissner zustande, weil der Verleger unbedingt Friedrich Engels' Schrift "Die preußische Militärfrage und die Arbeiterpartei" veröffentlichen wollte. 1867, 1869 und 1874 begab sich Marx in die stark wachsende Stadt an der Elbe mit ca. 200.000 Einwohnerinnen und Einwohnern, weil er seinen Verleger besuchen wollte (in der Bergstraße 26), um das Manuskript des Ersten Bandes des "Kapitals" abzuliefern und die Veröffentlichung weiterer Bücher zu besprechen.

Hat Hamburg bei der Ausarbeitung der ökonomischen Theorie von Marx und Engels eine Rolle gespielt?

Zu meinem Erstaunen begann Marx sich intensiver mit der Ökonomie zu beschäftigen, als die schlesischen Weber im Juni 1844 einen Aufstand machten. Heinrich Heine schrieb dazu das Gedicht "Die armen Weber", das einen Monat nach der Niederschlagung dieser Rebellion gegen die Verarmung im "Vorwärts! Pariser Deutsche Zeitschrift" unter der Redaktion von Marx erschien. Auch "Deutschland. Ein Wintermährchen" kam in dieser Zeitschrift in Fortsetzungen heraus, und Heine hatte auch für die "Deutsch-Französischen Jahrbücher" ein schön beleidigendes Gedicht über Ludwig von Bayern geschrieben.

Die Frage, was die Betroffenen beim Einsatz neuer Maschinen tun sollten, stellten sich Marx und Engels nach der Niederschlagung des Aufruhrs der schlesischen Weber, die Opfer der industriellen Revolution wurden, die sie hervorgebracht hatte. Sie hatten die Landwirtschaft aufgegeben und webten im Verlagssystem Tuche, weil die Spinnmaschinen in England dauerhaft, zuverlässig und billig Garn lieferten, und waren plötzlich mit billigen Stoffen konfrontiert, die auf neuen Webmaschinen entstanden. Hoffmann & Campe, der Verlag, in dem Heinrich Heine seine Texte veröffentlichte und der die Weber unterstützte, war deshalb Ziel des ersten Besuches von Marx in Hamburg, und bereits zu diesem Zeitpunkt lebte der künftige Verleger des "Kapitals" Otto Meissner seit 1842 in Hamburg.

Gab es politische Gründe, warum Marx so häufig nach Hamburg kam?

Ja, mir scheint, daß Marx so oft zu wichtigen Anlässen nach Hamburg kam, weil hier seit 1838 die erste und einzige Gruppe des "Bundes der Gerechten" auf dem Kontinent bestand, die auf Rat von Wilhelm Weitling einen "Bildungsverein für Arbeiter" gegründet hatte. Seit 1844 agierte dieser Verein unter dem Dach der "Patriotischen Gesellschaft" und hatte bis zu 1000 Mitglieder. 1847 allerdings, als der Bund umbenannt werden sollte in Bund der Kommunisten und das von Engels und Marx ausgearbeitete Programm annehmen sollte, das Kommunistische Manifest, blieb die Mehrheit in Hamburg auf der Position von Weitling.

Ist dieser Bildungsverein denn überhaupt politisch nach außen aufgetreten?

Sehr deutlich und wirksam - und auch das wußte ich vor einem Jahr noch nicht. 1859, zum 100. Geburtstag von Friedrich Schiller, fanden überall Feiern statt, und in Hamburg zogen 10.000 Teilnehmer des Festzuges am 13. November durch die Stadt zum Heiligengeistfeld für Pressefreiheit, Gedankenfreiheit und die Republik - darunter 1000 Mitglieder des Bildungsvereins für Arbeiter - dahinter 500 Turner, die "Soldaten" der Republik. Und das bei 200.000 Einwohnern Hamburgs im Jahre 1866. Otto Meissner organisierte die Abteilung der Buchhändler, veröffentlichte die ausführlichste Dokumentation dieser Schillerfeier und war von da an anerkanntes Mitglied des reformorientierten Flügels der Hamburger Gesellschaft.

War Otto Meissner nur ein geschäftstüchtiger Verleger oder auch ein politischer Mensch?

Aus den bisherigen Darstellungen hatte ich den Eindruck, Marx sei an Meissner nur deshalb gekommen, weil der ein Geschäft witterte in seinem auf Wissenschaft angelegten Verlagsprogramm. Aber wenn man den Weg von Otto Meissner verfolgt und betrachtet, was er veröffentlichte, ergibt sich das Bild eines fortwährend gegen die Zensur und für fortschrittliche Politik agierenden Verlegers.

Seit 1842, als er nach Aufhebung des Publikationsverbotes als Buchhändler zu Julius Campe kam, und seit 1848, als Meissner mit Georg Schirges, der Seele des Bildungsvereins für Arbeiter, einen selbständigen Verlag gründete, veröffentlichte er republikanische Bücher, sorgte für Aufklärung über die politischen Zustände und publizierte all das verbotene Zeug, das die Hamburger Bürger sich leisten wollten. Nach dem Verbot seiner sozialistischen Wochenschrift "Das Jahrhundert" 1859 ließ er in den "Demokratischen Studien" alle zeitgenössischen sozialistischen Autoren zu Wort kommen - Lassalle, Proudhon, Feuerbach - und hatte Verbindung zu den wichtigsten Reformern. Er beteiligte sich an der Debatte um die staatliche Volksbildung in Hamburg, veröffentlichte das wichtigste Lehrmittel dazu, die Schreib- und Lesefibel von Gurcke mit Zeichnungen von Otto Speckter, und beschäftigte sich sehr mit der Frage, was die für eine Republik geeignete Form der Armee sein könnte.

War Otto Meissner ein marginaler Hinterhofverleger, als er "Das Kapital" veröffentlichte?

Nein, im Gegenteil, anerkannter als Otto Meissner konnte kein Verleger sein, als er den Vertrag mit Marx über "Das Kapital" schloß und alle Bände dieses Hauptwerkes in seinem Verlag herausgab. Er hatte den Verein der Buchhändler gegründet und 1859 auch den Architectenverein, der u.a. durch Martin Haller großen Einfluss auf die Stadtentwicklung nahm. 1868, ein Jahr, nachdem "Das Kapital" herausgekommen war, veranstaltete diese Architektengruppe die Wanderversammlung der deutschen Architekten mit einem großen Fest auf der Alster, und Otto Meissner redigierte die Begleitpublikation. In "Hamburg. Historisch-topographische Mittheilungen" wurde in einer Anzeige für "Das Kapital" geworben - zwischen Schriften von Feuerbach und Proudhon.

Du hast auch darauf hingewiesen, daß Marx mit dem Hamburger Rathaus etwas zu tun hatte ...

Meissner hat nicht nur "Das Kapital" verlegt, sondern auch die zweite wichtige politische Schrift nach dem Manifest, "Der 18. Brumaire des Louis Bonaparte" 1869 in Europa zugänglich gemacht - die erste Ausgabe erschien in einer Zeitschrift in New York. In diesem Text über den Neffen von Napoleon Bonaparte, den das französische Bürgertum aus Angst vor den Arbeitern zum Kaiser und Diktator machte, heißt es: In unsicheren Zeiten greifen die Handelnden zu Kostümen der Vergangenheit, um sich ihrer Rolle zu versichern. Die Architektengruppe um Martin Haller wollte nun für das seit dem Brand von Hamburg 1842 geplante neue Rathaus einen Bau der Neo-Renaissance und keine neugotische Burg. In diesem Dogenpalast sollten sich Parlament (Bürgerschaft) und Regierung (Senat) auch räumlich gleichberechtigt gegenüberstehen. Weil Otto Meissner für diese Idee mit den anderen Rathausbaumeistern von 1871 bis 1876 in die Hamburger Bürgerschaft gewählt wurde, ist es wahrscheinlich, daß er Marx bei seinen Besuchen 1867, 1869 und 1874 beim Gang zum Verlagsgebäude in der Bergstraße über den Rathausmarkt, den noch kein Rathaus zierte, gefragt hat, was der begabte Metaphoriker Marx vom Entwurf des Rathauses hielt.

Warum wurden Karl Marx und Otto Meissner und ihre Rolle für Hamburg so vergessen?

Nach der Reichseinigung 1871, die nicht durch den Zusammenschluß von Republiken zustande kam, sondern durch drei Kriege, die der preußische Bonaparte Bismarck ohne Parlamentsbeschluß führte, haben die Hamburger Kaufleute, die als Überseehafen von der industriellen Entwicklung des Deutschen Reiches sehr stark profitierten, ihre republikanischen Jugendträume vergessen machen wollen. Dabei böte das Hamburger Bürgermilitär, das in den sogenannten Befreiungskriegen 1814 entstanden ist und 1867/68 aufgelöst und durch das 76. Preußische Infanterieregiment ersetzt worden ist, durchaus Anknüpfungspunkte für eine friedliche und republikanische Tradition. Mit dem Bürgermilitär, dessen Offiziere aus den Reihen der Hamburger Bürger kamen, hätte man anders als mit dem stehenden Heer Preußens, in dem adlige Offiziere Bauernsöhne führten, keine zwei Weltkriege anfangen können.

Jürgen Bönig: Karl Marx in Hamburg.
Der Produktionsprozeß des "Kapitals".
VSA-Verlag, Hamburg 2017, 184 S., 19,80 €.
ISBN 978-3-89965-751-7

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Erinnerung an Johann Fladung (1898-1982)

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

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Wie tauglich sind geistige Waffen?

Theodor Heuss, erster Präsident der westdeutschen Bundesrepublik, sagte einmal in seiner schwäbischen Mundart: "Mir kämpfet mit geischtige Waffe." Das war ein Satz, der die Friedliebenden erfreute und die Militärs verdroß, deren Existenzberechtigung plötzlich in Frage gestellt schien und die, ähnlich wie ihre Väter nach Beendigung des Ersten Weltkriegs, schon wieder von Aufrüstung träumten.

Der Satz zeugt von drei bemerkenswerten menschlichen Potenzen: erstens von der realitätsgerecht-nüchternen Erkenntnis der Tatsache, daß Konflikt, Gegnerschaft und Kampf als Ausdruck lebendigen Daseins notwendig zum Leben gehören, zweitens von dem daraus erwachsenden Kampfesmut und drittens von der Zuversicht, ohne Blutvergießen, ohne destruktive Gewalt siegen zu können. Daß diese Zuversicht keineswegs illusionär, sondern durchaus realistisch sein kann, zeigt überzeugend das Beispiel Mahatma Gandhis, der zusammen mit von ihm Überzeugten Indien durch gewaltlosen Widerstand von der Herrschaft der Briten befreite. Ein Beispiel, das Schule machen sollte, wo immer, wenn auch vielleicht nur ansatzweise, die Möglichkeit dazu gegeben ist.

Wer so denkt wie Theodor Heuss, muß wohl über ein mächtiges alternatives Waffenlager verfügen, und in diesem wollen wir uns einmal umsehen, indem wir fragen: Was sind "geistige Waffen"? Woran haben wir hierbei konkret zu denken? - Da fallen mir, zunächst ungeordnet, ein: Argumente, Anklagen, Vorwürfe, Provokationen, Hohn und Spott (Satiren in Wort und Bild), Propaganda, Aufklärung, Werbung, Demaskierung, Herstellung von Öffentlichkeit, kritische Analysen, Streitreden und Streitschriften, diplomatische Noten, offene Briefe, Demonstrationen, Unterschriftensammlungen, Protestkundgebungen, Solidarisierung größerer Massen usw. usf. - lauter Mittel, die, sofern sie einer gerechten Sache dienen (was hier als selbstverständlich vorausgesetzt sei) im Rahmen der Legalität, vor allem aber der ethischen Legitimität einzusetzen sind, wobei allerdings das sittlich Gebotene gesetzlich verankertes Recht mitunter brechen kann (zumal in der tragischen Situation, in der nicht Wert gegen Unwert, sondern Wert gegen Wert steht und in der unausweichlich ein Wert vernichtet werden muß, damit der andere verwirklicht werden kann).

Was die Wahl der Waffengattung betrifft, so wird der kritische Rationalist, sofern er's mit ebenbürtigen Gegnern zu tun hat, auf die größere Überzeugungskraft seiner eigenen Argumente vertrauen und sich auf einen ergebnisoffenen Diskurs einlassen, das heißt er wird nicht nur reden, sondern auch zuhören, die eigene Position immer wieder selbstkritisch überprüfen und grundsätzlich zum Kompromiß bereit sein, der ja (so Abraham Lincoln) die "Krone der Weisheit" ist.

Hat er's aber mit Starrköpfen zu tun oder mit vermeintlich oder tatsächlich übermächtigen Gegnern, so kann er die Gerichte einschalten oder auch sich selbst zum Vertreter moralischer Anklage machen und dabei sein Wissen, seine Autorität und das Ansehen seiner Person in die Waagschale werfen. Das klassische Beispiel für eine solche Intervention ist Emile Zolas Artikel "J'accuse ..." in der Tageszeitung "L'aurore", in dem Zola sich gegen die gesamte Regierung stellte und für den zu Unrecht verurteilten und deportierten Offizier Alfred Dreyfus eintrat - und zwar mit Erfolg: Dreyfus wurde rehabilitiert und aus der Haft entlassen.

Nicht minder erfolgreich, seit es Pressefreiheit gibt und nicht minder verdienstvoll ist: die investigative Arbeit von Journalisten, die - etwa nach der Methode Günter Wallraffs - "under cover" (verdeckt) Mißstände aufdecken, Straftaten publik machen, ans Licht zerren, was sich feige verkriechen will, und die dabei Roß und Reiter nennen ...

Bewährt, wenn es darum geht, den Gegner lächerlich zu machen und damit zu entmachten, ist als sprachliche oder bildnerische Waffe die Satire, die (entgegengesetzt zum Humor) nicht Versöhnung und Frieden stiftet, sondern vielmehr ätzen muß wie Salzsäure, indem sie ideologischen Gesinnungsschmutz schonungslos aus dem zu reinigenden Nest wirft, und die ihre stärksten Wirkungen immer dann erzielt, wenn sie den Gegner in seiner ganzen Nichtswürdigkeit Dümmlichkeit, Verlogenheit oder zynischen Arroganz authentisch zitiert, so daß dieser sich selbst bloßstellt. Ein Meister dieser Methode ist der sowjetische Schriftsteller Maxim Gorki - etwa mit seinem so aktuellen "Gespräch mit einem Millionär"; wiederentdeckt und veröffentlicht vom "RotFuchs" im Januar 2017.

Aber auch im akademischen Bereich können geistige Waffen zum Einsatz kommen. Auch hier kann sich das Wort zum Dolch spitzen, und im Kampf gegen Dogmatismus und vermeintliche oder tatsächliche Irrlehren obsiegt dann der genauer Zielende und Treffende.

Zu bedenken ist, daß die frontale kritische Attacke den Gegner wohl nur selten zur Einsicht und Umkehr bewegen wird. Wann je hätte ein Beschuldigter gesagt: "Ich bekenne mich schuldig im Sinne der Anklage."? In aller Regel wird Kritik nicht positiv und sachlich ausgewertet, sondern vielmehr erbittert zurückgewiesen, so daß die Fronten sich verhärten.

Oft genug ist auch eine direkte Konfrontation, ein Rededuell auf Augenhöhe gar nicht möglich, da der Gegner - etwa ein Abgeordneter oder ein Minister - wie immer "terminlich überfordert", nicht zu sprechen, erkrankt oder gerade im Urlaub ist. Was dann? - Dann, anstatt wieder und wieder gegen eine Gummiwand anzurennen, sollte man sich auf Öffentlichkeitsarbeit konzentrieren, in Partei oder Gewerkschaft für Solidarität werben, durch Information über die Machenschaften des Gegners in der Öffentlichkeit womöglich noch schlummernde Kräfte mobilisieren und den Gegner dadurch schwächen, daß man ihm Stimmen abjagt. Das geht am besten, indem man ihn bloßstellt oder auf die Blößen hinweist, die er selbst sich gibt, wenn er etwa die Namen von Lobbyisten geheimhält, eine Vermögensabgabe der Superreichen verhindert oder immer neue Formen der Ausbeutung von Arbeitskraft ermöglicht. Dies alles ist ins öffentliche Bewußtsein zu heben durch Printmedien, soweit möglich auch durch Film, Rundfunk, Fernsehen und andere Kommunikationsmittel.

Bei all dem fließt kein Blut. Und bei all dem bedarf es zugleich weder der Lüge oder der Falschmeldung (engl. fake), noch gar der Verleumdung. Die Taten und Unterlassungen des Gegners sind schlimm genug und reichen voll aus, ihn zu diskreditieren und zu Fall zu bringen.

Gewonnen ist ein Kampf, wenn ein Übel beseitigt, ein Tyrann gestürzt, ein Unrecht gesühnt oder eine gestörte Rechtsordnung wiederhergestellt ist. Des weiteren gilt dann: Nach dem Kampf ist vor dem Kampf.

Aber auch dies muß gesehen werden: Die größte Friedfertigkeit und die vernünftigsten Appelle vermögen nichts auszurichten, wenn das Gegenüber aufgrund fundamental entgegengesetzter Werthaltung in keiner Weise erreichbar oder gar belehr- oder bekehrbar, sondern einzig und allein darauf bedacht ist, den eigenen kriminellen Willen durchzusetzen, Andersgläubige ("Ungläubige") zu ermorden und gar auf Geheiß eines Gottes auszurotten, wie es im Alten Testament beschrieben ist und uns gerade jetzt am Beispiel des sogenannten Islamischen Staates erneut vor Augen steht.

In einem solchen Fall muß ich ausnahmsweise sogar einmal einem Papst recht geben, der sagte: "Man muß dem, der töten will, die Waffe aus der Hand schlagen."

Theodor Weißenborn

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Lügen die Medien

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

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Wuppertaler Ehrung für Jürgen Kuczynski

Am 14. Oktober 2017 fand vor seinem Geburtshaus in der Jaegerstraße 16 in Wuppertal die feierliche Enthüllung einer Gedenktafel für Jürgen Kuczynski statt, bei der sich Oberbürgermeister Andreas Mucke, die Hauseigentümerin Frau Ute Oberste-Lehn und Thomas Kuczynski, der Sohn Jürgen Kuczynskis, an die zahlreiche Persönlichkeiten der Stadt, Bewohner des Viertels und Nachbarn mit Grußworten wandten.

Seit einem Wissenschaftlichen Kolloquium am 12. Mai 2012 in Wuppertal, das dem großen Universalgelehrten gewidmet war, wurde immer wieder der Versuch unternommen, die Verantwortlichen der Stadt dazu zu bewegen, vor dem Geburtshaus eine Gedenktafel anzubringen. Das war mit CDU-Oberbürgermeister Peter Jung ein aussichtsloses Unterfangen. Erst ein Wechsel an der Spitze der Stadt hat es möglich gemacht. Der SPD-Oberbürgermeister, Andreas Mucke, hat der "Kommission für eine Kultur des Erinnerns" einen entsprechenden Vorschlag unterbreitet, der einstimmig beschlossen wurde.

Bewegend war die Anwesenheit Thomas Kuczynskis, der zusammen mit seiner Frau den weiten Weg aus Berlin auf sich genommen hatte, um an dieser Feier teilnehmen zu können. In meiner Begrüßung erinnerte ich an die Verbindung der Familie zu der Stadt Wuppertal. Sie begann, als der Vater von Jürgen Kuczynski, Robert René Abraham Kuczynski, am 4. Februar 1904 einen Brief des Oberbürgermeisters der damals noch selbständigen und bedeutenden Industriestadt Elberfeld erhielt. Darin wurde ihm die "Stelle des Direktors des hiesigen Statistischen Amts gegen das Anfangsgehalt von 5000 Mark zunächst auf ein Probejahr" angeboten.

So bezog René Kuczynski mit seiner Frau Bertha eine Wohnung im gutbürgerlichen Zoo-Viertel in der Jaegerstraße 16. Hier wurde am 17. September 1904 der Sohn Jürgen geboren. Sein Büro richtete René Kuczynski im Elberfelder Rathaus, heute Verwaltungshaus, ein.

Bereits nach zwei Jahren, 1906, verließ die Familie Wuppertal wieder und folgte einem Angebot der damals noch selbständigen Stadt Schöneberg, nahe der aufstrebenden Weltstadt Berlin.

Jürgen Kuczynski hat seine Geburtsstadt noch einmal besucht. 1970 war er Teilnehmer an der Internationalen Konferenz der Stadt zum 150. Geburtstag von Friedrich Engels.

Nach dem ersten Teil der Veranstaltung in der Jaegerstraße wurde sie im Historischen Zentrum / Engelshaus fortgesetzt. Dort begrüßte der Leiter des Zentrums und des Stadtarchivs, Dr. Eberhard Illner, die zahlreichen Gäste mit einem informativen Vortrag zur Arbeit und Konzeption des Historischen Zentrums und den Planungen und Vorhaben zum 200. Geburtstag von Friedrich Engels 2020. Er führte im Anschluß durch den Engels-Park mit Erläuterungen zu den beiden künstlerisch-ästhetisch völlig unterschiedlichen Engels-Denkmälern.

Im Zentrum dieses Teils der Zusammenkunft stand der Vortrag "Nachdenken über Jürgen Kuczynski" von Prof. Georg Fülberth aus Marburg. Er wird für viele Jahre den Blick auf Jürgen Kuczynski, den marxistischen Wirtschaftshistoriker und Wirtschaftswissenschaftler, prägen. Der Vortrag war gewissermaßen die Antwort auf die journalistischen Einlassungen in der einzigen Tageszeitung Wuppertals, der "Westdeutschen Zeitung" (WZ), die sich mit den üblichen Oberflächlichkeiten beschäftigten. Eine Würdigung des wissenschaftlichen Werkes Kuczynskis fehlte völlig.

Die Resonanz aus dem Kreis der Teilnehmer belegt dagegen, daß die Veranstaltung als beeindruckende würdevolle Ehrung des international wie national renommierten Gesellschaftswissenschaftlers wahrgenommen worden ist.

Dirk Krüger, Wuppertal

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Als die DDR dem Westen davonflog

Bis heute hält sich hartnäckig die Auffassung, der Hamburger Hansa-Jet HFB 320 und die in Bremen gebaute VFW 614 seien die ersten deutschen Düsenverkehrsflugzeuge gewesen. Die Wahrheit sieht etwas anders aus. Das erste deutsche Passagierflugzeug mit Strahltriebwerken wurde in der DDR gebaut. Es war die "152" - auch nach ihrem Konstrukteur Prof. Runolf Baade (ehemaliger Ingenieur bei Junkers) "Baade 152" genannt -, die im VEB Flugzeugwerke Dresden hergestellt wurde. Sie war erstmals auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1958 zu sehen.

Der Erstflug, der eigentlich am 20. Juni 1958 stattfinden sollte, wurde aufgrund eines Sabotageverdachts auf den 4. Dezember 1958 verschoben. Der Flugingenieur Manfred Gerlach, der Kontakt zum Darmstädter Luftfahrtexperten Prof. Bock (ehemals Junkers) aufgenommen hatte, versorgte diesen ständig mit Informationen - gegen "Honorar" versteht sich. 1959 wurde er verhaftet und verurteilt. Die westliche Fachwelt war über die Premiere des Flugzeugs in der DDR, das mit einer Geschwindigkeit von 800 km/h eine Reichweite von 2000 Kilometern aufwies und 70 Passagieren Platz bot, einigermaßen verblüfft. Die "152" entsprach zu jener Zeit den modernsten aerodynamischen Ansprüchen. Was damals unter schwierigen Bedingungen geleistet wurde, muß auch heute noch mit großem Respekt betrachtet werden.

Leider war dem Flugzeug "152" keine strahlende Zukunft vergönnt. Der zweite Testflug am 4. März 1959 endete nach 55 Minuten mit einem Absturz bei Ottendorf-Okrilla. Für die vorgesehenen riskanten Flugmanöver war die Maschine noch nicht ausgereift genug.

Es starben Flugkapitän Willi Lehmann, Co-Pilot Kurt Bemme, Flugingenieur Paul Herling und Flugversuchsingenieur Georg Eismann. Sie wurden in einer Gemeinschaftsgrabanlage auf dem Neuen Friedhof Dresden-Klotsche beigesetzt. Auf ihrem Grabstein steht: "Ihr Leben diente dem technischen Fortschritt."

Wegen Absatzproblemen beschloß der Ministerrat der DDR am 13. Juli 1961 die endgültige Auflösung der Luftfahrtindustrie, obwohl noch Nachfolgetypen wie die "154" und die "160" in Planung waren. Die UdSSR wollte Düsenjets aus eigener Produktion auf den Markt bringen und das inzwischen ausgereifte Flugzeug aus der DDR nicht kaufen. Aufgrund der westlichen Embargopolitik war ein Verkauf an westliche Interessenten nicht möglich.

Der Bau der "152" zeigt, daß die DDR sehr wohl in der Lage war, weltmarktfähige Produkte zu liefern. Experten wie Prof. Runolf Baade, dem es ein Anliegen war, nach der Herrschaft des Faschismus etwas Völkerverbindendes zu schaffen, stellten ihre Kenntnisse und Erfahrungen dem sozialistischen Staat zur Verfügung. Daß das erste deutsche Passagierflugzeug mit Strahltriebwerken in der DDR gebaut werden konnte, ist diesem Wissenschaftler in hohem Maße zu verdanken. Professor Baade starb am 3. November 1969 in Berlin.

Die Düsenverkehrsflugzeuge der BRD Hansa-Jet HFB 320 und VFW 614 starteten erst Jahre später.

Wilfried Steinfath, Berlin

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LUTZ JAHODA: LUSTIG IST ANDERS ...

Bereits am 16. Februar 2015 hatte Frau Ursula von der Leyen in Brüssel vor Journalisten der Druck-Medien und des Fernsehens die militärischen Vorhaben Deutschlands erläutert.

Ich widmete diesen Plänen etwas Gereimtes, angelehnt an Heinrich Heine, zugeeignet der damaligen Bundesministerin für Verteidigung.

Jungfer Europa

Sobald sie vor die Kamera tritt,
durchströmen sie Zaubersäfte.
Als hätte der Speer sie kühn berührt,
wachsen ihr neu die Kräfte.

Die Jungfer Europa fühlt sich verlobt
mit dem Sternenbanner-Verdrusse.
In seinem waffenstarrenden Arm
schwelgt sie im ersten Kusse.

Und fehlt des Volkes Segen dabei,
die Ehe wird gültig nicht minder.
Mir graut vor Bräutigam und Braut
und deren künftigen Kindern.


Zur Lage der Nation

Nicht nur Moderator Kleber
braucht die US-Stichwortgeber.
Alle auf der Regierungsbank
sind latent entscheidungskrank.

Dabei wäre es ein Leichtes,
auszurufen: Boys, uns reicht es!
Unserem Volke allemal!
"Sorry!", sagt das Kapital
und befiehlt Frau von der Leyen:

"Los, räum auf in deinen Reihen!
Halte die Waffen frei von Rost!
Frag Opa,
er kennt noch den Weg Richtung Ost!"

Hört meinen Ratschlag,
er wird nicht erfreuen:
Im Osten wird's glatt!
Nehmt Sand mit, zum Streuen!

Aus Lutz Jahoda / Reiner Schwalme: Lustig ist anders. Norderstedt 2017 

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Einladung ins Max-Lingner-Haus

Zum Tag des offenen Denkmals hatte ich Gelegenheit, mir das originalgetreu restaurierte Wohnhaus und Atelier des Malers, Grafikers und Pressezeichners Max Lingner (1888-1959) genauer anzuschauen und interessante Führungen und Vorträge zu erleben.

In enger Kooperation mit dem Landesdenkmalamt Berlin und der Unteren Denkmalschutzbehörde in Pankow wurden im Jahre 2010 das Wohn- und Arbeitshaus und im Jahre 2013 der Garten ökologisch und denkmalgerecht saniert. Hier wohnte, arbeitete und wirkte Max Lingner nach seiner Rückkehr aus der französischen Emigration von 1950 bis zu seinem Tod. Dieser so produktive und mit feinem grafischem Stil arbeitende Künstler war französisch geprägt. Ähnlich wie Toulouse-Lautrec, der das Pariser Nachtleben begleitete, beobachtete er mit Stift und Auge vor allem die Pariser Arbeiterschaft und die Eleganz der arbeitenden Pariser Frau. Als Sohn eines Holzschneiders (sein Vater arbeitete lange Jahre für die "Leipziger Illustrirte") in Leipzig geboren, studierte er an der Kunstakademie in Dresden. Nach dem Ersten Weltkrieg ging er auf Ratschlag von Käthe Kollwitz nach Paris. Dort gewann ihn Henri Barbusse für die Wochenzeitung "Monde", und der so talentierte Künstler fand den Weg ins Pariser Kunstleben. Mit großer Produktivität zeichnete und illustrierte er für verschiedene Presseorgane und Verlage, Zeitungen der Gewerkschaft, der Jugend und der KP Frankreichs, wie "l'Humanité". Er war der Kommunistischen Partei Frankreichs beigetreten und mit Malern wie Henri Matisse und Fernand Léger befreundet. Sein Stil war betont zeichnerisch-charmant. Nach Kriegsausbruch 1941 in Paris interniert, floh er und trat der Résistance bei. Er konnte allen Nachstellungen der deutschen Besatzungsmacht entkommen. Im Nachkriegs-Paris war er ein anerkannter Maler.

Im Jahr 1949, mit 61 Jahren, kehrte er nach Deutschland zurück und wurde Professor für Malerei an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee. Er schenkte bei seiner späten Rückkehr dem "Volk des fortschrittlichen Deutschlands" vierzig Gemälde, Zeichnungen und Aquarelle; einige davon sind im Max-Lingner-Haus zu sehen. Darunter war eines seiner bekanntesten Bilder, "Mademoiselle Yvonne".

1950 gehörte Max Lingner zu den Mitbegründern der Deutschen Akademie der Künste in Berlin und wurde zum Wegbereiter einer eigenständigen DDR-Malerei. Zu seinen Hauptwerken in dieser Zeit zählen das Wandbild "Aufbau der Republik" am Haus der Ministerien (1950-1953), dem heutigen Bundesfinanzministerium, und das Gemälde "Der Große Deutsche Bauernkrieg" (1951-1955).

Ein typisches Museum soll Max Lingners kleines graugeputztes Wohnhaus und Atelier nach dem Willen der Max-Lingner-Stiftung, die Haus und Nachlaß (Bibliothek, Druck- und Zeichnungsarchiv) rührig pflegt, nicht sein, sondern ein Ort, an dem sich Leute treffen. Die Räume laden zum Gespräch ein. Die Einrichtung des Wohnhauses und des letzten Ateliers strahlen Ruhe und zugleich beschwingte Fröhlichkeit aus. Der kleine Garten mit der großen Terrasse dient bei schönem Wetter als Ort für Debatten, Lesungen, Konzerte und Feste. Das Programm im Max-Lingner-Haus wird in Kooperation von Max-Lingner-Stiftung und Hermann-Henselmann-Stiftung durchgeführt.

Das Lingner-Haus steht in der denkmalgeschützten "Intelligenzsiedlung" im Stadtteil Niederschönhausen, deren Geschichte zu den bemerkenswerten Kapiteln der DDR-Kulturpolitik gehört. Der markante Ort im Kulturleben von Pankow ist zu erreichen im Takt der Tram-Linie M1 sowie mit den Bussen 150 und 155. Ein Besuch lohnt sich.

Manfred Krause, Berlin


Max-Lingner-Haus / Max-Lingner-Stiftung, Beatrice-Zweig-Straße 2 (früher Straße 201 Nr. 2) in 13156 Berlin-Pankow. Infos über alle Veranstaltungen (Kunst, Architektur, Literatur, Film) über Telefon 030-486 47 02 und im Internet unter www.max-lingner-stiftung.de

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Der rote Pfarrer von Kapellendorf

Peter Franz bezieht sich gerne auf Thomas Müntzer. Der wurde 1525 gerädert und getötet, weil er sich im Deutschen Bauernkrieg für die Unterdrückten einsetzte. Der rote Pfarrer Peter Franz erhielt 1997 Berufsverbot (nach "Amtszuchtverfahren") durch die evangelische Kirche - Thüringer Landeskirchenrat - und wurde verleumdet ("Stasi"-Rufmordkampagne, mediale Pogromhetze) nach dem Motto "Lieber keinen Gott als einen roten Pfarrer", weil er für die sozialistische, antifaschistische, friedliche und solidarische DDR und deren Macht- und Eigentumsverhältnisse Partei ergriff und heute noch dazu steht.

Sein Buch "Der rote Pfarrer von Kapellendorf" beantwortet Fragen wie: Wie kommt der lutherische Christ zu kommunistischen Einsichten? Wie kann ein gläubiger Sozialist die Welt verstehen lernen? Wie wird aus einem christlichen Weltversteher ein Handelnder gegen Unmenschliches? Peter Franz' Tagebuchnotizen reichen von 1968 bis 1997 und enthalten konkrete Aussagen über seine Arbeit für die Friedensbewegung in der DDR und darüber hinaus. Er war engagiertes Mitglied der Christlichen Friedenskonferenz (CFK) und der DDR-CDU und befürwortete die faire Zusammenarbeit von Christen und Marxisten. Sein Evangelisches Gemeindezentrum (EGZ) in Kapellendorf trug - als einziges in Deutschland - den Namen "Thomas Müntzer".

Peter Franz trat aus der CDU aus, als diese von der West-CDU vereinnahmt wurde. Gleichzeitig ging er auf Distanz zur evangelischen Kirchenleitung, als diese den Grundsatz "Kirche im Sozialismus" über Bord warf und sich als Trojanisches Pferd des Westens in der DDR erwies. Peter Franz spricht sich gegen den Religionsunterricht an den Schulen aus, gegen die Erhebung von Kirchensteuern durch den Staat und gegen den Militärseelsorgevertrag.

Seit 1995 ist er aktives Mitglied der Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrecht und Menschenwürde (GBM). Im selben Jahr erschien in der Reihe "Unfrieden in Deutschland" sein Buch "Kirche im Sündenfall", das vierte von insgesamt sechs Weißbüchern der GBM. 1997 veröffentlichte Franz "Hinter der Mauer und doch frei", ein "NachLeseBuch von DDR-Christen".

Seit August 2001 gehört Peter Franz auch zum Autorenkreis des "RotFuchs", den er mit zahlreichen Artikeln bereicherte. Besondere Beachtung fand dabei seine fünfteilige Artikelserie "Ist das Abendland eigentlich christlich?" (wiederveröffentlicht in der RF-Beilage vom Januar 2017).

Horst Jäkel, Potsdam


Peter Franz: Der rote Pfarrer von Kapellendorf. Als Christ und Sozialist im Diesseits. Ein Buch der Erinnerung und das Tagebuch einer Einmischung. GNN-Verlag, Schkeuditz 2017, 408 S., 15 €

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Auf der "Wilhelm Pieck" erlebt

Im Sommer 1951 wurde das Segelschulschiff "Wilhelm Pieck" in Dienst gestellt. Gebaut hatten es Arbeiter der Rostocker Warnow-Werft, doch am "Schiff der Jugend" war das ganze Land beteiligt. DDR-Bürger unterstützten das Vorhaben mit Geld- und Sachspenden, und nicht wenige legten in ihrer Freizeit unentgeltlich Hand mit an. Die Vorstellung, daß aus dem Küstenstaat ein Seefahrerland werden sollte, beflügelte nicht nur die Fantasie. Namensgeber des Schiffes war der DDR-Präsident, sein erster Reeder die Freie Deutsche Jugend, später die Gesellschaft für Sport und Technik.

Als am 10. August 1957 die "Pamir" in Buenos Aires mit der Getreideladung zu ihrer letzten Reise auslief, segelte just zur gleichen Zeit das DDR-Segelschulschiff "Wilhelm Pieck" 450 Seemeilen östlich der Azoren, nahe des Iberischen Beckens, im Atlantiksturm unter dem Kommando von Kapitän Artur Friedrich, eines in der Levantefahrt erfahrenen tüchtigen Seemanns.

Die kleine Schonerbrigg mit 570 m² Segelfläche, einer Verdrängung von 280 t, einer Länge von 41 m, einer Breite von 7,60 m und einer Maschine von 100 PS befand sich mit 33 Mann Besatzung an Bord auf der Rückreise ihrer größten Fahrt über sieben Meere. Die Route führte vom Heimathafen Greifswald-Wieck durch Ost- und Nordsee, Atlantik, Mittelmeer, Ionisches Meer, Adriatisches Meer, Ägäisches Meer bis zum Schwarzen Meer und zurück.

In 99 Tagen - vom 15. Mai bis 22. August 1957 - haben wir 8789 Seemeilen, meist unter Segel, zurückgelegt. Wir besuchten die Häfen Gibraltar (Britische Kronkolonie), Durrës (Albanien), Varna (Bulgarien), Odessa (Ukraine) und Constanza (Rumänien).

An Kapitän und Besatzung wurden hohe Anforderungen gestellt, Belastungen bewältigt und ein solides Ausbildungsprogramm - vom seemännischen Borddienst bis zur Schiffsführung mit Beobachtungen zur terrestrischen und astronomischen Navigation sowie Wetteranalysen - absolviert. Sie war für alle eine Charakterschule fürs Leben: Alle für einen - einer für alle, Erlebnis und Bewährung unter heißer Mittelmeersonne sowie in stürmischen Tagen und Nächten im Atlantik. Wir haben Länder, Häfen und Kulturen anderer Völker und Menschen kennengelernt. Ich habe zeit meines Berufslebens von dieser Reise gezehrt.

Als sich am 10. September 1957 die Viermastbarken "Pamir" und "Passat" am Äquator ein letztes Mal trafen, hatten wir mit unserer Schonerbrigg bereits wieder im Heimathafen Greifswald-Wieck festgemacht. Die Nachricht vom tragischen Untergang der "Pamir" am 21. September 1957 machte uns um so betroffener, da die persönlichen Eindrücke von gewaltigen Stürmen dieses Seegebietes wieder lebendig wurden.

Jetzt, nach 60 Jahren, verdient unsere Reise über sieben Meere, die zur Geschichte der deutschen Segelschiffahrt gehört, Beachtung. Mit uns segelte der Gedanke der Völkerfreundschaft, den wir als Vertreter eines jungen sozialistischen deutschen Staates in die Welt tragen wollten. Als die erste Auslandsroute im September 1952 nach Gdynia führte, besuchte die Besatzung demonstrativ das KZ Auschwitz und die Ruinen des Warschauer Ghettos. Die jungen Seeleute der "Wilhelm Pieck" waren die ersten Deutschen nach dem Krieg, die in Polen die Häupter senkten und auf die Knie fielen.

Verglichen mit heutigen Standards bewältigte die Mannschaft die hohen nautischen Anforderungen mit Hilfe einfacher und bescheidener technischer Ausrüstung. Um so mehr wogen damals der Mut, die Erfahrung und das Können des Kapitäns Artur Friedrich, seiner Steuerleute Wilhelm Haase und Horst Rickert, des entschlossenen Oberbootsmannes Peter Weinhold sowie die Einsatzbereitschaft und der Kollektivgeist der gesamten Besatzung. In mein Tagebuch schrieb ich am 10. August 1957: "Heute scheint der Atlantiksturm seinen Höhepunkt zu erreichen. Windstärke 8-9, in Böen Stärke 10-11. Es steht eine unheimliche See. Ich habe wieder Brückendienst. Aufmerksam beobachte ich die Bewegungen des Schiffes. Es ist schon toll, als Wachoffiziersassistent auf dem Achterdeck zu stehen und Mitverantwortung für das Schiff zu tragen. Ich achte auf die Segelstellung und den Kurs des Schiffes. Ein Brecher nach dem anderen schlägt mit Wucht auf Deck. Wir sind im Sturmtief. Der Kapitän ist ernster geworden, er weiß, was auf dem Spiel steht. Im Dunklen kontrolliert er mit seiner Taschenlampe die Rettungsboote. Der Großmast knarrt und arbeitet in seiner Halterung. Die einfallenden Böen erschüttern das Schiff. Es pfeift in der Takelage. Immer wieder denke ich: Hoffentlich kommen wir heil aus dieser Hölle raus! Hoffentlich hält der Großmast, mit gerefftem Großsegel! Weiterhin sind am Fockmast Fock, Mars und zwei Klüver gesetzt. Wir machen 8-9 Knoten Fahrt.

Es heißt immer wieder 'Vorwärts!' Eine See kam von Backbord über das Kartenhaus. Ich stand an Steuerbord auf dem Achterdeck. Ich habe nur kurz die Augen zugemacht - vielleicht ist es die letzte? Der Rudergänger ist festgebunden. Strecktaue machen es der Besatzung möglich, sich über Deck zu bewegen. Eine Böe mit einer Flugsee von etwa Stärke 11-12 ist eingefallen - mir verschlägt es die Sprache. Die Gewalt des Sturmes habe ich noch nie so gespürt. Doch ich bin selbst erstaunt über die Ruhe, die wir haben. Man darf dabei nicht an zu Hause denken. Uns erreichen laufend Seenotmeldungen von verschiedenen Schiffen. Ein englischer Dampfer ist im Sturm gesunken. Die Rettungsarbeiten werden eingestellt. Keine Hoffnung mehr. Hier und dort ist ein Mann über Bord gegangen - an alle Schiffe geht die Bitte um Hilfe.

Um 24 Uhr gehe ich schlafen. Die letzte und furchtbarste Nacht im Atlantik. Ich versuche zu schlafen. Noch rollen die Wassermassen über Deck. Das Schiff holt über - fast bis an den Kenterpunkt von 48 Grad. Die Nerven arbeiten - wann wird es zum letzten Mal überholen und nicht mehr zurückkommen? Doch das Schiff ist stabil. Ein Lob den Schiffbauern und dem Können von Kapitän und Besatzung!"

Dr. paed. Helmut Sieger, Korvettenkapitän a. D.

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Neues Arbeitsgesetzbuch der DDR (1978)

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

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Eine Wende, die in Wahrheit eine Rückwende war

Der Begriff "Wende" wird immer noch von vielen mehr oder weniger gedankenlos verwendet. Aber sind sich jene, die sich dieses Wortes für das Geschehen der Jahre 1989/90 bedienen, bewußt, was sie damit ausdrücken? Sucht man im Duden oder im Internet nach einer Erklärung, findet man: Umkehr, Rückkehr ... Eine Wende vollziehen heißt demnach - zunächst neutral betrachtet -, die Richtung abrupt ändern, umkehren, zurückgehen, rückwärts, nicht mehr vorwärts. Was aber bedeutet zurück im gesellschaftlichen Sinn? Haben sich die Bürger der DDR aus einem sie beherrschenden gesellschaftlichen System befreit und sich für eine neue, für sie bessere Ordnung des Zusammenlebens entschieden, mithin einen Fortschritt in ihrer Entwicklung erreicht?

Es triumphierten diejenigen, die den Weg zurückgehen wollten - gesellschaftlich, politisch, staatlich. "Bürgerrechtler" meldeten sich lauthals zu Wort. In Frieden und ohne NATO-Säbelrasseln, in menschlicher Gerechtigkeit, ohne die immer weiter auseinderklaffende Schere zwischen Arm und Reich, in sozialer Sicherheit, ohne Arbeits- und Obdachlosigkeit, mit hoher Bildung und Kultur, ohne Moral- und Werteverfall, einem gesunden Gesundheitswesen und in zwischenmenschlicher Solidarität zu leben, war ihnen offenbar zu unfrei geworden. Ihre Behauptung "Wir sind das Volk" fand in großen Teilen der unschlüssigen und unzufriedenen Bevölkerung ein zustimmendes Echo.

Mit den Wahlen am 18. März 1990 begann der Weg in die Vergangenheit. Eine Wendehals-Mannschaft gab das Kommando "Kehrt marsch!" Mit der West-Wende-Mark am 1. Juni 1990 wechselte sie kurz danach die Stiefel, um noch schneller rückwärtsmarschieren zu können. In rasantem Tempo wurde das gesellschaftliche Eigentum des Volkes von der "Treuhand" veruntreut und an das Kapital zurückverschoben.

Die "Wende", das "Zurück", war schließlich am 3. Oktober 1990 mit der "krausigen" Unterschrift unter eine Sterbeurkunde, die sich Einigungsvertrag nannte, für ca. 17 Millionen DDR-Bürger endgültig vollzogen. Die Folgen der nun an die Reste einer Betonmauer in Berlin gesprühten "Wendebilder" waren in ihrem Ausmaß für die "verkohlte" Masse nicht gleich erkennbar. Allmählich fielen aber manchem "Wende"-Betroffenen die Schuppen von den Augen. Es wächst die Erkenntnis, daß die "Wende" in Wahrheit nichts anderes als ein Zurück in das Dunkel der Vergangenheit war: Das verfassungsgemäß garantierte und praktizierte Recht auf Arbeit der DDR-Bürger wurde in millionenfache Arbeitslosigkeit "gewendet". Das sichere und planbare Einkommen "wendete" sich in unsichere Löhnung oder gar "Hartz-Almosen". Eine "Wende"-Unzahl von Krankenkassen kassiert fleißig ab, tut sich aber schwer, das von ihren Geldlieferanten Einkassierte für Arzt, Krankenhaus, Medizin, Kur, vor allem für die gesundheitliche Vorbeugung und keimfreie Krankenstationen wieder auszugeben. Viel zu viele Versicherungsunternehmen zocken die anfänglich ahnungslosen und gutgläubigen "Ossis" ab für Risiken, die sie bisher nicht hatten und die ihnen nun "hingewendet" wurden. Ost"wenden"-Renten bleiben hinter denen der Altbundesbürger zurück, und viele Eisenbahner, Krankenschwestern, Geistesschaffende und Angehörige der Sicherheitsorgane der DDR werden um ihre gerechte Rentenhöhe durch Kürzungen und Leugnung ihrer Eigentumsrechte betrogen. Steuern des Arbeitsvolkes "wenden" sich zu Aufrüstung, lukrativen Waffengeschäften und Bundeswehreinsätzen, zur BRD-Präsenz in bis jetzt gerade noch regionalen Kriegen, die dennoch schon Millionen Opfer und Flüchtlinge hervorbrachten.

Die eigentlich fälligen Steuern der Reichen und Superreichen verschwinden in Steuerschlupflöchern und Steueroasen, um dann in Wohnpalästen, Luxusyachten und erschacherten Ländereien "umgewendet" wieder aufzutauchen. Eine anspruchsvolle Kunst in Bild, Ton, Theater, Film und Fernsehen hat sich mehr und mehr in einen primitiven, schalen, seichten, historisch verfälschenden, kriminell anleitenden und moralisch verwerflichen Mainstream-Kult in Presse, Film und TV fürs Volk "gewendet". Der Zeiger der "Weltwende-Katastophenuhr" ist mit der immer weiter nach Osten marschierenden NATO und dank Donald Trump gefährlich auf kurz vor zwölf vorgerückt! All das hat seinen logischen Platz im Herrschaftssystem des Kapitals. Freilich stehen bei der "Wende"-Talfahrt auch einige bunte Blümchen am Straßenrand, die sich der "kleine Mann" pflücken darf. Schließlich soll der Marsch zurück und bergab erst einmal frohe Gefühle erzeugen, bevor der Regen und die karge Landschaft beginnen und Trübsinn die "gewendeten" Gemüter befällt.

Der eine oder andere "Gewendete" darf auch mal den Rückwärtsgang unterbrechen und sich seitwärts zu Ballermann auf Mallorca schlagen oder überhaupt in westlicher Richtung kurzzeitig das Weite suchen.

Oft aber erweist sich diese Blume vom Straßenrand des Rückwegs als stachlige Distel oder auch als dornige Hecke. In zahlreichen Fällen schon erlitt der Schuldenberg einen gewaltigen Geldrutsch, und das "Wende-Wartehäuschen" brach in sich zusammen.

Der Rückmarsch wird zur Auffrischung der nachlassenden "Wende"-Freude auch fast täglich durch Shopping-Meilen, Supermärkte und riesige Kaufrausch-Center mit ihren schillernden, in farbenprächtigen Folien verpackten, mit Konservierungsstoffen für die nächste Wegstrecke vollgepumpten Angeboten und Lockrabatten geleitet. Verlassen muß man sie aber durch "enge Kassen", in denen einem die ursprünglich herbeigewünschten "West-DM" und jetzt Euro mir nichts, dir nichts wieder aus der Tasche gezogen werden.

Zu den Freuden der Talfahrt gehört selbstverständlich auch das zeitgemäße Gefühl, dabei frei von Pflichten, Zwängen, Disziplin, Respekt, Rücksichtnahme, Anstand und anderen bisherigen lästigen zwischenmenschlichen Verhaltensweisen sein zu können. Das Ego darf sich ganz persönlich mit den Ellenbogen und im Extremfall auch mit Brutalität durch das Gedränge der "Wende"-Massen hindurchmanövrieren und dabei jeden moralischen "Ballast" abschütteln. Was also bedeutet eine "Wende"? Das Verkehrszeichen gibt Antwort: Umkehr, zurück nach hinten und unten!

Manfred Wild, Berlin

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Stimmen aus aller Welt über die DDR

Solange der sozialistische deutsche Staat, die DDR, existierte, haben sich immer wieder Persönlichkeiten aus der ganzen Welt bei oder nach Besuchen über die DDR geäußert. Zum 30. Jahrestag am 7. Oktober 1979 hat die Auslandspresseagentur Panorama DDR über hundert solcher Stellungnahmen in einem Buch vereint. Entstanden ist so ein Mosaik persönlicher Erfahrungen und Erkenntnisse, die jeweils ein Stück gesellschaftlicher Wirklichkeit widerspiegeln. Stellvertretend für die anderen veröffentlichen wir hier einige dieser Äußerungen - Älteren zur Erinnerung, Jüngeren zur Verdeutlichung dessen, was die DDR für die Welt (und für uns) war.



Kattingeri K. Hebbar
(1911-1996) Maler und Grafiker, Indien

Kunst reflektiert das Leben des Volkes, seine Philosophie und seine Wünsche. Das variiert von Stelle zu Stelle und von Zeit zu Zeit, aber mein DDR-Besuch bestätigte dies vollauf. Ich war einer Einladung zur VIII. Kunstausstellung und zur Teilnahme an einer Kunstkonferenz der Akademie der Künste der DDR gefolgt. Die gewaltige Ausstellung, welche über 1000 Werke umfaßte, die aus über 3000 Arbeiten von Künstlern aus allen Teilen der DDR ausgewählt wurden, war in zwei getrennten Gebäuden untergebracht. Im Hauptgebäude wurden Gemälde, Grafiken und Plastiken gezeigt, während das zweite Gebäude das Kunsthandwerk und die angewandte Kunst beherbergte. Ich erfuhr, daß die sechsmonatige Ausstellung von einer Million Menschen besucht wurde, die nicht nur aus der DDR selbst, sondern auch aus Nachbarländern kamen. Ich weilte kurz vor dem Ende der Ausstellung in Dresden, aber die Galerien waren immer noch voller Besucher.

Während meines kurzen viertägigen Aufenthaltes in Dresden konnte ich den Wohlstand des Landes spüren. Die Narben des letzten Krieges sind verschwunden.

Da das Land Armut und Not durch harte Arbeit und gemeinsame Anstrengungen überwunden hat, scheint der Existenzkampf hier ein Mythos zu sein. Es gibt keine Unterschiede, denn die Arbeit wird von allen gemeinsam angepackt.

Wenn Künstler in solch einer Atmosphäre materiellen Wohlstandes leben und wenn ihre Philosophie darin besteht, das Leben des Volkes zu bereichern, so widerspiegelt sich das in ihren Arbeiten. Diese Einstellung könnte mit den schöpferischen Leistungen einer Käthe Kollwitz verglichen werden, deren Werke ihr leidenschaftliches Engagement für das Leben und die Menschen zum Ausdruck brachten.

Auf der VIII. Kunstausstellung konnte man sehen, daß die dort vertretenen Künstler eine gute Ausbildung genossen haben. Die Kunstschulen in Dresden und anderen Orten der DDR vermitteln den Studenten eine gediegene Ausbildung. Die Künstler probieren immer neue Materialien und Medien aus. Nirgends war zu sehen, daß sie sich nur um der Neuheit willen irgendwelchen sinnlosen Einfällen widmeten.

In einem sozialistischen Land arbeitet der Künstler im allgemeinen für die Massen. Es scheint daher, daß er seinem Ziel, das Leben seiner Landsleute mit Kunstwerken zu bereichern, nähergekommen ist.


Robert-Jean Longuet

(1901-1987) Urenkel von Karl Marx,
Rechtsanwalt und Journalist, Frankreich

Auf Grund meines Lebensganges hatte ich vielleicht in besonderer Weise Gelegenheit, an die Ideale unseres Urgroßvaters anzuknüpfen. Jedenfalls habe ich mich vor allem in meiner publizistischen Tätigkeit darum immer wieder bemüht. Mein Hauptinteresse gilt heute der weiteren Erforschung der Fakten des Lebens unseres großen Vorfahren.

Anläßlich des 160. Geburtstages von Karl Marx (5. Mai 1978) verkünden einige Schwachköpfe lauthals, Marx sei tot. Darauf kann man nur erwidern: Er war nie so lebendig wie heute! Selbst die sogenannten neuen Philosophen, die seine Werke bestenfalls überflogen, aber nicht einmal richtig gelesen haben, kommen nicht umhin, ihren Standort von Marx aus zu definieren.

Auf meinen verschiedenen Reisen in sozialistische Länder hat mich am meisten beeindruckt, wie dort die Gesamtheit dessen, was Marx und Lenin gelehrt haben, schöpferische Anwendung findet. Bei jedem neuen Besuch können meine Frau und ich weitere Erfolge feststellen. Wir haben uns gründlich umgesehen, haben uns ausführlich mit den Menschen unterhalten und Einblick in ihr Leben bekommen.

Nirgends steht so wie in den sozialistischen Ländern der Mensch im Mittelpunkt allen Denkens und Handelns.

Im Frühjahr 1975 waren wir für mehrere Wochen in der DDR. Besonders gern erinnern wir uns an Salzwedel, wohin wir auf den Spuren von Marx kamen. Wir hatten zahlreiche Begegnungen in Betrieben, Genossenschaften und Schulen und sind tief beeindruckt von all dem, was wir gesehen und erlebt haben. Wenn man aus einem sozialistischen Land zurückkommt, fühlt man sich immer erstaunlich stärker - welch ein Gegensatz zu unserer Welt hier, wo nur Geld zählt, wo Existenzsorgen das Leben breiter Schichten des Volkes bestimmen!

Ich grüße die Menschen in der DDR und drücke ihnen meine Bewunderung aus für das, was sie im Geiste von Karl Marx geschaffen haben. Es stimmt, was man mir einmal in der DDR sagte: Sie sind ein wahrhaftiger Urenkel von Marx, aber auf eine gewisse Weise sind wir das ja alle!


Hussein Ismail

1976 bis 1978 Minister für Erziehung, Äthiopien

Bei unserem Besuch hatten wir die Möglichkeit, uns über die unterschiedlichsten Bildungseinrichtungen an Ort und Stelle zu informieren. Besonders interessierte uns die Ausbildung von Lehrern. Denn in den letzten vier Jahren wurden in Äthiopien viele neue Klassenräume geschaffen, und jetzt können 70 Prozent mehr Kinder die Schule besuchen als vor der Revolution.

Natürlich ist der Bau von neuen Bildungseinrichtungen nur die eine Seite. Andererseits brauchen wir Lehrer, die diese Schüler unterrichten. Dieses Problem versuchen wir ähnlich anzupacken, wie es nach 1945 auf dem heutigen Gebiet der DDR gelöst wurde.

Auch wir bilden zusätzlich in Schnellkursen eine große Anzahl von Lehrern aus. Die Erfahrungen, die damals in der DDR gesammelt wurden, sind für uns sehr wertvoll. Deshalb waren auch Gespräche mit Pädagogen, die vor 30 Jahren sicher mit dem gleichen Engagement wie wir heute ein neues, demokratisches Bildungswesen aufbauten, für uns von besonderer Bedeutung.

Natürlich interessierte uns auch, wie gegenwärtig die Lehrerausbildung in der DDR erfolgt, das heißt, der Aufbau des Studiums und der Inhalt der Lehrpläne. In der Pädagogischen Hochschule Dresden erhielten wir in vielen Gesprächen mit Dozenten und Studenten ein umfassendes Bild. Wir haben uns aber nicht nur an Hochschulen umgesehen, sondern waren beispielsweise in Berlin auch im Polytechnischen Zentrum des VEB Wohnungsbaukombinat und in einer allgemeinbildenden Oberschule, in der über 600 Schüler in den Klassen 1 bis 10 unterrichtet werden, besuchten die Pionierrepublik "Wilhelm Pieck" am Werbellinsee und konnten uns in einem Kindergarten über die vorschulische Erziehung informieren. All diese Begegnungen mit Pädagogen aus den unterschiedlichsten Bereichen der Volksbildung gaben uns viele Anregungen für die eigene Arbeit. Und überall wurden wir wie alte Freunde begrüßt und auch so behandelt.

*

Nachdenken über Deutschland und die Welt, in der wir leben

Der Beginn des 21. Jahrhunderts ist durch dramatische und zum Teil gegenläufige gesellschaftliche Entwicklungen gekennzeichnet. Dazu gehört vor allem der Verlauf, die Vertiefung und Erweiterung der allgemeinen Krise des Kapitalismus, deren bestimmende Merkmale sich aus dem Wesen der kapitalistischen Vergesellschaftungsprozesse und in letzter Instanz aus der Zuspitzung des Grundwiderspruchs des Kapitalismus, dem Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit, ergeben. Die von den Interessen der herrschenden Klasse diktierte Steuerung der ökonomischen Prozesse unter den Bedingungen der Krisen führt zu einem verstärkten Abbau politischer und sozialer Gleichgewichtsstrukturen, welche die Integration der Beherrschten und Ausgebeuteten in das bestehende gesellschaftliche und politische System gewährleisten sollen. Die Verschärfung der Ausbeutung führt jedoch zunehmend bei vielen zu der Erkenntnis, daß die propagierte juristische und politische Gleichheit entsprechend bürgerlich-demokratischer Prinzipien nur eine formale Gleichheit ist.

Dies erweist sich als günstige Bedingung für die Restauration und das Wachsen der politischen Reaktion, deren materielle Grundlage in der allgemeinen Krise besteht. Sie findet ihren Ausdruck in der Verschärfung der Widersprüche in allen gesellschaftlichen Bereichen der kapitalistischen Staaten und in den Beziehungen zwischen den Staaten selbst.

Ein Hauptaspekt der allgemeinen Krise des Kapitalismus - gewissermaßen die politische Flanke der ökonomischen Krise - äußert sich nach innen als Krise der bürgerlichen Demokratie. Das ist das Feld, auf dem sich der Rechtsextremismus verstärkt ausbreitet.

Die Verfassungen, die als "feste Grundordnung" und "unerschütterliches Gefüge einer in sich ruhenden Rechtsgemeinschaft" gepriesen werden, unterliegen ständigen "Anpassungen" und Interpretationen, die unter dem Vorwand der inneren und internationalen Bedrohung der "Werte" und der "Bedrohung der Freiheit" vorgenommen werden. Die Rolle der Parlamente und z. B. ihre Gesetzgebungskompetenz werden wesentlich über das Zusammenwirken von Ministerialbürokratie und Unternehmerverbänden ausgehöhlt. Der direkte Einfluß der Monopole auf die Gesetzgebung wird ausgebaut. Politische Sachentscheidungen werden zunehmend auf der Grundlage der Verselbständigung der Bürokratie getroffen. Die Justiz spricht das Recht der herrschenden Klasse und hat gegenüber dem Parlament eine solche Stellung, daß es dessen Gesetze kontrolliert. Diese Entwicklungen werden zielgerichtet ausgebaut. Die Gewaltenteilung erweist sich als ein antidemokratisches, gegen die Interessen der Massen gerichtetes Instrument. Sie dient dazu, die Herrschaft der Monopolbourgeoisie abzuschirmen und die Macht mit den der herrschenden Klasse am günstigsten erscheinenden Methoden auszuüben. Das geschieht immer offener. Es zeigt sich, daß bürgerliche Demokratie keine über den gesellschaftlichen Klassen und ihren Interessengegensätzen schwebende "Freiheit an sich" ist.

Der Staat erweist sich immer wieder als Hauptinstrument der herrschenden Klasse. Seine Funktion, die gesellschaftlichen und politischen Vorrechte der Herrschenden, das Fortbestehen der Ausbeutung im nationalen und internationalen Rahmen zu sichern, wird immer deutlicher erkennbar. Der Einsatz repressiver Gewalt nimmt zu. Dabei findet eine wachsende Verzahnung zwischen den inneren und äußeren Funktionen des Staates statt. Er wird verstärkt darauf ausgerichtet, Bewegungsspielraum dafür zu schaffen. Staatsorgane, durch deren Tätigkeit die gesamte Staatsmaschinerie inhaltlich bestimmt und kontrolliert wird und die der Öffentlichkeit und der parlamentarischen Kontrolle entzogen sind, üben einen entscheidend großen Einfluß auf die Regierungstätigkeit aus. In den USA erfüllt der "Nationale Sicherheitsrat" eine derartige Funktion. In der BRD nimmt diese Aufgaben der Planung, Leitung und Koordinierung sowie der Kontrolle der Regierungspolitik das Bundeskanzleramt wahr. Es stellt faktisch eine "Regierung in der Regierung" dar. Dem Bundeskanzler direkt unterstellt, laufen im Apparat des Bundeskanzleramtes vielseitige Verbindungen zu den Ministerien, den Landes- und nachfolgenden Staatsorganen, den Repressivorganen und Spionagediensten, den wissenschaftlichen Einrichtungen sowie den nichtstaatlichen Organisationen zusammen. Die Interessen der imperialistischen Mächte werden zunehmend durch Einsatz von Machtmitteln durchgesetzt, nach innen durch Reaktion und Gewalt und nach außen durch kriegerische Handlungen. Deren Aggressivität nimmt zu.

Die Militarisierung in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft hat bestimmende Züge angenommen. Mit der vollen Herausbildung des staatsmonopolistischen Systems, der Expansion der Rüstungsindustrie und der Entwicklung zur Militärmacht ist auch in der BRD ein militärisch-industrieller Komplex entstanden. Seine Funktion besteht in der engen Verflechtung der Rüstungsmonopole und der mit ihnen liierten Bankmonopole, der militärischen Führungsgremien, der politisch-reaktionären Kräfte des Monopolkapitals und der entsprechenden Staatsorgane.

Auf dieser Basis entsteht eine maßgebliche Machtstruktur innerhalb des staatsmonopolistischen Herrschaftssystems. Militarisierung reduziert sich nicht auf die Bildung einer Rüstungslobby. Diese Gruppierung, die auf die Politik von Parteien, der Regierung und der anderen Wirtschafts- und politischen Organe einwirkt, verfügt über bedeutende Instrumente der Meinungsmanipulation, eigene Kapazitäten für zielgerichtete Forschung und vieles andere mehr. Hinzu kommt, daß der militärisch-industrielle Komplex als Kristallisationszentrum extrem reaktionärer politischer Kräfte, Organisationen und Gruppen wirkt, die auf eine autoritäre Machtausübung im Inneren und nach außen drängen.

Im staatsmonopolistischen Kapitalismus, egal, ob in den monarchistischen oder republikanischen Ländern, nimmt auf dieser Basis eine außerordentliche Stärkung der "Staatsmaschinerie", ihres Beamten- und repressiven bzw. militaristischen Apparates in Verbindung mit verstärkten Repressalien gegen die für ihre sozialen und demokratischen Rechte kämpfenden Kräfte zu.

Mit dem Mechanismus des imperialistischen Staates sind zunehmend eine wachsende Anzahl nichtstaatlicher, halbstaatlicher bzw. staatlich geförderter Institutionen und Organisationen eng verbunden, die - arbeitsteilig mit diesem - vor allem Aufgaben der politisch-ideologischen und psychologischen Massenbeeinflussung erfüllen.

Ein besonderes Merkmal der gegenwärtigen Lage ist die Vertiefung der Krise der bürgerlichen Ideologie. Sie zeigt sich u. a. in der sogenannten Wert- und Sinnkrise. Diese wird besonders in Abbau-Tendenzen der historisch progressiven Werte des bürgerlichen Humanismus sichtbar. An die Stelle von fortschrittlichen Ideen tritt die vulgär-primitivierte und raffiniert deformierte Konsumbefriedigung, das Streben nach parasitärem Genuß und einem egozentrischen Exklusivleben als propagiertem Lebensideal.

Die "Entideologisierung" dient besonders der geistigen Manipulation der Massen. Dennoch kommt man nicht umhin, bestimmte Mängel der kapitalistischen Ordnung zuzugeben, deren Ursachen jedoch als nicht systembedingt, sondern als zufällig, personengebunden oder als Schwächen einer im Ganzen brauchbaren Ordnung hingestellt werden.

Bewußt wird z. B. die Frage des Eigentums an den Produktionsmitteln als entscheidende Grundlage für die Bestimmung der sozialökonomischen Struktur einer Gesellschaftsordnung und damit für die entsprechenden Klassenverhältnisse für "unbedeutend" erklärt, um sie der Aufmerksamkeit der Menschen zu entziehen. Statt dessen werden sogenannte Reformideen offeriert, die jedoch das staatsmonopolistische Herrschaftssystems nicht infrage stellen. Es geht um die Kanalisierung der Widersprüche und nicht um deren Lösung. Durch gezielte Manipulierung der Menschen versucht man, deren politisch-soziales Verhalten im Monopolinteresse zu steuern. Hierzu werden sowohl die Möglichkeiten der Wissenschaft mißbraucht als auch die politisch-ideologische Beeinflussung durch massiven Einsatz der Massenmedien betrieben.

Eine wesentliche inhaltliche Ausrichtung, die in den letzten Jahren intensiviert wurde, ist der Nationalismus. Das "Rühren der nationalen Trommel" (so Bernhard von Bülow vor dem 1. Weltkrieg) wächst in dem Maße, in dem sich im Inneren die soziale und politische Instabilität ausbreitet, die rechtsextremistischen Kräfte an politischem Einfluß gewinnen und international sich das Kräfteverhältnis zwischen den Mächten verändert.

Innenpolitisch sollen traditionelle bürgerlich-konservative und liberale Kräfte gemeinsam mit den rechtsextremen national-konservativen Positionen, Organisationen und Politikrichtungen als "klassenversöhnende" Variante des staatsmonopolistischen Kapitalismus wirken. Die Interessen der Werktätigen sollen den als nationale Interessen ausgegebenen Klasseninteressen der herrschenden staatsmonopolistischen Oligarchie "untergeordnet" werden.

Zu den dominierenden Prozessen in Ideologie und Politik gehört ebenso die Verschärfung des Antikommunismus. Die Wiederherstellung einer wirksamen revolutionären Kraft soll damit verhindert, das gesamte gesellschaftlichen Leben soll von ihm bestimmt werden. Das verstärkt eine Denk- und Verhaltensweise, die sich in Aggressivität und Feindschaft gegen alles äußert, was gesellschaftlich fortschrittlich ist, insbesondere gegen die marxistisch-leninistische Ideologie und ihre Trägerin, die kommunistische Partei.

Als Waffe im Kampf gegen alles Fortschrittliche wird der Revisionismus eingesetzt. Die Bemühungen opportunistischer, reformistischer und revisionistischer Kräfte sind darauf ausgerichtet, die marxistisch-leninistische Theorie zu verfälschen und in der Gesellschaft unwirksam zu machen. Diese Kräfte verzichten auf den dialektisch-materialistischen Charakter des Marxismus-Leninismus zugunsten abstrakter Entwicklungskonzeptionen, ersetzen die historisch-materialistische Konzeption der Geschichte durch ontologisch-anthropologische, moralisierende Konzeptionen und versuchen, die kommunistische Bewegung umzuorientieren, die Arbeiterklasse als alternative gesellschaftliche Kraft auszuschalten und progressive Bündnisse zu verhindern.

Wir sehen also, daß die gegenwärtige politische Entwicklung zunehmend davon bestimmt wird, das staatsmonopolistische Herrschaftssystem im Inneren und die expansionistische Erweiterung der Profitquellen und des Einflusses nach außen mit zunehmend aggressiven Mitteln zu sichern. Die an der Macht befindlichen Kräfte sind entschlossen - und sehen nach der Niederlage des Sozialismus dafür günstige Bedingungen -, ihren Kampf gegen jegliche progressive, demokratische, antikapitalistische und antiimperialistische Entwicklungen im eigenen Lande und in der Welt mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln - verstärkt mittels Repression, Gewalt und Krieg - zu führen.

Auf dieser Grundlage wächst das Bedürfnis des staatsmonopolistischen Kapitalismus, die Gesamtheit der Elemente und Beziehungen, die die Diktatur der Monopolbourgeoisie im staatsmonopolistischen Kapitalismus ausmachen, innen- und außenpolitisch wirksam werden zu lassen. Die organisatorischen, juristischen und personellen Verbindungen, die zwischen den einzelnen Gliedern existieren, werden auf reaktionärer Grundlage immer offener politisch aktiviert. Damit verstärken sich die autoritären Elemente in Gesellschaft und Politik im Zuge der Vertiefung der allgemeinen Krise des Kapitalismus. Der national-konservative Flügel der deutschen Monopolbourgeoisie erhebt zunehmend Ansprüche auf die Gestaltung der Innen- und Außenpolitik des Staates und erhöht in dieser Hinsicht den Grad seiner Organisiertheit. Ein Ausdruck dieser Entwicklung ist die Organisierung in Form von rechtsradikalen Organisationen und Parteien, die den Druck zur Erweiterung der autoritären und reaktionären Entwicklung in der Gesellschaft und in der Politik erhöhen und nachdrücklich zur Geltung bringen. Die Alternative für Deutschland (AfD) ist Bestandteil dieser Entwicklung.

In dieser Situation ist der Kampf für Demokratie und Frieden für die Arbeiterklasse und alle demokratischen Kräfte von außerordentlicher Bedeutung. Es geht darum, das Ringen um soziale und politische Rechte der Arbeiterklasse und ihrer Verbündeten bedeutend zu intensivieren, den Friedenskampf zu verstärken sowie das Wesen und die Gefahren der reaktionär-autoritären Entwicklung und des sie tragenden politischen und gesellschaftlichen Systems zu entlarven.

Für diesen Kampf ist es mehr denn je notwendig, den Rahmen der bürgerlichen Demokratie zu nutzen. Er dient nicht nur dem Schutz der demokratischen Rechte und der erkämpften materiellen Lebensbedingungen, sondern auch der Errichtung einer fortschrittlichen Demokratie, die der reaktionären Entwicklung Einhalt gebieten und Voraussetzungen für gesellschaftlichen Fortschritt schaffen könnte.

Anton Latzo, Langerwisch

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Hölderlin läßt grüßen

Der 1770 in Lauffen am Neckar geborene Dichter Friedrich Hölderlin stand lebenslang und bis in unsere Zeit im Schatten seiner Zeitgenossen Goethe und Schiller. Er rang verzweifelt um Anerkennung als Lyriker und lebte in ständiger Furcht vor dem Konsistorium, denn sein Studium verpflichtete ihn zum Pfarrer, der er nicht sein wollte. Dichter wollte er sein.

Goethe nannte ihn "Herr Hölterlein" und riet ihm zu kleinen Gedichten. Auch Schiller half nicht. Nachdem Hölderlins Roman "Hyperion" erschienen war, ging er nach Frankreich und in die Schweiz als Hauslehrer. "Sie können mich nicht brauchen. Und wozu Dichter in dürftiger Zeit?" schrieb er. Seine Trauer um die verlorene Revolution, der Tod seiner Geliebten Susette Gontard 1802 und die ständige Existenznot ließen ihn im 36. Lebensjahr verzweifeln. Erschöpfung und Hoffnungslosigkeit führten zur geistigen Verstörung, die ihn pflegebedürftig machte, bis zu seinem Tod 1845 im Turmzimmer in Tübingen.

Hölderlin lebte seit seinem vierten Lebensjahr in Nürtingen. Der Knabe, der Jüngling, der junge Mann schrieb seine schönsten Gedichte und Oden hier. Zum Teil auch den "Hyperion"-Roman, Übersetzungen aus dem Griechischen und sein Gedicht "Hälfte des Lebens" entstanden hier.


Hälfte des Lebens

Mit gelben Birnen hänget
Und voll mit wilden Rosen
Das Land in den See.
Ihr holden Schwäne,
Und trunken von Küssen
Tunkt ihr das Haupt
Ins heilignüchterne Wasser.

Weh mir, wo nehm' ich, wenn
Es Winter ist, die Blumen, und wo
Den Sonnenschein,
Und Schatten der Erde?
Die Mauern stehn
Sprachlos und kalt, im Winde
Klirren die Fahnen.


Seine schwäbische Heimat hat er in herrlichen Versen besungen. Dort war das Haus der Mutter, dorthin zog es ihn immer wieder, wenn er in Not war, ohne Geld und ohne Hoffnung, sich eine Existenz schaffen zu können.

Der DEFA-Spielfilm "Hälfte des Lebens" von 1985 (Regie: Herrmann Zschoche, Autorin: Christa Kozik) schildert die schicksalhaften zehn Jahre Hölderlins vor seinem Zusammenbruch. Die Hauptrollen spielten großartig Ulrich Mühe als Hölderlin und Jenny Gröllmann als Susette Gontard. Beide Schauspieler sind tragisch früh verstorben.

Für diesen Film bekamen Herrmann Zschoche und ich im Jahre 2014 den Hölderlin-Ring des Hölderlin-Vereins Nürtingen, also 25 Jahre nach der deutschen "Einheit". Der kompakte Silberring mit Hölderlins Porträt und im Reif den eingravierten Schriftzug "Was bleibt, stiften die Dichter", machte uns glücklich und stolz, sahen wir doch darin ein Zeichen der Anerkennung und Achtung unserer künstlerischen Arbeit in der DDR und einer erfolgreichen deutsch-deutschen Kooperation. Damals im Januar 2014 in Nürtingen fragte ich nach einem Hölderlin-Denkmal. Ich wußte, daß es keines gab, weil Nürtingen als Hölderlin-Ort immer im Schatten von Tübingen steht. Aber ich schrieb dem Nürtinger Oberbürgermeister einen Brief, in dem ich ihm mitteilte, daß ich mein Lese-Honorar dem Nürtinger Hölderlin-Verein gespendet habe, als Grundstock für ein Hölderlin-Denkmal, und machte auf den im Jahr 2020 anstehenden 250. Geburtstag des Autors aufmerksam. Die Vorsitzende des Vereins, Ingrid Dolde, nahm diesen Gedanken sehr ernst und brachte die Großtat fertig, innerhalb von zweieinhalb Jahren das Geld für das Denkmal zu beschaffen. Maßgeblich unterstützt wurde sie vom Rotary-Club Kirchheim/Teck-Nürtingen unter Leitung von Dr. Hanns Aberle. Ich hatte in meinem Potsdamer Freundeskreis weitergesammelt. Herrmann Zschoche, Gabriele Herzog, Gerd Gericke, Rita Feldmeier und Christian Kozik schlossen sich an, so daß unsere kleine "Ostfraktion" immerhin 500 Euro beisteuerte. Die Stadt Nürtingen spendierte den Sockel und den provisorischen Platz am Steinachdreieck in Nürtingen.

Schöpfer des Denkmals ist Prof. Waldemar Schröder. Die Enthüllung war feierlich, die Redner lobten den weltberühmten Sohn der Stadt, und die Schüler vom Hölderlin-Gymnasium Nürtingen ehrten den Lyriker, indem sie auf frischfreche Weise seine Texte interpretierten. Jetzt steht er da, ein überlebensgroßer bronzener Jüngling, edel von Gesicht und Gestalt, in einer Hand eine Papierrolle, die andere Hand winkt uns, den Nachgeborenen, zu. "Was bleibt, stiften die Dichter!" Ja, aber auch jene, die sich für die Dichter einsetzen. Nun bleibt zu hoffen, daß er bald vor dem Hölderlin-Haus steht und die geplante Aufstockung des Hauses verhindert werden kann. Und wer ihm begegnen will, der trifft den jungen Hölderlin am Ufer der Steinach in Nürtingen.

Christa Kozik

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Gisela Steineckert: Hand aufs Herz

Es könnte uns besser geh'n. Mir sowieso, aber dir auch. Wir könnten öfter den leichteren Weg nehmen. Er bietet sich an, oft. Kostet einen Teil aufwendig erworbener Ruhe, meist auch nötige Unruhe. Das bemerken wir spät, vielleicht sogar erst dann, wenn aus der Unruhe schon Beunruhigung geworden ist. Es gibt Zweifel, die müssen sein. Sie wecken Kräfte gegen das, was aus ihnen Ängste machen könnte. Gingen wir den leichteren Weg, müßten wir Anflüge von schlechtem Gewissen verkraften. Dagegen wäre ein Arsenal an Ausreden aufzubieten. Die drängen sich auf. "Andere können es auch nicht besser; bis hierher habe ich es mir nicht leicht gemacht, und wo waren da oft die anderen, die immer die große Klappe haben, mit ihren Vorschlägen für den Sankt-Nimmerleins-Tag?"

Es könnte uns besser gehen - dir auch. Wir könnten uns mehr Zorn leisten, mehr Auflehnung, zum Beispiel dagegen, daß gewähltes Personal für die Regierung zwar bisher noch keine Arbeit aufgenommen hat, sich aber flugs auf eine Erhöhung des persönlichen Einkommens einigte. Jeder von ihnen, und es sind viele, trägt jetzt so viel nach Hause wie drei gute Facharbeiter zusammen. Aber die müssen dafür erst ihre gute Arbeit abliefern. Ich kann dagegen nichts tun, und du auch nicht. Wenn man sich lange genug mit dem Unbehagen über zuviel politisch Unverständliches belastet hat, steigt der Wunsch nach erleichternden Auslegungen.

Und warum reiße ich den Mund auf, spendiere Schlaf, versuche unzulänglich, mich wieder einzumischen, zu beteiligen, nach Zögern eine Unterschrift abzuliefern, die in der Menge untergehen wird oder Mangel nicht verdecken kann? Warum kann ich nicht aufhören, erliege der Versuchung, Einmischung als belebend und unverzichtbar zu erhalten?

Bin ich nicht ausreichend im Zwielicht, eine umstrittene Person? Freundliche Leute, meist Linke, sagen mir, daß ich im "RotFuchs" ganz vernünftige Sachen äußere. Wenn man das zweimal liest, versteht man es.

Ich bin umstritten. Und du auch. Früher ehrlich erworbene Verdienste sind in ein anderes System der Betrachtung gelangt, und die alten Wertungen gelten nicht mehr. "Ja, es war Arbeit, ja, ihr habt euch was dabei gedacht", sagen Neukluge. Hat es was gebracht, mir persönlich? Ich gebe zu: oft nicht. Nach heutigem Geldwert und Maßstab, nach heutiger Moral war schon die Unternehmung, die kollektive Idee, der um sich greifende Gedanke vom Ansatz her bedrohlich, war eine Veränderung. Keine totale, aber es rührte an etwas, das unbeweglich oder auf ewig gewertet bleiben sollte.

Wenn uns früher etwas mißlungen ist oder nicht gedeihen konnte in erträumtem Umfang, dann wollten wir meist den Ansatz noch einmal erfrischen, um eine gescheitere Lösung für die pochende Idee zu finden. Das finde ich immer noch richtig, auch wenn es dafür heute weder Wertung noch Erwähnung gibt.

Als wir damals Angela Davis Rosen in ihre Zelle geschickt haben - ein Zeichen der Hoffnung gegen das angedrohte Todesurteil -, habe ich von nicht einmal dummen Menschen gehört: "Kitsch. Macht was, aber nicht so'n Quatsch." Und dann bin ich Angela begegnet, der vielleicht schönsten Frau, die ich gesehen habe. Von der Gefängniskost hatte sie eine Magenentzündung, und sie wurde von unseren Leuten mit Nahrung bedrängt. Aber das war nicht wichtig. Sie hat mich, auch mich, angelächelt, und ich konnte für ein paar Minuten mit ihr allein reden. Sie sagte: "Als eure Rosen und eure Briefe in den Säcken zu mir gebracht wurden, weil es kein Gesetz zur Unterlassung gab, da haben die Wärter anders mit mir geredet, und ich bekam anderes Essen." Sie sagte: "Das war ein Teil meiner Lebensrettung."

Ich war auch beteiligt an Fahrrädern für Vietnam. An die Anzahl der versendeten Exemplare erinnere ich mich nicht, aber daran, daß Hermann Kant einen Literaturpreis für die Fahrräder gespendet hat, mit der knappen Bemerkung, daß die dort gebraucht werden. Was den Vietnamesen damals zugedacht war, das habe ich bis heute nicht vergessen: drohender Gifttod für Millionen Menschen. Mein Freund Jürgen Walter, der Sänger, ist in Vietnam gewesen, hat die Auswirkungen des Krieges gesehen. Seine Sicht war die einer anderen Generation. Aber was er erzählte, hat mich gedrängt, über Krieg und Frieden Lieder zu schreiben.

Einmal hat eine Frau der Öffentlichkeit mitgeteilt, daß ich schon immer sehr umstritten war. Ich dachte darüber nach, welche Art von Aufgeschriebenem zu diesem Urteil geführt hat. War es, weil sie bedauerte, daß sie mich als ihre Bürgin für den Berufsverband der Schriftsteller gewählt hatte und als ebensolche für ihren Eintritt in die Partei?

Sie hatte Talent. Und sie suchte meine Hilfe. Ich erfuhr später, welche männlichen Kräfte dabei waren, sie von ihrem eigenen Weg abzubringen und sich in den Dienst von Interessen zu stellen, die damals nicht die ihren sein konnten. Macht abzuschaffen und sich an einer neuen zu beteiligen, die, weil sie im Grunde ehrlich war, niemals die ihre werden konnte. Was sie vor den weit offenen Ohren von Journalisten gesagt hat, kann man heutzutage im Internet nachlesen. Da wirkt es irgendwie überzeugend.

Im Dunkeln frage ich mich manchmal: Wie müßte denn gegenwärtig der Versuch einer Revolution aussehen? Wäre über die Schwellen eines Winterpalais, bis an die Zähne bewaffnet, zu stolpern, oder haben uns die Folgen solchen historischen Ereignisses davon abgebracht? Welche Losungen wären es, die man sich unter den Arm klemmen möchte, um sie zu verbreiten? Welches unter allen berühmten Liedern der Welt würden wir aus tiefem Herzen anstimmen? Oder jedenfalls ich, die jeden falschen Ton mit Unbehagen hört, aber nicht gut singen kann? In welchem Busch, vielleicht einem tropischen, könnten wir uns verstecken, um einander voraussehend zu schulen? Wie aber sollten wir von dort aus unsere Überzeugung auf Menschen mit völlig anderer Lebensart ausdehnen, um aus den so lange Geschädigten unsere wackeren Mitkämpfer zu machen, verläßliche Verbündete? Der Genosse Che Guevara hat es verabsäumt, den armen Bewohnern der ländlichen Gegend, in der er sich mit den anderen für den großen Weg vorbereitete, seine Pläne zu erklären. Es hat ihn das Leben gekostet, als sie ihn und die Genossen als vermeintliche Räuber anzeigten. Wäre Der Weg ein annehmbarer und verständlicher Name für unsere Unternehmung? Benennen müßten wir sie und glaubhaft machen, daß wir über alles ausreichend nachgedacht haben.

Ich bin auch umstritten, weil ich Menschen kannte und verehrte, die ihr Leben eingesetzt haben, damit wir jetzt so relativ friedlich rumsitzen können: Juden, Christen, kleine großartige Weiber, unter ihnen die Witwen ermordeter Kämpfer. Wacht auf, Verdammte dieser Erde? Wörter, Begriffe, Verse, die mir wichtig scheinen, weil sie ungelöste Probleme, nie verwirklichte Pläne, hoffnungsvollen Beginn und furchtbare Niederlagen umfassen. Ja, die Lieder der Welt haben mich zu eigenen Worten über den lebensnotwendigen Frieden angeregt. Meist ging mir ein Vers über dieses Thema schneller über die Lippen, als manchmal ein nötiges Nein anderswo.

Meine Töchter, selber geborene oder ans Herz genommene, machen vieles in ihrem Leben anders. Das meiste. Manchmal stellen sie sich gern in den Weg, verbünden sich gegen mein Zuviel an Kraft oder auch an Schwäche, bieten sich manchmal sogar an, etwas von mir, von uns, zu verteidigen.

Ich bin umstritten. Damit ist gemeint: vorlaut, schwer belehrbar, immer noch links. Aber erst auf den Stufen der Guillotine schrei ich: Gut, die Erde ist eine Scheibe. Und dann nichts wie weg. Ruhiger atmen, sich sammeln und seh'n, was sich machen läßt.

*

LESERBRIEFE

Großes Lob an Benno Pubanz für den Beitrag der Erinnerung an Klaus Steiniger anläßlich seines 85. Geburtstages!
Klaus war ein wunderbarer Zeitgenosse, hervorragender Chefredakteur und aufrechter Streiter für unsere Sache. Er hat den RF aufgebaut, der heute aus der Reihe der monatlich erscheinenden linken Schriften deutlich herausragt, nicht mehr wegzudenken ist und dessen Beliebtheit in all den Jahren immer mehr zugenommen hat.

RA Ralph Dobrawa, Gotha


Als treuer Leser des RF möchte ich die gesammelten Werke von Karl Marx und Friedrich Engels abgeben, damit Wissenshungrige, Bibliotheken usw. auch weiterhin Nutzen daraus ziehen können. Ich habe die Werke vor der Vernichtung bewahrt, als ich sie 1994 (gut erhalten) aus einem Container herausholte. Die Werke sind fast komplett. Es fehlen die Bände 23-26 und 40-43. Weiterhin habe ich ebenso von Lenin Bände 1-40 und Register, Bände I + II, abzugeben. Interessenten melden sich bitte über meine E-Mail-Adresse richter-wolfgang-md@web.de.

Wolfgang Richter, Magdeburg


In Chemnitz ist eine reich bebilderte, 42seitige Broschüre "Kriegsendphasen-Verbrechen der Nazis in Chemnitz 1945" von Rainer Ritscher, Jonny Michel und Dietmar Wendler erschienen, die hier kurz vorgestellt werden soll.
Die ausführliche Darstellung dieses Themas trägt einerseits dazu bei, eine Lücke in der Geschichtsschreibung der Stadt Chemnitz zu schließen und gibt andererseits Anregungen für gegenwärtiges Denken und Handeln. Geschichtsbewußt handeln kann nur jemand, der die Geschichte kennt. Wer sie nicht kennt, glaubt am Ende, was Populisten verkünden ...
Die meisten Chemnitzer, die während des Faschismus Widerstand leisteten, waren Anfang 1945 in KZs und Zuchthäuser eingesperrt oder bereits ermordet. Noch am 27. März 1945 tötete die Gestapo sieben Antifaschisten am Stadtrand von Chemnitz. In der Dokumentation wird diese feige Mordtat beschrieben. Weiteren vier Nazigegnern machte der "Volksgerichtshof" im Zuchthaus Waldheim noch den Prozeß wegen "Hochverrats" und "Feindbegünstigung". Es handelte sich um Willy Neubert, Max Müller, Karl Winter und Lisbeth Epperlein, die u. a. wegen Unterstützung von Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen, wegen des Hörens von "Feindsendern" und wegen geheimer Zusammenkünften mit KPD-Funktionären angeklagt wurden. Die verhängten Todes- und Freiheitsstrafen wurden nicht mehr vollstreckt, da die Gefangenen von der mittlerweile angekommenen Roten Armee befreit werden konnten.
In Chemnitz mußten Tausende Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter vor allem in der Rüstungsproduktion arbeiten. Bei der Versorgung, der Unterkunft und auch bei der Bezahlung gab es große Unterschiede zwischen den Zwangsarbeitern aus den slawischen Ländern und aus den von Deutschland überfallenen westeuropäischen Ländern. Die sogenannten Ostarbeiter mußten ein P oder O tragen und waren in ihren Rechten sehr beschnitten. Wenn Deutsche Ostarbeitern oder Kriegsgefangenen irgendwie halfen oder mit ihnen redeten, wurden sie mit Zuchthaus bestraft. Unterschiede bestanden auch zwischen den Kriegsgefangenen. Die sowjetischen Kriegsgefangenen waren in Barackenlagern mit Stacheldraht umzäumt untergebracht und wurden behandelt wie die KZ-Häftlinge. Französische Kriegsgefangene, die es damals in Chemnitz sehr zahlreich gab, hatten zumindest bessere Verpflegung und waren bei Familienbetrieben eingesetzt, die sie mitunter gut behandelten.
Nicht gut behandelt wurden dagegen die zur Zwangsarbeit abgestellten Häftlinge des KZ Flossenbürg, die es vom September bis Dezember 1944 bei der Auto-Union in Siegmar-Schönau und vom Oktober 1944 bis April 45 bei den Astra-Werken AG gab. Es war reine Sklavenarbeit, die diese Frauen und Männer verrichten mußten. Die informative Broschüre kann gegen eine Spende angefordert werden bei der VVN-BdA, Rosenplatz 4, 09126 Chemnitz.

Raimon Brete, Chemnitz


Zu Ulrich Weitz: Der Mann im Schatten - Eduard Fuchs
Eduard Fuchs (1870-1940) - Anarchist, linker Sozialdemokrat, Mitbegründer der KPD - war ein kulturpolitischer Autor, Sammler und Verleger. Unter dem Geheimcode "Der Onkel kommt" wurde er am 20. Dezember 1918 von Rosa Luxemburg mit eigenhändig russischsprachiger Vollmacht zu Lenin entsandt. Im Kreml riet ihm dieser: "Bleiben Sie der Mann im Schatten! So werden Sie der Partei die wertvollsten Dienste leisten." Dieses Motto aufgreifend, brachte der Karl-Dietz-Verlag 2014 das Buch "Der Mann im Schatten - Eduard Fuchs" von Dr. Ulrich Weitz heraus.
Neben Rosa Luxemburg, Franz Mehring, Clara Zetkin und Wilhelm Pieck waren Fuchs' Weggefährten und Freunde die Maler Liebermann und besonders Slevogt, andere progressive Künstler wie Herzfelde/Heartfield, der Bauhausarchitekt Mies van der Rohe und viele andere. Besonders fühlte er sich vom Werk Daumiers (1808-1879) angezogen, der mit seinen Zeichnungen und Karikaturen den Massen des Volkes die sozialen Probleme der Zeit durchschaubar zu machen verstand. Das größte private Museum Europas für diesen Künstler beherbergte damals die Fuchs'sche Villa in Zehlendorf, Hermannstraße 14. Heute präsentiert sich das Haus den Interessierten an einem Weg zur Krummen Lanke als Bauhaus-Denkmal.
Ein Mann namens Fuchs, der rote Propaganda betreibt und dazu noch fuchsig-schlau ist, der über Kultur- und Sittengeschichte schreibt und damit materialistisch-marxistische Gedankengänge für das einfache Volk in interessanter Form verständlich macht - das muß ein Rotfuchs sein! So nennt ihn 1909 die Zeitschrift "Neue Revue", und so hat er selbst frühe Arbeiten signiert. In den 80er Jahren habe ich als erstes seiner Bücher die "Illustrierte Sittengeschichte" gelesen. Fuchs gab aber auch die erste zehnbändige Franz-Mehring-Ausgabe heraus.
Seit 1923 wirkte er als Vorsitzender der "Gesellschaft der Freunde des neuen Rußland", zusammen mit Einstein, Rowohlt, Thomas und Heinrich Mann, Mendelssohn Bartholdy u. a. 1924 half er mit, das Institut für Sozialforschung an der Uni Frankfurt/Main zu gründen, um den Marxismus als politische Theorie an deutschen Hochschulen zu verankern. Rechtzeitig konnte er im März 1933 den Nazis entkommen. Er gelangte nach Paris, half verfolgten Emigranten, wo und wie er nur konnte, knüpfte auch hier konspirative Verbindungen und arbeitete, bis ihm der Tod die Feder aus der Hand nahm.
In der "Mauer der Föderierten", der Kämpfer der Pariser Kommune von 1871, befindet sich seine Urne - zusammen mit der von Daumier.

Jürgen Schewe, Berlin


Die interessanten Beiträge im "RotFuchs" regen mich an, zu diesem selbst etwas beizutragen. Vor Jahren erfuhr ich, daß die Stadt Erlangen eine Partnerschaft mit der Stadt Wladimir in der früheren Sowjetunion abgeschlossen hat. Diese Kontakte werden bis heute aktiv gepflegt. So ist es Peter Steger aus Erlangen in sechsjähriger Arbeit gelungen, ein Sammelwerk ehemaliger Kriegsgefangener zusammenzustellen. Der russische Attaché, der bei der Erstvorstellung des Werkes unser Gast war, bezeichnete es als "Buch des Friedens". Es trägt den Titel: "Komm wieder, aber ohne Waffen!"
Russische Freunde (Pädagogen) entwickelten aus einzelnen Kapiteln ein Theaterstück und brachten es am 25. Oktober 2017 in Erlangen auf Einladung der Stadt zur Aufführung. Als Ehrengast und Mitautor des Bandes war ich zweimal dabei und konnte die Zustimmung und den Applaus der Besucher als Ausdruck einer gewachsenen Freundschaft zwischen deutschen und russischen Menschen erleben.
Es macht mich glücklich, daß die Wahl des Buchtitels und des Theaterstücks auf eine von mir erlebte Episode zurückgeht: Als ich am Tag meiner Entlassung aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft am Bahnhof in Wladimir ankam, sprach mich ein russisches Mütterchen an. Sie hielt meinen Arm fest und sagte: "Komm wieder, aber ohne Waffen!" - ein mich bis heute begleitendes Erlebnis.
Meine Frau und ich haben lange gespart, um eine Reise in das große Land machen zu können. Als dieser Traum schließlich wahr wurde, besuchten wir Leningrad und andere Städte. Nicht nur in Wladimir, auch auf der Krim, haben wir auf das "Wiederkommen ohne Waffen" als Freunde mit einem Gläschen angestoßen. Dem Oberbürgermeister von Erlangen - einem Friedensfreund - übergab ich ein von mir verfaßtes Buch, in dem ich das Erlebnis mit dem russischen Mütterchen festhielt, mit der Widmung: "Einen dauerhaften Frieden in Europa wird es nur mit Rußland und nicht gegen Rußland geben."

Alfons Rujner, Berlin


Das Paulinum der Uni Leipzig, im Jahre 2007 begonnen, sollte 2009 fertiggestellt sein. Diese "Wunde" (Stanislaw Tillich) ist nun endlich, acht Jahre später als geplant, "geheilt".
"Stuttgart 21", geplant 1993, projektiert 1995, gegen heftigen Widerstand vieler Bürger am 24. Februar 1997 beschlossen, sollte 2013 in Betrieb genommen werden. Eine Inbetriebnahme ist jetzt "gegen Ende 2024" versprochen (bei zu erwartenden Gesamtkosten von über acht Milliarden €).
Der Flughafen Berlin Brandenburg (BER), geplant bereits am 7. Dezember 1989, begonnen mit dem Spatenstich am 5. September 2006, Fertigstellung geplant 2011, inzwischen sechsmal verschoben, soll nun neun Jahre später, "im Oktober 2020", fertig sein. Von den dort bereits 2012 erwirtschafteten Verlusten von 185 Mio. € soll gar nicht erst die Rede sein.
Die Liste ließe sich fortsetzen. Mir geht es dabei nicht um Mäkelei, sondern um die herrschende Ignoranz gegenüber der Planwirtschaft und eine feixende Arroganz ohne Kompetenz.
Eine Gesellschaft, die sich solche teuren Eskapaden leistet, deren Fertigstellung jede Prognose knackt, findet es angemessen, sich z. B. am 28. November 2017 im RBB über "Honeckers Superhafen Mukran" lustig zu machen!
Der aber war wenigstens fertig! Er war nach vier Jahren Bauzeit in Betrieb.
Bis dahin besaß die DDR keinen Überseehafen, solche hatte nur die BRD. Es war damals die modernste "Roll-on/roll-off"-Fährverbindung zwischen Mukran und Klaipeda, mit welcher der Transport um mehr als 20 Stunden verkürzt werden konnte. Schulkinder nahmen zwei Feldsteine mit auf die Fahrt in die Ferien. Das war ihr symbolischer Anteil am Bau der Mole. Und sie waren stolz auf ihre Mitwirkung.
Dieses riesige Bauwerk, 1982 begonnen, wurde planmäßig am 2. Oktober 1986 eröffnet.
Der als "Honeckers Superhafen" verunglimpfte Eisenbahnfährhafen funktionierte mit fünf großen Fähren äußerst effektiv. Die DDR arbeitete mit durchgerechneten Plänen.
Und das alles zusammen mit dem Aufbau von Werften, in denen nicht nur Schiffe, sondern unsere Fangflotte und modernste Fangverarbeitungsschiffe gebaut wurden, dabei mit einem umfangreichen Wohnungsbauprogramm, Bau von Talsperren, neuen Städten, Aufbau neuer Betriebe usw. ohne Hilfe von außen ...

Fred Schlicke, Dresden


Mit dem "Neoliberalismus" hat die Industrie- und Finanzoligarchie in den letzten dreißig Jahren den bisher größten Raubzug am gesellschaftlichen Eigentum realisiert und die Strukturen der Gesellschaft bereits in starkem Maße zerrüttet. Medien, Politiker und Religionsführer sind es, welche Haß und Angst schüren, Angst vor sozialem Abstieg, vor Überfremdung und Identitätsverlust.
Die damit einhergehende Ethnisierung der sozialen Fragen soll vom Klassenkonflikt ablenken und die Wut auf noch Ärmere lenken. Das Prinzip "Teile und herrsche!" ist immer noch das entscheidende Machtmittel der herrschenden Minderheit.
Zugleich wird der Terrorismusbegriff in gefährlicher Weise mit Islamismus verbunden, was kaschieren soll, daß nicht der Islam, sondern die Aggressionspolitik von USA und NATO den Frieden gefährdet, Kriege entfesselt. Rassismus und Fremdenfeindlichkeit verbunden mit Deutschtümelei haben in unserem Land bereits die "Mitte" der Gesellschaft erreicht.
Umfassende Aufklärung tut not und ist die erste Voraussetzung, um Veränderungen zu erreichen. Das ist eine sehr schwere und langfristige Aufgabe für fortschrittliche Menschen. Die Linke hätte hier ein weites Feld der Betätigung.

Horst Neumann, Bad Kleinen


Die praktischen Erfahrungen mit der bürgerlichen Freiheit und dem Besitzdenken, dem Treibstoff von Staat und Recht, hat vielen Menschen der früheren DDR die Augen geöffnet. Sie sind in einer kriminellen Gesellschaft angekommen, in der zur Erklärung gesellschaftlicher Vorgänge eine unerhörte Geschichtsfälschung und ein Dauerfeuer der verlogenen Medien gehört. Der BRD-Bürger wird nur als Wähler und Konsument getrimmt. Nach Goethes "erkennen, was die Welt im Innersten zusammenhält", wird nicht gefragt. Doch es gibt unverdächtige deutsche Geister, die sich dieses Themas angenommen haben. Dem obersten Zeitgeschichtenerzähler des BRD-Fernsehens, Guido Knoop, wäre das Zitat von Arthur Schopenhauer anzuraten, der zur Zeitgeschichte anmerkt, "sie sei mit der Lüge infiziert wie die Hure mit der Syphilis", und der Begriff "Lügenpresse" ist auch nicht neu, wenn wir Friedrich Nietzsches Zitat über den Staat lesen: "Aber er lügt mit allen seinen Zungen, der Guten und Bösen und was er auch redet, er lügt - und was er auch hat, gestohlen hat er's."
Die Warnungen vor dem wahren Charakter der BRD wurden als Propaganda abgetan, was sich als leider weit verbreiteter entscheidender Fehler erwies.

Peter Pöschmann, Döbeln


Vor kurzem las ich das vom Verlag am Park herausgegebene Buch "Zwischen Tiefsee und Hochgebirge" von Johann Mrazek. (Mrazek, Jahrgang 1939, Geologe, Studium, Aspirantur und Assistenz an der Humboldt-Universität Berlin von 1959 bis 1973, Promotion 1970. Danach Tätigkeit in der Außenstelle für Marine-Geologie in Reinkenhagen [Bezirk Rostock] des Zentralen Geologischen Instituts Berlin bis 1980. Habilitation im Rahmen einer B-Aspirantur 1984 an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald. 1985 Berufung in die einzige Dozentur für Meeresgeologie in der DDR und 1992 als Universitätsprofessor für Allgemeine Geologie und Quartärgeologie. Lehre in diesen Fächern sowie in der Tiefseegeologie. Forschungsexpeditionen über etwa 30 Jahre in den Weltozeanen und in der Ostsee, insbesondere mit den Forschungsschiffen "Alexander von Humboldt" und "Sonne". Emeritierung 2005, bis 2012 Fortsetzung von Lehr- und Forschungstätigkeit. Wohnhaft in einem Fischerdorf am Strelasund.)
Neben den Schilderungen zu interessanten Berufserlebnissen aus der Tätigkeit als Meeresgeologe bei seinen Forschungsreisen und als Dozent an der Universität Greifswald sowie privaten Ereignissen machen vor allem die Aussagen zu unserem untergegangenen Heimatland und den heutigen gesellschaftlichen Verhältnissen in der Bundesrepublik die Lektüre besonders empfehlenswert.
Den Lesern des "RotFuchs" kann es dazu dienen, sie in ihrer weltanschaulichen Haltung zu bestärken.

Reinhardt Koblischke, Aschersleben


Alle Jahre wieder werden wir zur Weihnachtszeit mit den unterschiedlichsten Spendenaufrufen regelrecht bombardiert. Ob es die Aktion "Brot für die Welt" oder "Hand in Hand für Norddeutschland" ist, macht keinen Unterschied - alle seriösen Spendenaufrufe haben ihre Berechtigung.
Unter den seit Jahrzehnten existierenden Spendenaufrufen mit "internationalem Charakter" fallen seit 1990 jene landesspezifischen Aufrufe besonders auf wie z. B. der aktuelle "Kinder- und Jugendarmut wirksam begegnen - chancengleiche Entwicklung für alle". Sind solche Spendenaufrufe nicht Ausdruck der sozial ungerechten Gesellschaft, in der wir leben? Warum versagt diese "soziale Marktwirtschaft", in der es Millionen bedürftige Menschen gibt? Die Beantwortung dieser Fragen würde viele Erkenntnisse bringen, aber gleichzeitig auch offenbaren, was so manchem älteren Bürger vertraut vorkommen wird, und zwar, daß soziale Gerechtigkeit und soziale Sicherheit für alle in der DDR bereits erreichte Errungenschaften waren. Es gab trotz mancher kritikwürdigen Erscheinung keine Arbeitslosigkeit, keine Obdachlosigkeit, keine Kinderarmut, keine Altersarmut, kein Zweiklassen-Gesundheitswesen, keine Abzocker, kein Geschäft mit der Angst der Menschen, keine Diskriminierung der Frau, keine Schuldenfallen, keine Kredithaie, keinen Mietwucher, keine Amokläufe an Schulen, keinen Sensationsjournalismus, keine Nazi-Parteien und keine revanchistischen Vereinigungen, keine Wehrmachtstraditionsverbände, keine Terrorgefahr u. v. m.
Dies war nur möglich, weil der real existierende Sozialismus ein Gesellschaftssystem war, in dem der Mensch im Mittelpunkt der Politik stand und nicht das alleinige Streben nach Profit. Es war eine Gesellschaft, deren Markenzeichen internationale Solidarität und der Kampf für den Erhalt des Friedens waren und nicht militärische Auslandseinsätze.
Über diese Zusammenhänge sollte man nachdenken, daraus Schlußfolgerungen ziehen und entsprechend aktiv werden. Es wäre doch schon ein Riesenerfolg, wenn einige der genannten Spendenaufrufe im nächsten Dezember nicht mehr nötig wären!

Carsten Hanke, Lambrechtshagen


Derzeit lese ich u. a. "Der kleine Marx". In dem Kapitel "Geburtstagsgruß an Karl Marx" finde ich gut beschriebene Aspekte des Herangehens an seine Weltanschauung. Vielleicht eine Idee für die Redaktion, diese oder jene Idee von Karl Marx auf neue Art den Lesern nahezubringen.

Helge-Bernd Marquardt, Dresden


Der Verlag schreibt zu dem von Bruno Kern herausgegebenen Bändchen:
Marx is back! Mit Beginn der 90er-Jahre schien der Sozialismus gescheitert, der Kommunismus besiegt. Und ebenso wie dem Trabbi erging es dem Gedankengut von Karl Marx. Beides verschwand, wurde für überholt und nichtig erklärt. Doch es sollte anders kommen. Mit zunehmender Globalisierung, der um sich greifenden Banken- und Finanzkrise sowie der sozialen und ökologischen Ausbeutung ganzer Erdteile gewannen auch die Ideen und Schriften von Marx in ungeahntem Maß an Aktualität. Marx' Kritik an einem ungehemmten Kapitalismus ist aktueller denn je. 2013 erklärte die UNESCO seine Schriften gar zum "Weltdokumentenerbe".

Wir empfehlen zusätzlich:
- Hermann Duncker: Einführung in den Marxismus.
Verlag Marxistische Blätter, Frankfurt a. M. 1972/1985
- Schlag nach bei Marx. Kleines Marx-Wörterbuch
von Richard Kumpf. Verlag Marxistische Blätter,
Frankfurt a. M. 1983
- Stefan Siegert: Karl Marx geht um. Weltkreis-Verlag,
Dortmund 1983
(Alle drei Bücher sind antiquarisch erhältlich.)

Ferner ist lieferbar:
- K. Lotter / R. Meiners /E. Treptow:
Das Marx-Engels-Lexikon.
Von Abstraktion bis Zirkulation.
PapyRossa-Verlag, Köln 2013, 404 S., 20,50 €.
ISBN 978-3-89438-516-3

Für Anfänger wie für Kenner ein wertvolles Hilfsmittel für Verständnis und Erschließung der Werke von Karl Marx und Friedrich Engels. Das Lexikon behandelt rund 250 zentrale Begriffe, die jeweils durch eine kurze Einführung der Herausgeber erläutert werden. Anschließend werden die wichtigsten Belegstellen aus den 42 Bänden der MEW im vollständigen Wortlaut angeführt. Die Zitate sind so angeordnet, daß sich an ihnen sowohl die systematische Entfaltung als auch die historische Entwicklung eines Begriffs nachvollziehen lassen.


Zu Cornelia Noack: Impressionen aus Leningrad ..., RF 239
So wie Cornelia Noack mit dem Hintergedanken des Jubiläums der Oktoberrevolution Leningrad besuchte, machte auch ich mit meiner Frau im August 2017 eine Reise zur Stadt an der Newa. Ja, es war eine sehr schöne und lehrreiche Exkursion. Meine Erwartungen, ein paar Spuren der Revolution von 1917 zu begegnen, haben sich allerdings nicht erfüllt. Die Darbietung der Stadt galt fast ausschließlich den Zarenherrschaften, ihrer Macht und ihrem Prunk. Nicht einmal die heldenhafte, opferreiche Verteidigung Leningrads während der Belagerung im Großen Vaterländischen Krieg fand im Programm des Reiseveranstalters einen Platz. Zarenkult, Zarenkult und die Prunk-Kathedralen der Popen dominierten das dreitägige Programm. Nur auf meine Bitte reagierend gab es 20 Minuten Haltepause am Liegeplatz der "Aurora". Sonst hätte ich selbige nicht mal gesehen. Die jüngere Geschichte Rußlands und die Sowjetunion werden völlig ausgeklammert bzw. umgeschrieben. Die Revolution war angeblich ein Unfall oder Versehen der Geschichte. Vom Leid und Elend der russischen Bevölkerung unter den Zaren erfährt man im kapitalistischen Rußland nichts.
So schön diese Stadt auch ist, dieser Eindruck unserer Reise war enttäuschend.

Wilfried Schatz, Kramerhof


Auch ich habe an einer geführten Reise zum Jubiläumsjahr teilgenommen. Viele meiner Eindrücke ähneln denen von Cornelia. Ich hatte Bedenken, daß viele Teilnehmer nur mitfahren würden, um "den Fuß auf den Kopf des erlegten Bären" zu setzen. Dem war aber nicht so. Die Darstellung der Oktoberrevolution in den Museen und Ausstellungen waren einigermaßen objektiv, und die auf roten Transparenten dargestellten Forderungen nach Boden, Frieden und Sowjetmacht sprachen für sich.
Auf der "Aurora" (Göttin der Morgenröte) zu stehen und die Kanone zu berühren, die das Signal zur Revolution gab, ließ mir schon Schauer über den Rücken laufen.
Der mit dem Elend des Volks finanzierte Prunk und Protz von Zar, Kirche und Adel löste bei mir eine Gold-Allergie aus. Ich hätte mir statt dessen schon eine ausführlichere Darstellung der Revolution mit Vor- und Nachgeschichte gewünscht. Aber das war nicht drin, und so habe ich einige meiner Wissensbrocken in die Gruppe weitergegeben.
Die Reiseleiterin sagte auf Befragen, der heutige Lebensstandard in Petersburg sei schon höher als zu Sowjetzeiten, aber die soziale Sicherheit habe sich verschlechtert. Als wir zum Besuch des Winterpalastes durch den großen Torbogen auf den Platz vor dem Palast gingen, konnte ich mir nicht verkneifen "Wperjod, towarischtschi!" (Vorwärts, Genossen!) zu sagen, und sie wiederholte das in weit besserem Russisch. Nachdem bis dahin auf der Reise schmuddeliges Spätherbstwetter geherrscht hatte, strahlte an diesem Morgen die Sonne von einem blauen Himmel auf den Schnee, auf den blauweißen Palast und auf die vergoldete Kuppel der Schloßkirche. In dieser Stimmung erinnerte ich mich an das Wort einer sowjetischen Dichterin: "Niemand ist vergessen und nichts ist vergessen."

Fritz Dittmar, Hamburg


In einer Anthologie aus dem Jahr 1999 schildert Susanne Plog-Bontemps ähnliche Eindrücke aus dem wieder Petersburg genannten Leningrad wie Cornelia Noack, Wilfried Schatz und Fritz Dittmar: "Kein Buch nirgends in den Petersburger Buchläden über den größten Friedhof der Stadt, den Piskarjowskoje-Friedhof, auf dem fast eine halbe Million Menschen begraben sind: Sie verhungerten oder wurden von Artilleriegeschossen getötet, als deutsche Truppen während des 2. Weltkriegs die Stadt fest 900 Tage eingekesselt hatten. Auch in den prächtigen Bildbänden mit farbigen Hochglanzdrucken finden sich oft keine Abbildungen dieser Gedenkstätte, und wenn, dann nur auf den letzten Seiten, wenig repräsentativ, eher versteckt. Die russische Enzyklopädie von 1990 widmet diesem Ort ebenfalls nur acht Zeilen. Auf den ersten, flüchtigen Blick scheint es dem westlichen Besucher fast, als wolle man in der prächtigen Stadt Peters des Großen die Erinnerung an diese dunkle Seite der Geschichte verdrängen. 'Seid sorglos! Erfreut euch an der Schönheit der Paläste, der Kirchen, der endlosen Prospekte, der Brücken und Kanäle, und vergeßt die tragischen Zeitläufe dieser Stadt' - so lautet die trügerische Selbstdarstellung von St. Petersburg. Doch dieses Selbstporträt illusioniert, wie die ganze Stadt - ein Retortenkunstwerk zaristischer Phantasie - irrlichtert und den Besucher täuscht, ihn geschickt hinters Licht führt. So fallen denn auch viele Touristen auf diese merkwürdige irreale Stadtkulisse mit ihrem irisierenden Licht herein, auf ihre unheimliche und bedrückende Schönheit. Eher aus Unkenntnis denn aus vorsätzlicher Mißachtung verzichten sie auf einen Besuch des Piskarjowskoje-Friedhofs, und die Petersburger drängen die Gäste nicht, die Gedenkstätte der deutschen Verbrechen und Schande zu besuchen. Die Einkesselung der Stadt Leningrad durch die deutsche Wehrmacht ist in unseren Geschichtsbüchern zur Fußnote geschrumpft. Kaum einer kennt die geheime Weisung Nr. Ia 1601/41, in der es heißt: 'Der Führer ist entschlossen, die Stadt Petersburg vom Erdboden verschwinden zu lassen. Es besteht nach der Niederwerfung Sowjetrußlands keinerlei Interesse an dem Fortbestand dieser Großsiedlung.' (23. September 1941)"

Das Gedicht von Olga Bergholz, aus dem Fritz Dittmar zitierte, findet man auf dem Piskarjowskoje-Gedenkfriedhof hinter der Mutter-Heimat-Statue. Es lautet:

Hier liegen Leningrader.
Hier liegen Bürger - Männer, Frauen und Kinder,
neben ihnen Soldaten der Roten Armee.
Mit ihrem Leben
verteidigten sie Dich, Leningrad,
die Wiege der Revolution.
Nicht alle ihre edlen Namen können wir hier nennen,
so viele sind es unter dem ewigen Schutz von Granit.
Aber wisse, der du diese Steine betrachtest,
niemand ist vergessen und nichts ist vergessen. ...
Verbeugt Euch in Dankbarkeit
vor der Mutter Heimat
und der Heldenstadt Leningrad!


Zu Ralph Dobrawa: Emil Carlebach ..., RF 240, S. 23
In diesem Artikel ist durch eine versehentliche "doppelte Negation" ein sinnentstellender Fehler enthalten. Richtig muß es im ersten Absatz heißen: "Als Blockältester ... konnte er bewirken, daß jüdische Häftlinge der beabsichtigten Deportation und anschließenden Vergasung ... entgehen konnten." Das ergibt sich ja schon aus dem Gesamtzusammenhang, sollte aber doch richtiggestellt werden.
Ich lese den "RotFuchs" regelmäßig mit viel Gewinn für meine politische, antifaschistische und gewerkschaftliche Arbeit. Auf die nächsten 20 Jahre!

Werner Altmann, per Mail

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Der im Februar 1998 gegründete "RotFuchs" ist eine von Parteien unabhängige kommunistisch-sozialistische Zeitschrift.

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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. März 2018

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