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VORWÄRTS/610: Honduras - "Unser Land ist ein Gefängnis"


vorwärts - die sozialistische zeitung, Nr. 37/38/09 vom 2. Oktober 2009

INTERNATIONAL
"Unser Land ist ein Gefängnis"


sit. Nach der Rückkehr des Präsidenten Zelaya nach Tegucigalpa (Honduras) am 21. September ist es zu schweren Übergriffen von Militär und Polizei gegen Demonstrierende gekommen. Mindestens zwei Tote, zahlreiche Verletzte und Hunderte von Festnahmen waren die Folge. Die brasilianische Botschaft, in der sich Zelaya aufhält, wurde angegriffen.


Die Interamerikanische Menschenrechtskommission hat den exzessiven Einsatz von Gewalt gegen die Demonstranten massiv kritisiert. Auch gegen die Menschenrechtsorganisation COFADEH (Komitee der Familienangehörigen der Verschwundenen) gingen staatliche Sicherheitskräfte mit Tränengas und physischer Gewalt von Seit der Rückkehr des rechtmässigen Präsidenten ist eine absolute Ausgangssperre verhängt worden. Diese wurde inzwischen zweimal verlängert. "Unser Land ist ein Gefängnis", schreiben Aktivisten der Widerstandsbewegung in ihren Internet-Tagebüchern. Die brasilianische Botschaft in Tegucigalpa ist von Militärs umstellt. Die Putschisten haben der Botschaft Strom und Wasser abgestellt. Der illegitime Machthaber Micheletti hat Brasilen aufgerufen, Zelaya zu übergeben. Der brasilianische Präsident Lula da Silva und der spanische Ministerpräsident Zapatero wiederum verlangten von den Putschisten, die Integrität des international anerkannten Präsidenten und der brasilianischen Botschaft zu respektieren.


Giftgasangriff

Am Freitag, dem 25. September, wiederholte die Aussenministerin der Regierung von Manuel Zelaya, Patricia Rodas, die Anschuldigung, wonach die De-facto-Behörden von Honduras "Giftgase" auf die Botschaft von Brasilien in Tegucigalpa geworfen haben und nannte die Namen der Unternehmen, welche das Gift verkauft haben. Rodas: "Loyale Quellen aus dem militärischen Geheimdienst haben uns über die von den Unternehmen Alfacom und Intercom gelieferten Chemikalien und Belagerungswaffen informiert", sagte Rodas diesen Freitag an einer Pressekonferenz. Die honduranische Aussenministerin nimmt an der 64. Generalversammlung der UNO teil.

Diese beiden Unternehmen haben ihren Sitz in Tegucigalpa und sollen dem israelischen Bürger Yehuda Leitner gehören, der als "Bindeglied" zu Israel diente. Die Waffen kamen wenige Tage zuvor an Bord eines "privaten Fluges" ins Land. Die Angriffe erfolgte zum gleichen Zeitpunkt, an dem der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in einer Sondersession zu Honduras tagte und die Respektierung der Unverletzlichkeit der brasilianischen Botschaft in dieser Stadt sowie des Lebens und der physischen Integrität von Präsident Zelaya, seiner Familienmitglieder und seiner BegleiterInnen forderte.

Die Ministerin der abgesetzten Regierung führte weiter aus: Der Spezialist für öffentliches Gesundheitswesen, Mauricio Castellanos, "nahm ausserhalb der brasilianischen Botschaft in Honduras Umweltproben, ungefähr 300 Meter vom Gebäude entfernt, da die Militärs den Zugang zur Botschaft blockiert hatten". Rodas zufolge benutzte der Spezialist eine von der "Food and Drug Administration" (FDA) der USA anerkannte Ausrüstung. Castellano fand erstens eine über der Norm liegende Konzentration von Ammoniak, das als Grundlage für Pfeffergas dient. Und zweitens eine Konzentration von Cianwasserstoff oder Blausäure zwischen 100 und 200 ppm (parts per million). Diese letzte Substanz produziert beim Einatmen und dem anschliessenden Kontakt mit dem Eisen im Blut eine rasche Wirkung, die sich in Schwindel, Übelkeit, Unterleibsschmerzen, Kopfschmerzen und Atembeschwerden ausdrückt. Experten zufolge ist diese Substanz ein Produkt der Militärtechnologie und durch internationale Verträge verboten. Ein längerer Kontakt mit ihr ist für alle lebenden Organismen tödlich.

Weiter prangerte Rodas an, dass die sich in der Botschaft aufhaltenden Personen "Ziele chemischer Waffen sind, die aus Helikoptern und Flugzeugen oder auch von den Truppen geworfen werden" und von "hoch entwickelten Apparaten für Schall- und elektromagnetische Wellen", die bei Personen in der Botschaft verschiedene Verwirrungen bewirkt haben. Diese Aggressionen bewirken körperliche und psychische Verletzungen, die unter den Bedingungen der militärischen Belagerung der Botschaft als Folterakte eingestuft werden könnten.


Widerstand geht weiter

Rodas drängte auf "eine internationale medizinische Mission der UNO" und versicherte, ihr Land befinde sich in "einem irregulären Krieg". Die Aussenministerin verwies auch darauf, dass ihr Personen aus der brasilianischen Botschaft mitgeteilt haben, sie hätten gesehen, wie "von einem Haus mit Erde beladene Lastwagen" weggefahren seien. "Es sieht danach aus, als ob sie einen Tunnel graben. Hoffen wir, dass es das ist, und nicht, dass sie Bomben vergraben, wie sie das in der Vergangenheit auch schon gemacht haben."

Trotz allem geht der Widerstand in Honduras weiter. In einer Erklärung der Nationalen Front gegen den Staatsstreich ist zu lesen: "Wir verurteilen diese barbarischen Ereignisse, die im Schutze eines Ausnahmezustandes stattfinden, der die grundlegenden Menschenrechte verletzt. Die Menschenrechtsorganisationen sowie die Völker und Regierungen der Welt rufen wir auf, sich der Ablehnung der brutalen Aktionen des De-Facto-Regimes anzuschliessen, das von der honduranischen Oligarchie installiert wurde. Das honduranische Volk rufen wir auf, auf die neuen Anweisungen zu achten, die von der Führung des Widerstandes herausgegeben werden."


QUELLEN:
RED GLOBE (WWW.REDGLOBE.DE)
UND CORREOS DE LAS AMERICAS
(ZAS - CORREOS.BLOGSPOT.COM).


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Quelle:
vorwärts - die sozialistische zeitung.
Nr. 37/38/2009 - 65. Jahrgang - 2. Oktober 2009, S. 7
Herausgeberin: Verlagsgenossenschaft Vorwärts, PdAS
und ihre Deutschschweizer Sektionen
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Oktober 2009