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VORWÄRTS/1069: Auf der Grundlage des Marxismus


vorwärts - die sozialistische zeitung, Nr. 45/46 vom 30. Dezember 2014

Auf der Grundlage des Marxismus

Von Siro Torresan



Am 13. und 14. Dezember fand in Lausanne der 22. Parteitag der Partei der Arbeit der Schweiz (PdAS) statt. Die über 50 Delegierten, darunter sehr viele junge Genossinnen und Genossen, haben das Wahlprogramm für die Nationalratswahlen vom Herbst 2015 verabschiedet und die Lancierung einer Initiative zur Altersvorsorge beschlossen. Gavriel Pinson wurde als Präsident der PdAS wiedergewählt.


"Wir haben uns für den Kongress viel vorgenommen", hatte Gavriel Pinson, Präsident der PdAS, vor dem Anlass dem vorwärts zu Protokoll gegeben. Er lag mit seiner Einschätzung alles andere als daneben. Der 22. Parteitag der PdAS wurde von langen, politischen Debatten geprägt, so wie jene rund um das Wahlprogramm für die Nationalratswahlen vom Herbst 2015. "Mich hat die politische Reife bei dieser Diskussion sehr beeindruckt", erklärte Genosse Pinson nach dem Kongress. Er fügte hinzu: "Die intensive Auseinandersetzung hat in einer freundschaftlichen Atmosphäre stattgefunden und vor allem war immer der Respekt für die verschiedenen Meinungen vorhanden. Dies hat dazu geführt, dass wir nun ein gemeinsames Wahlprogramm haben, das unsere Überzeugungen auf den Punkt bringt. Die Diskussion rund um das Wahlprogramm war für mich der politische Höhepunkt des Parteitags."


Im Namen des Volkes und der Demokratie?

Ein Wahlprogramm, das nicht nur aus Forderungen besteht. Es enthält eine Analyse der aktuellen gesellschaftlichen Ausgangslage und liefert die politischen Erklärungen ab, warum die PdAS überhaupt an den Wahlen teilnimmt. So beginnt das Programm mit der Frage: "Im Namen des Volkes und der Demokratie?". Die Antwort liefert die Tatsache, dass in der aktuellen eidgenössischen Bundesversammlung die ParlamentarierInnen mit über 2040 Verwaltungsratsmandaten direkt in Interessensvertretungen eingebunden sind. Die Politik in Bern wird von den Lobbys und den Organisationen der führenden Wirtschaftsbranchen diktiert. Entsprechend fallen auch die politischen Entscheide im Parlament aus. Verkauft werden sie dem Volk mit Stichworten wie "Standortförderung" und "notwendige Sparmassnahmen". Die Fakten sprechen aber klar eine andere Sprache und lassen sich einfach auf den Punkt bringen: Steuererleichterungen für Unternehmen und Wohlhabende, während gleichzeitig der Abbau des Sozialstaates kräftig vorangetrieben und die Errungenschaften der ArbeiterInnenbewegung in den Abfalleimer der Geschichte geschmissen werden. "Natürlich könnte es auch anders gehen", hält die PdAS im Wahldokument fest und liefert eine simple Rechnung als Beweis: "Die Besteuerung von einem Prozent der Umsätze der 15 grössten Unternehmen der Schweiz würde dem Bund Einnahmen von rund 100 Milliarden Franken bringen. Zum Vergleich: Der Bund hat im Jahr 2013 63,7 Milliarden Franken eingenommen. Die Verteilung des vorhandenen Reichtums ist eine rein politische Frage."

Da bekanntlich die Welt nicht an der Schweizer Grenze endet, greift das Wahlprogramm der PdAS unter anderem auch den gesellschaftlichen Umbau auf, der durch die Freihandelsverträge - insbesondere durch das "Transatlantic Trade and Investment Partnership" (TTIP) - weltweit stattfindet:. "Dabei geht es um die Schaffung der grössten Freihandelszone der Welt (...). Unter dem Deckmantel die Gesetze transatlantisch aufeinander abzustimmen, ist die Profitmaximierung das eigentliche und reell angestrebte Ziel. Das betrifft die Nahrung und Industrieprodukte sowie Bereiche wie Arbeitsrechte, Gesundheit oder Umwelt- und Klimaschutz." Weiter hält die PdAS fest, dass "an der 'Festung Europa' jährlich Tausende von Kindern, Frauen und Männer sterben". Dies beim verzweifelten Versuch, das Mittelmeer zu überqueren, das "zum grössten Friedhof der Welt" geworden ist.

Im Unterschied zu den meisten Parteien, nimmt die PdAS nicht aus Selbstzweck an den Wahlen teil: "Wir wollen aufzeigen, dass es selbst in der reichen Schweiz, Kräfte gibt, die sich der Diktatur des Kapitals nicht beugen. (...) Sämtliche im Parlament vertretenen Parteien sind trotz 'farblichen Nuancen' Trägerinnen des kapitalistischen Systems, das Mensch und Umwelt schonungslos im Namen des Profits ausbeutet." Und genau an dieser Stelle unterscheidet sich die PdAS grundsätzlich und entschieden von allen anderen Parteien. Im Wahlprogramm ist zu lesen: "Es geht nicht nur um eine Reform der Wirtschaft, des Staates, der sozialen Strukturen, um die Beseitigung negativer Auswirkungen, sondern es geht um die Veränderung der Gesellschaft. Dabei stützt sich die Partei der Arbeit auf die Grundlage des Marxismus. Unser Ziel ist der Aufbau einer neuen, sozialistischen Gesellschaft. (...) Im Sozialismus liegt die Macht beim Volk und ist nicht in den Händen von einigen privaten Lobbys." An dieser Stelle will die PdAS jedoch nicht stehen bleiben: "Unser Ideal ist eine kommunistische, das heisst eine klassenlose Gesellschaft, in der das Leben für alle einen Sinn erhält, in der die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen, Herrschaft und Entfremdung aufgehoben sind und das ökologische Gleichgewicht wiederhergestellt ist."


4000 Franken AHV-Rente

Am Sonntagmorgen beschloss der Kongress die Lancierung einer Initiative zur Altersvorsorge. Der Entscheid fiel nach einer Diskussion, die anhand von zwei vorliegenden Initiativtexten geführt wurde. Grundsätzlich verlangt die Initiative, dass die AHV gestärkt wird und zwar durch die Überführung der Pensionskasse (2. Säule) in die AHV (1. Säule). Ein Prozess, der schrittweise erfolgen soll. "Selbstverständlich wird es keine Einschnitte bei der Rente und keinen Verlust des bereits einbezahlten Kapitals bei der Pensionskasse geben", hält die Partei in ihrer Medienmitteilung fest. Die aktuelle Höchstrente bei der AHV ist für viele Menschen viel zu tief und reicht kaum aus, um den Lebensunterhalt zu sichern. So unterstrich Céline Misiego, Sekretärin der Waadtländer PdAS-Sektion, an der Pressekonferenz vom Montag, 15. Dezember in Lausanne: "Im Grunde genommen verlangen wir nur, dass die Schweizer Verfassung ernst genommen wird. Diese hält im Artikel 112 fest, dass die Rente ein würdiges Leben im Alter garantieren muss." Erklärtes Ziel der Initiative ist es daher, die AHV-Rente auf 4000 Franken pro Monat festzulegen. "Der nächste Schritt besteht nun darin, mit möglichen BündnispartnerInnen Kontakt aufzunehmen", erklärte Gavriel Pinson den anwesenden JournalistInnen und fügte hinzu: "Wir werden ihnen dabei unseren Vorschlag vorstellen. Dieser kann entsprechend den Resultaten der Gespräche angepasst werden."


Auf dem richtigen Weg

Zurück zum Kongress selber. Nach der Diskussion über die Initiative wählte der Parteitag die Parteiinstanzen, sprich das Zentralkomitee und die Parteileitung. Als Präsident wurde Genosse Gavriel Pinson ohne Gegenstimmen wiedergewählt. Der alte, neue Präsident fasste den Parteitag mit folgenden Worten zusammen: "Es war ein sehr guter Kongress. Wir haben die gesteckten Ziele erreicht und - wie ich schon vor dem Kongress sagte - hatten wir uns viel vorgenommen. Ich bin überzeugt, dass wir die richtigen Entscheide für die Zukunft unserer Partei getroffen haben und wir auf den richtigen Weg sind."

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Quelle:
vorwärts - die sozialistische zeitung.
Nr. 45/46 - 70. Jahrgang - 30. Dezember 2014, S. 5
Herausgeberin: Verlagsgenossenschaft vorwärts, PdAS
und ihre Deutschschweizer Sektionen
Redaktion: Vorwärts, Postfach 2469, 8026 Zürich
Telefon: 0041-(0)44/241 66 77,
E-Mail: redaktion@vorwaerts.ch
Internet: www.vorwaerts.ch
 
vorwärts erscheint 14-täglich,
Einzelnummer: Fr. 4.-
Jahresabo: Fr. 160.-, reduziert (AHV, Stud.) 110.-
Probeabo: 4 Ausgaben gratis


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Januar 2015


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