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VORWÄRTS/1316: Ausschwärmende Solidarität


vorwärts - die sozialistische zeitung, Nr. 29/30 vom 14. Sept. 2017

Ausschwärmende Solidarität

von Salvatore Pittà


Von der Räumung bedroht, wächst das City Plaza Hotel in Athen immer mehr zu einem transnationalen Unterstützungsprojekt, bei dem die Flüchtlinge die Hauptrolle übernehmen.


Seit Juni dieses Jahres ist das City Plaza Hotel in Athen von der Räumung bedroht. Nachdem dessen Besitzer im Zuge der griechischen Wirtschaftskrise Pleite gegangen war, stand das Gebäude sieben Jahre leer - bis es im April 2016 von MigrantInnen und deren Unterstützenden besetzt wurde. Seitdem leben jeweils an die 400 Personen aller Nationalitäten, Alter, Geschlechterdefinitionen etc. darin und bilden so eine selbst organisierte Alternative zur menschenunwürdigen Unterbringung staatlichen Ursprungs (siehe vorwärts, 21. Oktober 2016): Das City Plaza finanziert sich nur aus privaten Spenden und lehnt staatliche Hilfe oder solche von NGOs ab. Dank der transnationalen Kampagne "Das beste Hotel Europas" konnte nichtsdestotrotz - oder vielleicht gerade deswegen - im letzten Jahr ein europaweites Unterstützungsnetzwerk rund um das Hotel entstehen, das langsam, aber stetig wächst.


"Mein Zuhause"

Mittlerweile haben bereits mehr als 1.500 Flüchtlinge aus fünfzehn verschiedenen Nationalitäten mehr als ein Obdach im City Plaza Hotel gefunden, 4.000 stehen zur Zeit auf der Warteliste. Viele ehemalige BewohnerInnen haben es inzwischen geschafft, das Land zu verlassen, einige haben in einem anderen europäischen Land eine Bleibe gefunden. Nun haben sie eine eigene Kampagne lanciert mit dem sinnigen Titel "Ausschwärmende Solidarität." "Wir haben nun FreundInnen in Deutschland, die wir drei-, viermal auf der Durchreise hierher getroffen haben. Und dann treffen wir sie wieder, wenn wir sie an ihrem Ankunftsort besuchen gehen. Das ist etwas, was diesem politischen Kampf für Bewegungsfreiheit und gleiche Rechte eine andere Basis gibt", meint Marion vom Netzwerk "Welcome to Europe", das das Hotel-Projekt von Anfang an mitgeprägt hat. Für Mohammed, der sich nun in Berlin aufhält, ist klar: "Die Zeit in Griechenland bereue ich alleine deshalb nicht, weil ich nun Freunde hier habe und mich deshalb nicht alleine fühle. City Plaza ist mein Zuhause." Abu Fadi, Adnan, Bashar, Dania, Ezat, Jwan, Kholoud, Mohammad, Mohamad, Morteza, Nidal, Nour, Reza, Serdar, Subhia und Wael. Sie alle und viele mehr belebten einst das Hotel in Athen und haben es inzwischen trotz allen möglichen Hindernissen weiter nach Europa geschafft (siehe Hauptartikel). Damit geben sie sich aber nicht zufrieden und meinen stattdessen: "Wir sind nun über ganz Europa verstreut, aber wir sind immer noch im Kontakt und immer noch Menschen vom City Plaza. Wir schwärmen aus und wünschen, daß jede Stadt ein City Plaza hat. Wir gehen überall hin, um unseren Kampf für gleiche Rechte überall fortzuführen. Solidarität wird siegen."

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Quelle:
vorwärts - die sozialistische zeitung.
Nr. 29/30 - 73. Jahrgang - 14. September 2017, S. 8
Herausgeberin: Verlagsgenossenschaft Vorwärts, PdAS
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. September 2017

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