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VORWÄRTS/1319: Ein Schritt vor, zwei zurück


vorwärts - die sozialistische zeitung, Nr. 31/32 vom 28. Sept. 2017

Ein Schritt vor, zwei zurück

von Amanda Ioset


National- und Ständerat werkeln mit entgegengesetzten Absichten und ergebnislos am Status der vorläufigen Aufnahme und der schutzbedürftigen Personen im Asylrecht. Dabei benötigen Zehntausende mit Ausweis F einen besseren Schutz.


"Personen ohne gültigen Asylgrund dürfen nicht integriert werden; es geht darum, das Ziel, sie in ihr Land zurückzuschaffen, nicht aus den Augen zu verlieren." Das sagt die Staatspolitische Kommission (SPK) des Ständerats in einem Medienkommuniqué vom 29. August. Mit sieben gegen vier Stimmen verwarfen die Kommissionsmitglieder eine Motion der SPK des Nationalrats, die verlangte, den Status der vorläufigen Aufnahme aufzugeben. Diesen Status gibt man BewerberInnen, welche die Kriterien zum Erhalt des Asyls nicht nicht erfüllen, aber nicht in ihr Ursprungsland ausgeschafft werden können, zum Beispiel wegen Krieg, Bürgerkrieg oder weit verbreiteter Gewalt. Ein kleiner Rückblick.


Drei Reformvorschläge

Am 12. Oktober 2016 legte der Bundesrat den Bericht "Vorläufige Aufnahme und Schutzbedürftigkeit: Analyse und Handlungsoptionen" vor. Dieser enthielt drei Reformvorschläge: Der erste wollte die vorläufige Aufnahme durch eine reguläre Aufenthaltsbewilligung ersetzen, der zweite durch einen neuen, stärkeren Schutzstatus, der aber im Fall einer veränderten Situation im Herkunftsland wiederrufen werden kann. Der dritte Vorschlag bestand darin, den Status quo mit wenigen Änderungen beizubehalten, zum Beispiel einer Namensänderung.


Fronarbeit in der Landwirtschaft?

Sechs Monate später, am 27. April 2017, lancierte die SPK des Nationalrats, angeregt durch den bundesrätlichen Bericht, eine Motion, welche die Aufhebung der vorläufigen Aufnahme verlangte. Anstatt sich für eine Verbesserung der Stellung aller vorläufig Aufgenommenen auszusprechen, verlangte die Kommission vom Bundesrat, zwei oder wenn nötig mehr neue Status zu schaffen. Wer in der Schweiz lebt, sollte nach SPK Nationalrat einen dauerhaften Schutzstatus bekommen, wer nur provisorischen Schutz benötige, einen provisorischen Schutzstatus. Letztere hätten keine Möglichkeit zum Familiennachzug und beschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt, lediglich zu gemeinnütziger Arbeit und Temporäreinsätzen in Bereichen wie der Landwirtschaft. Mit anderen Worten: Personen mit provisorischem Schutzstatus würden zu schlecht bezahlten Fronarbeitskräften. Die Motion wurde vom Nationalrat im Juni 2017 angenommen und wird noch vom Ständerat behandelt.


Papier und Blabla

Der Bericht des Bundesrats weckte noch Hoffnungen, die jetzt definitiv enttäuscht sind. Auf der einen Seite ist der Nationalrat, der die Zahl der Arbeitsbewilligungen kräftig erhöhen will, auf der anderen der Ständerat, der, wenn er der Kommission folgt, klar seine Opposition gegen jede Reform bekräftigt, die den Status der vorläufigen Aufnahme verbessern will - aus Angst, unpopuläre Anreize zu schaffen. In dieser Konstellation ändert sich die Situation der mehreren zehntausend Menschen mit der F-Bewilligung nicht so schnell. Zum Schluss bleibt noch festzuhalten, dass die Parlamente im Asylbereich viel Papier und Blabla und wenig Resultate produzieren.

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Quelle:
vorwärts - die sozialistische zeitung.
Nr. 31/32 - 73. Jahrgang - 28. September 2017, S. 4
Herausgeberin: Verlagsgenossenschaft Vorwärts, PdAS
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Oktober 2017

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