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INTERNATIONAL/067: Kuba - Dokumentarfilmerin beleuchtet Geschichte der kubanischen Schwarzenbewegung (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 22. Mai 2012

Kuba: Die verborgenen Seiten des Rassismus - Dokumentarfilmerin beleuchtet Geschichte der kubanischen Schwarzenbewegung

von Ivet González


Gloria Rolando - Bild: © Jorge Luis Baños/IPS

Gloria Rolando
Bild: © Jorge Luis Baños/IPS

Havanna, 22. Mai (IPS) - Wissen macht süchtig, diese Erfahrung hat die afrokubanische Regisseurin Gloria Rolando gemacht, als sie den ersten Teil ihrer Dokumentarfilmreihe '1912: Das Schweigen brechen' vorgestellt hat. Im letzten Jahr wurde Teil zwei abgeschlossen und inzwischen arbeitet Rolando am dritten und letzten Kapitel ihrer Triologie, die dem Kampf der Schwarzen um Anerkennung und Gleichberechtigung von der Kolonialzeit über die Unabhängigkeitskriege bis zur Gegenwart ein Denkmal setzt.

"Meine größte Hoffnung besteht darin, dass das gesamte Projekt nach seiner Fertigstellung im kubanischen Sonntagsprogramm 'Reise zum Unbekannten' ausgestrahlt wird. Es ist wichtig, es einem breiten Publikum zugänglich zu machen", sagt Rolando, die den diesjährigen Walterio-Carbonell-Preis der kubanischen Bürgerinitiative 'Cofradía de la Negritud', erhalten hat.

Der erste Teil ihrer Dokumentarfilmserie feierte 2010 Premiere und handelt von dem Massaker, das 2012 an Anhängern der 'Partido Independiente de Color' (PIC) begangen wurde. Obwohl die 1908 von afrokubanischen Veteranen des Unabhängigkeitskriegs (1895-1902) gegründete PIC die erste Schwarzenpartei der westlichen Welt gewesen ist, geriet sie weitgehend in Vergessenheit.

Ein Jahrhundert nach dem Blutbad, dass nach unterschiedlichen Schätzungen 2.000 bis 5.000 Menschenleben kostete, und der Beginn der von den Vereinten Nationen ausgerufenen Dekade der Völker afrikanischer Herkunft sind nach Ansicht von Rolando gute Anlässe, um den Kubanern gerade diese dunkle Episode ihrer Geschichte vor Augen zu führen.

Im Interview mit IPS erklärte die Vorsitzende der unabhängigen Gruppe der Videofilmer 'Imágenes del Caribe' (Bilder der Karibik), dass ihr Dokumentarfilm alle Kubaner gleichermaßen ansprechen soll. "Es geht um ein komplexes Kapitel der Geschichte, an dem sowohl Schwarze als Weiße beteiligt waren", sagt sie. Der Film '1912: Das Schweigen brechen' (Voces para un silencio) soll dazu beitragen, eine unruhige Zeit zu verstehen, die in der Schule nur schematisch abgehandelt wird.

"Damals herrschte überall Unterdrückung. Jemand wurde diskriminiert, weil er schwarz oder ein Mischling war. Aus diesem Grund wurde das Massaker von 1912 unter den Teppich gekehrt", erläutert Rolando. "Den Leuten war klar, dass sie sich Ärger einhandeln würden, wenn sie die Wahrheit erzählten. Das erklärt die bis heute vorherrschende verzerrte Sichtweise."


Augenöffner

Rolando zufolge war der erste Teil des Films eine Art Augenöffner: den Menschen wurde urplötzlich klar, wie wenig sie über diese historischen Ereignisse Bescheid wussten. "Dann wurden sie süchtig und wollten mehr erfahren." Wie die Regisseurin betont, war der Film selbst für Botschafter der Mitgliedsstaaten der Karibischen Gemeinschaft (Caricom) aufschlussreich. Auch sie hätten mehr über die Schwarzen-Bewegung und das afrikanische Erbe erfahren, welches die Länder der Karibik gleichermaßen geprägt hat.

Rolandos Filmreihe fällt in eine Zeit, in der sich die Wissenschaft mit dem Thema Rassismus in Kuba befasst. Die afrokubanische Regisseurin hofft nun, dass die Auseinandersetzung auch die Schulen erreicht. Auch darum sei es ihr gegangen, als sie den Dokumentarstreifen gedreht habe.

Die Diskriminierung zu beseitigen, sei keine einfache Aufgabe, räumt sie ein. "Freie Bildung und Gesundheitsversorgung für alle reichen nicht aus." Der Regisseurin zufolge kommt der Institution der Familie eine wichtige Rolle im Kampf gegen den Rassismus zu. Es sei wichtig, die ganze Vielfalt kubanischer Familien aufzuzeigen. Dies sei ein Weg, um die Fremdheit zu überwinden. (Ende/IPS/ck/2012)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Mai 2012