Duale Hochschule Baden Württemberg Karlsruhe - Pressemitteilung vom 15. April 2025
News Fatigue: Wenn Nachrichten überfordern
Wissenschaftler der DHBW Karlsruhe erklärt, warum der ununterbrochene Nachrichtenstrom belastet - und wie ein gesunder Umgang gelingt
Die aktuelle JIM-Studie 2024 (Jugend Information Medien) zeigt: "News Fatigue" nimmt zu - nicht nur bei jungen Menschen. Doch warum ermüden uns Nachrichten immer mehr? Jan Michael Rasimus, Leiter des Eye Tracking-Labors der DHBW Karlsruhe, erklärt, weshalb die Nachrichtenflut überfordert - und wie man sich davor schützen kann.
Krisen, Katastrophen, Kriege - mit jedem Wisch auf dem Smartphone oder Klick auf Nachrichtenseiten prasseln neue alarmierende Meldungen auf uns ein. Doch statt besser informiert zu sein, erleben viele das Gegenteil: News Fatigue - Nachrichtenmüdigkeit. Die ständige Informationsflut führt oft zu Stress, Erschöpfung oder bewusster Nachrichtenvermeidung. Gleichzeitig verfallen viele in Doomscrolling - das zwanghafte Konsumieren negativer Schlagzeilen. Aber warum ist das so belastend, und wie gelingt ein gesunder Umgang?
"Unser Gehirn ist darauf ausgerichtet, Gefahren frühzeitig zu erkennen", erklärt Jan Michael Rasimus. "Doch in der digitalen Welt gibt es keine Pause mehr. Die permanente Konfrontation mit negativen Nachrichten hält unser Stresssystem in Daueralarmbereitschaft. Das Risiko für Ängste, Erschöpfung und depressive Verstimmungen steigt." Wer sich machtlos fühlt, zieht sich oft zurück oder sucht unaufhörlich nach neuen Informationen - ein Teufelskreis, der die mentale Gesundheit belasten kann.
Laut Rasimus sorgt das Design moderner Nachrichtenplattformen dafür, dass Nutzer immer weiter konsumieren: "Sensationsjournalismus erhält viel Aufmerksamkeit. Er setzt auf reißerische Schlagzeilen, um Klicks zu generieren. Algorithmen in sozialen Medien verstärken diesen Effekt, indem sie solche Inhalte priorisieren. So entsteht leicht ein verzerrtes Weltbild, das sich vorwiegend auf negative Ereignisse konzentriert." Auch das Gefühl der Hilflosigkeit kann daraus resultieren, wenn Menschen bewusst wird, dass sie selbst keine Kontrolle über die großen Weltgeschehnisse haben.
Die Verbreitung von Fake News und KI-gestützten Täuschungen nimmt zu - und mit ihr auch die Gefahr einer verzerrten Wahrnehmung. Rasimus stellt klar: "Fehlt die Orientierung in der Informationswelt, sind Menschen besonders empfänglich für Desinformation." Dies schwäche das Vertrauen in unabhängigen Journalismus und begünstige extreme Meinungen, was letztlich auch demokratische Prozesse gefährden könne.
Psychisch: Dauerstress, Erschöpfung und Angstzustände nehmen zu.
Gesellschaftlich: Weniger informierte Menschen sind anfälliger für
Manipulation und Populismus.
Politisch: Nachrichtenvermeidung schwächt demokratische Prozesse und die
aktive Beteiligung an Debatten.
Feste Zeiten setzen: "Es hilft, bewusst Zeitfenster für Nachrichten zu
definieren, anstatt ständig Updates zu checken."
Seriöse Quellen nutzen: "Qualitätsjournalismus statt Sensationsmeldungen -
das reduziert Stress und fördert ein ausgewogenes Bild der Realität."
Lösungsorientierte Berichterstattung wählen: "Nachrichten, die auch
positive Entwicklungen und Lösungsansätze aufzeigen, helfen, sich weniger
ohnmächtig zu fühlen."
Pausen einlegen: "Regelmäßige digitale Auszeiten fördern die mentale
Gesundheit und helfen, Informationen bewusster zu verarbeiten."
Gerade im Kontext von News Fatigue ist Medienkompetenz essenziell. Wer Informationen kritisch hinterfragt, kann Fake News und Desinformation leichter entlarven. Rasimus plädiert für deutlich mehr Bildungsangebote: "Digitale Medienkompetenz sollte früh gefördert werden, damit bereits junge Menschen lernen, Nachrichten einzuordnen und sich souverän in der digitalen Welt zu bewegen"
News Fatigue ist eine Herausforderung der heutigen Mediengesellschaft, doch bewusster Konsum hilft, informiert zu bleiben, ohne sich zu überfordern. "Wir sollten Nachrichten nicht meiden, sondern gezielt und reflektiert konsumieren", sagt Rasimus. Wer fundierte Berichterstattung wählt, sich Pausen gönnt und seine Medienkompetenz stärkt, bleibt informiert - ohne sich von der Nachrichtenflut überwältigen zu lassen.
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
https://idw-online.de/de/institution2112
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Duale Hochschule Baden Württemberg Karlsruhe, 15. April 2025
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 17. April 2025
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